GLüCK MIT KATZEN ZU WOHNEN

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GLüCK MIT KATZEN ZU WOHNEN
vom
Glüc k m it k atz e n
z u wo hn en
maike Grunwald
Fotos von anja hölper
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6
10
4 | Inhalt
Inhalt
78
Tina Szuggar, Agenturinhaberin
Vorwort
88
Reinhard Michl, Künstler
96
Gudrun Wurlitzer, Architektin
104
Cora Stephan, Schriftstellerin
112
Anna Jill Lüpertz und Ehemann Markus Keibel, Galeristin und Künstler
122
Beate Teresa Hanika, Schriftstellerin
130
Federica de Cesco, Schriftstellerin
138
Swantje Henke, Schauspielerin
146
Oscar Ortega Sánchez und Uta Hansen, Schauspieler und Schauspielagentin
Kerstin Gier, Schriftstellerin
mit Katze Mim und Kater Merlin
18
Markus Knüfken, Schauspieler
26
Dédé Moser, Künstlerin
mit den Katern Jackson und Elvis
mit den Katzen Birdie und Bogey, Kater Blacky und den Streunern
34
Zoë Beck, Schriftstellerin
42
Via Lewandowsky, Künstler
mit Katze Mieps und Kater Oscar
mit Katze Frau Krupp
48
Edita Malovčić, Schauspielerin und Musikerin
54
Rosina Wachtmeister, Künstlerin
mit den Katzen Charly und Pixie sowie Kater Denzel
mit ihren 30 Straßenkatzen
mit Katze Bali und Kater Hugo
mit Kater Anton
mit Kater Charlie und Katze Rita
mit den Katzen Bisou und Bougie sowie Kater Nikita
mit Katze Nina und Kater Balou
mit Katze Mimi und dem Kater namens Kater
mit Katze Ninja
mit den Katern Ringo und Jaro
mit den Katzen Ayse,
, Zizou und Chula
64
Barbara Dickmann, Journalistin
mit Katze Cinderella
154
Wohn- und Wohlfühltipps von Birga Dexel, Katzentherapeutin
70
Hans Heller und Ehefrau Barbara Koch, Schauspieler und Künstlerin
156
Unsere Katzenfreunde, Tipps und Adressen
160
Impressum und Dank
mit Kater Johnny und Katze Mimi
Inhalt | 5
Gudrun Wurlitzer, Architektin
Klassik
im Traumhaus
96 | Gudrun Wurlitzer mit Charlie & Rita
„Charlie und Rita lieben es, wenn unsere Kinder Klavier spielen“, sagt Gudrun Wurlitzer. Die beiden blauen
Britisch-Kurzhaar-Katzen kommen dann herbei, nehmen
ihre Lieblingsplätze ein und lauschen den strahlenden
Klängen des Steinway-Flügels.
Ein großzügiges Musikzimmer, das auch Platz für private Konzerte bietet, war eine wichtige Vorgabe beim Bau
des halbrunden Wurlitzer-Hauses in der Nähe von Nürnberg. „Es war meine erste Auftragsarbeit“, sagt die renommierte Architektin, die das Haus 1985 für ihre Eltern entwarf. „Ich wollte ihnen einen Traum erfüllen. Durch ihre
Flucht aus der DDR hatten sie ja ihre Heimat verloren.“
Nachdem die namhafte Musikinstrumenten-Herstellerfamilie über fünf Generationen im Vogtland gelebt und gewirkt hatte, baute Herbert Wurlitzer seine Klarinettenfirma in Süddeutschland wieder auf. Als Gudrun Wurlitzers
Ehemann Bernd in das Unternehmen einstieg, wurde das
Haus bald auch zum Heim der nächsten Generation. „Luise
und Ludwig, unsere Kinder, sind hier aufwachsen“, sagt die
Geschäftsführerin von Wurlitzer Architekten. „Ihretwegen
haben wir die Katzen.“
Links: Esszimmer und „Gute
Stube“ in einem. Der schwarz
lackierte Tisch aus den 30erJahren lässt sich mit Einlegeplatten so weit ausziehen, dass
zwölf Personen daran speisen
können. Die originelle Schale ist
von Andreas Schulze.
Oben: Das Musikzimmer der
Instrumenten-Herstellerfamilie
ist groß genug für private Konzerte. Wenn der Steinway-Flügel erklingt, kommen die Katzen
hinzu.
Gudrun Wurlitzer mit Charlie & Rita | 99
Großzügig, klassisch, hochwertig, gemütlich – so gestaltete Gudrun Wurlitzer das Haus für ihre Eltern. „Ihre
Wünsche waren ausschlaggebend“, sagt sie. „Aber da das
Design so zeitlos ist, fühle ich mich im Haus sehr wohl.“
Die Gewichtung „form follows function“ galt für sie schon
damals, vom Grundriss des Hauses bis zur Gestaltung der
Möbel. „Ein Sessel muss bequem sein“, sagt sie zum Beispiel. „Der Komfort ist genauso wichtig wie das Design.“
Auch Nachhaltigkeit, ein Merkmal ihrer Bauten, ist bereits
gegeben. „In den Achtzigern war dies noch kein Trend.
Aber ich hatte schon immer Qualitätsbewusstsein. Ich
wollte ein robustes, pflegeleichtes Haus bauen, das dauerhaft schön bleibt.“ Und so sind die Böden aus Granit oder
dem nachwachsenden Rohstoff Eiche. Die Ziegelaußenmauern sind bis zu 85 cm dick und mit mineralischem Putz
versehen. „Das ist viel ökologischer als Kunststoffwärmedämmung und besser: Das Raumklima ist angenehm, weil
das Haus atmen kann, und es bildet sich kein Schimmel.“
Großen Wert legte sie auf den Erhalt der alten Obstbäume
auf dem Grundstück. Jetzt schmücken sie den natürlich gehaltenen Garten, den auch die Katzen lieben.
100 | Gudrun Wurlitzer mit Charlie & Rita
Mit sieben Zimmern und einer Einliegerwohnung bietet das Haus reichlich Platz für drei Wurlitzer-Generationen und die Katzen. Alle Räume betritt man über die große
Eingangshalle mit einem Deckengemälde von Andreas
Schulze. Skulpturen von Olivia Berckemeyer und Tal R
zeugen von der Liebe zur zeitgenössischen Kunst, die Gudrun Wurlitzer mit ihrem Mann teilt. Seine Tätigkeit als
Kunsthändler führt er parallel zu seiner Arbeit in der Klarinettenfirma fort. Überall im Haus sehen wir moderne
Kunst: Werke von Axel Kasseböhmer, Fotografien von
Candida Höfer, Katzengemälde von Marisa Favretto.
Aufsehenerregend sind die überdimensionalen Porträts
des Fotokünstlers Thomas Ruff, die im Fernsehzimmer auf
dem Boden stehend an der Wand lehnen. „Die haben wir
uns gegenseitig zur Hochzeit geschenkt. Die Katzen finden
es großartig, sich hinter ihnen zu verstecken und dann unauffällig hervorzulugen. Das ist immer niedlich“, sagt Gudrun Wurlitzer lachend. Die Wände sind weiß verputzt,
„Tapeten waren und sind für mich ein No-Go“. So wirken
die Kunstwerke und besonderen Einrichtungsgegenstände
in allen Räumen umso mehr: Der orange gepolsterte Ses-
Links: Kunst und Komfort im
Fernsehzimmer. Die riesigen
Porträts von Bernd und Gudrun
Wurlitzer sind Werke des Fotokünstlers Thomas Ruff. Den bequemen Sessel hat die Architektin selbst entworfen.
Oben: Kuschelstunde! Rita weiß
den gepolsterten Sessel im Fernsehzimmer zu schätzen. Besonders, wenn sie auch noch die
Aufmerksamkeit von Frauchen
Luise genießt.
Rechts: Wie ein flauschiges
Wesen auf einer Wolke im
Himmel sitzt Rita auf dem
Teppich, den der Künstler
Andreas Schulze entworfen hat.
Gudrun Wurlitzer mit Charlie & Rita | 101
sel, den die Architektin selbst entworfen hat. Die ebenso
bequemen antiken Napoleon-III-Möbel aus einem alten
Schloss in Frankreich, die ihr Lehrer, der Architekt Daniel
Gogel, für sie besorgte. Der blaue Teppich mit bunten
Bubble-Motiven von Andreas Schulze. Die originelle dreibeinige Schale des Künstlers auf dem runden, schwarz lackierten Esszimmertisch aus den 30er-Jahren. Das helle
Ahornbuffet aus derselben Zeit. „Alles soll bunt und lässig
zusammengestellt wirken“, erklärt Gudrun Wurlitzer ihr
Farb- und Wohnkonzept. „In allzu strikt durchgestylten
Räumen fühle ich mich nicht wohl.“
Die Bücherregale im Fernsehzimmer folgen der geschwungenen Form der Wände, wie auch die blaue Couch
im Musikzimmer, Gudrun Wurlitzers moderne Version des
Schinkel-Sofas. Bogenförmige Schrankeinbauten sorgen
für Harmonie. Sogar die Samtpfoten sind nach BritischKurzhaar-Manier rundlich geformt. Sie verbreiten Gemütlichkeit und fühlen sich überall wohl, bis hin zur Wäschekammer, ihrem privaten Schlafzimmer. So hat Gudrun
Wurlitzer nicht nur für ihre Eltern ein Traumhaus geschaffen, sondern für die ganze Familie – einschließlich der
102 | Gudrun Wurlitzer mit Charlie & Rita
Katzen mit ihren Bedürfnissen nach Platz, Wärme, Komfort und Menschen, die Musik machen.
Wie unsere Katzen Eleganz und
Understatement pflegen
❙ Sie
hören auf Rita und Charlie und kommen, wenn man
sie ruft. Dabei heißt Luises Katze laut ihren Papieren Rita
de Belfort und Ludwig hat seinem Kater den englischen
Namen Charles Charlesworth gegeben.
❙ Sie bewegen sich leise und graziös, ich bewundere ihre
Geschicklichkeit. Wir haben so viel Kunst, Vasen und zerbrechliche Dinge, aber sie haben noch nie etwas kaputt
gemacht.
❙ Trotz ihrer edlen Herkunft sind sie mit ganz einfachen
Dingen zufrieden. Charlie zieht einen Strohhalm oder
Bindfaden jedem ausgeklügelten Katzenspielzeug vor
und liebt seine kleine Schachtel, die Ludwig einmal für
ihn gebastelt hat. Rita fängt am liebsten Mäuse.
❙ Wir
haben versucht, ihnen Seeteufel und andere Delikatessen zu geben, aber sie mögen nur Katzen-Trockenfutter.
❙ Obwohl sie sich nicht schminken und keine teuren Kleider
tragen, sehen sie immer elegant und schön aus. Sie riechen nicht, machen keinen Krach, sie sind dezent und fein.
❙ Im Grunde sind sie pflegeleicht. Sie mögen wie wir gerne
Gäste, haben sich unserem Tag-Nacht-Rhythmus angepasst und fügen sich ganz selbstverständlich ins Familienleben ein.
Links: Bernd und Gudrun
Wurlitzer kochen gerne. Die
Schütten für die Zutaten zeigen
das funktionelle Design der
„Frankfurter Küche“ von Schütte-Lihotzky (1926). Von ihrem
Mann bekommt die Teetrinkerin
oft Silberkannen geschenkt.
Oben links: Rita. Beide Wurlitzer-Katzen lieben es, auf
Luises Bett zu sitzen. Aber
Charlie darf es nur, wenn Rita
es erlaubt – sie ist die dominante
Katze.
Oben rechts: Der Kater passt
genau auf, dass der Faden nicht
wegläuft. Wie Rita spielt er
am liebsten mit ganz einfachen
Dingen.
Gudrun Wurlitzer mit Charlie & Rita | 103
Cora Stephan, Schriftstellerin
Savoir vivre
in Südfrankreich
104 | Cora Stephan mit Bisou, Bougie und Nikita
Bisou liegt auf der Dachterrasse und lässt sich die Sonne des Südens auf ihr Bäuchlein scheinen. Die Vorderbeine hält sie angewinkelt in die Luft. Von den halb geschlossenen Augen bis hin zur regungslosen Schwanzspitze
strahlt sie Wohlbehagen aus.
„Entspannt gut aussehen und das Leben
genießen, darin sind Katzen Meister“,
sagt Cora Stephan, die unter ihrem ersten Pseudonym, Anne Chaplet, preisgekrönte Krimis schreibt. Unter ihrem
zweiten, Sophie Winter, verfasst sie die erfolgreichen
„Filou“-Katzenromane, die hier in Südfrankreich spielen.
Katerchen Nikita, das reale Vorbild für Filou, hat sich aufs
Bett drapiert, das auf der Terrasse zwischen zahllosen Blumentöpfen mit Jasmin, Hibiskus, Kopfsalat, Erdbeeren,
Kletterrosen und Katzenminze in der Sonne steht. In dem
so genannten „Lotterbett“ schläft die Autorin in warmen
Nächten unterm Sternenhimmel, neben sich Bougie, ihre
dritte Katze, halblanghaarig und schön wie das gesamte
Fellnasen-Trio.
Links: Bisou putzt sich auf
dem französischen Gitterbett.
Als Cora Stephan das Haus erwarb, war dieses Schlafzimmer
ein fensterloser Dachboden.
Der Schrank gehörte schon
zum Haus.
Oben: Im Salon. Bisou entdeckt
eine interessante Spur auf dem
alten Holzboden. Kater Nikita
fragt sich, was wir wohl hier
wollen. Am Notenständer übt
die Schriftstellerin regelmäßig
Saxophonspielen.
Cora Stephan mit Bisou, Bougie und Nikita | 107
Bougie bedeutet „Kerze“ auf Französisch, warum hat
sie die Katze so genannt? „Weil es gut klingt, ganz einfach“,
erklärt Cora Stephan. Nehmen, was schön ist, ohne einen
großen Masterplan zu haben, so beschreibt die Schriftstellerin auch ihren Lebensstil, der sich in jedem Winkel ihres
Hauses im malerischen Dorf Laurac-en-Vivarais widerspiegelt. 1999 kaufte sie das halb verfallene Konglomerat
aus fünf mittelalterlichen Gebäuden, die 1904 zu einer Art
Wohn-Burg umgebaut worden waren. Seitdem wurde das
Haus mit den tief in den Fels gehauenen Caves nicht mehr
renoviert – bis Cora Stephan es rettete. „Ich kannte diese
schöne Gegend durch meinen Bruder, der im Nachbardorf
lebt, und träumte schon seit Jahrzehnten von einem Haus
hier am Rande der Ardèche“, sagt die mehrfache Krimipreisträgerin. Mit ihrem Freund, einem begnadeten Handwerker, begann sie in ihrem Überschwang sofort, ihre Burg
innen auszubauen und einzurichten. „Dabei hätten wir besser zuerst das Dach erneuern sollen!“, sagt sie lachend.
Nun hat die Publizistin zwei pflegeintensive alte Häuser: eine historische Bauernkate bei Frankfurt am Main
und das verträumte Steinhaus in Laurac. Die Katzen pen-
108 | Cora Stephan mit Bisou, Bougie und Nikita
deln mit ihr. „Die erste halbe Stunde wird gemaunzt, den
Rest der 10-stündigen Autofahrt verschlafen“, erzählt sie
und streichelt Bougie. Die Katze stammt wie die beiden anderen aus einem Streunerwurf, aufgelesen von der Schwägerin im Nachbardorf. Alte Häuser und junge Katzen retten gehört offenbar zu Cora Stephans Leidenschaften.
„Es macht mich glücklich, etwas Altes zu bewahren.
Dieses Haus wäre sonst nur eine Ruine mehr im Dorf“, sagt
die promovierte Politikwissenschaftlerin, als wir abends
auf der Veranda bei einem Glas Berg Roseneck Riesling
vom eigenen Weinberg dem Orchester der Zikaden, Nachtigallen, Mauersegler, Amseln und Glockenfrösche lauschen. Mit viel Liebe richteten Bauherrin und Baumeister
das Natursteinhaus so her, „dass man möglichst nicht erkennen kann, was vor uns da war und was wir hinzugefügt
haben“. Das Dach der Veranda stützen geschnitzte indische
Säulen. Den alten Kaminen stellten sie Infrarotheizkörper
zur Seite, die als Spiegel getarnt sind. Das Badezimmer im
Tonnengewölbe fliesten sie mit neuen Zementmosaikplatten in einem Dessin, wie es beim ersten Hausumbau 1904
Mode war – passend zu denen im Esszimmer und in der
Bibliothek. Die alten Terrakottafliesen im oberen Bad, unter denen sich eine Fußbodenheizung verbirgt, stammen
eigentlich aus dem Weimarer Land. Die Wände in Schlafzimmer und Bad sind im used look verputzt, sodass an
manchen Stellen die Natursteinmauer hindurchlugt. An
den hölzernen Fensterläden blättert die Farbe. „Perfektion
würde dem Geist des Hauses widersprechen“, sagt die
Schriftstellerin.
Die ganze Einrichtung strahlt ein entspanntes Laissezfaire aus: zahllose Messing-Kerzenhalter an den Wänden
und auf den Tischen, Art-déco- und Jugendstil-Möbel
und -Leuchten, französische Gitterbetten, marokkanische
Lampen und Kissen im charmanten Mix mit geblümten
Garnituren von Comptoir de Famille und Sitzpolstern mit
gallischem Hahn. Die nostalgische Badkeramik und die Armaturen von Horus sind neu, passen aber stilistisch zur
Zeit des Umbaus vor gut hundert Jahren, ebenso die Belfast
Sink in der Küche. Das urbritische Tetrad-Sofa im Salon
sieht aus, als sei es schon immer in Familienbesitz gewesen.
Darüber hängt ein wirkliches Erbstück: eine Jahrhundertwende-Wanduhr von Cora Stephans Eltern.
Links: Bougie spaziert hinein.
Das ist mein Haus, und jetzt bedient mich!, signalisiert der
selbstbewusst erhobene Schwanz.
Die wilden Dorfkatzen muss sie
nicht fürchten: Die ganze WohnBurg ist durch ein Tor geschützt.
Mitte: Im Esszimmer haben
Cora Stephans antike Möbel aus
ihrer Zeit in Frankfurt ein passendes Heim gefunden. Die Zementmosaikplatten stammen von
einer Renovierung des Hauses
um 1904.
Rechts: Die Veranda bauten
Cora Stephan und ihr Freund
als erstes aus. Geschnitzte Säulen
aus einem indischen Bauernhaus
stützen das Dach. Die Schriftstellerin arbeitet hier besonders
gerne, auch wegen des herrlichen
Blicks auf die Landschaft.
Cora Stephan mit Bisou, Bougie und Nikita | 109
„Eklektisch“ oder „zusammengewürfelt“ nennt die Autorin ihren Stil, dabei passt alles wunderbar zueinander:
Die Möbel, eine Mischung aus mitgebrachten Antiquitäten, Flohmarkttrouvaillen und Massivholzstücken, die das
Paar im Haus fand. Die Wandfarben – Lindgrün, Staubgrün, „Cinder Rose“ – von Farrow & Ball, „moderne Farben sind mir zu knallig“. Ihr Faible für besondere Stoffe
zeigt sich bei den Vorhängen: tiefrot gemusterter Samt im
Gästezimmer, klassischer weißer Jacquard im Salon, italienisches Leinen mit altmodischer Lochstickerei an den
Fenstern im oberen Bad.
Für die Katzen ist ein Element zentral, das sich konsequent durchs ganze Haus zieht: der stets gefüllte Fressnapf. Er steht in jedem Raum, ob Schlafzimmer oder Salon,
dazu eine Trinkschale. Esszimmer und Ruheraum in ei­nem – das ist die Burg aus Katzensicht.
Bisou, Bougie & Nikita: Meine drei Musen
❙ Meine
Katzen schaffen allein durch ihre Anwesenheit ein
kreativ-freundliches Klima. Sie lassen mich einfach sein,
ohne viel von mir zu erwarten. Sie akzeptieren meine Verschrobenheiten. Sie sind meine großzügige Umgebung.
Sie sind ideale Musen.
❙ Bisou und Bougie haben ihre Launen, wie ich auch. Nikita, der arme Kater, bekommt von ihnen oft eine gewischt.
Aber wenn ich mich auf die Veranda setzte und schreibe,
nähern sich alle drei. Bisou springt auf den Tisch, Bougie
auf meinen Schoß, auch Nikita darf dabei sein. Keine
setzt sich auf die Tastatur, sie respektieren meinen Arbeitsprozess.
❙ So wie mich die Katzen vorbehaltlos lieben, so liebe ich sie
auch mit allen ihren Eigenheiten: Bisou, die Eifersüchtige, Liebebedürftige, Gesprächige, die tags maunzt und
nachts schnarcht. Nikita, der ewig Pubertierende, Kindliche, mit den allerschönsten Öhrchen, der so gerne Lavendelseife schleckt. Bougie, die Katze meines Herzens, die
Spröde, Scheue, die ihre Jungen in meine Hand geboren
hat.
❙ Ein Leben ohne Katzen wäre öde. Ihre Eleganz, ihre entspannte Großzügigkeit, ihre Intelligenz, ihre Unabhängigkeit und ihre Zuneigung – all dies ist inspirierend und
ungeheuer liebenswert.
110 | Cora Stephan mit Bisou, Bougie und Nikita
Links oben: Die Küche vereint
modernen Komfort mit nostalgischem Charme. Die Belfast Sink
von Armitage Shanks ist ein
praktisches Schmuckstück.
Links unten: Das „Lotterbett“
auf der großen Terrasse ist ein
Lieblingsplatz der Katzen. Vor
allem, wenn die Schrifstellerin
darin im Sommer draußen
schläft. Zum Frühstück gibt es
„Baguette ancienne“ von der
kleinen Dorfbäckerei.
Oben: Zeit für ein Nickerchen!
Bisou beherrscht wie alle Katzen
die hohe Kunst des Schlafens in
unendlichen Variationen.
Cora Stephan mit Bisou, Bougie und Nikita | 111
Anna Jill Lüpertz und Markus Keibel, Galeristin und Künstler
Vier Seelen und
ein Herz für die Kunst
112 | Anna Jill Lüpertz und Markus Keibel mit Nina & Balou
Nina ist der Boss im Haus. Dabei ist die rote Bauernhofkatze geringerer Abstammung als Balou von Björnfels, der
reinrassige norwegische Waldkater. Sie ist wesentlich kleiner, viel älter und daher fast blind. Mit ihren stolzen 21
Jahren wäre sie als Mensch gut hundert Jahre alt. Trotzdem ist sie es, die stets als erste frisst und dafür auch ihre
Menschen weckt. Gerne morgens um drei.
Anna Jill Lüpertz und Markus Keibel begegnen Ninas
Forderungen mit Humor. „Sie kann ja nicht mehr sehen,
dass es noch dunkel ist“, sagt die Galeristin mit rheinländischer Gelassenheit und liebevoller Ironie. Ihr Mann Markus Keibel nickt. Amüsiert erzählt das Paar Anekdoten
über die willensstarke Nina und über Balou, „den nettesten
Kater der Welt“. Wenn es um die Katzen geht, sind sich die
Tochter des exzentrischen Malerfürsten Markus Lüpertz
und ihr Künstler-Ehemann stets einig.
Bei der Wohnungseinrichtung hingegen gibt es Differenzen. „Hier schlagen echt zwei Herzen: Mein Mann ist
Purist, ich nicht. Ich mag es mädchenhaft-verspielt, gerne
mit ein bisschen Kitsch“, gesteht uns die Wahlberlinerin
am Küchentisch und zeigt auf ein golden glitzerndes Plas-
Links: Im Flur. Balou von
Björnfels ruht vor Markus Keibels „Lampedusa“. Die Tapete
ist Vintage vom Vormieter.
Oben: Im Wohnzimmer der
hellen Berliner Altbauwohnung.
Katze Nina sonnt sich inmitten
von Designklassikern und Kunst.
Über dem Sofa Arbeiten von Peter Stauss und Anna Jills Vater
Markus Lüpertz, dessen
„Grundgesetz“ auf dem Couchtisch liegt.
Anna Jill Lüpertz und Markus Keibel mit Nina & Balou | 115
tik-Bambi, das zweckfrei im Geschirrregal steht. „Als wir
den Flur streichen wollten, konnten wir uns gar nicht einigen: Ich wollte Olivgrün, er Weiß.“ So ließen sie die alte
Tapete hängen, eine Reminiszenz aus den Boheme-Tagen
der schönen hellen, stuckverzierten Altbauwohnung in
Berlin-Moabit, in der einst Offiziere eines Reiterregiments
residierten. Die Vintage-Tapete stammte schon zu WGZeiten vom Vormieter. Heute setzt sie mit ihrem freundlich-runden Muster die spitzen, splitterigen, fast gewalt­
tätigen Formen des Keibel-Kunstwerks „Lampedusa“
wirkungsvoll in Szene, das am Kopfende des Flurs die Blicke auf sich zieht. Wenn sich dann noch Balou in voller
Pracht auf das Parkett legt und das Bild komplettiert, wird
klar: Manchmal ist es gut, wenn man keine Lösung findet.
Meistens jedoch gelingt es dem Paar, Kompromisse zu
schließen, erzählt die Gründerin des Kunst-Labels AJLart.
„So hat mir Markus mein Faible für Nippes, oder ‚Stehrümchen‘, wie man bei uns sagt, fast ausgetrieben, macht aber
auch immer wieder Zugeständnisse.“ Dazu gehören die
schöne Glasvasen-Sammlung auf der Wohnzimmerkommode, die kleine Statue der ägyptischen Katzengöttin Bas-
116 | Anna Jill Lüpertz und Markus Keibel mit Nina & Balou
Links: Anna Jill mag Fernöstliches. Über dem chinesischen
Tisch hängt ein antiker Stoff
mit glücksbringenden Drachen,
ein Hochzeitsgeschenk. Der Obsidian-Block hat Bezüge zum
Meteoritenbild ihres Mannes
(rechte Seite).
Mitte: Balou in harmonischer Symmetrie mit der
chinesischen Handspielpuppe
im Schlafzimmer.
Rechts: Im Gästezimmer
schlafen Besucher umgeben von
Kunst. Den Raum beherrscht der
„Meteorit“ von Markus Keibel.
tet und die Brotdose aus Anna Jills Kindergartentagen im
Bücherregal sowie die Familienfotos in Küche und Flur.
„Die hat Anna Jill aufgehängt und hingestellt, alle, sogar
die von meiner Familie“, sagt Markus.
Es sind Dinge, die der Wohnung ein sehr persönliches
Flair verleihen, wie die vielen Kunstwerke, die man in diesem Fall ebenso als „Familienbilder“ bezeichnen kann. Im
Wohnzimmer versammeln sich Werke von Anna Jills Ehemann, ihrem Vater und A. R. Penck, der als guter Freund
der Familie Lüpertz der kleinen Anna Jill Bilder zum Geburtstag schenkte, darunter ein Porträt von ihr als Zwölfjährige. Arbeiten von Peter Stauss und Imi Knoebel, ein
Hochzeitsgeschenk, stehen dazu im Dialog. So verschieden
die Werke sind, so gut harmonieren sie miteinander. „Unser Herz schlägt für die Kunst, mehr noch als für Möbel
und Design“, sagt Markus, und diesmal ist es Anna Jill, die
zustimmend nickt. „Unser Herz“ statt „zwei Herzen“ – so
verschieden sind sie gar nicht, denke ich.
Die Wohnzimmereinrichtung wirkt gewachsen, obwohl
die Möbel wie die Kunstwerke erst zusammenfanden, als
Markus einzog. Er brachte die Bogenleuchte der Brüder
Castiglioni mit. Aus ihrem Fundus sind der Vitra Lounge
Chair mit Ottomane von Eames, das Sofa im italienischen
Design – „gekauft, weil es bequem ist und man die Katzenhaare darauf nicht sieht“ – und die Moooi-Lampe über dem
großen alten Wirtshaus-Esstisch aus Kirschholz. Andere
Möbel sind Familienstücke von Markus, wie der intarsienverzierte Sekretär, den seine Großmutter bei der Flucht im
Zweiten Weltkrieg im Leiterwagen von Pommern nach
Berlin zog. Das sind identitätsstiftende Dinge, die auch ein
Purist in Ehren hält.
„Wenn man mit jemandem
zusammenlebt, lässt man ihn ja auch zu.
Das ist gerade das Schöne“,
sagt Markus. Wie weit die Toleranz geht, zeigt sich an der
Einrichtung des Schlafzimmers, die alles andere als minimalistisch ist. „Da habe ich meine Mädchenträume ausgelebt, bevor Markus hier wohnte“, sagt sie und lacht über
Anna Jill Lüpertz und Markus Keibel mit Nina & Balou | 117
sich selbst. Die Krönung ist ein silber-graues Sofa mit
Samtpolstern und Löwenfüßen, auf dem heute die Teddys
ihrer und Markus’ Kindheit sitzen. „Es war so kitschig,
dass ich es unbedingt haben musste“, sagt Anna Jill, und
doch wirkt es edel im Tonfeld der hellen „Farrow & Ball“Tapete, deren schimmerndes, florales Muster wunderbar
zu den chinesischen Lackmöbeln passt. Das schlichte französische Treca-Bett, in dem natürlich auch die Katzen
schlafen dürfen, hat sie mit indischem Samt beziehen lassen, die lila Tagesdecke ist vom Hippiemarkt auf Ibiza. Neben der schönen alten chinesischen Handspielpuppe, ein
Geschenk ihres Stiefvaters Michael Werner, steht ein einfaches Buddha-Antlitz. Afrikanische Fetisch-Figuren, ein
Geschenk ihrer Mutter, sind genauso vertreten wie Drachen-Türstopper aus dem Asia-Shop.
Im Gästezimmer zeigt sich Anna Jills Liebe zum chinesi­
schen Stil an den Lackmöbeln, der Nachttischlampe und
am wertvollen Hochzeitsgeschenk, das hinter Glas an der
Wand hängt: ein antiker chinesischer Seidenstoff, darauf
zwei Drachen, die einen Edelstein gefunden haben. „Ein
schönes Symbol für eine Beziehung“, sagt Markus. Seine
Links: Werde ich jetzt gestreichelt? Der norwegische Wald­
kater Balou ist freundlich und
gesellig. Im Hintergrund: Markus Keibel, „Nach dem Neuen“
(Lack auf Stahl). Die Lampe
von Moooi hat Anna Jill ausgewählt.
Mitte: Kunst und Möbel perfekt
aufeinander abgestimmt. Das
Bild mit dem Pferd hat Anna
Jill zu ihrem elften Geburtstag
von A. R. Penck geschenkt bekommen.
Rechts: Die Galeristin als
Zwölfjährige, ebenfalls ein
Geburtstagsgeschenk von
A. R. Penck. Die kleine Bar ist
eigentlich ein Nähtischchen, ein
Erbstück von Markus’ Mutter.
Anna Jill Lüpertz und Markus Keibel mit Nina & Balou | 119
Werke sind in jedem Raum präsent, auch dafür hat Anna
Jill gesorgt. Der Dialog der Kunst, für den das Herz des
Paares schlägt, vereint die Wohnräume wie die Bewoh­ner – einschließlich der Katzen: „Sie machen, was sie wollen. Aber sie würden nie an Kunst kratzen.“
❙
Wir
mögen ihren Freiheitswillen, ihre Unabhängigkeit.
Katzen sind wie Geister, wie aus einer anderen Welt und
einer anderen Zeit.
❙
Ihre Ästhetik ist wunderschön. Wer wäre manchmal
nicht gerne eine Katze? Wie Yoga-Meister können sie
von einem Moment auf den anderen loslassen, sind aber
genauso schnell wieder präsent.
Warum Nina und Balou einzigartig sind
❙ Wir
haben gerne Gäste, Nina auch. Sie setzt sich zielsicher auf den Schoß desjenigen, der keine Katzen mag,
und am Ende des Abends ist er ganz verliebt.
❙ Wir mögen Blumen im Haus. Balou leider ebenfalls: Er
knabbert sie an.
❙ Nina hat früher apportiert, Balou hat das nicht ganz
verstanden. Sie ist überhaupt viel cleverer als er.
❙ Balou liebt Wasser. Wenn wir die Blumen am Balkon
gießen, gießen wir ihn manchmal mit, und er legt sich in
die Pfützen.
❙ Beide sind frech wie Dreck. Sie wissen, dass sie uns in
der Hand haben – und wir lieben sie genau dafür.
120 | Anna Jill Lüpertz und Markus Keibel mit Nina & Balou
Links: Flauschige Tiere im
Schlafzimmer. Auf dem Bett
sitzen Balou, „der netteste Kater
der Welt“, und Nina, die Chefkatze biblischen Alters. Auf der
englischen Samtbank mit Löwenfüßen kuscheln Bären aus
Anna Jills und Markus’ Kindertagen.
Oben: „Stehrümchen“. Anna
Jill hat eine Schwäche für Nippes, die ihr Mann nicht teilt,
aber toleriert. Die Bastet-Statuette bewacht den Flur, die Katzenkanne wohnt in der Küche.
Anna Jill Lüpertz und Markus Keibel mit Nina & Balou | 121
Katzen sind eigenständig, eigensinnig, eingebildet, einfach
anders. Deshalb werden sie geliebt. Doch wie lebe ich als
Katzenfreund stilvoll, gleichzeitig praktisch und
komfortabel? Wie passen scharfe Krallen zu edlen Holzmöbeln?
Maike Grunwald ging der Sache nach und traf dabei
starke Persönlichkeiten. Prominente und leidenschaftliche Katzenbesitzer wie Schriftstellerin Cora Stephan, Schauspieler
Oscar Ortega Sánchez, Galeristin Anna Jill Lüpertz, Illustrator
Reinhard Michl und viele andere gewähren exklusive Einblicke in
ihr Leben mit den Stubentigern und verraten ihre Geheimnisse.
Anja Hölper fotografierte die Begegnungen. Entstanden
ist ein Callwey Buch mit einzigartigen Wohnporträts.
Exklusive Einblicke in Wohnungen bekannter
Katzenliebhaber wie Bestsellerautorin Kerstin Gier
und Jugendbuchautorin Federica de Cesco,
Schauspieler Markus Knüfken und Hans
Heller sowie Künstlerin Rosina Wachtmeister u.v.m.
Persönliche Porträts über Stubentiger und ihre
bekannten Besitzer
Kleine Geheimnisse sowie Tipps & Tricks von
Tiertherapeutin Birga Dexel
ISBN 978-3-7667-1996-6
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