Auslandssemester an der Marmara University Istanbul

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Auslandssemester an der Marmara University Istanbul
Erfahrungsbericht: Auslandssemester an der
Marmara University Istanbul
(Quelle: eigene Aufnahme vom İstanbul Çamlıca Tepesi / höchste Erhebung Istanbuls im Stadtteil Üskudar mit Blick auf den
Bosporus und die europäische Seite)
WAS FÜR EINE STADT!
Istanbul – mit offiziell 13,1 Millionen Einwohnern (andere Statistiken gehen von etwa 17 Millionen Einwohnern aus) ist sowohl die größte Stadt der Türkei als auch deren Zentrum für
Kultur, Handel, Finanzen und Medien. Die Megacity erstreckt sich über dem europäischen
Thrakien und dem asiatischen Anatolien und ist somit die einzige Metropole der Welt, die
sich auf zwei Kontinenten befindet. Istanbul verbindet auf eindrucksvoller Weise Orient und
Okzident und gehört damit für mich zu den schönsten, authentischsten, geschichtsträchtigsten, kulturell spannendsten und in sich gegensätzlichsten Städten der Welt. Istanbul ist die
östlichste Stadt Europas und die westlichste Metropole des Orients. Sie vereinigt wie keine
zweite Metropole gleichermaßen die Attribute chaotisch, laut, luxuriös, modern, gigantisch,
arm, traditionsbewusst, weltoffen und heruntergekommen.
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Vom Februar 2012 bis zum Juni 2012 verbrachte ich mein Erasmus Auslandssemester an
der Marmara University in Istanbul.
Aber warum grade Istanbul? Zunächst einmal war da der Wunsch kurz vor Ende meines
Studiums noch einmal für eine längere Zeit ins Ausland gehen zu können. Des Weiteren
wollte ich mein Erasmus Semester unbedingt in einer Stadt verbringen, in die „nicht alle gehen“. Istanbul erschien mir da allein aufgrund seiner einmaligen geographischen Lage sowie
besonderer Mischung von West und Ost, von Okzident und Orient, von weltoffen und traditionsbewusst als faszinierendes Ziel. Zudem spielte der Wunsch eine besondere Erfahrung in
einem gänzlich anderem Kulturkreis machen zu können, dort zu leben und die Universität zu
besuchen sowie Fernweh eine große Rolle.
Im Folgenden werde ich versuchen, euch die schönsten fünf Monate meines Lebens etwas
näher zu bringen und euch davon zu überzeugen, dass Istanbul die aufregendste, geeignetste und spannendste Stadt für euren Erasmus Aufenthalt ist!
1. Vorbereitung
Ich empfehle euch dringendst rechtzeitig mit den Planungen und Vorbereitungen für euren
Istanbul Aufenthalt zu beginnen. Für mich persönlich stand der Entschluss in dieser Metropole mein Auslandssemester zu verbringen bereits relativ früh, nämlich im Sommer 2010 fest.
Nachdem diese Entscheidung getroffen war, belegte ich im Wintersemester 2010/2011 einen
Anfänger Türkisch Kurs (Niveau A1.1) am Fremdsprachzentrum der Universität Bremen. Für
mich war es in der ersten Zeit in Istanbul sehr hilfreich (die wenigsten sprechen Englisch!)
und sicherlich auch förderlich für die Bewerbung um einen Erasmus Platz (Januar 2011) erste Grundkenntnisse in dieser Sprache zu besitzen. Nachdem ich die Zusage für den Studienplatz an der Marmara University im Frühling 2011 erhielt, begann ich mich intensiv mit
Istanbul und der dortigen Universität zu beschäftigen. Um einen ersten Eindruck von der
Stadt zu erhalten, empfehle ich euch gute Reiseführer1 sowie die Bücher von Orhan Pamuk.
Er ist einer der wichtigsten Schriftsteller seines Landes und Träger des LiteraturNobelpreises 2006. Insbesondere sein Werk Istanbul – Erinnerung an eine Stadt ist meiner
Meinung nach sehr zu empfehlen. Informationen über die Marmara University (nicht wundern, einige Bereiche der Homepage sind nur auf Türkisch verfügbar), das geographische
Institut sowie alle Bewerbungsformalitäten für internationale Studenten erhaltet ihr hier2. Weitere, speziell auf Erasmus Studenten zugeschnittene Informationen findet ihr hier.3
1
zum Beispiel: http://www.amazon.de/Istanbul-MM-City-Reisehandbuch-vielen-praktischen/dp/389953610X/ref=pd_sim_b_1
http://www.marmara.edu.tr/en#, http://fef.marmara.edu.tr/EN,
http://fef.marmara.edu.tr/bolum/101005/Akademik/sayfa/2882/akademik-kadro, http://international.marmara.edu.tr/EN
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http://llp.marmara.edu.tr/Content.aspx?sayfa=ects&kultur=en-US
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2
Insbesondere für den Bewerbungsprozess empfehle ich euch die Website des International
Office (IO) der Marmara Universität. Sobald ihr die erste Email des IO bekommt (bei mir was
das Ende Juli von erasmus.incoming@marmara.edu.tr), müsst ihr verschiedene Unterlagen
an das IO und den Erasmus Beauftragten des geographischen Instituts Dr. Halil Kurt
(hkurt@marmara.edu.tr) senden. Um welche es sich dabei handelt erfahrt ihr hier4. Nachdem
ihr diese versandt habt (ich habe alle Dokumente eingescannt und per Email verschickt) solltet ihr eigentlich euren „Letter of acceptance“ erhalten – dieser ist essentiell für diverse Formalitäten (Abmelden von Mobilfunk- und Fitnesscenterverträgen etc. in Deutschland, Beantragen vom Visum usw.), denn er bescheinigt euch offiziell, dass ihr an der Marmara University eingeschrieben seid. Bei mir ließ dieses wichtige Dokument jedoch lange auf sich warten. Nach mehrmaligem Nachhaken und langem Warten schrieb mir schließlich Herr Kurt im
äußerst brüchigen Englisch, dass er meinen „Letter of acceptance“ bereits vor Wochen nach
Deutschland gesandt hat. Da dieser jedoch nie bei mir eintraf und ich bereits in einigen Wochen nach Istanbul fliegen sollte, habe ich das IO und Herrn Kurt regelrecht mit Mails mit der
Bitte um schnellstmögliche Zusendung als Scann bombardiert. Letztendlich erhielt ich diesen
dann 1,5 Wochen vor meinem Abflug. Ich empfehle euch deshalb dringendst, sich frühzeitig
und wenn es nötig ist vehement um den Erhalt dieses Dokumentes zu kümmern, damit euch
die bei mir vorherrschende sehr stressige Zeit vor der Abreise nach Istanbul erspart bleibt.
Zum Flug: Es fliegen verschiedene Airlines von Norddeutschland nach Istanbul. Turkish Airlines startet sogar von Bremen zum europäischen Atatürk Airport. Allerdings empfehle ich
euch eine Airline zu wählen, die den Flughafen auf der asiatischen Seite anfliegt (SabihaGökçen), da dieser viel näher an Kadiköy und somit an eurer Universität beziehungsweise
eurer möglichen Unterkunft liegt. Ich bin im Februar 2012 mit der Airline SunExpress von
Hamburg für knapp 80 Euro mit 30 Kilo Freigepäck (und die brauchte ich auch!) geflogen.
2. Allgemeine Informationen zur Partnerhochschule
Die Marmara Universität Istanbul ist eine staatliche Universität in Istanbul und mit 62.000
Studenten die zweitgrößte Universität der Türkei. Die Universität ist nach dem bei Istanbul
liegendem Marmarameer benannt und wurde erst 1982 als Universität gegründet, baut jedoch ihre Lehr- und Forschungstätigkeit unter anderem auf Istanbuler Hochschulen aus dem
Jahre 1883 auf. Das Lehrangebot erfolgt in vier Sprachen (Türkisch, Englisch, Deutsch,
Französisch). Es existieren 13 Standorte, 104 Studiengänge, 11 Institute, 8 Hochschulen
und 28 Forschungszentren. Das Institut für Geographie befindet sich in dem Gebäude der
„Fen-Edebiyat Fakültesi“ (Fakultät für Geistes- und Naturwissenschaften) auf dem Hauptca4
http://international.marmara.edu.tr/sayfa/4517/exchange-students
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mpus „Göztepe“ im asiatischen Teil der Stadt im Stadtteil „Kadiköy“. Die beiden nachfolgenden Kartenausschnitte zeigen sowohl die großräumige Lage Kadiköys innerhalb Istanbuls als
auch die kleinräumige Lage des Göztepe Campus innerhalb Kadiköys. Da der Campus direkt
Abb. 1 und 2: Lage des Göztepe Campus in Istanbul. Quelle: GoogleMaps.
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an einer vielbefahrenen Hauptstraße liegt, ist es sehr leicht diesen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Des Weiteren verkehren sogenannte „Minibusse“ auf dieser Straße (mehr dazu im Kapitel 5: öffentliche Verkehrsmittel). Bei Fragen wie genau ihr den Campus das erste Mal erreichen könnt, wendet euch am besten direkt an das IO.
Die Mensa der Marmara University habe ich nur zweimal besucht. Grund hierfür ist das ungemütliche Ambiente, es ist laut und überfüllt, das Essen wird in metallenen Tabletts serviert,
ist kalt und schmeckt nicht (siehe Foto).
Des Weiteren gibt es nur ein Essen, es existieren keinerlei Wahlmöglichkeiten. Als ich nach
fünf Monaten Istanbul wieder in Deutschland war, kam mir die Uni Mensa Bremen vor wie
das reinste Paradies! Das einzig Positive an dem Essen ist wohl der Preis: 1,50 Lira – umgerechnet 70 Cent. Brot und Wasser gibt es dabei noch umsonst. Ich habe es dann relativ
schnell vorgezogen außerhalb zu essen. So gibt es direkt vor dem Haupteingang des Campus zahlreiche Restaurants und Snackmöglichkeiten zum Studenten freundlichen Preis
(Hauptgang mit Getränk etwa 2 – 5 Euro).
Die Bibliothek befindet sich direkt auf dem Göztepe Campus. Da allerdings in meinen Lehrveranstaltungen nicht besonders viel Wert auf eigenständiges recherchieren und nachlesen
gelegt wurde und wir die entsprechende Literatur vom Dozenten als Reader zur Verfügung
gestellt bekamen, war ich nicht sonderlich oft in dieser. Dazu kommt, dass dort nahezu keine
englischsprachige Literatur existiert. Freizeitangebote beziehungsweise Kulturelles wurde im
geringen Maße ausschließlich vom IO für die Austauschstudenten organisiert. Sicherlich
existieren zahlreiche Clubs und AGs an der Marmara Universität, als ausländischer Student
mit nur geringen Türkisch Kenntnissen (die türkischen Studenten am Institut für Geographie
waren kaum in der Lage sich auf Englisch mit mir zu unterhalten, dazu aber später mehr) ist
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es allerdings schwer, dort Kontakte zu bekommen beziehungsweise Einblicke in das kulturelle Geschehen der Universität zu erhalten.
3. Akademisches Leben
Ich rate euch mindestens eine Woche vor Beginn der Lehrveranstaltungen nach Istanbul zu
reisen, da in dieser Zeit in der Regel eine Erasmus Informationsveranstaltung (sehr sinnvoll
und empfehlenswert!) vom IO der Marmara University angeboten wird (erkundigt euch nach
diesem Datum unbedingt noch vor eurer Abreise beim IO via Mail). Des Weiteren solltet ihr
sofort nach eurer Ankunft in Istanbul dem IO einen Besuch abstatten: ihr erhaltet euren Studentenausweis (strenge Ausweiskontrolle vor dem Universitätseingang!), eine Informationsmappe und weitere wichtige Informationen zu eurem zukünftigen Universitätsleben. Das IO
Büro findet ihr im obersten Stock des “Engineering Faculty Building B” auf dem Göztepe
Campus.
Zur ersten Kurswahl empfehle ich euch diesen Link5. Wählen könnt ihr zwischen Bachelor(first cycle) und Masterkursen (second cycle). Ich entschied mich vor Beginn meines Auslandssemesters für verschiedene englischsprachige Kurse aus den Studiengängen Geographie und Soziologie. Leider musste ich meine ursprüngliche Kurswahl nach der ersten Vorlesungswoche komplett verwerfen, da entweder die Kurse statt auf Englisch auf Türkisch gehalten wurden („Erasmus Student? It’s better to leave now because this class will be in Turkish”) oder diese erst gar nicht stattfanden. Lasst euch von solchen Niederschlägen und
dem anfänglichen Chaos an der Marmara bloß nicht verunsichern. Leider ist der Erasmus
Koordinator vom geographischen Institut (Herr Kurt) bei Fragen bezüglich Studiums keine
sehr große Hilfe, da sein Englisch Niveau bestenfalls von elementarer Natur ist. Dennoch
versucht er sein bestes und ist sehr freundlich, so hat er beispielsweise Frau Balci (Professorin für deutsche Literatur und Sprache, yasemin@marmara.edu.tr) in sein Büro eingeladen,
um bei den Verständigungsproblemen zu helfen. Mir fehlten nur noch einige ECTS aus dem
General Studies Bereich (ich bin bereits im vierten Mastersemester), weshalb ich bei der
Wahl meiner Vorlesungen und Seminare relativ frei war. So belegte ich einen Kurs aus der
Geographie („Tourism in rural areas“, Prüfungsleistung: Hausarbeit, 5 ECTS) und einen aus
der Soziologie („European Union and Problems of Integration“, Prüfungsleistung: Klausur, 5
ECTS). Des Weiteren nahm ich an einem kostenlosen und äußerst empfehlenswerten Türkisch Sprachkurs der Marmara Universität teil. Dieser Kurs (5 ECTS) wird jedes Semester
angeboten, wobei jeweils einer für Anfänger und Fortgeschrittene stattfindet. Die Dozentin
5
http://llp.marmara.edu.tr/Organizasyon.aspx?kultur=en-US&Mod=1&ustbirim=1200&birim=1204&altbirim=1&program=29&organizasyonId=33&mufredatTurId=932001
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(Leyla Ceylan) ist hoch motiviert und versteht es perfekt, den internationalen Studenten ihre
Sprache näher zu bringen. Generell werden in der Türkei zwei Klausuren („mid term and final
exam“) pro Veranstaltung und Semester geschrieben. Das Niveau meiner Kurse (Sprachkurs
ausgenommen) war – verglichen mit dem der Universität Bremen – eher niedrig. So fand in
den Veranstaltungen keinerlei Diskussion zwischen Dozent und Studierenden statt. Im Gegenteil, ich wurde teils das Gefühl nicht los, dass Nachfragen (und mitdenken?) nicht erwünscht sind. Während der Professor über drei Stunden lang seine schlecht gestalteten Präsentationen ablas, schrieben die Studierenden nur eifrig mit. Obwohl ich mich in der Soziologie in einem englischsprachigen (!) Studiengang befand, waren die Studenten kaum in der
Lage, sich in der ersten Vorlesungsstunde auf Englisch vorzustellen. Aufgrund dessen wurde
der Stoff dann auch erst auf Englisch (für mich als Erasmus Studentin) und anschließend auf
Türkisch für den übrigen Studierenden vorgetragen. Mir ist es höchst schleierhaft, wie diese
Studenten ihre Prüfungen auf Englisch ablegen können. Verwundert hat mich zudem das
äußerst schlechte Englisch Niveau von vielen Dozenten aus der Geographie, so war der einfachste Small Talk mit diesen teils kaum möglich.
Möglich, dass meine Erfahrungen dabei nur ein Einzelfall wiederspiegelten. Schließlich war
ich die einzige Erasmus Studentin in meinem Institut und ich weiß nicht, wie sich die Situation in anderen Fakultäten oder auch in anderen Geographie und Soziologie Seminaren darstellt. Dennoch bin ich der Meinung, dass mir das Auslandssemester aus akademischer
Sicht eher wenig gebracht hat. Fachliches habe ich an der Universität6 kaum dazugelernt,
wobei anzumerken ist, dass ich mich bereits am Ende meines Studiums befinde. Ich würde
mich trotzdem jederzeit wieder für ein Studium an der Marmara University entscheiden.
4. Unterkunft
Mit der Wohnungssuche in Istanbul habe ich im Oktober 2011 begonnen, wobei dabei von
der Marmara Universität keinerlei Hilfestellung zu erwarten war. Ich empfehle zur Suche vor
allem die Internetseite Craigslist.com (http://istanbul.en.craigslist.com.tr/roo/) sowie einschlägige Gruppen auf Facebook.com (z.B. Marmara University International Office, Erasmus
etc.). Ich rate euch unbedingt genau darauf zu achten wo sich eure zukünftige Wohnung befindet! Denn wie bereits in Punkt fünf beschrieben, sind die Ausmaße und Distanzen in Istanbul aus deutscher Sicht nicht vorstellbar. Sehr beliebt bei Studierenden ist der Stadtteil
Kadiköy (s. Abb. 3). Kadiköy ist ein weltoffener Stadtteil mit zahlreichen Kinos, Restaurants,
Cafés und Bars sowie vielen Einkaufsmöglichkeiten in der Altstadt, in der Fußgängerzone
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(dafür aber im Selbststudium, so habe ich im Vorfeld meines Auslandssemesters zahlreiche geographische Publikationen über
Istanbul gelesen und konnte diese Thematiken (Gentrification, Bevölkerungsgeographie, Migrationsgeographie, Stadtgeographie, VerkehrsgeographieZ) allesamt in der Stadt wiederfinden und auch nachvollziehen. Nicht nur aus geographischer Perspektive ist Istanbul einfach wahnsinnig spannend, dynamisch, einzigartig und absolut empfehlenswert!)
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und an der Bağdat Caddesi (Bagdad-Chaussee). Zwischen Kadiköy und Eminönü (Europa)
gibt es tagsüber einen regen Fährverkehr. Ein weiterer Vorteil ist die Nähe zur Marmara Universität (Göztepe Campus).
Ich habe in einer Wohngemeinschaft mit zwei Türken, einer Französin und einem Franzosen
im Stadtteil Maltepe für 300 Euro im Monat (die Preise für ein WG Zimmer bewegen sich je
nach Ausstattung und Lage zwischen 200 und 300 Euro) gewohnt. Maltepe ist im Gegensatz
zu anderen Istanbuler Stadtteilen eine ruhige Gegend. Das Stadtbild wird von vier- bis
sechsgeschossigen modernen Wohngebäuden geprägt und ist Siedlungsstandort für die
gehobene Istanbuler Mittel- und Oberschicht. Studenten finden sich in diesem familiengeprägten Stadtteil kaum, aus diesem Grund befinden sich hier auch keinerlei Möglichkeiten
abends auszugehen. Zur Universität habe ich gut 45 Minuten benötigt, nach Kadiköy eine
Stunde, in das historische Stadtzentrum Sultanahmet
und in das Ausgehviertel
Beyoğlu/Taksim gut 1,5 Stunden. Distanzen – an die ich mich erst gewöhnen musste.
Die Wohnung habe ich über eine von mir geschriebene Anzeige auf Craigslist.com gefunden, wobei anzumerken ist, dass ich auch enorm viele „unseriöse“ Wohnungsangebote
(„Hello I am a bisexual female may I ask about your sexual preference?“ usw.) erhalten hab.
Leider sehen auch viele Vermieter in Erasmus Studenten „Goldesel“. Passt also auf, dass ihr
nicht in dem letzten „Loch“ zu überteuerten Preisen landet. Generell empfehle ich euch, die
erste Zeit in einem Hostel (http://www.hushhostelistanbul.com/en/default.aspx) in Istanbul zu
wohnen und sich dann vor Ort die entsprechenden Wohnungsangebote anzusehen. Da sich
bei mir das Wintersemester 2011/2012 an der Universität Bremen mit dem Sommersemester
2012 an der Marmara Universität überschnitten haben und ich noch diverse Prüfungen in
Deutschland ablegen musste, hatte ich dazu leider nicht die Zeit. Nach der langen Wohnungssuche war ich dann sehr froh, eine so tolle und moderne Wohnung mit sehr netten
Mitbewohnern gefunden zu haben. Falls ihr die Möglichkeit haben solltet, empfehle ich euch
dringendst nicht mit deutschsprachigen Studenten zusammen zu wohnen, denn ihr seid doch
nicht in Istanbul um nur Deutsch zu reden und mit Deutschen zusammen zu leben – oder?
Des Weiteren besaß für mich die Tatsache mit zwei Türken zusammen zu wohnen den entscheidenden Vorteil, dass ich mein Türkisch enorm verbessern konnte, einen gänzlich neuen
Einblick in einen neuen Kulturkreis hatte und viele „Insider“ Informationen über Istanbul, das
türkische Alltagsleben und die Türkei insgesamt erhielt. Viele meiner Kommilitonen wohnten
in reinen Erasmus Wohngemeinschaften und hatten dadurch so gut wie keinen Kontakt zu
der einheimischen Bevölkerung. Ich denke, ihr solltet unbedingt darauf Acht geben, eure Zeit
in Istanbul nicht nur mit internationalen Studenten zu verbringen, da ihr sonst viel eher in
einer „Erasmus Blase“ lebt und von dem eigentlichen Leben und den Menschen Istanbuls
wenig mitbekommt.
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Abb.
3:
Stadtteile
Istanbuls.
Stadtteile.jpg&filetimestamp=20090628080147.
Quelle:
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Istanbul-
5. Öffentliche Verkehrsmittel
Istanbul – mit einer Einwohnerzahl irgendwo zwischen 13 und 17 Millionen ist sowohl von
ihrer Fläche und Ausdehnung als auch von ihrer enormen Menschenmasse in keiner Weise
mit Bremen vergleichbar. Auf derartige Personenansammlungen und die im täglichen Leben
zu bewältigenden Distanzen kann man sich nicht gedanklich vorbereiten – wenn ihr es also
hasst, teils sehr lange und nicht besonders komfortabel unterwegs zu sein, geht nicht nach
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Istanbul! Der Verkehr in Istanbul ist laut, hektisch, höchst chaotisch, willkürlich organisiert
und stark überfüllt. Vermeidet es am besten, innerhalb der Rush Hour (etwa 07:30-10:00 und
17:00-20:00) große Distanzen mit straßengebundenen Verkehrsmitteln (Bus, Taxi, Auto)
bewältigen zu wollen, denn die Überlastung sorgt jeden Tag für volle Straßen. Sollte es die
Zeit und Entfernung zulassen, besteht auch in dem zu Fuß gehen eine sinnvolle Alternative.
Aber Vorsicht – nicht jeder Autofahrer achtet auf oder bremst für Fußgänger! Ich denke die
Kunst des effektiven Vorrankommens in Istanbul besteht in der richtigen Wahl des geeignetsten Verkehrsmittels. Um als Student in Istanbul von A nach B zukommen, bedarf es viel
Geduld und gute Zeitplanung, denn sonst wird man wohl nie pünktlich irgendwo ankommen.
Ihr solltet je nach Distanz und Tageszeit entscheiden, ob jetzt nun der Bus, der Zug oder
doch die Fähre ratsam ist. Abbildung 4 zeigt schematisch das ÖPNV Netz Istanbuls. Dargestellt sind alle Hauptverkehrsmittel (außer Busse).
-
Taxi
o
Wenn ihr eine Strecke überbrücken musst, die für einen Fußmarsch zu weit
ist, dann nimmt am besten ein Taxi. Diese sind gelb und dabei sowohl günstig
als auch im Vergleich zu anderen öffentlichen Verkehrsmitteln meist viel
schneller. Ihr solltet auch keine Probleme haben, ein Taxi heranzuwinken,
denn sie fahren überall umher. In der Hauptverkehrszeit allerdings eignen sich
Taxis nicht besonders als Fortbewegungsmittel. Denn dann stehen auch diese
im Stau und man geht besser zu Fuß. Im Taxi solltet ihr immer darauf achten,
dass der Fahrer den Taxameter anschaltet. Dazu natürlich auch immer nachfragen, was die Fahrt ungefähr kosten wird.
-
Fähre
o
Die Fähren transportieren täglich über 3 Millionen Menschen über den
Bosporus von Europa nach Asien und wieder zurück. Sie sind schnell, günstig
und waren während meiner Zeit in Istanbul mein favorisiertes Verkehrsmittel.
Die Überfahrt über den Bosporus ist einfach gigantisch. Probiert es einfach
selber aus und ihr werdet sehen wovon ich rede. Die meist frequentierte Verbindung ist die zwischen Eminönü und Kadiköy, im asiatischen Teil der Stadt.
Es fahren auch Fähren von Beşiktaş und Karaköy auf der europäischen sowie
von Üsküdar und Haydarpaşa auf der asiatischen Seite aus. Einziger Nachteil
der Fähren: Sie verkehren nur tagsüber (bis etwa 23:00).
-
Bus
o
Linienbusse in Istanbul erkennt man an ihrer rot-beigen oder grünen Lackierung. Man kann sie aber auch daran erkennen, dass sie stets völlig überfüllt
sind.
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-
Minibus
o
Die Minibusse (s. Foto) gehören anders als normale Busse nicht zu der städtischen Verkehrsgesellschaft Istanbuls und verkehren auf festgelegten
Routen. Das jeweilige Ziel ist meist
auf der Front- und Seitenscheibe
des Busses vermerkt. Bezahlt wird
bar – der Preis richtet sich dabei
nach der zurückgelegten Strecke.
Ich zum Beispiel habe von Maltepe
nach Kadiköy (eine Stunde Fahrtdauer) knapp zwei Lira (80 Cent)
bezahlt. Es existieren keine festgelegten Haltestellen, ihr könnt den Bus ganz
einfach auf der Straße mit einem Winken anhalten und je nach Belieben wieder ausstiegen.
-
Dolmuş
o
Das Wort Dolmuş heißt im türkischen 'voll' und das passt auch zu diesen öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Dolmuş ist eine Art Sammeltaxi und ist dazu
recht günstig. Sie haben eine feste Route und fahren nur los, wenn sie voll
(genug) sind. Daher gibt es bei den Dolmuş auch keinen festen Fahrplan. Der
Preis liegt ungefähr bei der Hälfte von dem eines normalen Taxis. Dazu ist er
abhängig von der Entfernung, die man mitfährt. Für gewöhnlich halten die
Busse auf Zuruf der Fahrgäste.
-
Zug
o
In Istanbul gibt es zwei Bahnhöfe: Sirkeci (europäische Seite) und Haydarpaşa (asiatische Seite). Ich habe relativ oft den Zug (vergleichbar mit der
deutschen S-Bahn, verkehrt alle 15 Minuten) von meiner Wohnung (Stadtteil
Maltepe) zum Haydarpaşa Bahnhof genommen, da von dort Fähren nach Europa fahren. Größter Vorteil des Zuges: auch in der größten Rush Hour seid
ihr pünktlich an eurem Ziel. Der Nachteil: auch die Züge verkehren nicht
nachts.
-
U-Bahn
o
In Istanbul gibt es eine einzige U-Bahn-Linie. Diese fährt vom Taksim Platz
aus nach Levent und Karaköy.
-
Straßenbahn
o
Es existieren drei Straßenbahnlinien im Großraum Istanbul: Die Straßenbahnlinie T1 führt quer durch das historische Istanbul, die Straßenbahnlinie T3 ist
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eine Museumsstraßenbahn zwischen Kadiköy und Moda im asiatischen Teil
der Stadt und die Museumsstraßenbahn T5 in Beyoglu führt vom Taksim Platz
zum Galata Turm.
-
Metrobus
o
Metrobusse sind Großraumbusse, welche ihre eigene Trasse auf der Straße
benutzen. Sie verkehren entlang der gelben Linie (s. Abb. 4) und sind verkehrsunabhängig.
Abb. 4: ÖPNV Netz Istanbuls. Quelle: http://www.turkeytravelplanner.com/AssetsTurkey/Maps/Istanbul_Rayli_Sistem.png.
6. Formalitäten
Ihr solltet zur Erledigung der verschiedenen Formalitäten in Istanbul unbedingt alle Erasmus
Dokumente aus Bremen mitnehmen (Learning Agreement, Letter of acceptance etc.) Nachfolgend findet ihr stichwortartig eine Liste mit den wichtigsten zu erledigenden Formalien:
-
Visum
o
Braucht ihr unbedingt! Kümmert euch sofort nach der Ankunft in Istanbul um
einen Termin bei der Ausländerpolizei in Fatih, diese stellt euch das sogenannte „Resident Permit“ aus. Ohne dieses Dokument dürft ihr euch nicht länger als drei Monate in der Türkei aufhalten. Wendet euch am besten bei allen
Fragen diesbezüglich persönlich an das IO.
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-
Akbil Card
o
Mit dieser Studenten ÖPNV Karte fahrt ihr in allen Verkehrsmitteln für die
Hälfte. Unbedingt ganz schnell nach eurer beim IO beantragen, damit spart ihr
bares Geld.
-
Museumskarte
o
Es existiert eine Museumskarte (15 Lira, gültig für ein Jahr) für Studenten,
damit habt ihr in allen Sehenswürdigkeiten, Museen und Ausstellungen der
Türkei freien Eintritt und spart enorm! Fragt auch hier das IO, wie ihr am besten an diese Karte kommen könnt.
-
Türkisches Handy / Sim Karte
o
Um kostengünstig in Istanbul kommunizieren zu können, benötigt ihr eine türkische Sim Karte. Diese gibt es von verschiedenen Mobilfunkanbietern (Turkcell, Avea, Vodafone) und lässt sich wie eine Prepaid Karte aufladen. Eurer
deutsches Handy (nehmt am besten ein altes, dann ist ein eventueller Verlust
nicht ganz so schmerzlich) müsst ihr allerdings noch freischalten lassen, ansonsten wird dieses gesperrt sobald ihr eine türkische Sim Karte einlegt. Das
Entsperren erledigt ihr am besten auch bei dem jeweiligen Mobilfunkanbieter
(Kosten: etwa 25 Lira).
-
Geld
o
Ein Euro entspricht derzeit etwa 0,43 Lira. Ich besaß für die Dauer meines Istanbul Aufenthaltes eine Kreditkarte (sinnvoll bei Flugbuchungen etc.) und für
Bargeld meine EC Karte der Sparkasse (Kosten: etwa 3 Euro, aus diesem
Grund habe ich immer größere Mengen auf einmal abgehoben). Essen gehen, (türkische) Lebensmittel, ÖPNV, Dienstleistungen usw. sind in Istanbul
vergleichsweise günstig. Teuer wird es bei allen importierten Gütern („westliche“ Produkte) sowie Alkohol.
7. Studentenjobs
Ich persönlich weiß von keinem Austausch Studenten, der Studentenjobs angenommen hat.
Insgesamt ist das Lohnniveau in der Türkei sehr niedrig und entsprechende Arbeitsmöglichkeiten sind sicher nur mit sehr guten Türkisch Kenntnissen und hohem Bürokratieaufwand
möglich.
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8. Nach der Rückkehr
Nach fünf Monaten Metropole Istanbul kam mir Bremen furchtbar ruhig, klein, kalt, langweilig
und einsam vor. So habe ich auch meine Freunde aus Istanbul und vor allem diese spannende, wunderschöne und pulsierende Stadt vermisst. Jetzt – vier Wochen nachdem ich
wieder in Deutschland bin, dauert meine Eingewöhnungszeit in Bremen immer noch an. Falls
ihr euch für Istanbul als „eure“ Erasmus Stadt entscheidet, macht euch jetzt schon einmal auf
ein großes Heimweh „danach“ gefasst!
Meine Studienleistungen aus Istanbul werden allesamt anerkannt, da mir nur noch wenige
ECTS aus dem General Studies Bereich fehlen.
9. Probleme/Anregungen
Sehe ich vor dem anfänglichen Chaos an der Marmara University ab (später Erhalt des „Letter of acceptance“, starke Schwierigkeiten bei der Kommunikation mit den Dozenten des
Instituts für Geographie aufgrund fehlender Englisch Kenntnisse, Probleme bei der geeigneten Kurswahl, organisatorische Probleme in Istanbul (z.B. Erhalt der Resident Permit und
Akbil Card)) entstanden keine weiteren Probleme bei meinem Istanbul Aufenthalt.
Aufgrund dessen führe ich an dieser Stelle eine Liste von jenen Dingen auf, die ihr euch
möglichst in Istanbul und in der Türkei ansehen solltet:
-
Historisches Zentrum Istanbuls mit allen Sehenswürdigkeiten (Reiseführer!).
-
Museen (v.a. archäologisches und Modern Art)
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Kumpir (gefüllte Ofenkartoffeln) im Gülhane Park (unterhalb des Topkapi Palastes)
essen und dabei den fantastischen Blick über den Bosporus genießen.
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Mit der Fähre zu den Prinzeninseln fahren, dort ein Fahrrad ausleihen und mit diesem
die Insel erkunden.
-
Auf die höchste Erhebung Istanbuls (Çamlıca Tepesi) im Stadtteil Üskudar gehen und
dabei die atemberaubende Aussicht auf den Bosporus und die europäische Seite genießen (besonders schön bei Sonnenuntergang).
-
Mit dem Bus von Üskudar an das Schwarze Meer (Sile) fahren.
-
Im Stadtteil Ortaköy am Bosporus sitzen, auf die Bosporus Brücke schauen und Waffeln essen.
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Mit der städtischen Fährgesellschaft den Bosporus Richtung Norden zum Schwarzen
Meer befahren (Kosten: etwa 20 Lira).
-
Falls ihr genug Zeit habt: Reisen durch die Türkei z.B. nach Izmir (Ephesus), Pamukkale, Fethiye, KappadokienZ Ich empfehle euch dabei Nachtbusse zu wählen, diese
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sind die günstigste Art des Reisens und zudem sehr komfortabel. Entsprechende
Reiseunternehmen sind z.B. Pamukkale und Metro.
Nun – am Ende dieses Berichtes kann ich euch nur noch eine wunderbare Zeit und ganz viel
Spaß in Istanbul wünschen! Ich hoffe, ich konnte euch Istanbul und meine Zeit dort ein wenig
näher bringen und euch für die Stadt begeistern. Solltet ihr noch weitere Fragen haben, ich
stehe gerne zur Verfügung!
(Quelle: eigene Aufnahme vom Gülhane Park auf den Bosporus und die Bosporus Brücke).
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