Weißtanne (Abies alba)
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Weißtanne (Abies alba)
Eine Zukunftsaufgabe in guten Händen Weißtanne (Abies alba) - eine ökologisch wertvolle Nadelbaumart Andreas Krug, Jakob Pöllath & Anke Höltermann Bundesamt für Naturschutz ANW-Bundestagung 15.-17. Mai 2014, Oberwiesenthal/Erzgebirge Was ist das BfN und was macht es? Das BfN... nimmt Aufgaben im Vollzug - des int. Artenschutzes - des Meeresnaturschutzes - des Antarktis-Abkommens und - des Gentechnikgesetzes wahr berät die Bundesregierung, insb. BMU betreut Bundesförderprogramme betreibt Eigenforschung und vergibt Forschungsaufträge (UFOPLAN) informiert über die Ergebnisse seiner Arbeit, INA Waldbezogene Ziele der NBS ► Natürliche Entwicklung auf 5 % der Waldfläche und 10 % der Waldfläche der öffentlichen Hand, ► Erhaltung großräumiger, unzerschnittener Waldgebiete, ► Erhaltung und Entwicklung der natürlichen und naturnahen Waldgesellschaften, ► Besonderer Schutz alter Waldstandorte und Erhaltung sowie möglichst Vermehrung der Waldflächen mit traditionellen naturschutzfachlich bedeutsamen Nutzungsformen bis 2020, ► Klarere Fassung der Grundsätze einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung im Gesetz bis 2010, ► Zertifizierung von 80 % der Waldfläche nach hochwertigen ökologischen Standards bis 2010, ► Ausgeglichenes Verhältnis zwischen Waldverjüngung und Wildbesatz bis 2020. Gliederung ► Standortansprüche, potentielle und aktuelle Verbreitung der Tanne in Deutschland ► Bedeutung der Tanne für die naturnahe Waldbewirtschaftung ► Gefährdung und Perspektiven Tanne – Ökogramm optimal im temperaten, (submontan-)montanen Mitteleuropa (Bestandteil der zonalen Vegetation) Die meisten Tannen wachsen nicht in Tannenwaldgesellschaften (Abieteten), sondern in Buchenwaldgesellschaften ( Fageten). Charakterart der montanen Buchenwälder, Bergmischwald Im „Schwächebereich der Buche kommt Tanne zur Vorherrschaft („Abietetum“) unausgeglichener Bodenwasserhaushalt (wechselnasse und wechseltrockene Lehmund Tonböden), Vernässung (Pseudovergleyung) subkontinentales Klima (Spätfrostgefahr) Quelle: Kölling et al., LWF Wissen 45 (2004) Natürliche Buchenanteile in Abieten nur schwer rekonstruierbar. Standort der Tanne Quelle: Reif, A. Standort: standortsvag: auf einer weiten Spanne verschiedener Bodentypen optimal auf tiefgründig-frischen Braunerden begünstigt durch wechselfeuchte, lehmig-tonige Böden (Pseudogleye, Ausfall der Rotbuche) weite Klimaamplitude; bei zunehmender Trockenheit lässt die Wüchsigkeit nach („Douglasienstandorte“) keine Stockausschlagfähigkeit fehlt im Mittel-, Niederwald fehlt auf Standorten mit mechanischer Belastung wie instabilen Böden in Schluchten oder an Steilhängen (Schneedruck!) schnell zersetzende Streu, mäßige Azidität des Humus hohe Schattentoleranz Potentiell natürliche Verbreitung der Tanne Aktuelle Verbreitung der Tanne Quelle: Kölling et al. (2011), LWF Wissen 66 pnV – Tanne Tannen-Buchenwälder Fichten-Tannen-Buchenwälder Tannenwälder Aktuelle Fläche der Baumartengruppen Fläche in 1.000 ha insg.: 162.016 ha = 1,5 % der Gesamtwaldfläche ca. 1/10 des natürlichen Verbreitungsgebietes BWI II Aktuelle Verbreitungsschwerpunkte der Tanne 7,6 % 2% 0,3 % 2,6 % 0% 1,2 % Rückgang der Tanne in Sachsen Ursachen für den Rückgang der Tanne innerhalb der letzten 200 Jahre Übernutzung der Waldbestände (Bevölkerungszunahme, Bergbau, Einsetzen der Industrialisierung im 19. Jahrhundert) Verarmung der Böden durch Nährstoffentzug (Waldweide, Streunutzung) Anbau schnell wachsender Fichten- und Kiefernbestände zur Deckung des Holzbedarfs und die Bewirtschaftung im Kahlschlagsverfahren Zu hohe Schalenwildbestände Starke Immisionsbelastungen, insbesondere durch Schwefeldioxid (SO ): „Gifftiger Thau fällt auf die Wälder“ (Pfarrer Lehmann, 1699) ² Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/12689.htm Bedeutung der Tanne für den naturnahen Waldbau von Natur aus überwiegend in Mischbeständen der Mittelgebirge mit Buche und/oder Fichte Naturnähe der Baumartenzusammensetzung der Hauptbestockung BWI II hoher Naturnähegrad der aktuellen Tannenbestockungen zum Vergleich: Tannen-Typ Beimischungsanteile Waldfläche [ha] BWI II Die Tanne: Artenarme Konifere? Vergleichende Untersuchungen der Baumkronenzönosen Fichte / Tanne in Bayern Quelle: Müller J. et al. (2005) Die Tanne: Artenarme Konifere? Vergleichende Untersuchungen der Baumkronenzönosen Fichte / Tanne in Bayern Fichte Quelle: Müller J. et al. (2005) Die Tanne: Artenarme Konifere? Vergleichende Untersuchungen der Baumkronenzönosen Fichte / Tanne in Bayern Artenzahlen (Median) der Wanzen (Müller, J. et al. 2005) Ein Plädoyer für „Wälder mit natürlicher Waldentwicklung“ Wert alter Tannen: Nationalparks, Biotop- und Altbaumkonzepte Diese Ziele können nur in begrenztem Umfang in bewirtschafteten Wäldern erreicht werden. Müller, J. et al. 2009 Tannen-Totholz: Lebensraum für Spezialisten Spezifische Besiedler bzw. enge Bindung • Tannen-Schichtpilz Quelle: Wikipedia • Tannenstachelbart Pilzflora der Tanne „enge“ Mykorrhizapartner: • Lachsreizker • Weißtannenrißpilz • Weißtannentäubling Quelle: Karu, Wikipedia • Weißtannenschneckling • Weißtannen-Rötling • Grubiger Weißtannenmilchling Quelle: Wikipedia Tanne – Relevanz für den Arten- und Biotopschutz Bedeutung der Tanne für den naturnahen Waldbau von Natur aus überwiegend in Mischbeständen der Mittelgebirge mit Buche und/oder Fichte intensives Pfahlwurzelsystem Tiefgehendes Wurzelsystem aus Pfahl- und Senkwurzeln vergrößert das Porensystem im Boden und verbessert die Versickerung des Wassers und das Aufnahmevermögen bei Starkniederschlägen, Schutz vor Erosion und Rutschung Resistenz gegenüber Verletzungen erhöht die Beständigkeit bei Steinschlag: Stabilisierung im Gebirgswald (Schutzwald) selbst auf Pseudogleyböden sturmsicher: größere Stabilität bei Stürmen weniger dürreempfindlich als Fichte Klimawandel Klimahüllen für Deutschland Tanne als Ersatz für Fichte auf geeigneten Standorten prüfen! Kölling, Chr. (2007) in AFZ 23/2007 Bedeutung der Tanne für den naturnahen Waldbau von Natur aus überwiegend in Mischbeständen der Mittelgebirge mit Buche und/oder Fichte intensives Pfahlwurzelsystem sehr verjüngungsfreudig hohe Schattenverträglichkeit Charakterbaumart des Dauer/Plenterwaldes Tanne – Charakterbaumart des Plenterwaldes Im Plenterwald wachsen Bäume aller Dimensionen (nicht: Altersklassen) auf kleinem Raum in bunter Mischung Voraussetzungen: schattentolerante Baumarten (Ta, Fi, Bu) Angepasste Wilddichte natürliche Verjüngung dichtes Wegenetz, um Rückeschäden zu vermeiden und die Erntekosten zu reduzieren gut ausgebildete Arbeitskräfte Bedeutung der Tanne für den naturnahen Waldbau von Natur aus überwiegend in Mischbeständen der Mittelgebirge mit Buche und/oder Fichte intensives Pfahlwurzelsystem sehr verjüngungsfreudig hohe Schattenverträglichkeit weniger anfällig gegen Sturm, Borkenkäfer, Rindenverletzungen und Fäulen als Fichte aber: sehr hohe Verbissempfindlichkeit !! leicht abbaubare Nadelstreu (bessere Humusbildung als Fichte) Borkenkäferspektren – Verteilung auf Fichte und Tanne Quelle: Müller J. et al. (2005) Ursachen für den Rückgang der Tanne und Perspektiven Luftverschmutzung (Tannensterben) kein tannengerechter Waldbau überhöhte Schalenwildbestände Verminderung der Immissionen, Entschwefelung Verjüngung unter Schirm, langfristiger Femelschlag zurückgehende Tannenvorbautätigkeit Jagd, Zäunung zunehmende Verbissprozente Waldgerechte Jagd? Beispiel Baden-Württemberg ForstBW 2013: Forstliches Gutachten 2013-2015 zum Rehwildabschussplan Anteil [%] Jagdbezirke mit geringem, mittlerem und starkem Verbiss 2012 Waldgerechte Jagd? Beispiel Baden-Württemberg ForstBW 2013: Forstliches Gutachten 2013-2015 zum Rehwildabschussplan Anteil [%] Jagdbezirke in Bezug auf waldbauliche Verjüngungsziele 2012 Verwendung von Tannenholz Bauholz, Möbelholz etc. keine Harzgänge und Harzgallen schwerer, dauerhafter und wetterbeständiger als Fichtenholz (Erd- und Wasserbau) bessere Tragfähigkeit und Imprägnierbarkeit Nasskern, Ringschäligkeit A. Höltermann Tanne – „Nicht-Holz-Produkte“, weitere Verwendungen Tannenhonig (Honigtauhonig) Schmuckreisig Christbäume Pilze Quelle: Waugsberg, Wikipedia © BMELV Fazit und Ausblick Tanne ist Bestandteil der pnV und Charakterart der Bergmischwälder Hat weite Standort- und Klimaamplitude, aktuell geringe Anteile Ökologisch wertvolle Mischbaumart mit hohem Naturnähegrad Hohe ökologische Einnischung (Insekten) – keine artenarme Konifere Hohes Potential auf geeigneten Standorten die Fichte zu ersetzen Risiko: Schalenwildverbiss ! Landesforsten müssen (wo geeignet) verstärkt Tanne fördern ANW geht als Katalysator voran? Konzept zur Tannenförderung? Tannenförderungskonzept auch in Handel und Verarbeitung (Säger) Schalenwildproblematik sofort anpacken und Lösung (im Dialog?) herbeiführen BfN steht bezüglich ökologischer Beratung und beim Dialog zur Seite Eine Zukunftsaufgabe in guten Händen Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! andreas.krug@bfn.de Tannenanteil nach Altersklassen Tannenfläche in % der Altersklasse Tannenfläche in % der Gesamtwaldfläche je Altersklasse Reif 2007, verä. pnV – Tanne Tannen-Buchenwälder Fichten-Tannen-Buchenwälder Tannenwälder Fichte – Klimahülle für Bayern Tanne als Ersatz für Fichte auf geeigneten Standorten prüfen! http://www.lwf.bayern.de/waldoekologie/standort-bodenschutz/klimahuellen/weiss-tanne_abies-alba.jpg Tanne – Klimahülle für Bayern Tanne als Ersatz für Fichte auf geeigneten Standorten prüfen! http://www.lwf.bayern.de/waldoekologie/standort-bodenschutz/klimahuellen/weiss-tanne_abies-alba.jpg Tanne – Relevanz für den Arten- und Biotopschutz Rückgang der Tanne in Sachsen Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/12689.htm