Die vergessene Aufarbeitung

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Die vergessene Aufarbeitung
Zerstörtes HASAG-Werk Leipzig
Bild: Helmut Heyne
Die vergessene
Aufarbeitung
60 Jahre Leipziger Prozesse um die
nationalsozialistischen Verbrechen
in Kamienna und Czestochowa
Vortrag und Diskussion
Mittwoch · 30. September 2009 · 18:00
Bundesverwaltungsgericht
Simsonplatz 1, Leipzig
Eintritt frei
Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig
Förderverein „Dr. Margarete Blank“ e.V.
www.margarete-blank-gedenkstaette.de
www.weiterdenken.de
2009 jährt sich ein bedeutendes, aber weitgehend unbekanntes Ereignis: Vor 60 Jahren fanden in Leipzig die Prozesse
wegen der Verbrechen im Leipziger Rüstungskonzern «HASAG»,
«Hugo Schneider AG» statt. Angeklagt waren Angestellte des
Betriebs, die an Selektionen, Massenerschießungen und Misshandlungen von Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen
beteiligt waren.
Leipzig war ein Zentrum der nationalsozialistischen
Rüstungsindustrie. Hier wurden Jagd- und Bombenflugzeuge
hergestellt, und mit der «HASAG» war einer der größten
deutschen Rüstungsbetriebe in Leipzig ansässig. Der Konzern produzierte vor allem Munition und Panzerfäuste und
beutete dazu zehntausende KZ-Häftlinge als Zwangsarbeiter
und Zwangsarbeiterinnen aus. Nach dem Überfall auf Polen
übernahm der Konzern die Werke in Skarzysko-Kamienna und
Czestochowa. Tausende polnische Jüdinnen und Juden wurden dort in werkseigenen Häftlingslagern eingepfercht und
mussten ohne jeglichen Schutz mit hochgiftigen Chemikalien
arbeiten. Unterversorgt und von den deutschen Angestellten
misshandelt, überlebten viele diese Zustände nicht. Unzählige
wurden Opfer der regelmäßig vom Werkspersonal durchgeführten Selektionen und Massenerschießungen gleich neben
dem Werksgelände.
Nach dem Kriegsende kam es zu umfangreichen Ermittlungen
gegen die Täter und Täterinnen, Ende 1948 bis Mitte 1949
wurden die Leipziger Prozesse geführt. Während der «Kamienna-Prozeß» in der Baumwollspinnerei stattfand, war das
ehemalige Reichsgericht der Verhandlungsort des
«Tschenstochau-Prozesses». Zahlreiche Zeugen und Zeuginnen
wurden gehört und am Ende die Urteile gesprochen. Acht
Todesurteile wurden gefällt, es gab zudem hohe Gefängnisstrafen, nur wenige wurden freigesprochen.
Die Prozesse zählten zu den größten Verfahren gegen NaziVerbrechen in Ostdeutschland und zeichneten sich trotz der
Ungeheuerlichkeit der Taten durch einen rechtstaatlich fairen
Verlauf aus. Sie stehen damit in einer Reihe mit dem
Euthanasie-, dem Einsatzgruppen- und dem Auschwitzprozess.
Dennoch ist dieser Fall der Aufarbeitung von NS-Verbrechen
heute weitgehend vergessen. Die Veranstaltung ist ein Angebot, diese Lücke zu schließen und über die «HASAG», die
Verbrechen in Kamienna und Czestochowa und die Leipziger
Prozesse zu informieren.
Vortrag:
Dr. Andrea Lorz (Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig)