Johnny Logan Interview und Konzert - M
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Johnny Logan Interview und Konzert - M
INTERVIEW und KONZERT mit Johnny Logan „Ich bin glücklicher als je zuvor“ Ein fruchtig-frisches Kaubonbon schiebt sich Johnny Logan in die Backe. Süßes ist vor dem irischen Musiker nicht sicher: „Monsieur Muffin“ steht auf seinem Schlafshirt, wie der Mann mit Lederjacke grinsend zugibt. Dann erzählt der dreifache Eurovision-Song-ContestGewinner (u.a. „What's Another Year“), was ihm sein Ruhm eingebracht hat, womit er als Kind seinen Vater schockierte und wie man sich als WhiskeyVerweigerer in seinem Lieblingspub in Irland fühlt. Seine CD „The Irish Soul – The Irish Connection 2“ präsentierte er 2014 beim St. Patrick's Day in München. Text: Aleksandra Majzlic; Fotos: Stefan Ziemba www.m-lifestyle.de ML: Süßigkeiten und Muffins – das klingt nach Kindheit. Was verbinden Sie noch damit? Johnny Logan: Die traditionelle irische Musik, mit der ich aufgewachsen bin. Und ich spiele sie gerne, damit das Publikum weiß, wie ich zu der Person geworden bin, die ich heute bin. Ich denke, es ist wichtig, dass die Fans etwas von mir erfahren. ML: Wann hatten öffentlichen Auftritt? Sie Ihren ersten Johnny Logan: Da war ich neun oder zehn Jahre alt. Ich trat in einem Pub auf. Mein Vater war echt schockiert, er hatte mich ja noch nie zuvor singen hören. Ihm stand der Mund wirklich offen. Mein Vater war ein berühmter irischer Tenor und brachte mich irgendwann zu seiner ehemaligen Gesangslehrerin. Und als ich ihr vorsang, begann sie zu weinen, denn meine Stimme erinnerte sie so sehr an die Kinderstimme meines Vaters. Das erkannte wohl auch mein Vater. Aber wir haben niemals darüber gesprochen. www.m-lifestyle.de ML: „Ellen's Song“ auf Ihrer aktuellen CD „The Irish Soul – The Irish Connection 2“ haben Sie für Ihre 2011 verstorbene Mutter geschrieben. Was ist das Wichtigste, das sie Ihnen mit auf den Weg gegeben hat? Johnny Logan: Wie man liebt. Mit ihr habe ich den Menschen verloren, der für mich meine Kindheit bewahrt hat. ML: Warum haben Sie die beiden „Irish Connection“-Alben selbst produziert? Johnny Logan: Wenn man mit einer Plattenfirma zusammenarbeitet, läuft das oft auf einen Kompromiss hinaus. Aber die Fans sind schlauer, als viele Verantwortliche von Labels glauben. Und bei früheren Alben von mir haben sie gemerkt: Das war nicht wirklich meine Musik. Das ist bei den beiden „Irish Connection“-Alben ganz anders, sie gehören zu mir. Trotzdem: Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie sich so gut verkaufen würden. Das ist vielleicht genau das Erfolgsgeheimnis. Und ich kriege jetzt viel mehr Respekt von den Leuten, weil ich die Musik mache, die ich machen will. Ich will nicht mit Lady Gaga konkurrieren. Meine Alben sind nicht trendy, sie sind für die nächsten Jahre gemacht. Und was mich freut: Im Publikum sitzen Leute, die 17 oder 18, aber auch 70 oder 80 Jahre alt sind. www.m-lifestyle.de ML: Sie haben ja schon öfters die Nachwuchsshows im Fernsehen kritisiert … Johnny Logan: Mich stört vor allem, dass alles auf den Ruhm ausgerichtet ist. ML: Und für Sie hat Ruhm keine Bedeutung? Johnny Logan: Kann man Ruhm essen? Oder trinken? Oder damit den Platz in einem Flugzeug bezahlen? (lacht) Mein Ruhm hat vielleicht mal dazu geführt, dass ich einen besseren Platz in einem Restaurant bekommen habe. Oder ich durfte beim Check-in am Flughafen Leute in der Reihe überholen. Aber das ist schon alles. Ruhm kommt und geht. Es war immer ein Auf und Ab, der Level hat sich ständig verändert. Was bleibt, ist die Musik. Und die Liebe zu meinem Beruf hat sich nie verändert. ML: Und auf welchem Level sind Sie jetzt angekommen? Johnny Logan: Ich bin sehr glücklich mit dem, was ich mache. Ich bin sehr glücklich mit meinem Leben im Allgemeinen. Ich bin glücklicher als je zuvor. Und deshalb singe ich auch besser als je zuvor. www.m-lifestyle.de ML: Sie sind unabhängig, ein „Independent Man“ … Johnny Logan: Genau, im Hinblick auf mich habe ich auch diesen Song geschrieben. ML: Darin heißt es, dass Ihre Erwartungen dazu führten, dass Sie immer mehr wollten. Was denn? Johnny Logan: Ende der Achtziger begann ich beispielsweise mit Rhythm and Blues zu experimentieren – auch zusammen mit traditionellen irischen Instrumenten wie der Flöte oder dem irischen Dudelsack. Die Plattenfirmen meinten: „Das ist ja ganz interessant, aber das wird sich nicht verkaufen.“ Und dann kam Céline Dions „Titanic“-Song „My Heart Will Go On“ heraus, darin ist eine irische Flöte zu hören. Und dann war plötzlich auch meine Idee aktuell. Aber dafür war es dann zu spät. Darauf kam ja schon jemand vor mir. ML: Spielen Sie selbst den irischen Dudelsack? Johnny Logan: Nein, nein. Das Instrument ist wundervoll, aber man verliebt sich nicht sofort in den Klang. Man muss sich daran gewöhnen. Das ist wie mit saurem Joghurt. (lacht) ML: Einer Ihrer drei Söhne ist auch professioneller Musiker. Sprechen Sie mit ihm über den Job? Johnny Logan. Ja, ständig. ML: Mag er Ihre Musik? Johnny Logan: Nein, aber er ist klug genug, sie zu respektieren. (lacht) Wir haben schon zusammen gespielt. Er ist ein guter Gitarrist. www.m-lifestyle.de ML: Geben Sie ihm Ratschläge? Johnny Logan: Nein, er gibt mir welche. Er sagt, ich soll mich endlich zur Ruhe setzen. (lacht) ML: Was muss ein deutscher Tourist in Irland unbedingt sehen? Johnny Logan: Zu meinen Lieblingsplätzen zählen unter anderem die Seen von Killarney, Dingle, die Cliffs of Moher, Galway City, Belfast. Und natürlich sollte man Dublin nicht auslassen und das nahe gelegene Fischerdorf Howth, da bin ich aufgewachsen. ML: Wo sind die besten Pubs in Irland? Johnny Logan: Wie lange habe ich für die Antwort Zeit? (lacht) Ach, da gibt es so viele … ML: Und Ihr liebstes? Johnny Logan: Das „Bruxelles“ in Dublin. ML: Sie rühren ja keinen Alkohol mehr an, bestellen Wasser im Pub. Ist das nicht hart, wenn die Leute um einen herum Guinness trinken? Johnny Logan: Nein, gar nicht. Im Pub kann man sich ja auch mit Menschen austauschen, sich Geschichten erzählen, man muss da kein Bier trinken oder sich gar volllaufen lassen. Manche Leute machen das, die nennt man dann Alkoholiker. Ich habe vor acht Jahren aufgehört zu trinken. Ich weiß sogar noch das Datum: Es war der 3. Januar 2006. www.m-lifestyle.de In Grün gewandet springt Johnny Logan auf die Bühne vor der Münchner Feldherrnhalle. Unter ihm nur grüne Kostüme, grüne Hüte, grüne Shirts und Schals – eine einfarbige Ehrung des irischen Nationalheiligen St. Patrick. Beim (Frisch-)Freiluftkonzert am Odeonsplatz startet er mit „Whiskey In The Jar“. Sogleich saust der Rhythmus in seine Waden, seit Kindertagen ist ihm der Titel vertraut: „Ich singe ihn für alle, die den Alkohol lieben“, brüllt der einstige Whiskey-Bruder der Menge zu. Nach dem letzten Akkord schnappt sich der Sänger eine Mineralwasserflasche, führt sie langsam zum Mund – kostet jede Sekunde seines Trinkspektakels aus. Dann blickt er auf die Fotografenriege vor ihm und meint feixend: „Das ist ein tolles Bild für die Medien, oder? Ein irischer Mann, der Wasser trinkt.“ www.m-lifestyle.de Weiter saust der Gutgelaunte musikalisch auf seiner Pub-Song-Route – mit „Dirty Old Town“: Die Zeile „I met my love by the gas works wall“ trichtert er den Fans auf die Schnelle ein. Ein vielstimmiger Chor schallt ihm entgegen. Johnny wiegt den Kopf hin und her, setzt eine Kritikermiene auf und mäkelt: „Das geht aber noch besser.“ Derart angestachelt fordern die Fans ihre Stimmbänder stärker – und siehe da, der Meister ist großzügig: „Germany, 12 Points.“ Drei Mal hat der Ire für sein Heimatland den Eurovision Song Contest gewonnen: mit den Songs „What's Another Year“, „Hold Me Now“ und einer Komposition („Why Me“, Linda Martin). www.m-lifestyle.de Dann erzählt der Musiker den Zuschauern eine Anekdote: Bei einem Auftritt in Deutschland erfährt er erst kurz vorher, dass er „What's Another Year“ auf Deutsch singen soll. Wild entschlossen die sprachliche Herausforderung zu packen, zieht sich der Ehrgeizige in seine Garderobe zurück, paukt den Text. Sechs Stunden später hat er jede Zeile drauf. „Was ist schon ein Jahr“ ist für immer in seinem Gedächtnis eingebrannt. Das beweist Logan den Münchnern mit seiner kraftvollen und zugleich schmusigen Stimme. Dann schiebt er noch eine spanische Short-Version nach. Ein wenig schüchtern formuliert der WahlBayer ein paar Sätze auf Deutsch – wechselt aber dann schnell wieder zu seiner Muttersprache. In Irland ist Johnny aufgewachsen, doch in Australien geboren: Logisch, dass er sich ab und zu nach der britischen Königsfamilie zu sehnen scheint. Er blickt von der Bühne schräg hinüber zu den Gebäuden der Residenz. Am Fenster stehen einige Leute. Der Gewitzte zeigt auf sie und ruft ins Publikum: „Schaut mal, die Royals.“ Gedanklich beamt er sich flugs wieder zurück in seine Heimat Irland – mit dem Song „The Irish Soul“ aus seinem aktuellen Album „The Irish Soul – The Irish Connection 2“. Jetzt reicht es dem Spitzenentertainer nicht, dass die Leute mitklatschen. Er hat eine bessere Idee: „Reißt Euch die Kleider vom Leib.“ Doch die Aufforderung bleibt ungehört – was natürlich einzig und allein an den kühlen Frühlingstemperaturen liegt. www.m-lifestyle.de