Führen mit Auftrag - Führungsakademie der Bundeswehr
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Führen mit Auftrag - Führungsakademie der Bundeswehr
Auftragstaktik in der modernen militärischen Operationsführung Ausprägung, Historie und Kritik Ergebniszusammenfassung der Strategischen Analysen des Lehrgangs Generalstabs-/Admiralstabsdienst National 2012 Hamburg, im Juli 2014 Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 1 2 Auftragstaktik – ein Prinzip im Wandel der Zeit 3 3 Führen mit Auftrag auf der operativen Ebene 7 4 Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Anwendung des Prinzips Führen mit Auftrag in Land-, Luft- und Seeoperationen und was sich daraus ergibt 11 5 Perspektivwechsel – Andere Nationen 15 6 Auswirkungen zukünftiger Konfliktbilder auf das Prinzip Führen mit Auftrag 19 7 Veränderungen, Führungskultur und Selbstverständnis der Bundeswehr 23 8 Impulse 27 9 Reflexionen 29 10 Programmablauf der Ergebnispräsentation 31 11 Lehrgangsübersicht 33 Führungsakademie der Bundeswehr Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst National 2012 Manteuffelstraße 20 22587 Hamburg www.fueakbw.de 1 Einführung Auftragstaktik gilt als Ikone der Inneren Führung und ihrer Idee des oft zitierten Staatsbürgers in Uniform. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, stellt in den Leitgedanken zur Neuausrichtung der Bundeswehr – Soldat sein heute im Mai 2012 im Hinblick auf das Prinzip Führen mit Auftrag fest: „Die Neuausrichtung der Bundeswehr sollten wir deshalb als Chance begreifen, Freude an der Verantwortung und Mut zur Entscheidung auf allen Ebenen stärker zu fördern und den Trends zur Rückversicherung und detailversessener Kontrolle auf allen Führungsebenen bereits im Ansatz entschieden entgegen zu treten.“ Deutliche Worte – in und zwischen den Zeilen! Der 9. streitkräftegemeinsame LGAN 2012 erhielt durch das Kommando SKB den Auftrag, im Rahmen der „Auftragstaktik Strategischen in der Analysen modernen eine Bestandsaufnahme militärischen durchzuführen: Operationsführung – Ausprägung, Historie und Kritik“. Absicht des Inspekteurs der Streitkräftebasis war es, durch die Ergebnisse der Strategischen Analysen Impulse zur Weiterentwicklung des Führungsprinzips im weiteren Sinne zu liefern. Absicht des Kommandeurs der Führungsakademie der Bundeswehr war es, die Ergebnisse der Strategischen Analysen „im Dialog“ mit höheren Vorgesetzten, Wissenschaftlern und anderen Persönlichkeiten sowohl zu erarbeiten als auch im Rahmen einer angemessenen Präsentation zu vertreten. Die Neuausrichtung der Bundeswehr gelingt in Gänze nur, wenn neben allen notwendigen neuen Strukturen, Steuerungsmethoden, Prozessen und Begriffen das innere Gefüge der Streitkräfte und ihre – nach Clausewitz – „moralischen Größen“ in einem ausgewogenen Takt bleiben. Führen mit Auftrag nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Grund genug also, sich diesem bewährten Führungsprinzip aus unterschiedlichen Richtungen zu nähern. Die Umsetzung des Rahmenthemas – orientiert an der Anzahl der Hörsäle im Lehrgang – erfolgte durch Benennung sechs spezifischer Forschungsgegenstände: 1. Eine historische Perspektive, die weder Schlachten- noch Operationsgeschichte in den Fokus rückt, sondern nach Triebfedern für die Entwicklung der Auftragstaktik sucht. 2. Die Anwendung des Prinzips Führen mit Auftrag auf der operativen Ebene. 3. Die Antizipation des Prinzips Führen mit Auftrag durch andere Nationen. 4. Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Anwendung des Prinzips Führen mit Auftrag bei Land-/Luft- und Seeoperationen. 1 5. Auswirkungen zukünftiger Konfliktbilder auf das Prinzip Führen mit Auftrag. 6. Auswirkungen der Transformation von Streitkräften auf das Prinzip Führen mit Auftrag und Implikationen für Selbstbild und Selbstverständnis der Bundeswehr. Neben den eigenen Gedanken nahm der persönliche Erfahrungs- und Wissensaustausch mit ausgewählten Persönlichkeiten und Institutionen eine herausragende Rolle im Gesamtkonzept der Erarbeitungsphase ein. In Ergänzung zu den mannigfaltigen rein inhaltlichen Aspekten wurde den Lehrgangsteilnehmern dabei authentisch vor Augen geführt, welchen Stellenwert Auftragstaktik und die mit ihr assoziierten Erwartungen und Erlebnisse für nahezu alle Gesprächspartner besitzen. Zur Vorbereitung und als Ausgangsbasis der Erarbeitungsphase wurde auf Grundlage aktueller und relevanter Dokumente und Doktrinen ein gemeinsames Grundverständnis zum Prinzip Führen mit Auftrag entwickelt. Als Grundsatz der Inneren Führung ist Führen mit Auftrag Ausdruck des Leitbildes vom Staatsbürger in Uniform. Auftragstaktik ermöglicht dem militärischen Führer, Untergebene zur geistigen Mitarbeit aufzufordern, ein vordem mechanistisches durch ein beständiges intellektuelles Zusammenwirken zu ersetzen. Grundvoraussetzung hierfür ist eine klar und deutlich formulierte Absicht des Vorgesetzten. Handlungsfreiheit, klare Ziele und die dazu erforderlichen Kräfte und Mittel sind genauso tragende Bausteine wie Delegierung, Vertrauen und Fehlertoleranz. Auftragstaktik als Gratwanderung zwischen Initiative und Gehorsam erfordert auf allen Ebenen professionelle, verantwortungsfreudige Führungspersönlichkeiten – mehr denn je gilt: Unterlassen und Versäumnis belasten schwerer als ein Fehlgreifen in der Wahl der Mittel. Die folgenden sechs Essays setzen sich über semantische Diskussionen – ob es nun „Auftragstaktik“ oder „Führen mit Auftrag“ heißt – hinweg. Sie zeigen vielmehr auf, wie facettenreich, wie substanziell, wie brisant, wie leidenschaftlich die Thematik ist. Ein Essay erlaubt, Kriterien wissenschaftlicher Methodik und Systematik oder weitgehend starre Formate zu vernachlässigen, er gewährt den Autoren Handlungsfreiheit – womit wir also bei einem Spiegelbild des Rahmenthemas wären. Der (gewollten) Unterschiedlichkeit ist eines gemein: klare Aussagen, Imperative statt Konjunktive, Urteile statt Eindrücke! Zugegeben hat es eine kleine Weile gedauert, bis der Lehrgang Wert und Gehalt des gegebenen Themas erkannt hat. Auch und gerade deswegen reifte die Überzeugung, dass echter Fortschritt am ehesten durch Dialog und Widerspruch entsteht. Angemessener Widerspruch dort, wo Fehlformen und Fehlentwicklungen sichtbar sind oder werden. In solchem Widerspruch zeigt sich Loyalität. 2 2 Auftragstaktik – ein Prinzip im Wandel der Zeit Das selbständige Handeln von militärischen Führern im Sinne einer übergeordneten Instanz ist keine deutsche Erfindung. Ein systematisches Einräumen von Freiraum und die Forderung nach Initiative und Kreativität des Soldaten sowie die Erhebung dieser beiden Elemente zu einem alle Hierarchieebenen durchdringenden Prinzip sind dagegen eng mit der deutschen Militärgeschichte verknüpft. In diesem Rahmen scheint sich Auftragstaktik im Wechselspiel des (aus der Not des Staates geborenen) Einräumens von Handlungsfreiheit und Einfordern ebendieser Handlungsfreiheit durch den Soldaten – der Fähigkeit und des Drangs nach Selbstbestimmung aus eigener liberaler Überzeugung – entwickelt und begründet zu haben. Um Auftragstaktik effizient und kalkulierbar umzusetzen, begleitete ihre Entwicklung stets die Suche nach geeigneten Antworten. Unter anderem ging es darum, das Vertrauen zwischen Vorgesetzten und Untergebenen zu stärken und die Soldaten auszubilden, den Spielraum auch ausfüllen und einfordern zu können. Im Folgenden soll das Wechselspiel und Wirken der benannten Triebfedern anhand von vier Fallbeispielen kurz beleuchtet werden. Als erstes Beispiel sind die preußischen Heeresreformen richtungsweisend. Die Niederlage 1806 – und damit die Not des Staates – war u.a. ein Auslöser für die preußischen Heeresreformen. Zudem erfuhr die Kriegsführung einen Wandel. Zwei Elemente stachen hervor: das Massenheer und dessen Auflockerung auf dem Gefechtsfeld, die eine direkte Führung „hoch zu Ross“ ungeeignet werden ließ. Gleichzeitig zeigte sich, dass das Ausnutzen günstiger Gelegenheiten durch örtliche Führer taktische Vorteile bereithielt. Im Kern der Reform stand somit der Aufbau einer dezentralen Führungsstruktur, die dem Untergebenen mehr Selbständigkeit übertrug, ohne den zentralen Führungsanspruch zu unterminieren und die Disziplin einzuschränken. Detaillierte Befehle sollten durch Weisungen ersetzt und der Unterführer damit befähigt werden, lagegerecht „mitdenkenden Gehorsam“ zu praktizieren. Dies fand 1812 Eingang in das „Exerzierreglement für die Infanterie der Kgl. Preuß. Armee“. Bildung und an die Kriegsrealität angepasste Übungen wurden als Grundlage für Initiative erkannt, da sie das Risiko minimierten und das Vertrauen zwischen den Ebenen stärkten. Die Orientierung der Reform am damaligen Menschenbild sollte das Militär ferner in die Gesellschaft integrieren und den Bürger als Verteidiger des Vaterlandes binden. Die Wehrpflicht, die Öffnung der Offizierlaufbahn für das Bürgertum, der Aufbau einer Schulund Akademielandschaft spiegeln dies wider. Der Vorläufer der Auftragstaktik – das selbständige Agieren innerhalb der Weisung – bestand schließlich mit den Befreiungskriegen 1813 seine Feuertaufe. 3 Ihre Übernahme als Handlungsprinzip schloss zwar mit den Ideen der Aufklärung und des Liberalismus auch Elemente der Fähigkeit zur Selbstbestimmung ein, noch mehr war sie allerdings Resultat einer immanenten Not des Staates und des Drucks sich der neuen Kriegsrealität anzupassen. Das zweite Fallbeispiel zeigt Auftragstaktik im Lichte der Sturmbataillone und der Verteidigung in der Tiefe während des 1. Weltkriegs. Erneut fällt eine strategische Notlage ins Auge: Für einen Zweifrontenkrieg hatte das Deutsche Reich nur ungenügende Ressourcen. Ohne Aussicht auf eine politische Lösung mussten auf taktischer Ebene vorteilhafte Anpassungen gesucht werden. Ohne deren positiven Rückkopplungen auf höhere Ebenen wäre Deutschland früher oder später zu einem Erschöpfungsfrieden gezwungen. Mit Blick auf die Entwicklung der Auftragstaktik ist die Einführung des Konzepts der Sturmbataillone und des von ihnen praktizierten Stoßtruppverfahrens sowie der Idee einer Verteidigung in der Tiefe bedeutsam. Die Aufstellung der Sturmbataillone kann als Initiative und somit als Drang aus der Truppe heraus bezeichnet werden. Das Konzept der Verteidigung in der Tiefe war dagegen im Kern ein von der Obersten Heeresleitung initiiertes Verfahren. Beides führte in engen Grenzen zu einer Auflockerung des Stellungskrieges. Das Zugeständnis von „Selbständigkeit“ an die Truppe war ein Zeichen der Ohnmacht der Führung und zeigt die Notlage des Staates als eine Triebfeder für Auftragstaktik. Ohne eine mit den Grundgedanken der Auftragstaktik vertraute und ausgebildete Truppe wären derartige Neuerungen in der Kürze der Zeit nicht umsetzbar gewesen. Insofern spielte die in den Jahrzehnten vor dem 1. Weltkrieg ausgebildete Fähigkeit zur Selbständigkeit eine wichtige Rolle. Zugleich bleibt festzuhalten, dass diese neuen Konzepte teilweise „von unten“ initiiert wurden, also auch ein Drang zur Selbständigkeit vorhanden war. Dieser war freilich ausschließlich auf die von Frontoffizieren erkannten Notwendigkeiten zurückzuführen und hatte seine Wurzeln keineswegs in weitergehenden liberalen Überzeugungen. Im dritten Fall sind die operativen Erfolge in den ersten Jahren des 2.Weltkrieges im Sinne der Auftragstaktik erwähnenswert. In der Reichswehr wurden die Elemente der Auftragstaktik, umschrieben als „Verantwortungsfreude“ oder „Wendigkeit in der Ausnutzung der Lage“, weiter gepflegt. Im Unterschied zum kaiserlichen Heer waren die Adressaten die einzelnen Soldaten bis in den Mannschaftsstand hinein, denen Selbständigkeit zugestanden wurde. Sie wurden systematisch zu Initiative und Selbständigkeit erzogen. Die Grundidee eines „Führerheeres“ im Sinne eines hochprofessionellen Kerns für eine spätere Aufrüstung lag diesem zugrunde. Folglich begründete sich das erweiterte Zugeständnis von Selbständigkeit durch die Beschränkungen des Versailler Vertrages hervorgerufene Notlage. 4 Wie im 1. Weltkrieg überwog erneut die strategische Not. Offensives Vorgehen und strategische Initiative schienen geeignete Wege, um der nachteiligen Ausgangslage zu entrinnen. Dies umfasste auch das Gewähren und Ausnutzen operationeller Kreativität und Selbständigkeit. Die bedeutsamen Durchbrüche Guderians und Rommels werden oft als Beispiele für die überlegene Initiative und Selbständigkeit deutscher Militärs angeführt. Dennoch ist festzuhalten, dass weder von den politischen noch militärischen Führenden eine Stärkung der Selbständigkeit beabsichtigt war. Selbst zu den Hochzeiten der Blitzsiege erlahmte die Diskussion über das rechte Maß zwischen Befehlstreue und selbstständigem Handeln nicht. Auch wenn Freiheit des Handelns in den gewohnten Bahnen akzeptiert war, fiel es weiten Teilen der höheren Wehrmachtsführung schwer, zu erkennen, dass die operativ eigenständig eingesetzten Panzerverbände umfassende Handlungsfreiheit benötigen. Daher musste die vielgerühmte Selbständigkeit der „Panzergenerale“ oft erst gegen Widerstand erkämpft werden. Zweifellos waren dieser starke Drang zur Selbständigkeit und die bewiesene Fähigkeit zum Umgang mit ihr Folge einer langen Schulung. Der Drang dieser Führungspersönlichkeiten wurde dadurch begünstigt, dass eine zentralisierte Führung der schnellen Truppen trotz der verbesserten Führungsmittel häufig gar nicht umzusetzen war. Auch hier zeigt sich, dass die Unfähigkeit zur perfekten Kontrolle maßgeblich zur Selbständigkeit der Truppe beitrug. Dass ihre Gewährung vom Erfolg abhängig war, zeigte sich in der Spätphase des Krieges als Adolf Hitler über mehrere Führungsebenen hinweg befahl und den militärischen Führern aller Ebenen jeden Spielraum nahm. Auftragstaktik als Führungsprinzip erfuhr in der Bundeswehr, unserem vierten Fallbeispiel, eine neue Ausgestaltung. Bezugnehmend auf das eingangs eingeführte Begriffspaar, überwog in der Nachkriegszeit zunächst die Not gegenüber der Selbstbestimmung. Trotz einer traumatisierten, dem Militär gegenüber skeptischen Gesellschaft, wurden mit der Bundeswehr 1955 neue Streitkräfte aufgebaut. Sie legitimierten sich durch den Ost-West-Gegensatz. Im Kern blieben die Begründungen für die Auftragstaktik bestehen. Die mit ihr verbundenen, positiven Erfahrungen auf allen Ebenen sollten verstärkt, die negativen Auswirkungen des Mikromanagements der Spätphase des 2. Weltkrieges künftig vermieden werden. Es kam jedoch eine weitere Dimension hinzu. Die Freiräume, welche die Auftragstaktik bietet, wurden mit dem Erleben der Werte einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung verknüpft. Zu der Not trat die normativ gespannte Triebfeder gesellschaftlicher und individueller Selbstbestimmung hinzu. Mit der Himmeroder Denkschrift sollte eine Armee entstehen, die tief in der Gesellschaft verankert ist. Das durch Baudissin geprägte innere Gefüge der Armee sollte auf dem neuen Verständnis vom Staatsbürger in Uniform basieren. 5 Die Erziehung zur Selbständigkeit auf Basis demokratischer Freiheitsrechte gepaart mit an die Kriegsrealität angepassten Übungen stellte in diesem Zusammenhang eine Ertüchtigung des Soldaten und Bürgers dar. Dieser sollte intrinsisch motiviert und bewusst mitverantwortlich für das eigene Handeln danach streben, sein Bestes zur Verteidigung der deutschen Demokratie zu geben. Zugleich sollte er damit auch befähigt werden, innerhalb seines Spielraumes, die Grenzen des Handelns und Gehorchens zu erkennen. Auf dieser Basis vertraut der Führende dem Untergebenen, nicht nur seiner Funktion und militärischen Expertise, sondern auch seiner staatsbürgerlichen Grundeinstellung wegen. Im Rahmen des Konzepts der Inneren Führung konnte damit das Prinzip der Auftragstaktik neu gedacht und begründet werden. Wenngleich sich beide nicht gegenseitig bedingen, setzt das Prinzip Freiräume für eigenständiges und verantwortliches Handeln voraus; das Konzept jedoch fordert sie ein. Es galt somit Auftragstaktik als Handlungsprinzip auch im Friedensbetrieb zu etablieren, zu üben und durchzusetzen. Gelang dies in den 1950/60er Jahren nur eingeschränkt, wurde der Gestaltungsfreiraum des Staatsbürgers in Uniform im Zuge der Einflüsse des ideologischen Ost-West-Gegensatzes, der 1968er-Bewegung und des NATODoppelbeschlusses seitens der Soldaten eingefordert (z.B. Leutnante 70). Die Einsetzung der „De Maizière-Kommission“ 1978/1979 war daher eine folgerichtige Reaktion, um das Prinzip mit dem Konzept in Deckung zu bringen. Insofern bestanden die tradierten Begründungen der Auftragstaktik in der Nachkriegszeit weiterhin und zeitlos fort. Eine neue kam jedoch mit der Aufstellung der Bundeswehr hinzu, die sich aus dem politisch gewünschten Bild des Staatsbürgers und dem gesellschaftlich akzeptierten Menschenbild ableitete. Die Fähigkeit, gekoppelt mit dem Drang zur freien Selbstbestimmung, ist zu einem weiteren Element der Auftragstaktik nach deutschem Verständnis gereift. Mit Blick auf die Fallbeispiele und die Geschichte der Auftragstaktik deutscher Art wird deutlich, dass ihre Entwicklung und Ausgestaltung hauptsächlich auf rein militärischer Notwendigkeit beruhte und sich aus den Elementen der Not speiste. Mit den Heeresreformen wirkten auch gesellschaftliche Einflüsse, die sich aus einem veränderten individualisierten, liberaleren Menschenbild ergaben, durchaus positiv auf die Ausgestaltung und Anwendung der Auftragstaktik. Mit der Gründung der Bundeswehr wird jedoch eine wertegebundene und auf das Individuum zentrierte Begründung im Vergleich zur militärisch-technischen dominant, welche die rein militärische Zweckmäßigkeit von Auftragstaktik durch Elemente der Selbstbestimmung und damit die Einforderung des Spielraums durch den Soldaten betont. Durch das Wechselspiel zwischen Not und Selbstbestimmung wird auch künftig das Wesen der Auftragstaktik bestimmt. 6 3 Führen mit Auftrag auf der operativen Ebene Die Heeresdienstvorschrift 100/200 definiert die operative Ebene: „Die operative Ebene setzt die politischen Absichten und militärstrategischen Vorgaben in Weisungen an die taktische Ebene um.“ Diese recht allgemeine Formulierung verortet die operative Ebene zwar formal, in der Praxis zeigen sich hingegen Schwierigkeiten in der Abgrenzung. Vor allem in den Auslandseinsätzen verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen politischer, (militär-)strategischer, operativer und taktischer Ebene. Dieser Beitrag analysiert die operative Ebene im Hinblick auf ihre Besonderheiten im Vergleich zu anderen Führungsebenen und geht der Frage nach, welche Chancen und Risiken sich daraus bei der Anwendung des Prinzips Führen mit Auftrag auf operativer Ebene ergeben. Dabei werden zwei wesentliche Charakteristika, die Nähe zur politischen / militärstrategischen Ebene und die Komplexität, in den Blickpunkt gestellt, um hieraus jeweils Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Der Aspekt der Multinationalität als weiteres Kennzeichen der operativen Ebene wird in einem weiteren Beitrag untersucht und ist deshalb hier nicht Gegenstand der weiteren Überlegungen. Der Beitrag schließt mit der Betrachtung der Rolle des militärischen Führers und einer Stellungnahme zur Notwendigkeit der Weiterentwicklung des Prinzips Führen mit Auftrag. Ein Kennzeichen der operativen Ebene ist ihre relative Nähe zur Politik. Deutlich wird dies z.B. durch die zentrale Rolle des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr als (neben dem Ministerium) alleiniger Ansprechpartner der Politik für alle einsatzrelevanten Fragen. Aufgabe der Politik bei der Erteilung eines Mandates zum Einsatz der Streitkräfte ist unter anderem eine eindeutige Formulierung des Einsatzzweckes. Die „eigene Absicht“, als Voraussetzung zur Anwendung der Auftragstaktik, muss somit bereits auf politischer Ebene formuliert und als solche offen und nachvollziehbar kommuniziert werden. An dem formulierten Zweck muss sich folgerichtig die Bereitstellung der erforderlichen Mittel orientieren. Der Beratungsleistung durch die operative Ebene kommt hier besondere Bedeutung zu. Ohne das Primat der Politik in Frage zu stellen muss deutlich gemacht werden, welche Konsequenzen mit dem Verzicht oder der Limitierung bestimmter militärischer Mittel aus politischen Gründen im konkreten Fall verbunden sind. Ist die politische Entscheidung getroffen, sind die diesbezüglichen Entscheidungen wie die rechtlichen und militärischen Vorgaben als Auflagen in der Operationsführung zu berücksichtigen. Die Durchführung des Einsatzes obliegt hingegen ausschließlich dem Militär. 7 Insofern würde ein unmittelbares Eingreifen von der politischen Ebene auf konkrete Entscheidungen in der Operationsführung dem Prinzip Führen mit Auftrag widersprechen. Trotz der hohen politischen Bedeutung der Einsätze und des großen medialen Interesses gibt es in der Praxis für dieses „Durchgreifen“ jedoch kaum Anzeichen. Allerdings verfolgt die Politik ein umfangreiches und zeitkritisches Informationsinteresse, das zum Teil bereits als Eingriff empfunden wird. Hierbei handelt es sich aber um ein berechtigtes Interesse des ursächlichen Auftraggebers, dem es gilt auf allen militärischen Ebenen durch die Implementierung geeigneter Verfahren gerecht zu werden. Die Gefahr des angesprochenen Durchgreifens besteht vielmehr innerhalb des militärischen Stranges, wenn höheren Führungsebenen Detailinformationen über die Lage vor Ort in Echtzeit vorliegen. Besonders in diesen Fällen gilt es, auch auf operativer Ebene, der Versuchung eines direkten Eingriffes zu widerstehen. Von der strategischen Ebene erhält die operative Ebene die militärstrategischen Vorgaben für den Einsatz, im Idealfall auch einen „endstate“. In ihm spiegelt sich die Absicht der strategischen Ebene wider. Wie bereits für die politische Ebene festgestellt, hat auch hier die operative Ebene den Auftrag, eine klare Zielsetzung einzufordern (oder sie wenn nötig selbst zu formulieren), um bei der Umsetzung der Vorgaben in Weisungen für die taktische Ebene klare Absichten formulieren zu können. Aus der oftmals sehr weit gefassten Formulierung eines „endstates“ ergibt sich eine besondere Chance bei der Anwendung des Prinzips Führen mit Auftrag auf der operativen Ebene. Bei der Umsetzung in konkrete Handlungsfelder und Ziele, die im „operational design“ ihren Ausdruck finden, bestehen oft große Spielräume. Die operative Ebene kann insofern diesen breiten Gestaltungsspielraum für sich nutzen und zudem ein möglichst großes Maß an Handlungsfreiheit für die nachgeordneten Ebenen generieren. Auch bei Gewährung eines maximalen Handlungs- und Gestaltungsspielraums bedarf es einer eindeutigen, klar und einfach formulierten Absicht der übergeordneten Führung und der Bereitstellung angemessener Mittel zur Auftragserfüllung. Insbesondere die operative Ebene profitiert dabei von der Delegation von Verantwortung auf nachgeordnete Führungsebenen und den Führer vor Ort, wie der folgende Abschnitt zeigen soll. Das zweite näher zu betrachtende Charakteristikum der operativen Ebene ist die hohe zu bewältigende Komplexität. Ureigene Aufgabe operativer Kommandos ist es, Fähigkeiten der verschiedenen militärischen Organisationsbereiche in einer umfassenden Operationsplanung zusammenzufassen und zu synchronisieren. Neben der Multinationalität sind deshalb die Integration unterschiedlicher Teilstreitkräfte und die Zusammenarbeit mit weiteren staatlichen und zivilen Akteuren im Rahmen des „comprehensive approach“ kennzeichnend. 8 Wie bereits im ersten Essay herausgearbeitet wurde, gewann das Prinzip Führen mit Auftrag in den deutschen Streitkräften an Bedeutung, als die Verantwortungsbereiche des militärischen Führers soweit und die Einflussfaktoren so zahlreich wurden, dass er als Einzelperson nicht mehr in der Lage war, diese Komplexität zu beherrschen. Das Prinzip Führen mit Auftrag ist in diesem Sinne bis heute die beste Antwort auf ein dynamisches und komplexes Einsatzumfeld. Dies gilt sowohl an der Schnittstelle von operativer zu taktischer Ebene als auch für die jeweiligen taktischen Führungsebenen. Der Führer vor Ort, der oftmals sogar abgeschnitten von der nächsthöheren Führungsebene operieren muss, kann die Vielzahl der Einflussfaktoren vor Ort besser überblicken und seine Kenntnis um die Besonderheiten „seines“ Raumes nutzen, um vor Ort die geeignete Entscheidung zu treffen. Höhere Führungsebenen schaffen dabei einen planerischen Rahmen, erteilen Aufträge frühestmöglich (im Sinne der 1/3 – 2/3 Regel) und stellen Mittel bereit. Die Verantwortung in der Durchführung aber wird an den taktischen Führer vor Ort delegiert, um ihm die Chance zur Initiative nicht aus der Hand zu nehmen. Ein vergleichsweise geringeres Maß an unmittelbarer Kontrolle ist daher der Schlüssel zur Beherrschung von Komplexität. Eine Gefahr besteht lediglich, wenn der oftmals weite Planungshorizont, die zweifellos verfügbaren Kapazitäten in einem Stab und die Vielzahl der verfügbaren Informationen genutzt werden, um taktische Entscheidungen vorwegzunehmen. Eine gut gemeinte Unterstützung unterstellter Bereiche kann durch zu detaillierte Vorgaben oder gar die Einschränkung von Handlungsoptionen ins Gegenteil verkehrt werden. Die operative Ebene ist daher gefordert, der taktischen Ebene Fähigkeiten bereitzustellen, diese zu synchronisieren und nicht der Versuchung zu erliegen, taktische Aufgaben wahrzunehmen. Betrachtet man abschließend die gewonnenen Erkenntnisse so zeigt sich, dass die operative Ebene, besonders in den Einsätzen, erheblich von der Anwendung des Prinzips Führen mit Auftrag profitieren kann. Führen mit Auftrag kann insofern als „Mittel der Vernunft“ betrachtet werden, um den besonderen Herausforderungen der operativen Ebene bestmöglich gerecht werden zu können. Der Umgang mit den dargestellten Chancen und Risiken ist nur selten von externen Einflussgrößen (Technisierung, Bürokratisierung etc.) abhängig, sondern wird im Wesentlichen von den handelnden Personen bestimmt. Die Rolle des Führers ist deshalb auf allen Ebenen entscheidend. Die Vorteile der Auftragstaktik kommen nur dann zur Geltung, wenn der Führer von diesem Führungsprinzip überzeugt ist. Er muss den Freiraum für seine Entscheidungen einfordern und einem Durchgreifen höherer Führungsebenen entgegenwirken. Den zur Verfügung stehenden Freiraum nutzt er, delegiert Verantwortung und lässt bei der Auftragserfüllung weitreichende Spielräume. 9 Die Formulierung einer klaren Absicht, wechselseitiges Vertrauen von Führer und Geführtem und der Wille zur Übernahme von Verantwortung durch Unterstellte sind hierbei die notwendigen Voraussetzungen. Der Auswahl und Ausbildung des Führungspersonals muss deshalb weiter besondere Beachtung geschenkt werden. Solange Führungsdienstposten ein Pflichttor für alle Berufsoffiziere darstellen, sollte bei der Beurteilung oder in Auswahlkonferenzen bei der Bewertung der Fähigkeit zur Menschenführung der Fähigkeit zur Anwendung eben dieser Prinzipien besonderes Augenmerk gewidmet werden. In der (Führer-)ausbildung ist das Führen mit Auftrag deshalb aktiv zu thematisieren und bei der Auswertung von Übungen als Kriterium heranzuziehen. Das Prinzip Führen mit Auftrag hat sich für die deutschen Streitkräfte bewährt und bietet wie gezeigt besondere Chancen auf der operativen Ebene. Es ist die Antwort auf steigende Komplexität, vor allem in den Einsätzen und entspricht im besonderen Maße dem Bild des authentischen und mit Vertrauen führenden Vorgesetzten und dem mitdenkend und eigeninitiativ handelnden Soldaten. Die Bewährung des Prinzips in sich ändernden Strukturen und unter neuen Rahmenbedingungen gilt es regelmäßig zu überprüfen. Für eine Weiterentwicklung oder gar eine grundsätzliche Veränderung des Prinzips Führen mit Auftrag besteht aus Sicht der Arbeitsgruppe derzeit kein Anlass. Vielmehr kommt es darauf an, dass militärische Führer sich der Vorteile der Auftragstaktik bewusst sind und ihrer entscheidenden Rolle bei Ihrer Umsetzung verantwortungsvoll gerecht werden. 10 4 Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Anwendung des Prinzips Führen mit Auftrag in Land-, Luft- und Seeoperationen und was sich daraus ergibt Führen mit Auftrag gilt als Alleinstellungsmerkmal der deutschen Streitkräfte. Historisch gewachsen, durch operative Erfolge bestätigt, in der Bundeswehr als Führungsprinzip anerkannt und als vermeintlicher Exportschlager gepriesen, ist die Versuchung groß, vom „Mythos Auftragstaktik“ zu sprechen – Mythos im doppelten Sinne. Einerseits umschreibt ein Mythos oft etwas großes, außergewöhnliches, etwas, das wichtig genug ist, es über Generationen weiterzugeben. Andererseits ist ein Mythos auch etwas, was es nicht mehr gibt, was vielleicht einen wahren Kern hatte, aber nicht mehr präsent ist. Wie gelangt jetzt dieser Mythos in den Streitkräften zur Anwendung? Wie reflektieren die Teilstreitkräfte das Prinzip, wie wollen sie es umsetzen und wie wird es in den unterschiedlichen Operationen zu Land, zur See und in der Luft tatsächlich angewandt? Gibt es überhaupt einen gemeinsamen Nenner, der Führen mit Auftrag als streitkräftegemeinsames Prinzip erkennbar macht? Ist Führen mit Auftrag überhaupt noch ein Prinzip im wahren Sinne, nämlich oberster Grundsatz? Oder wird es marginalisiert durch die Vielzahl und das Nebeneinander von unzähligen Grundsätzen und zeitgeistlichen Strömungen? Wie ist es um den Kern von Führen mit Auftrag bestellt? Auf all diese Fragen wollen wir mit zwei Thesen antworten - nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern eine Einladung zur Diskussion und zur Auseinandersetzung mit dem „Prinzip“. Das Prinzip Führen mit Auftrag unterliegt in Land-, Luft- und Seeoperationen unterschiedlichen Einschränkungen und wird dadurch auch unterschiedlich angewendet. Es ist und bleibt jedoch das streitkräftegemeinsame Prinzip in der Truppenführung. In medias res: Träger des Prinzips Führen mit Auftrag ist das Deutsche Heer – zumindest, wenn man den Führungsvorschriften glauben mag. Nur in den Dienstvorschriften des Heeres wird Führen mit Auftrag explizit erklärt und seine Bedeutung in Tiefe erläutert. Vor allem wird aber auch die operative Notwendigkeit dieses Führungsprinzips deutlich herausgestellt. In einem dynamischen und komplexen Einsatzumfeld kann nur die Truppe bestehen, die sich mit ihrem Führungsverhalten an schnell wechselnde Lagen anpassen kann und Entscheidung und Initiative auf der betroffenen Ebene belässt. Was Führen mit Auftrag im Heer alles voraussetzt, deckt sich im Wesentlichen mit dem eingangs geschilderten gemeinsamen Grundverständnis und soll hier nicht weiter Erwähnung finden. Auf jeden Fall erwähnt werden müssen die Einschränkungen und Hindernisse für Führen mit Auftrag aus Heeressicht, nämlich: festgelegte Einsatzverfahren, multinationale Stäbe und deren Führungsverfahren sowie das Eingreifen hoher politischer und militärischer Führer über 11 Führungsebenen hinweg. Mit dieser Auffassung hat sich im Grundsatz am Prinzip, seit seiner Einführung im Jahr 1869 durch Generalfeldmarschall von Moltke in das Denken des preußischen Generalstabes, nichts geändert. Und wie sieht es mit seiner Anwendung aus? Schon in der kritischen Rückschau darf man fragen, wie es um Führen mit Auftrag in den Zeiten der „Verteidigungsschichttorte“ des General Defense Plan an der innerdeutschen Grenze bestellt war. Wie ist es nun im Einsatz heute? Dort finden wir all das wieder, was die Heeresdienstvorschrift als Einschränkung benennt: Multinational besetzte Stäbe, Einsatzverfahren wie Standing Operating Procedures, Flugbetriebshandbuch Einsatz für alle Eventualitäten und auch das gute alte „Haben wir schon immer so gemacht!“ der Einsatzwiederholer. Auch die Routine kann eine Art Einsatzverfahren sein. Und die Einmischung von ganz oben? Die ist mindestens technisch durch Live-Übertragung von Drohnenbildern, Satellitenkommunikation und Blue-Force-Tracking möglich. Die Diskussionen um den Einsatz der Panzerhaubitze 2000, des Schützenpanzers Marder sowie die aktuelle Diskussion über eine Ausrüstung mit bewaffneten Drohnen zeigen die Brisanz und die damit verbundene Einmischung hoher Führung, mal zu Gunsten oder zu Ungunsten der Truppe – in jedem Fall jedoch wider das Prinzip. In den Führungsvorschriften von Luftwaffe und Marine wird Führen mit Auftrag erwähnt und eingefordert. Treibendes Prinzip von Luft- und Seekriegsführung ist jedoch das der zentralen Planung und dezentralen Ausführung. Denn im Gegensatz zu Landoperationen leiten sich die Anforderungen an Führungsverfahren für Luft- und Seekrieg nicht aus einem dynamischen und komplexen Einsatzumfeld ab, sondern sind bedingt durch einen hohen Grad an Technisierung und eine gegenseitige Abhängigkeit der Systeme. Die dafür notwendige zentrale Planung engt die Entscheidungsfreiheit des taktischen Führers und teilweise auch darüber stark ein, da er seine Mittel und Fähigkeiten nach einem klar vorgegebenen Raster oder einem Standardverfahren einsetzen muss. Als Beispiele hierfür seien die Air Tasking Order oder die Luftverteidigung eines Flottenverbandes genannt. Des Weiteren sind Luftwaffe und Marine der Bundeswehr seit jeher – und mit abnehmender Größe auch in zunehmendem Maße – in multinationalen Operationen eingesetzt. Entsprechend sind auch die Führungsverfahren ausgerichtet und anschlussfähig. Also kein Führen mit Auftrag in Luftwaffe und Marine? Ein Blick in die Praxis: Für den Kampf in großangelegten Feldzügen scheint dem Prinzip Führen mit Auftrag bei Luft- und Seekriegsoperationen wenig Raum zu bleiben. In den „kleineren Einsätzen“ jedoch ist ein hohes Maß an Initiative und Eigenverantwortung gefordert. Luftnahunterstützung bedarf der Zusammenarbeit mit der Bodentruppe, Verständnis für die taktische Lage und – bei höherem Bedarf als verfügbar – 12 auch der Abwägung und der Entscheidung der Besatzung. Der Einsatz einer Fregatte am Horn von Afrika mit enormem Operationsgebiet muss dem Kommandanten alle notwendigen Freiheiten zur Umsetzung seines Auftrages gewähren und tut dies in der Regel auch. Und abseits des Gefechtsfeldes und Operationsraumes? Fehlendes Personal, fehlendes Gerät und Versorgungsengpässe kennt jeder militärische Führer und jede Armee der Welt – faktisch oder auch nur gefühlt. So entsteht bereits im Garnisons- und Grundbetrieb die Notwendigkeit zur Improvisation und Initiative damit „der Laden läuft“. Paradoxerweise wird so durch schlechtes Führen mit Auftrag, weil nämlich der Auftragserteiler nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt, der Geist von Führen mit Auftrag im unterstellten Bereich gefördert. Damit wird das „Prinzip von Führen“ mit Auftrag pervertiert, indem wir strukturellen Mangel durch das Feigenblatt der Auftragstaktik bedecken. Dieses Paradoxon ist allen Teilstreitkräften zu eigen und wird auch in der Offizierausbildung eingefordert und umgesetzt. Auch so bleibt Führen mit Auftrag zumindest für die Bundeswehr mehr als eine Führungstechnik im Kampf, sondern leitendes Führungsprinzip. Tatsächlich? Führen mit Auftrag hat einen zeitlosen, funktionalen Kern, der mit Konzepten und Begriffen aus dem Zeitgeist der letzten 60 Jahre überfrachtet ist und dadurch marginalisiert wird. Der Begriff Prinzip wird im allgemeinen Sprachgebrauch oft synonym mit dem Begriff Grundsatz verwendet. Grundsätze kann man viele haben, auch nebeneinander, gleichberechtigt oder in einer gewichteten Reihenfolge. Das Wort Prinzip impliziert aber nicht nur Grundsatz, sondern oberster Grundsatz; eben derjenige, aus dem sich andere Grundsätze und Regeln ableiten. Schaut man sich die Einbettung von Führen mit Auftrag in die Konzeption der Inneren Führung an, findet sich das Prinzip zunächst als ein Grundsatz der Inneren Führung neben sieben weiteren wieder. Weiterhin stellt Führen mit Auftrag eine von zehn Anforderungen an Soldaten und Vorgesetzte dar. Abschließend wird das Prinzip konzeptionell durchgereicht in eines der zehn Gestaltungsfelder der Inneren Führung und steht dort neben vielen anderen Grundsätzen und Führungsweisheiten. Führen mit Auftrag ist damit konzeptionell ähnlich gereiht wie Seelsorge, Informationsarbeit und politische Bildung. Innerhalb des Gestaltungsfeldes Menschenführung rangiert es neben Gleichstellung und Beteiligung oder Umgang mit Tod und Verwundung. Keinem dieser Themenfelder soll seine Wichtigkeit abgesprochen werden. Aber als oberster Grundsatz erscheint Führen mit Auftrag nicht. Wäre es Prinzip, ließen sich daraus alle relevanten Forderungen an Führung und Ausbildung des Führerkorps ableiten. Stattdessen wurde das Prinzip durch begriffliche Beistellungen und Aufblähung von Führungskonzeption marginalisiert – mindestens in der Konzeption. Reduziert auf den eigentlichen Kern stellt Führen mit Auftrag keine 13 Anforderungen an die Führungskonzeption. Vielmehr nimmt das Prinzip bei konsequenter Anwendung Einfluss auf die herrschende Konzeption und gestaltet sie mit – ist eben Prinzip im wahrsten Sinne des Wortes. Wie sieht es nun in der Praxis aus? Es wurde bereits angedeutet, dass Führen mit Auftrag unabhängig von den Dimensionen Land, Luft und See streitkräftegemeinsames Führungsprinzip ist und als solches den gesamten soldatischen Alltag durchzieht. Dazu müssen auch in diesem die nötigen Handlungsspielräume zugelassen werden, was oftmals nicht oder nur eingeschränkt geschieht. Entweder sind Führer nicht befugt zu entscheiden, es fehlen ihnen die erforderlichen Mittel zur Umsetzung des Auftrages oder sie müssen ihre Handlungen mit zu vielen Stellen abstimmen und tüfteln aus, was ohnehin alternativlos ist. Bindung an IT, das berühmte papierlose Büro und die damit einhergehende Bürokratie gängeln Vorgesetzte und Untergebene gleichermaßen. Wo sind da die Handlungsspielräume? Sie sind scheinbar bei der Ausgestaltung des Bataillonssportfestes größer als bei der Ausbildungsgestaltung für ein Panzergrenadierbataillon. Gott sei Dank gibt es noch keine zweijährigen Sportplatzkonferenzen und flexibles Verfügbarkeitsmanagement für Sportgerät – nur für Großgerät. Noch hat die Truppe den Geist für Führen mit Auftrag. Aber sie muss kämpfen, um ihn zu bewahren. Zurück zu den Wurzeln Und was nun? Wer an dieser Stelle revolutionäre Ideen erwartet hat, wird leider enttäuscht. Führen mit Auftrag braucht keine Fortentwicklung. Eher eine Revitalisierung. Das Prinzip ist gut. Es muss aber wieder Prinzip werden – in der Konzeption und in der Praxis. Die Konzeption muss entschlackt und die Begriffe in die richtige Hierarchie gebracht werden. Zwei Leitprinzipien umfassen dann die Führungskonzeption der Bundeswehr gleichberechtig und ergänzend nebeneinander: Der „Staatsbürger in Uniform“ und Führen mit Auftrag. Daraus lassen sich alle Begriffe und Grundsätze der Inneren Führung ableiten und gleichzeitig wird Führen mit Auftrag wieder zum Prinzip erhoben – und zwar streitkräftegemeinsam. Das ist vielleicht die leichtere Aufgabe. Die Praxis muss befreit werden von unnötiger Bürokratie und der Determinierung durch EDV-Systeme. Verfahren müssen relevant bleiben und nicht zum Selbstzweck werden. Und nicht nur Verantwortung sondern auch Entscheidungsbefugnis muss auf der niedrigst möglichen Ebene belassen werden. Zentralisierung kann Fehler abwenden. Das mag im (Einsatz-)Alltag beruhigen. Dezentralisierung schafft Flexibilität, Mitverantwortung, Motivation und vor allem Freiraum. Das erhöht das Fehlerrisiko. Doch wer mutig diesen Freiraum gibt, ermöglicht es erst der Truppe, auf die wechselnden Lagen des Gefechts zu reagieren und im Kampf zu bestehen. 14 5 Perspektivwechsel – Andere Nationen Erkenntnis ergibt sich aus der Differenz. Was fast schon philosophisch klingt, hat hohe praktische Relevanz. Man reflektiert die eigene Position, das eigene Wesen auch, indem man über Selbstbetrachtung hinaus geht und andere Perspektiven einbezieht: Wie wird man von Anderen gesehen? Und vor allem: Wo liegen die Unterschiede zu den Anderen? Was lernt man aus diesen Unterschieden über sich selbst? In den Streitkräften befreundeter Nationen herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Bundeswehr eine „typisch deutsche“ Führungsphilosophie pflegt. Dieses „typisch Deutsche“ manifestiert sich zunächst im Leitbild des „Staatsbürger in Uniform“ bzw. in der „Inneren Führung“. Das Prinzip Führen mit Auftrag, am besten mit „Mission Command“ greifbar, spielt in den untersuchten Nationen – USA, Frankreich, Großbritannien, Niederlande und Polen – zumindest in der Theorie eine zentrale Rolle. Die Vorstellungen über die Umsetzung dieses Prinzips in die Praxis gehen jedoch sehr weit auseinander. Weitgehend Einigkeit herrscht wiederum darüber, dass Mission Command als Führungsprinzip „typisch deutsch“ ist – aber eben nicht typisch Bundeswehr. Beispiele dafür, was Mission Command ganz konkret bedeutet, finden andere Nationen eher im preußischen Generalstab des 19. Jahrhunderts, vor allem aber in Reichswehr und Wehrmacht. Warum aber nicht in der Bundeswehr, wo diese doch eben jenes Prinzip, Führen mit Auftrag zum Dreh- und Angelpunkt ihres Führungshandelns erhebt? Wenn in anderen Nationen über militärisches Führen, Führungsphilosophie und elementare Prinzipien von Führung nachgedacht wird, so tut man dies in zweierlei Hinsicht anders als in Deutschland. Erstens ist die Führungsphilosophie der Streitkräfte anderer Länder historisch gewachsen. Die Art und Weise, wie Soldaten geführt werden, ist eng verbunden mit Kultur, Geschichte und Entwicklung der jeweiligen Nation. Zwar sind auch die Bundeswehr und die Bundesrepublik Deutschland untrennbar in ihrer Entwicklung verbunden, jedoch ist es bewusst zu einer Zäsur gekommen. Das Militär musste sich 1955 neu erfinden, um sich von Vorherigem abzugrenzen, ja gar zu distanzieren. Zweitens schreiben andere Nationen ihren Streitkräften eine Rolle zu, die deutlich über Landesverteidigung hinausgeht: Entweder sollen die Soldaten weltweit jeder potenziellen Bedrohung staatlicher Interessen gegenüber treten können und zwar sowohl mit Waffengewalt als auch dem eigenen Leben. Oder die jeweilige Nation ist auf Bündnisse angewiesen, aber nahezu ebenso zum Kämpfen entschlossen, weil sie im Gegenzug erwartet, dass man sich notfalls gleichermaßen für sie einsetzen wird, sollte ihre Sicherheit einmal bedroht sein. Ein Führungsprinzip bewährt sich für andere Nationen folglich dort, wo es auf dem Prüfstand steht – im Krieg, im Gefecht. 15 Grundsätzlich ist auch dies bei der Bundeswehr nicht anders. In Deutschland ist man jedoch hinsichtlich nationaler Interessen und deren Durchsetzung ebenso zurückhaltend wie hinsichtlich bedingungsloser Bündnistreue. Weiterhin soll sich Führen mit Auftrag auch im Gefecht bewähren, jedoch ist das Gefecht in der Bundeswehr nicht der entscheidende Aspekt, wenn bewertet wird, ob Führen mit Auftrag als Führungsprinzip erfolgreich ist oder nicht. Dies macht deutlich, dass sich die deutsche Sichtweise auf militärisches Führen fundamental von denen anderer Nationen unterscheidet, auch wenn Führen mit Auftrag und Mission Command als Begriffe auf den ersten Blick sehr nah beieinander zu sein scheinen. Und noch etwas wird klar: Mission Command ist ein Prinzip, das sich in der Vergangenheit bewährt hat und immer noch interessant genug ist, um intensiv darüber nachzudenken. Ein Prinzip, welches aber in jedem Fall schnelles taktisches Operieren und damit Gewinnen oder Behalten der Initiative verspricht: Es ist eine Technik des Führens. Führen mit Auftrag dagegen ist weit mehr als das. Es ist der Kern des soldatischen Selbstverständnisses in der Bundeswehr. Gleichzeitig ist es Ausdruck eines spezifischen Menschen- und Soldatenbildes. Es ist ein normatives Konstrukt, welches mittlerweile ethisch-moralisch wie auch emotional hoch aufgeladen, ja vielleicht gar überladen ist. Es ist jedoch auch ein Konstrukt, welches von anderen Nationen zumindest mit Interesse verfolgt wird. Völlig unabhängig davon, ob das jeweilige Führungsverständnis hohe Schnittmengen mit dem deutschen aufweist (wie z.B. im Fall der britischen oder niederländischen Streitkräfte) oder ob es sich sehr deutlich davon unterscheidet (wie etwa in den polnischen oder US-Streitkräften), alle Streitkräfte denken intensiv über Führung und damit auch über Mission Command nach. Dieser Denkprozess wird von zwei Faktoren getrieben: Die Streitkräfte sehen sich erstens innerhalb der Staaten, zu denen sie gehören, in einer neuen Rolle: Sie müssen sich wirtschaftlich-finanziellen Zwängen unterordnen, was neben dem Verlust bestimmter Fähigkeiten zum Teil drastischen Personalabbau mit sich bringt. Mehr denn je muss damit in Zukunft der einzelne Soldat im Mittelpunkt jeglichen Führungshandelns stehen. Zweitens haben die durch Asymmetrie geprägten Einsätze seit Beginn des 21. Jahrhunderts gezeigt, dass Militär sich hinsichtlich seiner Taktiken und Doktrinen immer wieder und immer schneller hinterfragen muss. Streitkräfte müssen als Ganzes flexibel und anpassungsfähig sein. Gerade in asymmetrischen Konflikten haben Streitkräfte in der Regel nicht die Initiative und können nicht frei manövrieren. Dynamik, Komplexität und Vielfalt der aktuellen Einsatzszenarien stellen gleichzeitig deutlich höhere Anforderungen an den einzelnen Soldaten. 16 Beide Faktoren scheinen nun nahe zu legen, dass eine Entwicklung der jeweiligen Führungsprinzipien vom Mission Command hin zum Führen mit Auftrag nach deutschem Vorbild die Antwort wäre. Zum Teil wird dies auch so gesehen. Gerade in den niederländischen Streitkräften bemüht man sich intensiv darum, die Soldaten in der Ausbildung zu mehr Verantwortung, mehr Selbstständigkeit, mehr Initiative, mehr Kreativität und, nicht zu vergessen, zu mehr Mut zu eigenen Fehlern zu erziehen. Insofern ist, auch wenn in den Niederlanden vieles deutlich pragmatischer gehandhabt wird, das niederländische Verständnis von Führung dem deutschen sehr nahe. Jedoch steht man dem Prinzip des Mission Command bisweilen auch skeptisch gegenüber. Diese Skepsis nährt sich ebenfalls aus den Erfahrungen der Einsätze und den Entwicklungen der Streitkräfte in den letzten Jahren. Mikromanagement durch Vorgesetzte ist nicht Ausdruck einer modernen Führungsphilosophie, jedoch trägt es dem Umstand Rechnung, dass man sich gewisse Fehler auf Grund politischer Implikationen nicht erlauben darf. So sehr also die jeweiligen Streitkräfte eine gut entwickelte und ausgeprägte Fehlerkultur für erstrebenswert halten, so wenig konnten und können sie das Problem lösen, dass Entscheidungen auf der taktischen Ebene teils unvorhersehbare Folgen auf der politisch-strategischen Ebene haben. Aber auch hinsichtlich des wichtigsten Elementes von Mission Command bzw. Führen mit Auftrag – des Handlungsspielraums, den ein Untergebener bzw. ein militärischer Führer gestalterisch ausfüllen soll – gibt es zahlreiche Zweifel. Erstens ist das Militär im Einsatz längst nicht mehr einziger Akteur. Zivile Hilfsorganisationen, staatliche und internationale Organisationen sowie lokale Einzelpersonen und Netzwerke wollen nicht nur berücksichtigt werden, sie sind wesentliche Faktoren, wenn es um Erfolg oder Misserfolg geht. Bestenfalls passt sich das Militär an, wahrscheinlicher ist, dass es sich unterordnet. Zweitens werden bestimmte Fähigkeiten oft zentral verwaltet anstatt sie z.B. einem Bataillonskommandeur zu unterstellen. Damit werden insbesondere militärische Führer durch Rahmenbedingungen eingeschränkt, die ihren Ursprung nicht mehr auf der taktischen Ebene haben. Eine weitere Einschränkung erfährt der Handlungsspielraum durch technische Entwicklungen. Der einzelne Soldat ist oft nur noch ausführendes Element bei computergestützten Prozessen, ist Effektor in einem System vernetzter Operationsführung, welches er weder überblicken noch in seiner Gesamtheit beeinflussen kann. Gleichzeitig ermöglichen die Vernetzung und eine immer leistungsfähigere IT-Infrastruktur, dass der oberste Befehlshaber dem Einzelschützen quasi über die Schulter schauen kann. Das Ausmaß dieser Entwicklung wird deutlich, wenn man sich bewusst macht, dass die US-Streitkräfte die Arbeit an einer Joint-Doktrin zu Mission Command eingestellt haben, weil Zweifel aufkamen, 17 ob die „Art of Command“ in einigen Bereichen nicht längst der „Science of Control“ gewichen sei. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Begriffe Führen mit Auftrag und Mission Command zwar in aller Munde sind, jedoch ist oft nicht klar, was im Einzelfall gemeint ist: die Technik des Führens, die Führungsphilosophie oder das normative Konstrukt mit universellem Geltungsanspruch? Gerade in der Bundeswehr wird dahingehend kaum noch differenziert – mit fatalen Folgen: Abgesehen davon, dass man ohne klare Begriffe rasch aneinander vorbei redet, wird das Prinzip Führen mit Auftrag als Kern des Selbstverständnisses der gesamten Streitkräfte gesehen, untrennbar verbunden mit einem spezifischen Menschen- und Soldatenbild. Damit wird Führen mit Auftrag quasi unantastbar. Dies birgt die Gefahr einer unreflektierten Tradierung des mit modernen Wohlfühlelementen garnierten Althergebrachten. Ferner lässt sich feststellen, dass eine gemeinsame, vielleicht europäische, Führungsphilosophie zwar wünschenswert ist, sich aber derzeit kaum verwirklichen lassen dürfte. Führungsdenken ist national und vor allem historisch geprägt. Darüber hinaus wird gemeinsamen Vorschriften und Verfahren höhere Priorität eingeräumt. Die Einsätze der vergangenen Dekade haben gezeigt, dass diese Priorisierung – gemeinsame Verfahren statt gemeinsamer Philosophie – richtig ist. Zu taktischen Verfahren gibt es ein klares Bild, welche sich bewährt haben und welche nicht. Führungsprinzipien in ähnlicher Weise zu unterscheiden und dann eines zum Nonplus-Ultra oder gar „Export-Schlager“ zu erheben, verbietet sich dagegen. Hinter dem, was verbündete Nationen in den Einsätzen leisten, stehen meist völlig andere Denkansätze, die es wert sind, genauer betrachtet und diskutiert zu werden. Denn auch daran sollte eine Diskussion über Führungsprinzipien nicht vorbei gehen: Einsatzumfeld, technologischer Fortschritt und veränderte Rolle des Militärs im In- und Ausland eröffnen völlig neue Wege, Truppe zu führen und stellen bisherige Führungsprinzipien in Frage. Daraus zu folgern, das Altbewährte stünde vor dem Aus, greift jedoch zu kurz. Schließlich kommt trotz der gewaltigen Umbrüche, die Streitkräfte im Moment durchlaufen, dem Verantwortungsbewusstsein und der Initiative des Einzelnen mehr Bedeutung denn je zu, hier stimmen alle Nationen überein. Vertrauen entsteht durch gute Führung und militärische Führer müssen sich – wo nötig – den Handlungsspielraum, den sie brauchen, schaffen oder nehmen. Ist das unter den aktuellen Rahmenbedingungen einfach? Ganz im Gegenteil. Riskiert man damit unter Umständen die eigene Karriere? Ganz sicher. Haben sich damit die Schwierigkeiten, vor denen militärische Führer stehen, grundlegend verändert? Nein, haben sie nicht. 18 6 Auswirkungen zukünftiger Konfliktbilder auf das Prinzip Führen mit Auftrag No matter how clearly one thinks, it is impossible to anticipate precisely the character of future conflict. The key is to not be so far off the mark that it becomes impossible to adjust once the character is revealed. Professor Sir Michael Howard Das sicherheitspolitische Umfeld der Zukunft ist durch eine hohe Dynamik und Komplexität geprägt. Streitkräfte sind mit einer Vielzahl möglicher Einsatzszenarien konfrontiert, mit einer Bandbreite von rein humanitärer Hilfe bis hin zu hochintensiven Gefechten. Dabei nimmt die Vielfalt der beteiligten Akteure stetig zu. Die Konflikte sind multidimensional und werden in neuen Räumen, wie beispielsweise dem Cyberraum, ausgetragen. Lösungsansätze sind zumeist ressortübergreifend und multinational. Konfliktbilder beschreiben generisch mögliche zukünftige Konfliktszenarien und zeigen Akteure, Räume, Konfliktgegenstände sowie die Art und Weise auf, wie und womit Konflikte ausgetragen werden. Hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit bestimmter Szenarien besteht allerdings eine große Unsicherheit. Vor diesem Hintergrund hat der ehemalige Verteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière die Neuausrichtung der Bundeswehr mit dem Gestaltungsparameter „Breite vor Tiefe“ beschrieben. Nur so sei die Bundeswehr in der Lage, zukünftigen Herausforderungen zu begegnen. Aufgrund der großen Heterogenität können mögliche Konfliktbilder hier nicht umfassend dargestellt werden. Allerdings zeigen sich in der Analyse deutliche Gemeinsamkeiten. Die Zukunft wird von Entwicklungstrends geprägt, die unmittelbare Auswirkungen auf das Prinzip Führen mit Auftrag haben. Die Bereiche Technologie und Gesellschaft treten hierbei besonders hervor und sollen im Folgenden betrachtet werden. Bereits heute hat die Führungs- und Informationstechnologie eine entscheidende Rolle. Dies wird sich noch weiter verstärken. Verbesserte Führungssysteme werden zukünftig in der Lage sein, die Informationsflut noch besser zu bewältigen und in der Komplexität der Darstellung zu reduzieren. Gegebenenfalls können sie sogar bald Entscheidungen vorbereiten oder selbst treffen. Doch Vorsicht! Führungssysteme zeigen lediglich eine Pseudorealität, deren Versuchungen Entscheidungsträger nicht unterliegen dürfen. Totale Information und totale Kontrolle bleiben absehbar pures Wunschdenken. Eine dieser Versuchungen ist die Verantwortung. Führen mit Auftrag bedeutet Verantwortung zu übernehmen. Dem kann man auf zwei Weisen gerecht werden. Erstens: Alles selbst entscheiden (und die Verantwortung tragen?). Zweitens: Verantwortung ebenengerecht nach unten delegieren, ohne dabei selbst die Gesamtverantwortung aufzugeben. Führen mit Auftrag fordert genau das. 19 Wann immer persönliche Verantwortung im Umgang mit Technologie diffus wird, müssen klare Regelungen getroffen werden. Das Prinzip Führen mit Auftrag basiert auf der unteilbaren Verantwortung des militärischen Führers. Diese Verantwortung darf trotz aller technologischen Möglichkeiten niemals aufgegeben werden. Dies betrifft sowohl Führungsund Informationssysteme als auch autonome Systeme. Schwierig wird es auch immer dann, wenn unnötigerweise Entscheidungen über Führungsebenen hinweg getroffen werden. Ein Eingriff in die Handlungsfreiheit der Geführten zerstört gegenseitiges Vertrauen. Führungssysteme dürfen deshalb niemals zum Selbstzweck werden und das „Durchbefehlen“ über Führungsebenen hinweg ist wo immer möglich zu vermeiden. Nur der Führer vor Ort hat das Gespür für die Situation und kann innerhalb seines Handlungsspielraums eine passende Art der Durchführung wählen. Dafür brauchen wir weiterhin den gut ausgebildeten und kreativ denkenden Entscheider. Führen mit Auftrag fördert genau diese Eigenschaften. Autonome und teilautonome Systeme – also Roboter und Drohnen – werden immer wichtiger. Doch mathematischen Algorithmen können Ethik, Moral und das Gespür für die Situation nicht abbilden. Schwere Grundrechtseinschränkungen bis hin zur Tötung eines Gegners müssen aber immer einem moralisch-ethischen Entscheidungsprozess unterliegen. Dies kann letztendlich nur der Mensch. Autonome Systeme dürfen deshalb keine vollständige Handlungsfreiheit im Sinne des Prinzips Führen mit Auftrag haben. Hier ergibt sich ein interessantes Spannungsfeld, das noch aufgelöst werden muss. Führung wird zwischen Mensch und Maschine und zwischen Handlungsfreiheit und vollständiger Kontrolle entscheiden müssen. Das Prinzip Führen mit Auftrag steht hier vor ganz neuen Herausforderungen. Aus der zunehmenden Informationsfülle entsteht ein weiteres Problem: das Rational von Entscheidungen wird immer schwieriger fassbar. Führungs- und Informationssysteme zwingen immer stärker dazu, eigenes Handeln jederzeit gegenüber höheren Führungsebenen rechtfertigen zu müssen. Hierdurch ist Handlungsfreiheit eingeschränkt und schnelles, entschlossenes Handeln gehemmt. Doch genau das sind Kernforderungen des Prinzips Führen mit Auftrag. Wollen wir eine solche Entwicklung? Nein! Nicht alles was technisch möglich ist, muss auch umgesetzt werden. Man muss nicht alles wissen, um fundierte Entscheidungen zu treffen – und besser werden sie dadurch auch nicht zwangsläufig. Zu viele unnötige Informationen hemmen sogar den Entscheider. Gleichzeitig müssen wir leidensfähiger und wehrhafter gegenüber gesellschaftlichem, medialem und politischem Druck werden. Denn man muss nicht auf alles sofort eine Antwort haben. 20 Konflikte der Zukunft spielen sich entscheidend im Informationsraum ab. Alle Akteure sind multidimensional vernetzt und tauschen ständig Informationen aus. Öffentliche Medien und soziale Netzwerke haben einen erheblichen Einfluss auf die Meinungsbildung. Auch unsere Soldaten sind davon nicht ausgenommen. Informationen wirken unmittelbar und ungefiltert auf sie ein und beeinflussen auch ihr Meinungsbild. Die militärische Führung hat deshalb schon längst keine Informations- und Deutungshoheit mehr. Die Einheitlichkeit im Denken und Handeln ist aber zwingende Voraussetzung für das Prinzip Führen mit Auftrag. Soldaten müssen deshalb im verantwortungsvollen und kritischen Umgang mit Medien geschult werden. Außerdem muss ein Vertrauensverhältnis zwischen Führern und Geführten geschaffen werden, das im Zweifelsfall stärker ist als die Einflüsse von außen. Ein ständiger und offener Informationsaustausch ist dazu zwingende Voraussetzung. Die Bundeswehr muss sich zudem noch stärker als bisher im Informationsraum engagieren, um so Teil der öffentlichen Meinungsbildung zu werden. Ton- und Bildaufzeichnungsgeräte werden immer leistungsfähiger und die Verbreitungsgeschwindigkeit von Informationen nimmt zu. Insbesondere junge Menschen wollen ihre persönlichen Erlebnisse mit anderen teilen. In Konflikten werden Bild- und Tondokumente zu wirkungsvollen Mitteln, die die öffentliche Meinung beeinflussen. Handeln oder Fehlverhalten eines Einzelnen kann allerdings auch schnell zu einem strategischen Faktor werden. Dieser mediale und gesellschaftliche Druck treibt die Politik dazu, sich noch stärker in militärisches Handeln einzumischen. Und dieses Verhalten setzt sich auf allen Führungsebenen fort. Unnötige Einschränkungen der Handlungsfreiheit sind die Folge, was zu Vertrauensverlust führt. Gleichzeitig weicht die eindeutige politische Willensbildung immer stärker einer eher unspezifischen Zielsetzung, um nicht angreifbar zu sein. Führen mit Auftrag braucht aber eindeutige Ziele. Militärische Führer müssen deshalb auf eindeutige Aufträge und realistische Zielsetzungen bestehen. Wo dies nicht gelingt, muss der militärische Führer zwangsläufig mit eindeutigen Formulierungen nachhelfen und dieses Defizit gegenüber dem unterstellten Bereich auflösen. Anders funktioniert Führen mit Auftrag nicht. Zukünftige Konflikte werden immer öfter nur noch im multinationalen Umfeld gelöst. Deshalb müssen Führer in der Lage sein, mit anderen Führungsprinzipien umzugehen. Führen mit Auftrag fußt auf der Idee, den nachgeordneten Führungsebenen möglichst große Handlungsfreiheit in der Umsetzung zu geben. Andere Führungsprinzipien fassen diese Handlungsfreiheit deutlich enger. Allerdings erlaubt auch Führen mit Auftrag, die Handlungsfreiheit einzuschränken, wenn es die Situation erfordert. Deshalb kann Führen mit Auftrag besser mit fremden Führungsprinzipien umgehen als andere. 21 Die Diversität zukünftiger Soldatengenerationen hinsichtlich ihrer Werte und Normen, ihrer Kultur und religiösen Ausrichtung nimmt zu. Eine Übereinstimmung im Denken und Handeln wird deshalb immer schwieriger zu erreichen sein. Dies ist aber zwingende Voraussetzung für das Prinzip Führen mit Auftrag. Führen mit Auftrag sucht die Stärken des Einzelnen und bedient sich dessen individueller Fähigkeiten. Richtig angewandt kann Führen mit Auftrag somit sogar von der zunehmenden Diversität profitieren. Voraussetzung ist, dass wir trotz aller Unterschiedlichkeit ein gemeinsames Wertegerüst erzeugen. Dazu müssen wir uns die Frage stellen, wofür zukünftige Soldatengenerationen noch zu kämpfen und sterben bereit sind. Wollen sie noch Deutschland dienen? Eine abwegige Frage? Mitnichten! Denn bereits heute hat man den Eindruck, dass ein einstündiger Ausfall von Facebook die Gesellschaft mehr bewegt als das Ergebnis einer Bundestagswahl… Die Zukunft bleibt spannend. Deswegen gilt: 1. Zukünftige Konfliktbilder bleiben äußerst heterogen und stellen hohe Anforderungen an die Flexibilität der Führer. Das Prinzip Führen mit Auftrag ermutigt dazu, im Rahmen der eigenen Handlungsfreiheit situationsangepasst kreative Lösungen zu entwickeln. Es eignet sich deshalb besonders, mit den Unwägbarkeiten zukünftiger Konflikte umzugehen. 2. Technologie wird vermeintlich in der Lage sein, eine nahezu perfekte Kontrolle zu erreichen. Die militärische Notwendigkeit für das Prinzip Führen mit Auftrag nimmt deshalb scheinbar ab. Mit der Komplexität zukünftiger Konflikte können aber nur solche Führer umgehen, die gelernt haben, im Sinne der übergeordneten Führung kreativ, moralisch, sozial und ethisch fundiert zu handeln. Das Prinzip Führen mit Auftrag fördert genau diese Fähigkeiten. 3. Unsere Gesellschaft wird immer heterogener und unsere Soldaten immer individueller. Die Einheitlichkeit im Denken und Handeln schwindet. Nichts desto trotz brauchen wir eine gemeinsame Wertebasis und müssen sie aktiv fördern. Gleichzeitig müssen wir die Stärken und Fähigkeiten unserer Soldaten nutzen, um mit den Unwägbarkeiten der Zukunft umgehen zu können. Führen mit Auftrag hilft uns dabei. 4. Allgegenwärtige Medien und der daraus erwachsende Druck stellen eine zunehmende Herausforderung dar. Gleichzeitig werden politische Zielvorgaben immer unspezifischer. Wir müssen den Mut besitzen, da wo nötig, selbst klare Zielvorgaben zu geben und gegenüber dem politisch-medialen Druck leidensfähiger und wehrhafter zu werden. Gegenseitiges Vertrauen wird der Lohn dafür sein. 22 7 Veränderungen, Führungskultur und Selbstverständnis der Bundeswehr Selbstverständnis und Führungskultur in der Veränderung „Wir. Dienen. Deutschland.“ Gemeinsam, nicht zum Selbstzweck, für alle Menschen unserer Nation. Trotz seiner Schlichtheit oder vielleicht gerade deswegen, ansprechend. Neben der neuen Attraktivitätsoffensive „Bundeswehr in Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“ ist dies die aktuelle Selbstdarstellung der Bundeswehr in der Öffentlichkeit. Eine Organisation, deren Einsatzrealität sich durch Wirken in Situationen, in denen Chaos und Unordnung herrscht, beschreiben lässt. Eine Organisation, die Antworten auf ein volatiles Sicherheitsempfinden Deutschlands bieten muss. Die getrieben ist von betriebswirtschaftlicher Optimierung und politischer Machbarkeit. Die geprägt ist von den Erfahrungen der Deutschen im zweiten Weltkrieg, die in die Grundwerte und Grundsätze der Inneren Führung eingeflossen sind. Die Bundeswehr war allein im vergangenen Vierteljahrhundert vielen Veränderungen ausgesetzt. Wesentliche Stichworte sind hier: Wiedervereinigung 1990, Zulassung von Frauen in allen Laufbahnen seit 2001, Auslandseinsätze u.a. auf dem Balkan, vor dem Libanon, am Horn von Afrika und in Afghanistan, Realität von Tod und Verwundung im Gefecht, Transformation und zuletzt die Neuausrichtung mit der Aussetzung der Wehrpflicht. Unverändert bleiben hierbei die angespannte Haushaltslage und die herausfordernde Nachwuchsgewinnung im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern. Im Folgenden wird der Umgang der Organisation Bundeswehr mit stetiger Veränderung und deren Wirkung auf die Führungskultur und das Selbstverständnis diskutiert. Wirkt sich die dauerhafte Veränderung der Bundeswehr auf das Selbstverständnis aus? Welche Elemente müssen im Selbstverständnis verankert sein, um in der Veränderung als Individuum, aber auch als Organisation im Sinne eines „Wir. Dienen. Deutschland. – Bestmöglich.“, zu bestehen und erfolgreich zu sein? Und wie muss dann die Führungskultur der Bundeswehr aussehen, um dieses Selbstverständnis umzusetzen? Dazu wollen wir zuerst auf die Veränderung selbst, ihre Wirkung auf den Menschen und die notwendige Führung und Steuerung von Veränderungen eingehen. Veränderungen und Führung in der Bundeswehr Veränderungen der Rahmenbedingungen führen für die Bundeswehr in der Regel zu organisatorischen Veränderungen, um den neuen Rahmenbedingungen gerecht zu werden. In der Vergangenheit waren es Reformen, in der bereits überholten Gegenwart Transformationen, und in der aktuellen Gegenwart und Zukunft ist dies die Neuausrichtung. 23 Dabei werden Veränderungen von jedem Menschen als Eingriff in Gewohnheiten erfahren und erzeugen somit vielfach Widerstände. Niemand verlässt ohne Not seine Komfortzone mit gewohntem Umfeld und vertrauten Abläufen. Veränderungen bedürfen daher einer starken und überzeugenden Führung, welche motivierend, erklärend und zielorientiert ist. Führung ist in diesem Zusammenhang als „Arbeit am System“ zu verstehen. Sie grenzt sich von der Steuerung als „Arbeit im System“ ab. Der Führer ist also grundsätzlich vom Manager zu unterscheiden. Führungspersonal sorgt dafür, dass „die richtigen Dinge getan werden“ währenddessen Manager sicherstellen, dass „die festgelegten Dinge richtig getan werden“. Das sogenannte Veränderungsmanagement bzw. Change-Management ist also eine Führungsaufgabe. Ein Planungs- und Führungsprozess, der aber auch Elemente des Projektund Prozessmanagements – also auch Steuerung – beinhalten muss, um erfolgreich zu sein. Es wird also zugleich Führung und Steuerung im Durchsetzen der Veränderung benötigt. Wie aber wird der Kompromiss zwischen Führung und Steuerung in komplexen Organisationen wie der Bundeswehr erreicht? Das Prinzip Führen mit Auftrag bietet dem Geführten den gewünschten Freiraum in vorgegebenen, klaren Grenzen. Zuständigkeiten, oft in Strukturen organisiert, bilden solche Grenzen beispielsweise ab. Stark zentralisierte Unternehmen steuern viel aus einer Hand, verstärkte Befehlstaktik wäre der passende militärische Begriff. Dezentralisierte Unternehmen schichten Verantwortung nach unten ab, bieten Handlungsfreiraum und entsprechen eher dem Prinzip Führen mit Auftrag. Die Realität kennt ab einer kritischen Größe oberhalb eines Kleinstbetriebes ausschließlich Mischformen beider Organisations- und damit Führungsprinzipien. Eine Führung der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche außerhalb des Ministeriums, spricht eher für eine gewählte Dezentralisierung in der Neuausrichtung. Gebündelte Fähigkeiten und Verantwortung aus einer Hand folgen eher dem Zentralisierungsgedanken. In der Neuausrichtung der Streitkräfte ist zumindest eine deutliche Verlagerung zur Steuerung mittels Prozessen erkennbar: Das Prozessmodell Bundeswehr. Auch die Wissenschaft befasst sich mit dieser Art der Steuerung. Einfache, immer wiederkehrende Abläufe werden dadurch automatisiert und standardisiert. Im Militärischen kennt man seit langem einen vergleichbaren Ansatz. Dinge die schnell gehen sollen, die immer gleich ablaufen, werden bis zur Form des Drills geübt. Das ist effizient und stellt dem Handelnden in Stresssituationen die entsprechenden Freiräume zur Verfügung, damit er auftretende Probleme kreativ, auch abweichend von der Routine, lösen kann. In diesem Sinne sind Prozesse ein Segen, da sie dem Führer das Steuern abnehmen und ihm Raum für kreatives Führen lassen. 24 Allerdings sind Prozessorientierung, Ökonomisierung, Outsourcing und andere Begriffe Indizien für den Irrglauben an mechanische Steuerung dynamischer und komplexer Wirklichkeit. Je feiner Prozesse justiert sind, um höchste Effizienz zu erreichen, je detaillierter die Vorgaben für Einzelprozesse, desto geringer wird der Handlungsspielraum für die im Prozess tätigen Menschen. Da auch das Falsche richtig getan werden kann, müssen Ziele richtig gewählt und klar benannt werden. Es kommt also darauf an, dass Freiräume für flexible und kreative Führung sowie kritisches Hinterfragen erhalten bleiben. Die Prozesse selbst dürfen nicht das Maß aller Dinge für das Handeln in der Bundeswehr werden, sondern müssen Führung unterstützen. Im Handeln ist einer der wesentlichen Grundsätze der Inneren Führung die Anwendung des Prinzips Führen mit Auftrag. Dieses Prinzip ist seit Gründung der Bundeswehr Teil der Führungskultur. Seine Elemente sind u.a. die Gewährung von Handlungsfreiheit für Auftragsempfänger, auf Basis einer klar formulierten Absicht des Führers, sowie gegenseitiges Vertrauens zwischen Geführtem und Führer als Voraussetzung. Das Prinzip Führen mit Auftrag ist technokratisch betrachtet ein Steuerungsprozess der Führung. Man kann auch sagen: ein guter Kompromiss zwischen Führung und Steuerung. Diesen Kompromiss trifft der visionäre Führer: Er nimmt sich Zeit zu denken, entscheidet und handelt entschlossen. Das Genie des Feldherrn nach Clausewitz wäre hier gefragt. Es kommt aber darauf an, in der Auswahl und der Förderung des Führungspersonals der Bundeswehr das richtige Verhältnis zwischen visionären Führungskräften und kompetent kritischen Managern zu wählen. Veränderung und das Selbstverständnis der Bundeswehr Bisher betrachteten wir die Situation hierarchisch von oben. Der visionäre Führer greift in Strukturen ein, bestimmt, verändert, gestaltet. Wissenschaft und Wirtschaft sind sich aber auch einig: es kommt auf den Menschen an. Den Geführten. Bei jedem muss der Versuch unternommen werden, ihn in der Veränderung mitzunehmen. Er muss sich und seine Rolle in der Vision des Entscheiders wieder finden. Wenn verändert werden soll, muss also das Erleben des Individuums beeinflusst werden, sein Empfinden, sein Selbstverständnis. Das oben erwähnte „Wir. Dienen. Deutschland.“ ist auch Teil eines neuen bundeswehrgemeinsamen Selbstverständnisses, eines neuen Leitbildes, welches im Rahmen der aktuellen Neuausrichtung der Bundeswehr in der Entwicklung ist. Es soll ein „Dach“ für alle bereits vorhandenen Leitbilder innerhalb der Organisation bilden. 25 Doch unabhängig davon: Was können wir diesem neuen Selbstverständnis entnehmen? Im Wesentlichen gibt es nur eine wirklich neue Botschaft: die Bundeswehrgemeinsamkeit, also die Vision, dass alle Angehörigen der Bundeswehr gemeinsam wirken, uniformiert oder nicht. Die Grundsätze der Inneren Führung und das Prinzip Führen mit Auftrag sind unverändert Bestandteil des neuen Selbstverständnisses. Aber von grundsätzlichen Anforderungen an deutsche Streitkräfte, flexibel, schnell und agil handeln zu können, spricht das Selbstverständnis nicht. Dabei ist es doch die Bundeswehr, die bereit sein muss, Antworten auf das volatile Sicherheitsempfinden Deutschlands zu geben. Der Einsatz von Waffengewalt ist dabei die Kernkompetenz. Unabhängig davon, ob zur Landesverteidigung, zur Krisenintervention oder zur Friedenssicherung, findet ein solcher Einsatz in der Regel in Situationen der Unsicherheit und der Regellosigkeit, also in unbekannten Grenzsituationen statt. Es bedarf also eines individuellen Selbstverständnisses, in dem Veränderung und flexibles Verhalten in ungewissen, neuen Situationen elementare Bestandteile sind. Selbstverständnis und Führungskultur in der Veränderung Der Frage was sich nun aus dem Dargestellten für ein mögliches Selbstverständnis folgern lässt und welche Führungskultur hierfür notwendig ist, begegnen wir mit folgenden Thesen. Das Individuum muss Veränderung als etwas Gutes empfinden. Agilität muss selbstverständlich werden, Teil unseres bundeswehrgemeinsamen Selbstverständnisses. Die Liebe zur Beständigkeit darf die Neugierde auf die Zukunft nicht unterdrücken. In einer agilen Bundeswehr ist überzeugende Führung und unterstützendes Management gleichermaßen notwendig. Das Prinzip Führen mit Auftrag bietet den Individuen sowie der Organisation Bundeswehr einen geeigneten Kompromiss zwischen Führung und Steuerung. Prozessorientierung ist keineswegs schlecht. Vielfach ist sie notwendig, um Ressourcen frei zu geben, die speziell in Zeiten der Veränderung dringend benötigt werden. Diese Steuerung muss aber jederzeit der Führung dienen. Führungskräfte müssen speziell auf die Befähigung zum Führen mit Auftrag ausgewählt und gefördert werden. Der Tatsache, dass Untergebene die Anwendung dieses Führungsprinzip nicht wahrnehmen, muss dabei zwingend Rechnung getragen werden. Gerade der Untergebene muss seinem Vorgesetzten diese Kernkompetenz bestätigen. Diese Forderungen sind weder revolutionär noch brillant. Sie sind schlicht notwendig. 26 8 Impulse Am Beginn stehen zwei Appelle: Zum einen das Prinzip wieder zu einem ECHTEN Prinzip, zum obersten Grundsatz machen! Begriffe in die richtige Hierarchie bringen! Zwei Leitprinzipien überspannen dann die Führungskonzeption deutscher Streitkräfte: „Führen mit Auftrag“ und "Staatsbürger in Uniform"! Zum anderen das Prinzip Führen mit Auftrag entschlacken, den zeitlosen Kern wieder freilegen: Handlungsfreiheit gewähren, annehmen und einfordern! Daraus leiten wir diese sechs Folgerungen als Impulse ab: 1. Differenzierung bei Führungspersönlichkeiten! Ausbildung und Management und Auswahl Führung der müssen richtigen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Die Wissenschaft der Steuerung muss der Kunst des Führens dienen. Der militärische Führer – auf jeder Ebene – gibt niemals die Kontrolle an den Prozess ab! Letzteres zeichnet unseren Beruf im Kern aus! In und mit der Bundeswehrgemeinsamkeit verschwimmen Grenzen, aber eines bleibt: Offiziere sind keine bloßen (Prozess-)Manager! Anspruch, Fähigkeit und der Wille zur Führung, das ist unser Alleinstellungsmerkmal, deswegen tragen wir die Uniform. Daran müssen wir festhalten, das auch so bewusst militärisch betonen! Sonst geben wir uns der Gefahr der Austauschbarkeit hin. 2. Die Wirkung des Prinzips Führen mit Auftrag aktiv entfalten lassen – nicht herbeireden! Bei konsequenter Anwendung beeinflusst es die herrschende Führungskonzeption und gestaltet sie mit. Tatsächliche Handlungs- und Gestaltungsfreiheit sowie wechselseitiges Vertrauen erwachsen erst aus der Anwendung, nicht umgekehrt. 3. Führen mit Auftrag ist ein auf die Bundeswehr zugeschnittenes Prinzip. Im multinationalen Umfeld ist es daher weder unumstritten noch alternativlos. Dies muss uns noch deutlicher bewusst und in der Zukunft stärker berücksichtigt werden, wenn es um Zusammenarbeit und gemeinsame Operationen geht. 27 4. Führen mit Auftrag ist für die Bundeswehr identitätsstiftend. Einzelne Trends und Entwicklungen führen jedoch dazu, dass wir uns entscheiden müssen, ob und wenn ja, welche Einschnitte wir in unser Führungsprinzip in Kauf nehmen wollen. Es besteht ein Dilemma zwischen technologisch Machbarem, gesellschaftlich Erwünschtem und den unzweifelhaft militärischen Vorzügen des Prinzips in seinem Wesenskern. Wir müssen uns entscheiden, zu wessen Gunsten und zu welchem Preis wird dieses Dilemma auflösen! 5. Veränderung und Anpassung müssen Teil des Selbstverständnisses werden. Das Prinzip Führen mit Auftrag stellt hierfür das geeignetste Führungsprinzip dar. Es muss in seiner Anwendung und Wirkung bewertet werden. Nicht nur von oben, besonders auch von unten. 6. In Summe sicherlich keine spektakulären Erkenntnisse, dafür aber umso essenziellere. Gerade weil in und mit der Bundeswehrgemeinsamkeit auch Grenzen unscharf werden, ist die Rückbesinnung auf das Wesentliche der Ikone Auftragstaktik ohne Alternative. Eine Bundeswehr, die nicht Grundbetrieb und Nabelschau, sondern den weit gefassten Einsatz zum Maßstab erklärt, kann schlichtweg nicht anders! Am Ende bleibt: Führen mit Auftrag muss NICHT weiterentwickelt werden, jedoch muss sein Wesenskern semantisch und inhaltlich wieder für alle greifbar werden. Das Prinzip muss gelebt werden, nur dann kann man es einfordern, nur dann seine Anwendung erzwingen. Denn Führen mit Auftrag ist – in Anlehnung an einen bekannten Dreiklang – Bewährt.Bereit.Besonders. 28 9 Reflexionen Nach Gottfried Wilhelm Leibniz ist „eine Reflexion nichts anderes als die Aufmerksamkeit auf das, was in uns ist.“ Wer möchte da widersprechen? Die folgenden Zeilen nehmen ausgewählte Gedanken der Diskussionen auf, die im Rahmen der Ergebnispräsentation der Strategischen Analysen am 17. Juli 2014 an der Führungsakademie der Bundeswehr geführt wurden. Neben den beiden Triebfedern „Not“ und „Selbstbestimmung“ spielt(e) der Aspekt der Bildung eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des Prinzips Führen mit Auftrag. Differenzierungsfähigkeit, Handeln im Sinne der übergeordneten Führung und ein festes Wertegerüst – ergänzend zu Moltke gilt daher: „Im Kriege wiegen die Eigenschaften des Charakters genauso schwer als die des Verstandes.“ Es gilt weiter die Frage zu beantworten, was operative Führung heute und in Zukunft überhaupt bedeutet, was sie auszeichnet. Unabhängig von der kontrovers bewerteten Rolle der beteiligten nationalen und multinationalen Kommandos spielt das Gewähren von Handlungsfreiheit auch auf der operativen Ebene eine entscheidende Rolle. Stets begrenzte Kräfte, Fähigkeiten und Mittel, schwammige oder gar keine (!) Absichten und „endstates“ und überzogene Erwartungshaltungen einer empörungsbereiten, kriegsentwöhnten Öffentlichkeit bzw. Politik spiegeln die Realität wider. Vor diesem Hintergrund muss operative Führung daher die Rahmenbedingungen schaffen, die dem taktischen Führer im „Captain´s War“ die Freiheit, das Vertrauen und die Mittel geben, seinen Auftrag auszuführen. Handlungsfreiheit und Vertrauen sind zwei Seiten einer Medaille. Voraussetzung dafür ist ein mitunter schwieriger, oftmals mühsamer Dialog zwischen Politik und Militär, in dem es auch und ganz besonders darum geht, auf Augenhöhe und von beiden Seiten „Härten zu definieren, Härten hinzunehmen und Härten durchzusetzen.“ Aus niederländischer Sicht passt die deutsche Friedenskultur nicht zum Prinzip Führen mit Auftrag – in der Theorie sind die Deutschen „Weltmeister im Führen“, in der Praxis ist jedoch genau das Gegenteil der Fall: Reagieren, statt Agieren. Das moderne, komplexe Einsatzumfeld bringt die konsequente Anwendung des Prinzips Führen mit Auftrag zwingend auf die Tagesordnung – und damit eben auch die Abgabe und die Übernahme von Verantwortung. Verantwortung und Vertrauen (ab-)geben und dafür die Verantwortung tragen, als Individuum wie als Nation! Einsätze haben gezeigt, dass gerade in Abwesenheit klarer Absichten und Aufträge die absoluten Stärken des Prinzips Führen mit Auftrag zur Geltung kommen. 29 Als einziges Führungsprinzip setzt es die notwendige Kreativität frei, um komplexe Lagen beherrschbar zu machen und den Versuchungen des technologischen Fortschritts zu widerstehen. Anstelle weiterer Konzepte braucht es dazu Persönlichkeiten, die bereit sind, „Sicherheitsnetze abzubauen“, Fehleinschätzungen zuzulassen, ja sie einzukalkulieren, und die willens sind, die Grundsätze des Prinzips Führen mit Auftrag zur Maxime allen Handelns zu machen. Die Relevanz der Faktoren Ausbildung und Erziehung, in erster Linie auch an der Führungsakademie der Bundeswehr, wird vor diesem Hintergrund allzu deutlich. Ein enges Regelwerk im Grundbetrieb und (zunehmend) eingeschränkte Ressourcen stellen die vermeintlich simple Anwendung der Auftragstaktik auf eine schwierige Probe. Nur wenn Menschen, ergebnisorientierte Prozesse und Technik in einem legitimen, ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, können Flexibilität und Antizipation von Veränderungen jeder Art zur Normalität werden. Das Prinzip Führen mit Auftrag ist eine militärische Lebenseinstellung, die trotz notwendiger technologischer Entwicklungen und Anpassungen der Organisation Bundeswehr immer den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Führungskraft und ihre Effektivität entstehen nicht durch den Dienstgrad eines militärischen Vorgesetzten, sondern erst durch die Wirkung aus Überzeugung seiner unterstellten Soldatinnen und Soldaten. Führen mit Auftrag muss daher auch fragen, wie Untergebene Führen mit Auftrag empfangen, wahrnehmen, selbst praktizieren dürfen und können. Wie ganz zu Beginn erwähnt, standen Raum und Gelegenheit für Dialog und Widerspruch im Zentrum des Tages der Ergebnispräsentation der Strategischen Analysen. Rückblickend wurde davon reichlich Gebrauch gemacht und eines dabei sehr deutlich: trotz aller Meinungsverschiedenheiten war allen Teilnehmern in der Klarheit der Sprache der Wunsch gemein, für das „(Vor-)Leben“ der Auftragstaktik zu kämpfen, dafür einzustehen, auf sie „Acht zu geben“. Die letzten Worte hat, wie so oft, Helmuth Graf von Moltke: „Fester Entschluss und beharrliche Durchführung eines einfachen Gedankens führen am sichersten zum Ziel.“ 30 10 Programmablauf der Ergebnispräsentation Donnerstag, 17. Juli 2014 1300 Begrüßung durch Generalmajor Achim Lidsba, Kommandeur FüAkBw 1310 Einführung in das Rahmenthema – Major Matthias Weber 1330 Themenblock „Historie und Gegenwart“ – Moderator Major Germar Lacher Impulsvorträge durch Major Dr. Christian Becker und Korvettenkapitän Stefan Rappelt anschließend moderierte Diskussion: General Hans-Lothar Domröse, Befehlshaber JFC Brunssum Konteradmiral Rainer Brinkmann, Stv. Befehlshaber EinsFüKdoBw Oberst Dr. Sven Lange, ZMSBw Major Philip Matthäi und Korvettenkapitän Ioannis Saliaris, LGAN 2012 Öffnung der Diskussion an das Auditorium 1430 – 1445 Pause 1445 Themenblock „Perspektivenwechsel“ – Moderator Major Thorsten Piecha Impulsvorträge durch Korvettenkapitän Karsten Schlüter und Major Bastian Steves anschließend moderierte Diskussion: Vizeadmiral Andreas Krause, Stellvertreter des Inspekteurs der Marine Generalleutnant a.D. Ton van Loon, ehem. Kommandierender General I. D/NL Korps Generalmajor Jörg Vollmer, Kommandeur Einsatz und Stellvertreter des Inspekteurs des Heeres Dr. Dirk Freudenberg, Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz Major Joachim Heinemeyer und Major Matthias Thieme, LGAN 2012 Öffnung der Diskussion an das Auditorium 1545 – 1630 Pause 31 1630 Themenblock „Zukunftsentwicklung“ – Moderator Major Simon Ruge Impulsvorträge durch Major Dr. Burkhard Kipp und Major Marcus Sarnoch moderierte Diskussion: Generalmajor Frank Leidenberger, Amtschef Planungsamt der Bundeswehr Generalmajor Jürgen Weigt, Kommandeur Zentrum Innere Führung Prof. Dr. Uwe Wiemken, ehem. Leiter Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen Korvettenkapitän Markus Korth und Major Dr. Stefan Klein, LGAN 2012 des Fraunhofer-Instituts für Öffnung der Diskussion an das Auditorium 1730 – 1745 Zusammenfassung – Major Matthias Weber 1745 Schlusswort des Generalinspekteurs der Bundeswehr 32 11 Lehrgangsübersicht Hörsaal A Hörsaal B Major Michael Andritzky Major Uwe Bierwirth Major Björn Andersen Major Stefan Eisinger Major Dr. Christian Becker Korvettenkapitän Moritz Isenberg Major Guy Dolmans Korvettenkapitän Jaakko Jäntti Major Jan Feldmann Major Christopher Kilp Major Kevin Freudenberger Major Germar Lacher Korvettenkapitän Steffen Handrick Major Manuel Leder Korvettenkapitän Björn Hartmann Major Christoph Linnenbaum Major Andreas Heimrich Major Philip Matthäi Oberstabsapotheker Dr. Michael Heindl Korvettenkapitän Stefan Rappelt Major Marc Pölking Korvettenkapitän Dr. Robby Renner Major Kevin Scheer Major Kai Schlegel Korvettenkapitän Ioannis Saliaris Major Sascha Schmidt Oberstleutnant James Todd Major Stephane Talleu 33 Hörsaal C Hörsaal D Major Christoph Biedert Major Silver Andre Major Yohann Derrien Major Felix Harder Oberstleutnant Johannes Durand Major Joachim Heinemeyer Major Andreas Geist Major Jens Hildebrandt Major Martin Hillebrand Major Thomas Klaster Korvettenkapitän Andreas Kaspar Korvettenkapitän Volker Kübsch Oberstleutnant Alexander Müller Major Danilo Lewtschenko Korvettenkapitän Michael O´Donnell Major Hans-Martin Perko Major Matteo Osterhagen-Zalles Major Thorsten Piecha Major Jochen Schnabel Major Peter Röllig Korvettenkapitän Sascha Schwarzer Major Philip Scheller Major Bastian Steves Korvettenkapitän Karsten Schlüter Major Phil Taneborne Fregattenkapitän Jean-Christophe Turret Major Matthias Thieme Major Douglas Willig Major Stefan Titz Hörsaal E Hörsaal F Major Simon Allgöwer Major Malte Bolanz Oberstleutnant Raúl Ávila Gómez Major Thomas Knäpper Major Dr. Daniel Barié Korvettenkapitän Markus Kohrt Major Sebastian Bley Oberstleutnant Christian Lienemann Korvettenkapitän Matthias Kaczmarczyk Major Tony Neve Major Dr. Burghard Kipp Korvettenkapitän Michael Radtke Major Dr. Stefan Klein Major Simon Ruge Korvettenkapitän Uwe Lahl Major Marcus Sarnoch Major Edouard Le Jariel de Chatelets Major Daniel Scherdt Kapitänleutnant Bartlomiej Michalkiewicz Major Timo Steffens Oberstabsarzt Marcel Möller-Kutzki Korvettenkapitän Richard van Dijk Major Peter Müller Major Thorsten Wallschus Major Maik Panster Major Matthias Weber Major Oliver Tamminga 34