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DNotI
Deutsches Notarinstitut
Gutachten-Abruf-Dienst
G u t a c h t e n d e s D e u t s c h e n No t a r i n s t i t u t s
Abruf-Nr.:
143585
l e t zt e A k t u a l i s i e r un g :
2 . D e ze m b e r 2 0 1 5
BGB §§ 873, 925; GBO §§ 13, 19, 20, 29, 137; BNotO § 21 Abs. 3; BeurkG § 39a
Elektronischer Rechtsverkehr mit den Grundbuchämtern und verfahrensrechtlicher
Nachweis von Vollmachten
I. Sachverhalt
Es wurde ein Grundstückskaufvertrag beurkundet, zu dem in Kürze eine dazugehörige Finanzierungsgrundschuld vom Käufer bestellt werden soll.
In der Folge ist für den Vollzug der Urkunde die Auflassung durch die hierzu im Kaufvertrag
bevollmächtigten Notariatsangestellten zu erklären.
Nachdem nunmehr die Anträge bei den neu errichteten zentralisierten Grundbuchämtern auch im
württembergischen Rechtsgebiet in elektronischer Form per EGVP einzureichen sind, stellt sich
die Frage, wie hierbei der Fortbestand der im Kaufvertrag zum einen für die den Notariatsangestellten erteilte Vollzugsvollmacht (z. B. für die Erklärung der Auflassung) und zum anderen
für die den Erwerbern erteilte Finanzierungsvollmacht gegenüber dem Grundbuchamt
nachzuweisen ist. Die Übersendung einer Ausfertigung des Kaufvertrages, wie dies bislang
zumindest im württembergischen Rechtsgebiet üblich war, ist auf elektronischem Wege nicht
möglich.
Von besagtem Grundbuchamt wird – neben dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Vertretungsbescheinigung nach § 21 Abs. 3 BNotO – daher verlangt:
Für die Angestelltenvollmachten:
-
die Vorlage einer Papierausfertigung der die Vollmacht enthaltenden Urkunde (zumindest
bei Abgabe lediglich einer Bewilligung) oder
-
die Bestätigung des beurkundenden Notars im Zuge der Beurkundung des aufgrund der
erteilten Vollmacht vorzunehmenden Rechtsgeschäfts, dass die Urschrift bzw. die Ausfertigung der Vollmacht zum Zeitpunkt der Beurkundung vorlag, und Einreichen der Urkunde in
beglaubigter Abschrift (mit qualifizierter elektronischer Signatur) oder
-
eine beglaubigte Abschrift (mit qualifizierter elektronischer Signatur) der Ausfertigung der
die Vollmacht enthaltenden Urkunde, wobei die Signatur zeitlich nicht vor der Vornahme
des Rechtsgeschäfts liegen soll oder
Deutsches Notarinstitut • Gerberstraße 19 • 97070 Würzburg • Telefon (0931) 35576-0 • Fax (0931) 35576-225
email: dnoti@dnoti.de • internet: www.dnoti.de
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-
lediglich die beglaubigte Abschrift (mit qualifizierter elektronischer Signatur) der die Vollmacht enthaltenden Urkunde.
Für die Beteiligtenvollmachten:
-
eine beglaubigte Abschrift (mit qualifizierter elektronischer Signatur) der die Vollmacht
enthaltenden Urkunde.
II. Fragen
1.
Wie ist der Nachweis des Fortbestehens einer Vollmacht gegenüber dem elektronischen
Grundbuchamt zu führen bei Einreichung eines Antrags zum Grundbuchamt auf elektronischem Weg per EGVP?
2.
Welches ist der maßgebliche Zeitpunkt für den Nachweis?
3.
Ist zu unterscheiden, ob der Nachweis zu führen ist für das Handeln von Notariatsangestellten als Bevollmächtigte der Urkundsbeteiligten oder für das Handeln eines
Urkundsbeteiligten als Bevollmächtigter weiterer Urkundsbeteiligter?
4.
Ist zu unterscheiden, ob die Vollmacht zu einem gegenseitigen Vertrag erteilt ist oder zur
Abgabe einer Bewilligung?
III. Zur Rechtslage
I.
Materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Ausgangslage
1.
Materiell-rechtliche Voraussetzungen
a) des Eigentumsübergangs gem. §§ 873, 925 BGB
Nach § 873 Abs. 1 BGB ist zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück
die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung sowie die Eintragung derselben in das Grundbuch erforderlich. Die zur
Übertragung des Eigentums an einem Grundstück nach § 873 BGB erforderliche
Einigung (Auflassung) des Veräußerers und des Erwerbers muss bei gleichzeitiger
Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden, § 925 Abs. 1
BGB. Die Notwendigkeit einer gleichzeitigen Anwesenheit schließt eine Stellvertretung nicht aus, da es sich nicht um ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft handelt. Die Vollmacht bedarf gem. § 167 Abs. 2 BGB grundsätzlich nicht der Form,
welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, d. h. die Bestimmung des § 925 Abs. 1
BGB findet – ungeachtet der Frage, ob es sich um eine Form- oder um eine Zuständigkeitsvorschrift handelt – auf die Vollmacht keine Anwendung (vgl. statt aller:
Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl. 2015, § 925 Rn. 5).
b) der Grundschuldbestellung gem. § 873, 1191
Die Bestellung einer Grundschuld erfolgt durch formfreie Einigung zwischen
Besteller und Gläubiger sowie Eintragung der Grundschuld im Grundbuch, §§ 873
Abs. 1, 1191 BGB. Auch hier gilt – auf materiell-rechtlicher Ebene – § 167 Abs. 2
BGB.
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2.
Grundbuchverfahrensrechtliche Voraussetzungen
a) Antragsgrundsatz
Das Grundbuchamt wird grundsätzlich nur auf Antrag gem. § 13 Abs. 1 GBO tätig
(sog. Antragsgrundsatz). Der Antrag hat als schlichte verfahrensrechtliche Handlung auf die materiell-rechtliche Richtigkeit oder Unrichtigkeit des Grundbuchs
keinen Einfluss und unterliegt daher grundsätzlich nicht dem Formerfordernis gem.
§ 29 GBO. Für den Eintragungsantrag sowie für die Vollmacht zur Stellung eines
solchen gelten die Vorschriften des § 29 GBO nur ausnahmsweise dann, wenn
durch den Antrag zugleich eine zu der Eintragung erforderliche Erklärung (z.B. Bewilligung) ersetzt werden soll, § 30 GBO (vgl. Lemke/Zimmer, Immobilienrecht,
2012, § 29 Rn. 3; Demharter, GBO, 29. Aufl. 2014, § 13 Rn. 22, § 30 Rn. 5, 7).
b) Bewilligungsgrundsatz und Ausnahme des § 20 GBO
Das Grundbuchverfahren und damit die Sachprüfung durch das Grundbuchamt
werden vor allem von dem Bewilligungsgrundsatz beherrscht (sog. formelles
Konsensprinzip). Eintragungsgrundlage ist danach regelmäßig die einseitige Bewilligung des Betroffenen gem. § 19 GBO. Die nach materiellem Recht zur
Rechtsänderung nötigen Willenserklärungen sind daher grundsätzlich nicht zu prüfen (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 208). Eine Ausnahme
hiervon ordnet jedoch § 20 GBO an: Die materiell-rechtliche Einigung ist im
Grundbucheintragungsverfahren insbesondere im Fall der Auflassung eines Grundstücks (§ 925 BGB) nachzuweisen (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht. 15. Aufl.
2012, Rn. 108). Hintergrund dieser Ausnahme vom Bewilligungsgrundsatz ist, dass
mit dem Grundstückseigentum wesentliche privat- und öffentlich-rechtliche Verpflichtungen verbunden sind und daher an der Übereinstimmung zwischen Grundbucheintragung und materieller Rechtslage ein besonderes Interesse besteht. Diese
Übereinstimmung wird durch die Prüfung der dinglichen Einigung durch das
Grundbuchamt gem. § 20 GBO sichergestellt (Schöner/Stöber, Rn. 108; vgl. auch
BayObLG DNotZ 1987, 88; Wolfsteiner, DNotZ 1987, 67, 73).
c) Verfahrensrechtliches Formerfordernis gem. § 29 GBO
Nach § 29 Abs. 1 S. 1 GBO soll eine Eintragung nur vorgenommen werden, wenn
die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen
Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung (= Nichterklärungen) bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises
durch öffentliche Urkunden, § 29 Abs. 1 S. 2 GBO.
d) Nachweis der Vollmacht gegenüber dem Grundbuchamt
Handelt ein Beteiligter aufgrund Vollmacht, so ist diese dem Grundbuchamt in der
Form des § 29 GBO nachzuweisen, da es die Erteilung, die Wirksamkeit und den
Umfang der Vollmacht zu prüfen hat. Insoweit wird der auf § 167 Abs. 2 BGB beruhende materiell-rechtliche Befund, wonach die Vollmacht nicht der für das
Rechtsgeschäft bestimmten Form bedarf, auf verfahrensrechtlicher Ebene wieder
relativiert.
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Dem Grundbuchamt ist nachzuweisen, dass die Vertretungsmacht für die Bewilligung (§ 19 GBO) bzw. die Einigung (§ 20 GBO) noch im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der jeweiligen Erklärung bestand. Der Begriff des „Wirksamwerdens“ ist hierbei nicht allein im Sinne von § 130 Abs. 1 S. 1 BGB (analog), sondern
vor allem im Sinne der Unwiderruflichkeit der Erklärung zu verstehen.
aa) Wirksamwerden der Erklärungen
Nach § 873 Abs. 2 BGB wird die dingliche Einigung mit der notariellen
Beurkundung unwiderruflich und somit wirksam. Demzufolge ist zumindest
die Auflassung (§§ 873, 925 BGB) sofort mit Beurkundung wirksam. Anders
sieht es hingegen mit der Einigung gem. §§ 873 Abs. 1, 1191 BGB betreffend
die Bestellung der Grundschuld aus. Da hier die Beurkundung nicht aus materiellen Gründen, sondern wegen der prozessualen Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO erfolgt, wirkt zumeist nur der
Grundschuldbesteller, nicht aber auch der Gläubiger an der Beurkundung mit.
Demzufolge wird die Grundschuldbestellungserklärung des Bestellers erst
wirksam (i.S.v. unwiderruflich), wenn diese beim Grundbuchamt eingereicht
worden ist oder wenn dem Gläubiger eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung ausgehändigt wurde, § 892 Abs. 2
BGB.
Die Eintragungsbewilligung gem. § 19 GBO stellt nach heute ganz h. M. eine
rein verfahrensrechtliche Erklärung dar, deren Wirksamkeit sich grundsätzlich
nur nach verfahrensrechtlichen Grundsätzen beurteilt (OLG Hamm Rpfleger
1989, 148 f.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 107). Die
Frage, bis wann eine verfahrensrechtliche Bewilligung widerruflich ist, ist im
Gesetz nicht geregelt. Nach h. M. fallen Wirksamkeit der Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) und deren Unwiderruflichkeit zusammen (BayObLG DNotZ
1994, 182, 183; OLG Hamm Rpfleger 1989, 148, 149; OLG Frankfurt DNotZ
1970, 162, 164; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl. 2012, Rn. 106).
Die Eintragungsbewilligung wird demnach wirksam bzw. unwiderruflich,
wenn
-
der Betroffene die Bewilligung in Urschrift oder Ausfertigung dem Begünstigten aushändigt (BayObLG DNotZ 1994, 182, 183; OLG Hamm
Rpfleger 1989, 148, 149); das OLG Frankfurt fügt dem noch die weitere
Einschränkung hinzu, dass dem Begünstigten die Ausfertigung gerade zum
Zweck der Grundbuchvorlage ausgehändigt werden müsse (DNotZ 1970,
160),
-
der Betroffene die Bewilligung in Urschrift oder Ausfertigung beim
Grundbuchamt einreicht (BayObLG DNotZ 1994, 182, 183; OLG Hamm
Rpfleger 1989, 148) oder
-
sobald der Begünstigte einen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung von
Ausfertigungen der notariellen Urkunde hat, die die Eintragungs- bzw. Löschungsbewilligung enthält (BayObLG DNotZ 1994, 182)
(vgl. zusammenfassend auch Schöner/Stöber, Rn. 107; Meikel/Böttcher,
GBO, § 19 Rn. 130 ff.; KEHE/Munzig, GBO, § 19 Rn. 166 ff.).
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bb) Möglichkeiten der Nachweisführung
Um dem Grundbuchamt nicht nur die Erteilung, sondern auch das Fortbestehen der Vollmacht zum maßgeblichen Zeitpunkt zu ermöglichen (Rechtsgedanke des § 172 Abs. 1 BGB), ist die Vollmacht grundsätzlich nachzuweisen
durch Vorlage einer Ausfertigung i. S. v. § 47 BeurkG bei beurkundeten
Vollmachten oder durch Vorlage des Originals nebst Unterschriftsbeglaubigung des Vollmachtgebers.
In der Rechtsprechung und der Literatur ist allerdings anerkannt, dass auch die
Übersendung einer beglaubigten Abschrift der Vollmacht nebst amtlicher
Feststellung des beurkundenden Notars, dass ihm anlässlich der Beurkundung des Rechtsgeschäfts die Vollmacht entweder als Ausfertigung oder als
unterschriftsbeglaubigtes Original vorgelegen habe, genügt. Auf beurkundungsverfahrensrechtlicher Ebene geschieht dies zumeist durch das Beifügen
einer beglaubigten Abschrift der Vollmacht gem. § 12 S. 1 BeurkG und der in
der Niederschrift enthaltenen Feststellung des Notars, dass der Erschienene
aufgrund in Ausfertigung oder im Original vorgelegter Vollmacht handelt. Die
amtliche Feststellung ist auch dann ausreichend, wenn die Vollmacht beurkundet worden war und sich die Urschrift in der Urkundensammlung befindet und
der erschienene Vollmachtnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung
einer Ausfertigung der Vollmacht hat (vgl. KEHE/Munzig, Grundbuchrecht, 7.
Aufl. 2015, § 19 Rn. 132 ff.; KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 7. Aufl. 2015,
§ 29 Rn. 155; Lemke/Krause, Immobilienrecht, 2012, § 29 Rn. 12;
Meikel/Hertel, GBO, 11. Aufl. 2015, § 29 Rn. 582; Demharter, GBO, § 29 Rn.
59; Hertel, in: Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl. 2015, Teil 2 Kap. 2 Rn. 80;
Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 3577; Schaub, in:
Bauer/v. Oefele, GBO, 3. Aufl. 2013, AT VII Rn. 163, jeweils m. w. N. aus der
Rspr.).
Sofern der Notar die Vorlage der Vollmacht (im Original oder als Ausfertigung) positiv festgestellt hat, kann das Grundbuchamt, dass die Wirksamkeit
der Bewilligung gem. § 19 GBO bzw. die Wirksamkeit der Einigung i. S. v.
§ 20 GBO zu prüfen hat, die Vorlage einer Vollmachtsausfertigung oder des
Originals der Vollmacht nicht verlangen; denn in diesem Fall ist der Besitz der
Legitimationsurkunde gem. § 172 BGB aufgrund der amtlichen Wahrnehmung des Notars auch für das Grundbuchamt ausreichend nachgewiesen.
Im Sinne dieser – ganz herrschenden – Meinung hat sich vor geraumer Zeit
nochmals das OLG Schleswig in seiner Entscheidung vom 25.4.2012 – 2 W
40/12 – geäußert und festgestellt:
„Das Grundbuchamt geht zunächst zutreffend davon aus, dass das
Bestehen einer Vollmacht für die bewilligenden Vertreter in der
Form des § 29 GBO nachzuweisen ist (vgl. nur Senat, NJW-RR
2010, 1316). Ferner trifft es zu, dass der Fortbestand der Vollmacht gerade auch im Zeitpunkt der Abgabe der Grundbucherklärung feststehen muss (OLG Hamm, NJOZ 2004, 3938 = FGPrax
2004, 266; KG, NJOZ 2012, 1150 = FGPrax 2012, 7; Demharter,
GBO, 27. Aufl., § 19 Rdnr. 80). Dieser Nachweis ist hier jedoch
geführt. …
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Die beglaubigte Abschrift einer Legitimationsurkunde ist vielmehr … dann ausreichend, wenn der Notar in der Form des
§ 29 GBO bescheinigt, dass die Urschrift oder Ausfertigung
zu dem maßgeblichen Zeitpunkt von demjenigen vorgelegt
worden ist, auf dessen Besitz an der Urkunde es ankommt
(BayObLG, NotBZ 2002, 104 = NJOZ 2002, 819; OLG Stuttgart,
NJW-RR 1999, 1321; OLG Hamm, NJOZ 2004, 3938 = FGPrax
2004, 266; OLG München, DNotZ 2008, 844 = BeckRS 2008,
18213; KG, NJOZ 2012, 1150 = FGPrax 2012, 7; Demharter,
§ 19 Rdnr. 80, § 29 Rdnr. 59).“
(OLG Schleswig NJOZ 2013, 634, 635; vgl. auch OLG München
RNotZ 2013, 169, 172 sowie jüngst KG, Beschluss v. 14.7.2015,
1 W 688 - 689/15, Tz 8 – abrufbar unter juris)
Es handelt sich hierbei nicht um die – erst deutlich später eingeführte –
Möglichkeit der notarielle Vollmachtsbescheinigung gem. § 21 Abs. 3 BNotO,
denn die Notwendigkeit, dem Grundbuchamt – zwecks dortiger Prüfung der
Erteilung und des Umfangs der Vollmacht – wenigstens eine beglaubigte Abschrift einer Vollmachtsurkunde einzureichen, bleibt bei dieser Vorgehensweise bestehen. Es handelt sich vielmehr um ein von der Rechtsprechung
entwickeltes Verständnis zum Formerfordernis gem. § 29 GBO.
Mit Blick auf die verfahrensrechtliche Bewilligung und die „einseitige“ Grundschuldbestellungserklärung – im Gegensatz zur Auflassung, die sofort mit der
notariellen Beurkundung unwiderruflich und wirksam wird – bliebe zwar die
theoretische Möglichkeit eines späteren Widerrufs der Vollmacht. Gleichwohl
hat das Grundbuchamt von dem Fortbestehen der Vollmacht auszugehen, es sei
denn, ihm liegen konkrete Anhaltspunkte für einen Widerruf der Vollmacht
vor.
Hierzu erlauben wir uns, auf die instruktiven Ausführungen des KG seiner Entscheidung vom 21.10.2008 - 1 W 246, 247/08 - hinzuweisen, in der das Gericht
auf Folgendes hinweist:
„Allerdings besteht Einigkeit darüber, dass das Grundbuchamt bei
urkundlichem Nachweis der Erteilung einer Vollmacht in der
Form des § 29 GBO zur Prüfung der Frage, ob die Vollmacht
fortbesteht oder möglicherweise widerrufen worden ist, einen urkundlichen Nachweis, dass die Vollmacht nicht widerrufen worden ist, dafür nicht verlangen kann, weil sich negative Tatsachen
dem Nachweis durch öffentliche Urkunden im Sinne von § 29
Abs. 1 Satz 2 GBO entziehen (BayObLGZ 1959, 297, 301; NJWRR 1986, 14, 15; Senat, DNotZ 1972, 18, 21; vgl. auch Senat 1 W 394-411/07 - Beschluss vom 21. April 2008,
Meikel/Brambring, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 29 Rdn. 56;
Stiegeler a. a. O. S. 130.) Das Grundbuchamt hat vielmehr unter
freier Würdigung aller ihm bekannten Tatsachen und unter
Berücksichtigung der allgemeinen Erfahrungssätze darüber zu
entscheiden, ob es das Fortbestehen der Vollmacht annehmen
kann (Meikel/Brambring a. a. O.). Auch wenn die Einzelheiten
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teilweise streitig sind, besteht im Ansatz Einigkeit darüber, dass
das Grundbuchamt nicht zu prüfen hat, ob Anhaltspunkte für
den Fortbestand der Vollmacht gegeben sind, sondern darauf beschränkt ist zu prüfen, ob konkrete Umstände Zweifel am
Fortbestand der Vollmacht begründen, wozu allein die abstrakte
Widerrufsmöglichkeit
nicht
ausreicht
(s. Bauer/v. Oefele/Schaub, GBO, 2. Aufl., AT VII, Rdn. 164;
Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdn. 3598; Senat
a. a. O.).“
(KG BeckRS 2008, 24381)
Zwischenergebnis:
Demzufolge kann das Grundbuchamt nicht die Vorlage einer
Vollmachtsausfertigung oder des unterschriftsbeglaubigten Originals verlangen, wenn der Notar im Rahmen der Beurkundung festgestellt hat, dass ihm die
Vollmacht in einer dem § 29 GBO genügenden Form vorlegt worden war.
Darüber hinaus hat das Grundbuchamt von einem Fortbestehen der Vollmacht
auszugehen, es sei denn, es bestünden konkrete Anhaltspunkte für einen
Widerruf der Vollmacht; die abstrakte Möglichkeit des Widerrufs genügt nicht.
II. Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte
im Grundbuchverfahren (ERVGBG)
Mit dem Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen
Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und
kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG; BGBl. 2009 I, 2713) wurden die Bestimmungen
der §§ 135 ff. GBO eingeführt. Ist eine zur Eintragung erforderliche Erklärung oder eine
andere Voraussetzung der Eintragung durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen, so kann diese fortan als ein mit einem einfachen elektronischen Zeugnis nach § 39a BeurkG versehenes elektronisches Dokument übermittelt werden, § 137
Abs. 1 S. 1 GBO.
§ 137 Abs. 1 S. 3 GBO stellt klar, dass ein etwaiges Erfordernis, dem Grundbuchamt den
Besitz der Urschrift oder einer Ausfertigung einer Urkunde nachzuweisen, unberührt bleibt.
Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich zweifelfrei, dass mit dem ERVGBG keine Änderung der bisher geltenden Rechtslage beabsichtigt ist. Zu § 137 GBO führt der Gesetzgeber aus:
„Zu § 137 GBO (Form elektronischer Dokumente)
Zu Absatz 1
Nach den allgemeinen Bestimmungen des Grundbuchrechts sind
die Eintragungsvoraussetzungen dem Grundbuchamt grundsätzlich durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen (§ 29 Absatz 1 GBO). Die Urkunde kann dem Grundbuchamt regelmäßig in (notariell) beglaubigter Abschrift vorgelegt werden. Satz 1 überträgt die vorgenannte Regelung wirkungsgleich auf den elektronischen Rechtsverkehr. …
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Im Grundbuchverfahren genügt stets die Vorlage einer Urkundsausfertigung. Regelmäßig genügt auch die Vorlage einer beglaubigten Abschrift bzw. die Übermittlung eines einfachen elektronischen Zeugnisses nach § 39a BeurkG, es sei denn, dass auch der
Besitz der Urkunde als eine für das Eintragungsverfahren
rechtserhebliche Tatsache nachzuweisen ist. In diesen Fällen
greift Satz 3. Die Vorschrift begründet selbst keine neuen Pflichten zur Vorlage von Urschriften oder Ausfertigungen. Sie
greift lediglich die in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen
Meinungen auf und stellt klar, dass mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs insoweit keine Änderung der
Rechtslage verbunden ist. Die Regelung zielt u. a. auf Vollmachten sowie Bestallungsurkunden von Vormündern, Pflegern, Betreuern und Insolvenzverwaltern. Hier genügt die Vorlage eines
einfachen elektronischen Zeugnisses regelmäßig nur dann,
wenn der Notar bestätigt, dass ihm bei Beurkundung die
Vollmacht oder die Bestallungsurkunde in Urschrift oder
Ausfertigung vorgelegen hat. Nach wohl herrschender Meinung
sollen jedoch Erbscheine dem Grundbuchamt in Ausfertigung
vorzulegen sein (vgl. Hügel, Kommentar zur Grundbuchordnung,
§ 29 Rn. 130 ff. m. N.). Gleiches gilt für Testamentsvollstreckerzeugnisse. Soweit das Grundbuchamt hier die Vorlage einer Ausfertigung verlangt, ist ein Nachweis auf elektronischem Weg nicht
möglich, solange die Ausfertigung zwingend an die Papierform
gebunden ist …“
(BT-Drs. 16/12319, S. 29 f.)
Im Ergebnis ist u. E. daher festzuhalten, dass mit der Einführung des elektronischen
Rechtsverkehrs keine Änderung der bisherigen Rechtslage verbunden ist. Demzufolge kann
die Nachweisführung – weiterhin – dadurch geschehen, dass der Notar im Zuge der Beurkundung des aufgrund der Vollmacht vorgenommenen Rechtsgeschäfts feststellt, dass die
Urschrift bzw. Ausfertigung der Vollmacht zum Zeitpunkt der Beurkundung vorlag, sowie
durch nachfolgende Einreichung eines elektronischen Dokuments (Abschrift der errichteten
Urkunde sowie der hierzu vorgelegten Vollmacht) nebst Zeugnis gem. § 39a BeurkG. Darüber hinaus kommt – alternativ – eine notarielle Vollmachtsbescheinigung gem. § 21 Abs. 3
BNotO in Betracht. Eine Pflicht zur Erstellung einer Vollmachtsbescheinigung besteht u.E.
nicht, denn hierdurch würde der Regelungsgehalt des § 137 Abs. 1 GBO verkannt. Darüber
hinaus erscheint diese Vorgehensweise mit Blick auf die Kostenfolge für die Beteiligten
nicht vorzugswürdig. Die vom Grundbuchamt ebenfalls erwogene Übersendung einer Vollmachtsausfertigung in Papierform ist zwar nicht unzulässig, dürfte aber mit dem Zweck des
ERVGBG kaum vereinbar sein.