GIESSEREI - Industrie

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GIESSEREI - Industrie
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www.giesserei-verlag.de
7. Januar
2014
1914–2014
Jubiläumsausgabe
1
Die Zeitschrift für Technik, Innovation und Management
JAHRE GIESSEREI
FOTO: ULRICH ZILLMANN
AKTUELLES
6
GIESSEREI 101 01/2014
Foto des
Monats:
Gießen
fasziniert!
Das Industrie-Museum Ennepetal ist ein
Ort des Mitmachens. Ein wesentliches
Ziel ist es, Technik lebendig darzustellen.
Das Urformverfahren Gießen wird dort im
Detail Alt und Jung präsentiert. Den Abguss der Schmelze behalten die Kids in
bester Erinnerung. Nach der Winterpause
ist die Schau- und Mitmachgießerei wieder erstmalig am 6. April geöffnet.
Hat auch Ihr Unternehmen interessante
Bildmotive? Senden Sie Ihre Bildvorschläge an: soschinski@bdguss.de oder per
Post an die Bildredaktion, Giesserei, Sohnstraße 70, 40237 Düsseldorf.
GIESSEREI 101
01/2014
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FOTO: INDUSTRIEBLICK/FOTOLIA
1914–2014
Das Special zur
Jubiläumsausgabe
www.giesserei-verlag.de
7. Januar
2014
Die Zeitschrift für Technik, Innovation und Manage
1
ment
JAHRE GIESSEREI
1914–2014
Jubiläumsausgabe
100 JAHRE
Gießereitechnik aus erster Hand
<<
EDITORIAL
GIESSEREI 100
01/2013
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FOTO: ANDREAS BEDNARECK
SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI
100 Jahresbände der Fachzeitschrift GIESSEREI sind ein bedeutender und umfangreicher Schatz an Wissen zu allen Bereichen des Gießereiwesens. Dokumentiert werden anschaulich die technische Verfahrensentwicklung sowie die Entwicklung der Gusswerkstoffe.
100 Jahre Fachzeitschrift GIESSEREI
Gießereitechnik im Wandel der Zeit – die Bedeutung der Gießereitechnik
und der fachlichen Information
VON REINHARD DÖPP,
ENNEPETAL, UND
KARL-HEINZ SCHÜTT, DÜSSELDORF
J
ubiläen sind immer Anlass zum Rückblick und Ausblick. Deshalb soll im Folgenden aus Anlass des 100. Jubiläums der Fachzeitschrift GIESSEREI an
ausgewählten Beispielen gezeigt werden,
wie sich die gießereitechnische Entwicklung in dieser Zeit in der Fachzeitschrift
allgemein und speziell am Beispiel von Eisen-, Stahl- und Temperguss bis heute widergespiegelt hat.
100 Jahre Fachzeitschrift GIESSEREI
umfassen nicht nur zeitlich den größten
Teil des 20. Jahrhunderts mit zwei erschütternden Weltkriegen (1914 - 1918
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GIESSEREI 101 01/2014
und 1939 - 1945). Sie spiegelt auch eine Zeit großer technischer und technologischer Leistungen wider. Man denke
nur an die früher ungeahnten Entwicklungen der Bahn- und Automobiltechnik,
der Luft- und Raumfahrt, der Energieversorgung durch Wasser über Dampf bis
zum Strom und nicht zuletzt der Elektronik mit den vielfältigen Anwendungen
der Informationstechnik im beruflichen
und privaten Bereich wie Telefon, Telefax, E-Mail, Internet usw. Für die umfangreichen Einsatzgebiete von technischen
Bauteilen und die vielfach in ihnen enthaltenen Gussteile stehen symbolisch
die Begriffe Fahrzeugbau, Maschinenbau, Elektrotechnik, Bautechnik und viele andere.
An allen genannten stürmischen Entwicklungen haben Gussteile maßgeblich
mitgewirkt. Aus der praktisch unbegrenzten Vielfalt der Kombination „Werkstoff
plus Formgebung“ (Zitat W. Hespers, ehemaliger Geschäftsführer von CLAAS GUSS,
Bielefeld) hat allein der Bereich der metallischen Gusswerkstoffe und der Formgebung durch Gießen gerade in den letzten
100 Jahren eine solche Dimension gewonnen, dass diese Entwicklung ohne fachliche Information kaum vorstellbar ist. Neben den unschätzbaren persönlichen Mitteilungen durch Lehrer, Berufskollegen,
Verwandte und Bekannte haben Fachzeitschriften eine Schlüsselrolle in der Informationskette von der Vergangenheit über
die Gegenwart als Brücken in die Zukunft.
FOTO: FRITZ WINTER EISENGIESSEREI
FORUM
Impfen mit Drahtzuführung auf einer Doppelstranganlage für senkrecht geteilte, kastenlose
Formen.
Impfen zur Anregung
der Graphitkristallisation
in Gusseisenschmelzen
Teil 1: Keimbildung und -wachstum, heterogene Keimbildungskatalyse
VON MILAN LAMPIC, MARBURG, UND
MARC WALZ, STADTALLENDORF
U
nser Fach ist ein Teilgebiet der „Kristallisation aus Schmelzen“, konkret sogar nur der einzelnen Phase „Graphitkristall“. Bevor wir zum Titelthema kommen, werden wir also tiefer in
den Vorgang der Kristallisation des Graphits einsteigen und die Frage beantworten, warum der Graphit dazu gezwungen
werden muss, und ganz nebenbei etwas
über die Elektronentheorie der Metalle erfahren.
Kristalle sind schön. Kristalle sind Wunderwerke der Natur. Sie sind Informationsträger und -übermitter. Auch in unserem
Fach macht sich dieses Phänomen – unter
54
KURZFASSUNG:
In vier aufeinanderfolgenden Beiträgen wird Wissenswertes über das Impfen von
Gusseisen berichtet. Dabei sind fünf Fragen zu beantworten, die sich auf das Was,
Wozu, Womit, Wann und Wie konzentrieren.
Der hier vorgestellte erste Teil behandelt theoretische Grundlagen und stellt Arbeitsunterlagen zum globalen Verständnis der im erstarrenden Eisen ablaufenden
Prozesse vor. Die folgenden drei Teile beziehen sich auf spezielle Merkmale und
Aufgaben des Impfens bei den Gusseisenwerkstoffgruppen GJS (Gusseisen mit Kugelgraphit), GJV (Gusseisen mit Vermiculargraphit) und GJL (Gusseisen mit Lamellengraphit).
Anderem in der Vererbung von Eigenschaften – deutlich bemerkbar. Keime sind Kristalle.
Graphit ist unansehnlich, aber dessen
Kristall birgt eine Fülle von Eigenschaften.
Die Physik hat viel darüber zu berichten.
Graphit ist unvollkommen, er ist nur eine
Vorstufe zum Diamanten (Bild 1). Eben in
seiner Unvollkommenheit aber lässt er sich
manipulieren, nach unseren Vorstellungen
GIESSEREI 100 03/2013
Bild 1: Erste Seite der vierteiligen Veröffentlichung von M. Lampic und M. Walz aus
GIESSEREI 100 (2013) Nr. 3, S. 54.
Diese zentrale Aufgabe hat auch die
Jubiläumszeitschrift GIESSEREI in dem
ersten Jahrhundert ihres Bestehens von
1914 bis 2014 vorbildlich erfüllt. Sie ist,
wie andere nationale und internationale
Fachzeitschriften auf dem Gießereigebiet
und den benachbarten Werkstoff- und
Verfahrensfeldern auch, eine unersetzbare Quelle wertvoller Informationen.
Berufsausbildung: mündliche
und schriftliche Quellen der Informationen
Diese fachlichen Schätze kenngelernt zu
haben, ist das besondere Verdienst unserer Lehrer an den beruflichen Aus- und
Weiterbildungsstätten. Für Meister-,
Techniker- und Ingenieurschulen stehen
symbolisch die Orte Stuttgart und Leipzig, für die Fachhochschulen Duisburg
und Friedberg/Hessen, für die Technischen Hochschulen Aachen, Berlin,
Clausthal und Freiberg/Sachsen, zunehmend auch Aalen, Magdeburg und München und in Zukunft auch Kassel. Diese
Ausbildungsstätten greifen für das Veröffentlichen ihrer Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung gern auf die
Fachzeitschrift GIESSEREI zurück. Aus
anderen werkstoffkundlich und maschinenbautechnisch ausgerichteten Lehrund Forschungsstätten wie Bochum,
Hannover, Braunschweig, Darmstadt und
Karlsruhe kamen ebenfalls nützliche Beiträge.
Diese oft grundlagenorientierten und
praxisnahen Erkenntnisse von Leitern,
Mitarbeitern und Absolventen aller genannten Lehr- und Forschungsstellen veröffentlicht oder auszugsweise erwähnt
und damit einem großen Leserkreis zugänglich gemacht zu haben, ist für den
Zeitraum von 1914 bis 2014 das besondere Verdienst der Jubiläums-Fachzeitschrift GIESSEREI.
Mit jedem der genannten Orte für Forschung und Lehre verbinden sich Namen
von Personen, die das Jubiläums-Jahrhundert der Zeitschrift GIESSEREI vor- und
mitgeprägt haben. Symbolisch seien genannt: Adolf Ledebur in Freiberg, Bernhard Osann in Clausthal und Eugen Piwowarsky in Aachen. Zu den Nachfolgern
zählen in Freiberg Ernst Diepschlag, Joseph Czikel, Karl Stölzel, Eckart Flemming, Werner Tilch, Otto Liesenberg und
Klaus Eigenfeld, in Clausthal Max Paschke, Willy Oelsen und Eberhard Schürmann, Reinhard Döpp und Babette Tonn,
in Aachen Wilhelm Patterson, Dietmar Boenisch, Siegfried Engler, Peter Sahm und
Andreas Bührig-Polaczek.
Sie alle und viele andere aus dem Kreis
ihrer Kollegen, Mitarbeiter und Schüler
haben Ergebnisse ihrer Forschung und
Betriebserfahrungen in der Zeitschrift
GIESSEREI und/oder ab 1949 in der Tochterzeitschrift GIESSEREI, technisch-wissenschaftliche Beihefte („TWB“), und ab
1967 in der Giessereiforschung – später
mit zusätzlichen Titel International Foundry Research – ausführlich oder in Kurzform veröffentlicht und damit der Fachwelt unschätzbare Anregungen gegeben.
Dass dies manchmal zum genau richtigen Zeitpunkt erfolgte, zeigt exemplarisch eine kürzlich in der GIESSEREI veröffentlichte, mehrteilige Arbeit von M.
Lampic und M. Walz über das „Impfen zur
Anregung der Graphitkristallisation in
Gusseisenschmelzen“ (Bild 1):
> Teil 1: „Keimbildung und -wachstum,
heterogene Keimbildungskatalyse“ in
GIESSEREI 100 (2013) Nr. 3, S. 54-65,
> Teil 2: „Gusseisen mit Kugelgraphit –
EN-GJS“ in GIESSEREI 100 (2013) Nr.
4, S. 84-97,
> Teil 3: „Gusseisen mit Vermiculargraphit – ISO-16112-GJV“ in GIESSEREI
100 (2013) Nr. 5, S. 62-69,
> Teil 4: „Gusseisen mit Lamellengraphit
– EN-GJL“ in GIESSEREI 100 (2013)
Nr. 6, S. 60 -71.
An einer grundlegenden Zusammenfassung wirkte auch F. Neumann mit:
M. Lampic, F. Neumann und M. Walz: „Inoculation of cast iron to stimulate graphite crystallization. A scientific analysis of
GIESSEREI 101
01/2014
93
SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI
Bild 2: Kopf der ersten Seite des ersten Heftes der GIESSEREI vom 7. Januar 1914.
practical solutions“ in Giessereiforschung
–International Foundry Research 65
(2013) Nr. 2, S. 2-15.
Hinzu kommen ungezählte Berichte
von Gießern ganz unterschiedlicher Herkunft, die ihre beruflichen Beobachtungen und Erkenntnisse aus Eisen- und
Nichteisen-Gießereien bereitwillig an die
Fachwelt weitergaben und teilweise damit zu lebhaften Diskussionen führten.
Ähnliches gilt für aktuelle Beiträge aus
dem Kreis der Gießereizulieferer und
-kunden.
W. Patterson sagte scherzhaft: „Wer
etwas geheim halten will, soll es in einer
Fachzeitschrift veröffentlichen“. Diese
Zeiten sind glücklicherweise längst vorbei, wie an ausgewählten Beispielen aus
dem hundertjährigen Veröffentlichungsspektrum der GIESSEREI nachfolgend aufgezeigt werden soll.
> Formerei,
> Herstellung von Gussstücken
besonderer Art,
> Gusseisen – Eigenschaften und
Verwendung,
> Schmelzöfen,
> Metallgießerei,
> Materialprüfung.
Diese Gliederung gibt einen guten Einblick in das Veröffentlichungsspektrum
der frühen Jahre.
Die damals noch jungen Leichtmetalle, vertreten durch den Verein Deutscher
Gießereifachleute und den Gesamtverband Deutscher Metallgießereien, mussten auf andere Zeitschriften, wie die seit
1904 erscheinende „Giesserei-Zeitung“
ausweichen. Diese fusionierte 1928 mit
der GIESSEREI und erscheint seitdem
bis heute unter dem gemeinsamen Namen „GIESSEREI“. Bis heute wird sie von
dem aus diesem Anlass gegründeten
Giesserei-Verlag in Düsseldorf herausgegeben. Wie es zu diesem Schritt kam, geht
aus dem Vorwort der ersten Ausgabe vom
6. Januar 1928 hervor, in dem sich die
damaligen Schriftleiter Th. Geilenkirchen
und F. Bock sowie der Verlag an die Leserschaft wandten (Bild 3).
Danach begann die Zeitschrift sich
zunehmend für alle Bereiche des Gießereiwesens zu öffnen und ihrem damaligen Untertitel „Zeitschrift für die Technik und Wirtschaft des gesamten Gießereiwesens“ gerecht zu werden, wie Th.
Geilenkirchen rückblickend auf „25 Jahre Entwicklung im Gießereiwesen“ in
GIESSEREI 25 (1938) Nr. 26, S. 657-664
feststellte:
„Unsere Zeitschrift hat, ihrem Charakter als Organ des Vereins Deutscher
Eisengießereien entsprechend, in den
ersten Jahren ihres Bestehens trotz ihres
Vorsatzes, die technischen und wirtschaftlichen Belange des gesamten Gie-
Zur Entwicklung der
Fachzeitschrift GIESSEREI
Die am 7. Januar 1914 erstmals erscheinende Fachzeitschrift GIESSEREI (Bild 2)
behandelte vor allem wirtschaftliche und
juristische Aspekte des Gießens und die
technischen-technologischen Aspekte
des Eisengusses unter der Leitung des
Vereins Deutscher Eisengießereien.
Bereits im 1. Jahrgang 1914 hatte die
GIESSEREI eine Rubrik „Zeitschriftenschau“ ins Leben gerufen, die schon eine Gliederung vorsah, wie sie später in
den Jahresübersichten umgesetzt wurde
und die folgende Themengebiete vorsah:
> Allgemeine Werksanlagen,
> Kalkulation,
> Modelle und ihre Herstellung,
> Formsand,
94
GIESSEREI 101 01/2014
Bild 3: Vorangestellte Anmerkungen der Schriftleitung in GIESSEREI 15 (1928) Nr. 1 zum
Zusammenschluss der Giesserei und der Giesserei-Zeitung zur bis heute bestehenden Zeitschrift GIESSEREI (Auszug).
ßereiwesens zu fördern, vorwiegend diejenigen der Eisengießereien vertreten, die
mit denen der anderen Zweige der Gießereiindustrie nicht in allen Fällen gleichgerichtet waren; trotzdem hat sie sich,
als sich bald nach Beendigung des Krieges (Anmerkung der Redaktion: 1. Weltkrieg) die Wirtschaftsverbände der Gießereiindustrie mit dem zur Förderung der
Gießereitechnik berufenen Verein Deutscher Gießereifachleute sowie mit dem
Verein Deutscher Eisenhüttenleute im
Technischen Hauptausschuss für Gießereiwesen zusammenfanden, ihre Spalten
gerne auch für die Belange der anderen
Zweige der Gießereiindustrie zur Verfügung gestellt, und vollends nachdem
durch freundschaftliches Übereinkom-
men zwischen den Verbänden die Zeitschrift in den Besitz des vom Verein Deutscher Eisengießereien, dem Verein Deutscher Gießereifachleute und dem Verein
Deutscher Eisenhüttenleute gegründeten
Gießerei-Verlags übergegangen war, ihre Arbeiten grundsätzlich auf das Gesamtgebiet ausgedehnt.“
Aus der Fülle der Veröffentlichungen
in 100 Jahren GIESSEREI seien einige Beispiele genannt, die als zeitliche und fachliche Höhepunkte gelten können.
Im 25. Jahrgang der GIESSEREI 1938 wurden im Heft 1, Seite 1, für die „Graugußtagung Leipzig 1938 des Vereins Deutscher Gießereifachleute“ folgende Vorträge angekündigt (Bild 4):
A. Thum, Darmstadt: „Leichtbauweise in
Gußeisen“,
?. Mickel, Esslingen: „Gestaltfestigkeit von
Gußeisen“,
F. Roll, Leipzig: „Verhalten des gießbaren
Eisens gegen chemische und thermische
Einflüsse“,
M. v. Schwarz, München: „Abnutzungswiderstand von Grauguß“,
C. Stieler, Wittenberge: „Wettbewerb zwischen Schweißen und Gießen“,
P. Bardenheuer, Düsseldorf: „Schmelzbehandlung, Gefüge und mechanische Eigenschaften des grauen Gußeisens“,
W. A. Geisler, Essen: „Schleudergußbüchsen“,
O. Glaser, Saarbrücken: „Erschmelzen von
Grauguß im Elektroofen“,
SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI
stärkenempfindlichkeit auch ein bemerkenswerter Schritt in die Zukunft.
Die analoge deutsche Arbeit stammt
von W. Patterson: „Wanddickeneinfluß als
Forschungsproblem“, veröffentlicht in
GIESSEREI 51 (1964) Nr. 6, S. 133-141,
auch als Vortragskurzfassung im Jubiläumsjahrgang GIESSEREI 50 (1963) Nr. 23,
S. 709. Aus der dort erwähnten beachtlichen Dissertation von E. v. Gumpert an
der RWTH Aachen 1957 stammt die Veröffentlichung: W. Patterson und E. v. Gumpert „Versuche zur Deutung der Wirkung
einer Impfung auf Gußeisen“, erschienen
in GIESSEREI TWB Nr. 25, 1959, S.
1341-1361 (Jubiläumsheft). Zusammenfassend zeigt Bild 5 aus GIESSEREI 51
(1964) Nr. 6, S. 140, dass eine grafitisierende Impfung die Anteile an Ledeburit,
m- und D-Grafit verringert und den A-Grafit-Anteil steigert, jeweils bezogen auf den
Abstand von der „Schreckplatte“.
Mit Fragen der Keimbildung als
Grundlagen für den Mechanismus des
Impfens befassten sich in früheren Jahren und bis zur Gegenwart u. a. die Habilitationsschrift von W. Patterson in Aachen 1951 sowie die Dissertationen von
D. Ammann 1958 in Aachen, von B. Leube 1996 in Freiberg und von A. Sommerfeld 2010 in Clausthal. Anreger und Betreuer dieser vier Studien waren E. Piwowarsky und W. Patterson in Aachen,
R. Mai in Freiberg und B. Tonn, geb. Leube, in Clausthal.
Bild 4: Ankündigung der „Graugußtagung 1938“ in der GIESSEREI 25 (1938) Nr. 1, S. 1.
E. Diepschlag, Breslau: Filmvortrag „Spiel
der Oberfläche bei flüssigem Gusseisen“,
E. O. Bernhardt, Berlin: Filmvortrag „Martensitkristallisation“.
Diese Themen sind zeitlos aktuell. Auch
die Einbindung von Filmen in das Vortragsprogramm ist eine heute übliche
Form der Informationsvermittlung auf
Veranstaltungen. Wertvoll war schon damals die anschließend kurzfristig folgende Veröffentlichung dieser Vorträge in der
GIESSEREI, z. B.:
> A. Thum: „Leichtbau in Gußeisen“ in
GIESSEREI 25 (1938) Nr. 10, S. 237241,
> M. v. Schwarz: „Abnützungswiderstand
von Grauguß mit besonderer Berücksichtigung der Zylinderblöcke und
-büchsen“ in GIESSEREI 25 (1938) Nr.
25, S. 637-642.
Erstaunlich aktuell ist auch eine frühe Arbeit von J. Geiger in GIESSEREI 27 (1940)
Nr. 1, S. 1-9, und Nr. 2, S. 30-32, mit dem
Titel: „Über die Dämpfung bei Gußeisen
96
GIESSEREI 101 01/2014
mit besonderer Berücksichtigung gegossener Kurbelwellen“.
Beispiele für Veröffentlichungen
ausländischer Autoren und analoge
inländische Arbeiten
Schon früh kamen in der GIESSEREI auch
ausländische Autoren zu Wort, z. B. R.
Mitsche, Österreich, im Jahrgang 17
(1930) Nr. 32, S. 774-775, mit einem bemerkenswert konzentrierten „Beitrag zur
Gußeisenprüfung“, der unter „Mitteilung
aus dem Eisenhüttenmännischen Institut
der Montan. Hochschule in Leoben“ erschien. Die einführenden Zeilen lauten:
„Es wird für einige Gußeisensorten nachgewiesen, daß man für die Biegeprobe
statt einer Länge L = 20 d mit L = 10 d
ebenfalls brauchbare Ergebnisse erhält.
Der Begriff Wandstärkenempfindlichkeit
und seine praktische Bedeutung werden
gekennzeichnet und ein Verfahren für die
Bestimmung derselben angegeben.“ –
Dies ist nicht nur eine präzise Zusammenfassung, sondern mit dem Begriff Wand-
Schon die Themen sind interessant:
> W. Patterson: „Über den Einfluß von
Fremdkeimen auf die Kristallisation
von Metallen und Legierungen, insbesondere auf die Ausbildung des Eutektikums im Gußeisen“ GIESSEREI, TWB
H. 6/8, März 1952, S. 355-378, mit
einer Anerkennung durch A. Portevin,
Paris, Frankreich; siehe GIESSEREI 98
(2011) Nr. 6, S. 32-33; W. Patterson:
Habilitationsschrift, RWTH Aachen
1951.
> W. Patterson und D. Ammann: „Beitrag
zur Kristallisation des lamellaren EisenGraphit-Eutektikums im Gußeisen“ in
GIESSEREI , TWB H. 23, Januar 1959,
S. 1247-1275; D. Ammann: Dr.-Ing.-Dissertation, RWTH Aachen 1958.
> B. Leube und R. Mai: „ Beitrag zur Modellierung der Abkühlung und Kristallisation eutektischer Gußeisenlegierungen mit Lamellengraphit“ in Giessereiforschung 49 (1997) Nr. 3, S.
97-105; auch in GIESSEREI 84 (1997)
Nr. 21, S. 30-31; 85 (1998) Nr. 6, S.
69-70, und Nr. 12, S. 52; B. Leube: Dr.Ing.-Dissertation, TU Bergakademie
Freiberg 1996.
Bild 5: Prozentualer Anteil verschiedener
Gefügearten am Gefüge von stirnseitig
gegen Kokille gegossenen ungeimpften und
geimpften Gusseisenplatten aus GIESSEREI
51 (1964) Nr. 6, S. 140.
> A. Sommerfeld, B. Tonn und B. Böttger: „Manganese and sulphur influence
on the nucleation of graphite in cast
iron melts“ Giessereiforschung 60
(2008) Nr. 2, S. 2-5; A. Sommerfeld
und B. Tonn: „Graphitkeimbildung in
GJL-Schmelzen“ GIESSEREI 95 (2008)
Nr. 8, S. 72-74; A. Sommerfeld: Dr.Ing.-Dissertation TU Clausthal 2010.
Aktuelle Beiträge zur Grafitkristallisation
sind die schon erwähnten vier Veröffentlichungen von M. Lampic und M. Walz in
der GIESSEREI 100 (2013) Nr. 3-6.
Der vorbildlichen Mitsche-Arbeit in
GIESSEREI 17 (1930) Nr. 32, S. 768 geht
voraus in Nr. 31 auf S. 768 ein bewegender Nachruf für Karl Brackelsberg, den
Erfinder des mit Kohlenstaub gefeuerten
Drehtrommel-Schmelzofens für Eisen-,
Temper- und Stahlguss. Bei dessen Entwicklung wurde er tatkräftig unterstützt
durch Ing. W. Drees, der als Maschinenbauer viele Jahre die Gießerei der Firma
J. D. Brackelsberg in Mispe, heute Ennepetal, erfolgreich leitete. Bei der Beerdigung
von K. Brackelsberg am 19. Juli 1930
sprach Prof. Dr.-Ing. M. Paschke, Bergakademie Clausthal, anerkennende Worte. In Clausthal wurde ein kleiner Brackelsberg-Ofen zur Unterstützung von
Forschung und Lehre aufgebaut.
Eine zweite, ebenfalls vorbildlich kurze österreichische Arbeit, die im 50-JahrJubiläumsband der GIESSEREI erschien,
ist heute so aktuell wie damals: R. Mitsche: „Der Collaud-Punkt als Hilfsmittel
in Praxis und Unterricht“ in GIESSEREI 50
(1963) Nr. 20, S. 609-610 (Bild 6). Die
ausgezeichneten Arbeiten des Schweizer
Gießers A. Collaud bei Von Roll in Klus,
besonders die Veröffentlichungen in
GIESSEREI TWB 1954 und 1955 (Habilitationsschrift), sind die Brücken zu H.
Jungbluth in Karlsruhe, zu gründlichen
Kommentaren von W. Patterson und zu
Auswertungen und Weiterentwicklungen
seiner Aachener Schüler. Genannt seien
die Veröffentlichungen:
> W. Patterson: „Mechanische Eigenschaften von grauem Gußeisen“ in
Giesserei-Kalender 1956, S. 198-207,
> H. Jungbluth: „Vom Maurer-Diagramm
zum Collaud-Schaubild“ in der DDRZeitschrift Neue Hütte 4 (1959) Nr. 5,
S. 267-276,
> W. Patterson und R. Döpp: „Betriebsnomogramm für Grauguß“ in GiessereiKalender 1960, S. 113-117, und GIESEREI 47 (1960) Nr. 7, S. 175-180.
Bild 6: Beziehung zwischen mechanischen
Eigenschaften und den Haupteinflüssen
des Gusseisens mit Lamellengraphit aus
GIESSEREI 50 (1963) Nr. 20, S. 610.
Eine zentrale Rolle bei der Entwicklung
des Betriebsnomogramms spielte neben
dem Collaud-Schaubild das Diagramm
Zugfestigkeit = f(Sättigungsgrad) für getrennt gegossene Probestäbe mit 7,5 bis
90 mm Dmr. von P. A. Heller und H. Jungbluth in GIESSEREI 42 (1955) Nr. 10, S.
257, (Bild 7).
Entwicklung der GIESSEREI
nach 1945
Die Giesserei-Kalender von 1950 bis
1998 waren und sind ein kleines, äußerst
lesenswertes Handbuch der Gießereikunde mit einem Gesamtsachregister von
1950 bis 1979. Der sehr praktische und
handliche Giesserei-Kalender wurde ab
1999 abgelöst durch das zweibändige,
später dreibändige Giesserei-Jahrbuch,
in dem aktuelle herausragende Arbeiten
aus dem Veröffentlichungsprogramm der
GIESSEREI dokumentiert und als Nachschlagewerk dem Nutzer zur Verfügung
gestellt werden.
Motiv und Ziele nennt das Vorwort im
1. Giesserei-Jahrbuch 1999: „Im Jahr 1950
erschien der erste „Giesserei-Kalender“,
das handliche Taschenbuch des Gießereifachmanns, welches im Format DIN A 6
wichtige Informationen für die praktische
Arbeit in der „Kitteltasche“ bereithielt. Seit
49 Jahren findet hier ein treuer Leserkreis
technisch-ökonomische Fakten, grundlegende Ausarbeitungen und wichtige Adressen, die vom Verein Deutscher Giessereifachleute zusammengestellt und im Gießerei-Verlag herausgegeben werden.
Im 50sten-Erscheinungsjahr, dem
Jahr des 90sten-Geburtstags des VDG
Bild 7: Berechnete Zusammenhänge
zwischen der Zugfestigkeit und dem
Sättigungsgrad des grauen Gusseisens in
Abhängigkeit vom Probestabdurchmesser
aus GIESSEREI 42 (1955) Nr. 10, S. 257.
und dem Jahr der 9. Internationalen
Giessereifachmesse GIFA, entschlossen
sich die Herausgeber, der Verein Deutscher Giessereifachleute, der Deutsche
Giessereiverband und der Gesamtverband Deutscher Metallgiessereien, das
kleine Taschenbuch wachsen zu lassen.
Es wird zukünftig als Giesserei-Jahrbuch
zweibändig, im DIN A 5-Format erscheinen und in seinem Inhalt erweitert sein.
Es enthält im Band 1 ingenieurtechnische Berichte wie bisher und wird erweitert um die Jahresübersichten, die aus
der Zeitschrift GIESSEREI übernommen
werden.
GIESSEREI 101
01/2014
97
SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI
I.
1:
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Gusswerkstoffe:
Gusseisen (A. Wittmoser),
Temperguss (K. Roetsch),
Stahlguss (H.-L. Roes),
Schwermetallguss (E. Brunhuber),
Leichtmetallguss (W. Büchen),
Hartguss (H. Goebel),
MTC-beständiger Guss (Gusseisen mit Kugelgrafit)
(H. Timmerbeil),
Korrosion und Oberflächenschutz (A. Königer).
8.
II.
1.
Entwicklung der Gießverfahren
Kokillenguss – Gusseisen (A. Rexroth),
Kokillenguss – Leichtmetalle (W. Büchen),
Kokillenguss – Schwermetalle (E. Brunhuber),
Druckguss (G. Lieby),
Schleuderguss – Gusseisen (F. Faber),
Schleuderguss – Stahl (H. Stich),
Schleuderguss – Schwermetall (G. Schwietzke),
Strangguss – Gusseisen (A. Wittmoser),
Strangguss – Kupfer, Kupferlegierungen und Stahl
(H. Voßkühler),
Strangguss – Leichtmetalle (W. Roth).
2.
3.
4.
III.
Modellbau: (F. Lamm).
IV.
1.
2.
3.
Form- und Hilfsstoffe:
Natürliche und synthetische Formstoffe (D. Boenisch),
Öle und ähnliche Bindemittel (W. W. Magers),
Kunstharzbinder (H. Derlon).
V.
1.
2.
3.
Besondere Form- und Gießverfahren:
Zementsandverfahren (K. Wüllenweber),
Kohlensäure-Erstarrungsverfahren (W. Schumacher),
Maskenformverfahren und sonstige Genaugießverfahren
4.
Feingießverfahren (E.-G. Nickel).
VI.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Schmelzöfen und sonstige Öfen:
Kupolöfen (H. Pacyna),
Flamm- und Herdöfen (W. Schumacher),
Kleinkonverter (W. Schumacher),
Tiegel-, Trommel- und Warmhalteöfen (E. Bertram),
Elektrische Schmelzöfen (K.-H. Brokmeier),
Trockenöfen (J. Küpper),
Wärmebehandlungsöfen (H.-J. Pohle).
VII.
1.
2.
3.
4.
Gießereimaschinen:
Formmaschinen (W. Gesell),
Sandaufbereitungsanlagen (W. Gesell und W. Riege),
Putzereieinrichtungen (W. Gesell),
Gießereianlagen und Transportwesen (Th. Klingenstein).
VIII. Unfall- und Gesundheitsschutz:
1.
Unfallverhütung (E. H. Ritter),
2.
Staubbekämpfung im Betrieb (K. G. Schmidt).
IX.
Arbeitsstudium in der Gießerei: (Ph. Vogt).
X.
1.
2.
Berufsausbildung:
Facharbeiter- und Meisterausbildung (L. Frede),
Ausbildung von Gießereiingenieuren (W. Gesell).
XI.
Hochschule und Forschung: (W. Patterson).
XII. Werkstoffprüfung: (H. Zeuner).
XIII. Normung: (H. Hosse).
XIV. Kostenrechnung: (L. Remmeke).
Ein halbes Jahrhundert gießereitechnisches Schrifttum
(H. Schmidt).
Ein halbes Jahrhundert wirtschaftliche Entwicklung
1.
Eisen-, Stahl- und Temperguß (F. Waizmann),
2.
Metallguß (G. Andexer)
98
GIESSEREI 101 01/2014
Band 2 enthält das Mitgliederverzeichnis des VDG, das nunmehr jährlich aktualisiert zur Verfügung steht. Daneben steht
ein ausführlicher Bezugsquellennachweis (die „Gelben Seiten“),
der inzwischen als dritter Band herausgegeben wird.
Neben herausragenden aktuellen Arbeiten wurden auch interessante Veröffentlichungen aus der GIESSEREI und die dort
seit 1964 erscheinenden Jahresübersichten übernommen.
Viele andere hier aus Platzgründen nicht erwähnte, aber
ebenso bedeutende und grundlegende Arbeiten zur Gießereitechnik nach 1945 bis heute finden sich, sehr gut strukturiert,
recherchiert und redaktionell von der GIESSEREI zusammengefasst, in den Festschriften zu den VDG-Jubiläen 50, 75 und
100 Jahre VDG:
Im Sonderband „ 50 Jahre VDG“ im Jahr 1959, der in Erstveröffentlichung in GIESSEREI 46 (1959) Nr. 22, S. 613-896
unter dem Titel „Ein halbes Jahrhundert Gießereitechnik in
Deutschland“ erschienen ist, werden neben einem Überblick
über die Entwicklung der Gusswerkstoffe und Gießverfahren in
diesem Zeitraum auf den Seiten 882-885 ein halbes Jahrhundert gießereitechnisches Schrifttum und den Seiten 886-895
ein halbes Jahrhundert wirtschaftliche Entwicklung dokumentiert. Diese unter Leitung von Ph. Schneider zusammengestellten Beiträge sind vorbildlich, anregend und anspornend.
Das 20. Jahrhundert war für die Gießerei-Industrie durch zunehmende Technisierung in allen Fertigungsbereichen gekennzeichnet. Zudem setzten sich nach 1945 auch die chemisch gebundenen Formstoffe durch, die vor allem in der Kernfertigung
und dem Großformguss bis heute in großer Breite zum Einsatz
kommen. Diese weitreichende Technisierung und Verfahrensentwicklung geht anschaulich aus der Gliederung dieses Sonderheftes hervor, die gleichzeitig das Veröffentlichungsspektrum der GIESSEREI in der beginnenden zweiten Hälfte des 20.
Jhs. dokumentiert und zeigt, wie sich das Veröffentlichungsprofil stark ausgeweitet hat (Bild 8).
Ein Anhang von H. Schmidt befasst sich unter dem Titel „Ein
halbes Jahrhundert gießereitechnisches Schrifttum“ auch mit
der Entwicklung der Zeitschrift GIESSEREI.
Ein weiterer Anhang kommentiert und dokumentiert, unterteilt in die Werkstoffe Eisen-, Stahl- und Temperguss sowie Metallguss, „ein halbes Jahrhundert wirtschaftliche Entwicklung
des Gießereiwesens“. Grundlegende Beiträge dieser Art wurden zu gegebenen Anlässen in unregelmäßigen Abständen auch
in der GIESSEREI veröffentlicht.
Erwähnenswert zum großen Gebiet der Gusswerkstoffentwicklung ist Punkt I., 7. „MTC-beständiger Guss“. Es handelt
sich um eine wichtige Werkstoffentwicklung im Bereich der FeC-Gusswerkstoffe nach 1945, die Gusseisen mit Kugelgrafit einschließt. Die Werkstoffgruppe hat seitdem eine sehr erfolgreiche Entwicklung genommen. Der Autor H. Timmerbeil leitete
damals den Fachausschuss „MTC-beständiger Guss“ im VDG
und veröffentlichte in GIESSEREI 42 (1955) Nr. 1, S. 7-15 unter dem Titel „Gusseisen mit Kugelgraphit als Werkstoff für mechanisch, thermisch und chemisch (MTC) beanspruchten Guss“,
einen ausführlichen Bericht, der die Vorzüge dieser neuen Werkstoffgruppe nachhaltig bekannt machte.
Eine weitere Zusammenstellung erfolgte anlässlich des 75.
Jubiläums des VDG 1984, veröffentlicht in GIESSEREI 71 (1984)
Nr. 1/2, S. 3-114. Sie ist auch als Sonderdruck unter dem Titel
Bild 8: Inhalt des Sonderbandes „ 50 Jahre VDG“ aus dem Jahr
1959, der in Erstveröffentlichung in GIESSEREI 46 (1959) Nr. 22,
S. 613-895 unter dem Titel „Ein halbes Jahrhundert Gießereitechnik in Deutschland“ erschienen ist.
gen, Betriebsorganisation und Bildungswesen sowie Normung ins Leben gerufen. Die
Ergebnisse aus dieser gezielten Forschungsarbeit fanden überwiegend ihre
Verbreitung über Veröffentlichungen in der
Zeitschrift GIESSEREI.
Und noch etwas hatte sich verändert.
Unter dem Titel „Gießereitechnik kennt
keine Landesgrenzen“ wies der damalige
Chefredakteur W. Standke auf die zunehmende Internationalisierung der Gießereitechnik und ihrer Kundenbeziehungen
hin, die wir heute als Globalisierung beschreiben. Internationale Geschäftsbeziehungen rund um die ganze Welt sind
heute oft tägliches Geschäft. Auch die
GIESSEREI wurde zunehmend im Ausland
gelesen und erschien damals sogar mit
englischem Inhaltsverzeichnis und teilweise auch mit englischen und französischen Kurzfassungen.
Unter der Überschrift „Werkstoffentwicklung für breitere Gussanwendung“ standen im VDG-Jubiläumsheft in GIESSEREI
71 (1984) H.1/2 folgende Werkstoffthemen:
1. Gußeisen mit Lamellengraphit (W.
Weis),
2. Gußeisen mit Kugelgraphit (D. Wolters),
3. Legiertes Gußeisen und Hartguß (K.
Röhrig),
4. Temperguß (A. Engels),
5. Stahlguß (A. Kolorz),
6. Feinguß (K.-A. Krekeler),
7. Leichtmetallguß (H. Arbenz),
8. Schwermetallguß (W. Thury).
Bild 9: Würdigung zum 75. Jubiläum des VDG 1984, die in GIESSEREI 71 (1984) Nr. 1/2, S.
3-114 und als Sonderdruck unter dem Titel „VDG fördert Giessereitechnik – 75 Jahre Verein
Deutscher Giessereifachleute 1909-1984“ veröffentlicht wurde.
„VDG fördert Giessereitechnik – 75 Jahre
Verein Deutscher Giessereifachleute
1909-1984“ erschienen. Die unter Leitung
von G. Engels und W. Standke erarbeitete
ausgezeichnete Übersicht über 75 Jahre
technische Entwicklung im VDG befasst
sich neben der Entwicklung des VDG mit
der Werkstoffentwicklung für breitere
Gussanwendung und mit der Verfahrensentwicklung im Eisen- und Nichteisen-Metallbereich (Bild 9). Dort gibt auch der ehemalige Chefredakteur W. Standke unter
dem Titel „Fachschrifttum weiterhin bevorzugte Informationsquelle“ einen kurzen
Überblick über die Entwicklung der
GIESSEREI als Fachzeitschrift und des
Buchbestandes vom Giesserei-Verlag.
Fortgesetzt hatte sich der Prozess der
Mechanisierung der Gussteilproduktion
hin zu automatischen Fertigungsstrukturen mit Prozessverkettungen bei Nutzung
neuer leistungsfähiger Verfahren, Formund Hilfsstoffe. Fragen der Verbesserung
des Technologietransfers zur Verkürzung
der Innovationszeiten standen im Mittelpunkt der weiteren Entwicklung im Gießereiwesen, die eine vom VDG koordinierte
Forschungsförderung zur weiteren technisch-technologischen Entwicklung im Gießereiwesen erforderte, die 1975 ins Leben gerufen wurde. Als unterstützende
Gremien wurden 1976 die VDG-Fachgruppen Eisenguss, Stahlguss, NE-Metallguss,
Fertigungsverfahren, Betriebseinrichtun-
Die Veröffentlichungen zum Schmelzen
standen unter dem Thema „Schmelztechnik im Zeichen der Energieeinsparung“:
1. Kupolöfen und andere brennstoffbeheizte Öfen für Eisenlegierungen (L. Höhle),
2. Elektrisch beheizte Schmelz-, Warmhalte- und Gießöfen für Eisenlegierungen
(K. Muckhoff),
3. Schmelz-, Warmhalte- und Gießöfen für
NE-Metallwerkstoffe (W. Tappen),
4 Feuerfeste Stoffe (K.-E. Granitzki und
G. Routschka).
Unter dem Thema „Bessere Formen mit
neuen Formstoffen und rationelleren
Formverfahren“ befassten sich F. Hofmann, U. Kleinheyer und K.-A. Krekeler
mit den Formstoffen, tongebundenen,
chemisch und physikalisch gebundenen
Formstoffen sowie den Formstoffen und
Formverfahren für die Feingießtechnik.
Unter dem Thema „Formanlagen wurden
zu integrierten Systemen“ beleuchtete K.
Gollnow die grundlegenden Aspekte der
Mechanisierung und Automatisierung der
Verdichtung von Formstoffen, der AnlaGIESSEREI 101
01/2014
99
SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI
Bild 10:
Titelbild des mehrteiligen „Special“ in
der GIESSEREI 96
(2009) Nr. 3, S. 7,
zum 100. Jubiläum
des VDG im Jahr
2009, wo diverse
Beiträge sich mit
der Entwicklung der
Gießereitechnik in
den letzten hundert
Jahren befassen.
100 Jahre VDG
SPECIAL
Teil 1: Der Verein Deutscher
Giessereifachleute von der Gründung
bis zu den 1990er Jahren
GIESSEREI 96 03/2009
gen zur Herstellung kastengebundener
und kastenloser Formen (nach W. Standke aber noch nicht kostenloser Formen)
aus tongebundenem Sand, der Anlagen
zur Herstellung von Formen und Kernen
aus chemisch gebundenem Sand und aus
physikalisch gebundenem Sand.
Das Fertigen von FE- und NE-Metallguss
mit Dauerformen stand unter dem Thema „Kokillen- und Druckgießtechnik leistungsfähiger mit modernen Steuerungen“, untergliedert in die Bereiche:
1. Kokillengießverfahren – Eisenlegierungen (H.-J. Scheil)
2. Kokillengießverfahren - NE-Metalle (W.
Tappen),
3. Strang- und Schleudergießverfahren
für Gußeisen und Stahl (H. Krall und B.
Düker),
4. Druckgießverfahren (P. Koch).
Über die aktuellen Aspekte des Modellund Formenbaus berichtete R. Roller unter dem Titel „Modell- und Formenbau nutzen neue Werkstoffe und Technologien“.
Im Bericht „Die Putzerei – endlich
nicht mehr Stiefkind der Gießerei“ zeigen
W. Gesell und W. Riege neue Putztechniken und Strategien zum Auspacken und
Kühlen, Trennen, Strahlen und Schleifen.
Auf den zunehmenden Einsatz von Positioniergeräten, Robotern und Manipula100
GIESSEREI 101 01/2014
37
toren zur Arbeitserleichterung und Produktivitätssteigerung wird hingewiesen.
„Arbeitsschutz geht immer alle an“
überschreibt H. Tillmanns seine Ausführungen zum Arbeitsschutz in Gießereien.
J. Winterhalter berichtet über die zunehmende Bedeutung der Entstaubungstechnik in der Gussfertigung unter dem Titel
„Umweltschutz begann mit der Entstaubung“.
Die Gießerei wurde zunehmend als Gesamtanlage betrachtet. Auf dieses Thema geht G. Steinbauer in seinem Bericht
„Was ist eine moderne Gießerei?“ ein.
Die mit zunehmend verketteter und
hoch produktiver Gussfertigung einhergehende steigende Bedeutung der Gussqualität und des betrieblichen Prüfwesens
waren Themen von W. Siefer in seinem
Beitrag „Von der Kontrolle zum Qualitätssicherungssystem“. K. Saupe stellte die
Bedeutung der „Verfahren der chemischen Analyse“ zur Qualitätssicherung in
den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Auf
die Bedeutung einer gezielten und wissenschaftlich fundierten Anschnitt- und
Speisertechnik – nicht nur Erfahrung, sondern auch exakte Entwicklung“ ging L.
Kucharcik in seinem Beitrag ein.
K. Gollnow befasste sich mit den Aspekten der Forschung und Ausbildung zur
Förderung des Fortschritts im Gießereiwesen, L. Kucharcik mit der Ausbildung
von Gießereiingenieuren und -technikern,
W. Kaufhold mit der Ausbildung von Facharbeitern und A. Menden mit VDG-Schulungsdienst und Meisterausbildung. K. Urbat analysierte die wirtschaftliche Entwicklung der Eisen-, Duktilguss- und
Stahlgießerei-Industrie und H. G. Bach die
der Metallgießerei-Industrie in den letzten 25 Jahren unter dem Titel „Aufschwung und Anpassung“. Die Fülle dieser Arbeiten zeigt das Veröffentlichungsspektrum der Fachzeitschrift GIESSEREI
in der damaligen Zeit.
In dieser Tradition steht auch das mehrteilige „Special“ in der GIESSEREI 96
(2009) Nr. 3 bis Nr. 7, wo nach einer 3-teiligen Veröffentlichung von G. Engels, N.
Ketscher und G. Wolff unter dem Titel
„Der VDG von der Gründung bis zu den
1990er Jahren“ die Entwicklung des VDG
einschließlich der Redaktion GIESSEREI
und in den folgenden Beiträgen die letzten hundert Jahre gießereitechnischer
Entwicklung in ihren wichtigen Meilensteinen dokumentiert werden (Bild 10):
GIESSEREI 96 (2009) Nr. 5: 100 Jahre
VDG. Teil 3:
> Eisenguss (C. Troglio),
> Leichtmetallguss (F. J. Feikus),
> Form- und Kernherstellung mit chemisch gebundenem Formstoff (H.
Wolff),
> Form- und Kernherstellung mit tongebundenen Formstoffen (W. Tilch und
H. Polzin),
> Modellbau (F. Buchholz),
> Gießtechnische Simulation (E. Flender
und J. C. Sturm).
GIESSEREI 96 (2009) Nr. 6: 100 Jahre
VDG. Teil 4:
> Kupolöfen und andere brennstoffbeheizte Öfen zum Schmelzen von
Gusseisen (Th. Enzenbach),
> Elektroöfen zum Schmelzen, Speichern
und Gießen (E. Dötsch),
> Rohgussnachbehandlung (J. Richter),
> Tendenzen in der Luftreinhaltung (J. H.
Helber).
GIESSEREI 96 (2009) Nr. 7: 100 Jahre
VDG. Teil 5:
> Druckgießen (L. H. Kallien und Ch.
Böhnlein),
> Feuerfeste Baustoffe (D. Holland und
R. Neumann).
Die Vorträge des vom VDG-Fachausschuss Geschichte aus Anlass 100 Jahre VDG durchgeführten gießereitechnischen Kolloquiums, das anlässlich des
Gießereitages 2009 in Berlin stattfand,
sind zusammengefasst in dem VDGFachbericht Nr. 90, 2012, S. 6-65 (Bild
11) veröffentlicht. Sie geben einen Über-
Inhaltsverzeichnis
100 Jahre VDG und die Entwicklung der Gießereitechnik
Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Gerhard Engels, Meerbusch
6
und Temperguss
Prof. Dr.-Ing. Reinhard Döpp, Ennepetal
10
100 Jahre Entwicklung: Leichtmetallguss
B.Eng. Pascal Steinküller, Düsseldorf
24
Geschichte des Gusseisens mit Kugelgraphit
Dipl.-Ing. Hanspeter Britt, Winterthur/Schweiz
28
100 Jahre Entwicklung: Schmelztechnik – Anlagen,
Verfahren und Metallurgie
Prof. Dr.-Ing. Franz Neumann, Unna
34
und Verfahren
Prof. Dr.-Ing. habil. Werner Tilch und Dr.-Ing. Hartmut Polzin, Freiberg
48
100 Jahre Gießereimaschinenentwicklung – dargestellt
Prof. Dr.-Ing. habil. Jürgen Bast, Freiberg
Bild 11: Inhaltsverzeichnis aus VDG-Fachbericht Nr. 90/2012 (Auszug).
blick über 100 Jahre Gießereitechnik –
einen Prozess, den die GIESSEREI als
Fachzeitschrift maßgeblich begleitet hat.
Ihre Veröffentlichungen dienten deshalb
als Informationsfundus auch für diese
Übersichtsbeiträge.
Über 50 Jahre Jahresübersichten als
kommentierte Zeitschriftenschau
Einen zeitlich gegliederten und inhaltlich
konzentrierten Einblick in das deutsche
und internationale Fachschrifttum, zum
Teil kritisch diskutiert, vermitteln die von
Ph. Schneider und W. Standke 1964 dankenswert begründeten Jahresübersichten
des Gießereiwesens, die bis heute einen
wichtigen Veröffentlichungsschwerpunkt
in der GIESSEREI darstellen. Zur Einführung weist die Schriftleitung in GIESSEREI
51 (1964) H. 1, S. 11-12 auf „die Fülle der
in aller Welt erscheinenden Veröffentlichungen“ und den Nutzen „regelmäßig zusammenfassender Auswertungen“ hin, die
als Informationsquelle und Trenddarstellungen der Gießereifachwelt zur Nutzung
zur Verfügung gestellt werden. Das gilt bis
heute.
Die damaligen Beweggründe, Fachgebiete und ausgewerteten Zeitschriften sind
aus Bild 12 ersichtlich, die in GIESSEREI
51 (1964) Nr. 1, S. 11 der ersten Jahresübersicht vorangestellt wurden. Die im
ersten Jahr (1964) veröffentlichten Jahresübersichten sind im Folgenden mit ihren Autoren zusammengefasst:
> Gusseisen mit Lamellengraphit: H. F.
W. Hauptvogel,
> Legiertes Gusseisen: D. B. Wolters,
> Gusseisen mit Kugelgraphit: H. Kempers,
> Temperguss: H. G. Trapp,
> Sonderguss: (Hartguss und Walzenguss): W. Siefer,
> Legierter Stahlguss: G. Tschentke,
> Unlegierter und niedriglegierter Stahlguss: K. E. Höner,
> Schwermetallguss. Teil 1: Werkstoffe
und Werkstoffeigenschaften: E. Weisner,
> Schwermetallguss. Teil 2: Schmelzen,
Gießen, Technologie: J. Müller,
> Leichtmetallguss. Teil 1: Werkstoffe und
Werkstoffeigenschaften: H. Arbenz,
> Leichtmetallguss. Teil 2: Schmelzen,
Gießen, Technologie: D. Ammann,
> Druckguss. Teil 1: Werkstoffe und
Werkstoffeigenschaften: W. Rüegg,
> Druckguss. Teil 2: Schmelzen, Gießen,
Technologie: G. Lieby,
> Feinguss: E.-G. Nickel,
> Formstoffe. Teil 1: Formsande und Formsandeigenschaften: I. Bindernagel,
> Formstoffe. Teil 2: Prüfung, Formstoffe und Rohstoffe: W. Weis,
> Formstoffe. Teil 3: Bindemittel, Kernsande, Verfahren: A. Kolorz,
> Anschnitt- und Speisertechnik: L. Kucharcik,
GIESSEREI 101
01/2014
101
SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI
Bild 12: Einführung zu den Jahresübersichten des Gießereiwesens von Ph. Schneider und W. Standke aus GIESSEREI 51 (1964)
H. 1, S. 11-12 (Auszug).
>
>
>
>
>
Kupolofen: A. Dahlmann,
Elektroschmelzöfen: K.-H. Brokmeier,
Chemische Analyse: K. Saupe,
Feuerfeste Baustoffe: K.-E. Granitzki,
Maschinen zur Form- u. Kernherstellung: G. Engels,
> Putzverfahren und -einrichtungen: W.
Gesell,
> Fördermittel: W. Riege,
> Arbeitssicherheit, Arbeitsphysiologie
u. Arbeitspsychologie: H. Tillmanns.
Diese bis heute in der GIESSEREI veröffentlichten Schrifttumsübersichten sind
eine ganz beachtliche Leistung der Autoren, die nicht hoch genug geschätzt
werden kann. Sie können der Gießereifachwelt und vor allem den Lesern der
GIESSEREI zur allgemeinen Nutzung
wärmstens empfohlen werden.
Weil die Verfasser der Jahresübersichten
auf ihrem jeweiligen Fachgebiet für Qualität garantieren und eine aufwendige vorbildliche Recherchearbeit für die Gießereifachwelt realisieren, sollen die Jahresübersichten mit ihren Autoren nachfolgend
namentlich genannt werden:
102
GIESSEREI 101 01/2014
> Gusseisen mit Lamellengraphit: H. F.
W. Hauptvogel, W. Weis und R. Deike;
> Gusseisen mit Kugelgraphit: H. Kempers, K. Höffer, H. Träger, H. Reuter
und D. B. Wolters;
> Legiertes Gusseisen: D. B. Wolters und
K. Röhrig;
> Hartguss und Walzenguss: W. Siefer,
L. Hütter und K. H. Schröder;
> Temperguss: H. G. Trapp, H. Kowalke
und A. Engels;
> unlegierter und niedrig legierter Stahlguss: K. E. Höner, H. Weber und A. Kolorz;
> legierter Stahlguss: G. Tschentke und
H. Zeuner;
> Stahlguss: D. Wittekopf;
> Leichtmetall-Sand- und -Kokillenguss,
Teil 1: Aluminium – metallkundliche
Grundlagen, Werkstoffe und Werkstoffeigenschaften: K. Alker, H. Arbenz, L.
Heusler;
> Leichtmetall-Sand- und -Kokillenguss,
Teil 2: Magnesiumguss: A. Buckeley,
W. Lotz, G. Rienaß;
> Leichtmetall-Sand- und -Kokillenguss,
Teil 3: Schmelzen, Gießen, Erstarren:
>
>
>
>
>
>
>
>
>
W. Tappen, Th. Steinhäuser, R. Kupferschmid, F. J. Feikus, S. Tewes;
Buntmetallguss: E. Weisner, W. Thury, M. Dette, L. Tikana, A. Kessler;
Druckgießen: W. Rüegg, P. Koch, L. Kallien, W. Leis;
Kupolofen: A. Dahlmann, H. G. Rachner, Th. Enzenbach;
Elektroöfen zum Schmelzen, Warmhalten und Gießen: E. Dötsch;
Feingießen: E.-G. Nickel, W. Weihnacht,
S. Bogner;
Feuerfeste Baustoffe: K.-E. Granitzki,
G. Routschka, O. Krause;
Formstoffe. Teil 1: Grundstoffe, Regenerieren und Aufbereiten, Formverfahren mit tongebundenem Sand – Prüfverfahren, formstoffbedingte Gussfehler: E. Brümmer, I. Bindernagel, P.
Oberschelp;
Formstoffe. Teil 2: Formverfahren mit
nicht tongebundenen Formstoffen,
Überzugsstoffe, Vollformgießverfahren: U. Kleinheyer, E. Strumps, P. Gröning;
Mechanisierung der Form- und Kernherstellung: G. Engels, K. Gollnow, G.
Schneider, K.-H. Schütt, R. Wintgens;
> Gießerei als Gesamtanlage: H. Wübbenhorst, G. Steinbauer, G. Engels;
> Einrichtungen und Verfahren zur Rohgussnachbehandlung: W. Gesell, J.
Richter;
> Simulation gießereitechnischer Prozesse: A. Bührig-Polaczek, B. Pustal;
> Gießtechnik im Fahrzeugbau: R. Bähr,
C. Rehse, S. Scharf;
> Gusskonstruktion und Gussanwendung: K.-H. Schütt;
> Umweltschutz und Energietechnik: H.
Wolff, M. Bosse;
> Technikgeschichte, Kunstguss, Kunsthandwerk: H. Wübbenhorst, K.-H.
Schütt.
Die in der GIESSEREI veröffentlichten
Jahresübersichten waren bis 2002 Bestandteil des Giesserei-Jahrbuches und
damit ein gut einsehbares Nachschlagewerk für die fachlich interessierten Nutzer.
Visionen und Tatsachen bei der Entwicklung von Gusswerkstoffen
Die Werkstoffentwicklung enthält Visionen, die inzwischen Wirklichkeit wurden.
Dazu einige typische Wegmarken, die
durch die GIESSEREI publiziert wurden.
Bild 13: Einfluss des Kohlenstoffs (Graphits) auf die Zugfestigkeit von Eisen und Gusseisen
(nach E. Piwowarsky 1951 mit Ergänzungen von R. Döpp, 2005: Zugfestigkeit 200 N/mm²
bei 4,3 % C entspricht einem Sättigungsgrad Sc von 1,0).
Aus Platzgründen wird hier beispielhaft
auf die Entwicklung der Eisen-Gusswerkstoffe eingegangen, wohl wissend, dass
die Entwicklung bei den Nichteisen-Gusswerkstoffen in den letzten hundert Jahren mit ihren eigenen visionären und innovativen Entwicklungen ebenso dynamisch verlaufen ist.
Die folgenden Ausführungen beruhen
auf der Arbeit „100 Jahre Entwicklung:
Gusswerkstoffe – Eisen-, Stahl- und Temperguss“ von R. Döpp, die zum 100-Jahre-Jubiläum des VDG 2009 in Berlin gehalten wurde, veröffentlicht im VDG-Fachbericht Nr. 90 von 2012, wo auch ein
umfangreiches Schrifttum über die wichtigsten Veröffentlichungen zu den behandelten Themen vorliegt.
Den grundsätzlichen Einfluss des Kohlenstoffs in gebundener Form (Grundmas-
Mineralien
für die Gießereiindustrie
LKAB Minerals liefert Form-, Kern- und Anlegesande
sowie weitere Rohstoffe für die Gießereiindustrie.
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Vielzahl von Industriebereichen indem wir funktionale und für den direkten Einsatz aufbereitete Mineralien liefern. LKAB Minerals gehört zum schwedischen LKAB-Konzern,
einem der führenden Lieferanten von hochwertigen Eisenerzprodukten. www.lkabminerals.com
GIESSEREI 101
01/2014
103
SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI
Bild 14: Reifegrad RG von Gusseisen mit
Lamellengraphit nach W. Patterson, 1958,
hier als Bild 2 aus GIESSEREI 60 (1973)
Nr. 2, S. 33.
se) und in freier Form (als Graphit) auf die
Zugfestigkeit von Eisen und Gusseisen
zeigte E. Piwowarsky mit Bild 13 bereits
1943 und 1951, veröffentlicht in GIESSEREI 30 (1943) Nr. 1, S. 141-162. Zunächst
steigt die Festigkeit stark (Bereich des
Stahls und somit auch des Stahlgusses),
fällt dann aber mit Auftreten des Graphits
und durch dessen Menge etwas ab (Verengungswirkung) und wesentlich stärker
durch die Form des Graphits (Kerbwirkung
der Graphitlamellen). Die Kreise oberhalb
der GJL-Bestwerte sind die Vision der Graphitkugeln beim GJS. Wörtlich sagt E. Piwowarsky in gleicher Quelle: „Tatsächlich
erreicht man neuerdings durch die Überführung des Graphits in die sphärolithische
Form bei einem Kohlenstoffgehalt von etwa 3,5 % eine Zugfestigkeit von 50 bis
70 kg/mm2“. Mit Grundfragen der Sphärolithenbildung befassen sich u. a. K. Herfurth, H. Träger und Y. Radjef, mit der Verfahrensentwicklung K. J. Reifferscheid, B.
Prinz, A. Alt, D. B. Wolters und viele andere (vgl. umfangreiches Schrifttum, u. a. in
den Jahresübersichten Gusseisen mit Kugelgraphit in der Zeitschrift GIESSEREI).
Interessant und eine weitere Vision
in Bild 13 (Festigkeit in Abhängigkeit vom
C-Gehalt) nach E. Piwowarsky ist, dass
die damaligen „Grauguss-Bestwerte“ inzwischen „Grauguss-Normalwerte“ geworden sind, die genau der heutigen
Standardformel für getrennt gegossene
Probestäbe mit 30 mm Durchmesser beziehungsweise etwa 15 mm Gussstückwanddicke entsprechen: Zugfestigkeit
Rmt4ÊUUJHVOHTHSBE4DJO
N/mm2. Diese Festigkeitssteigerung ist
grundsätzlich bereits ein Beispiel für höheren Reifegrad.
104
GIESSEREI 101 01/2014
Das Bild 13 von E. Piwowarsky zeigt
klar auch die bekannte Möglichkeit, höhere Festigkeit durch abnehmenden Kohlenstoffgehalt bzw. allgemein durch abnehmenden Sättigungsgrad zu erreichen.
Das führte, etwa bei steigendem Stahlschrottanteil, zu Perlitguss, z. B. Lanz-Perlit (A. Diefenthäler, K. Sipp 1920), KruppSternguss, Emmelguss, auch Entwicklungen von MAN, Sulzer, Maschinenfabrik
Esslingen und Thyssen. Eine typische Veröffentlichung stammt von K. Sipp: „Perlitgußeisen und seine Anwendungsmöglichkeiten“, Vortrag vom 12. Juli 1924 in
Friedrichshafen, veröffentlicht unter anderem in GIESSEREI 11 (1924) Nr. 49, S.
798-799.
Die gießtechnischen Schwierigkeiten
nehmen mit fallendem Sättigungsgrad zu.
Die Vision von W. Patterson, Piwowarskys
Schüler, Mitarbeiter und Nachfolger, war
daher, höhere Festigkeiten im Gusseisen
mit höherem Sättigungsgrad zu erreichen,
z. B. durch verbesserte Impftechnik. Der
1958 in GIESSEREI 45 (1958) Nr. 14, S.
385-387 vorgeschlagene Begriff Reifegrad RG als Verhältnis der gemessenen
zur normalen Zugfestigkeit mit der oben
genannten Formel (Bild 14) hat die Werkstoffentwicklung sehr positiv beeinflusst
und zu RG-Werten von 120 % und mehr
geführt.
Ähnlich war 1958 Pattersons Vision
der Relativen Härte RH als Verhältnis der
gemessenen Härte zur Normalhärte, die
rechnerisch mit der gemessenen Zugfestigkeit verbunden ist: siehe GIESSEREI 45
(1958) Nr. 14, S. 385-387. Dass diese
/PSNBMIÊSUFt3NHFNFT-
sen sehr genau die heutige Kopplung der
genormten Zugfestigkeits- und Härtesorten wiedergibt, wie 2002 von R. Döpp entdeckt wurde (Bild 15), ist ebenfalls eine
Vision, die Wirklichkeit wurde und hohe
technische und wirtschaftliche Bedeutung hat. Interessant ist, dass ein Grundgedanke der Relativen Härte (Festigkeitssteigerung bei gleichbleibender Härte)
schon am 27. Oktober 1927 von G. Meyersberg in seinem Vortrag „Grauguß im
Automobil- und Flugzeugbau“ auf einer
Werkstofftagung in Berlin erwähnt wurde, veröffentlicht in GIESSEREI 14 (1927)
Nr. 43, S. 747-750.
Zahlreiche Einzelverbesserungen haben
zu dieser bemerkenswerten Entwicklung
beigetragen, u. a. die Gusseisendiagramme von E. Maurer 1924 über F. Greiner
und Th. Klingenstein 1926, H. Uhlitzsch
und W. Weichelt 1933, K. Sipp 1940/41,
H. Laplanche 1947 und A. Collaud
1954/55 bis W. Patterson mit F. Iske
1958 und mit R. Döpp 1960 und 1979
sowie W. Bauer und E. Nechtelberger
1985, die auch in diversen Veröffentlichungen in der GIESSEREI enthalten
sind:
> H. Pieper: GIESSEREI 38 (1951) Nr.
22, S. 577-580 (zu Laplanche);
> A. Collaud: GIESSEREI 42 (1955) Nr.
3, S. 57-58; 43 (1956) Nr. 6, S. 137
und Nr. 26, S. 857;
> W. Patterson und F. Iske: GIESSEREI
45 (1958) Nr. 21, S. 649; Nr. 22, S.
665;
> W. Patterson und R. Döpp: GIESSEREI
47 (1960) Nr. 7, S. 175-180;
Bild 15: Zusammenhang zwischen Härte und Zugfestigkeit von Gusseisen mit Lamellengraphit, nach J. T. MacKenzie, 1946, mit Linien für RH von 0,8 bis 1,2 nach W. Patterson, 1958,
sowie Ergänzung der Zugfestigkeits- und Härtesorten nach DIN EN 1561 von R. Döpp, 2002.
> R. Döpp: GIESSEREI 66 (1979) Nr. 2,
S. 40-43;
> M. Lampic: GIESSEREI 77 (1990) Nr.
5, S. 161-164 (zu Laplanche).
Paten des Betriebsnomogramms für Grauguss 1960 (siehe die Veröffentlichungen
von W. Patterson und R. Döpp in GIESSEREI 47 (1960) Nr. 7, S. 175-180 und
R. Döpp in GIESSEREI 66 (1979) Nr. 2, S.
40-43) sind eine Reihe hervorragender
Arbeiten: Die Werkstoffuntersuchungen
von A. Collaud 1954/55 (siehe oben) sowie von P. A. Heller und H. Jungbluth 1955
(veröffentlicht in GIESSEREI 42 (1955) Nr.
10, S. 255-257), ferner die Gefügeuntersuchungen von H. Laplanche 1947 (vergleiche H. Pieper und M. Lampic, siehe
oben) sowie die Untersuchungen der metallurgischen Gleichgewichtstemperaturen von W. Oelsen, K. Roesch und K. Orths
1955.
Über die Entwicklung der Gusseisendiagramme wird im Einzelnen getrennt berichtet: siehe R. Döpp „Beitrag zur Entwicklung der Eisengussdiagramme“ in
VDG-Fachbericht Nr. 90, 2012. Symbolisch und stellvertretend für die anderen
Entwicklungsstufen sei hier nur an das
Collaud-Diagramm erinnert, eine bemerkenswerte Leistung (siehe unter anderem
Bild 6).
Wesentlich beigetragen zur Qualitätssicherung und Werkstoffoptimierung von
Eisen- und Nichteisen-Gusslegierungen
hat die auf G. Tammann 1903 zurückgehende thermische Analyse. Bei GJL haben sich besonders der Unterkühlungsquotient UQ nach K. H. Caspers 1974
(siehe GIESSEREI 61 (1974) Nr. 20, S.
611-615) und die Relative Unterkühlung
RU 1986 (siehe GIESSEREI 76 (1989) Nr.
2, S. 47-53) bewährt. Das für die Graphitbildung aus der Schmelze entscheidende eutektische Erstarrungsintervall ist
quantitativ untersucht worden: Dissertation St. Schwenkel, TU Clausthal 2002
(referiert von K. Röhrig in GIESSEREI 91
(2004) Nr. 11, S. 68, 69, 81).
Zur Verminderung von Lunkern (heute „Beitrag zur Leichtbauweise“) war
schon 1956 Vision von H. A. Krall mit A.
Wittmoser und L. Hütter hohe Werte der
eutektischen Graphitmenge zu erreichen,
d. h. viel Osannit = Austenit und Lamellengraphit: siehe GIESSEREI 43 (1956)
Nr. 16, S. 409-418. Auch F. Krützner und
H. Pacyna erkannten 1998 die große Bedeutung des Graphits für „Möglichkeiten
und Grenzen des speiserlosen Gießens
bei Gusseisen“: siehe GIESSEREI 85
(1998) Nr. 9, S. 72-73; Nr. 10, S. 43-44;
86 (1999) Nr. 1, S. 74; Nr. 2, S. 63-64.
Bei GJS könnte man analog zu Osannit
Bild 16: Zugfestigkeit und Bruchdehnung von hochfestem Stahlguss (niedrig legierte,
wärmebehandelte Vergütungsstähle) mit dem Ziel, mindestens 1500 N/mm² Zugfestigkeit
zu erreichen, um hochfesten Leichtmetallguss substituieren zu können, nach H. Zeuner,
1965, veröffentlicht in GIESSEREI 52 (1965) Nr. 1, S. 1-8, Bild 1.
von Piwowit = Austenit und Kugelgraphit
sprechen (zu Ehren von Piwowarsky).
S. Engler und Mitarbeiter am GießereiInstitut der RWTH Aachen haben um 1965
eingehend die Morphologie erstarrender
Eisen-Kohlenstoff-Legierungen untersucht
und deutliche Unterschiede zwischen GJL
und GJS festgestellt: siehe GIESSEREI 52
(1965) Nr. 24, S. 778; 53 (1966) Nr. 4, S.
118-119. Zeitlich parallel (1959 - 1963)
liefen nähere Untersuchungen über die
Kristallisation des Primäraustenits, besonders zur Bekämpfung von Warmrissen bei
Temperguss: siehe GIESSEREI 51 (1964)
Nr. 14, S. 414; 52 (1965) Nr. 1, S. 19-20
(Referat H. G. Trapp) und Nr. 24, S. 804
(Referat F. W. Hauptvogel); 56 (1969) Nr.
2, S. 46 (Referat H. G. Trapp); Kurzfassung:
W. Patterson, K. Roesch und R. Döpp „Beitrag zum Erstarrungsverhalten von weißem
und grauem Gußeisen“ in GIESSEREI 52
(1965) Nr. 6, S. 161-171. Die Ergebnisse
können auch für andere Systeme mit dendritischen Phasen nützlich sein, u. a. bei
Stahlguss und untereutektischen Al-, Mgund Cu-Legierungen.
Speziell mit Warmrissen bei Stahlguss
befasste sich intensiv R. Küpfer in der Gießerei der Gebr. Sulzer, Winterthur 1967:
siehe GIESSEREI 52 (1965) Nr. 10, S. 309316; Vortrag Nr. 23, 31. IGK Amsterdam
25.09.1964; siehe GIESSEREI 51 (1964)
Nr. 25, S. 789; W. Patterson, S. Engler
und R. Küpfer „Zum Mechanismus der
Warmrißbildung, bes. bei Stahlguß“ Giessereiforschung 19 (1967) Nr. 3, S. 151-
160; vgl. GIESSEREI 54 (1967) Nr. 19, S.
499; „Untersuchungen zur Warmrißbildung in Stahlguß“ Giessereiforschung 19
(1967) Nr. 4, S. 161-174; vgl. GIESSEREI
54 (1967) Nr. 24, S. 651.
Stahlguss-Vision von H. Zeuner war
schon 1965, dass Fe-C-Legierungen auf
Dauer den Wettbewerb zu den immer leistungsfähigeren Al-Gusslegierungen bestehen können, wenn die Festigkeit im Verhältnis der spezifischen Gewichte (3:1) steigt:
siehe GIESSEREI 52 (1965) Nr. 1, S. 1-8,
besonders S. 2, Bild 1. So erzielte er Zugfestigkeiten von 3 x 500 = 1500 N/mm2
mit speziell legierten und wärmebehandelten Stahlgusssorten (Bild 16).
Heute ist dies nach Bild 17 mit ADI =
Austempered Ductile Cast Iron oder austenitisch-ferritischem Gusseisen, einer
zwischenstufenvergüteten Variante von
Gusseisen mit Kugelgraphit, technisch
auch serienmäßig und dazu wirtschaftlich möglich. (Anmerkung zu Bild 17: Der
Bereich Stahl könnte für Stahlguss auf
mindestens ca. 1500 N/mm2 erweitert
werden – vgl. Bild 16.)
Ergänzend zu Festigkeit und Bruchdehnung untersuchten G. Pusch, O. Liesenberg
und Mitarbeiter an der TU Bergakademie
Freiberg „Zähigkeit und Bauteilsicherheit
von Eisengusswerkstoffen“, veröffentlicht
in GIESSEREI 90 (2003) Nr. 5, S. 82-92.
Zunehmende Bedeutung erhält die
Forderung nach Leichtbau und Energieersparnis. Daraus folgt der scharfe Wettbewerb zwischen Eisen- und LeichtmeGIESSEREI 101
01/2014
105
SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI
> die bewusste Optimierung der Kombination Werkstoff plus Formgebung
(Formulierung nach W. Hespers,
CLAAS GUSS, Bielefeld), besonders
Gusswerkstoff, Form- und Gießverfahren (Bild 18).
Diese Publikationen aus der GIESSEREI
zeigen anschaulich, dass die „alte“
Fertigungstechnik Gießen aus ihrer Tradition heraus Zukunft entwickelt. Auf diesem Weg wird die GIESSEREI als „Zeitschrift für Technik, Innovation und Management“, wie in ihrem aktuellen
Untertitel gesagt wird, die Gießereifachwelt auch unter Einbindung moderner
elektronischer Medien weiter informativ
begleiten.
Bild 17: Vergleich der Zugfestigkeit und Bruchdehnung bei Eisengusswerkstoffen, Aluminiumlegierungen und Stahl mit dem ADI-Gusseisen (austenitisch-ferritisches Gusseisen mit
Kugelgraphit) (Quelle: VDG-Fachbericht Nr. 90, S. 20).
tall-Gusswerkstoffen, im Fahrzeugbereich
besonders zwischen Aluminiumguss und
Eisenguss mit Lamellengrafit und Vermiculargrafit. Erstaunlich ist, dass A. Thum,
K. Sipp und O. Petri schon 1940/41 über
„Gußeisen im Leichtbau“ berichtet haben:
siehe GIESSEREI 28 (1941) Nr. 24, S. 498.
Eine der heutigen Varianten heißt nach
D. Radebach und Mitarbeitern „Downsizing mit Gusseisenwerkstoffen“: siehe
GIESSEREI 96 (2009) Nr. 11, S. 20-30; s.
auch W. Menk zu „Leichtbau mit Eisengußwerkstoffen“ im Referat D. B. Wolters
in GIESSEREI 88 (2001) Nr. 10, S. 60.
Mit Grundlagen der rechnerischen Modellierung des Gefüges und der Keimbildung des Graphits in Gusseisen mit Lamellengraphit befassen sich u. a. B. Tonn,
geb. Leube, und A. Sommerfeld (siehe B.
Leube und R. Mai: Giessereiforschung 49
(1997) Nr. 3, S. 97-105, auch in GIESSEREI 84 (1997) Nr. 21, S. 30-31 und 85
(1998) Nr. 6, S. 69-70; Nr. 12, S. 52; A.
Sommerfeld und B. Tonn: GIESSEREI 95
(2008) Nr. 8, S. 72-74).
Über 100 Jahre Leichtmetallguss, die
eng mit der Automobilentwicklung verbunden sind, wird getrennt berichtet: F.J. Feikus und P. Steinküller: GIESSEREI 96
(2009) Nr. 5, S. 40-52. Hierauf soll aus
Platzgründen hier nicht weiter eingegangen werden.
Ziele beim Schwermetallguss sind u.
a. weitere Verbesserungen der Korrosionsbeständigkeit sowie in jüngerer Zeit
auch der Dämpfungsfähigkeit. „Über die
Dämpfung bei Gusseisen mit besonderer
Berücksichtigung gegossener Kurbelwellen“ hat J. Geiger schon 1940 (erstaunlich früh!) Näheres veröffentlicht: siehe
GIESSEREI 27 (1940) Nr. 1, S. 1-9; Nr. 2,
106
GIESSEREI 101 01/2014
S. 30-32.
Die einzelnen Werkstoffgruppen können
viel voneinander lernen und daraus zukunftweisende Schlüsse ziehen. Beispiele dafür sind:
> die thermische Analyse zur Qualitätssicherung, Fehlerbekämpfung und
Werkstoffoptimierung,
> der Eisen-Kokillenguss, siehe GIESSEREI 79(1992) Nr. 10, S. 381-388,
> die Erweiterung der Werkstoffspektren von Halbzeug auf Gusswerkstoffe,
Schlussbetrachtungen
Die GIESSEREI erschien im 7. Januar
1914 mit dem Untertitel „Zeitschrift für
die Wirtschaft und Technik des Gießereiwesens“ mit folgenden Rubriken:
Hauptbeiträge (Sachverzeichnis und Namensverzeichnis), Bücherschau, Rundschau über das gesamte Gießereiwesen,
Rechtsfragen und Arbeitsrechtliche
Rundschau. Der Jahrgang war seitenweise als Jahresschrift durchnummeriert
und nicht wie heute unterteilt in Ausgaben (Hefte oder Nummern). Für die Jahre 1960-1970 wurden sogar ein Zehnjahresverzeichnis und für die Jahre
Bild 18: Clausthaler Beispiele für die Kombination Werkstoff plus Formgebung (Formulierung nach W. Hespers, CLAAS GUSS, Bielefeld): oben links: Leuchter aus geschmiedetem
Stahl, Ljubljana, Slovenien (Anmerkung: Es gibt auch gegossene Leuchter),
unten links: GRAV – gewichtsreduzierter Aluminium-Vorderbau für den 6er BMW aus Aluminium-Formguss- und -Halbzeug, unten rechts: Plattenofen aus Eisenguss (Modelle Unterofen von 1539 und Oberofen von 1698), Herkunft Harz oder Hessen-Waldeck (da gleicher
Ofen in der Dombibliothek Fritzlar).
1971-1975, 1976-1980 und 1981-1985 Fünf jahresverzeichnisse erstellt, die das Auffinden einzelner Artikel sehr
vereinfachten.
Korrekturen und Anpassungen waren auch bei der GIESSEREI über die hundert Jahre ihres Bestehens notwendig und
selbstverständlich. So wird in der GIESSEREI 15 (1928) Nr.
1, S. 1 erläutert, „warum mit der vorliegenden Nummer unsere Zeitschrift in einen neuen Lebensabschnitt eintritt“: Die
neue Folge „1 Jahrgang 1928“ diente der Verschmelzung der
beiden Zeitschriften „Die Giesserei“ des Vereins Deutscher
Eisengießereien und „Giesserei-Zeitung“ des Vereins Deutscher Gießereifachleute e. V. Dort fanden auch die im Gesamtverband Deutscher Metallgießereien organisierten
Leicht- und Schwermetallgießereien ihre Plattform. Seit dieser Zeit unter dem bis heute verwendeten Namen GIESSEREI erscheinend, werden alle Werkstoff- und Verfahrensbereiche des Gießereiwesens vertreten.
Aus der Vergangenheit kann man auch lernen, dass Fehler zeitlos auftreten und daher äußerste Sorgfalt für die Veröffentlichungen notwendig und selbstverständlich ist. Ein kleines Beispiel hierfür ist der rückwirkend als „klassisch“ zu bezeichnende Aufsatz von P. Spitaler „Über Elektron und
Hydronaliumguss“ aus GIESSEREI 23 (1936) Nr. 8, S. 177181. In Bild 5 auf Seite 178 ist unter Bild 5d beschrieben:
„dicht (Eisengießverfahren)“. In der Bildunterschrift heißt es
richtig: „Vergleich des Eingieß- mit dem Durchgießverfahren“.
Auch der Text auf Seite 179 lässt keinen Zweifel, dass es unter 5d Eingießverfahren heißen muss. So wird der unter Fachleuten bekannte „Spitaler-Anschnitt“ noch 2014 im Jubiläumsjahr der GIESSEREI besonders gewürdigt. Er kann sehr
wahrscheinlich auch bei anderen Gusswerkstoffen erfolgreich
angewendet werden.
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Zu dem neuen Werkstoff Gusseisen mit Vermiculargraphit
sind drei Veröffentlichungen in der GIESSEREI im 10-JahresAbstand erschienen, die zeigen, wie die Zeitschrift GIESSEREI die Werkstoffentwicklung begleitet hat:
> G. Gaede „Gusseisen mit Vermiculargraphit – ein Werkstoff für spezielle Anwendungsgebiete“ in GIESSEREI 69
(1982) Nr. 18, S. 492-495,
> M. Lampic „Eine neue Chance für Gusseisen mit Vermiculargraphit“ in GIESSEREI 79 (1992) Nr. 21, S. 872-878,
> W. Maschke und M. Jonuleit „Herstellung von Gusseisen
mit Vermiculargraphit“ in GIESSEREI 100 (2013) Nr. 4, S.
98-104.
Diese Arbeiten stehen beispielhaft für die Breite der Themen,
die von der GIESSEREI über viele Jahre in ihrer Weiterentwicklung begleitet wurden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Fachzeitschrift GIESSEREI bis zu diesem Jubiläumsheft vom 7. Januar 2014 die bei der Gründung vor 100 Jahren definierte
Aufgabe, „das gesamte Gebiet der Wirtschaft und Technik
des Gießereiwesens zu bearbeiten“, in den 100 Jahren ihres Bestehens vorbildlich erfüllt hat, wie die in diesem Beitrag gezeigten Beispiele belegen. Dass dies in Zukunft so
bleibt, wünschen die Autoren der Fachzeitschrift GIESSEREI mit herzlichem Glückauf!
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SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI
„Gießen ist und bleibt ein
leistungsfähiges Urformverfahren.“
Prof. Dr.-Ing. Reinhard Döpp im
Gespräch mit der GIESSEREI
Herr Professor Döpp, vor 100 Jahren
wurde die Zeitschrift GIESSEREI gegründet. 1909, also nur wenige Jahre
zuvor entstand der Verein Deutscher
Giessereifachleute (VDG). Was waren
dafür die Triebkräfte?
Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein war
das Gießereiwesen geprägt vom Können
einzelner Akteure, das weitgehend auf Erfahrungswissen beruhte. Im Zuge der von
England ausgehenden industriellen Revolution, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch die Entwicklung in Deutschland bestimmte, wurde offensichtlich,
dass solche Arbeitsprinzipien auf Dauer
nicht ausreichten. Der Wettbewerb zwi122
GIESSEREI 101 01/2014
schen den Unternehmen wurde schärfer,
und es gab einerseits eine Orientierung
hin zu einer stärkeren Einbeziehung der
Wissenschaft. Andererseits reifte die Erkenntnis, dass es einer besseren und intensiveren Fachkommunikation bedurfte,
um Innovationen zu beschleunigen. Das
war der Ausgangspunkt für die Gründung
zahlreicher technisch-wissenschaftlicher
Vereine wie auch des VDG.
Beides, die Gründung des technischwissenschaftlichen Vereins und die
der Zeitschrift GIESSEREI, entsprangen also einem gemeinsamen Leitgedanken?
Genau. Es ging den Beteiligten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Technik darum,
die Kommunikation im Gießereiwesen zu
verbessern. Das, was an einzelnen Stellen bekannt war, sollte den anderen bekannt gemacht werden. Und Fragen, die
sich in der Praxis stellten, sollten schnell
an jene Einrichtungen gelangen, wo sie
näher untersucht werden konnten. Seit
ihrer Gründung ist die Zeitschrift GIESSEREI der Gemeinschaftsarbeit der Fachvereinigung verpflichtet, hieß es 1988 zur
75-Jahr-Feier, und es wird die in Heft 1
vom 7. Januar 1914 festgehaltene Aufgabe zitiert, nämlich „das gesamte Gebiet
der Wirtschaft und Technik des Gießereiwesens zu bearbeiten.“ Das hat damals
wie heute Gültigkeit.
Bessere Kommunikation – bedeutet
das nicht auch, dass die Konkurrenz
schneller Bescheid weiß?
Sicherlich ist geheimes Wissen im Konkurrenzumfeld zunächst immer ein
Trumpf – aber ab einem bestimmten
Punkt der Technologieentwicklung geht
es schneller voran, wenn das Wissen geteilt wird. Diese Einsicht setzt sich in aufstrebenden Industrien immer wieder erneut durch. Wir erleben das zurzeit zum
Beispiel in der Computerindustrie, die
sich nach und nach auf gemeinsame
Standards und Schnittstellen einigt. Man
denke auch an die Spurweiten der Eisenbahnen. Der Konkurrenzvorteil, der sich
daraus ergab, dass nur die „eigenen“
Fahrzeuge in einem regional begrenzten
Gebiet fahren konnten, geriet bei der Ausweitung des Verkehrs schnell zu einem
Nachteil. Im Gießereiwesen stieß das Vermögen, dass Einzelne ihr Wissen für sich
behalten konnten, gegen Ende des 19.
Jahrhunderts an Grenzen.
Wie stellte sich die Forschung im Gießereiwesen dar?
Zu Ende des 19. und zu Beginn des 20.
Jahrhunderts prägten drei Namen das wissenschaftliche Geschehen in Deutschland: Adolf Ledebur in Freiberg, Bernhard
Osann in Clausthal und Eugen Piwowarsky
in Aachen. Diese drei haben zusammen
mit ihren Mitarbeitern wesentlich dazu
beigetragen, die Techniken im Gießereiwesen zu verbessern und weiterzuentwickeln, und sie haben die Grundlagenforschung vertieft. Die Universitätsgründungen in Freiberg (1765) und Clausthal
(1775) waren aufgrund der Erfordernisse im Berg- und Hüttenwesen erfolgt. Das
war mehr als 100 Jahre zuvor die Geburtsstunde der Metallurgie in Deutschland,
also der Wissenschaft von der Herstellung und Verarbeitung von Metallen. Die
Hochschule in Aachen kam etwas später
(1870) hinzu, 1930 richtete man auch in
Aachen die Studienrichtung Gießereikunde ein.
Was waren zentrale Fragestellungen?
Gefügeumwandlungen des Eisens von
der Schmelze zum erstarrten Kristallgefüge wurden schon im 19. Jahrhundert
bei unterschiedlichen Gehalten an Kohlenstoff wissenschaftlich intensiv erforscht und in einem Eisen-KohlenstoffDiagramm dargestellt. Dieses gibt auf
der einen Achse die Temperaturen der
Legierung, auf der anderen den Kohlenstoffgehalt an. Damit hatte man eine anschauliche grafische Darstellung der Prozesse mit Orientierung bietenden Linien
zur Hand, die einzelne Phasenfelder voneinander abgrenzten, und man begann
damit, die einzelnen Phasen der zahllosen Kombinationsmöglichkeiten unter-
schiedlicher Eisen-Kohlenstoff-Legierungen im Detail zu untersuchen und analysieren. Um 1900 entdeckte Gustav
Tammann in Göttingen, dass sich bei der
Abkühlung aus der Schmelze aufgrund
der Kristallbildung Haltepunkte in einer
Temperatur-Zeit-Kurve zeigen. Die thermische Analyse zur Messung von physikalischen und chemischen Eigenschaften war damit geboren.
Und all dies spiegelte sich in Artikeln,
in Fachbeiträgen der GIESSEREI?
Immer natürlich unter dem Blickwinkel
der Praxis, wie zum Beispiel die Berichte
von der Graugusstagung 1938 in Leipzig
– 25 Jahre nach Gründung der GIESSEREI – verdeutlichen: „Leichtbauweise in
Grauguss“, lautete etwa der Beitrag eines Wissenschaftlers aus Darmstadt. Der
Autor, Professor A. Thum, skizzierte damit eine Problematik, die auch heute und
wohl auch in Zukunft im Gießereiwesen
heiß diskutiert wird. Oder der Beitrag von
Dr. F. Roll aus Leipzig unter der Überschrift „Das Verhalten des gießbaren Eisens gegen chemische und thermische
Einflüsse“ – auch heute kämpfen wir gegen Korrosion.
Die Themen muten in der Tat erstaunlich modern an.
Wie etwa auch dieser Artikel von Dr.-Ing.
C. Stieler aus Wittenberge: „Der Wettbewerb zwischen Schweißen und Gießen“.
Tatsächlich gibt diese Überschrift, formuliert in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, eine Entwicklungsrichtung an, die
in den letzten Jahrzehnten intensiv verfolgt wurde: der Wechsel von einer
Schweißkonstruktion auf eine Gusskon-
Zur Person
Prof. Dr.-Ing. Reinhard Döpp war
von 1983 bis 2002 für Gießereikunde in Lehre und Forschung an der
Technischen Universität Clausthal
tätig und hat sich weit über sein aktives Forscherleben hinaus für die
Gießereitechnik engagiert. In den
letzten Jahren schuf er zusammen
mit zahlreichen ehrenamtlichen
Mitarbeitern in Ennepetal auf dem
Gelände einer ehemaligen Gießerei
unter Einsatz erheblicher eigener
Mittel ein inzwischen weithin beachtetes Technikmuseum, das besonders auch jungen Menschen die
Entwicklung der Gießereitechnik
über die Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg in Vorführungen und
Mitmachaktionen anschaulich vermittelt. Im Gespräch mit Dieter Beste lässt der Träger des Bundesverdienstkreuzes 100 Jahre Gießereitechnik Revue passieren.
struktion. Aus eigener Erfahrung denke
ich da zum Beispiel an ein Bauteil, das
vorne bei Traktoren in Vierkantrohre eingeschweißt wird und Zusatzgeräte trägt.
Diese ursprünglich geschweißten Frontladerklauen wurden durch kostengünstige Tempergussteile ersetzt, denn der außen weitgehend entkohlte weiße Temperguss ist hochfest, zäh und gut schweißbar.
Kurzum: Schweißen und Gießen, aber
auch Schmieden und Gießen stehen häufig im Wettbewerb, können sich aber auch
ergänzen. Wo immer möglich, ist Gießen
das Verfahren der Wahl, denn mit dem in
GIESSEREI 101
01/2014
123
SPECIAL: 100 JAHRE GIESSEREI
der Regel wirtschaftlicheren Gießen aus
schmelzflüssigem Zustand lassen sich zudem auch noch sehr komplizierte Formen
herstellen.
Gießen ist also aktuell wie eh und je.
Was waren in den letzten 100 Jahren
wichtige Meilensteine?
In der Verfahrenstechnik ist die Mechanisierung enorm vorangegangen – sowohl bei der Form- als auch bei der Kernherstellung. Dazu gehört die Entwicklung
moderner Formstoffe. Beim Eisenguss
ist das auch heute im Wesentlichen
Quarzsand. Aber inzwischen gibt es
nicht mehr nur Naturton als Bindemittel, sondern auch zahlreiche anorganische Binder. Besonders zu erwähnen ist
Bentonit, ein Aluminiumsilikat, das quillt
und die einzelnen Quarzkörner umhüllt.
Zudem wurden auch organische Bindemittel entwickelt, besonders Harze, die
technisch zwar sehr leistungsfähig sind,
aber beim Abgießen bedenkliche polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe bilden können. Vielfach hat sich
die Einsicht schon durchgesetzt, darauf
zu verzichten, aber in der Kerntechnik
spielen sie immer noch eine bedeutende Rolle. In all meinen Berufsjahren war
ich immer ein Fan von Wasserglas, ei124
GIESSEREI 101 01/2014
nem Natrium- oder Kaliumsilikat. Dieses
anorganische Bindemittel ist völlig ungefährlich. Wasserglas lässt sich mit
Kohlendioxid härten. Dann bilden sich
Soda (Natriumkarbonat) oder Pottasche
(Kaliumkarbonat) und ein Kieselgel, das
den Sand verfestigt. Auch lässt sich Wasserglas mit Estern härten.
Die Verdichtung des Formsandes geschah in der Vergangenheit von Hand, mit
Pressluftwerkzeugen, wie man sie vom
Straßenbau her kennt, oder etwa durch
Rütteln und Pressen. Inzwischen ist das
weitgehend mechanisiert. Automatisch
arbeitende Gasdruck-, Explosions- und
Luftimpulsverfahren, bei denen der Formstoff über eine Druckwelle verfestigt wird,
sind inzwischen technischer Alltag. Weit
entwickelt ist auch das Vakuumverfahren
zur Verdichtung des binderfreien Formsandes. Dabei haben wir in Clausthal den
üblichen Quarzsand durch Stahlsand ersetzt, der eine schnelle Abkühlung bewirkt – ein Schritt in Richtung Kokillenguss, aber mit Dauermodellen.
Gussteile auf Eisenbasis werden überwiegend in tongebundenen oder chemisch gebundenen Formstoffen hergestellt. Beim Nichteisen-Metallguss sind
die Dauerformverfahren, Kokillen- und
Druckguss, hoch entwickelt. Eine inter-
essante Zwischenstufe ist der Niederdruck-Kokillenguss.
Und welche Meilensteine gab es werkstoffseitig?
Beim Eisenguss fand gegen Mitte des letzten Jahrhunderts tatsächlich so etwas wie
eine Revolution statt, hervorgerufen
durch zunächst spekulative Überlegungen
und dann die Entdeckung im Laborexperiment, dass der Grafit als Kugelgrafit in
die Eisenmatrix des Gusswerkstoffs eingelagert werden kann. Die Entwicklung
der Kugelgrafit-Werkstoffe, die später als
Sphäroguss Eingang in die Praxis fanden,
geht unter anderem auf Untersuchungen
von Eugen Piwowarsky und Carl Adey in
Aachen zurück, die sich schon sehr früh
für den Zusammenhang von Festigkeit
und Gefügeausbildung interessiert hatten. Sie erkannten, dass die im Grauguss
normalerweise vorhandene Lamellenform
des eingelagerten Grafits wärmetechnisch zwar von Vorteil, für die Festigkeit
aber von Nachteil war, denn die Lamellen
verursachen mit ihren Kanten eine Kerbwirkung im Material. Die Idee der beiden:
Was wäre, wenn es gelänge, den Grafit
sozusagen zu entschärfen und in Kugelform in den Eisenwerkstoff einzubringen?
Es gelang schließlich 1939 am Gießerei-
institut der RWTH Aachen erstmals durch
Schmelzen unter basischen Schlacken.
Seither erreicht man die Kugelform des
Grafits durch einen Magnesiumzusatz zur
Schmelze. Sphäroguss macht inzwischen
etwa 35 Prozent der Fe-C-Gussproduktion aus. Grauguss – der klassische Gusswerkstoff mit Lamellengrafit – immer
noch rund 60 Prozent. Der Rest entfällt
auf Stahlguss (4 Prozent) und Temperguss (1 Prozent).
Warum spielen höhere Festigkeitswerte eine so große Rolle?
Ein Bauteil braucht dann schlicht weniger Material, um seine Funktion erfüllen
zu können. Insofern ist Gusseisen mit Kugelgrafit auch im Sinne des Leichtbaus
attraktiv. Zwischen Lamellen- und Kugelgrafit gibt es übrigens die Zwischenform
des Vermiculargrafits, bei dem die Lamellen „runde Spitzen“ haben.
Höhere Festigkeitswerte lassen sich
auch erreichen, indem man unterhalb der
2-Prozent-Kohlenstoffgehalt-Grenze in
Richtung Stahlguss geht, denn unterhalb
dieser Grenze fällt Kohlenstoff nicht
mehr als Grafit aus. Aber dann hat man
leider auch nicht mehr die Vorteile, die
Grafit im höher kohlenstoffhaltigen Eisenguss mit sich bringt: geringe Wärmedehnung, hohe Wärmeleitfähigkeit, gute
Schwingungsdämpfung – allesamt Eigenschaften, wie man sie etwa im Motorenund Maschinenbau benötigt. Und das
Gießen selbst bereitet bei geringem Kohlenstoffgehalt auch größere Schwierigkeiten.
Auch beim Nichteisen-Metallguss wurden
übrigens deutliche Fortschritte in den
fig dem Prinzip „Trial and Error“ – jetzt
und in Zukunft werden meine Kollegen
immer besser die Rechengeschwindigkeit
moderner Computer zu nutzen wissen,
um den Gusswerkstoff mit Hilfe von Modellierungs- und Simulationstechniken zu
optimieren. Aber Vorsicht: Grundlagenkenntnisse über das Gießen und Erstarren bleiben unabdingbar. Man kann nur
hoffen und wünschen, dass diese Kenntnisse an den Ausbildungsstätten wie bisher intensiv vermittelt werden.
Festigkeitswerten durch Verbesserungen
der Gefüge erreicht.
Wo sehen Sie die Entwicklungsperspektiven für das Gießen mit Eisenwerkstoffen?
Wenn es darum geht, hohem Druck und
hohen Temperaturen widerstehen zu können, ist Grauguss nicht so schnell zu
schlagen. Man kann ihn auch legieren.
Und seine Wirtschaftlichkeit ist allemal
ein schweres Pfund in der Waagschale.
Es wird in Zukunft daher das Ziel sein,
insbesondere seine Druckfestigkeit und
seine Festigkeit gegenüber noch höheren
Temperaturen zu verbessern. Ein elementarer Ansatz dazu ist, die Lunkerbildung
zu minimieren. Und dabei wiederum wirkt
sich der größere Raumbedarf des Grafits
beim Kristallieren aus der Schmelze positiv aus.
Zudem muss man noch genauer den
Erstarrungsablauf kennen, um etwa den
Warmrisswiderstand weiter zu verbessern. Früher folgten solche Arbeiten häu-
100
STATORMIX
Sie haben all diese Entwicklungen über
viele Jahrzehnte in Forschung und Praxis begleiten können. Ihr Fazit?
Sollte ich mein Berufsleben noch einmal
beginnen können, würde ich mich mit Sicherheit wieder dem Guss zuwenden. Das
sage ich auch Studenten und Schülern,
die mich danach fragen. Schon unser kleiner Streifzug durch 100 Jahre Gießereitechnik hier in diesem Interview zeigt, wie
anregend die Fragen hinsichtlich Verfahrens- und Werkstoffverbesserung im Gießereiwesen immer wieder aufs Neue sind.
Gießen ist und bleibt ein leistungsfähiges
Urformverfahren. Werkstoff und Formgebung – ein unendlich großes Spannungsfeld zwischen diesen Polen macht den
Reiz der Welt des Gießens aus und das
wissenschaftliche Arbeitsgebiet so überaus interessant. Und schließlich bereitet
es große Freude, wenn man in Wissenschaft und Praxis dazu beitragen kann,
das Ganze wirtschaftlich so zu entwickeln,
dass ein Kunde ein gewünschtes Bauteil
als Gussteil bestellt.
Das Interview führte der Fachjournalist und
Publizist Dieter Beste aus Düsseldorf
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