Aktive Bedämpfung von niederfrequenten Störströmen
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Aktive Bedämpfung von niederfrequenten Störströmen
Aktive Bedämpfung von niederfrequenten Störströmen in Bahnstromnetzen mittels der Umrichterregelung Dissertation Zur Erlangung des Grades eines Doktor-Ingenieurs der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnologie an der Ruhr-Universität Bochum von Klaus Würflinger Nürnberg Bochum 2007 Tag der mündlichen Prüfung: 30.06.2006 Referent: Prof. Dr.-Ing. A. Steimel Korreferent: Prof. Dr.-Ing. J. Böcker III Diese Arbeit entstand im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für elektrische Energietechnik und Leistungselektronik der Ruhr-Universität Bochum. Herrn Prof. Dr.-Ing. A. Steimel danke ich sehr herzlich für die Unterstützung bei der Erstellung dieser Arbeit. Seine Erfahrungen mit leistungselektronisch gesteuerten elektrischen Bahnen von der ersten Stunde an waren von unschätzbarem Wert. Herrn Prof. Dr.-Ing. J. Böcker danke ich für die Übernahme des Korreferats und die vielen konstruktiven Anmerkungen zu dieser Arbeit. Außerdem wurde diese Arbeit durch Anregungen von Herrn Dr. Foerth (Siemens) und Herrn Dr. Koch (Siemens) unterstützt, denen ich ebenfalls meinen Dank aussprechen möchte. Des weiteren möchte ich allen Mitarbeitern und Studenten des Lehrstuhls EELE danken, die auf die eine oder andere Art zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Inhaltsverzeichnis Einleitung 1 1 Störströme in Bahnstromnetzen: Definition und Abgrenzung 3 1.1 1.2 Elektromagnetische Beeinflussung durch elektrische Triebfahrzeuge . . . . . 3 1.1.1 Störungen im Nahbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.1.2 Störungen, die durch das Netz weitergeleitet werden . . . . . . . . . 4 1.1.3 Beeinflussung des Netzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Wechselwirkung Energieversorgung - Fahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2 Spektrale Zusammensetzung des Fahrleitungsstroms von leistungselektronisch gesteuerten Triebfahrzeugen 13 2.1 2.2 2.3 2.4 Simulation von Abtastregelungen geschalteter Netzwerke . . . . . . . . . . 13 2.1.1 Zustände eines Schaltnetzwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.1.2 Integration des vereinfachten Netzwerkes . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.1.3 Zeitablauf der Simulation 2.1.4 Weitere Ereignisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Idealisierte Berechnung der Harmonischen des Fahrzeugstroms . . . . . . . 25 2.2.1 Pulswechselrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.2.2 Vierquadrantsteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Einfluß von Nichtidealitäten auf Schaltfunktion und Fahrleitungsstrom . . 33 2.3.1 Einfluß des Umrichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.3.2 Einfluß der Last . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2.3.3 Einfluß der Sollwerte auf die Aussteuerungen . . . . . . . . . . . . . 36 Konventionelle Maßnahmen zur Reduktion von Störströmen . . . . . . . . 36 2.4.1 Versetzte Taktung parallel geschalteter Umrichter . . . . . . . . . . 36 2.4.2 Einsatz von Filtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.4.3 Optimierung der Umrichteransteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . 38 VI INHALTSVERZEICHNIS 3 Theorie aktiver schmalbandiger Störstromfilter 3.1 3.2 Grundgedanke der Störstromkompensation mit idealer Stromquelle 39 . . . . 39 3.1.1 Grundlegende Wirkungsweise und Aufbau . . . . . . . . . . . . . . 39 3.1.2 Grundlegende Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.1.3 Vergleich mit dreiphasigen Filtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.1.4 Diskussion verschiedener Filter und Reglerstrukturen . . . . . . . . 47 Regelkreis mit nichtidealer Stromquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3.2.1 Einfluß der Totzeit der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3.2.2 Kompensation mittels Stellerspannung (2q-S, 4q-S) . . . . . . . . . 56 3.2.3 Kompensation mittels Pulswechselrichter . . . . . . . . . . . . . . . 57 3.2.4 Regelkreis mit zusätzlichem P-Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3.2.5 Einfluß der Netzimpedanz auf die Regelstrecke . . . . . . . . . . . . 59 3.3 Unterscheidung innerer und äußerer Störströme . . . . . . . . . . . . . . . 61 3.4 Stabilität aus Sicht des Netzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3.4.1 Ortskurvenkriterium von Fahrzeugadmittanz und Netzimpedanz . . 63 3.4.2 Stabilitätsbedingung für Fahrzeug- und Netzadmittanz . . . . . . . 64 4 Störstromregelung bei Triebfahrzeugen für Gleichstrombahnen 4.1 4.2 65 Herleitung und Überprüfung der Beziehung zwischen Drehmoment und Zwischenkreisstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4.1.1 Herleitung der Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4.1.2 Diskussion und Messung der Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Analyse des Regelkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.2.1 Einfluß einer Regelung auf konstante Leistung . . . . . . . . . . . . 70 4.2.2 Gesamtregelkreis für Störungen aus dem Zwischenkreis . . . . . . . 72 4.2.3 Störungen aus dem Netz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 4.2.4 Einfluß unterschiedlicher Netzverhältnisse auf die Stellerübertragungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 4.2.5 Diskussion des Fahrzeug-Netz-Stabilitätskriteriums . . . . . . . . . 78 4.2.6 Regelung auf einen Schätzwert für den Zwischenkreisstrom . . . . . 82 4.2.7 Meßergebnisse im Labor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 INHALTSVERZEICHNIS 5 Störstromregelung bei Triebfahrzeugen für Wechselstrombahnen 5.1 5.2 5.3 VII 85 Vergleich verschiedener Regelverfahren für den Vierquadrantsteller . . . . . 85 5.1.1 Vierquadrantsteller mit Stromregelung im Zeitbereich . . . . . . . . 85 5.1.2 Vierquadrantsteller mit Stromregelung im Frequenzbereich . . . . . 87 Untersuchung der Stromregelstrecke im Hinblick auf Störstromverhalten . . 88 5.2.1 Einfluß des Netzstromreglers auf den Störstromregelkreis . . . . . . 88 5.2.2 Rückwirkung des ZK-Spannungsreglers auf den Störstromregelkreis 90 Untersuchung des geschlossenen Störstromregelkreises . . . . . . . . . . . . 91 5.3.1 Störspannungen auf der Wechselstromseite . . . . . . . . . . . . . . 91 5.3.2 Störungen auf der Zwischenkreisseite . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 6 Aufbau eines Versuchsstands Vierquadrantsteller und Pulswechsel” richter“ 103 6.1 6.2 6.3 6.4 Leistungsteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 6.1.1 16.7-Hz-Einspeisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 6.1.2 Vierquadrantsteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 6.1.3 Transformator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 PC-Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 6.2.1 Aufbau der PC-Hardware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 6.2.2 Zeitablauf des Rahmenprogramms des Echtzeit PCs . . . . . . . . . 112 6.2.3 Meßwerterfassung und Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 U/f-Meßsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 6.3.1 Meßwerterfassung durch Spannungs/Frequenz-Umsetzung . . . . . . 115 6.3.2 Messung der Frequenz in einem Abtastsystem . . . . . . . . . . . . 116 Meßtechnische Untersuchung der Störstromregelung des Vierquadrantstellers120 Zusammenfassung und Ausblick 121 A Daten der Versuchsstände und Simulationen 123 A.1 Anlagenparameter in Kapitel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 A.2 Daten des Vierquadrantsteller-Versuchsstands . . . . . . . . . . . . . . . . 124 A.3 Parameter für die Berechnung der Netzimpedanz in Kapitel 5 . . . . . . . 124 Literatur 125 VIII Verzeichnis der verwendeten Symbole und Abkürzungen Verzeichnis der verwendeten Symbole und Abkürzungen Formelzeichen a B C c d f g G i I I K l L M n p P r R s S t T u U U v Y (ω) Z (ω) x X (ω) Aussteuerung a) Bandbreite b) Streckenkonstante Kapazität Zähler Dämpfungskonstante Frequenz normierter Leitwert a) Leitwert b) Übertragungsfunktion Strom Stromeffektivwert fouriertransformierter Strom Reglerkonstante Länge Induktivität Drehmoment normierte Frequenz, Kreisfrequenz a) Leistung b) Polpaarzahl c) Bewertungsfaktor in ppso Wirkleistung normierter Widerstand Widerstand Schaltfunktion Zustand eines Schaltnetzwerkes Zeit Zeitdauer Spannung Spannungseffektivwert fouriertransformierte Spannung Ordnungszahl von Harmonischen Admittanz Impedanz allgemeine Stellgröße fouriertransformierte allgemeine Stellgröße λ ν Ψ ρ σ τ ω a) Wellenlänge b) Leistungsfaktor Abtastschritt Fluß Zeitkonstantenverhältnis ASM Streuzeitkonstante ASM normierte Zeit Kreisfrequenz Verzeichnis der verwendeten Symbole und Abkürzungen ϕ Lastwinkel Hochstellungen ’ * mod + frequenztransformierte Übertragungsfunktion konjugiert modifiziert komplex erweitert Tiefstellungen a ab abm ASM aus b bed br c d D dyn Ein el f F fehl g g ge GS HP I k K kor L Leit me mess MS n N Strang a Abtastgröße abgemischte Größe Asynchronmaschine das Ausschalten betreffend Strang b Bedämpfung Bremssteller Strang c Zwischenkreisgröße Diode dynamisch die Einspeisung betreffend elektrisch Grundschwingung a) Fahrleitung b) Filter Fehler Geräusch(spannung) gerade (Ordnungszahl) geschlossen (Regelkreis) das Gegensystem betreffend Hochpaß I-Regler Kurzschluß Kompensation Korrektur a) Last b) Längs(spannung) Leitung mechanisch Messung das Mitsystem betreffend End(punkt) Netz IX X Verzeichnis der verwendeten Symbole und Abkürzungen NS of P PI pso r R res resv s schaetz SK soll stoer ST T Tot TP u Uf vor z zus das Nullsystem betreffend offen (bei Regelkreisen) P-Regler PI-Regler psophometrisch Rotor Regler Resonanz Reserve a) Ständer b) Nachstell(zeit) c) Start(punkt) Schätzwert Saugkreis Sollwert Störgröße Steller Transistor Totzeit Tiefpaß ungerade (Ordnungszahl) U/f-umgesetzt Vorsteuerung die Schaltfrequenz betreffend zusätzlich µ σ ∼ Magnetisierung Streuung Wechselanteil Überschreibungen ˆ ¯ Amplitude Mittelwert Vektor Unterschreibungen → − Raumzeiger Anmerkung: Bei der Angabe von Dezimalwerten wurde, entgegen der im Deutschen üblichen Praxis, nicht das Komma, sondern der Dezimalpunkt zur Abtrennung von Nachkommastellen verwendet. In das Symbolverzeichnis wurden solche Zeichen nicht aufgenommen, die im Rahmen mathematischer Herleitungen oder Darstellungen nur begrenzt in einem Kapitel Verzeichnis der verwendeten Symbole und Abkürzungen verwendet werden und keine Allgemeingültigkeit für den Gesamttext haben. Die Bedeutung ergibt sich stets aus dem Sinnzusammenhang. Abkürzungen 4q-S Vierquadrantsteller BR Baureihe (bei Lokomotiven) DB Deutsche Bahn (AG) DGL Differentialgleichung EMV Elektromagnetische Verträglichkeit GS Gleichstrom IGBT Bipolartransistor mit isoliertem Gate PWR Pulswechselrichter SR Störstromregelung WS Wechselstrom ZK Zwischenkreis XI Einleitung In den letzten Jahrzehnten hat es eine rasante Entwicklung bei den Antriebseigenschaften von Triebfahrzeugen gegeben, die vor allem durch den Einsatz der Leistungselektronik ermöglicht wurde. Es stellt sich aber zunehmend heraus, daß moderne UmrichterTriebfahrzeuge durch ihre Netzrückwirkungen selbst Ursache für Störungen von Telekommunikationsanlagen, Gleis- und Zugsicherungsanlagen seien können. Besonders dramatisch sind dabei Fälle zu sehen, in denen es nicht nur zu einer lokalen“ Störung kam, ” sondern Versorgungs- und Fahrleitungsnetze großflächig ausfielen. Auch der grenzüberschreitende Bahnverkehr und die Trennung von Netzbetreiber und Bahngesellschaft, wie sie in Europa von der Politik stark vorangetrieben werden, stellen erweiterte Ansprüche an die Netzfreundlichkeit. Die klassischen Methoden zur Verringerung und Vermeidung von unerwünschten Netzrückwirkungen reichen hier zunehmend nicht mehr aus. Um die Netzrückwirkungen von Triebfahrzeugen schon in einer frühen Planungsphase beurteilen zu können, werden Simulationstools benötigt, die eine ausreichend genaue Berechnung der Fahrleitungsströme erlauben. Dazu wird in Kapitel 2 ein Simulationsverfahren vorgestellt, das bei den heute eingesetzten selbstgeführten Stromrichtern eine effiziente Berechnung der charakteristischen Umrichtergrößen ermöglicht. Die für die Simulation benötigten Schaltzeitpunkte, die bei Dioden und Thyristoren durch die Stromnulldurchgänge gegebenen sind, werden hierbei mit geringem Rechenaufwand genau ermittelt. Für Pulswechselrichter und Vierquadrantsteller werden die berechneten Spektren vorgestellt und auch der Einfluß weiterer nicht-idealer Effekte skizziert. Um die geforderte Netzfreundlichkeit zu erreichen, werden Methoden und Konzepte auf leistungselektronischer Basis verwendet. Die hierfür notwendigen theoretischen Grundlagen für die aktive Filterung von Störströmen werden in Kapitel 3 beschrieben, wobei Triebfahrzeuge sowohl für Gleichstrombahnen als auch für Wechselstrombahnen weitgehend einheitlich modelliert werden. Die verwendeten schmalbandigen Filter werden im rotie” renden Koordinatensystem“ realisiert, weil so eine betriebspunktabhängige Nachführung von Reglerparametern besonders einfach ist. Basierend auf der erstellten Theorie wird ein Stabilitätskriterium hergeleitet, das die schnelle Beurteilung der Kompatibilität von Netz und Triebfahrzeug ermöglicht. In den Kapiteln 4 und 5 wird auf die speziellen Probleme bei Störstromregelungen für Triebfahrzeuge für Gleich- und Wechselstrombahnen eingegangen. Bei Gleichstrombahnen ist die arbeitspunktabhängige Übertragungsfunktion des Stellglieds von besonderem Interesse. Anhand eines Beispiels mit mehreren Fahrzeugen wird das Stabilitätskriterium aus Kapitel 3 diskutiert. Bei Wechselstromtriebfahrzeugen stellt die höchst nichtlineare Regelstrecke eine besondere Herausforderung dar. Auch hier kann die Theorie aus Kapitel 3 mit hinreichender Genauigkeit angewendet werden, wie zahlreiche Messungen bestätigen. Um weitergehende Untersuchungen zu ermöglichen, wird ein neuer Versuchsstand konzipiert, der das Gesamtsystem bestehend aus Bahnnetz, Vierquadrantsteller, Pulswechselrichter und Motor nachbildet. Hierbei sind neben den leistungselektronischen Komponenten auch die Regelungshardware und Meßtechnik aufzubauen. Um den besonderen Anforderungen bei Vermeidung niederfrequenter Störströme gerecht zu werden, werden Spannungs-Frequenz-Umsetzer eingesetzt, die eine störunempfindliche Meßwerterfassung erlauben. Bei verzerrter Netzspannung kommt es selbst bei idealen“ Verbrauchern zu nicht” sinusförmigen Netzströmen. Die Theorie zeigt, daß hier aktive Bedämpfungen zu instabilen Verhalten führen können, weil die Netzeigenschaften in der Regel unbekannt sind. Um den Einfluß des Netzes aus den Regeleigenschaften zu eliminieren, wird durch Auswertung zusätzlicher Meßgrößen nur noch der vom Fahrzeug selbst erzeugte Störstrom bekämpft. Für Störungen aus dem Netz zeigt sich kein aktives Verhalten. Kapitel 1 Störströme in Bahnstromnetzen: Definition und Abgrenzung 1.1 Elektromagnetische Beeinflussung durch elektrische Triebfahrzeuge Der Begriff Störstrom gliedert sich in das Fachgebiet der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV)1 ein, wobei die Störquelle die Leistungselektronik eines elektrischen Triebfahrzeugs ist und unterschiedliche Störsenken, d.h. in ihrer Funktion Beeinträchtigte, in Frage kommen (siehe auch Bild 1.1). Die Störungen können hierbei entweder im Nahbereich des Fahrzeugs direkt wirken oder sie werden durch das Übertragungssystem der Bahnstromversorgung weitergeleitet. Freileitungen Achszähler Störquelle Fahrzeugelektronik Netz Telekommunikationsleitungen Gleiskreise Bild 1.1: Elektromagnetische Beeinflussung durch elektrische Triebfahrzeuge 1.1.1 Störungen im Nahbereich Im Nahbereich der Leistungselektronik ist die vielfältige elektrische Aussrüstung eines Zuges zunehmenden Störungen ausgesetzt [28]. Hierbei kommen sowohl Funktions- als auch Gefährdungsstörungen, z.B. bei Ausfall der Steuerung, in Betracht. Alle bekannten Kopplungsarten kommen als Wirkungsursache vor: Galvanische Verkopplung durch gemeinsame Strompfade zweier Systeme, Magnetfelder, die zu induktiven Einkopplungen führen, hohe Spannungssteilheiten, die kapazitive Verschiebungsströme hervorrufen, kapazitve Ableitströme aufgrund paralleler Leitungsführung und elektromagnetische Wellen (Strahlung), die durch die Schaltvorgänge entstehen und zu unzulässig hohen Feldstärken führen können. Als Maßnahmen an der Leistungselektronik sind hier zu nennen: Schirmung des Umrich1 (engl.) electromagnetic compatibility 4 KAPITEL 1. STÖRSTRÖME IN BAHNSTROMNETZEN tergehäuses, sorgfältige Leitungsführung, durchdachtes Erdungskonzept. Schaltungstechnische Maßnahmen, wie z.B. weiches“ Schalten, stehen in der Bahntechnik zur Zeit nicht ” in Diskussion. Maßnahmen an Steuergeräten und anderen beeinflussten Systemen sind ebenfalls Schirmung, Erdungskonzept, Potentialtrennung aller zugeführten Leitungen, sowohl der Versorgungsspannung als auch der Signalleitungen. Einzuhalten ist in der BRD das EMV-Gesetz. Außerdem muß die Betriebssicherheit nachgewiesen werden [28, 58]. Ebenfalls im Nahbereich des Fahrzeugs liegt die Beeinflussung von Achszählern usw. durch Magnetfelder von Fahrmotoren, Drosselspulen und Wirbelstrombremsen. Durch bessere Schirmung und Änderung des Einbauortes der Geräte kann die Beeinflussung reduziert werden. Systematische Maßnahmen bei den gestörten Geräten kommen nicht in Betracht, weil ein großflächiger Austausch beim Netzbetreiber nicht möglich ist. Beim Neubau kleinerer, abgeschlossener Anlagen (U-Bahn, Stadtbahn) wird in der Regel schon in der Planungsphase gezielt auf die EMV-Problematik durch Magnetfelder eingegangen, wodurch sich die negativen Auswirkungen der Magnetfelder oft vermeiden lassen. 1.1.2 Störungen, die durch das Netz weitergeleitet werden Die Übertragungseinrichtungen des Bahnstromnetzes, die Fahrleitungen, führen die Störungen auch weit vom Triebfahrzeug weg. Die Rückführung des durch die Fahrleitung zugeführten Stromes geschieht durch die Schienen und das Erdreich, wobei sich eine halbzylindrische stromführende Zone unter den Gleisen bildet, deren Radius von der Bodenleitfähigkeit und der Frequenz abhängig ist. Zwischen Fahrleitung und Gleisbett/Schienen stellt sich ein elektrisches und magnetisches Feld ein [44, 48]. Parallel zum Fahrdraht verlaufende ungeschirmte Leitungen können besonders durch kapazitives Übersprechen gestört werden. Aus diesem Grunde werden Kommunikationsleitungen in der Nähe von Bahnanlagen schon seit geraumer Zeit nicht mehr ungeschirmt verlegt. Im städtischen Bereich hingegen muß von Seiten des potentiell Beeinflussten auf ausreichende Schirmung und Erdung geachtet werden, weil sich kleine Abstände zum Fahrdraht nicht vermeiden lassen. Bei geschirmten Leitungen gelten die in Unterabschnitt 1.1.2.1 gemachten Überlegungen entsprechend. Die Störungen von Telekommunikationsanlagen und Gleiskreisen soll in den nächsten beiden Kapiteln ausführlicher behandelt werden, weil sie beide durch die Kurvenform des Fahrzeugstroms bedingt sind und Grundlage für die Definition des Begriffs Störstrom in der Bahntechnik sind. Auch andere Anlagen und Geräte, wie z.B. Computerbildschirme, können durch die Magnetfelder entlang einer Bahnstrecke gestört werden ( Flicker“). Aus ” diesem Grunde werden die im folgenden Unterabschnitt 1.1.2.1 genannten Maßnahmen zur Reduktion von Schienen- und Erdstrom oft angewandt. Es gilt anzumerken, daß die vom Triebfahrzeug hervorgerufenen Störungen nicht am Unterwerk als beendet angesehen dürfen, sondern über das Hochspannungsnetz weitergeleitet werden können. Bei Bahnstromnetzen mit Landesfrequenz, die direkt aus dem Landesnetz gespeist werden, ist so auch eine Beeinflussung des Landesnetzes möglich. Elektromagnetische Beeinflussung durch elektrische Triebfahrzeuge 5 Andererseits kann die Störquelle auch auf der Netzseite liegen: Die durch statische Umrichter in Wechselstromnetzen oder ungesteuerte Diodenbrückenschaltungen in Gleichstromnetzen erzeugten Störungen werden über das Übertragungs- und Fahrleitungsnetz weitergeleitet und können ebenfalls in Gleisnähe gelegene Einrichtungen stören. Auf das Problem der Wechselwirkung zwischen Versorgungsnetz und Bahnfahrzeug wird in Unterkapitel 1.2 eingegangen. 1.1.2.1 Störung von Telekommunikationsanlagen Wird eine Kommunikationsleitung in Nähe einer elektrifizierten Eisenbahnstrecke verlegt, sind mit zwei Beeinflussungsmöglichkeiten zu rechnen [1, 2, 3, 4, 5]: Der teilweise durch das Erdreich fließende Rückstrom der Bahn kann bei geerdeten Kabelmänteln eine Verschiebung des Bezugspotentials hervorrufen. Dieser Effekt ist als Längsspannung uL entlang des Kabels meßbar, wenn der Kabelschirm nur auf einer Seite geerdet ist. Diese Spannung darf bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten, weil Personen und Geräte gefährdet sind. Die Signalqualität der Kommunikationsanlage ist i.d.R. nicht beeinträchtigt, weil die Signalübertragung symmetrisch erfolgt. Bei mehrfacher Erdung des Kabelmantels kann die Längsspannung reduziert werden, wobei zu berücksichtigen ist, daß nun ein Teil des Rückstroms durch den Kabelschirm fließen kann (für die Auslegung des Querschnitts wichtig), was aber unter Umständen positive Auswirkungen auf die Geräuschspannung hat (s.u.). In der Praxis wurde nachgewiesen [1, 2], daß unter gegebenen Bedingungen die Längsspannung proportional zum Fahrdrahtstrom IF ist. Bei gegebener Wirkleistung ist nun aus fahrzeugtechnischer Sicht bei einem Leistungsfaktor λ = 1 die bestmögliche Reduzierung der Störung gegeben. Hauptsächlich durch induktive Kopplung wird zwischen den signalführenden Leitungen die sogenannte Geräuschspannung ug hervorgerufen, die zuweilen auch als Querspannung bezeichnet wird. Im einzuhaltenen Grenzwert für ug werden die Frequenzanteile durch den psophometrischen Bewertungfaktor ppso (f ) unterschiedlich stark bewertet und in einer frequenzbewerteten Geräuschspannung Ug,fre zusammengefaßt, um so dem menschlichen Hörempfinden gerecht zu werden (ff = Frequenz der Grundschwingung): Ug,fre N 1 2 ppso (k ff ) · Ug(k) = N k =1 (1.1) Die obige Definition sollte heutzutage auf einen entsprechenden Integralausdruck erweitert werden, weil bei selbstgeführten Umrichtern auch Zwischenharmonische entstehen, die von Gleichung 1.1 nicht erfaßt werden. Für Ug,fre geltende Grenzwerte müssen eingehalten werden. Der Faktor ppso ist willkürlich für die Frequenz von 800 Hz gleich 1 gesetzt und in einem Frequenzbereich bis ca. 5 kHz definiert. Sein Maximum liegt bei ungefähr 1 kHz, siehe auch Bild 1.2. 6 KAPITEL 1. STÖRSTRÖME IN BAHNSTROMNETZEN Bild 1.2: Psophometrischer Bewertungsfaktor ppso Bei proportionaler Kopplung zwischen Fahrdrahtstrom und Geräuschspannung kann auch der entsprechend Gleichung 1.1 frequenzabhängig bewertete Fahrdrahtstrom Ipso für die Beurteilung der Störung herangezogen werden, was durch Messungen gerechtfertigt wird [1, 2]. Weil der Zahlenwert des Kopplungsfaktors zwischen Fahrdrahtstrom und Geräuschspannung von den konkreten Gegebenheiten abhängig und somit unbekannt ist, ist Ipso als Maß für die maximal zu erwartende Geräuschspannung zu sehen2 . Ipso wird als psophometrischer Störstrom oder kurz Störstrom bezeichnet. Diese Bezeichnung ist in der Bahntechnik üblich, obgleich im strengeren, eigentlichen Sinne unter Störstrom der Strom verstanden wird, der konkret durch kapazitive Kopplung unerwünscht in Schaltungsteile eindringt, Ipso hingegen ist nur ein äquivalenter Störstrom [5]. So schreibt Völkl [90]: Der Störstrom einer Anlage ist ein Ersatzstrom, dessen Frequenz gleich der Bezugsfrequenz [800 Hz] ist, und der, in der Anlage wirkend, in einer benachbarten Fernmeldeleitung die gleiche Geräuschstörung erzeugen würde wie der Betriebsstrom mit seinen Oberschwingungen. Der zulässigen Grenzwert für Ipso ist vom Netzbetreiber abhängig und liegt in Österreich3 , Norwegen, Schweden, Dänemark bei nur 1.5 A. Eine Verringerung des Beeinflussung durch den Rückstrom ist möglich, wenn dieser nicht länger durch die Schienen oder das Erdreich fließt. Hierbei kommen Rückleitersysteme, 2 Man sollte allerdings berücksichtigen, daß das Spektrum des Fahrleitungsstroms aufgrund von Resonanzerscheinungen entlang der Fahrstrecke stark variiert (s. Kapitel 5). Für die konkrete Beeinflussung spielen weitgehend nur die Frequenzen eine Rolle, für die die Resonanzbedingungen erfüllt sind. Weil sich während der Fahrt diese ständig ändern und alle Frequenzen vorkommen können, ist der am Stromabnehmer gemessene Fahrdrahtstrom trotzdem ein gutes Maß für die Störung. 3 In Österreich wird Ipso als sicherheitsrelevant eingestuft. Elektromagnetische Beeinflussung durch elektrische Triebfahrzeuge teilweise mit Saug- bzw. Boostertransformatoren, zum Einsatz. Durch die induktive Kopplung von Hin- und Rückleitung wird der Rückstrom in den separaten Rückleiter gezwungen [48, 63, 88, 90]. Theoretisch untersucht wurde auch die Verwendung aktiver Elemente [89], die bei Gleichspannungsnetzen die einzige Möglichkeit darstellen. Die Telekommunikationsleitungen können durch verbesserte Schirmung geschützt werden. Der durch den Schirm fließende Anteil des Rückstroms vermindert hierbei die Kopplung zwischen Rückstrom und Telekommunikationsleitungen [2, 4, 90]. Durch einen Aktiven Reduktionsschutz [62] können Störungen noch weiter verringert werden. Hierbei wird die Störspannung durch eine separate Meßleitung erfaßt und über einen Transformator gegenphasig in die Signalleitungen eingekoppelt. Jötten und Lebrecht haben bereits 1954 [32] ein Störstromfilter zur Reduktion von Ipso vorgeschlagen, welches als RC-Glied realisiert ist. Gschwind [21] optimiert im Modell Netzspannungsfilter für Wechselstrombahnen: Die Dämpfungswirkung ist am Unterwerk am größten (bei fester Fahrzeugposition) und nimmt bei Annäherung des Fahrzeugs ans Unterwerk ab. Harmonische niedriger Ordnungszahl können aufgrund von Resonanzerscheinungen aber angehoben werden. Bethge [1] beschreibt 1983 den Einsatz eines Störstromfilters auf der Umrichterlokomotive BR120. Fischer [15] erläutert an einem Beispiel der ICE-Triebköpfe BR410 in Doppeltraktion die Auslegung eines Wechselspannungsfilters zur Reduktion des Störstroms. Kristiansen [43] berichtet von den Erfahrungen mit der zweiten Bauserie der El17 (Expreßzug Norwegen). Unter anderem wurde ein modifiziertes Störstromfilter mit Saugkreis im Querzweig entwickelt, um den besonderen Bedingungen bei Betrieb bei Ausfall eines Drehgestells Rechnung zu tragen. In [64] werden für das Hochspannungsfilter eigene Trafowicklungen benutzt, um den Bauleistungsaufwand des Filters zu reduzieren (Lokomotive BR101, 145). Auch hier werden Saugkreiseffekte gezielt eingesetzt. 1.1.2.2 Störung von Gleiskreisen Während die Störung von Telekommunikationsanlagen als Funktionsstörung bezeichnet wird, ist die Störung von Gleisfreimeldekreisen als Gefährdungsstörung einzustufen. Gleiskreise haben die Aufgabe, den Besetztzustand eines Gleisabschnittes zu signalisieren und fallen damit in das Feld der Zugsicherung 4. In der Regel wird ein besetzter Gleisabschnitt automatisch durch den Gleiskreis für weitere Fahrzeuge gesperrt. Bei Gleiskreisen wird über einen Dämpfungswiderstand an einem Ende des isolierten Gleises eine Spannung angelegt, am anderen Ende wird ein spezielles Relais angeschlossen, das durch die Spannung erregt wird. Anfangs wurde hierfür Gleichstrom verwendet, ab Ende des 19. Jahrhunderts Wechselstrom, weil verstärkt Gleichstrombahnen gebaut wurden [12]. Weil aufgrund der Sättigung des Bahntransformators bei Wechselstrombahnen Harmonische ungerader Ordnungszahl betriebsmäßig im Fahrstrom vorhanden sind, wurden die Frequenzen so gewählt, daß keine Beeinflussung stattfinden kann (z.B. 42 und 4 Auch der Einsatz in Zugeinwirkungskreisen ist möglich, siehe hierzu [11]. 7 8 KAPITEL 1. STÖRSTRÖME IN BAHNSTROMNETZEN 100 Hz in Deutschland) [3]. Das Gleisfreirelais ist so aufgebaut, daß nur Frequenzen in einem schmalen Band wirksam sind. Bild 1.3: 100-Hz-Gleisstromkreis mit Gleisdrosseln bei zweischieniger Isolierung Bild 1.4: Tonfrequenz-Gleisstromkreis Um einzelne Gleisabschnitte selektiv überwachen zu können, müssen sie zumindest für die Betriebsfrequenz der Relais elektrisch voneinander getrennt werden. Beim Gleiskreis mit einseitiger Isolierung sind die Schienen auf einer Seite mittels Isolierstößen miteinander verbunden, die andere Schiene führt den Rückstrom [1, 12, 70]. Gleiskreise mit zweiseitiger Isolierung verwenden Differentialdrosseln, um verschiedene Gleisabschnitte für den Triebfahrzeugrückstrom miteinander zu verbinden, für hohe Frequenzen aber zu entkoppeln. Ein auf die Gleiskreisfrequenz abgestimmter Parallelschwingkreis erhöht die Impedanz und vermindert damit den Betriebsstrom des Gleiskreises. Tonfrequenz-Gleiskreise schließen die Schienen an den Enden des zu überwachenden Abschnitts kurz und blocken die Signalfrequenzen, die im Bereich einiger Kilohertz liegen, durch Schwingkreise ab, deren Induktivität durch die Schienen selbst gebildet wird, es ist keine Isolierung der Schienen notwendig [11, 12]. Die besondere Ausführung in S-Form5 garantiert, daß ein Gleisabschnitt erst dann freigemeldet werden kann, wenn der Nachbarabschnitt bereits besetzt meldet. Hauptursache für die Beeinflussung von Gleiskreisen durch Triebfahrzeuge ist der Schienenstrom6 , der einen Großteil des Rückstroms ausmacht [4] und sich mit dem Gleiskreis einen gemeinsamen Pfad teilt (galvanische Kopplung). Das hieraus resultierende Spektrum der Störspannung am Gleis ist für Frequenzen bis 1 kHz ein Abbild des NetzstromFrequenzspektrums [26]. Die Störspannungen am Schienenstromkreis werden vom Resonanzverhalten des Netzstromkreises maßgeblich beeinflußt. Die Erdungsverhältnisse sind entscheidend. Beim Gleiskreis mit zweiseitiger Isolierung kann aufgrund des symmetrischen Aufbaus nur eine unsymmetrische Schienenstromverteilung zu einer Störung führen, was die Störsicherheit unter normalen Bedingungen erhöht; auch große Stromanteile mit der Gleisfrequenz 5 Sonderformen bei Enden (Endverbinder), gemeinsamer Verwendung verschiedener Gleiskreise (Überlagerungsverbinder), Überwachung von Weichen. 6 Für zunehmende Frequenzen wird der Strom durch die induktive Kopplung mit der Fahrleitung vermehrt in der Schiene fließen, siehe hierzu auch die Impedanzmessungen von Krittian [44]. Elektromagnetische Beeinflussung durch elektrische Triebfahrzeuge 9 stören den Betrieb nicht. Das höherfrequente Störspektrum am Gleis bis 10 kHz ist nun aber frequenzselektiv wegen der Abschlußkondensatoren an den Gleisdrosseln. Die zweischienige Isolierung kann auch im höherfrequenten Bereich die Störspannungen um mindestens eine Zehnerpotenz verringern. Der Betrieb wird aber unsicher und störanfällig, weil die Ableitwiderstände der Schienen wetterbedingt schwanken und bei einem Schienenbruch die Rückstromsymmetrie nicht mehr vorhanden ist [4]. Tonfrequenzgleiskreise sind ebenfalls symmetrisch aufgebaut und reagieren daher ebenso auf unsymmetrische Schienenströme. Bei den Grenzwerten (bei DB 2.0 A Einzeltraktion und 2.8 A Doppeltraktion sowohl bei 42 als auch 100 Hz [94]) existieren für jedes Land Meßvorschriften, an welcher Stelle im Fahrzeug mit welcher Filtercharakteristik der Störstrom bestimmt wird. Überschreitungen sind dynamisch innerhalb definierter Zeitfenster erlaubt (bei DB 0.5 s). Tabelle 1.1 zeigt eine Auswahl verwendeter Gleisfrequenzen in Europa in einem Frequenzbereich bis 125 Hz, wie sie für die vorliegende Arbeit betrachtet werden. Es existieren darüberhinaus eine ganze Reihe von Gleisfrequenzen bis in den Bereich von 100 kHz, für die Grenzwerte eingehalten werden müssen. Tabelle 1.1: Gleiskreisfrequenzen einiger europäischer Land DC 42 77 83 92 100 108 Belgien x Dänemark x x Deutschland x x Frankreich x Luxemburg x x Österreich Schweden x x Schweiz x x 1.1.3 Länder 125 x x Beeinflussung des Netzes Auch Übertragungs- und Fahrleitungsnetz selbst können durch die von einem Triebfahrzeug erzeugten Störungen beeinträchtigt werden. Genauer genommen muß man an dieser Stelle unter Netz“ neben dem eigentlichen Versorgungsnetz auch alle anderen Triebfahr” zeuge verstehen, die ebenfalls gestört werden können. Für diesen Sachverhalt hat sich der Begriff Netzrückwirkung herausgebildet, der in Abgrenzung zu den im folgenden Unterkapitel 1.2 beschriebenen Phänomenen noch nicht die Wechselbeziehungen zwischen mehreren Systemen berücksichtigt. Folgende Punkte sind bei den Fahrzeugeigenschaften in Wechselstromnetzen zu beachten: Gleichanteile im Fahrdrahtstrom 10 KAPITEL 1. STÖRSTRÖME IN BAHNSTROMNETZEN Transiente Vorgänge beim Einschalten des Netztransformators auf dem Triebfahrzeug (Inrush) Arbeitspunktabhängiger Wirk- und Blindleistungsbezug (auch durch Netzfilter), Leistungsbegrenzung Überspannungen durch Harmonische im Fahrleitungsstrom 1.2 Wechselwirkung Energieversorgung - Fahrzeug Die im Unterkapitel 1.1 beschriebenen Störphänomene und deren Ausbreitung im Bahnnetz entstammen einer rein statischen Betrachtungsweise: Die Existenz einer Störquelle hat keinen Einfluß auf andere potentielle Störquellen. In der Praxis sind durch Übertragungsund Versorgungsnetz verschiedene (leistungselektronische) Störquellen miteinander verkoppelt, wobei das Netzverhalten durch weitere Komponenten, wie z.B. rotierende Umformer, Transformatoren usw., mit bestimmt wird (siehe Bild 1.5). Bild 1.5: Ersatzdarstellung der Energieversorgung von Bahnnetzen Dieses Gesamtsystem kann unter bestimmten Umständen instabil werden, wobei die Ursache das aktive Verhalten der Leistungselektronik auf den Fahrzeugen und der statischen Umrichter ist. Die genaue Abgrenzung von Störquelle einerseits und Beeinträchtigten andererseits kann an diesem Punkt nicht mehr aufrecht erhalten werden. Folgende Erscheinungen, die zu Instabilitäten führen können, sind bekannt [56]: 1. Niederfrequente Schwingungen, deren Ursache die Leistungsregelungen auf Erzeugeroder Verbraucherseite sind 2. Resonanzanregungen Leistungsregelungen sind sowohl beim Erzeuger7 als auch beim Verbraucher vorhanden. Moderne Fahrzeugstromrichter versuchen unter Umständen mit relativ hoher Dynamik, 7 Mit Ausnahme kleinerer Gleichspannungsnetze, die über ungesteuerte Gleichrichter gespeist werden. Wechselwirkung Energieversorgung - Fahrzeug d.h. innerhalb weniger Netzperioden, ihren Wirk- und Blindleistungsbezug einzustellen. Wenn diese Leistung beim Erzeuger erst verzögert bereitgestellt werden kann, ist ein Aufschwingen nicht mehr auszuschließen. Als Ursache sind hier regelungstechnische Totzeiten zu sehen, mit denen der Leistungsfluß nur eingestellt werden kann. Ungünstige Netzkonfigurationen, wie z.B. entfernte Einspeisung in Skandinavien, verschärfen dieses Problem. Daher muß bei einigen Netzbetreibern die Netzstabilität eines Fahrzeugs in bezug auf bekannte Netzresonanzen8 nachgewiesen werden. Die Anregung von Netzresonanzen ist besonders kritisch, weil die in Frage kommenden Frequenzen im ähnlichen Frequenzbereich wie die Gleiskreisfrequenzen liegen und die in Kapitel 3 beschriebenen aktiven Regler hier wirken. Die Resonanzstellen des Netzes werden bestimmt durch die Kapazitäten der Leitungen und Kabel und die Induktivitäten von Leitungen, Kabeln, Transformatoren und Generatoren. Besonders die Kapazitäten zwischen den Hochspannungsleitungen führen mit den Induktivitäten der Generator-Transformator-Baugruppe in Kraftwerken und Umformern zu sehr niedrigen Resonanzfrequenzen von 120 bis 200 Hz. Die Kapazitäten der Fahrleitungen können dabei vernachlässigt werden, wenn keine direkte Kopplung zum Landesnetz besteht (bei 50- oder 60-Hz-Netzen) oder dezentrale Frequenzumformer zum Einsatz kommen. Die tiefsten Resonanzfrequenzen liegen bei den Fahrleitungen allein bei ungefähr 700 Hz (eingleisige Strecke) bis 1500 Hz (zweigleisige Strecke). Zusätzliche Netzfilter auf den Fahrzeugen und ortsfeste Kompensationsanlagen verschärfen das Problem oder schaffen sogar neue Resonanzstellen. Resonanzen können aber auch durch die trägen Massen rotierender Generatoren und Umformer entstehen. Eine Dämpfung des schwingfähigen Systems erfolgt durch die ohmschen Verluste der Komponenten und die Magnetisierungsverluste in Maschinen und Transformatoren. Die Dämpfung steigt mit zunehmender Frequenz aufgrund des Skineffektes in den Leitungen sowie der Frequenzabhängigkeit der Wirbelstrom- und Ummagnetisierungsverluste. Eine zusätzliche Dämpfung wird in der Praxis durch die klassische passive Direktheizung der Fahrzeuge, Weichenheizungen sowie die Überlappung von netzgeführten Stromrichtern erreicht, was auf moderne, stromgeregelte Hilfsbetriebumrichter nicht zwangsläufig zutrifft. Das System kann durch die Fahrzeuge angeregt werden, wenn diese sich für Frequenzen oberhalb der niedrigsten Resonanzfrequenz nicht passiv verhalten. Die Bestimmung der Eingangsadmittanz eines Stromrichterfahrzeugs ist von daher von größer Bedeutung [22, 47]. Eine Anregung ist andererseits auch schon durch statische Umformer möglich (Netzschwingung ohne Fahrzeuge). Erfahrungen in Schweden und Norwegen mit hohem Anteil von Umrichterspeisung zeigen, wie wichtig die Betrachtung auch der Unterwerksseite ist. Um möglichen Problemen bei der Zulassung von Neufahrzeugen frühzeitig entgegenzutreten, reicht die Vorgabe von statischen Grenzwerten seitens des Infrastruktur- und damit 8 In Schweden z.B. die 1.6-Hz-Resonanz, hervorgerufen durch statische Umrichter, Umformer und Übertragungswege. 11 12 KAPITEL 1. STÖRSTRÖME IN BAHNSTROMNETZEN Netzbetreibers nicht aus. In Kompatibilitätsstudien (nach prEN 50388) muß dann die Verträglichkeit zwischen Fahrzeug und Netz nachgewiesen werden [53]. Eine Besonderheit stellt der grenzüberschreitende Verkehr dar. Hier existieren zwar schon technische Spezifikationen für Interoperabilität (TSI), aber nicht-interoperable“ Fahrzeuge, welche die ” robusteren“ Stabilitätskriterien für Neufahrzeuge nicht einhalten, führen zu Nichteinhal” ten der Kriterien seitens der Energieversorgung [53, 56]. Kapitel 2 Spektrale Zusammensetzung des Fahrleitungsstroms von leistungselektronisch gesteuerten Triebfahrzeugen Im ersten Kapitel wurde gezeigt, daß der Fahrstrom eines Triebfahrzeugs Ursache für Störungen von Telekommunikationsleitungen und Gleiskreisen sein kann und Grenzwerte eingehalten werden müssen. Es stellt sich also z.B. bei Neuentwicklungen die Frage, inwiefern schon in einem Modell der Fahrleitungsstrom berechnet werden kann. Hauptursache für Störungen sind heute die Pulswechselrichter, die direkt an die Fahrleitung geschaltet sind (Chopper und Vierquadrantsteller). Es können aber auch Anteile der Zwischenkreisströme der Motorwechselrichter oder der Hilfsbetriebumrichter als Störungen auf die Netzseite gelangen. Zusätzlich können Störungen, die ihre Ursache im Netz haben, sich auf die Zwischenkreis- oder Motorspannungen auswirken und so wiederum auch neue Störungen im Fahrzeugstrom verursachen. Für eine exakte Berechnung der Störströme muß die Netzimpedanz, wie sie sich aus Sicht des Fahrzeugs darstellt, berücksichtigt werden. Häufig wird allerdings vereinfacht mit einer eingeprägten Netzspannung gerechnet. Bei Annahme einer linearen Netzimpedanz wird diese die auftretenden Spektalanteile höchstens in der Intensität ändern, aber keine neuen Harmonischen erzeugen. Wenn das Netzmodell nicht in einem Schritt in die Berechnung des Fahrzeugstroms einbezogen werden kann, ist auch ein iteratives Vorgehen möglich: Aus dem idealisiert berechneten Strom wird eine neue Netzspannung berechnet, die dann wieder Eingangsgröße für das Fahrzeugmodell ist. Oft wird das Netz vereinfacht als RL-Längsglied modelliert, wobei lediglich die Werte der Streuinduktivität des Transformators der Wechselstromfahrzeuge bzw. der Filterinduktivität der Gleichstromfahrzeuge abhängig von der Entfernung vom Unterwerk angepaßt werden. Weil die analytische Berechnung der Spektren von Strömen und Spannungen in Stromrichterschaltungen selbst unter idealisierten Bedingungen mit erheblichen Aufwand verbunden und bei Berücksichtigung von Nichtidealitäten unmöglich ist, soll im ersten Unterkapitel auf die Simulation von Stromrichterschaltungen im Zeitbereich eingegangen werden, die ein wichtiges Hilfsmittel für die Berechnung von Störströmen ist. 2.1 Simulation von Abtastregelungen geschalteter Netzwerke Es soll ein Verfahren beschrieben werden, mit dem Steller und selbstgeführte Umrichter einfach simuliert werden können bei Verwendung der originalen Reglerroutinen. Der Zeitbezug zwischen den simulierten Messwerten und den realisierten Schaltungen der Ventile 14 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM wird korrekt berücksichtigt. Die Abtastfrequenz der Regelung kann während der Simulation geändert werden, um auch Abtastregelungen mit variabler Zykluszeit simulieren zu können. Die gleichzeitige Simulatiuon zueinander asynchroner Abtastregelungen ist möglich. 2.1.1 2.1.1.1 Zustände eines Schaltnetzwerks Grundlagen von Schaltnetzwerken Dioden und Transistoren können in der Simulation vereinfacht durch Schalter beschrieben werden. Eine Diode z.B. kann sich immer nur in einem von zwei Zuständen befinden (siehe hierzu Bild 2.1): Diode leitet“ oder Diode sperrt“. Für jeden der zwei Zustände gibt es ” ” eine Nebenbedingung, die für diesen Zustand erfüllt sein muß. So muß im Zustand Diode ” leitet“ (Schalter geschlossen) die Nebenbedingung iD ≥ 0, im Zustand Diode sperrt“ ” (Schalter geöffnet) die Nebenbedingung uD ≤ 0 erfüllt sein. Der Punkt iD = 0, uD = 0 gehört zu beiden Zuständen und kann nicht eindeutig zugeordnet werden. ∼ = uD ≤ 0 oder iD ≥ 0 Bild 2.1: Zustände einer Diode In einem Schaltnetzwerk befinden sich allgemein nS verschiedene Schalter, deren Einzelzustände zu einem Gesamtzustand S zusammengefaßt werden können, so z.B.: S = {D1 = EIN, D2 = AUS, T1 = EIN, T2 = AUS} Die Menge aller Zustände S ist abzählbar und endlich. Jedem Zustand ist außerdem ein Satz von Nebenbedingungen zugeordnet, die in diesem Zustand erfüllt sein müssen. Bei einer Verletzung einer der Nebenbedingungen kommt es zu einer Zustandsänderung des Netzwerks. Ein Zustandsänderung kann aus Sicht der Simulation zwei Ursachen haben: Ein externes Ereignis“ tritt ein, z.B. ein Transistor oder Thyristor wird einge” schaltet. Der genaue Zeitpunkt dieses Ereignisses ist dem Simulator bekannt (siehe Abschnitt 2.1.3). Ein internes Ereignis“ tritt auf, weil eine der Nebenbedingungen nicht länger erfüllt ” ist, z.B. der Dioden- oder Thyristorstrom negativ wird. Simulation von Abtastregelungen geschalteter Netzwerke 15 Diese Unterscheidung ist zwar nicht zwingend notwendig, es ist aber simulationstechnisch wesentlich einfacher, Ereignisse wie Transistor wird eingeschaltet“ besonders zu behan” deln, weil ansonsten der Zeitpunkt des Schaltens durch besondere Maßnahmen detektiert werden müßte. Der Fall von internen Ereignissen“ ist allgemein schwieriger zu handha” ben (siehe Unterabschnitt 2.1.2.3). Zudem werden interne Ereignisse“ durch Veränderung ” der Zustandsgrößen selbst ausgelöst, der Schaltzeitpunkt von Transistoren hingegen ergibt sich nicht aus der Lösung der Differentialgleichung selbst. 2.1.1.2 Zusammenfassen von Zuständen eines Stromrichters id T1 D1 iL ud D2 uL T2 Bild 2.2: Modell eines Wechselrichterzweigpaars (2q-S) Die Anzahl möglicher Zustände eines Stromrichters wird mit zunehmender Zahl von Schaltelementen schnell recht groß. In vielen Fällen kann aber die Komplexität reduziert werden, wenn verwandte Zustände zusammengefaßt werden und unmögliche bzw. technisch sinnlose Zustände sowie die Zustände während der Kommutierungen ausgeschlossen werden. Dies soll am Beispiel eines Zweipunktwechselrichterzweigpaares demonstrativ erläutert werden (Bild 2.2). Mathematisch gesehen gibt es die in Tabelle 2.1 aufgeführten 16 Schaltzustände für das Wechselrichterzweigpaar. Die Zustände 13 bis 16 sind in der Regel nicht erlaubt, weil sie einen Brückenkurzschluß des Zwischenkreises bewirken. In den Zuständen 4, 8 und 12 leiten beide Dioden, was ebenfalls aufgrund der Bedingung ud > 0 nicht möglich ist. In den Zuständen 7 und 10 sind jeweils ein Transistor und die entgegengesetzte Diode leitend (Kommutierung), das Ausgangspotential wäre nicht eindeutig. So verbleiben insgesamt sieben mögliche Zustände für das Wechselrichterzweigpaar, die sich in zwei Hauptgruppen einteilen lassen: In Hauptgruppe I gehört ausschließlich Zustand 1, alle Schalter sind geöffnet, Zwischenkreis und Last sind nicht miteinander verbunden. Aufgrund der Trennung von 16 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM Tabelle 2.1: Schaltzustände des 2q-S Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 T1 aus aus aus aus aus aus aus aus ein ein ein ein ein ein ein ein T2 aus aus aus aus ein ein ein ein aus aus aus aus ein ein ein ein D1 aus aus ein ein aus aus ein ein aus aus ein ein aus aus ein ein D2 NB aus 0 ≤ uL ≤ ud ein i >0 aus i <0 ein n.m. aus i ≤0 ein i >0 aus n.m. ein n.m. aus i ≥0 ein n.m. aus i <0 ein n.e. aus n.e. ein n.e. aus n.e. ein n.e. s – 0 1 – 0 0 – – 1 1 – – – – – Quelle und Last benötigt man eine besondere Beschreibung des Netzwerkes. Man kann diesen Zustand als Wechselrichter offen“ vergleichbar mit Schalter offen“ cha” ” rakterisieren. Die in diesem Zustand gültige Nebenbedingung lautet 0 ≤ uL ≤ ud . Hauptgruppe II umfaßt die restlichen sechs Zustände 2, 3, 5, 6, 9 und 11. Quelle und Last sind über einen Wechselschalter verbunden, der die zwei Zustände s = 0 und 1 annehmen kann. Die Gleichungen für den Wechselrichter lauten uL = s · ud (2.1) id = s · iL (2.2) mit der Schaltfunktion s = {0, 1}. Die sechs Zustände können durch ein identisches DGL-System beschrieben werden, in dem aber ein nichtkonstanter, nichtstetiger Parameter s auftritt. Bei der Integration des DGL-Systems müssen Unstetigkeitsstellen von s im aktuellen Integrationsintervall vermieden werden. Die einzelnen Nebenbedingungen der Zustände sind in Tabelle 2.1 aufgeführt. Die sechs Zustände lassen sich noch weiter reduzieren, wenn man beispielsweise Zustand 2 und 6 zusammenfaßt. In beiden Fällen ist s = 0 und die einzuhaltende Nebenbedingung lautet i > 0. Der Schaltzustand von T2 hingegen ist redundant. Erst beim Wechsel in einen anderen Zustand (Diodenstrom wird null) wird der Schaltzustand von T2 wieder wichtig. Auf gleiche Weise können die Zustände 3 und 11 zusammengefaßt werden. Es ergibt sich das in Tabelle 2.2 dargestellte vereinfachte Schema für die Zustände. Simulation von Abtastregelungen geschalteter Netzwerke Tabelle 2.2: Physikalisch relevante Zustände des 2q-S, zusammengefaßt i >0 i <0 T1 = ein T1 = beliebig s = 1 T2 = aus T2 = aus Zus. 9 Zus. 3+ 11 T1 = aus T1 = beliebig s = 0 T2 = egal T2 = ein Zus. 2 + 6 Zus. 5 2.1.1.3 Übergänge zwischen den Zuständen Wenn mindestens eine Nebenbedingung nicht mehr erfüllt ist, muß, nachdem der genaue Zeitpunkt bestimmt wurde, der Folgezustand ermittelt werden. Es kommen nur solche Folgezustände in Frage, deren Nebenbedingung zum aktuellen Übergangszeitpunkt erfüllt ist. Für den Wechselrichter gibt es zwei Arten von Übergängen zwischen Zuständen: 1. Ein Wechsel zwischen den Hauptzuständen Wechselrichter geöffnet“ und Wech” ” selrichter geschlossen“ tritt auf. 2. Ein Übergang innerhalb von Gruppe II der Zustände tritt ein. Ist der Wechselrichter geöffnet, kann sich eine Zustandsänderung durch zwei Ursachen ergeben: Einer der beiden Transistoren wird eingeschaltet oder es gilt: uL < 0 bzw. uL > ud . Umgekehrt geht der WR in den geöffneten Zustand, wenn entweder in den (passiven) Zuständen 2 oder 3 der Strom Null wird, oder in den Zuständen 5 und 9 der aktive Transistor ausgeschaltet wird und gleichzeitig der Strom null ist. Innerhalb der Zustände von Gruppe II kommt eine Zustandsänderung entweder durch ein Vorzeichenwechsel des Stromes zustande (s ändert sich nicht) oder durch Schalten der Transistoren. In Bild 2.3 sind die Zustände und die Übergänge zwischen ihnen dargestellt. Theoretisch gesehen kann allgemein der Fall auftreten, daß für mehr als einen Zustand im Übergangszeitpunkt deren Nebenbedingung erfüllt sind. Allerdings wird nur für einen dieser Zustände die Nebenbedingung auch unmittelbar nach dem aktuellen Zeitpunkt erfüllt sein. In dem analysiertem WR tritt dieser Fall deshalb nicht auf, weil die Randbedingung ud > 0 nur bestimmte Entwicklungen zuläßt und dies schon berücksichtigt wurde. Außerdem kann es nur dann zu Uneindeutigkeiten kommen, wenn ein Punkt von mindestens drei Zuständen geteilt wird, wobei einer der noch aktuelle ist. Eine Diode z.B. hat aber nur zwei Zustände und es muß dann jeweils der komplementäre Zustand eintreten. 17 18 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM Bild 2.3: Übergänge zwischen den Zuständen bei der Simulation 2.1.2 Integration des vereinfachten Netzwerkes Für jeden der Zustände S kann das Schaltnetzwerk zu einem Netzwerk ohne Schalter vereinfacht werden. Dieses vereinfachte Netzwerk kann durch einen Satz von Differentialgleichungen erster Ordnung beschrieben werden: dyS S (x , yS ) =D dx (2.3) x stellt die Ordinate dar (in der Regel die Zeit), yS ist der Zustandsvektor in Zustand S (die Zustandsvektoren unterschiedlicher Zustände müssen nicht zwangsläufig identisch S beschreibt den Satz Differentialgleichungen erster Ordnung. Zusätzlich gibt es sein), D eine Menge von Nebenbedingungen NS , die in Zustand S erfüllt sein müssen. Zur numerischen Lösung der Differentialgleichung braucht man einen Integrator, der einerseits das DGL-System für eine gegebene Schrittweite ∆x löst, andererseits aber auch die Nebenbedingungen überprüft und eventuell den genauen Zeitpunkt des Ereignisses Nebenbedin” gung wird verletzt“ bestimmt. 2.1.2.1 Auswahl eines Integrators Wie aus Gleichung 2.3 ersichtlich, ist im Zustand S der Vektor der Ableitungen der Zustandsgröße eine Funktion des Zustandes selbst und der Ordinate. Wenn ny die Dimension von yS ist, beschreibt die obige Gleichung ein Vektorfeld im ny + 1-dimensionalen Raum. Die Lösung des DGL-Systems folgt dann einer Trajektorie in diesem Feld. Allgemein wird ein Integrator benötigt, der nach Vorgabe der Startwerte xstart und ystart , der geforderten Integrationsdauer ∆x und einer Genauigkeit ∆y eine Näherung für y (xstart + ∆x ) berechnet. y (xstart + ∆x ) ≈ Int(xstart , ystart , ∆x , ∆y ) (2.4) Simulation von Abtastregelungen geschalteter Netzwerke 19 Die einfachste Methode ist, das Integrationsintervall in N gleichgroße Teilintervalle der Länge ∆xsim = ∆x /N zu unterteilen und für jedes Teilintervall nach der Eulerschen Näherung n , y (xn )) · ∆xsim y (xn+1 ) ≈ y (xn ) + D(x (2.5) zu berechnen. Problematisch ist hierbei, daß der geeignete Wert der Schrittweite ∆xsim zum Erreichen der geforderten Genauigkeit unbekannt ist, der Rechenaufwand für große Genauigkeit schnell überhand nimmt und sich aufgrund des Rechnens mit endlicher Stellenzahl Ungenauigkeiten bei kleiner Schrittweite einschleichen. Besser sind Integratoren höherer Ordnung mit Schrittweitenkontrolle, wobei das Verfahren nach Runge-Kutta [60] wohl am bekanntesten ist. Für glatte Funktionen hat sich die Methode nach Bulish-Stoer bewährt, weil sie hohe Genauigkeit bei geringen Rechenaufwand sicherstellt. Weil alle Unsteigkeiten aus dem Integrationsintervall entfernt werden, ist die Annahme einer glatten Funktion gerechtfertigt. Die Grundidee von Bulirsch und Stoer besteht darin, Näherungen für y (xstart + ∆x ) für verschiedene Schrittweiten ∆xsim zu berechnen und aus den gewonnenen Daten durch Extrapolation den Wert der Funktion f (∆xsim ) = y (xstart + ∆x )(∆xsim ) (2.6) näherungsweise an der Stelle ∆xsim = 0 zu bestimmen. Die Berechnung von y (xstart + ∆x ) für sehr kleine ∆xsim wird hierbei vermieden. Es soll im weiteren geklärt werden, wie interne Ereignisse“ behandelt werden können, ” wobei dies stets mit erhöhtem Aufwand verbunden ist. Das entwickelte Verfahren reduziert den Aufwand deutlich und ist der Kenntnis des Autors zufolge in dieser Form noch nicht beschrieben worden. 2.1.2.2 Detektion interner Ereignisse Anhand des Beispiels eines ohmsch-induktiven Kreises mit idealer Diode (siehe Bild 2.4) soll der Umgang mit internen Ereignissen diskutiert werden. y R u0 L Bild 2.4: Ohmsch-induktiver Kreis mit idealer Diode Der Strom y möge zu Beginn positiv sein. Die zu integrierende DGL lautet dy u0 − R · y = ; dx L u0 < 0; dy <0 dx und ist solange gültig, wie y ≥ 0 ist. (2.7) 20 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM Es gilt als erstes zu klären, unter welchen Bedingungen die Nullstelle von y(x ) ins aktuelle Integrationsintervall fällt. Die Werte am Integrationsanfang sollen mit dem Index s, die am Ende mit dem Index n gekennzeichnet werden. Gilt y(xs ) > 0 UND y(xn ) < 0 liegt ein eindeutiger Vorzeichenwechsel vor, weil die Funktion y(x ) stetig ist. Theoretisch könnten natürlich auch drei oder mehr Vorzeichenwechsel vorliegen, diesen Fall kann man durch Annahme einer glatten Funktion ausschließen1 . Das Integrationsintervall darf also nicht zu groß sein und muß geeignet gewählt werden. Für den Fall y(xs ) > 0 UND y(xn ) > 0 geht man wie folgt vor: Als erstes überprüft man die Ableitung am Endpunkt xn . Verläuft y(x ) in Richtung Null, ist eine Nullstelle unwahrscheinlich (siehe Bild 2.5 links), man bräuchte dafür neben einer doppelten Nullstelle einen Wendepunkt im Integrationsintervall. In dem Fall, daß die Ableitung positiv ist, ist eine (doppelte) Nullstelle denkbar, ohne daß y(x ) einen Wendepunkt besitzt (siehe Bild 2.5 rechts). Es leuchtet ein, daß dies nur dann sinnvoll anzunehmen ist, wenn der Abstand von Null nicht zu groß ist. Dieses kann man mit folgender Methode sicherstellen. Bild 2.5: Kein Vorzeichenwechsel (links), eventueller VZW (rechts) Bild 2.6: Kein Vorzeichenwechsel Es wird der Testpunkt Tt berechnet, der sich aus der linearen Extrapolation vom Ausgangspunkt ergibt. Nur wenn dieser kleiner Null ist, ist der doppelte Vorzeichenwechsel 1 In diesem Fall würde i.d.R. die Lösung des Integrators ohnehin nicht konvergieren und das Integrationsintervall automatisch verkleinert werden. Simulation von Abtastregelungen geschalteter Netzwerke 21 denkbar. Wenn dieser Verdacht besteht, muß zur weiteren Klärung das Integrationsintervall halbiert werden. Dieses geschieht solange, bis eine eindeutige Nullstelle identifiziert worden ist oder aber Tt über Null zu liegen kommt. Liegt dieser Fall wie in Bild 2.6 vor, kann die doppelte Nullstelle ausgeschlossen werden. 2.1.2.3 Bestimmung der Nullstelle Nachdem das Ereignis y = 0 detektiert worden ist, muß dessen genauer Zeitpunkt bestimmt werden. Bild 2.7: Ereignis zwischen zwei Abtastschritten Im Beispiel in Bild 2.7 gilt am Startpunkt Ps noch ys = y(xs ) > 0. Wird der Integrator mit einer Schrittweite ∆x aufgerufen, ergibt sich für den Punkt Pn ein Funktionswert yn (xs + ∆x ) < 0. Irgendwo im Intervall (xs , xn ) liegt die Nullstelle y(xp ) = 0, die als Zeitpunkt des Ereignisses Strom wird Null“ angesehen werden kann. ” Die Grundidee liegt nun darin, eine Substitution der Variablen vorzunehmen, wie in Bild 2.7 angedeutet: x = −y (2.8) y = x (2.9) Es wird nun vom Punkt Ps in Richtung der negativen y-Achse integriert, und zwar für eine Dauer ∆x = ys . Die Ableitungen dy /dx , die der Integrator benötigt, können für jeden gewünschten Punkt (x , y ) wie folgt berechnet werden: 1. Berechne x und y: x y = 2. Berechne dy/dx 3. Berechne dy /dx = 1 −dy/dx 0 1 −1 0 x y 22 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM Am Endpunkt der Integration liegt der gesuchte Punkt Pq (xs + ∆x , yq ) mit xs + ∆x = 0 und yq = xq . Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Verfahrens ist, daß im gesamten Intervall dy/dx < 0 ist, ansonsten ist die Funktion y(x ) lokal nicht umkehrbar. Tritt dieser Fall ein, muß das Integrationsintervall zur weiteren Untersuchung weiter zerkleinert werden. 2.1.2.4 Allgemeine Beschreibung des Verfahrens Es soll nun das oben beschriebene Verfahren allgemeingültig für Nebenbedingungen in mehreren Variablen beschrieben werden. Es existiere allgemein eine Nebenbedingung N (x , y ) > 0 für das aktuelle Integrationsintervall. Wenn die Nebenbedingung eine lineare Funktion von x und y ist, stellt N (x , y ) = 0 die Gleichung einer Ebene im ny + 1-dimensionalen Raum dar. Ist die Ebenengleichung normiert (Hessesche Normalform), ist h = N (x , y ) der Abstand eines Punktes P(x , y ) zur Ebene, wobei Punkte auf der Seite des Startpunktes positiv gezählt werden. Liegt zwischen xs und xn eine Nullstelle von N (x , y ), bedeutet dies, daß die Lösungstrajektorie des DGL-Systems die Ebene schneidet. Die (skalare) Funktion h(x ) = N (x , y (x )) dient als Abstandsindikator eines Punktes zur Ebene und kann zur Detektion der Nullstelle analog zu Unterabschnitt 2.1.2.2 verwendet werden (dort war h(x ) = y(x )). Um festzustellen, ob der Gradient an einem Punkt auf die Ebene zu oder von ihr weg zeigt, kann man wie folgt vorgehen: Es wird ein neues Koordinatensystem (x , y ) definiert, in dem die positive x -Achse in Richtung auf die Ebene zeigt, also orthogonal zur ihr ist. Möge M die Transformationsmatrix von den neuen zu den wirklichen Koordianten sein: x y1 .. . =M · x y1 .. . (2.10) yn yn Der Vektor, dessen erste Komponente gleich 1 ist und dessen andere Komonenten gleich den Ableitungen sind, stellt einen Gradientenvektor dar und kann in das neue Koordinatensystem umgerechnet werden. Ist jetzt die erste Koordinate a kleiner Null, so zeigt der Gradient von der Ebene weg. a b1 .. . bn 1 dy1 −1 = M · dx. . . dyn dx (2.11) Simulation von Abtastregelungen geschalteter Netzwerke Für a > 0 können die Ableitungen im neuen Koordinatensystem berechnet werden: 1 a dy1 dx 1 b1 . = · . (2.12) . a . . . dyn bn dx Zur genauen Ermittlung des Schnittpunktes wird vom Startpunkt aus in Richtung auf die Ebene zu integriert. Startpunkt der Integration ist: xs xs y y1s . = M −1 · 1s (2.13) .. . . . yns yns Die Integrationsschrittweite beträgt ∆x = N (xs , ys ). Die Berechnung des Vektors der Ableitungen im transformiertem Koordinatensystem (x , y ) erfolgt analog zum obigen Beispiel: D x x y1 y1 . = M · 1. Berechnung der wirklichen Koordinaten: . .. . . yn yn 1 T n , y ) 2. Berechnung des Ableitungsvektors dy , . . . , dy = D(x dx dx 1 1 dy1 dy1 dx dx −1 3. Berechnung von a · .. = M · .. . . dyn dx dyn dx Ist a ≤ 0, ist die Funktion nicht umkehrbar, das Integrationsintervall muß verkleinert werden. 2.1.3 2.1.3.1 Zeitablauf der Simulation Simulationsrahmenprogramm Am Beispiel des Zweipunktwechselrichters soll der genaue Zeitablauf der Simulation einer Abtastregelung beschrieben werden. Zuerst sollen keine internen Ereignisse“ wie z.B. ” Strom wird Null“ berücksichtigt werden (siehe Unterabschnitt 2.1.2.3), lediglich die durch ” das Schalten der Transistoren T1 und T2 herbeigeführten Zustandsänderungen in s werden berücksichtigt. Insgesamt gibt es zwei Arten von äußeren Ereignissen, deren Zeitpunkte dem Simulator bekannt sind: 23 24 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM Aufruf des Regelungsalgorithmus, es werden Abtastwerte als Meßwerte übergeben Nachbildung einer Schaltung eines Wechselrichterzweigpaares, in der die Schaltfunktion s von 1 auf 0 bzw. umgekehrt gesetzt wird. Zwischen diesen Ereignissen gibt es keine Unstetigkeiten, der in Abschnitt 2.1.2 beschriebene Integrator kann zur Lösung des DGL-Systems eingesetzt werden. Das Simulationsrahmenprogramm benutzt eine der Zeit nach sortierte Liste von Ereignissen, die vom Simulator abgearbeitet wird, in der aber jederzeit auch neue Ereignisse eingefügt werden können. Bild 2.8 soll dies beispielhaft für einen Gleichstromsteller veranschaulichen. Bild 2.8: Ablauf der Simulation Zum Zeitpunkt t1 wird die Simulation unterbrochen und die Regelung mit dem Abtastwert iL (t1 ) aufgerufen. Diese berechnet einen Schaltzeitpunkt t4 des Stellers im nächsten Modulationsspiel. Außerdem wird die Modulationsspieldauer des nächsten Modulationsspiel Tm,n+1 festgelegt. Der Ereignisliste wird eine Schaltung zum Zeitpunkt t4 und ein Abtastprozess zum Zeitpunkt t3 = t1 + Tm,n hinzugefügt. Es stehen nun drei Ereignisse in der Liste: E 2, Schaltung im laufenden Modulationsspiel zum Zeitpunkt t2 (wurde beim vorherigen Mal festgelegt) E 3, Abtasten zum Zeitpunkt t3 , Aufruf der Regelung im nächsten Zyklus E 4, Schaltung im nächsten Modulationsspiel zum Zeitpunkt t4 , s wird von 0 auf 1 gesetzt. Es wird jetzt der Integrator aufgerufen, der das DGL-System von t1 bis t2 integriert. Zum Zeitpunkt t2 wird s von 1 auf 0 gesetzt und das Ereignis E2 aus der Liste gelöscht. In der Liste stehen jetzt noch: E3 E4 Idealisierte Berechnung der Harmonischen des Fahrzeugstroms Anschließend wird von t2 bis t3 integriert. Jetzt beginnt der geschilderte Ablauf von vorne: Ereignis E3 wird aus der Liste entfernt, die Regelung aufgerufen und die Ereignisse E5 (Abtasten zum Zeitpunkt t5 = t3 + Tm,n+1 ) und E6 (Schaltung zum Zeitpunkt t6 ) werden generiert. In Bild 2.8 ist neben den Zeitpunkten der Ereignisse der Inhalt der Ereignisliste nach Bearbeitung des aktuellen Ereignisses dargestellt. 2.1.4 Weitere Ereignisse Wenn interne Ereignisse“ auftreten, wird der Integrator die Simulation vor dem gewünsch” ten Zeitpunkt beenden und signalisieren, welches Ereignis hierfür Ursache war und wie groß die noch zu integrierende Restzeit ist. Das Simulationsrahmenprogramm ruft einen event handler“ auf, der wiederum ein für dieses Ereignis spezifiziertes Unterprogramm ” aufruft. Dieses nimmt die notwendigen Strukturumschaltungen vor. Anschließend muß der Integrator mit der Restzeit als Integrationsdauer aufgerufen werden. Treten weitere interne Ereignisse auf, werden die entsprechend behandelt. Das Struktogramm in Bild 2.9 zeigt noch einmal die Behandlung von internen“ und äußeren“ ” ” Ereignissen: Solange Zeit < Maximalzeit INTEGRIEREN Solange Restzeit > 0.0 INTERNES EREIGNIS BEHANDELN INTEGRIEREN EXTERNE EREIGNISSE BEHANDELN Bild 2.9: Ablauf des Simulationsrahmens 2.2 Idealisierte Berechnung der Harmonischen des Fahrzeugstroms Bei der idealisierten Berechnung der Harmonischen sollen lediglich die prinzipbedingten, durch das Schalten verursachten Harmonischen ermittelt werden, wobei die Schaltvorgänge selbst jedoch als ideal angenommen werden. Zusätzlich soll die Rückwirkung der durch das Schalten erzeugten Stromoberschwingungen auf Netz- und Zwischenkreisspannung vernachlässigt werden. 2.2.1 Pulswechselrichter Der Pulswechselrichter (PWR) erzeugt ein dreiphasiges Spannungssystem us zur Speisung der Fahrmotoren aus der ZK-Spannung ud (siehe Bild 2.10). Diese wird bei WS- 25 26 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM id T1 T3 T5 D1 D3 D5 isa isb isc ud T4 T6 T2 D4 D6 D2 usc usb usa Bild 2.10: Aufbau eines dreisträngigen Pulswechselrichters Fahrzeugen vom 4q-S bereitgestellt; bei GS-Fahrzeugen wird die Fahrdrahtgleichspannung mit einem Filter zweiter Ordnung geglättet und direkt oder über einen Steller (zur Konstanthaltung der Zwischenkreisspannung bei variabler Eingangsspannung) auf den Zwischenkreis gegeben. Der PWR wird durch den Vektor der Schaltfunktionen s = (sa , sb , sc )T beschrieben, welcher die Größen auf der Gleichspannungsseite und der Wechselspannungsseite in Beziehung setzt. Der Ständerspannungsvektor us berechnet sich aus der skalaren Multiplikation des Schaltfunktionsvektors s mit der ZK-Spannung ud us = ud · s , (2.14) wobei man beachten muß, daß durch die Wahl des Bezugspunktes us im stationären Betrieb einen Nullsystem-Gleichanteil von ud /2 enthält, der für die weiteren Betrachtungen aber unerheblich ist. Im Frequenzbereich kommt es zu einer Faltung der Spektren von ud und s , bei der sowohl die Summen- als auch die Differenzfrequenzen aller Frequenzpaare entstehen. Im Idealfall einer konstanten ZK-Spannung ist das Spektrum von us bis auf den Faktor ud mit dem von s identisch. Der ZK-Strom id berechnet sich als inneres Produkt der Vektoren der Schaltfunktionen und der Ständerströme: id = sa · isa + sb · isb + sc · isc = s , is (2.15) In einer Vorüberlegung soll untersucht werden, mit welchen Frequenzen im ZK-Strom bei monofrequenten s und is zu rechnen ist. Setzt man cos(ω1 t) s = ŝ cos(ω1 t − 2π k) ; 3 s k) cos(ω1 t + 2π 3 s cos(ω2 t − ϕ) is = î k − ϕ) cos(ω2 t − 2π 3 i k − ϕ) cos(ω2 t + 2π 3 i Idealisierte Berechnung der Harmonischen des Fahrzeugstroms 27 (wobei ein Mitsystem in s oder is durch ks , ki = 1, ein Gegensystem in s oder is durch ks , ki = −1 und ein Nullsystem in s durch ks = 0 gegeben ist) folgt: 3 2 cos [(ω1 − ω2 )t + ϕ] ks = ki 3 id = s , is = cos [(ω1 + ω2 )t − ϕ] ks = ki , ks = 0 2 0 ks = 0 Man erkennt, daß bei monofrequenten gleichartigen Systemen die Differenzfrequenz |ω1 − ω2 | im Zwischenkreisstrom auftritt, bei ungleichen Systemen die Summenfrequenz ω1 + ω2 .2 Ein Nullsystem in der Schaltfunktion hat keine Auswirkung auf den Zwischenkreisstrom id , weil es nur zusammen mit einem Nullsystem derselben Frequenz im Stromvektor is einen Beitrag liefern könnte, ein Nullsystem in diesem aber nicht vorkommen kann. Im Idealfall eines sinusförmigen Strom-Mitsystems is folgt für die Ordnung einer Spektrallinie in id , daß Gegensystemanteile in s die Ordnung um eins erhöhen und Mitsystemanteile die Ordnung um eins verringern. Für beliebige nicht monofrequente s und is müssen bei der Bestimmung des Spektrums von id sämtliche Spektralanteile, die durch Kombinationsmöglichkeiten aller beteiligten Systeme gebildet werden, geometrisch addiert werden. 2.2.1.1 Pulsweitenmodulation a2 a1 a0 Referenzfunktion a4 a3 Schaltfunktion 1−a1 2 1 1+a0 2 0 0 1+a2 2 1 2 3 4 t/Tab Bild 2.11: Berechnung der Schaltfunktion bei Pulsweitenmodulation In diesem Abschnitt soll das Spektrum der Schaltfunktion bei Pulsweitenmodulation (PWM) analysiert werden. Die Referenzaussteuerungen der drei Wechselrichterzweigpaare sind periodisch in Ts = 1/fs und bilden ein Mitsystem. Die mittlere Sollaussteuerung für jedes Regelintervall der Länge Tab = Ts /(2nz) soll durch Abtastung der Referenzaussteuerung am Intervallanfang bestimmt werden (regular sampling), siehe Bild 2.11. Die drei Wechselrichterzweigpaare schalten in jedem Regelintervall gleichsinnig. Oft ist 2 Werden die zum Gegensystem gehörigen Frequenzen als negativ definiert, tritt im Zwischenkreisstrom stets die Differenzfrequenz auf. Verwendet man die Darstellung in Raumzeigern [74], die komplexe Größen sind, ergibt sich die Unterscheidung positiver und negativer Frequenzen automatisch. Nullsystemanteile gehen jedoch bei der Raumzeigertransformation verloren, so daß diese für die Behandlung von dreiphasigen Pulsmodulationsverfahren nicht unbedingt das geeignete Verfahren ist. 28 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM Tab durch die konstante Schaltfrequenz des Umrichters gegeben und nz ändert sich mit wechseldem Ts , wobei nz nicht ganzzahlig sein muß. Die Schaltfunktion s wird neben einem bereits erwähnten Gleichanteil und der geforderten Grundschwingung die folgenden Harmonischen enthalten, die eindeutig als Mit- (MS), Gegen- (GS) oder Nullsysteme (NS) darstellbar sind (siehe auch Bild 2.12 oben und Tabelle 2.3 Spalte 1). 1. Oberschwingungen der Grundschwingung (k ∈ 1, 2, 3 · · · ) nMS +1 =k ·6+ ; nNS = k · 6 − 3 −1 nGS 2. Seitenbänder der ungeradzahligen Vielfachen3 der Schaltfrequenz (vu ∈ 1, 3, 5 · · · ) +1 nMS ; nNS = vu · nz ± (k · 6 − 6) = vu · nz ± (k · 6 − 3) + −1 nGS 3. Seitenbänder der geradzahligen Vielfachen der Schaltfrequenz (vg ∈ 2, 4, 6 · · · ) nMS +1 ; nNS = vg · nz ± (k · 6 − 3) = vg · nz ± (k · 6 − 6) + −1 nGS Die Oberschwingungen der Grundschwingung sind in der Regel zu vernachlässigen. Die betragsstärksten Harmonischen der einzelnen Pulspakete bei Vielfachen der Schaltfrequenz nehmen mit zunehmender Frequenz ab, die Amplituden können durch Besselfunktionen beschrieben werden. Insgesamt gilt die Tendenz, daß mit zunehmender Ordnung von vg und vu Seitenbänder mit höherer Ordnung k verstärkt in den Vordergrund treten [36]. Die ungeradzahligen Vielfachen der Schaltfrequenz vu · nz bilden Nullsysteme, was durch das gleichsinnige Schalten der drei Wechselrichterzweigpaare zu erklären ist. Im Zwischenkreisstrom id ergibt sich bei sinusförmigen Strömen isa,b,c für jedes Paar (MS,GS) in s eine Spektrallinie: k ·6 nid = (2.16) vu · nz ± (k · 6 − 3) vg · nz ± (k · 6 − 6) Die Sechsfachen der Grundschwingungsfrequenz sind stark abgeschwächt, für die ersten beiden Pulspakete sind jeweils nur die ersten Seitenbänder relevant. Bei Symmetrierung“ der Schaltungen wird zu den drei Sollaussteuerungen jeweils die ” Hälfte der betragsmäßig kleinsten Aussteuerung addiert [93], was eine Addition eines reinen Nullsystems darstellt. Hierdurch möchte man die Drehmomentwelligkeit verringern und gleich große Drehmomenteinbrüche in zwei aufeinanderfolgenden Modulationsspielen erreichen, das Drehmoment pulsiert dann näherungsweise mit doppelter Schaltfrequenz. Ein zweiter Effekt ist die Anhebung der maximalen Grundschwingungsaussteuerung der Spannung von 0.785 auf 0.906. Im Spektrum der Schaltfunktion s sinken die Amplituden der beiden Seitenbänder der einfachen Schaltfrequenz nz ± 2, die anderen Seitenbänder werden in ihrer Intensität aber stark angehoben, wie in Bild 2.12 und in der Gegenüberstellung in Tabelle 2.3 zu sehen. 3 Gemeint sind hier Vielfache mit ungeradzahligen Ordnungszahlen. Idealisierte Berechnung der Harmonischen des Fahrzeugstroms 29 1 |s| 0.1 0.01 0.001 0.0001 0 20 40 60 80 100 120 140 80 100 120 140 n 1 |s| 0.1 0.01 0.001 0.0001 0 20 40 60 n Bild 2.12: Spektrum der Schaltfunktion bei PWM, 30-fach-Taktung, rot: Mitsystem, blau: Gegensystem, schwarz: Nullsystem, oben ohne und unten mit Symmetrierung der Aussteuerungen 30 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM Tabelle 2.3: Spalte 1 und 2: Oberschwingungsamplituden der Ständerspannung bezogen auf ud /2 (entspricht Bild 2.12 dividiert durch 2) bei PWM, Spalte 1: ohne Symmetrierung, Spalte 2: mit Symmetrierung, 30-fach-Taktung, Aussteuerung 0,5. A: Vielfache der Grundschwingung, B: Seitenbänder des ersten Pulspaketes (Mit- und Gegensysteme), C: Seitenbänder des ersten Pulspaketes (Nullsysteme), D: Seitenbänder des zweiten Pulspaketes (Mit- und Gegensysteme), E: Seitenbänder des zweiten Pulspaketes (Nullsysteme) Ord Typ A B C D E 1 2 3 NS 1 · 3 0.000 0.104 9 NS 3 · 3 0.000 0.011 14 GS nz − 15 − 1 0.000 0.001 15 NS 5 · 3 0.000 0.004 16 MS nz − 15 + 1 0.000 0.001 18 NS nz − 12 0.000 0.001 20 GS nz − 9 − 1 0.000 0.003 21 NS 7 · 3 0.000 0.003 22 MS nz − 9 + 1 0.000 0.003 24 NS nz − 6 0.000 0.004 26 GS nz − 3 − 1 0.001 0.034 27 NS 9 · 3 0.000 0.002 28 MS nz − 3 + 1 0.088 0.052 30 NS nz 1.084 1.075 32 GS nz + 3 − 1 0.099 0.058 33 NS 11 · 3 0.000 0.002 34 MS nz + 3 + 1 0.002 0.044 36 NS nz + 6 0.000 0.007 38 GS nz + 9 − 1 0.000 0.005 39 NS 13 · 3 2nz − 21 0.000 0.002 40 MS nz + 9 + 1 0.002 0.005 42 NS nz + 12 0.000 0.002 44 GS nz + 15 − 1 0.000 0.002 45 NS 2nz − 15 0.000 0.003 46 MS nz + 15 + 1 0.000 0.002 48 NS nz + 18 0.000 0.001 49 MS 2nz − 12 + 1 0.000 0.001 50 GS nz + 21 − 1 0.000 0.002 51 NS 2nz − 9 0.000 0.006 52 MS nz + 21 + 1 0.000 0.002 53 GS 2nz − 6 − 1 0.000 0.004 54 NS nz + 24 0.000 0.001 55 MS 2nz − 6 + 1 0.001 0.018 56 GS nz + 27 − 1 0.000 0.001 57 NS 2nz − 3 0.040 0.092 58 MS nz + 21 + 1 0.000 0.001 59 GS 2nz − 1 0.365 0.379 60 NS nz + 30 0.000 0.001 61 MS 2nz + 1 0.357 0.371 Idealisierte Berechnung der Harmonischen des Fahrzeugstroms 2.2.1.2 31 Synchrone Taktverfahren Wenn das Verhältnis zwischen Schaltfrequenz und Grundfrequenz kleiner als etwa zehn wird, wählt man sehr oft ein konstantes ganzzahliges Verhältnis nz und die Schaltfrequenz ändert sich mit der Ständerfrequenz. Hieraus resultieren Pulsmuster in s , die periodisch in der Grundschwingungsdauer Ts sind [80, 98]. In der Regel werden die gewählten Pulsmuster Halbwellensymmetrie aufweisen und somit nur ungeradzahlige Harmonische enthalten. Die Aufteilung in die Systeme sieht wie folgt aus: nMS nGS =k ·6+ +1 −1 ; nNS = k · 6 − 3 Im Zwischenkreisstrom id können somit nur Vielfache der 6. Harmonischen auftreten. Dieses kann man sich auch in der Raumzeigerdarstellung klarmachen, in der unter den gegebenen Randbedingungen eine 60-Grad Symmetrie gegeben ist. Die Rückwirkung einer oberschwingungsbehafteten ZK-Spannung ändert hieran nichts. Die Amplituden der einzelnen Harmonischen hängen von der Taktzahl nz ab, bei genügend Freiheitsgraden können einzelne Harmonische eliminiert werden, siehe hierzu den Abschnitt 2.4.3. 2.2.2 Vierquadrantsteller Der 4q-S [9, 35] hat bei WS-Fahrzeugen die Aufgabe, die herabtransformierte Fahrdrahtspannung gleichzurichten. Er besteht aus zwei WR-Zweigpaaren A und B, zwischen deren Ausgängen mittels PWM eine Spannung erzeugt wird, deren Grundschwingungsfrequenz identisch mit der Netzfrequenz ist (Bild 2.13). Wirk- und Blindleistungsaustausch mit dem Netz stellt man über Phasenwinkel und Amplitude der 4q-S-Spannungsgrundschwingung in Bezug auf die Netzspannungsgrundschwingung ein. id4qs T3 T1 D1 D3 LSK iF A u4qs RSK B T2 T D2 4 D4 Bild 2.13: Aufbau eines 4q-S CSK ud 32 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM Der Zusammenhang zwischen den Größen auf der Netzseite und GS-Seite lautet: u4qs = s · ud ; id4qs = s · iF (2.17) Im Idealfall konstanter Zwischenkreisspannung ud entspricht das Spektrum der Stellerspannung u4qs dem der Schaltfunktion s. Der Strom id4qs enthält bei sinusförmigen Strom iF für jede Harmonische nx in s die zwei Spektralanteile nx ± 1. Auch bei idealisierter sinusförmiger Schaltfunktion s enthält id4qs sowohl einen Gleichanteil als auch einen Wechselanteil doppelter Grundschwingungsfrequenz, entsprechend der im Zweileitersystem immer mit doppelter Netzfrequenz pulsierenden Augenblicksleistung. Die prinzipbedingte zweite Harmonische in id4qs wird bei 16.7 Hz Netzfrequenz4 durch einen auf 33.4 Hz abgestimmten Saugkreis aufgenommen. Wegen nichtperfekter Abstimmung und des parasitären Widerstandes der Saugkreisdrossel wird die zweite Harmonische reduziert in ud auftauchen. Dieses bewirkt wiederum wegen der Faltung mit der Grundschwingung von s eine zusätzliche 1. und eine 3. Harmonische im Fahrleitungsstrom iF , die nun selbst wieder auf die Gleichspannungsseite gefaltet wird. Insgesamt ergeben sich ungeradzahlige Harmonische in iF und geradzahlige Harmonische in ud . 2.2.2.1 Spektrum bei Pulsweitenmodulation Die Schaltfunktion s des 4q-S kann als Differenz der Einzelschaltfunktionen sA und sB der beiden Wechselrichterzweigpaare A und B berechnet werden: s = sA − sB (2.18) Das Spektrum einer Einzelschaltfunktion bei PWM ist identisch mit den Spektren der Einzelschaltfunktionen beim dreiphasigen WR. Weil die Sollaussteuerungen der beiden Einzelsteller entgegengesetzt gewählt werden, entfallen im resultierenden Spektrum alle Spektrallinien bei den ungeraden Vielfachen der Schaltfrequenz und es verbleiben die Seitenbänder der geradzahligen Vielfachen (Verdopplung der Pulsigkeit, siehe Bild 2.14): N = vg · nz ± (k · 2 − 1) (2.19) Die ungeradzahligen Harmonischen der Grundfrequenz sind zwar auch im Idealfall vorhanden, aber dies nur sehr stark abgeschwächt. Eine gezielte Auslöschung von Spektrallinien niedriger Ordnungszahl ist möglich, wenn mehrere parallel geschaltete 4q-S versetzt takten, siehe hierzu Abschnitt 2.4.1. 4 Bei Triebfahrzeugen für 50 bzw. 60 Hz Netzfrequenz verzichtet man heute meist wegen der regelungstechnischen Probleme auf die Saugkreisdrosselspule und schaltet die Kapazität direkt dem ZKKondensator parallel. Einfluß von Nichtidealitäten auf Schaltfunktion und Fahrleitungsstrom 33 1 |s| 0.1 0.01 0.001 0.0001 0 20 40 60 80 100 120 140 n Bild 2.14: Spektrum der Schaltfunktion des 4q-S, 30-fach-Taktung 2.3 Einfluß von Nichtidealitäten auf Schaltfunktion und Fahrleitungsstrom Ganz allgemein können Nichtidealitäten ihre Ursache haben 1. im Umrichter, 2. in der Last und 3. in den von der Software berechneten Sollwerten für die Aussteuerungen. 2.3.1 Einfluß des Umrichters Die folgenden Effekte auf Seite des Umrichters führen zu zusätzlichen Harmonischen der Wechselrichteraussteuerung: 1. Stromabhängige Verzerrung der realisierten Aussteuerung Eine Stromabhängigkeit der Aussteuerung entsteht erstens durch die nichtlineare Durchlaßkennlinie der Ventile, zweitens durch die Verzugszeiten beim Schalten, die ebenfalls vom Strom abhängen und drittens durch die beim Einschalten der Transistoren einzuhaltenden Sicherheitszeiten [17, 23], wobei man letztere beiden Zeiten zusammenfassen kann. Dies führt im Spektrum der Schaltfunktion zu einer reduzierten Grundschwingungsamplitude und zusätzlichen ungeradzahligen Harmonischen, die beim PWR unweigerlich zu einer 6. Harmonischen im ZK-Strom id führen, beim 4q-S die prinzipbedingten ungeradzahligen Harmonischen im Fahrdrahtstrom iF verstärken. 2. Unsymmetrie der Wechselrichterzweigpaare Eine starke Unsymmetrie führt beim PWR zu einem Gegensystem in der realisierten Grundschwingung der Schaltfunktion und somit auch in Ständerspannung und Ständerstrom. Gegensystem und Mitsystem erzeugen durch Faltung eine doppeltfrequente Oberschwingung im Zwischenkreisstrom id . 34 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM 3. Gleichanteil in der Umrichterspannung Kleinste Gleichanteile in der Umrichterspannung führen zu merklichen Gleichgliedern in den Strömen. Diese erzeugen zusammen mit der Grundschwingung der Schaltfunktion eine Harmonische mit einfacher Ständerfrequenz in id bzw. id4qs . 2.3.2 Einfluß der Last Die bisher ideal angenommenen Eingangsgrößen der Umrichter (ud , iF , is ) enthalten selbst Oberschwingungen, die entweder durch Rückwirkung der durch das Schalten verzerrten Ausgangsgrößen (id , us , id4qs , u4qs ) entstanden sind, oder durch nicht lineare Lasten erzeugt werden. Beim PWR können auch Unsymmetrien im Motor zusätzliche Spektralanteile verursachen. 2.3.2.1 Pulswechselrichter Die Spektralanteile der Schaltfunktion entsprechen bei konstanter ZK-Spannung ud denen der Ständerspannung. Bei angenommener linearer Last werden diese Spektralanteile mit Ausnahme der Nullsystemanteile auch im Ständerstrom is auftreten, wobei aufgrund der induktiven Wirkung höherfrequenter Anteile stärker abgeschwächt werden. Die Oberschwingungen im Ständerstrom verursachen zusätzliche Harmonische im ZK-Strom. Insbesonders werden bei der symmetriertem PWM auch niederfrequente Harmonische (z.B. die Sechste) deutlich stärker, die durch Faltung der Seitenbänder in der Stellerfunktion und im Ständerstrom untereinander entstehen, so z.B. (siehe auch Tabelle 2.4): MS × MS : (nz − 2) × (nz + 4) → 6 GS × GS : (nz − 4) × (nz + 2) → 6 Wenn die Zwischenkreisspannung ud nicht länger konstant ist, sind die Spektren der Schaltfunktion und der Ständerspannung nicht länger proportional. Es entstehen im Spektrum der Ständerspannung zusätzliche Harmonische, welche zu entsprechenden Spektrallinien im Ständerstrom führen. Diese bestimmen dann, zusammen mit den Spektrallinien der Schaltfunktion, das Spektrum des ZK-Stromes id . Die zusätzlichen Spektrallinien der Ständerspannung aufgrund einer Frequenzkomponente nx der ZK-Spannung lassen sich ebenfalls durch drei Anteile beschreiben: 1. Spektralanteil bei nx +1 nMS ; = nx ± (k · 6 − 6) + −1 nGS nNS = nx ± (k · 6 − 3) 2. Spektrallinien bei den ungeraden Vielfachen der Schaltfrequenz nMS +1 ; nNS = vu · nz ± nx ± (k · 6 − 6) = vu · nz ± nx ± (k · 6 − 3) + −1 nGS Einfluß von Nichtidealitäten auf Schaltfunktion und Fahrleitungsstrom Tabelle 2.4: Spektralanteile im ZK-Strom bei PWM, 30-fach-Taktung, Simulation Ordnung 3 6 9 12 15 21 27 1 0.00 0.04 0.00 0.00 0.00 0.00 8.40 2 0.03 0.08 0.09 0.00 0.20 0.63 1.68 3 0.00 0.14 0.00 0.00 0.00 0.00 8.51 4 0.02 0.10 0.10 0.01 0.22 0.65 1.71 Spalte 1 bis 4: Amplituden der Harmonischen im Zwischenkreisstrom in A 1. mit konstanter ZK-Spannung und ohne Symmetrierung 2. mit konstanter ZK-Spannung und Symmetrierung 3. mit LC-Filter ohne Symmetrierung 4. mit LC-Filter und Symmetrierung. In der Simulation betrug die Periodendauer der Grundschwingung Ts = 60 ms, als Abtastzeit wurde Tab = 1 ms gewählt, was einer 30-fach-Taktung entspricht. Die Amplitude der Aussteuerung betrug 0.5 und die dreisträngige Last war ohmsch-induktiv (L = 1.25 mH, R = 1 Ω). Bei den Simulationen mit nichtkonstanter ZK-Spannung wurde ein LC-Filter auf der Gleichspannungsseite simuliert (C = 0.05·8 mF, L = 20·2.84965831 mH). Die Eingangsgleichspannung betrug 500 V und die Grundschwingung des Ständerstroms 123.38 A. 3. Spektrallinien bei den geraden Vielfachen der Schaltfrequenz nMS nGS = vg · nz ± nx ± (k · 6 − 6) + +1 −1 ; nNS = vu · nz ± nx ± (k · 6 − 3) Die beiden Hauptspektrallinien bei nx ± 1 (k = 1) ergeben zusammen mit der Grundschwingung wieder genau die Frequenz nx im Zwischenkreisstrom5 . Die Spektrallinien bei der Schaltfrequenz (vu = 1, k = 1) führen bei der Faltung mit der Grundschwingung auf die Frequenzen nz ± nx ± 3 im ZK-Strom. Setzt man für nx die bei der PWM entstehenden Seitenbänder im ZK-Strom an, kann man zeigen, daß zusätzliche 6. Harmonische im ZK-Strom entsteht. Tabelle 2.4 stellt beispielhaft die Amplituden der niederfrequenten Zwischenkreisstromharmonischen dar, wie sie sich bei der Pulsweitenmodulation ergeben, wobei sowohl mit und ohne Symmetrierung als auch mit kostanter Zwischenkreisspannung oder LC-Filter simuliert wurde. 5 Aufgrund dieser Tatsache kann man eine Ersatzimpedanz berechnen, die den Einfluß der Last in den Zwischenkreis transformiert, siehe hierzu [46]. 35 36 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM 2.3.3 Einfluß der Sollwerte auf die Aussteuerungen Eine andere Ursache von Störungen ist darin zu sehen, daß die Aussteuerungssollwerte von der Software nicht exakt berechnet werden, weil Meßgrößen auf die Sollwerte einwirken. Oberschwingungen in den Meßgrößen werden auf den Sollwert übertragen und verursachen somit zusätzliche Modulationsprodukte. Ein besonderes Problem in diesem Zusammenhang sind Abtasteffekte, die höhere Spektralanteile in den Niederfrequenzbereich spiegeln. Die Güte von Meßgliedern hat ebenfalls einen entscheidenen Einfluß. So führen z.B. OffsetFehler in Stromwandlern dazu, daß die Regelung einen Gleichanteil den Motorströmen überlagert. Ein ungünstig angebrachter Drehzahlgeber kann durch mechanische Schwingungen/Resonanzen entsprechende Schwingungen in das Drehzahlistsignal einbringen. Es treten bei der Meßwerterfassung zudem Rauscheffekte auf, die sich auf die Sollwerte übertragen. 2.4 Konventionelle Maßnahmen zur Reduktion von Störströmen 2.4.1 Versetzte Taktung parallel geschalteter Umrichter Wenn mehrere 4q-S parallel an einem Zwischenkreis betrieben werden, ist es vorteilhaft, diese versetzt takten zu lassen, damit sich bestimmte Harmonische im Fahrleitungsstrom eliminieren. Bei zwei 4q-S beispielsweise verschiebt man die Taktintervalle der beiden Steller um Tab /2 = TN /(4nz ), was einer Verschiebung um 90 Grad bezogen auf die Länge eines Schaltspiels TN /nz bedeutet. Dadurch löschen sich im Spektrum von s diejenigen Pulspakete gegenseitig aus, die ein ungerades Vielfaches der doppelten Taktzahl sind (in Bild 2.14 entfiele also das Pulspaket symmetrisch zu n = 30). Es sind hierfür getrennte Wechselstrominduktivitäten nötig, die durch entkoppelte Wicklungssysteme im Transformator realisiert werden. 2.4.2 Einsatz von Filtern Filter kommen sowohl bei Wechselstrombahnen als Hochspannungsfilter als auch bei Gleichstrombahnen als Glättungsfilter zum Einsatz. 2.4.2.1 Filter für Wechselstrombahnen Zur Reduzierung des psophometrischen Störstroms wird oft ein passives LC-Filter eingesetzt, welches auf der Hochspannungsseite des Trafos angebracht ist (siehe Bild 2.15). Die prinzipiell mögliche Anbringung auf der Sekundärseite ist aufwandsmäßig ungünstig, weil dann für die verschiedenen parallel arbeitenden Vierquadrantsteller mit ihren jeweiligen Wicklungen Einzelfilter benötigt würden, die für die einfache Taktfrequenz auszulegen wären, der Vorteil der versetzten Taktung für sie aber nicht zum tragen käme. Die An- Konventionelle Maßnahmen zur Reduktion von Störströmen 37 bringung des Filters auf der Hochspannungsseite ist daher trotz der höheren Spannung günstiger. RFil dämpft Schwingungen beim Einschalten des Hauptschalters sowie bei Bügelsprüngen. LFil RFil CFil LFil 4qS-1 4qS-2 LFil2 CFil 4qS-1 RFil 4qS-2 Bild 2.15: Hochspannungsfilter, links als LCR-Glied, rechts mit zusätzlichem Saugkreis realisiert Eine Reduktion von Störströmen tritt erst für Frequenzen oberhalb der Resonanzfrequenz des Filters auf, in welche auch die Induktivität der Fahrleitung eingeht. Bei WS-Bahnen ist es nicht immer möglich, die Resonanzfrequenz so niedrig zu legen, daß auch bei Betrieb mit nur einer (von stets zwei) Antriebsgruppen mit 4q-S das erste Pulspaket ausreichend bedämpft wird. Durch Erhöhung der Filterordnung (Bild 2.15 rechts) fällt die Bedämpfungskurve hinter der ersten Resonanzstelle steiler ab, für höhere Frequenzen ist die Filterwirkung aber geringer. Eine Verbesserung ist das in den Transformator integrierte Filter [66], welches zusätzliche zwischen Oberspannungs- und Unterspannungswicklung eingeschobene Wicklungssysteme benutzt. Hierdurch kann die Bemessungsspannung für die Filterkondensatoren deutlich reduziert werden (keine Hochspannung). Als Filterinduktivität LFil ist der halbe Wert der relativ großen Streuinduktivität des Transformators wirksam, was den Bauaufwand für den Kondensator bei gleicher Resonanzfrequenz reduziert. Bei unverändertem Bauaufwand des Kondensators kann andererseits die Resonanzfrequenz deutlich niedriger gewählt werden (ca. 4 fz ), so daß der zuverlässige Dauerbetrieb mit nur einer Antriebsgruppe leichter zu gewährleisten ist. Die Verschlechterung der Filtereigenschaften bei 2 kHz ist in der Regel zu vernachlässigen. 2.4.2.2 Filter für Gleichstrombahnen Beim einstufigen LC-Filter bildet der Zwischenkreiskondensator Cd zusammen mit der Filterdrossel LFil ein Filter zweiter Ordnung (siehe Bild 2.16). Eine Bedämpfung über einen Widerstand in Reihe zum Kondensator ist nicht möglich, weil dieser als Zwischenkreiskondensator niederinduktiv und -ohmisch mit den schaltenden Ventilen verbunden sein muß. Eine höhere Filterordnung läßt sich durch mehrstufige Filter erzielen (siehe Bild 2.16 rechts), die zusätzliche Resonanzstelle kann durch Verwendung des Widerstands RF bedämpft werden. Die Resonanzfrequenzen können prinzipiell sehr niedrig gewählt werden, anders als beim Hochspannungsfilter, wo eine Blindleistungsbelastung für die Grund- 38 KAPITEL 2. SPEKTRUM FAHRLEITUNGSSTROM LFil LFil Cd PWR RFil LFil2 Cd PWR CFil Bild 2.16: LC-Filter für Gleichspannungsfahrzeuge, links einstufiges, rechts zweistufiges Filter schwingung vermieden werden muß. Um Gewicht, Volumen und Verluste des Filters zu begrenzen, wird heute oft eine Resonanzfrequenz von 60 bis 70 Hz gewählt. Saugkreise im Querzweig des Filters zur gezielten Reduktion von Strömen mit signalkritischen Frequenzen sind auch schon erfolgreich angewendet worden [65]. 2.4.3 Optimierung der Umrichteransteuerung Durch eine optimierte Ansteuerung der Umrichter können Störströme reduziert werden. Die Wechselrichterkorrektur reduziert die laststromabhängigen Verzerrungen der Aussteuerungen. Dieses geschieht z.B. dadurch, daß gesteuert, in Abhängigkeit vom aktuellen Strangstrom, die berechneten Schaltzeiten so korrigiert werden, daß die gewünschte Aussteuerung realisiert wird. Hierfür müssen die Wechselrichterfehlerfunktionen vorab ausgemessen worden und in einer Tabelle hinterlegt sein [14, 17]. Die gezielte Elimination von Harmonischen bei Verwendung von synchronen Pulsmustern ist möglich, wenn genügend Freiheitsgrade zur Verfügung stehen. So kann z.B. bei 7fach-Taktung bei einem PWR die 6. Harmonische im ZK-Strom eliminiert werden. Die Optimierung der Pulsmuster geschieht in der Regel vorab in Abhängigkeit vom Betriebspunkt (Ständerfrequenz und Aussteuerung) [18, 73, 77, 98]. Durch eine betriebspunktabhängige Auswahl der Taktverfahren (Pulsmuster) können kritische Frequenzen im ZK-Strom vermieden werden [86, 87]. Die durch die Software/Regelung eingebrachten Störungen in Folge von Spiegeleffekten in der Meßwerterfassung können reduziert werden, wenn entweder geeignete Filter verwendet werden oder die Meßwerterfassung mittels U/f-Umsetzern realisiert wird. Auch eine geeignete Wahl der Abtastfrequenz kann Störungen reduzieren. Ein direkter Durchgriff von – immer störbehafteten – Meßwerten auf den Sollwert sollte vermieden werden. Dieses geschieht entweder durch ausreichende Glättung der Istwerte oder durch Verwendung einer modellbasierten Regelung, die durch langsame“ Beobachter ” der Strecke nachgeführt wird. Kapitel 3 Theorie aktiver schmalbandiger Störstromfilter So genannte Aktive Filter für die breitbandige“ Kompensation der durch die Umrichter ” entstandenen Oberschwingungen werden von [25, 54, 55] vorgeschlagen. Hauptziel ist der Verzicht auf das passive Störstromfilter, welches mit Problemen verbunden ist. Störungen in bestimmten engen Frequenzbereichen werden mit schmalbandigen Aktivfiltern eliminiert bzw. abgeschwächt. Während bei [95, 96] ein separates Filter vorgeschlagen wird, hat [19, 20] den Eingangsstromrichter und [18] den beteiligten Wechselrichter selbst verwendet. Das Filter von [8] stellt insofern eine Zwischenstufe dar, als daß Oberschwingungen nicht selektiv bedämpft werden und nur die Grenzfrequenz des aktiven Filters den bedämpften Frequenzbereich einschränkt. Eine Unterscheidung hinsichtlich des Regelungsverfahrens ist möglich, wenn zum einem die verwendeten Meßgrößen und zum anderen die verwendeten Stellgrößen betrachtet werden. Im Folgenden soll schrittweise das Übertragungsverhalten der Störstromfilter hergeleitet werden. Auf spezielle Anwendungsprobleme bei Triebfahrzeugen für Gleich- und Wechselstrombahnen wird in den Kapiteln 4 und 5 eingegangen. 3.1 Grundgedanke der Störstromkompensation mit idealer Stromquelle In diesem Kapitel soll der idealisierte Fall betrachtet werden, daß ein Störstrom mittels einer Stromquelle direkt kompensiert werden kann. Der Einfluß von Nichtidealitäten wird in Abschnitt 3.2 näher erläutert. 3.1.1 3.1.1.1 Grundlegende Wirkungsweise und Aufbau Wirkungsweise des Störstromkompensators Bild 3.1 zeigt stark vereinfacht den Grundgedanken der Störstromregelung eines elektrischen Schienentriebfahrzeugs. Der Laststrom iL (WR-, 4q-S-Eingangsstrom) weise einen unerwünschten Spektralanteil der Kreisfrequenz ω1 auf. Im ersten Schritt soll davon ausgegangen werden, daß eine ideale Stromquelle realisiert werden kann, die parallel zur Last angeschlossen wird und den Strom iK einspeist (Parallel-Kompensator). Der Kompensationsstrom iK muss durch den Regler GR so eingestellt werden, daß der Netzstrom iF = iL − iK den unerwünschten Spektralanteil nicht mehr enthält. Der er- 40 KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER iL iF iK GR Bild 3.1: Grundlegende Kompensationsstruktur bei Störstromregelung mit idealer Stromquelle der forderliche Sollwert der Stromquelle muß aus dem gemessenen Stromsignal iF ermittelt werden, denn nur so ergibt sich ein geschlossener Regelkreis, der garantiert, daß iF frei von Anteilen mit der Frequenz ω1 ist. Häufig ist der Strom iL in der Praxis nicht meßbar, weil der Kompensator nicht extern“ aufgebaut werden soll, sondern der zum Netz hin wirksa” me Leistungsumrichter selbst verwendet wird, wobei eine ausreichend hohe Schaltfrequenz vorausgesetzt werden muß. 3.1.1.2 Regelungstechnische Beschreibung Bild 3.2 zeigt die regelungstechnische Darstellung von Bild 3.1. Für den Netzstrom kann der folgende Ausdruck im Frequenzbereich angegeben werden: iL∼ iK∼ IF (ω∼ ) = 1 ·IL (ω∼ ) 1 + GR (ω∼ ) iF∼ + − GR (3.1) Gge (ω∼ ) Bild 3.2: Grundlegendes regelungsDer Faktor Gge (ω∼ ) beschreibt die Wirkungsweise technisches ESB der Störstromregelung für Kleinsignale, das zu der Störstromregelung: Bild 3.1 äquivalent ist Frequenzen im Bereich um ω1 sollen ausreichend bedämpft werden, d.h. |Gge (ω∼ )| sollte hier klein und somit |GR (ω)| groß sein. Für Frequenzen weit genug entfernt von ω1 soll die Störstromregelung keinen Einfluß haben und sich neutral verhalten. Somit müssen die Bedingungen |Gge (ω∼ )| ≈ 1 und somit |GR (ω∼ )| 1 eingehalten werden. Daher liegt es nahe, als Regler einen Bandpaß mit der Mittenfrequenz ω1 zu verwenden. Bild 3.3 zeigt die technische Realisierung des Bandpasses, die Grundlage für die weiteren Überlegungen in diesem Kapitel sein soll. 3.1.2 3.1.2.1 Grundlegende Eigenschaften Eigenschaften im Frequenzbereich Zuerst soll das Übertragungsverhalten des Systems aus Bild 3.3 bestimmt werden. Es ist hierfür zweckmäßig, das System mittels komplexer Signale zu beschreiben. Hierzu Grundgedanke der Störstromkompensation mit idealer Stromquelle cos(ω1 t ) 2 cos(ω1 t ) xRe GR2Im xIm −2 sin(ω1 t ) yRe GR2Re GR2Im iF∼ 41 iK∼ + GR2Re yIm GR2 − sin(ω1 t ) Bild 3.3: Technische Realisierung des Reglers werden die nach der Multiplikation mit den Referenzfunktionen entstehenden Signale, xRe (t) = 2 iF∼ (t) cos(ω1 t) im oberen Zweig bzw. xIm (t) = −2 iF∼ (t) sin(ω1 t) im unteren Zweig, zu dem komplexen Signal xkpl (t) = 2 iF∼ (t) cos(ω1 t) − j 2 iF∼ (t) sin(ω1 t) = 2 iF∼ (t) e −j ω1 t (3.2) zusammengefaßt. Im Frequenzbereich folgt: Xkpl (ω∼ ) = XRe (ω∼ ) + j XIm (ω∼ ) = 2 IF (ω∼ + ω1 ) (3.3) Die beiden Signale xRe und xIm durchlaufen die durch die Übertragungsfunktionen GR2Re und GR2Im gekennzeichneten Teilsysteme. GR2Im beschreibt hierbei die Verkopplung zwischen den beiden Zweigen. Formal lassen sich die beiden Übertragungsfunktionen zur Übertragungsfunktion GR2 (ω∼ ) = GR2Re (ω∼ ) + j GR2Im (ω∼ ) zusammenfassen. GR2 stellt ein zweidimensionales (komplexes) System dar. Im Spezialfall GR2Im = 0 werden Real- und Imaginärteil der Eingangsgrößen nicht verkoppelt, Real- und Imaginärteil werden gleichbehandelt. In diesem Fall handelt es sich also um ein symmetrisches komplexes Filter [34]. Dann weist GR2 (ω∼ ) die folgenden Symmetrieeigenschafen auf: (−ω∼ )| = |GR2 (ω∼ )| |GR2 ∗ bzw. GR2 (ω∼ ) = G R2 (−ω∼ ) (3.4) arg(GR2 (−ω∼ )) = −arg(GR2 (ω∼ )) Der hochgestellte Stern kennzeichnet hierbei die konjugiert-komplexe Größe. Im allgemeinen Fall einer Verkopplungen zwischen Real- und Imaginärteil gelten diese Eigenschaften nicht mehr. Multipliziert man GR2 (ω∼ ) mit Xkpl (ω∼ ) ergibt sich: (ω∼ ) + j GR2Im (ω∼ )) · (XRe (ω∼ ) + j XIm (ω∼ )) Ykpl (ω∼ ) = (GR2Re = GR2Re XRe − GR2Im XIm +j (GR2Re XIm + GR2Im XRe ) YRe (ω∼ ) YIm (ω∼ ) (3.5) 42 KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER 2e −j ω1 t e j ω1 t GR2 xkpl iF∼ X ykpl A yzw B GTP iK∼ {} Y GPI Bild 3.4: Realisierung des Störstromreglers GR = Y /X Es handelt sich also in der Tat um die Fouriertransformierte von ykpl (t) = yRe (t)+j yIm (t). Nach Einsetzen von Gleichung 3.3 folgt: Ykpl (ω∼ ) = 2 GR2 (ω∼ ) IF (ω∼ + ω1 ) (3.6) Multipliziert man ykpl (t) mit e j ω1 t ergibt sich das gedankliche Zwischensignal yzw : yzw = ykpl e j ω1 t (3.7) = yRe cos(ω1 t) − yIm sin(ω1 t) + j (yIm cos(ω1 t) + yRe sin(ω1 t)) (3.8) Im Frequenzbereich gilt: Yzw (ω∼ ) = Ykpl (ω∼ − ω1 ) (3.9) = 2 GR2 (ω∼ − ω1 ) IF (ω∼ ) (3.10) Es soll im weiteren die Konvention getroffen werden, daß F (ω∼ ) die Übertragungsfunktion sei, die durch Frequenzverschiebung um −ω1 aus F (ω∼ ) hervorgehe. F (ω∼ ) = F (ω∼ + ω1 ) (3.11) Gleichung 3.10 läßt sich dann schreiben als: Yzw (ω∼ ) = 2 GR2 (ω∼ ) IF (ω∼ ) (3.12) Anhand von Gleichung 3.8 ergibt sich, daß das Ausgangssignal iK∼ der Realteil von yzw ist: 1 ∗ iK∼ (t) = {yzw (t)} = (yzw (t) + yzw (t)) 2 (3.13) In den Frequenzbereich übertragen folgt: 1 ∗ (Yzw (ω∼ ) + Yzw (−ω∼ )) 2 ∗ (ω∼ − ω1 ) IF (ω∼ ) + G R2 (−ω∼ − ω1 ) IF∗ (−ω∼ ) = GR2 IK (ω∼ ) = GR2 (ω∼ ) ∗ (−ω ) GR2 ∼ (3.14) (3.15) Grundgedanke der Störstromkompensation mit idealer Stromquelle 43 10 10 1 1 |GR2 (ω∼ )| |GR (ω∼ )| Frequenzgänge der offenen Regelkreise 0.1 0.01 -150 -100 -50 0 f∼ / Hz 50 100 0.01 -150 150 Bild 3.5: Betragsverlauf von GR (ω∼ ) 10 1 1 0.1 0.01 -150 -100 -50 0 f∼ / Hz 50 100 -100 -50 0 f∼ / Hz 50 100 150 Bild 3.6: Betragsverlauf von GR2 (ω∼ ) 10 |GR2 (ω∼ )| |GR (ω∼ )| 0.1 150 0.1 0.01 -150 -100 -50 0 f∼ / Hz 50 100 150 Bild 3.7: Betragsverlauf von GR (ω∼ ) Bild 3.8: Betragsverlauf von GR2 (ω∼ ) Links: Frequenzgänge von X nach Y Rechts: Frequenzgänge von A nach B Weil iF∼ ein reelles Signal ist, gilt im Frequenzbereich IF∗ (−ω∼ ) = IF (ω∼ ). Damit folgt aus Gleichung 3.15: ∗ IK (ω∼ ) = GR2 (ω∼ − ω1 ) + G R2 (−ω∼ − ω1 ) IF (ω∼ ) (3.16) GR (ω∼ ) Gleichung 3.16 soll nun für das Beispiel eines Tiefpasses erster Ordnung als Hauptfilter diskutiert werden. Das System aus Bild 3.3 kann mit den gewonnenen Ergebnissen bei Verwendung komplexer Signale in der in Bild 3.4 gezeigten äquvivalenten Form dargestellt werden. Komplexe Signale sind durch Doppelpfeile gekennzeichnet. Zuerst soll angenommen werden, dass der I-Anteil des PI-Reglers null sei: GPI (ω∼ ) = KP (3.17) Die Übertragungsfunktion des Tiefpasses erster Ordnung lautet: GTP (ω∼ ) = 1 1 + j 2πω∼fB (3.18) 44 KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER Frequenzgänge der geschlossenen Regelkreise 10 |Gge2 (ω∼ )| |Gge (ω∼ )| 10 1 0.1 -150 -100 -50 0 f∼ / Hz 50 100 0.1 -150 150 Bild 3.9: Betragsverlauf von Gge (ω∼ ) -50 0 f∼ / Hz 50 100 150 10 Gge2 (ω∼ ) Gge (ω∼ ) -100 Bild 3.10: Betragsverlauf von Gge2 (ω∼ ) 10 1 0.1 -150 1 -100 -50 0 f∼ / Hz 50 100 150 1 0.1 -150 -100 -50 0 f∼ / Hz 50 100 150 Bild 3.11: Betragsverlauf von Gge (ω∼ ) Bild 3.12: Betragsverlauf von Gge2 (ω∼ ) Links: Frequenzgänge von X nach Y Rechts: Frequenzgänge von A nach B Die Übertragungsfunktion von A nach B in Bild 3.4 beträgt also (für die Darstellungen wurde f1 = 60 Hz gewählt): (ω∼ ) = GTP (ω∼ ) · GPI (ω∼ ) = GR2 KP 1 + j 2πω∼fB (s. Bild 3.8) (3.19) Zur Bestimmung der Übertragungsfunktion GR (ω∼ ) von X nach Y muß in einem ersten (ω∼ ) (s. Bild 3.8) um −ω1 verschoSchritt nach Gleichung 3.16 der Frequenzgang von GR2 ben werden, was nach Konvention GR2 (ω∼ ) entspricht (s. Bild 3.6). Hierzu ist noch der ∗ ∗ (−ω∼ ) = G R2 (−ω∼ − ω1 ) zu überlagern (in Bild 3.6 gestrichelt Spiegelfrequenzgang“ GR2 ” eingezeichnet), um GR (ω∼ ) (s. Bild 3.5) zu erhalten. Die Auslöschung im Frequenzgang von |GR (ω∼ = 0)| hat ihre Ursache darin, daß bedingt durch die 90◦ -Phasendrehung des ∗ (ω∼ = 0)) ≈ 180◦ gilt. Bei Verwendung eines TiefpasTiefpasses (GR2 (ω∼ = 0)) − (GR2 ses zweiter Ordnung wäre hingegen |GR (ω∼ = 0)| ≈ 2 · |GR2 (ω∼ = 0)|. Für den Frequenzgang des geschlossenen Regelkreises Gge (ω∼ ) gelten die obigen Ausführungen entsprechend (s. Bilder 3.9 bis 3.12). Grundgedanke der Störstromkompensation mit idealer Stromquelle 3.1.2.2 45 Eigenschaften im Zeitbereich Der Strom iL∼ möge eine zum Zeitpunkt t0 = 0 sprunghaft aufkommende Störung der Frequenz ω1 enthalten: iL∼ (t) = ı̂ · cos(ω1 t) t ≥ 0 0 t <0 (3.20) Die Antwort iF des Systems wird durch Gge bestimmt. Um die Rechnung zu vereinfachen, wird, wie von der klassischen WS-Lehre bekannt, dem Signal iL∼ gedanklich ein Imaginärteil hinzugefügt, so daß man das erweiterte Signal + (t) = iL∼ ı̂ · e j ω∼ t t ≥ 0 0 t <0 (3.21) + nicht mit erhält. Es soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß der Strom iL∼ dem analytischen Signal von iL∼ identisch ist. Das in Bild 3.4 beschriebene reelle“ System GR muß nun gedanklich im gleichen Sin” ne erweitert werden auf ein zweidimensionales (komplexes) System, welches Real- und Imaginärteil gleich überträgt. Mathematisch ergibt sich diese Erweiterung von alleine, + wenn das reelle Signal iL∼ (t) durch das komplexe Signal iL∼ (t) ersetzt wird. Das gesuchte + Signal iF∼ (t) kann dann als Realteil der Antwort iF∼ (t) bestimmt werden. Diese Vorgehensweise ist erlaubt, weil Gge ein reellwertiges System ist und Real- und Imaginärteil nicht miteinander verkoppelt sind. + Der Strom iL∼ wird nun im Frequenzbereich um −ω1 verschoben, was einer Multiplikation −j ω1 t mit e im Zeitbereich entspricht. Der frequenztransformierte Laststrom i +L∼ ist dann genau eine reelle Stromgröße: i +L∼ (t) = ı̂ für t ≥ 0 (3.22) Es wird im weiteren die Anwort i +F∼ (t) des Systems Gge auf das Eingangssignal i +L∼ (t) ist nicht symmetrisch, daher muß i +F∼ (t) nicht notwendigerweise rein reell ermittelt. Gge sein. Bild 3.13 und Bild 3.14 zeigen die Verläufe von i +L∼ (t), Re(i +F∼ (t)) und Im(i +F∼ (t)). Re(i +F∼ (t)) geht für große Zeitwerte auf den Wert 1/(1 + KP) = 0.2 zurück. Man erkennt, daß Im(i +F∼ (t)) nicht konstant gleich null ist, sondern kurz nach dem Lastsprung oszilliert. (ω∼ ) (s. Bild 3.11) Dieses liegt in der Nullstelle bei −120 Hz im Verlauf des Spektrums Gge begründet. durch, ergeben sich die Führt man die Berechnung mit der Übertragungsfunktion Gge2 + Zeitverläufe in Bild 3.15 und Bild 3.16. Der Imaginärteil Im(i F∼ (t)) ist jetzt null, weil Gge2 symmetrisch ist. Augenscheinlich ist in diesem Fall Gge ≈ Gge2 eine gute Näherung bei der Berechnung von iF∼ (t), weil der zweite Pol vom Gge weit genug von Null entfernt ist. Ergebnis: 46 KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER 1.2 1.5 i +L∼ Re i +F∼ Im i +F∼ 0.8 0.6 0.4 0.2 iL∼ /ı̂, iF∼ /ı̂ iL∼ /ı̂, i +F∼ /ı̂ 1 0 0.05 0.1 0.15 t/ s 0.2 0.25 0 0 0.05 0.1 0.15 t/ s 0.2 1.5 i +L∼ Re i +F∼ Im i +F∼ 0.6 0.4 0.2 iL∼ /ı̂, iF∼ /ı̂ 1 0.8 0.25 iL∼ iF∼ 1 0.5 0 -0.5 0 0 0.05 0.1 0.15 t/ s 0.2 0.25 0.3 Bild 3.15: Zeitverläufe wie in Bild 3.13 ideali siert mit Gge2 (zu Bildern 3.8, 3.6) -1 -0.05 0 0.05 0.1 0.15 t/ s 0.2 0.25 0.3 Bild 3.16: Zeitverlauf entsprechend Bild 3.15 nach Rücktransformation Möchte man einen Überblick über das Zeitverhalten von Gge erhalten, reicht es oft aus, zu untersuchen. Die dabei erhaltenen Zeitverläufe sind dann die Sprungantwort von Gge2 als Hüllkurven der mit ω1 modulierten Signale zu verstehen. Der Vorteil liegt darin, daß die Verhältnisse überschaubar bleiben und wie beim Tiefpaß erster Ordnung die Lösungen auch in geschlossener Form angegeben werden können. Für eine exakte Berechnung muss man Gge verwenden und die Sprungantwort z.B. durch eine Fourierreihe näherungweise berechnen. Die komplexe (zweidimensionale) Sprungantwort ist dann als komplexe Hüllkurve zu verstehen. Mit dieser Methode können auch genaue Nachbildungen der Störstromregelung untersucht werden. 3.1.3 0.3 Bild 3.14: Zeitverlauf entsprechend Bild 3.13 nach Rücktransformation (KP = 4, fB = 2 Hz) 1.2 i +F∼ /ı̂ 0.5 -1 -0.05 0.3 ! Bild 3.13: Zeitverlauf von i +L∼ (t), Re i +F∼ (t) ! und Im i +F∼ (t) mit Gge (zu Bildern 3.7, 3.11) -0.2 -0.05 1 -0.5 0 -0.2 -0.05 iL∼ iF∼ Vergleich mit dreiphasigen Filtern Das oben beschriebene Verfahren weist eine Reihe von Parallelen zu den bei dreiphasigen aktiven Filtern verwendeten Regelungsmethoden auf, in denen der Regler in einem auf die zu bedämpfende Harmonische synchronisierten Bezugssystem (harmonic synchrounous frame (engl.)) realisiert ist [52, 85, 72]. Daher soll auf diesen Aspekt an dieser Stelle kurz eingegangen werden. Grundgedanke der Störstromkompensation mit idealer Stromquelle 47 Hierbei werden die gemessenen Strangströme in einem ersten Schritt durch αβ-Komponenten dargestellt1 . Die anschließende Transformation in ein rotierendes Koordinatensystem (bei Mitsystemen Frequenzverschiebung um −ω1 , bei Gegensystemen um +ω1 ) stellt eine Frequenztransformation dar. Ein Tiefpaßfilter erzeugt die Bandpaßwirkung. Die nun entstandenen Gleichgrößen werden mit einfachen Reglern stationär zu Null geregelt. Der Reglerausgang muß wieder in den Zeitbereich“ transformiert werden (bei Mitsystemen ” Frequenzverschiebung um +ω1 , bei Gegensystemen um −ω1 ), um dann als Eingangsgröße für den Stromregelkreis zu dienen2 . Möchte man verschiedene Harmonische (entweder Mit- und/oder Gegensystem) bedämpfen, schaltet man entsprechend viele, auf diese unterschiedlichen Frequenzen abgestimmte Regler parallel. Der wesentliche Unterschied zu den in Abschnitt 3.1.2 dargestellten einphasigen System besteht beim dreiphasigen System darin, daß sowohl Meßgröße als auch Stellsignal zweidimensionale Größen darstellen. Die erwünschten Frequenztransformationen können also direkt durch Multiplikation mit dem Faktor e ±j ωt erreicht werden. Da die Zeitgrößen nun nicht länger rein reell sind, weisen ihre Spektren auch nicht die von reellwertigen Signalen bekannten Eigenschaften auf (z.B. gerade Symmetrie im Betragsverlauf); so können positive Frequenzen (Mitsystem) und negative Frequenzen (Gegensystem) unterschieden werden. Die Eigenschaften des Reglers sind nun im betrachteten transformierten Koordiantensystem symmetrisch (wie in Bild 3.6 und 3.8), im Gegensatz zum einphasigen System, wo man ja den Einfluß der Bandpaßwirkung bei −ω0 mitberücksichtigen muß te, müssen GR2 und GR nicht unterschieden werden. Andererseits ist das Übertragungsverhalten im nichttransformierten Frequenzbereich (wie z.B. GR , Bild 3.5) nicht länger symmetrisch, positive und negative Frequenzen werden unterschiedlich beeinflußt. 3.1.4 Diskussion verschiedener Filter und Reglerstrukturen 3.1.4.1 Tiefpaß erster Ordnung 3.1.4.1.1 I-Anteil gleich Null Der Parameter fB ist die 3-dB-Eckfrequenz des Tiefpasses, es gilt also KP |GR2 (2π fB )| = √ 2 (3.23) √ Für den Bandpass GR (ω∼ ) gilt entsprechend |GR (ω1 ± 2πfB )| = KP / 2 und |GR (ω∼ )| ≥ √ KP / 2 für ω1 − 2πfB ≤ ω∼ ≤ ω1 + 2πfB . Die Bandbreite des Bandpasses GR ist B = 2 fB . Eine Variation von fB führt zu einer Umskalierung von GR2 in Frequenz- und Zeitbereich. Es werden daher im Weiteren die normierte Frequenz n∼ = f∼ /fB und die normierte Zeit τ = t fB als Parameter benutzt. Es verbleibt dann nur noch die P-Verstärkung KP als Parameter. 1 Dreisträngige Größen können bei Erfüllung der Nullsummenbedingung vollständig durch zweidimensionale Größen (Vektoren, Raumzeiger) beschrieben werden [74]. 2 [52] gibt auch eine Formel für den Frequenzgang des erzielten Bandpasses an, erkennt aber nicht die Unsymmetrie. 48 KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER 10 10 =1 =3 =5 =7 KP KP KP KP Gge2 |GR2 | KP KP KP KP 1 0.1 -10 -5 0 f∼ /fB 5 10 Bild 3.17: Betragsverlauf von GR2 (ω∼ ) bei Variation von KP (KI = 0, TP 1. Ordnung) =1 =3 =5 =7 1 0.1 -10 -5 0 f∼ /fB 5 10 Bild 3.18: Betragsverlauf von Gge2 (ω∼ ) 4 Im {GR2 (ω∼ )} 3 1.2 Re i +F∼ /ı̂ 1 KP KP KP KP 0.8 =1 =3 =5 =7 2 1 0 -1 0.6 -2 0.4 -3 0.2 -4 0 -0.2 -1 0 0.05 0.1 0.15 t · fB 0.2 Bild 3.19: Sprungantwort 0.25 0.3 0 1 2 3 4 5 Re {GR2 (ω∼ )} 6 KP = 1 KP = 3 7 8 KP = 5 KP = 7 Bild 3.20: Ortskurve (ω∼ ) (Bild 3.17) schiebt KP > 1 die Kurve Im Frequenzgang des offenen Regelkreises GR2 nach oben (logarithmische Darstellung). Im zugehörigen geschlossenen Regelkreis Gge2 (Bild 3.18) tritt für ω∼ = 0 eine Reduktion auf 1/(1+KP) auf. Die Bandbreite beträgt auch √ hier näherungsweise B = 2 fB , d.h. Gge2 (ω∼ ) ≤ 2/(1 + KP ) für −2π fB ≤ ω∼ ≤ 2π fB . In der Sprungantwort (Bild 3.19) ergibt sich der Wert 1/(1 + KP ) für t → ∞. Größere Werte von KP beschleunigen zudem den Anregelvorgang. Stabilitätsfragen können oft anhand der Ortskurve des offenen Regelkreises schnell beurteilt werden. Für das Tiefpaßfilter erster Ordnung ergeben sich Kreise, die die reelle Achse bei Null und KP schneiden (Bild 3.20). Der Betragsverlauf des geschlossenen Regelkreises kann in der Ortskurve als Kehrwert des Abstandes zum Punkt (−1, 0) abgelesen werden. Man kann festhalten, daß die Bandbreite fB des Tiefpasses den Bereich bestimmt, in dem die Störstromregelung eingreift. Eine breitbandige Bedämpfung ergibt sich bei großen Werten von fB . Eine große P-Verstärkung KP führt zu großen Bedämpfungen im geschlossenen Regelkreis. Grundgedanke der Störstromkompensation mit idealer Stromquelle 49 Ergebnisse: fB skaliert Frequenzachse und Zeitachse um. KP bestimmt die stationäre Bedämpfung und die Anregelzeit Prinzipiell möchte man fB und KP sehr groß wählen, was in der Praxis aus verschiedenen Gründen nicht beliebig möglich ist: Der Tiefpaß muß unerwünschte Modulationsprodukte herausfiltern, großes fB führt zu schlechter Bedämpfung hoher Frequenzen Die Regelung soll in einem schmalen Frequenzbereich lokal“ arbeiten, was im Wi” derspruch zu schnell“ im Zeitbereich steht. Insbesonders müssen bestimmte Fre” quenzanteile, wie die Grundschwingung des Netzstromes, stark unterdrückt werden. Das oben beschriebene Verhalten der Stromquelle ist nur näherungsweise gegeben. Je größer fB , desto größer auch der – stabilitätsverringernde – Einfluß von Nichtidealitäten fB muß in sinnvoller Relation zu ω1 stehen (s. auch Unterabschnitt 3.1.4.3). 3.1.4.1.2 Zusätzlicher I-Anteil Die Übertragungsfunktion des PI-Reglers lautet nun: 1 + j ω∼ KPI 1 + j ω∼ Ts KI = KP = K P j ω∼ j ω∼ Ts j ω∼ KKP K GPI (ω∼ ) = KP + (3.24) I Als Parameter wird die normierte Zeitkonstante τs = fB Ts = fB KP /KI gewählt. Der I-Anteil bewirkt eine unendlich hohe Bedämpfung der Frequenz ω1 im geschlossenen Regelkreis, die bleibende Regelabweichung verschwindet. Die Bilder 3.21 bis 3.23 zeigen den Einfluß verschiedener Werte von τs auf Frequenzgang und Sprungantwort. Bild 3.24 stellt die Ortskurve dar. τs sollte so eingestellt werden, daß der Frequenzgang durch den I-Regler nicht zu stark geändert wird und die Sprungantwort nicht schwingt, so wie etwa für τs = 0.3. 50 KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER 100 τs τs τs τs τs τs τs τs 1 =∞ = 26.7 = 13.3 = 0.3 |GR2 | Gge2 10 10 =∞ = 26.7 = 13.3 = 0.3 1 0.1 0.1 -4 -2 0 f∼ /fB 2 0.01 4 Bild 3.21: Betragsverlauf von GR2 (ω∼ ) bei Variation von τs = fB KP /KI , KP = 3 -4 -2 0 f∼ /fB 2 4 Bild 3.22: Betragsverlauf von Gge2 (ω∼ ) 3 Im {GR2 (ω∼ )} 2 1 τs τs τs τs Re i +F∼ /ı̂ 0.8 0.6 =∞ = 26.7 = 13.3 = 0.3 1 0 -1 0.4 -2 0.2 -3 -2 0 -1 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 t · fB 1 1.2 1.4 Bild 3.23: Sprungantwort von Gge2 3.1.4.2 0 1 2 Re {GR2 (ω∼ )} τs = ∞ τs = 26.7 3 4 τs = 13.3 τs = 0.3 Bild 3.24: Ortskurve des offenen Regelkreises Tiefpaß zweiter Ordnung mit P-Regler Wegen seiner größeren Flankensteilheit im Filterfrequenzgang wird oft ein Tiefpaß zweiter Ordnung verwendet ([96, 18] verwenden entsprechend im nicht transformierten Frequenzbereich einen Bandpaß vierter Ordnung). Die Parameter des Tiefpasses sind ausschlaggebend für die Eigenschaften der Bedämpfung. Die Übertragungsfunktion des Tiefpasses zweiter Ordnung lautet: 1 GTP (ω∼ ) = 1+j ∼ 2dR ωωresR − " ω∼ ωresR #2 (3.25) Der Parameter dR ist die Dämpfung und ωresR die Eigenresonanzfrequenz des Systems. Es gilt im allgemeinen ωresR = 2πfB . Der normierte Parameter nresR = ωresR /(2π fB ) kann Grundgedanke der Störstromkompensation mit idealer Stromquelle 10 10 =2 =1 = 0.7 = 0.5 dR dR dR dR Gge2 dR dR dR dR |GR2 | 51 1 0.1 -4 -2 0 f∼ /fB 2 1 0.1 4 Bild 3.25: Betragsverlauf von GR2 , nresR = ωresR /(2πfB ) nach Gleichung 3.26, KP = 3 =2 =1 = 0.5 = 0.7 -4 -2 0 f∼ /fB 2 4 Bild 3.26: Betragsverlauf von Gge2 (ω∼ ) 4 3 Im {GR2 (ω)} 2 1.2 dR dR dR dR Re i +F∼ / ı̂ 1 0.8 =2 =1 = 0.7 = 0.5 0.6 1 0 -1 -2 0.4 -3 0.2 -4 -3 0 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 t fB 1 1.2 1.4 1.6 Bild 3.27: Sprungantwort von Gge2 -2 -1 0 1 2 3 Re {GR2 (ω∼ )} 4 dR = 2 dR = 1 5 dR = 0.7 dR = 0.5 Bild 3.28: Ortskurve (KP = 3) als Funktion von dR so bestimmt werden, daß sich die Kurven im 3dB-Punkt schneiden: 1 nresR = $ % 1 − 2dR2 + 2 − 4dR2 + 4dR4 (3.26) (ω∼ ) für verschiedene Werte der Dämpfung dR . Mit abBild 3.25 zeigt den Verlauf von GR2 nehmender Dämpfung nehmen Flankensteilheit wie Resonanzüberhöhung stark zu, hohe Frequenzanteile werden besser bedämpft. Im geschlossenen Regelkreis (Bild 3.26) zeigen sich Überhöhungen, wo Gge2 (ω∼ ) > 1 gilt, d.h. eine Störung wird sogar verstärkt! In der Sprungantwort (Bild 3.27) ist zu erkennen, wie eine abnehmende Dämpfung dR zu Schwingungen führt, es dauert länger, bis das System in einem stationären Zustand ist. Die Tatsache, daß das Filter im Frequenzbereich schmalbandiger ist, muß zwangsläufig zu einer größeren Einschwingzeit führen. In der Ortskurve des offenen Regelkreises (Bild 3.28) ist dies gut zu erkennen: Dort, wo die Ortskurve innerhalb des Einheitskreises um den Punkt (−1, 0) verläuft, gilt 52 KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER Gge2 (ω∼ ) > 1, die Punkte mit dem kleinsten Abstand zum Punkt (−1, 0) sind die Punkte maximaler Überhöhung. Vergleicht man die Sprungantworten für zunehmende Werte von KP , so zeigt sich eine Abnahme der Dämpfung im geschlossenen Regelkreis. Dieses kann man auch im Verlauf der Ortskurve (Bild 3.28) erkennen. 3.1.4.3 Zusätzlicher Hochpaß Für die Frequenz Null ist die Bedämpfung des Bandpasses GR nur endlich. Der Störstromregler soll aber nicht auf niederfrequente Anteile des Netzstromes wie z.B. die Grundschwingung wirken. Um dies zu erreichen, kann man dem Regler einen Hochpaß vorschalten, der die Dämpfung für Frequenzen unterhalb von ω1 vergrößert3 . Die Übertragungsfunktion eines Hochpasses lautet: ∼ j ωωHP 1 = GHP (ω∼ ) = 1 − ∼ ∼ 1 + j ωωHP 1 + j ωωHP (3.27) Dem Hochpaß GHP wird direkt das Signal iF (t) als Eingangsgröße zugeführt, das Ausgangssignal des Hochpasses wird dann in gewohnter Weise abgemischt“. Bild 3.29 zeigt ” den hierdurch realisierten Regler GR . Die Übertragungsfunktion GR (ω∼ ) lautet nun: ∗ (ω∼ − ω1 ) + G R2 (−ω∼ − ω1 ) GR (ω∼ ) = GHP (ω∼ ) · GR2 e −j ω1 t iF e −j ϕHP B A X GHP (3.28) GTP e j ω1 t {} Y iK∼ GPI Bild 3.29: Regler mit zusätzlichem Hochpaß sowie diesen kompensierenden Phasendrehglied Bild 3.30 und Bild 3.31 zeigen die Frequenzgänge von GR und Gge für verschiedene Werte von ωHP /ω1 . Wie man sieht, ist GR ohne vorgeschalteten Hochpaß (ωHP = 0) in logarithmischer Darstellung unsymmetrisch zur Achse ω∼ = ω1 . Bei einem Verhältnis von ωHP /ω1 = 0.17 ergibt sich schon näherungsweise ein symmetrischer Verlauf des Frequenzgangs des offenen Regelkreises GR . Im geschlossenen Regelkreis Gge hingegen führt dies zu einer leichten Überhöhung um ca. 15% kurz vor der Frequenz ω1 . Die Ursache ist darin zu suchen, daß der Hochpaß eine Phasendrehung bewirkt, womit der Regelkreis im Bereich um ω1 nicht länger ideal abgestimmt ist. Bild 3.32 zeigt die Abhängigkeit der Phasendrehung für die Frequenz ω1 vom gewählten Verhältnis ωHP/ω1 . 3 [52] geht auf das Problem des unsymmetrischen Bandpasses nicht ein. Grundgedanke der Störstromkompensation mit idealer Stromquelle 100 ωHP /ω1 ωHP /ω1 ωHP /ω1 ωHP /ω1 10 =0 = 0.05 = 0.17 = 0.5 1 |Gge | 1 0.1 ωHP /ω1 ωHP /ω1 ωHP /ω1 ωHP /ω1 0.1 0.01 0.001 1 10 100 1000 0.01 1 =0 = 0.05 = 0.17 = 0.5 10 f∼ / Hz 100 1000 f∼ / Hz Bild 3.30: Betrag von GR Bild 3.31: Betrag von Gge (ω∼ ) Parameter: fB = 1 Hz, ω1 = 2π · 60 Hz, KP = 5, τs = 0.125, Tiefpaß erster Ordnung. ϕHP |GR | 10 53 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 0 0.2 0.4 0.6 ωHP /ω1 0.8 1 Bild 3.32: Phasendrehung ϕHP für ω1 als Funktion von ωHP/ω1 Die Phasendrehung des Hochpasses kann durch eine Multiplikation des komplexen Reglersignals mit e −j ϕHP so kompensiert werden, daß für ω1 der Fehler zu null wird4 . Es ist im Grunde unerheblich, an welcher Stelle diese Multiplikation erfolgt, sie kann beispielsweise nach dem Regler GPI vorgenommen werden (siehe Bild 3.29). Die Übertragungsfunktion lautet nun: GR2 GR2 (ω∼ ) = GTP (ω∼ ) · GPI (ω∼ ) · e −j ϕHP (3.29) Bild 3.33 und 3.34 stellen die Sprungantworten für ωHP = 0.5 ω1 ohne und mit kompensierende Phasendrehung gegenüber. Die Sprungantwort in Bild 3.33 läßt erkennen, daß das System Gge auch näherungsweise nicht mehr symmetrisch ist, wenn man einen Hochpaß mit der Eckfrequenz ωHP = 0.5 · ω1 in den Regelkreis einführt. Aus Bild 3.32 erkennt man, daß die Phasenvordrehung des Hochpasses für ω1 ungefähr 27◦ beträgt. Multipliziert man daher das komplexe Reglersi◦ gnal mit dem (konstanten!) Wert e −j ·27 , wird das System zumindest in der Umgebung von ω1 wieder symmetrisch, wie man auch an der resultierenden Sprungantwort in Bild 3.34 erkennen kann (keine niederfrequente“ Schwingung im Imaginärteil). ” 4 Bei dreiphasigen Systemen wird die Kompensation einer Phasendrehung oft als Entkopplung bezeichnet, siehe hierzu [85]. KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER 1.2 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.05 Re i +F∼ (t ) Im i +F∼ (t ) 0 0.05 0.1 0.15 t/ s 0.2 0.25 Re i +F∼ (t ) / ı̂ Re i +F∼ (t ) / ı̂ 54 0.3 Bild 3.33: Sprungantwort ohne kompensierende Phasendrehung um e −j ϕHP ; ωHP = 0.5 ω1 3.2 1.2 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.05 Re i +F∼ (t ) Im i +F∼ (t ) 0 0.05 0.1 0.15 t/ s 0.2 0.25 Bild 3.34: Sprungantwort mit Phasendrehung um −27◦ Regelkreis mit nichtidealer Stromquelle In den nun folgenden Abschnitten soll der Fall untersucht werden, daß keine ideale Stromquelle realisiert werden kann, d.h. der Strom iK∼ nicht mehr unmittelbar eingestellt werden kann. Ganz allgemein resultiert eine Stellgröße xST∼ in einem bestimmten Strom iK∼ . Die zugehörige Übertragungsfunktion soll GST sein: IK (ω∼ ) = GST (ω∼ ) · XST (ω∼ ) (3.30) Bild 3.35 zeigt das regelungstechnische ESB für Kleinsignale. iL∼ iF∼ + iK∼ − xST∼ GST GR Bild 3.35: Regelungstechnisches ESB Die Verstärkung des offenen Regelkreises Gof berechnet sich zu: Gof (ω∼ ) = GST (ω∼ ) · GR (ω∼ ) (3.31) Für den Fall einer idealen Stromquelle gilt GST (ω∼ ) = 1 und Gof (ω∼ ) = GR (ω∼ ). Die Übertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises Gge berechnet sich allgemein zu: Gge (ω∼ ) = 1 1 + Gof (ω∼ ) 0.3 (3.32) Es sollen zuerst der Einfluß einer Totzeit im Regelkreis und Möglichkeiten ihrer Kompensation diskutiert werden. Regelkreis mit nichtidealer Stromquelle 3.2.1 55 Einfluß der Totzeit der Regelung Wenn der Kompensationsstrom nur mit einer zeitlichen Verzögerung TTot eingestellt werden kann, gilt: GST (ω∼ ) = e −j ω∼ TTot (3.33) Auf den Betragsverlauf von Gof hat die Totzeit keinen Einfluß, lediglich die Phase fällt schneller ab. Für die Frequenz ω1 beträgt die Phasendrehung ϕtot = −ω1 TTot . Daher liegt es nahe, das komplexe Reglersignal um den konstanten Winkel −ϕtot vorzudrehen, was einer Multiplikation des Signals mit e −j ϕtot entspricht. Für Frequenzen in der Umgebung von ω1 ist die gewählte Kompensation nicht exakt, die Phase fällt nach wie vor steiler (Totzeit ist nicht kompensierbar, sondern Bandpaß wird symmetriert bzw. entzerrt). Bild 3.36 zeigt den Verlauf von Gge für verschiedene Totzeiten, Bild 3.37 stellt die dazugehörigen Sprungantworten dar. Für größere Totzeiten (> 3/ω1) kommt es im Frequenzgang von Gge zu merklichen Überhöhungen, die Anzeichen einer Entdämpfung des Systems sind. Dies wird auch in den Sprungantworten deutlich. 10 1.2 TTot = 0 ms TTot = 8 ms TTot = 16 ms 0.8 TTot = 0 ms TTot = 8 ms TTot = 16 ms 0.1 1 i +F∼ (t ) |Gge (ω∼ )| 1 0.6 0.4 0.2 0 0.01 -0.2 50 55 60 f∼ / Hz 65 70 0 0.1 0.2 0.3 t/ s 0.4 0.5 Bild 3.36: Geschlossener Regelkreis mit Totzeit Bild 3.37: Sprungantwort und Phasendrehung um −ϕtot ω1 = 2π · 60 Hz, fB = 1 Hz, KP = 3, KI = 10, dR = 1 (Tiefpaß zweiter Ordnung). e −j ω1 t iF X e −j (ϕHP +ϕtot )e B A GHP j ω1 t GTP {} Y iK∼ GPI Bild 3.38: Regler mit zusätzlicher Totzeitkorrektur hat nun die folgende Gestalt: Die Übertragungsfunktion GR2 (ω∼ ) = GTP (ω∼ ) · GPI (ω∼ ) · e −j (ϕHP +ϕtot ) GR2 Bild 3.38 zeigt den Aufbau des Reglers. (3.34) 0.6 56 KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER 3.2.2 Kompensation mittels Stellerspannung (2q-S, 4q-S) Bei der Störstromregelung des 4q-S oder eines dem PWR vorgeschalteten 2q-Stellers bei GS-Bahnen können Netzströme nur indirekt durch Beeinflussung der Stellerspannung erzeugt werden. Bild 3.39 zeigt das Ersatzschaltbild des Netzstromkreises mit Stellerspannung für Kleinsignale, die den Grundschwingungsgrößen überlagert sind. iF∼ Rσ Lσ uST∼ Der Zusammenhang zwischen der Stellerspannung (=Stel- Bild 3.39: Regelkreis mit lersollspannung) und einem durch sie getriebenen Kompen- Stellerspannung als Stellgröße sationsstromanteil lautet: GST (ω∼ ) = −IF (ω∼ ) 1 = UST (ω∼ ) Rσ + j ω∼ Lσ (3.35) Am einfachsten wird GST berücksichtigt, indem nur der Einfluß für die Frequenz ω1 kompensiert wird. Dazu wird das komplexe Reglersignal mit dem konstanten Wert K = (GST (ω1 ))−1 = −(Rσ + j ω1 Lσ ) multipliziert. Der Einfluß der Tiefpaßwirkung der Regelstrecke wird hierdurch keineswegs kompensiert, sondern es wird lediglich dafür gesorgt, daß für die Mittenfrequenz des Bandpasses die Verstärkung richtig ist. Der Bandpaß ist aber unsymmetrisch, wobei jedoch dieser Effekt klein bleibt. Die Bilder 3.40 bis 3.42 zeigen den Verlauf der Spektren über der Frequenz und die Sprungantwort für diese Fälle. Man erkennt, daß der Betragsverlauf des offenen Regelkreises für ω∼ = ω1 nur leicht von dem mit idealer Stromquelle abweicht, der Betrag fällt stärker als im idealen Fall. Dieses spiegelt sich auch in der Sprungantwort wieder (Bild 3.42), wo der Imaginärteil mit (reduzierter) Amplitude schwingt. 100 10 Steller id. Stromqu. 10 |Gge | |GR | 1 1 Steller id. Stromqu. 0.1 0.1 0.01 50 55 60 f∼ / Hz 65 70 0.01 50 55 60 f∼ / Hz 65 Bild 3.40: Störstromkompensation mit StellerBild 3.41: Geschlossener Regelkreis spannung, offener Regelkreis ω1 = 2π · 60 Hz, fB = 1 Hz, KP = 3, KI = 10, dR = 1 (Tiefpaß zweiter Ordnung), TTot = 14 ms 70 Regelkreis mit nichtidealer Stromquelle 57 1.2 Re i +F∼ (t ) Im i +F∼ (t ) 1 i +F∼ (t )/ ı̂ 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.05 0 0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3 0.35 0.4 t/ s Bild 3.42: Störstromkompensation mit Stellerspannung, Sprungantwort 3.2.3 Kompensation mittels Pulswechselrichter Die direkte Kompensation von Spektrallinien im ZK-Strom des PWR ist nicht einfach, weil die Vorgabe einer geeigneten Aussteuerung nur schwer berechnet werden kann. Bei einer Ständerfrequenz von fs = 50 Hz könnte man theoretisch mit einem Mitsystem von 170 Hz oder einem Gegensystem von 70 Hz in der Aussteuerung eine Spektrallinie bei 120 Hz in id gezielt erzeugen, die Entstehung weiterer, auch niederfrequenter Harmonischer ist aber nicht ausgeschlossen. idST∼ iF∼ RFil LFil GFil Cd Bild 3.43: Kompensation mittels PWR-Strom Eine Alternative besteht darin, die Dynamik der Drehmomentregelung auszunutzen [79]. Durch Modulation des Drehmomentsollwertes wird ein Strom idST∼ in den Zwischenkreis eingespeist, siehe hierzu Kapitel 4. Die so realisierte Stromquelle (Bild 3.43) wirkt mit der Übertragungsfunktion des Netzfilters auf den zu bedämpfenden Strom iF∼ . GST (ω∼ ) = 1 IF (ω∼ ) = IdST (ω∼ ) 1 + (RFil + j ω∼ LFil ) (GFil + j ω∼ Cd ) (3.36) Aufgrund der geringen Dämpfung des Filters und des daraus resultierenden steilen Phasenfalls reicht es nicht aus, den Einfluß des Netzfilters durch eine Multiplikation mit einer komplexen Konstanten zu kompensieren. Vielmehr muß hier versucht werden, die Übertragungsfunktion des Netzfilters zu invertieren, was aber nur bis zu einer endlichen Frequenz möglich ist und in der Nähe der Resonanzfrequenz ungenau wird. 58 KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER 3.2.4 Regelkreis mit zusätzlichem P-Regler Häufig sind dem Störstromregler Regler parallel geschaltet, die direkt ohne Frequenztransformation auf die Stellgröße wirken, so z.B. der eigentliche Netzstromregler des 4q-S. Anhand des in Bild 3.44 gezeigten Beispiels eines zusätzlichen P-Reglers, der ebenfalls auf die Stellerspannung wirkt, soll dies näher analysiert werden. iL∼ iF∼ + iK∼ − iL∼ iK∼ xST∼ GST iF∼ + − GR + GST + P P xST∼ Bild 3.44: Regelkreis mit zusätzlichem P-Regler Bild 3.45: Berechnung der inneren Regelstrecke Man kann die innere Regelstrecke aus der Sicht der Störstromregelung berechnen, wenn man wie in Bild 3.45 die Wirkung der Stellgröße xST∼ auf den Netzstrom iF∼ untersucht5 . IF (ω∼ ) = − GST (ω∼ ) 1 IL (ω∼ ) XST (ω∼ ) + 1 + GST (ω∼ ) P 1 + GST (ω∼ ) P mod (ω ) GST ∼ (3.37) mod (ω ) IL∼ ∼ Der P-Regler bewirkt einerseits eine Änderung der Übertragungsfunktion des Stellgliemod des aus Sicht der Störstromregelung (GST wird durch GST ersetzt), andererseits ist der Störstrom selbst schon durch den P-Regler verändert worden (im Frequenzbereich Multiplikation mit 1/(1 + GST P)). mod auf das Verhalten des unZur Vorsteuerung des Regelkreises wird der Einfluß von GST terlagerten Störstromregelkreises für die Frequenz ω1 kompensiert. Bild 3.46 zeigt den Frequenzgang des geschlossenen Regelkreises Gge mit und ohne Berücksichtigung des PReglers bei der Berechnung der Streckenvorsteuerung. Eine korrekte Vorsteuerung für die Frequenz ω1 symmetriert den Bandpaß, die Überhöhungen im Frequenzgang des geschlossenen Regelkreises unterhalb und überhalb der Mittenfrequenz ω1 sind gleich groß. Die Bilder 3.47 und 3.48 zeigen die Sprungantworten des geschlossenen Regelkreises Gge für die Fälle, daß man die P-Verstärkung in der Vorsteuerung vernachlässigt oder berücksichtigt. In beiden Fällen ist der Imaginärteil ungleich null, besonders stark nach dem Sprung. Dieses ist eine Folge des P-Reglers, der dem Sprung unmittelbar entgegenwirkt. Es wurde oben bereits erwähnt, daß aus der Sicht der Störstromregelung das Eingangssignal modifiziert erscheint. Dieses bedeutet aber, daß dieses modifizierte Signal nicht rein reellwertig ist im Gegensatz zu der idealen Sprungfunktion. Die Antwort des Systems wird daher auch im Idealfall eines symmetrischen Bandpasses nicht rein reell sein können. 5 Ähnlich geht Gemmeke in [20] vor, wo er die innere Regelstrecke beschreibt. Regelkreis mit nichtidealer Stromquelle 59 10 Fall A Fall B |Gge | 1 0.1 0.01 50 55 60 f∼ / Hz 65 70 Bild 3.46: Frequenzgang des geschlossenen Regelkreises Gge ohne (Fall A) und mit (Fall B) Kompensation des P-Reglers; KP = 3, KI = 10 1 0.8 Realteil Imaginärteil i +F∼ / ı̂ 0.4 i +F∼ / ı̂ 0.6 0.2 0 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 t/ s 0.4 0.5 0.6 Bild 3.47: Sprungantwort von Gge (P-Regler nicht kompensiert 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 -0.1 -0.1 Realteil Imaginärteil 0 0.1 0.2 0.3 t/ s 0.4 0.5 Bild 3.48: Sprungantwort (P-Regler kompensiert) Multipliziert man das komplexe Ausgangssignal in den Bildern 3.47 und 3.48 mit der Konstanten e −j ϕ , wobei ϕ = arg(1/(1 + GST P)) gesetzt wurde, ergeben sich die Zeitverläufe in den Bildern 3.49 und 3.50. Jetzt erkennt man wesentlich deutlicher, wie im Fall ohne Berücksichtigung der P-Verstärkung (Bild 3.49) der Imaginärteil der Sprungantwort schwingt und für die exakte Vorsteuerung (Bild 3.50) der Imaginärteil im wesentlichen auf der Zeitachse verläuft. Lediglich kurz nach dem Sprung gibt es eine (sehr schnelle) Ausgleichsschwingung. 3.2.5 0.6 Einfluß der Netzimpedanz auf die Regelstrecke Anhand von Bild 3.51 soll gezeigt werden, wie sich die Netzimpedanz aus Sicht der Regelung bemerkbar macht. Die ÜF GST ist jetzt abhängig von der Netzimpedanz ZN : 1 (4q-S) Rσ + j ω∼ Lσ + ZN (ω∼ ) 1 GST (ω∼ ) = 1 + (ZN (ω∼ ) + RFil + j ω∼ LFil )(j ω∼ Cd ) GST (ω∼ ) = (PWR) (3.38) GST kann nicht ideal kompensiert werden. Bei induktiven Netz nimmt die Verstärkung von GST ab, woraus folgt, daß der offene Regelkreis nicht länger abgestimmt ist (d.h. es 60 KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER 1 1 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.1 0.8 Realteil Imaginärteil i +F∼ e −j ϕ / ı̂ i +F∼ e −j ϕ / ı̂ 0.8 Realteil Imaginärteil 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 0 0.1 0.2 0.3 t/ s 0.4 0.5 0.6 Bild 3.49: Sprungantwort entsprechend Bild 3.47, Drehung von i +F∼ um ϕ = arg(1/(1 + GST P)) Netz RN ZN LN 0 Lσ uST∼ 0.1 0.2 0.3 t/ s 0.4 0.5 0.6 Bild 3.50: Sprungantwort entsprechend Bild 3.48, Drehung von i +F∼ um ϕ = arg(1/(1 + GST P)) Netz iF∼ Rσ -0.4 -0.1 RN ZN LN iF∼ RFil idST∼ LFil Cd Bild 3.51: Einfluß der Netzimpedanz auf die Regelstrecke, links 4q-S, rechts PWR wird keine ideale Stromquelle mehr realisiert). Für den Fall des PWR (Bild 3.51 rechts) kommt es zudem zu einer Absenkung der Resonanzfrequenz des Filters. Dies führt zu verschlechterten Regeleigenschaften, wirkt sich aber nicht negativ auf die Stabilität des Regelkreises aus, wenn die Zielfrequenz so weit über der Resonanzfrequenz des Filters liegt, daß die Phasendrehung schon 180 Grad beträgt. Im Fall des 4q-S bleibt die Phasendrehung von GST bei 90 Grad. Die genaue Berechnung der Impedanz ZN ist sehr schwierig. Bei Gleichstrombahnen ist ein weiterer Einfluß durch die Eingangsimpedanzen weiterer Fahrzeuge gegeben. So wird in Abschnitt 4.2.4 gezeigt, wie sich die Eingangsfilter zweier GS-Fahrzeuge bei bestimmten Netzverhältnissen miteinander verkoppeln können. Bei Wechselstromfahrzeugen ist wegen der langen räumlichen Ausdehnung der Netze die Annahme eines induktiven Netzes nicht länger gerechtfertigt. Aus der Theorie elektrischer Leitungen ist bekannt, daß bei Leitungslängen l = k · λ/4 Resonanz auftritt (siehe Unterabschnitt 5.3.1.2 ). Zusätzlich muß man berücksichtigen, daß der Rückstrom teilweise durch die Schienen und teilweise durch das Erdreich fließt und die Aufteilung frequenzabhängig ist [44]. Andererseits müssen bei großen Netzen auch das Übertragungsnetz, die Generatoren, die Umrichter und die Umformer mit einbezogen werden (siehe Unterkapitel 1.2). Liegen die Resonanzstellen im Netz bei sehr niedrigen Frequenzen oder weist das Netz in der Nähe der zu bedämpfenden Frequenz kapazitives Verhalten auf, ist die Stabilität nicht länger gesichert. Unterscheidung innerer und äußerer Störströme 3.3 Unterscheidung innerer und äußerer Störströme Netz Netz ustoer∼ 61 iF∼ RN LN ZN Rσ Lσ uF∼ ustoer∼ RN ZR LN iF∼ RFil ZN id∼ LFil ud∼ Cd YR Bild 3.52: Durch Störungen aus dem Netz verursachte Störströme, links 4q-S, rechts PWR Bild 3.52 zeigt, wie Störungen mit Ursache im Netz zu Störströmen führen. Bei rückwirkungsfreien Systemen gilt ZR = 0 bzw. YR = 0, für das Beispiel aus Abschnitt 3.2.4 gilt ZR = P. Die Wirkung der Störgröße auf iF∼ kann allgemein durch Gstoer beschrieben werden. Für die dargestellten Verhältnisse gilt für den 4q-S Gstoer (ω∼ ) = 1 Rσ + j ω∼ Lσ + ZN (ω∼ ) (3.39) Gstoer (ω∼ ) = j ω∼ Cd 1 + (ZN (ω∼ ) + RFil + j ω∼ LFil ) (j ω∼ Cd ) (3.40) und für den PWR. Allgemein sind ustoer und Gstoer unbekannt. Bild 3.53 zeigt das regelungstechnische Ersatzschaltbild bei aktivierter Störstromregelung. Solange die Störung ustoer∼ iL∼ ustoer∼ Gstoer + iK∼ iF∼ - GR GST Bild 3.53: Regelkreis bei Störungen aus dem Netz unkorreliert mit dem Störstromregler ist, ist Gstoer unerheblich für das Maß der Bedämpfung der Störung: Gbed (ω∼ ) = IF (ω∼ )|mit SR 1 = Gge (ω∼ ) = IF (ω∼ )|ohne SR 1 + GR (ω∼ ) GST (ω∼ ) (3.41) Die Netzeigenschaften sind wie in Abschnitt 3.2.5 erklärt in GST enthalten. Störungen aus dem Netz und dem Fahrzeug werden gleichermaßen bedämpft, wenn man sich die Störungen unabhängig voneinander am Knotenpunkt wirkend vorstellen kann. Die Bedämpfung äußerer Störströme wird mit zusätzlicher Störspannung“ erzielt. Zur Kompensation der ” 62 KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER Wirkung von ustoer∼ in Bild 3.52 links muß eine Spannungsquelle uST∼ in Reihe mit ZR realisiert werden, die gleiche Phasenlage und Amplitude wie ustoer∼ aufweist. In Bild 3.52 rechts muß die Kompensationsstromquelle idST∼ parallel zu YR so gewählt sein, daß für die Kondensatorspannung ud∼ = ustoer∼ gilt. Das Erzeugen einer Gegenspannung kann man auch so interpretieren, daß sich die Eingangsimpedanz des Fahrzeugs erhöht, siehe hierzu auch Abschnitt 4.2.3. Wenn mehr als eine Meßgröße zur Verfügung stehen, kann die Störstromregelung zwischen äußeren und inneren Störströmen unterscheiden. Beim 4q-S wird mit Hilfe des gemessenen Stroms iF der Spannungsfall über den Längselementen bestimmt und ein Schätzwert für die Störspannung berechnet (siehe Unterabschnitt 5.3.1.4): U4qsschaetz (ω∼ ) = UF − IF · (Rσ + j ω∼ Lσ + Zr (ω∼ )) (3.42) Beim PWR geht man so vor, daß ein Schätzwert des Zwischenkreisstromes Idschaetz = IF − Ud · j ω∼ Cd (3.43) berechnet wird (siehe Abschnitt 4.2.6). In die Berechnung von U4qsschaetz bzw. Idschaetz gehen die (unbekannten) Netzparameter nicht ein. 3.4 Stabilität aus Sicht des Netzes In Abschnitt 3.2.5 wurde der Einfluß der Netzimpedanz aus Sicht des Fahrzeugs auf die Regelung diskutiert. Möchte man für verschiedene Netzverhältnisse Aussagen über die Stabilität gewinnen, müßte man jeweils den Gesamtregelkreis Gof = GR · GST analysieren. Eine Alternative besteht darin, Netzimpedanz und Fahrzeugimpedanz miteinander zu vergleichen (siehe Bild 3.54). Netz RN LN ZN Fahrzeug iF∼ −iF∼ uF∼ uF∼ Rσ Lσ u4qs∼ YFz Bild 3.54: Bestimmung von Fahrzeug- und Netzimpedanz beim 4q-S Die Fahrzeugeingangsadmittanz YFz = IF /UF wird sowohl vom aktiven Verhalten der 4q-S bzw. PWR-Regelung, als auch von der implementierten Störstromregelung abhängen. Es soll im folgenden ein Stabilitätskriterium hergeleitet werden, welches Aussagen über die Kompatibilität“ zwischen Netz und Fahrzeug zuläßt [53, 56]. Die Beurteilung der ” Stabilität der Störstromregelung alleine unter idealen Bedingungen ist mit Hilfe der Eingangsimpedanz nicht möglich, es geht also lediglich um die Frage, ob eine für sich stabile Störstromregelung zusammen mit einer bestimmten Netzkonfiguration instabil wird. Stabilität aus Sicht des Netzes 3.4.1 63 Ortskurvenkriterium von Fahrzeugadmittanz und Netzimpedanz uF∼ iF∼ YFz - ZN Bild 3.55: Wirkungsmechanismus bei Verkopplung von Fahrzeug und Netz In Bild 3.55 ist schematisch die Rückwirkung einer nicht idealen Netzspannung als Regelungskreis gezeichnet. Die Netzspannung uF∼ verursacht aufgrund der Eingangsadmittanz des Fahrzeugs einen Strom IF = UF · YFz , welcher wiederum über die Netzimpedanz ZN die Netzspannung verändert. Zur Untersuchung der Stabilität der Rückwirkung kann also der offene Regelkreis Gof = YFz · ZN herangezogen werden. Aufgrund der Tatsache, daß die Einzelimpedanzen nicht zwingend passiv sind, kann die Phase von Gof ±180◦ erreichen. Bild 3.56 veranschaulicht die Verhältnisse. Im Im Po Pu Po (-1,0) Re Pu (-1,0) Re Bild 3.56: Ortskurve von Gof = YFz · ZN , links stabiles, rechts instabiles Verhalten Zwischen den Punkten Pu ( untere“ Frequenz) und Po ( obere“ Frequenz) verlaufe die ” ” Ortskurve oberhalb der Imaginärachse. Liegen Pu und Po auf derselben Seite vom Punkt (−1, 0), ist die Stabilität nicht beeinträchtigt (siehe Bild 3.56 links). Wenn hingegen die Punkte auf verschiedenen Seiten liegen, wie in Bild 3.56 rechts, ist die Stabilität nicht gewährleistet. 64 KAPITEL 3. AKTIVE STÖRSTROMFILTER 3.4.2 Stabilitätsbedingung für Fahrzeug- und Netzadmittanz Die Punkte Pu und Po sind dadurch gegeben, daß die Bedingung arg(YFz · ZN ) = arg(YFz ) − arg(YN ) = ±π (3.44) erfüllt ist. Überträgt man die obige Bedingung für Stabilität auf die Beträge, folgt: YFzu YNu > 1 UND YFzo YNo > 1 (3.45) YFzu YNu < 1 UND YFzo YNo < 1 (3.46) oder Dies kann unter den gegebenen Bedingungen wie folgt geschrieben werden: |YFzu | > |YNu | UND |YFzo | > |YNo | (3.47) |YFzu | < |YNu | UND |YFzo | < |YNo | (3.48) oder Dies bedeutet, daß sich die Größenbeziehung der Beträge von YFz und YN zwischen Pu und Po nicht ändern darf. Kapitel 4 Störstromregelung bei Triebfahrzeugen für Gleichstrombahnen 4.1 Herleitung und Überprüfung der Beziehung zwischen Drehmoment und Zwischenkreisstrom Moderne Traktionsantriebe können das Drehmoment hochdynamisch regeln. Kommt die Pulsweitenmodulation (PWM) zum Einsatz, kann mit der indirekten Statorflußregelung (ISR) [23] das Drehmoment innerhalb weniger Abtastschritte eingestellt werden. Bei höheren Statorfrequenzen oder kleinen Schaltfrequenzen werden synchrone Pulsmuster verwendet, die heutzutage ebenfalls hochdynamisch geregelt werden, so daß sich das Drehmoment in nur wenigen Schaltzyklen einstellt [14, 98]. Der Einsatz der Drehmomentregelung zur Reduktion von Störströmen ist schon früher beschrieben worden [18, 79, 99]. Um die Regler entsprechend Kapitel 3 einstellen zu können, ist eine genaue Kenntnis der Übertragungsfunktion zwischen einem aufmodulierten Zusatzdrehmomentsollwert Msoll∼ und dem daraus resultierenden Kompensationsstrom idST∼ nötig. 4.1.1 Herleitung der Beziehung Rs u −s → −i s → Lµ −i r → Lσ2 • Ψµ → − • Rr Ψr − → j ωel − Ψr → Bild 4.1: Raumzeigerersatzschaltbild der Asynchronmaschine im statorfesten Bezugsystem Für das Drehmoment pro Polpaar M 1 läßt sich schreiben: M = 3 ωr 2 Ψ r → 2 Rr − (4.1) Aus der Gleichheit der Leistung im Zwischenkreis und der Statorleistung der Asynchronmaschine zu jedem Augenblick (bei Vernachlässigung der Umrichterverluste) wird der 1 Mme = p · M , ωme = ωel /p 66 KAPITEL 4. STÖRSTROMREGELUNG BEI GLEICHSTROMBAHNEN Strom id∼ bestimmt. Dies geschieht unter der Annahme eines stationär umlaufenden RoΨ r0 · e j ωs t (ωs = ωel + ωr ). In diesem Fall bestimmt sich der torflußraumzeigers − Ψ r (t) = − → → Rotorstromraumzeiger − i r zu: → ωr 2 M = j Ψ = j Ψr i → r r → → − Rr − 3 2 − Ψ r − → (4.2) Die Drehmomentregelung stellt den Wert des Drehmomentes M mit einer Totzeit TTot von wenigen Millisekunden auf den Sollwert M = M + M∼ ein. 4.1.1.1 Rotorverlustleistung Die Leistung an den Rotorwiderständen berechnet sich zu: 2 2 3 3 2 1 i r · Rr = M · Rr = ωr · M pRr = − → 2 2 3 Ψ →r − (4.3) Zerlegung in Gleich- und Wechselanteil liefert: pRr = (ω r + ωr∼ ) · M + M∼ = ω r · M + ω r M∼ + ωr∼ M + ωr∼ M∼ Gleichanteil einfache Frequenz (4.4) doppelte Frequenz Es entstehen Spektrallinien bei den Frequenzen 0, ω∼ und 2 ω∼ . Der doppeltfrequente Anteil soll im Weiteren vernachlässigt werden, um eine lineare Beziehung zwischen M∼ und pRr∼ zu erhalten: pRr∼ ≈ ω r M∼ + ωr∼ M 2 Rr = ω r · M∼ + 2 M∼ 3 Ψ r − → (4.5) * + 3 ω r 2 Ψ r = 2 · ω r · M∼ → 2 Rr − ω r stellt eine Konstante dar, die den Arbeitspunkt der ASM beschreibt. 4.1.1.2 Leistung der Spannungsquellen in den Rotormaschen Die Leistung an den Spannungsquellen (j ωel − Ψ r ) muß zu jedem Zeitpunkt mit der mecha→ nischen Leistung identisch sein. pme = ωel · M = ωel · (M + M∼ ) mit ωel = konst. (4.6) Für den einfachfrequenten Wechselanteil ergibt sich: pme∼ = ωel · M∼ (4.7) Die Leistungen an den Spannungsquellen pme∼ und an den Rotorwiderständen pRr∼ können zusammengefaßt werden zur Drehfeldleistung: p1∼ = pRr∼ + pme∼ = (ωel + 2 · ω r ) · M∼ = (ω s + ω r ) · M∼ (4.8) Beziehung zwischen M∼ und idST∼ 4.1.1.3 67 Streufeldleistung Die Leistung im Streufeld berechnet sich zu jedem Zeitpunkt zu: 3 u i · pσ = − r Lσ → − → 2 wobei − u Lσ der zu − i r parallele Anteil der Spannung − u Lσ = Lσ2 · → → → gemachten Voraussetzungen gilt: * + d d Lσ2 ωr Lσ2 − · ω · Ψ u i Lσ = Lσ2 · r = s Ψr + j r → − → d t ωr → − → dt− Rr Rr − ⊥ (4.9) d i r dt − → ist. Unter den (4.10) Der Vergleich mit (4.2) zeigt, daß nur der zweite Anteil parallel zu → −i r ist. Unter Zuhilfenahme von d Rr d 2 ωr = · 2 M dt 3 dt Ψ r − → (4.11) ergibt sich schließlich: + Ψ ωr − 3 d Rr d Lσ2 →r 2 Ψ = Lσ2 · · · ωr · M · 2 M = − r → 2 Rr ωr 3 d t Rr dt Ψ r − → d Lσ2 · (ω r + ωr∼ ) M + M∼ = Rr dt * pσ (4.12) (4.13) Hieraus kann der einfachfrequente Wechselanteil der Leistung an der Streuinduktivität Lσ2 gewonnen werden: pσ∼ = 4.1.1.4 d d Lσ2 · ω r M∼ = Tσ ω r M∼ Rr dt dt (4.14) Ständerverlustleistung Um die Leistung an den Ständerwicklungswiderständen zu bestimmen, muß der Ständerstrom ermittelt werden: Ψµ 1 Lσ2 → − i = ·− Ψr + µ = → − → −i r Lµ Lµ Lµ → * + 1 Lσ2 = − i r+− i µ= Ψr + 1 + ·− ir → → → → Lµ − Lµ * + 1 Lσ2 ωr = Ψr + j 1 + ·→ Ψr · → − Lµ Lµ Rr − Ψµ = → Ψ r + Lσ2 · − i r; → − − → −i s → Die Ständerwiderstandsverluste berechnen sich allgemein zu: 3 2 i s · Rs pRs = → 2 ,− * +2 ** + +2 - 1 3 Lσ2 ωr 2 = + 1+ · − · Ψ r · Rs → 2 Lµ Lµ Rr (4.15) (4.16) 68 KAPITEL 4. STÖRSTROMREGELUNG BEI GLEICHSTROMBAHNEN Nach Einsetzen von ωr = ω r + ωr∼ ergibt sich der einfachfrequente Wechselanteil der Leistung an den Ständerwiderständen: pRs∼ 4.1.1.5 .* + /2 Lσ2 1 2 Ψ r · 2 · ω r · ωr∼ 1+ · · − → Lµ Rr * +2 Rs Lσ2 = 2· · ω r M∼ 1+ Rr Lµ 3 Rs = 2 (4.17) Magnetisierungsleistung Die Herleitung für den Wechselanteil der Leistung an der Hauptinduktivität Lµ verläuft ganz analog wie bei der Streuinduktivität Lσ2 ; auf deren ausführliche Darstellung soll aber verzichtet werden. Das Ergebnis ist: pµ∼ Lσ2 d = · ω r · M∼ · Rr dt * Lσ2 Lµ +2 * = pσ∼ · Lσ2 Lµ +2 (4.18) Wie zu erkennen, ist dieser Anteil deutlich kleiner als pσ∼ und soll im folgenden vernachlässigt werden. 4.1.1.6 Gesamtleistung Die einzelnen Leistungsanteile können zur Gesamtleistung p∼ addiert werden. Sie unterscheiden sich in ihrer Abhängigkeit vom Arbeitspunkt und darin, ob sie proportional zu d M∼ oder zu dt M∼ sind. , * +2 Lσ2 d Rs 1+ ω r M∼ + Tσ ω r M∼ p∼ = ω s + 1 + 2 Rr Lµ dt (4.19) BASM BASM ist eine dimensionslose Maschinenkonstante und kann auch in der folgenden Form geschrieben werden [10, 23]: BASM = 1 + 4.1.1.7 2ρ 1−σ mit σ = Lσ2 ; Lµ + Lσ2 ρ= Rs Lµ + Lσ2 · Rr Lµ (4.20) Endergebnis Untersucht man ein Wechselmoment, das mit der Frequenz ω∼ schwingt, dann ist die ∧ Ableitung von M∼ um 90 Grad voreilend und deren Amplitude berechnet sich zu ω∼ · M ∼ . Die Ableitung von M∼ läßt sich im Frequenzbereich folgendermaßen schreiben: d [M] = j ω∼ M dt (4.21) Die Augenblicksleistung im Zwischenkreis berechnet sich zu: pd = id · ud = (i d + id∼ ) · (u d + ud∼ ) (4.22) Beziehung zwischen M∼ und idST∼ 69 woraus sich – bei Vernachlässigung des doppeltfrequenten Anteils – pd∼ bestimmen läßt: pd∼ = i d ud∼ + u d id∼ (4.23) Die Leistungsbilanz lautet damit im Frequenzbereich: u d Id + Ud i d = (ω s + BASM ω r + j Tσ ω r ω∼ ) · M (4.24) Hieraus folgt: Id = id 1 (ω s + BASM ω r + j Tσ ω r ω∼ ) · M − · Ud u ud d IdST = GASM (ω∼ ) · M − id · Ud ud (4.25) Der erste Anteil kann als ein Strom IdST angesehen werden, der mit Hilfe von M in den Zwischenkreis eingespeist wird. Der zweite Anteil beschreibt die Rückwirkung von Ud auf Id (siehe Unterkapitel 3.3). Setzt man Gdyn = − id p = − d2 = YR ud ud (4.26) erhält man Id = IdST + Gdyn · Ud (4.27) Der dynamische Leitwert Gdyn kann mit dem Leitwert GFil des Netzfilters zusammengefaßt werden und wird später genauer untersucht. 4.1.2 Diskussion und Messung der Beziehung Den Strom IdST kann man wie folgt aufspalten (siehe Bild 4.2): IdST = I d0 + I d + I d⊥ I d0 = wobei ωs · M der Leerlaufstrom (M =0) in Phase mit M [18], ud (4.28) (4.29) I d = BASM ω r M der lastabhängige Anteil in Phase mit M, (4.30) I d⊥ = j Tσ ω r ω∼ M der lastabhängige Anteil senkrecht zu M ist (4.31) Wenn M und ω∼ = ω1 konstant sind, ergeben sich für unterschiedliche Arbeitspunkte ω s und ω r Parallelen zur x-Achse für konstantes ω r bei veränderlichem ω s . Bild 4.3 zeigt das Ergebnis einer Meßreihe (Parameter des Versuchsstandes siehe Anhang A). 70 KAPITEL 4. STÖRSTROMREGELUNG BEI GLEICHSTROMBAHNEN IdST I d⊥ I d I d0 M Bild 4.2: Aufspaltung von IdST in zu M parallele und senkrechte Anteile. I d⊥2 [A] 31 Hz 4.5 s−1 ωr 1 0 f s = ωs /2π 9 Hz 2 1 3 4 −1 5 6 7 I d0 + I d [A] −4.5 s−1 −2 Bild 4.3: Ortskurve der Spitze von IdST für variierendes ω s und ω r Der Strom IdST kann auch als Funktion von I d0 ausgedrückt werden, multipliziert mit dem komplexen Faktor KASM (in [18] war vereinfacht KASM = 1 angenommen): IdST . / ωr ωs = 1+ (BASM + j Tσ ω1 ) · M∼ ωs u d (4.32) I d0 KASM Für konstantes ω∼ = ω1 hängt KASM nur vom Verhältnis λ = ω r /ω s ab. Betrag und Argument von KASM berechnen sich zu: |KASM | = $ (1 + BASM λ)2 + (λ Tσ ω1 )2 * λ Tσ ω1 arg(KASM ) = arctan 1 + BASM λ (4.33) + (4.34) welche in Bild 4.4 zu sehen sind. 4.2 4.2.1 Analyse des Regelkreises Einfluß einer Regelung auf konstante Leistung Nur der Strom IdST kann, wie gezeigt, mit Hilfe der Drehmomentregelung in den Zwischenkreis eingespeist werden. Die hochdynamische Drehmomentregelung versucht, bei schwankender Zwischenkreisspannung ud die Leistung konstant zu halten, was durch den Analyse des Regelkreises 71 arg(KASM ) [deg] 60 |KASM | w= 30 2 w= 30 w= 20 w= 20 w= 12.5 w= 12.5 −0.04 1 0.04 λ -60 −0.04 0 0.04 λ Bild 4.4: Betrag und Argument von KASM als Funktion von λ = ω r /ω s für verschiedene w = ω1 Tσ , BASM = 4.1 Einfluß von Gdyn beschrieben werden kann. Faßt man Gdyn und GFil zusammen, erhält man die Übertragungsfunktion I F /IdST (ωresFil = Resonanzfrequenz des Filters): 1 1 + (RFil + j ω∼ LFil ) (GFil + Gdyn + j ω∼ Cd ) 1 = d 1 + 2 ωresFil j ω∼ + ω2 1 (j ω∼ )2 mod (ω∼ ) = GST (4.35) resFil Die Dämpfung d des charakteristischen Polynoms zweiter Ordnung ist 0 0 1 LFil 1 Cd + RFil d ≈ (GFil + Gdyn ) 2 Cd 2 LFil (4.36) Bei positiven Werten von p d wird das System instabil, wenn |Gdyn | > GFil + RFil · Cd /LFil gilt (hieraus folgt d < 0). In diesem Fall benötigt man einen zusätzlichen Regler GZK , der aus der gemessenen Zwischenkreisspannung einen Zusatzsollwert Mzus2 für den Drehmomentregler bestimmt und den Regelkreis stabilisiert [29, 91]. Nach [29] wird in einem ersten Schritt der Quotient aus der gemessenen augenblicklichen Zwischenkreisspannung und der gemittelten Zwischenkreisspannung gebildet: A= ud (t) ud (4.37) Möchte man im motorischen Betrieb ein Konstant-Strom-Verhalten erreichen, wird der neue Gesamtdrehmomentsollwert wie folgt berechnet: Msoll2 = A · Msoll (4.38) Der Zusatzdrehmomentsollwert bestimmt sich dann zu: Mzus2 = Msoll2 − Msoll (4.39) Für ein gewünschtes ohmsches Verhalten muß in Gleichung 4.38 mit A2 multipliziert werden. Im generatorischen Betrieb erfolgt die Multiplikation mit den Kehrwerten 1/A bzw. 72 KAPITEL 4. STÖRSTROMREGELUNG BEI GLEICHSTROMBAHNEN 1/A2 . Die Wirkung von Gdyn kann bei der festen Frequenz ω∼ = ω1 durch einen komplexen Faktor Kdyn beschrieben werden, der bei der Reglerauslegung mit zu berücksichtigen ist: 1 + (RFil + j ω1 LFil ) (GFil + j ω1 Cd ) 1 + (RFil + j ω1 LFil ) (GFil + Gdyn + j ω1 Cd ) 1 + (rFil + j n1 )(gFil + j n1 ) = 1 + (rFil + j n1 )(gFil + gdyn + j n1 ) (4.40) Kdyn = (4.41) wobei n1 = ω1 ωresFil = ω1 · % LFil Cd rFil = RFil % Cd /LFil g=G % LFil /Cd (4.42) gesetzt wurde. Die Ergebnisse sind in Bild 4.5 zu sehen. Liegt die Eingangsfilter-Eckfrequenz |Kdyn | arg(Kdyn ) [Grad] 1 n1 = 1.6 10 n1 = 1.4 0.94 −0.1 0 n1 = 1.6 −0.1 n1 = 1.2 n1 = 1.2 n1 = 1.4 0.1 gdyn 10 0.1 Bild 4.5: Betrag und Argument von Kdyn für verschiedene n1 = ω1 /ωresFil als Funktion % % von gdyn = Gdyn LFil /Cd , rFil = RFil Cd /LFil = 0.07, gFil = 0 ausreichend (-30%) unter der zu unterdrückenden Störfrequenz, darf |Kdyn | ≈ 1 gesetzt werden. Es soll hier ebenfalls die Übertragungsfunktion G22s = Ud /IdST angegeben werden, die später bei der Diskussion des Regelkreises benötigt wird: G22s (ω∼ ) = − 4.2.2 (RFil + j ω∼ LFil ) 1 + (RFil + j ω∼ LFil )(GFil + Gdyn + j ω∼ Cd ) (4.43) Gesamtregelkreis für Störungen aus dem Zwischenkreis Bild 4.6 zeigt das regelungstechnische Ersatzschaltbild für Störströme, welche ihre Ursache im PWR haben. idstoer∼ und idST∼ sollen als unkorreliert betrachtet werden. Die Quelle der Störung wird hier in den Zwischenkreis gelegt (im Gegensatz zu Unterkapitel 3.2), weil nur so iF∼ und ud∼ einen funktionellen Zusammenhang haben, eine Störung nur in iF∼ ist physikalisch nicht möglich. Die Totzeit der Regelungsschleife wird durch GTot berücksichtigt. GASM beschreibt die arbeitspunktabhängige Übertragungsfunktion zwischen M∼ und mod ist die Stromübertragungsfunktion des NetzfilidST∼ (siehe Unterabschnitt 4.1.1.7). GST ters, modifiziert durch den leistungsabhängigen dynamischen Zwischenkreisleitwert Gdyn . Analyse des Regelkreises 73 Mzus GR idstoer∼ - Msoll∼ - GTot M∼ GASM idST∼ mod GST id2∼ G22s Mzus2 iF∼ ud∼ GZK Bild 4.6: Regelungstechnisches Ersatzschaltbild des Regelkreises Der Regler zur Bedämpfung von Schwingungen im Zwischenkreis GZK führt die Zwischenkreisspannung ud∼ auf das Stellsignal zurück. Die Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises lautet: mod · GR + G22s · GZK ) Gof = GTot · GASM · (GST (4.44) Das Verhältnis der Größen mit aktivierter Regelung zu den Größen ohne Regelung lautet: Gbed (ω∼ ) = IF (ω∼ )|mit SR 1 = Gge (ω∼ ) = IF (ω∼ )|ohne SR 1 + Gof (ω∼ ) (4.45) In Bild 4.7 links ist der Frequenzgang von Gge gezeichnet. Man erkennt, wie einerseits Gge 2 100 mod GST 10 20 50 100 f∼ / Hz 10 mod GST · Gge 0.5 1 0.5 10 20 50 100 f∼ / Hz 0.2 0.1 0.10 0.05 0.01 mod und Bild 4.7: Störungen aus dem Zwischenkreis: Frequenzgang von |Gge | (links), GST mod G ST · Gge (rechts), ω1 = 2π · 60 Hz Schwingungen der Signalfrequenz ω1 unterdrückt werden, andererseits aber auch Eigenschwingungen des Filters (ca. 40 Hz) bedämpft werden. Dieses wird auch aus der mod mod Gegenüberstellung der Frequenzgänge von GST und GST · Gge deutlich (rechts): Die Stromübertragungsfunktion des Filters wird durch die aktive Störstromregelung bei der Resonanzfrequenz dämpfend modifiziert, für die Signalfrequenz enthält sie eine Nullstelle. Im Folgenden soll der Störstromregler GR kurz beschrieben werden. 74 KAPITEL 4. STÖRSTROMREGELUNG BEI GLEICHSTROMBAHNEN 4.2.2.1 Beschreibung des Störstromreglers Bild 4.8 zeigt den realisierten Störstromregler. Ein Hochpaßfilter erster Ordnung GHP entfernt den Gleichanteil des Meßwerts des Fahrleitungsstromes. Die Vorsteuerung Gvor kompensiert den Einfluß der Netzfilterübertragungsfunktion. Die Übertragungsfunktion der Maschine wird durch eine komplexe Division durch Kkor kompensiert, wobei der Faktor Kkor entsprechend Gleichung 4.25 definiert ist: Kkor = 1 (ω s + BASM ω r + j Tσ ω r ω1 )e −j ω1 TTot ud (4.46) Re(2e −j ω1 t ) e j ω1 t idx iF iF∼ Gvor GHP idschaetz∼ GTP Mzus Vorsteuerung GPI idy Im(2e −j ω1 t ) Zusatzmoment Kkor GR2 Bild 4.8: Aufbau des Störstromreglers zur Reduktion von Störströmen im Fahrleitungsstrom GR (ω∼ ) = GHP (ω∼ ) · Gvor (ω∼ ) · GR2 (ω∼ − ω1 ) für ω∼ > 0 (4.47) GR2 ist definiert als: GR2 (∆ω) = 1 GTP (∆ω) · GPI (∆ω) mit ∆ω = ω∼ − ω1 Kkor (4.48) Die Totzeit TTot muß in Abhängigkeit von Taktverfahren und Schaltfrequenz online adaptiert werden. 4.2.3 Störungen aus dem Netz Störspannungen aus dem Netz wirken über die beiden Störübertragungsfunktionen Gstoerif und Gstoerud auf iF∼ bzw. ud∼ (siehe Bild 4.9), wobei auch hier die Wirkung von Gdyn bereits enthalten ist. GFil + Gdyn + j ω∼ Cd 1 + (GFil + Gdyn + j ω∼ Cd ) (RFil + j ω∼ LFil + ZN (ω∼ )) 1 Gstoerud (ω∼ ) = 1 + (GFil + Gdyn + j ω∼ Cd ) (RFil + j ω∼ LFil + ZN (ω∼ )) Gstoerif (ω∼ ) = (4.49) (4.50) Von besonderem Interesse ist das Verhältnis von Netzstrom mit Gegenregelung zum Netzstrom ohne Gegenregelung, das man sich aus Bild 4.9 herleiten kann: Analyse des Regelkreises 75 GR mod GST Mzus GTot iF∼ idST∼ M∼ GASM Gstoerif ustoer∼ - Mzus2 ud∼ G22s Gstoerud GZK Bild 4.9: Regelungstechnisches Ersatzschaltbild für Störungen aus dem Netz + * 1 GTot (ω∼ ) GASM (ω∼ ) GZK (ω∼ ) IF (ω∼ )|mit SR = 1− IF (ω∼ )|ohne SR 1 + Gof (ω∼ ) GFil + Gdyn + j ω∼ Cd * + GTot (ω∼ ) GASM (ω∼ ) GZK (ω∼ ) Gbed (ω∼ ) = Gge (ω∼ ) 1 − GFil + Gdyn + j ω∼ Cd (4.51) Das Verhältnis Gbed ist nicht mehr mit Gge identisch, was daran liegt, daß Störungen aus dem Netz anders auf iF∼ und ud∼ einwirken als Störungen aus dem Zwischenkreis. Für die Stabilität ist aber weiterhin Gof (4.44) maßgebend. Bild 4.10 zeigt die Frequenzgänge von Gbed ,Gstoerif und Gstoerif · Gbed . Man erkennt beispielsweise, daß für kleine Frequenzen |Gbed | nicht gleich eins ist, im Gegensatz zu Bild 4.7 links. In Bild 4.10 rechts sieht man, wie die Störübertragungsfunktion durch die aktive Regelung für die Signalfrequenz stark abgeschwächt, also hochohmig wird. Gbed 2 10 0.5 0.2 0.1 20 A/V 100 50 100 Gstoerif f / Hz Gstoerif · Gbed 10 1 0.5 10 20 50 100 f / Hz 0.10 0.05 0.01 Bild 4.10: Störungen aus dem Netz: Frequenzgang von |Gbed | (links), |Gstoerif | und |Gstoerif · Gbed | (rechts) 76 KAPITEL 4. STÖRSTROMREGELUNG BEI GLEICHSTROMBAHNEN 4.2.4 Einfluß unterschiedlicher Netzverhältnisse auf die Stellerübertragungsfunktion Sowohl Ersatzwiderstand als auch Ersatzinduktivität des Filters erhöhen sich durch die zusätzliche Netzimpedanz. Die Eigenfrequenz des Filters fällt hierdurch. Bei der Auslegung des Regelkreises muß dies berücksichtigt werden. Es kann zudem der Fall auftreten, daß ein zweites Fahrzeug mit Eingangsfilter die wirksame Netzimpedanz ZN ändert. Allgemein kann man folgendes ESB für die Netzverhältnisse angeben (Bild 4.11). RLeitN LLeitN K LLeit1 RLeit1 LFil RFil Fahrzeug 1 LEin Cd GFil PWR 1 REin LLeit2 RLeit2 LFil2 RFil2 Cd2 Fahrzeug 2 GFil2 PWR 2 Bild 4.11: ESB bei Berücksichtigung von Einspeisung und weiterem Fahrzeug Tabelle 4.1: Bedeutung der Parameter in Bild 4.11 REin , LEin RLeitN , LLeitN RLeit1 , LLeit1 RLeit2 , LLeit2 RFil , LFil , GFil , Cd RFil2 , LFil2 , GFil2 , Cd2 ohmscher + induktiver Anteil der Einspeisung ohmscher + induktiver Anteil Oberleitung von der Einspeisung bis zum Knoten K ohmscher + induktiver Anteil Oberleitung von K bis Fahrzeug 1 ohmscher + induktiver Anteil Oberleitung von K bis Fahrzeug 2 Netzfilter Fahrzeug 1 Netzfilter Fahrzeug 2 Die Parameter haben die in Tabelle 4.1 angegebene Bedeutung. Es ist deutlich, daß die Kopplung zwischen den Fahrzeugen groß wird, wenn die Unterwerkseinspeiseimpedanz Analyse des Regelkreises 77 (REin , LEin ) und/oder die Oberleitungsimpedanz RLeitN , LLeitN große Werte annehmen. Dies kann unter folgenden zwei Umständen auftreten: 1. Zwei Fahrzeuge fahren parallel und sind weit von der Einspeisung entfernt (LLeitN wird groß). 2. Ein Fahrzeug ist im Bremsbetrieb und kann den Energiebedarf des anderen Fahrzeugs komplett decken. Der Einspeisegleichrichter geht in den Lückbetrieb: REin und LEin → ∞ 4.2.4.1 Zwei parallele Fahrzeuge im gleichen Speiseabschnitt Bild 4.12 zeigt den Frequenzgang von GST (Fall 1). Die gewählten Parameter beschreiben die Verhältnisse bei zwei Straßenbahnfahrzeugen an einer Gleichspannung von 750 V. Zu Vergleichzwecken ist die Übertragungsfunktion GST ohne Berücksichtigung der Netzverhältnisse eingezeichnet. Es ergeben sich jetzt zwei Resonanzfrequenzen, wobei die höhere (41 Hz) mit der ursprünglichen zusammenfällt. In Bild 4.13 ist die Resonanzfrequenz des zweiten Fahrzeugs größer gewählt (Fall 2). Die höhere der beiden Resonanzfrequenzen liegt jetzt bei ca. 50 Hz und somit oberhalb der Netzfilterresonanz des ersten Fahrzeugs. 2 Fahrzeuge 2 Fahrzeuge 1 Fahrzeug 100 1 Fahrzeug 100 10 10 1 1 10 20 50 100 f/Hz 10 0,5 0,5 0,10 0,10 Bild 4.12: Verlauf von |GST | bei Annäherung an ein zweites Fahrzeug, Fall 1 20 50 100 f/Hz Bild 4.13: Verlauf von |GST |, Fall 2 Fall 1: Cd = Cd2 = 8.8 mF, LFil = LFil2 = 1.7 mH, RFil = RFil2 = 30 mΩ, LLeitN = 1 mH, RLeitN = 1 mΩ, fresFil∼ = 41 Hz, LEin = REin = LLeit1,2 = RLeit1,2 = 0. Fall 2 (von Fall 1.1 abweichende Parameter): Cd2 = 7.5 mF, LFil2 = 1 mH,fresFil2 = 58 Hz. Für die Störstromregelung muß ein ausreichender Abstand zwischen der Resonanzfrequenz des Systems und der zu bedämpfenden Frequenz bleiben, um Stabilität zu gewährleisten. 4.2.4.2 Bremsbetrieb Für den Fall REin , LEin → ∞ ergeben sich wiederum andere Verhältnisse. Bild 4.14 gibt den Verlauf von GST für dieselben Netzfilterdaten wie bei Unterabschnitt 4.2.4.1 wieder. 78 KAPITEL 4. STÖRSTROMREGELUNG BEI GLEICHSTROMBAHNEN 1 Fahrzeug 2 Fahrzeuge 100 10 1 10 20 50 100 f/Hz 0,5 0,10 Bild 4.14: Verlauf von |GST | im Bremsbetrieb (Einspeiseumrichter im Lückbetrieb) Auch hier verschiebt sich die resultierende Resonanzfrequenz. Für diesen Fall ist es denkbar, daß die beiden Fahrzeuge weit voneinander entfernt sind. Dann müssen die Ersatzinduktivitäten der Fahrleitungsabschnitte (RLeit1 , LLeit1 , RLeit2 , LLeit2 ) bei der Berechnung der Einzelresonanzfrequenzen mitberücksichtigt werden. Weil diese dann tiefer liegen, wird auch die resultierende Resonanzfrequenz kleiner sein. 4.2.5 Diskussion des Fahrzeug-Netz-Stabilitätskriteriums In diesem Abschnitt soll das Stabilitätskriterium für Fahrzeuge in ausgedehnten Netzen aus Unterkapitel 3.4 auf ein konkretes Beispiel angewandt werden. In Bild 4.15 sind die Eingangsadmittanz YFz eines GS-Fahrzeugs mit aktivierter Störstromregelung (rot, fresFil = 43 Hz, f1 = 60 Hz) und die Netzadmittanz YN bei geringem Abstand eines zweiten Fahrzeugs mit ZK-Filter (blau, fresFil2 = 61 Hz)2 zu sehen (wie im vorigen Unterabschnitt diskutiert). Wie zu erkennen, ist die Phasendifferenz von YFz und YN zwischen 44 Hz < f < 58 Hz größer 180◦ . Die Größenverhältnisse von |YFz | und |YN | sind bei den beiden Frequenzen fu und fo aber umgekehrt: |YFzu | > |YNu | aber |YFzo | < |YNo |. Der Regelkreis ist instabil. 4.2.5.1 Ortskurven von Fahrzeug- und Netzadmittanz Bild 4.16 zeigt die Ortskurven von YFz und YN . Man erkennt, daß der in Bild 4.15 als kri” tisch“ gekennzeichnete Frequenzbereich in dem Abschnitt liegt, wo die Phase der durch die aktive Gegenregelung beeinflußten Eingangsadmittanz des Fahrzeugs kleiner −90◦ ist. Bei den beiden Frequenzen fu und fo verläuft die Verbindungslinie zwischen den Punkten P(Re(YFz ), Im(YFz )) und P(Re(YN ), Im(YN )) durch den Ursprung des Koordinatensystems. Da die Ortskurve von YFz bei der oberen Frequenz fo nahe am Ursprung vorbeiläuft (große Eingangsimpedanz bei ω1 /2π!), ist die Bedingung |YFzo | < |YNo | bei kapazitiven Netz leicht zu erfüllen. Das bedeutet, daß Instabilität immer dann gegeben ist, wenn es einen Punkt 1 mit der Bedingung |YFzu | > |YNu | UND arg(YNu ) − arg(YFzu ) = 180◦ 2 Solche Differenzen der Filterauslegung durch unterschiedliche Hersteller sind möglich. Analyse des Regelkreises 79 kritischer Bereich A/ V 10 YFz YN 1 20 50 100 200 500 1000 f / Hz 0.1 44 Hz 58 Hz kritischer Bereich Grad 180 arg(YN ) − arg(YFz ) arg(YN ) 90 0 20 50 100 200 500 1000 f / Hz arg(YFz ) -90 44 Hz 58 Hz Bild 4.15: Betrag und Phase der Admittanzen YFz (rot) und YN (blau) 80 KAPITEL 4. STÖRSTROMREGELUNG BEI GLEICHSTROMBAHNEN 58 Hz Im A/V YNo YN 10 44 Hz YNu 61 Hz YFzo 10 58 Hz -10 20 30 Re A/V YFz YFzu 44 Hz 43 Hz Bild 4.16: Ortskurven von YFz (rot) und YN (blau) gibt. Dieses kann z.B. in der Nähe einer Resonanzstelle von YN der Fall sein, wo sich die Admittanz innerhalb eines kleinen Frequenzbereichs von induktiven nach kapazitiven Werten hin ändert. 4.2.5.2 Summenortskurve von Fahrzeug- und Netzadmittanz Zum Vergleich ist in Bild 4.17 die Ortskurve der Summenadmittanz YFz + YN gezeichnet. Charakteristisch ist, daß die Kurve den Punkt (0,0) links umläuft, es gilt für die Frequenz f = 48.4 Hz die Bedingung Im(YFz + YN ) = 0 UND Re(YFz + YN ) < 0, welches ein in der Literatur bekanntes Kriterium für Instabilität ist [56]. Analyse des Regelkreises Im A/V 81 58 Hz 10 YFz + YN 48.4 Hz 10 20 30 f -10 44 Hz Bild 4.17: Ortskurven von YFz + YN Re A/V 82 KAPITEL 4. STÖRSTROMREGELUNG BEI GLEICHSTROMBAHNEN 4.2.6 Regelung auf einen Schätzwert für den Zwischenkreisstrom Wenn die realisierte Störstromregelung weitgehend unabhängig von den Netzverhältnissen sein soll und Instabilitäten ausgeschlossen werden sollen, bietet es sich an, den Zwischenkreisstrom id∼ aus gemessenem Eingangsstrom iF und gemessener Zwischenkreisspannung ud (wenigstens näherungsweise) zu berechnen. Der so gewonnene Schätzwert idschaetz∼ ist dann Eingangsgröße für die Regelung (siehe dazu Bild 4.18): Gic beschreibt allgemein idstoer∼ Mzus iF∼ idST∼ M∼ GTot GST GASM C Gstoerif Gstoerud ustoer∼ + - - idschaetz∼ B A G22s ud∼ Gic GR Bild 4.18: Regelkreis mit idschaetz∼ als Eingangsgröße das Glied, welches durch Differentiation der Zwischenkreisspannung ud∼ den Kondensatorstrom berechnet. Bei idealem Schätzwert idschaetz∼ ist die Übertragungsfunktion von A nach B gleich Eins und von C nach B gleich Null. Das bedeutet, daß im Regelkreis die Netzfiltereigenschaften (und damit auch die Netzeigenschaften) nicht länger Einfluß haben und damit Störungen aus dem Netz nicht auf die Regelung wirken. In der Praxis gilt jedoch idschaetz∼ = id∼ . Allgemein kann die Fehlerübertragungsfunktion Gfehl (ω∼ ) = Idschaetz (ω∼ ) Id (ω∼ ) (4.52) definiert werden. Für den offenen Regelkreis gilt dann: Gof (ω∼ ) = GTot (ω∼ ) · GASM (ω∼ ) · Gfehl (ω∼ ) · GR (ω∼ ) 4.2.7 (4.53) Meßergebnisse im Labor Der beschriebene Regler wurde an einem Versuchsstand (wie [14]) mit einer vierpoligen 120-kW-Asynchronmaschine getestet, welche von einer drehzahlgeregelten Gleichstrommaschine gebremst wurde. Die ASM wird von einem 560-kVA-Stadtbahn-IGBT- Analyse des Regelkreises 83 Zweipunktumrichter mit einer Schaltfrequenz von fz = 2 kHz versorgt. Die Umrichtersteuersoftware inklusive Drehmoment- und Störstromregelung wird mit einer Zykluszeit von 250 µs gerechnet. In Bild 4.19 links ist das gemessene Spektrum des Fahrdrahtstroms iF bei deaktivierter Störstromregelung zu sehen (f s = 30 Hz, M = 0.1 · 1264 Nm). Man erkennt Spektrallinien bei den Frequenzen f s und 2 f s , welche die Folge von nichtidealen Eigenschaften des Umrichters sind. Die 50-Hz-Linie entsteht aufgrund der nichtidealen Diodenbrücke, welche als Gleichspannungsquelle dient. Die Spektrallinie bei 2π f∼ = 0.5 ωel kann mit einem Einfluß der mechanischen Drehzahl erklärt werden (p = 2). Nach Einschalten des Störstromreglers (Bild 4.19 rechts), der auf f1 = 60 Hz eingestellt war, kann die entsprechende Harmonische von 290 mA (Amplitude) unter 20 mA verringert werden, eine Abschwächung von mehr als 25 dB. Dies geschieht innerhalb weniger als eine Sekunde. iL∼ [A] iL∼ [A] 0.5 0.5 fs 50 Hz 50 Hz 2f s 0.5 f 0.5 f fs 2f s 20 60 40 f∼ [Hz] 20 f∼ [Hz] 60 40 Bild 4.19: Spektrum des Fahrdrahtstroms (a) ohne und (b) mit Störstromregelung (f = ω/2π, f s = ω s /2π) 1.5 1.5 1 1 MK∼ /Mstoer∼(max) Mstoer∼ /Mstoer∼(max) Ein Beispiel für die mögliche Dynamik liefern die Bilder 4.20 bis 4.22: Es wurde ein 0.5 0 -0.5 -1 -1.5 0.5 0 -0.5 -1 -1.5 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 2 t/ s Bild 4.20: Sinusförmige Störung im Solldrehmoment Mstoer∼ , die sprunghaft eingeschaltet wird (f1 = 60 Hz) 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 2 t/ s Bild 4.21: Im geschlossenen Regelkreis aus dem gemessenen Netzstrom berechnetes Kompensationsdrehmoment MK∼ Zusatzstördrehmoment sprunghaft aufmoduliert (Bild 4.20) und die Reaktion des ge- KAPITEL 4. STÖRSTROMREGELUNG BEI GLEICHSTROMBAHNEN schlossenen Regelkreises dokumentiert. Das Kompensationsdrehmoment (Bild 4.21) kann dem Stördrehmoment innerhalb kurzer Zeit fast vollständig folgen. Der Zeitverlauf der Störstromkomponenten idx und idy ist in Bild 4.22 zu sehen. Man beachte, daß die maxima1 0.8 idx,y /idx(max) 84 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 2 t/ s Bild 4.22: Zeitverlauf der Reglerkomponenten idx und idy (Bild 4.8), bezogen auf den Maximalwert idx(max) bei nicht aktivierter Störstromregelung le Amplitude auf ein Viertel (KP = 3) bezogen auf den stationären Wert ohne Störstromregelung reduziert wurde. Danach regelt der Integralanteil die Komponenten langsam zu Null. Kapitel 5 Störstromregelung bei Triebfahrzeugen für Wechselstrombahnen Um unerwünschte Spektralanteile im Fahrleitungsstrom von Wechselstromfahrzeugen zu unterdrücken, wird seit der Lokomotive BR120 eine aktive Gegenregelung, ähnlich wie bei Gleichstromfahrzeugen mit Pulswechselrichter, verwendet. Als Stellglied dient der Vierquadrantsteller, eine Erweiterung auf den Pulswechselrichter ist aber auch denkbar. Eingangsgröße der Regelung ist der gemessene Oberstrom oder alternativ die Summe der gemessenen Sekundärströme des Transformators. 5.1 Vergleich verschiedener Regelverfahren für den Vierquadrantsteller Die primären Regelziele beim 4q-S sind das Einstellen einer gewünschten Netzstromgrundschwingung und einer geforderten Zwischenkreisspannung. Hierbei ist der Regelkreis des Netzstroms dem der Zwischenkreisspannung unterlagert, was aufgrund der wesentlich größeren Zeitkonstante des Zwischenkreises gerechtfertigt ist, die Nennentladezeit des Kondensators liegt in der Größenordnung der Netzperiodendauer. 5.1.1 Vierquadrantsteller mit Stromregelung im Zeitbereich Bild 5.1 zeigt das Regelungsprinzip für den 4q-S, wie es auf der Lokomotive BR120 realisiert ist: Die Abweichung zwischen Soll- und Istzwischenkreisspannung ist Eingangsgröße für den Zwischenkreisspannungsregler, der die Sollamplitude des Fahrleitungsstroms bestimmt. Aus der gemessenen Fahrdrahtspannung wird eine Referenzsinusschwingung generiert, die die Amplitude eins hat und synchron mit der Netzspannung schwingt (gekennzeichnet durch sin). Der Sollwert für den Fahrdrahtstrom wird direkt im Zeitbereich durch Multiplikation der Sollamplitude mit der Referenzfunktion berechnet. Wird zusätzlich ein Grundschwingungsblindstrom gefordert, wird dessen Sollamplitude mit einem gegenüber der Netzspannung um 90 Grad phasenverschobenen Referenzsignal (gekennzeichnet durch cos) multipliziert und zum Netzstromsollwert addiert. Zum Netzstromsollwert wird noch der Ausgang des 100-Hz-Reglers iKsoll addiert, der den 100-Hz-Störstrom kompensieren soll. Als Netzstromregler wird für jeden 4q-S ein eigener PI-Regler verwendet, um eine gleichmäßige Aufteilung des Grundschwingungsstroms auf die parallel geschalteten 4q-S zu erreichen. Ausgangsgrößen der Regler sind Sollwerte für die mittleren Stellerspannungen. Für jeden 4q-S werden die Schaltfunktionen der Wechselrichterzweigpaare durch PWM gebildet, wobei wie in Unterabschnitt 2.2.2.1 gezeigt, die Spannungssollwerte für die beiden Wechselrichterzweigpaare invertiert gewählt sind, um die Pulszahl in der Ausgangs- 86 KAPITEL 5. WECHSELSTROMBAHNEN Bild 5.1: Berechnung der Schaltfunktion in der 4q-S-Regelung bei der Lokomotive BR120 mit Stromregelung im Zeitbereich [78] spannung zu erhöhen. Die Dreiecksreferenzfunktionen der beiden 4q-S sind um 90 Grad bezogen auf die Schaltspieldauer gegeneinander verschoben (siehe Abschnitt 2.4.1). Ein einfacher PI-Regler kann bei einem nicht-konstanten Sollwert die Regelabweichung stationär nicht zu null regeln. Um die Regler zu entlasten, wird der Sollspannung im Sinne einer Vorwärtsregelung ein Vorsteuerwert hinzugefügt, der sich direkt aus den Sollwerten von Wirk- und Grundschwingungsblindstrom1 nach dem stationär gültigen Zeigerdiagramm der Spannungen beim 4q-S bestimmt. Die Amplituden der einzelnen Spannungen im Zeigerdiagramm werden hierbei mit der sin-Referenzfunktion für Spannungsanteile in Phase mit der Netzspannung und der cos-Referenzfunktion für Spannungsanteile orthogonal zur Netzspannung multipliziert. Die Totzeit des Stromregelkreises kann durch eine Phasenverschiebung der Referenzfunktion berücksichtigt werden. 1 Die Vorgabe eines Grundschwingungsblindstroms ist nur bei der Lokomotive EL17NSB[43] realisiert worden. Vergleich verschiedener Regelverfahren für den Vierquadrantsteller 5.1.2 87 Vierquadrantsteller mit Stromregelung im Frequenzbereich Ein anderer Ansatz bei der Regelung des 4q-S ist die Orientierung an den Grundschwingungen von Netzstrom und Netzspannung. Dieses erfordert die Bestimmung der Grundschwingung aus den gemessenen Größen, was oft durch eine diskrete Fouriertransformation gelöst wird, die die Komponenten der Grundschwingungszeiger in Bezug auf einen Referenzzeiger bestimmt. Da die Komponenten stationär Gleichgrößen sind, kann man die DFT auch als Grundschwingungsfilter mit anschließender Frequenztransformation verstehen. Eine Leistungsberechnung (LB in Bild 5.2) gibt Wirk- (iw ) und Blindstrom (ib ) in Abhängigkeit vom Ausgangssignal des ZK-Reglers und vorgegebenen NetzstromwinkelSollwert ϕi vor. Die zugehörigen Stromregler sind als I-Regler realisiert und regeln die Netzstromgrundschwingungskomponenten langsam auf ihren Sollwert ein. Die Regeldynamik ist hierbei nur begrenzt. Ausgang des Stromreglers sind Sollspannungkomponenten. Der komplexe Spannungssollwert wird mit e j ωN t multipliziert und der Realteil davon in eine Aussteuerung umgerechnet, die an den Modulator übergeben wird. Dieser erzeugt mittels PWM die Schaltfunktionen der Wechselrichterzweigpaare des 4q-S. Die Störstromregelung addiert auf den Sollwert der Stellerspannung den Zusatzwert uST∼ . iF DFT udsoll ud - ud + iw - Regler LB ϕi ib Regler + + + uF Regler + + e j ωN t s a + / + Mod + uST∼ DFT Vorst Bild 5.2: Regelprinzip bei grundschwingungsorientierter Regelung des Netzstroms mit zusätzlicher Spannungsvorsteuerung Um die Regeldynamik bei Sollwertänderungen zu erhöhen, wird auch bei dieser Regelung der Sollspannung ein Vorsteuerwert hinzugefügt. Dessen Berechnung erfolgt aber im Gegensatz zum Regelverfahren im Zeitbereich direkt im rotierenden Koordinatensystem, die Zeiger der Spannungsanteile werden geometrisch addiert. Die oben beschriebene Berechnung der Aussteuerung aus der Stellersollspannung kann prinzipiell durch Division durch die Zwischenkreisspannung ud geschehen. Wird hierfür ein gut geglätteter Wert benutzt, ist das Spektrum der Schaltfunktion s durch die geforderte Grundschwingung und die schaltbedingten Oberschwingungen gegeben. Wie in 88 KAPITEL 5. WECHSELSTROMBAHNEN Abschnitt 2.2.2 beschrieben, werden dann zwangsweise ungeradzahlige Harmonische im Netzstrom iF und geradzahlige Harmonische in der Zwischenkreisspannung ud auftreten. Berücksichtigt man zusätzlich zumindest auch die zweite Oberschwingung in ud bei der Division, kann die dritte Harmonische im Netzstrom stark reduziert werden. Man kann zeigen, daß die Division durch eine oberschwingungsbehaftete Zwischenkreisspannung zu einer dritten Harmonischen in der Sollaussteuerung führt, die zusammen mit dem Gleichanteil in ud die durch die Faltung von Aussteuerungsgrundschwingung und doppelter Harmonischer in ud erzeugte dritte Harmonische in der Stellerspannung eliminiert. Die Harmonischen in ud werden hierdurch aber noch verstärkt. Problematisch ist bei der Verwendung des Augenblickswerts von ud die direkte Einkopplung einer potentiell störbehafteten Meßgröße auf den Aussteuerungssollwert. Zudem muß der Wechselanteil von ud in der Phase vorgedreht werden, wenn der Einfluß der regelungstechnischen Totzeit kompensiert und damit eine genaue Vorsteuerung erreicht werden soll. Desweiteren ist zu beachten, daß selbst eine ideale Vorsteuerung das System destabilisieren kann, weil die Aufschaltung des Wechselanteils von ud bei der Invertierung auch dynamisch wirksam ist, so wie es z.B. auch bei der Regelung auf konstante Leistung bei Pulswechselrichtern der Fall ist (siehe Abschnitt 4.2.1). Eine Lösungsmöglichkeit besteht darin, die zweite Harmonische in der Zwischenkreisspannung durch eine DFT zu ermitteln und phasenkorrigiert auf den Gleichanteil zu addieren. Hierdurch wird die dritte Harmonische in der Stellerspannung stationär stark abgeschwächt, für die Dynamik ist die Oberschwingungsaufschaltung aber ohne Einfluß, weil die DFT nur sehr langsam arbeitet. Die in der Praxis realisierten Regelungsverfahren für den 4q-S sind oft eine Mischung aus den beiden vorgestellten Grundprinzipien. So kann z.B. bei der grundschwingungsorientierten Regelung ein zusätzlicher Netzstrom-Augenblickswertregler parallel geschaltet werden, der als P-Regler Abweichungen des Netzstroms vom sinusförmigen Stromsollwert direkt entgegenwirkt und so den Netzstromkreis bei vorhandenen Störungen stabilisiert. 5.2 Untersuchung der Stromregelstrecke im Hinblick auf Störstromverhalten Die Stromregelstrecke ist in erster Näherung ein Tiefpaß erster Ordnung, gebildet durch Widerstand und Streuinduktivität des Transformators (siehe Abschnitt 3.2.2). In der Regelung wird man versuchen, den Einfluß der Regelstrecke dadurch zu kompensieren, daß man das komplexe Regelsignal mit Rσ + j ω1 Lσ multipliziert (Vordrehung und Amplitudenanpassung für den Wert der Störfrequenz). 5.2.1 Einfluß des Netzstromreglers auf den Störstromregelkreis Da der Netzstromregler eine proportionale Rückführung des gemessenen Netzstroms auf die Stellerspannung vornimmt, ist er ebenfalls bei der Frequenz ω1 wirksam. Diese Wirkung kann, wie in Abschnitt 3.2.4 gezeigt, durch Einführung der modifizierten Übertramod gungsfunktion GST berücksichtigt werden. Untersuchung der Stromregelstrecke 89 1,2 analytisch 1 aus Simulation 0,8 0,6 0,4 0,2 f /fN 0 0 5 10 15 20 ϕ 60° aus Simulation 30° 0 0 5 10 analytisch 15 20 f /fN – 30° – 60° – 90° Bild 5.3: Betrag und Phase des vorgesteuerten offenen Regelkreises der Störstromregelung, simuliert und berechnet; fN = 16.7 Hz, 560-kW-Antrieb Zur Untersuchung wurden in der Störstromregelung Zusatzsollwerte unterschiedlicher Frequenz ω = n · ωN auf die Stellerspannung aufmoduliert und die auftretende Netzstromkomponente analysiert (Simulation eines 560-kW-Antriebs, siehe auch Anhang A.1). Der Regelkreis war hierbei nicht geschlossen. Es wurde mit Rσ +j ω1 Lσ vorgesteuert und die resultierende Verstärkung des offenen Regelkreises ausgewertet; ein idealer Regelkreis hätte dabei die Verstärkung eins. Bild 5.3 stellt das Bode-Diagramm nach Betrag und Phase dar. Der Einfluß der Totzeit und des P-Reglers der 4q-S-Netzstromregelung wurde analytisch mitberücksichtigt und die Ergebnisse denen der Simulation gegenübergestellt. Der P-Regler bewirkt eine Phasenanhebung und Amplitudenabschwächung für kleine Frequenzen. 90 KAPITEL 5. WECHSELSTROMBAHNEN Man erkennt, daß der Verlauf recht gut vorhersagbar ist. Für höhere Ordnungen nimmt erwartungsgemäß die Verstärkung des Regelkreises ab, weil die Spannung nicht mehr schnell genug eingestellt werden kann. Der etwas schlangenlinienförmige“ Verlauf der Kurve resultiert daher, daß die Rückwir” kung der Zwischenkreisspannung über den ZK-Spannungsregler nicht vollständig unterdrückt werden kann (siehe nächster Abschnitt). 5.2.2 Rückwirkung des ZK-Spannungsreglers auf den Störstromregelkreis Die Rückführung der Zwischenkreisspannung auf die Amplitude der netzspannungsproportionalen Netzstromsollwertkomponente bewirkt, daß eine Frequenzkomponente nx in ud zu den zwei Frequenzkomponenten nx ±1 im Netzstrom (Amplitudenmodulation) führt [75, 76]. Die Faltung dieser Netzstromkomponenten mit der Grundschwingung der Schaltfunktion s ergibt u.a. wieder eine Frequenzkomponente nx in der Zwischenkreisspannung, es entsteht also ein geschlossener Wirkungskreis. Fügt man dem Sollwert der Netzstromamplitude einen kleinen Wechselanteil îFzus∼ hinzu wird sich durch die Rückwirkung über den ZK-Regler der resultierende Netzstromsollwert îFsoll∼ ändern. Bild 5.4 zeigt das Ergebnis einer Meßreihe (Regelverfahren nach Abschnitt 5.1.2, Daten des Versuchstands siehe Anhang A.1): Aufgezeichnet wurde der Betrag der Übertragungsfunktion IFsoll (ω∼ )/IFzus (ω∼ ) für verschiedene Arbeitspunkte des 4q-S. dB |IFsoll | |IFzus | 2 motorisch, Nennlast 1 0 0 45 40 50 55 f∼ /Hz 1 Leerlauf generatorisch, Nennlast 2 3 Bild 5.4: Gemessener Frequenzgang |IFsoll (f∼ )/IFzus (f∼ )| in Abhängigkeit vom Arbeitspunkt; fN = 16.7 Hz, Pmax ≈ 240 kW Im generatorischen Betrieb (4q-S im Wechselrichterbetrieb) hat der oben beschriebene Wirkungskreis bei Frequenzen um 39 Hz eine große Verstärkung, Schwingungen im Zwischenkreis und Saugkreis werden bedämpft. Im motorischen Betrieb (4q-S im Gleichrich- Untersuchung des geschlossenen Störstromregelkreises terbetrieb) hingegen ist die Phasenlage des Frequenzgangs des offenen Regelkreises so ungünstig, daß eine Mitkopplung auftritt und Störungen noch verstärkt werden. Diese Wirkung des ZK-Spannungs-Reglers hat zur Folge, daß auch ohne externe Störung die normalerweise im Netzstrom und in der ZK-Spannung vorhandenen Oberschwingungen verstärkt werden, wenn auf eine Glättung der Regelgröße verzichtet wird (siehe Tabellen 5.1 und 5.2). Tabelle 5.1: Ungeradzahlige Harmonische im Netzstrom mit und ohne Istwert-Glättung (120 ms) im ZK-Spannungsregler; ohne Störanregung (Simulation), fN = 16.7 Hz Ordnung 3 5 7 ohne Glättung [A] 19.89 10.83 1.13 mit Glättung [A] < 0.5 < 0.5 < 0.5 Tabelle 5.2: Geradzahlige Harmonische in der ZK-Spannung mit und ohne Istwert-Glättung (120 ms) im ZK-Spannungsregler; ohne Störanregung Ordnung 2 4 6 ohne Glättung [V] 9.35 5.22 1.77 mit Glättung [V] 8.86 < 0.5 < 0.5 5.3 Untersuchung des geschlossenen Störstromregelkreises Im Folgenden soll das Verhalten der 4q-S Störstromregelung getrennt für Störungen auf der Wechselstromseite und der Zwischenkreisseite untersucht werden. 5.3.1 Störspannungen auf der Wechselstromseite Zur Untersuchung von Störungen, die ihre Ursache in Oberschwingungen oder Zwischenharmonischen der Netzspannung haben, wurden drei Simulationen durchgeführt und die Spektren des stationären Betriebs verglichen. Dazu wurde die Netzspannung als eingeprägt angenommen: 1. Simulation ohne Störanregung und ohne Störstromregelung 2. Simulation mit Störanregung und ohne Störstromregelung 3. Simulation mit Störanregung und mit Störstromregelung Ohne Störung waren die Spektrallinien der Ordnung 3, 5, . . . usw. im Netzstrom kleiner 0.5 A (alle Angaben sind Amplitudenwerte!), die doppelt-netzfrequente Komponente in der ZK-Spannung bedingt durch RSK war ungefähr 10 V. 91 92 KAPITEL 5. WECHSELSTROMBAHNEN Bei einer Störung mit der Frequenz nx in der Netzspannung sollten die wichtigsten zusätzlichen Spektrallinien durch Frequenzwandlung des 4q-S und Reflexion am Zwischenkreis mit nichtverschwindender Impedanz im Netzstrom theoretisch von der Ordnung nx ± 2k 2, in der ZK-Spannung von der Ordnung nx ± (2k + 1) usw. sein [71, 78]. Tabelle 5.3 zeigt die in Simulationen ermittelten Amplituden der Spektrallinien im Netzstrom für den Fall einer Netzstörspannung von der Ordnung 5.6 und einer Amplitude von 500 V = 44% der Grundschwingung (bezogen auf die Sekundärseite des Transformators). Die Störstromregelung war zur Demonstration genau auf die Frequenz f1 = 5.6 · 16.7 Hz eingestellt. Tabelle 5.3: Spektrallinien im Netzstrom ohne und mit Störstromregelung (SR), Netzstörspannung 500 V (44%); Simulation Ordnung 1.6 3.6 5.6 7.6 10.2 nx − 4 nx − 2 nx = n1 nx + 2 2nx − 1 ohne SR [A] 1.08 4.28 185.6 3.05 1.03 mit SR [A] < 0.5 < 0.5 < 0.5 < 0.5 < 0.5 Die stärkste zusätzliche Spektrallinie hat die Ordnung nx . Die Amplituden der Seitenlinien werden schnell sehr klein. Weil die Ordnung nx auch in der 4q-S-Aussteuerung auftaucht, erzeugt sie mit der Linie nx − 1 in der ZK-Spannung die Linie 2nx − 1 im Netzstrom. Die weiteren von zusätzlichen Spektrallinien in der Aussteuerung erzeugten Linien sind unbedeutend. Durch Zuschalten der Störstromregelung werden alle Spektrallinien im Bereich der Störstromregelung im Netzstrom unter 0.5 A reduziert. Die dritte Oberschwingung im Netzstrom wurde aufgrund des Frequenzgangs der Störstromregelung (s. Bild 3.41) auf 1.67 A verstärkt. Für die Spektrallinien in der ZK-Spannung ergaben sich die in Tabelle 5.4 angegebenen Amplituden. Tabelle 5.4: Spektrallinien in der ZK-Spannung; 500 V (44%); Simulation Ordnung 0.6 2.6 4.6 nx − 5 nx − 3 nx − 1 ohne SR [V] 0.98 3.4 41.7 mit SR [V] < 0.5 < 0.5 3.45 Netzstörspannung 6.6 nx + 1 25.7 1.97 11.2 2nx 2.36 < 0.5 Die stärksten Spektrallinien haben die Ordnung nx ±1, weitere Seitenlinien werden schnell kleiner. Die Spektrallinie der Ordnung 2nx ergibt sich wiederum aus dem Vorhandensein einer Komponente nx in der Aussteuerung. 2 Der Begriff Ordnung soll hier auf Zwischenharmonische mit einem nichtganzzahlige Vielfachen der Grundfrequenz erweitert werden. Untersuchung des geschlossenen Störstromregelkreises 5.3.1.1 Aufgehobene Zwischenkreisspannungsglättung Bei Verzicht auf die Istwert-Glättung des Zwischenkreisspannungsreglers sind auch die durch eine Störspannung im Netz verursachten Seitenlinien wesentlich ausgeprägter (siehe Tabelle 5.5 und 5.6). Tabelle 5.5: Spektrallinien im Netzstrom ohne und mit Störstromregelung (SR) bei Verzicht auf die Istwert-Glättung, Netzstörspannung 500 V (44%); Simulation Ordnung 1.6 3.6 5.6 7.6 10.2 nx − 4 nx − 2 nx nx + 2 2nx + 1 ohne SR [A] 23.73 33.67 184.86 23.98 4.43 mit SR [A] 1.28 1.335 < 0.5 1.38 < 0.5 Tabelle 5.6: Spektrallinien in der ZK-Spannung ohne Istwert-Glättung, Netzstörspannung 500 V (44%); Simulation Ordnung 0.6 2.6 4.6 6.6 11.2 nx − 5 nx − 3 nx − 1 nx + 1 2nx ohne SR [V] 12.8 23.78 48.1 33.38 3.89 mit SR [V] < 0.5 < 0.5 3.45 2.22 < 0.5 Insgesamt ergibt sich, daß bei Störungen aus dem Netz die Störstromregelung der Ursache gut entgegenregeln kann; auch die durch die Störung und die Modulation hervorgerufenen Seitenbänder werden ausreichend reduziert! Ein Verzicht auf die ud -Istwertfilterung wirkt sich negativ aus. Ein Beispiel einer Meßreihe ist in den Bildern 5.5 bis 5.8 zu sehen. Bei diesen Messungen war fN = 50 Hz und Pmax = 200 kW. Es wurde mittels der Stellerspannung eine Störung (nx = 4) generiert, die im Netzstrom direkt (Bild 5.5) und in der Zwischenkreisspannung frequenzverschoben (nx ±1 = 3 und 5, s. Bild 5.6) erscheint. Nach Aktivierung der Störstromregelung, die auf nx = 4 eingestellt war, ist die Störung im Netzstrom stark reduziert (Bild 5.7), aber auch in der Zwischenkreispannung tritt sie nur noch reduziert auf (Bild 5.8). 93 94 KAPITEL 5. WECHSELSTROMBAHNEN |IF | [dB ] 40 nx = 4 20 0 20 40 60 0 5 10 15 20 25 30 35 n 40 Bild 5.5: Spektrum des Netzstroms mit Störung in der Stellerspannung (nx = 4), 13fach-Taktung, offener Störstromregelkreis, 0 dB = 1 A 100 |Ud | [dB ] 50 nx = 4 0 50 0 5 10 15 20 25 30 35 n 40 Bild 5.6: Spektrum der Zwischenkreisspannung mit Störung in der Stellerspannung (nx = 4), 13-fach-Taktung, offener Störstromregelkreis, 0 dB = 1 V Untersuchung des geschlossenen Störstromregelkreises 95 40 IF [dB ] 20 0 20 40 nx = 4 =4 60 0 5 10 15 20 25 30 35 n 40 Bild 5.7: Spektrum des Netzstroms mit Störung in der Stellerspannung (nx = 4), 13fach-Taktung, geschlossener Störstromregelkreis, 0 dB = 1 A 100 Ud [dB ] 50 nx = 4 0 50 0 5 10 15 20 25 30 35 n 40 Bild 5.8: Spektrum der Zwischenkreisspannung mit Störung in der Stellerspannung (nx = 4), 13-fach-Taktung, geschlossener Regelkreis, 0 dB = 1 V 96 KAPITEL 5. WECHSELSTROMBAHNEN 5.3.1.2 Frequenzgang der Impedanz des Fahrleitungsnetzes Da die Impedanz des Fahrleitungsnetzes Teil der Störstromregelstrecke ist, soll an dieser Stelle kurz auf den prinzipiellen Frequenzgang von ZN eingegangen werden. Bild 5.9: Streckenmodell für die Berechnung der Netzimpedanz für unterschiedliche Fahrzeugpositionen In Bild 5.9 ist das Modell für eine Berechnung der Netzimpedanz ZN für den Fall einer zweigleisigen Strecke zu sehen [78] (drei Streckenabschnitte mit vier Unterwerken, siehe Anhang A.3), wobei unterschiedliche Fahrzeugpositionen im mittleren Streckenabschnitt betrachtet werden. Bild 5.10: Frequenzgang der Netzimpedanz (Beispiel) für unterschiedliche Fahrzeugpositionen nach [78] Untersuchung des geschlossenen Störstromregelkreises 97 Die berechneten Resonanzstellen in der Netzimpedanz (siehe Bild 5.10) variieren stark mit der Fahrzeugposition, die niedrigste Resonanzstelle liegt aber nicht unter 1.3 kHz, ist also für die Regelung der Störströme im betrachteten Frequenzbereich unter 120 Hz unerheblich. Bei Berücksichtigung des Hochspannungsnetzes und der Transformatoren können die Resonanzstellen auch bei deutlich niedrigeren Frequenzen liegen (vgl. Unterkapitel 1.2). 5.3.1.3 Ortskurve der Fahrzeugeingangsadmittanz Bild 5.11 zeigt einen Ausschnitt der Ortskurve der Eingangsadmittanz YFz eines Wechselstromfahrzeugs in der Umgebung der Frequenz f1 = 4·16.7 Hz (Simulation, Störstromregelung eingestellt auf f1 ). Deutlich zu erkennen ist, wie die Ortskurve bei f1 im Uhrzeigersinn nahe am Ursprung vorbeiläuft und kurz vorher in einem schmalen Frequenzbereich die linke Halbebene durchdringt (vergl. Bild 4.16 für die Eingangsadmittanz eines GleichstromIm A/V 1 66,8 67,8 1 -1 65,8 Re A/V 69,8 64,8 75,8 63,8 -1 56,8 68,8 Bild 5.11: Ausschnitt der Ortskurve der Fahrzeugeingangsadmittanz aus der Simulation, Störstromregelung auf f1 = 4 · 16.7 Hz eingestellt; Frequenzangaben in Hz fahrzeugs). Der Verlauf der Ortskurve für kleinere und größere Frequenzen wird nicht von der Störstromregelung beeinflußt, sondern hängt von den Einzelheiten der 4q-S-Regelung ab, weil diese Netzspannung uF und Netzstrom iF als Eingangsgrößen verwendet. Zur Untersuchung der Stabilität bei gegebener Netzkonfiguration (siehe Unterabschnitt 5.3.1.2) muß die Ortskurve der Netzadmittanz herangezogen werden (vergl. Abschnitt 4.2.5 zur Diskussion der Stabilität bei Gleichstrombahnen). Bei Wechselstrombahnen dürfen Signalfrequenzen nur so gewählt werden, daß sie durch die niedrigste Resonanzfrequenz 98 KAPITEL 5. WECHSELSTROMBAHNEN im Fahrleitungsnetz niemals direkt beeinflußt werden. Eine Wechselwirkung mit der Störstromregelung ist dann unwahrscheinlich. 5.3.1.4 Regelung auf einen Schätzwert der Stellerspannung Weil der Wert der Fahrleitungsspannung uF der Regelung im allgemeinen ohnehin zur Verfügung steht, kann man, wie in Unterkapitel 3.3 beschrieben, den Schätzwert u4qsschaetz∼ für die Störstellerspannung berechnen und diesen als Eingangsgröße der Regelung verwenden. Die Ergebnisse aus Abschnitt 4.2.6 für Gleichstrombahnen lassen sich auf Wechselstrombahnen übertragen: Bei idealer Berechnung von u4qsschaetz∼ haben die Netzverhältnisse keinen Einfluß mehr auf die Regelstrecke, Störungen aus dem Netz werden nicht bedämpft. In Kapitel 6 wird die Wirksamkeit dieses Regelungsverfahrens anhand einer Messung demonstriert. 5.3.2 Störungen auf der Zwischenkreisseite Für Störungen der Frequenz fstoer = nx · 16.7 Hz, die ihren Ursprung im Eingangsstrom des PWR haben, folgen aufgrund der Frequenztransformation des 4q-S Spektrallinien der Ordnungen nx ± 2k in der ZK-Spannung und der Ordnung nx ± (2k + 1) im Netzstrom. Es wurde in der Simulation mittels der Drehmomentregelung des PWR ein Störstrom der Ordnung nx = 4.6 in den Zwischenkreis eingespeist (M∼ = 6.25% MdN , îd∼ ≈ 14 A), die Störstromregelung bedämpft weiterhin Spektrallinien der Ordnung 5.6 im Netzstrom. a) Mit Istwertglättung des Ud-Reglers Die Tabellen 5.7 und 5.8 zeigen die Spektrallinien in Netzstrom und ZK-Spannung bei einer Störung im Eingangsstrom des PWR, ohne und mit Störstromregelung. Tabelle 5.7: Spektrallinien im Netzstrom bei Störungen aus dem Zwischenkreis, nx = 4.6, mit Ud-Istwertglättung; Simulation Ordnung 3.6 5.6 nx − 1 nx + 1 ohne SR [A] 0.59 1.08 mit SR [A] < 0.5 < 0.5 Tabelle 5.8: Spektrallinien in der ZK-Spannung bei Störungen aus dem Zwischenkreis, nx = 4.6 Ordnung 4.6 nx ohne SR [V] 5.81 mit SR [V] 5.81 Erwartungsgemäß kann der eigentlichen Ursache der Störung im Zwischenkreis nicht entgegengewirkt werden! Untersuchung des geschlossenen Störstromregelkreises 99 b) Ohne Istwertglättung des Ud-Reglers Die Ergebnisse bei aufgehobener Istwert-GMW-Glättung zeigen Tabelle 5.9 und 5.10. Auch hier zeigt sich deutlich, daß alle Spektrallinien angehoben werden. Zudem wird erkennbar, daß zwar wie gewünscht die Spektrallinie der Ordnung 5.6 im Netzstrom abgeschwächt wird, die Seitenlinien aber nicht gleichermaßen reduziert werden. Tabelle 5.9: Spektrallinien im Netzstrom, ohne Istwertglättung; Simulation Ordnung 0.4 1.6 3.6 5.6 7.6 nx − 5 nx − 3 nx − 1 nx + 1 nx + 3 ohne SR [A] 1.23 3.1 6.61 6.45 0.74 mit SR [A] 1.08 2.76 5.02 < 0.5 < 0.5 Tabelle 5.10:Spektrallinien in der ZK-Spannung, Störung im PWR-Strom Ordnung 0.6 2.6 nx − 4 nx − 2 ohne SR [V] 2.17 3.4 mit SR [V] 1.97 3.05 ohne Istwertglättung, 4.6 nx 6.65 6.01 6.6 nx + 2 1.13 < 0.5 Bilder 5.12 und 5.13 zeigen gemessene Spektren (fN = 50 Hz und Pmax = 200 kW) von Netzstrom und Zwischenkreisspannung bei einer im Zwischenkreis angeregten netzfrequenten Störung (nx = 1). Im Netzstrom ist die Harmonische mit doppelter Netzfrequenz gut zu sehen, Störungen in der Zwischenkreisspannung sind stark gedämpft. Nach Aktivieren der Störstromregelung, die auf die Frequenz f1 = 2 · 16.7 Hz eingestellt war, ergeben sich die Spektren in den Bildern 5.14 und 5.15. 100 KAPITEL 5. WECHSELSTROMBAHNEN 40 IF [dB ]20 nx + 1 = 2 0 20 40 60 0 5 10 15 20 25 30 35 n 40 Bild 5.12: Spektrum des Netzstromes mit Störung im PWR-Strom, 13-fach-Taktung, offener Regelkreis, 0 dB = 1 A 100 Ud [dB ] 50 nx = 1 0 50 0 5 10 15 20 25 30 35 n 40 Bild 5.13: Spektrum der Zwischenkreisspannung mit Störung im PWR-Strom, 13-fachTaktung, offener Regelkreis, 0 dB = 1 V Untersuchung des geschlossenen Störstromregelkreises 101 40 IF [dB ] 20 nx + 1 = 2 0 20 40 60 0 5 10 15 20 25 30 35 n 40 Bild 5.14: Spektrum des Netzstromes mit Störung im PWR-Strom, 13-fach-Taktung, geschlossener Regelkreis, 0 dB = 1 A 100 Ud [dB ] 50 nx = 1 0 50 0 5 10 15 20 25 30 35 n 40 Bild 5.15: Spektrum der Zwischenkreisspannung mit Störung im PWR-Strom, 13-fachTaktung, geschlossener Regelkreis, 0 dB = 1 V 102 KAPITEL 5. WECHSELSTROMBAHNEN Kapitel 6 Aufbau eines Versuchsstands Vierquadrantsteller und ” Pulswechselrichter“ In diesem Kapitel wird der Aufbau eines Versuchsstands beschrieben, der ein Wechselstromtriebfahrzeug im Labor nachbilden soll. Hauptziel dabei ist, das Gesamtsystem Fahrleitungsnetz, 4q-S und PWR untersuchen zu können. Besonders die folgenden Punkte sollen eingehender analysiert werden: Kompatibilität Netz - Fahrzeug. Es wurde in dieser Arbeit bereits an verschiedenen Stellen dargelegt (Abschnitte 1.2, 3.4, 4.2.5 und 5.3.1.2), wie es zu Instabilitäten des Systems Fahrleitungsnetz und Fahrzeug“ kommen kann. Eine Einbeziehung ” der Komponente Netz“ in den Versuchsstand durch Nachbildung einer bestimm” ten Netzkonfiguration erlaubt es, die Wechselwirkung des geregelten Umrichters mit dem Netz zu untersuchen und zu optimieren. Durch gezielte Vorgabe der vom Einspeiseumrichter erzeugten Netzspannung läßt sich ein gewünschtes Netzverhalten erzielen. Zusätzliche Testsignale seitens der Einspeisung erlauben die Messung der Eingangsimpedanz des Fahrzeugumrichters. Gesamtregelung 4q-S und PWR. 4q-S und PWR sind über die Zwischenkreiskapazität direkt miteinander verkoppelt. Die insgesamt fünf Stromrichterzweigpaare können durch fünf Einzelschaltfunktionen beschrieben werden, die von einer Regelung erzeugt werden, die die Regelung der verschiedenen Größen vereint: Drehmoment, Maschinenfluß, Zwischenkreisspannung und Netzstrom (einschließlich Störstrom). Zur Erreichung dieser Ziele sind die folgenden Aufgaben zu erledigen: 1. Aufbau einer 16.7-Hz-Einspeisung, die eine gut geglättete, im wesentlichen sinusförmige Netzspannung zu Verfügung stellt. Verschiedene Netzverhältnisse sollen unter Variation gezielt eingebrachter Resonanzstellen nachgebildet werden. 2. Erweiterung eines bestehenden 50-kW-PWR um einen 4q-S, der direkt mit dem bestehenden Zwischenkreiskondensator verbunden wird. Zusätzlich wird – wie bei allen 16.7-Hz-Triebfahrzeugen – ein Saugkreis zur Kompensation des Wechselanteils doppelter Netzfrequenz in der Augenblicksleistung benötigt. (Bei 50-Hz-Bahnen wird überwiegend auf den Saugkreis verzichtet.) 3. Aufbau eines PC-Regelungssystems, das die Regelung der verschiedenen Umrichtergrößen in Echtzeit ermöglicht. Dazu wird ein Meßsystem zum Einlesen geeigneter 104 KAPITEL 6. AUFBAU EINES VERSUCHSSTANDES 4Q-S UND PWR Meßgrößen und eine Ausgabekarte zur Erzeugung der Augenblickswerte der Ansteuersignale der Transistoren benötigt. 6.1 Leistungsteil Einspeiseumrichter 16.7 Hz Netz 4qs + PWR Trafo WR + 3 + 3 1 3 ASM u 3 3 v M 3 - w - Bild 6.1: Übersicht des Antriebversuchsstands Bild 6.1 gibt eine Übersicht des geplanten Versuchstandes. Am Einspeiseumrichter wird zwischen u und w eine Wechselspannung abgegriffen, deren Grundschwingung durch ein LC-Filter heraugefiltert wird. Die Resonanzstelle des Filters ist gleichzeitig ein Teil der Netznachbildung. Der Bahntransformator wird durch einen 200-kVA/50-Hz-Transformator nachgebildet, der eine Potentialtrennung vornimmt und die Wechselspannungsamplitude geringfügig anhebt. Direkt am Zwischenkreis des PWR ist der 4q-S angebracht. Der doppeltnetzfrequente Wechselanteil in der Augenblicksleistung, der im einphasigen Teil der Anlage zwangläufig auftritt, wird durch Saugkreise auf beiden Seiten aufgenommen. Der PWR regelt Drehmoment und Ständerfluß der Asynchronmaschine, welche durch eine (nicht eingezeichnete) drehzahlgeregelte Gleichstrommaschine belastet (oder angetrieben) wird. 6.1.1 16.7-Hz-Einspeisung Bild 6.2 zeigt die 16.7-Hz-Einspeisung des Versuchstandes, für die ein Industrieantriebswechselrichter mit 110 kVA Nennleistung und 2 kHz Schaltfrequenz verwendet wird. Weil der Typenpunkt des angeschlossenen Motors bei dem verwendeten Umrichter minimal auf 25 Hz eingestellt werden kann und der Umrichter eine U/f-Kennliniensteuerung aufweist, ist die Grundschwingungsamplitude der zwischen den zwei Leitern u und w abgegriffenen Spannung bei 16.7 Hz nur ûEin(f) = 300 V. Bei einem maximalen Umrichterstrom von 175 A (300 A/1200 V-IGBT-Module) ergibt sich daraus eine maximale Leistung von 37 kW. Zu einem späteren Zeitpunkt soll ein eigener Einspeiseumrichter mit einer Leistung Leistungsteil 105 400 V L1 = ud2 L2 v ~ ~ ~ - L3 LEin iEin u + 50 Hz 16, 7 Hz iF uEin CEin uF w LSK2 Rbr2 CSK2 Bild 6.2: Detaillierte Darstellung der 16.7 Hz-Einspeisung des Versuchstandes von 50 kW inklusive Regelung aufgebaut werden, der die besagten Einschränkungen nicht mehr aufweist. Der 33.4-Hz-Saugkreis hat die Daten LSK2 = 4.6 mH, CSK2 = 4.94 mF. Das Glättungsfilter der Einspeisung weist mit LEin = 3.42 mH, CEin = 305.1 F eine Eckfrequenz von ca. 155.8 Hz auf und filtert die Grundschwingung von uEin heraus, welche die Fahrdrahtspannung uF simuliert. Das Glättungsfilter dient gleichzeitig als Netznachbildung und ist so aufgebaut, daß durch Umschaltung verschiedene Netzkonfigurationen gebildet werden können. uF /300 V, iEin /15 A 1 0.5 uF iEin 0 -0.5 -1 -20 0 20 40 60 t/ ms Bild 6.3: Geglättete Ausgangsspanung uF und Einspeisestrom iEin im Leerlauf Bild 6.3 zeigt den Zeitverlauf der geglätteten Ausgangsspannung des Umrichters uF und des Einspeisestroms iEin für Leerlauf. LEin und CEin sind so gewählt, daß die Fahrdrahtspannung gut geglättet und der Wechselanteil des Einspeisestroms nicht zu groß ist. Andererseits soll LEin begrenzt sein, um die Netzinduktivität, die die 4q-S-Regelung sieht, klein zu halten. 106 KAPITEL 6. AUFBAU EINES VERSUCHSSTANDES 4Q-S UND PWR 6.1.2 Vierquadrantsteller Der Vierquadrantsteller wurde durch Anbringen von zwei weiteren IGBT-Wechselrichterzweigpaaren (FF401 R17 KF6C von Eupec, 400 A, 1700 V) auf dem Kühlkörper des Motorwechselrichters realisiert, wobei die Ventile direkt, d.h. möglichst niederinduktiv, mit dem Zwischenkreiskondensator Cd des PWR verschient wurden. U + iF A Rbr LSK1 ud u4qs B PWR V CSK1 W Bild 6.4: Aufbau des 4q-S Die Parameter des Saugkreises SK1 sind identisch mit denen des Saugkreises SK2 der Einspeisung gewählt. Ein drittes Wechselrichterzweigpaar, das auf einen ohmschen Widerstand Rbr arbeitet, begrenzt bei dynamischen Vorgängen, bei denen die 4q-S-Regelung zu langsam ist, die Zwischenkreisspannung. Bei der Inbetriebsetzung des 4q-S wurde das Ein- und Ausschaltverhalten der Transistoren einzeln für verschiedene Lastströme gemessen. Bild 6.5 zeigt beispielhaft die Zeitverläufe der Gate-Emitterspannung uGE am Ausgang des Gate-Treibers, der Kollektor-Emitterspannung uCE des schaltenden Ventils (hier das mit der Plus-Schiene verbundene) und des Laststroms iL beim Abschalten eines Laststroms von 280 A. Ungefähr 1 s nachdem die Ausgangsspannung des Gate-Treibers uGE auf −15 V gesunken ist, beginnt die Kollektor-Emitter-Spannung uCE zu steigen, wobei sie um 70 % über die Zwischenkreisspannung hinausschießt, bevor sie auf den Wert der ZK-Spannung fällt. In dem Moment, in dem das Emitterpotential des Transistors sinkt, kann der Gate-Treiber die Spannung uGE nicht konstant auf −15 V halten. Da bekannt ist, daß die Ausschaltzeit Taus 1 eines IGBT für kleine Ströme stark zunimmt [17], wurde die Ausschaltzeit in Abhängigkeit vom Laststrom iL gemessen (Bild 6.6). Man sieht, daß für iL < 10 A die Kennlinie steil ansteigt, die Werte können somit nur mit relativ großer Ungenauigkeit angegeben werden. Die Einschaltzeit ist dagegen relativ konstant und beträgt ca. 1 s. 1 Taus ist definiert für den Zeitpunkt, wo die Kollektorspannung des IGBT die halbe Zwischenkreisspannung erreicht [17, 23]. Leistungsteil 107 uGE /15 V, uCE /500 V, iL /280 A 2 uGE uCE iL 1.5 1 0.5 0 -0.5 -1 -1.5 -2 -1 0 1 2 3 4 t/s Bild 6.5: Ausschalten eines Laststromes von 280 A, Überschwingen in der Spannung 70%, Gatewiderstand 4.7 Ω 3 2.5 Taus / s 2 1.5 1 0.5 0 0 10 20 30 40 50 60 70 iL / A Bild 6.6: Ausschaltzeit FF401 in Abhängigkeit vom Laststrom, Raumtemperatur Beim bestehenden PWR beträgt im motorischen Betrieb die maximale ZK-Leistung pd = 53 kW, was bei ud = 540 V einem ZK-Strom von id = 98 A entspricht. Für eine gewünschte Spannung UF = 300 V und einem Lastwinkel ϕ = 0◦ zwischen UF und IF bei Nennzwischenkreisspannung beträgt IF = 178 A. Die Aussteuerungsamplitude ist 82% und der Winkel zwischen den Grundschwingungszeigern von Umrichterausgangsspannung und Netzspannung ist 17◦ . Es wurde hierbei eine Streuinduktivität Lσ = 5 mH, entsprechend uk = 33 % gewählt. Für eine maximal gewünschte Schaltfrequenz fz = 120 · 16.7 Hz = 2 kHz berechnen sich die Gesamtverluste eines Transistors zu PT = 124 W und die einer Diode zu PD = 113 W [39]. Im Bremsbetrieb (pd = −47.5 kW) gilt: id = −88 A, IF = 151 A, PT = 178 W und PD = 29 W. Für den jetzigen Zustand mit reduzierter Einspeiseleistung liegen die Werte 108 KAPITEL 6. AUFBAU EINES VERSUCHSSTANDES 4Q-S UND PWR entsprechend niedriger. 6.1.3 Transformator Das Problem bei der Auslegung eines Transformators für 16.7 Hz ist die dreimal so große Flußamplitude im Vergleich zu 50 Hz bei gleicher Spannung. Im Labor stand ein 200kVA-50-Hz-Drehstromtransformator mit drei Wicklungssystemen (Dyyn) zur Verfügung. Bei Nennfrequenz betragen die maximalen Wicklungseffektivwertspannungen 400 V für die Dreieckswicklung und 230 V für die Sternwicklungen. Um den Transformator als Einphasentransformator mit ein Drittel der Nennfrequenz betreiben zu können, wurden die primäre Dreieckswicklung aufgetrennt und die äußeren Schenkel in Ringschaltung betrieben; der innere Schenkel bleibt hierbei flußfrei. Die zulässigen Wicklungsspannungen reduzieren sich bei konstantem Fluß auf ein Drittel, deshalb wurden sekundärseitig die zwei Systeme in Reihe geschaltet (siehe Bild 6.7). X1 X2 X3 B 11 A 12 13 133 V 133 V C Y11 Y12 Y21 Y22 Y31 Y32 76.7 V 76.7 V H11 H21 H31 D H12 H22 H32 H13 H23 H33 H14 H24 H34 76.7 V 76.7 V O Bild 6.7: Verschaltung des Transformators in Ringschaltung In dieser Konfiguration ist eine maximale Primärspannung von 2 · 133 V = 266 V zulässig, die Sekundärspannung ist dann 4 · 76.7 V = 306.8 V, was einem Übersetzungsverhältnis von 1.15 entspricht. Die Flußverkettungsamplitude der Primärwicklungen beträgt dann Leistungsteil 109 3.6 Vs. Bei dem verwendeten Einspeiseumrichter sind die Werte aufgrund der reduzierten Ausgangsspannung kleiner (siehe Seite 104). 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 iF ΨF /Vs uF /100 V, iEin/20 A In Bild 6.8 sind die Zeitverläufe von iF und uF kurz nach Freigabe der Taktung des Einspeiseumrichters zu sehen. Deutlich ist zu erkennen, daß hohe Stromspitzen auftreten, uF 0 0.5 1 1.5 5 4 3 2 1 0 -1 -2 -5 2 0 5 10 15 20 iEin / A t/ s Bild 6.8: Netzspannung und -strom beim Auf- Bild 6.9: Magnetisierungskurve zu Bild 6.8, magnetisieren des Transformators ΨF = f (iEin ) die den Meßbereich von ±20 A weit übersteigen. Nach ca. 1.6 s wurde die Taktung des Einspeiseumrichters abgeschaltet, es kommt zu einer Resonanzschwingung zwischen der Glättungskapazität CEin und der Hauptinduktivität. Die zugehörige Magnetisierungskurve ist in Bild 6.9 zu sehen: die Spannungszeitflächen beim Antakten des Einspeiseumrichters sind augenscheinlich so groß, daß die Flußverkettung ihren Sättigungsgrenzwert erreicht. 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 -1 uF iF 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 t/ s ΨF /Vs uF /100 V, iEin/20 A Abhilfe wurde durch einen zusätzlichen in Reihe geschalteten Widerstand geschaffen, der zeitgesteuert nach Erreichen der Nennspannung überbrückt wird. Unzulässige Spannungs4 3 2 1 0 -1 -2 -3 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 iEin / A Bild 6.10: uF und iF beim Aufmagnetisieren des Bild 6.11: Stationäre Magnetisierungskurve Trafos mit zusätzlichem Widerstand zeitflächen treten nach dem Zuschalten des Einspeiseumrichters nicht mehr auf, iF ist begrenzt (siehe Bild 6.10). Die stationäre Magnetisierungskurve zeigt Bild 6.11, Gleichanteile in Strom und Fluß sind auf parasitäre Gleichanteile in der Umrichterspannung zurückzuführen, die noch nicht ausgeregelt werden. 10 110 KAPITEL 6. AUFBAU EINES VERSUCHSSTANDES 4Q-S UND PWR Die stationären Zeitverläufe der Größen der Einspeisung im Leerlauf (4q-S taktet nicht) von uF , iEin und iF sind in Bild 6.12 zu sehen. Der Vergleich mit Bild 6.3 zeigt, daß uF uF /300 V, iEin /15 A 1 iEin iF 0.5 0 -0.5 -1 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 t/ ms Bild 6.12: Geglättete Ausgangsspanung uF , Fahrdrahtstrom iF und Einspeisestrom iEin im Leerlauf der kapazitive Leerlaufstrom des LC-Filters durch den Magnetisierungsstrom des Trafos teilweise kompensiert wird (Amplitude von iEin ist kleiner), was auch bedeutet, daß die Resonanzfrequenz des durch Glättungskapazität und Hauptinduktivität gebildeten Parallelschwingkreises kleiner als die Netzfrequenz ist (ca. 12 Hz, siehe Bild 6.8). PC-Regelung 6.2 6.2.1 111 PC-Regelung Aufbau der PC-Hardware Die Versuchsstandsregelung wurde auf einem am Lehrstuhl EELE entwickelten PCSystem realisiert [16, 33]. Die Regelung läuft hierbei auf einem Standard-PC (Zielrechner), die Leitebene“ wird durch einen zweiten PC (Steuerrechner) nachgebildet. Ein Mini” ” betriebssystem“ (Kernel) auf dem Zielrechner [16], im weiteren auch Rahmenprogramm genannt, sorgt für den zeitgenauen Aufruf der Regelungsroutinen und der Dateneingabe und -ausgabe und nimmt zusätzlich die Kommunikation mit dem Steuerrechner vor, die auch während des Echtzeitbetriebs möglich ist. Die Steuerbefehle werden vom Steuerrechner über die serielle Schnittstelle zum Zielrechner übertragen, Datenmitschnitte und Prozessdaten werden über die parallele Schnittstelle vom Ziel- zum Steuerrechner gesendet. Bild 6.13: Hardwarestruktur der Versuchsstandsregelung Die Kommunikation des Zielrechners mit der Peripherie (A/D-Umsetzerkarte, U /f -Meßsystem, PWM-Karte) erfolgt über zwei Schnittstellenkarten, die über den PCI-Bus des Rechners angesprochen werden (siehe Bild 6.13): Eine Multifunktionskarte ME2600 der Firma Meilhaus ist für Ein- und Ausgabe der Analogwerte zuständig und übermittelt zusätzlich die von der Regelungssoftware berechneten Schaltworte und -zeiten an eine PWM-Karte, die die Ansteuersignale der IGBT über Lichtwellenleiter mit einer Zeitgenauigkeit von 100 ns ausgibt. Außerdem wird der von der PWM-Karte erzeugte Synchronisationsimpuls in einem Statusregister auf der Multifunktionskarte gespeichert, welches die PC-Software einlesen kann. Eine zweite digitale E/A-Karte (PCI-Prototypenkarte der Firma Kolter) setzt die Signale vom PCI-Bus auf einen proprietären parallelen Benutzerbus um, an dem weitere E/A- 112 KAPITEL 6. AUFBAU EINES VERSUCHSSTANDES 4Q-S UND PWR Karten angeschlossen sind: Die Drehzahlerfassungskarte wertet die Impulse des Inkrementalgebers für die Maschinendrehzahl aus und kann zusätzlich neun externe Statussignale der Software zur Verfügung stellen. Bei der Ausgabe der 16 Statussignale wird gleichzeitig die Rechenzeit hardwaremäßig überwacht, es wird also sichergestellt, daß das Ende eines Rechenzyklus (siehe Bild 6.14) vor dem nächsten Synchronisationsimpuls liegt und die Zeitreserve Tresv zwischen dem Ende des Rechenzyklus und dem nächsten Synchronisationsimpuls ausreichend groß ist. Die Zählerkarten des U/f-Meßsystems zählen die Impulse der spannungs-frequenz-gewandelten Meßgrößen, die Zählerstände werden synchronisiert zwischengespeichert und der Regelung zur Auswertung übergeben. 6.2.2 Zeitablauf des Rahmenprogramms des Echtzeit PCs Das Rahmenprogramm des Zielrechners synchronisiert sich (siehe Bild 6.14) auf das Synchronisationssignal der PWM-Karte auf, indem sie das Statusregister der Multifunktionskarte wiederholend ausliest ( polling“). Wenn der Synchronisationsimpuls noch nicht ” anliegt, wird versucht, Daten über die parallele Schnittstelle zum Steuerrechner zu senden, bevor das Statusregister erneut abgefragt wird. Liegt der Synchronisationsimpuls an, quittiert ihn das Rahmenprogramm und die A/D-Umsetzung kann eingeleitet werden. Die zeitgenaue Abtastung der Meßwerte mit dem Synchronisationsimpuls ist schon durch die Hardware für alle Kanäle geschehen, so daß die sequentielle Umsetzung der Kanäle zu keinen Ungenauigkeiten führt. Weil diese ca. 3 s pro Kanal in Anspruch nimmt, werden vor dem Einlesen der Analogwerte andere Aufgaben erledigt: Ausgabe der vier Analogwerte, Empfangen und Verarbeiten der Befehle vom Steuerrechner, Aufruf der Betriebssystemfunktionen zum Beispiel für die Bildschirmausgabe, Auswerten der Frequenzzähler des U/f-Meßsystems. Die verbleibende Zeit wird zum Senden von Daten zum Steuerrechner genutzt. Nachdem die Analogwerte eingelesen worden sind, kann der Aufruf der Reglerroutinen erfolgen. Die von der Regelung berechneten Schaltworte und -zeiten werden anschließend an die PWM-Karte weitergegeben. Am Ende des Zyklus wird ein Statuswort an die Karte zur Rechenzeitüberwachung ausgeschrieben, welche ein Überschreiten der Rechenzeit überwacht. Diese Vorgehensweise ist notwendig, weil beim Verfahren mit polling“ das Rahmenprogramm beim Auslesen des Statusregisters nicht ” feststellen kann, wie lange das Statussignal schon anliegt. 6.2.3 Meßwerterfassung und Schutz Eine Übersicht über die Meßwerterfassung und die Anbindung an die Wechselrichter gibt Bild 6.15: Die Drehzahl wird durch einen 750-Strich-Inkrementalgeber erfaßt, dessen Impulse an einen Frequenzeingang des PC weitergeleitet werden. Fahrdrahtspannung und Zwischenkreisspannung werden durch Differenzverstärker auf den Faktor 1/100 geteilt und der analogen Meßwerterfassung zugeführt, die einen Meßbereich von ±10 V aufweist. Der 4q-S-Eingangsstrom iF und die zwei Motorstrangströme isa und isb werden durch Kompensationsstromwandler der Firma LEM im Verhältnis 1:300 transformiert und von auf einer Meßkarte angeordneten Präzisionswiderständen in Spannungssignale umgesetzt, wel- PC-Regelung 113 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 Tresv Ende Sync Sync Nummer Bedeutung 1 Warten auf den Synchronisationsimpuls, Zeit kann zum Senden von Daten zum Steuerrechner genutzt werden 2 Mit dem Sync-Impuls werden die Analogwerte abgetastet, die Software quittiert 3 Beginn der AD-Wandlung 4 Ausgabe der Analogwerte 5 Empfangen von Daten vom Steuerrechner 6 Betriebssystemfunktionen 7 Auswerten der Frequenzzähler, warten auf Ende A/D-Wandlung, Zeit kann zum Senden von Daten zum Steuerrechner genutzt werden 8 Quittierung der Software 9 Einlesen der Analogwerte 10 Aufruf der Reglerroutinen 11 Übergabe der Schaltzeiten und Schaltworte zur PWM-Karte 12 Ende des Softwarezyklus Bild 6.14: Zeitlicher Ablauf in einem Rechenzyklus che ebenfalls von der analogen Meßwerterfassung verarbeitet werden. Die Einganggrößen der analogen Meßwerterfassung werden zusätzlich spannungs-frequenz-umgesetzt und den Frequenzeingängen zugeführt. Die PWM-Karte erzeugt die Ansteuersignale für die Treiber der IGB-Transistoren von 4q-S und PWR, das Ansteuersignal für den zweipunktspannungsregelnden Chopper wird durch eine separate Elektronik erzeugt. Über die Statusausgänge können die Freigaben für 4q-S und PWR gesetzt werden, welche aber noch zusätzlich mit dem Fehlersignal verknüpft werden. Beim 4q-S wird die Quittierung des Freigabesignals ausgewertet und bei Unterschieden zwischen Freigabe und Quittierung ein Fehlersignal erzeugt; der PWR ist direkt mit der Fehlerkarte verbunden. Zusätzlich kann auch die Software eine Fehlermeldung erzeugen; bei Überschreiten der verfügbaren Rechenzeit wird hardwaremäßig abgeschaltet. 114 KAPITEL 6. AUFBAU EINES VERSUCHSSTANDES 4Q-S UND PWR Bild 6.15: Meßwerterfassung, Gatesignalgenerierung und Fehlersignalverarbeitung des Versuchsstandes. Tr1, Tr2: Treiber 4q-S. TrCh: Treiber Chopper. Master Drive: Ansteuerungsschnittstelle für den PWR. Fr1, Fr2: Freigabeplatinen. Fehler: Fehlersignalverarbeitung. g1-g6: Gatesignale für Wechselrichterzweigpaar 1-6, jeweils oben und unten. Die Treiber verfügen über eine UCE-Überwachung. U/f-Meßsystem 6.3 115 U/f-Meßsystem Der Grundgedanke einer integrierenden Meßwerterfassung liegt darin, den Mittelwert einer Größe x (t) über das ν-te Abtastintervall der Länge Tab zu gewinnen. 1 x̄ [ν] = Tab 1 ν Tab x (t) dt (6.1) (ν−1) Tab Dieses ist identisch mit der Abtastung des tiefpaßgefilterten Signals xTP 1 xTP (t) = Tab 1 t x (τ ) dτ, (6.2) t−Tab wenn t = ν Tab gesetzt wird. Die oben beschriebene Transformation beschreibt ein Tiefpaßfilter (gleitender Mittelwert), welches aus einem Signal x (t) ein Signal xTP (t) bildet. Die Übertragungsfunktion dieses Tiefpaßfilters besitzt bei allen Vielfachen der Abtastfrequenz eine Nullstelle, wodurch pulsfrequente Störanteile eliminiert werden, wenn die Abtastfrequenz der Regelung gleich der Pulsfrequenz ist. Dies gilt aber nicht für eventuelle Seitenbänder, die weiterhin reduziert sichtbar sind. 6.3.1 Meßwerterfassung durch Spannungs/Frequenz-Umsetzung Die integrierende Meßwerterfassung wurde durch Spannungs/Frequenz-Umsetzung (U/fUmsetzung) realisiert. Hierbei wird das Eingangssignal nach Maßgabe einer gegebenen, meist linearen Kennlinie in eine Frequenz umgesetzt. Die verwendeten U/f-Umsetzer vom Typ AD652 weisen die folgenden Kennzeichen auf. Die maximale Ausgangsfrequenz beträgt 2 MHz. Arbeitsweise nach dem Ladungs-Wäge-Verfahren (Charge-Balancing): das Eingangssignal lädt einen Kondensator auf, der durch Ausgangsimpulse konstanter Länge entladen wird. Ein geschlossener Regelkreis hält die Kondensatorspannung innerhalb eines definierten Toleranzbandes, so daß auch bei Wechselstörimpulsen am Kondensator die mittlere Frequenz der Ausgangsimpulse richtig ist. Die Ausgangsimpulse liegen auf einem vorgegebenen zeitlichen Raster von 250 ns, nur im zeitlichen Mittel über ein langes Meßintervall stimmt deren zeitlicher Abstand. Die Kennlinie, die Eingangssignal und Frequenz aufeinander abbildet, ist mit großer Genauigkeit eine Gerade (Linearitätsfehler kleiner 0.02%). Der genaue Wert der Kennliniensteigung weicht bis zu 0.75% vom Nennwert ab (Typenstreuung) und ist temperaturabhängig (maximal ±50 ppm/◦ C), wobei auch die nichtidealen Eigenschaften der externen Beschaltung eine Rolle spielen. Eine Kalibrierung wird vorteilhaft in der Auswertesoftware vorgenommen. 116 KAPITEL 6. AUFBAU EINES VERSUCHSSTANDES 4Q-S UND PWR Die Spannungs/Frequenz-Umsetzung geschieht zur Zeit in unmittelbarer Nähe der analogen Meßwerterfassung (siehe Bild 6.15), weil hier alle analogen Meßgrößen als Spannungssignale in einem Bereich ±10 V vorliegen. Die Frequenzimpulse werden über Lichtwellenleiter zu den Zählerkarten übertragen. Hierdurch ist es alternativ möglich, die U/fUmsetzung direkt am Umrichter bei den Meßwandlern vorzunehmen und die Meßleitung als Lichtwellenleiter zu realisieren. Dies würde die Möglichkeit von Einstreuungen auf den Meßleitungen reduzieren und die Positionierung der Meßwandler auf beliebigen Potential zulassen. 6.3.2 Messung der Frequenz in einem Abtastsystem Die U/f-Umsetzer liefern Impulse, deren zeitlicher Abstand wie oben beschrieben 250 ns beträgt. Zur Bestimmung ihrer Frequenz wird von der Regelung die Auswerteelektronik der U/f-Umsetzer in einem festen Intervall Tab zyklisch angestoßen. Die Auswerteelektronik kann zwei Aufgaben erledigen: Zählen der Impulse, die in ein Zeitintervall Tab fallen. Zusätzliche Zeitmessung, um das genaue Zeitfenster TUf , in das die gezählten Impulse fallen, zu ermitteln. 6.3.2.1 Zählen der Impulse Die Auswerteelektronik besteht im einfachsten Fall aus einem Zähler c mit νc Bit, der die Impulse des U/f-Umsetzers kontinuierlich zählt und bei Erreichen seines Maximalwertes 2νc − 1 überläuft. Die Regelung fragt den Zählerstand c zyklisch zu den Zeitpunkten ν Tab ab. Die Anzahl der Impulse im ν-ten Regelungsintervall berechnet sich zu: ∆cν = cν − cν−1 (6.3) Im Fall cν < cν−1 hat ein Zählerüberlauf stattgefunden und man berechnet die Anzahl der Impulse wie folgt: ∆cν = cν − cν−1 + 2νc (6.4) Ein mehrmaliger Überlauf kann jedoch nicht eindeutig erkannt und muß somit vermieden werden. Hieraus ergibt sich als Auslegungskriterium für den Zähler c: 2νc > fUfmax · Tabmax (6.5) In der Software kann ein Schätzwert für das Eingangssignal x̄ berechnet werden: xUf [ν] = ∆cν KUf Tab (6.6) Hierbei ist KUf der Kehrwert der Kennliniensteigung des U/f-Umsetzers. Es ist offensichtlich, daß xUf bedingt durch ∆cν nur diskrete Werte annehmen kann. Der Meßfehler kommt U/f-Meßsystem 117 dadurch zustande, daß bei der Berechnung von xUf die Zykluszeit Tab als Zeitdauer des Zeitfensters TUf angenommen wurde, obwohl die beiden Zeiten nicht identisch sind. Der maximale Wert von ∆cν bestimmt sich zu fUf(max) · Tab und beträgt für das realisierte U/f-Meßsystem bei einer Nennabtastzeit von Tab = 125 s: ∆cνmax = 2 MHz · 125 s = 250 (6.7) Die Quantisierung der Meßwerte entspricht also bei Nennabtastfrequenz ungefähr der eines 8-Bit-A/D-Umsetzers. Für eine bessere Auflösung müßte fUf(max) des U/f-Umsetzers erhöht werden. Zur Erhöhung der Genauigkeit und Verringerung des Rauschens kann das Meßintervall verlängert werden. Man wird allgemein ein Vielfaches der Zykluszeit Tab als neue Meßzeit wählen: Tmess = k Tab (6.8) Der Schätzwert für xUf berechnet sich nun zu: xUf2 [ν] = ∆cges ∆cν + ∆cν−1 + . . . + ∆cν−k +1 KUf = KUf Tmess k Tab (6.9) Stellt man das Signal xUf2[ν] in Abhängigkeit von xUf [ν] dar, ergibt sich: xUf2 [ν] = xUf [ν] + xUf [ν − 1] + . . . + xUf [ν − k + 1] k (6.10) Die obige Formel definiert ein zeitdiskretes gleitendes Mittelwertfilter der Ordnung k , welches xUf auf xUf2 abbildet. Der Effekt der Verlängerung der Meßzeit kann also auch im Frequenzbereich durch den Frequenzgang eines gleitenden Mittelwertfilters analysiert werden. Da für zunehmende Meßzeit Tmess diese und die wirkliche Fensterbreite immer besser übereinstimmen, gilt xUf2 → x̄ , wenn k → ∞. Dieses bedeutet auch, daß der Mittelwert von xUf bereits identisch mit x̄ ist. Folglich ist das Rauschen mittelwertfrei. ∆cges ist weiterhin diskret, der relative Quantisierungsfehler von xUf2 reduziert sich aber um den Faktor 1/k , weil der Maximalwert von ∆cges um den Faktor k größer wird. Zudem entsteht durch die Wirkung der gleitenden Mittelwertbildung eine zusätzliche Totzeit von TTot = k /2 · Tab . 6.3.2.2 Zeitmessung Eine weitere Möglichkeit zur Erhöhung der Meßgenauigkeit besteht in einer zusätzlichen Zeitmessung, die die genaue Dauer TUf des Zeitfensters erfaßt, in das die gezählten Impulse fallen. Diese Zeit kann sowohl größer als auch kleiner als Tab sein und variiert in aufeinanderfolgenden Meßperioden. Der Schätzwert für x̄ berechnet sich nun zu: xUf t = ∆c Tab KUf = xUf TUf ∆TUf (6.11) 118 KAPITEL 6. AUFBAU EINES VERSUCHSSTANDES 4Q-S UND PWR Man erkennt, wie der Meßwert, der sich durch Zählen der Impulse ergibt, durch den Faktor Tab /∆TUf korrigiert wird. Die Bilder 6.16 und 6.17 zeigen das Ergebnis einer Messung, bei der ein Rechtecksignal konstanter Frequenz ausgewertet wurde. Das Spektrum von xUf , welches durch Zählen der Impulse entsteht, zeigt deutliche diskrete Spektrallinien, die durch den Unterschied von Tab und TUf entstehen. Wird TUf durch eine zusätzliche Zeitmessung mit einer Genauigkeit von 50 ns erfaßt, verschwinden diese diskreten Zeitlinien fast vollständig. 0.002 |XUf t |/xUf(max) |XUf |/xUf(max) 0.002 0.0015 0.001 0.0005 0 0.0015 0.001 0.0005 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 0 1 2 3 f / kHz 5 6 7 8 f / kHz Bild 6.16: Spektrum von xUf bei konstanter Eingangsfrequenz, Tab = 8 kHz Bild 6.17: Spektrum von xUf t bei konstanter Eingangsfrequenz und zusätzlicher Zeitmessung 0.002 |XUf t |/xUf(max) 0.002 |XUf |/xUf(max) 4 0.0015 0.001 0.0005 0 0.0015 0.001 0.0005 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 f / kHz Bild 6.18: Spektrum von xUf bei konstanter Eingangsfrequenz 0 1 2 3 4 5 6 7 8 f / kHz Bild 6.19: Spektrum von xUf t bei konstanter Eingangsfrequenz und zusätzlicher Zeitmessung In den Bildern 6.18 und 6.19 ist das Ergebnis einer ähnlichen Messung zu sehen, bei der die Frequenzimpulse mit dem beschriebenen U/f-Umsetzer bei konstanter Eingangsspannung erzeugt wurden. Es entstehen zusätzliche Spektrallinien, die auch durch die zusätzliche Zeitmessung nicht eliminiert werden. Dieses ist darauf zurückzuführen, daß beim AD652 die Frequenzimpulse auf einem festen Zeitraster liegen und somit auch bei konstantem Eingangssignal nicht äquidistant liegen. U/f-Meßsystem 119 Theoretisch könnte auch mit einem U/f-Umsetzer mit kleinerer maximaler Umsetzerfrequenz fUfmax gute Meßergebnisse erzielt werden, wenn mindestens ein Impuls in jedes Abtastintervall fällt und die Zeitmessung hinreichend genau ist. Allerdings können dadurch pulsfrequente Signalanteile auch näherungsweise nicht mehr unterdrückt werden, weil TUf zu stark variiert. Als weiteres Beispiel zeigt Bild 6.20 einen Ausschnitt aus einem Datenmitschnitt der 4q-S-Regelung im Leerlauf (Zwischenkreisspannung abgesenkt auf 100 V). Die Meßwert- ud /100 V, uF /100 V, iF /5 A 1.2 ud 1 0.8 0.6 uF 0.4 iF 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 0 20 40 60 80 100 t/ ms Bild 6.20: Datenmitschnitt beim Takten des 4q-S im Leerlauf 1 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 0.25 0.2 |IF |/ A |IF |/ A erfassungen der Zwischenkreisspannung ud und der Fahrdrahtspannung uF weisen einen identischen Meßbereich von ±1000 V auf. Die Quantisierung der gemessenen Fahrdrahtspannungswerte ist aber deutlich geringer, weil hier bei der Auswertung der Frequenzimpulse zusätzlich eine Zeitmessung vorgenommen wurde. Beim Fahrdrahtstrom iF sind die √ Quantisierungsstufen deutlich zu erkennen (îFN = 2 · 178 A). Das Spektrum von iF zeigt die erwarteten Pulspakete bei den Ordnungen 52 und 104 (26-fach-Taktung, siehe Bild 6.21 und 6.22). Man erkennt außerdem, wie der Rauschpegel für zunehmende Frequenzen 0.15 0.1 0.05 0 0 50 100 150 n Bild 6.21: Spektrum von iF 200 0 2 4 6 8 10 12 14 16 n Bild 6.22: Spektrum von iF (Ausschnitt) ansteigt. Der niederfrequente Anteil des Spektrums zeigt Spektrallinien ausgeprägter Am- 120 KAPITEL 6. AUFBAU EINES VERSUCHSSTANDES 4Q-S UND PWR plitude mit ungerader Ordnung (1., 3., 5., 7., 9.) und reduzierter Amplitude mit gerader Ordnung (2., 4.). Das Rauschen im niederfrequenten Spektralanteil ist deutlich geringer, als es Bild 6.20 vermuten ließe. 6.4 Meßtechnische Untersuchung der Störstromregelung des Vierquadrantstellers Am Versuchsstand sollte die Wirksamkeit der Störstromregelung des 4q-S untersucht werden. Hierzu wurde in einem ersten Schritt eine Störspannung (nx = 5.5) testweise mit der 4q-Stellerspannung erzeugt. Eine Auswertung des Netzstroms ergab eine wirksame Netzimpedanz ZN = 7.277 Ω 16.7◦ = 6.984 Ω + j 2π · 5.5 · 16.7 Hz · 3.53 mH für die betreffende Frequenz. Der Wert für den induktiven Anteil stimmt gut mit dem Wert der Einspeiseinduktivität überein (siehe Abschnitt 6.1.1). Eine mögliche Ursache für den sehr hohen ohmschen Anteil ist in der Einspeisung des Versuchsstandes zu sehen, die durch einen Wechselrichter nachgebildet ist, dessen Spannungsregelung also mit größerer Verstärkung zu versehen ist. Eine Störstromregelung, die alleine den Netzstrom als Eingangsgröße benutzt, ist für den Fall resonanzbehafteter unübersichtlicher“ Netzverhältnisse schwierig zu realisieren. Um ” trotzdem die Störstromregelung testen zu können, wurden aus gemessenem Netzstrom und gemessener Netzspannung die Komponenten der Spannung u4qsschaetz∼ bestimmt und dem Regler als Eingangsgröße zugeführt, wie in Unterkapitel 3.3 beschrieben. Bild 6.23 zeigt den Zeitverlauf der Störspannungskomponenten ustoerschaetzx und ustoerschaetzy bei reellwertig vorgegebener Störung. Man erkennt deutlich, wie die Störung sowohl in Amplitude als auch in Phase richtig detektiert wird. Nach Zuschalten des Störstromreglers werden die Komponenten zu Null geregelt. 1.2 ustoerschaetzx ustoerschaetzy 1 u/û4qsstoer 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.2 0 100 200 300 400 500 600 t/ ms Bild 6.23: Zeitverlauf der Störspannungskomponenten ustoerschaetzx und ustoerschaetzy , Einschalten der Störstromregelung bei t = 200 ms, Störung 0.4 V (reell) Zusammenfassung und Ausblick Thema dieser Arbeit sind Störströme in Bahnstromnetzen und ihre Bedämpfung durch den Einsatz der vorhandenen Triebfahrzeug-Umrichterregelungen. Der in dieser Arbeit verwendete regelungstechnische Ansatz ist weitgehend unabhängig von den konkreten Parametern des Netzes, die man nur selten kennt und die sich – aus Sicht des Triebfahrzeugs – ständig ändern. Alle Regelungsparameter können leicht berechnet werden und müssen nicht durch Probieren“ im Betrieb ermittelt werden. Weil ” die Nachführung von arbeitspunktabhängigen Größen in der Praxis oft mit Schwierigkeiten verbunden ist, wurden die Regler in frequenztransformierten Koordinatensystemen realisiert, die eine besonders einfache Anpassung der Phasendrehung ermöglichen, eine Neuberechnung von Filterkoeffizienten für digitale Filter wäre mit viel höherem Aufwand verbunden. Es wurde gezeigt, daß die Berechnung von Störströmen in Computersimulationen heute effizient mit großer Genauigkeit durchgeführt werden kann. Es ist wichtig, schon in einem frühen Entwicklungsstadium das Störstromverhalten verschiedener Regelungsverfahren der eingesetzten Umrichter beurteilen zu können, um rechtzeitig Lösungsalternativen für verschiedene Netzverhältnisse herauszuarbeiten. Auch die Einbeziehung nichtidealer Effekte ist möglich, wenn bekannte, in der Praxis bereits aufgetretene Probleme analysiert werden und in das Modell miteingearbeitet werden. Die Berücksichtigung des Netzes in der Simulation ist ebenfalls möglich und sollte, wenn konkrete Netzdaten vorliegen, auch vorgenommen werden. Hierbei ist abzuwägen, bis zu welcher Detailtiefe welche Netzteile mit vertretbarem Aufwand in das Modell miteinzubeziehen sind. Wenn eine gemeinsame Simulation von Netz und Fahrzeug nicht möglich oder unpraktikabel ist, kann zumindest die Stabilitätsfrage für die Beurteilung der Kompatibilität von Netz und Fahrzeug durch die Frequenzgänge der Admittanzen beantwortet werden. Dies hat sich in der Praxis trotz der dabei vorgenommenen Linearisierung der stark nichtlinearen Verhältnisse als brauchbares Verfahren herausgestellt. Für die Zukunft ist bei Wechselstromfahrzeugen eine Gesamtbetrachtung von Vierquadrantsteller und Pulswechselrichter erstrebenswert, weil die oft – zumindest implizit – vorausgesetzte Entkopplung der beiden Umrichter durch den Zwischenkreiskondensator nur näherungsweise gilt und für die Störstrombetrachtungen eine zu starke Vereinfachung darstellt. Durch einen neu aufgebauten Versuchsstand ist hier die Grundlage für zukünftige Optimierungen geschaffen worden. Anhang A Daten der Versuchsstände und Simulationen A.1 Anlagenparameter in Kapitel 5 Grundlage bildet eine 560-kW-Anlage im 16.7-Hz-Netz mit zwei 4q-S, die Größen auf der Transformatorprimärseite wurden auf die Sekundärseite umgerechnet. Parameter 4q-S Rσ Lσ uk 120 mΩ 4.3 mH 0.4 Cd fN CSK LSK RSK 6 mF 16.7 Hz 3 mF 7.6 mH 50 mΩ Nennpunkt 4q-S ud 1800 V k̂ P UF 560 kW 0.61 792 V IF 707 A Motordaten fTypenpunkt 70 Hz Us 2050 V Is PASM 230 A 700 kW M Ψµ σ 1595 Nm 3.8 Vs 0.065 Arbeitspunkt der Simulationen Motor fs M PASM Id 35 Hz 1367 Nm 300 kW 167 A 4q-S IF 379 A Messung Bild 5.4 Es wurde an einer Versuchsanlage mit einer 16.7-Hz/15-kV-Einspeisung mit einem 4q-S bei reduzierter Leistung (ca. 240 kW) gemessen. Gemessene Spektren Es wurde an einer Versuchsanlage mit einer 50-Hz-Einspeisung und reduzierter Leistung (ca. 200 kW) gemessen. A.2 Daten des Vierquadrantsteller-Versuchsstands Einspeisung Es wird ein Industrieumrichter mit 110 kVA Nennleistung verwendet. IGBT-Module: 300 A/1200 V fN fz LEin CEin LSK2 16.7 Hz 2 kHz 3.42 mH 305.1 F 4.6 mH CSK2 ûEin(f) 4.94 mF 300 V IEin 175 A Vierquadrantsteller IGBT-Module: FF401 R17 KF6C von Eupec, 400 A, 1700 V UF 300 V IF Lσ ud 178 A 5 mH 540 V fzmax LSK1 CSK1 2 kHz 4.6 mH 4.94 mF Transformator Es wird ein 200-kVA-50-Hz-Drehstromtransformator verwendet, der in Ringschaltung betrieben wird. Die angegebenen Spannungswerte gelten für eine Frequenz fN = 16.7 Hz U1max 266 V U2max 306.8 V ü Ψ̂1 3.6 Vs 1.15 Pulswechselrichter Es kommt ein 75-kVA-Industrieumrichter zum Einsatz, dessen IGBT-Module durch externe Ansteuersignale geschaltet werden. ud 540 V A.3 Cd 9 mF Parameter für die Berechnung der Netzimpedanz in Kapitel 5 Für die vier Unterwerke wurde von einer Scheinleistung von je 20 MVA ausgegangen, die Werte für Widerstand und Induktivität betrugen Ru = 0.5 Ω bzw. Lu = 13 mH. Für die Leitungsabschnitte wurden die folgenden Leitungsbeläge zugrunde gelegt: c = 20 nF/km; l = 0.75 mH/km; r = 95 mΩ/km Die Berechnung der Netzimpedanz erfolgte im Frequenzbereich, wobei die Leitungsstücke durch π-Glieder modelliert wurden, was bis zu einer Frequenz von ca. 2 kHz eine ausreichend gute Näherung ist. Der Wert des Widerstandsbelags wurde für zunehmende Frequenzen erhöht, um die durch den Skinneffekt hervorgerufene Dämpfungswirkung zu berücksichtigen. 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