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Alters- und geschlechtsspezifische
MRSA-Prävalenz von stationär behandelten
Patienten in einem Klinikum der
Maximalversorgung in Norddeutschland
Eine retrospektive Analyse von 127.345 stationär behandelten Patienten im Zeitraum 2012-2014
J. F. Hallauer (1), B. Grgic (1), U. Holl (2)
• Abstract
1 Institut für Hygiene, 2 Institut für Laboratoriumsdiagnostik, Mikrobiologie und Tansfusionsmedizin, DBK, Neubrandenburg
The Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum is a major hospital in
North-East-Germany with a bed capacity of more than
1.000 beds, serving 40.000 inpatients yearly. Since 2012
a risk adjusted MRSA screening was performed resulting
in sustained levels of MRSA rates. Participation in the
MRSA-KISS-Program showed a ratio of 90% of positive
smears on admission and 10% of nosocomially acquired
according to definition. Situation in the three years 2012
to 2014 was stable and in accordance with average
values of the National Reference System. Based on that
we analyzed retrospectively all hospital admissions from
01. Jan 2012 to 31. Dec 2014 on risk factors regarding
MRSA. By all patients with one or more identified risks
combined nasal-throat swabs were taken. Confirmation
was made using microbiological culture. Data collection
including patient age, sex, duration of stay and type of
ward were taken from the Hospital Information System.
From a total of 127.345 patients screened on admission
according to the risk-adjusted questionnaire 77.008
microbiological tests were performed. A total of 1.513
MRSA positive cases were registered in the three year
period; 89,2% were detected on admission and 10,8%
later than the third day of hospitalization. Compared
with non-MRSA patients the average duration of stay
(6,92 days) was increased by twofold. Patients with
nosocomially acquired MRSA had on average a longer
hospital stay lasting over 20 days. Patients with
nosocomial infection were longer hospitalized than
patients with nosocomial colonization. The type of ward
(ICU compared to standard care) correlates with higher
MRSA prevalence, revealing in two fold higher prevalence
values in ICU (p<0,005; X²-test).
Age-specific prevalence of all MRSA cases showed very
low weights between 0,1% to 0,3% for all age groups
beneath 40 years. Above 40 years we observed a strong
correlation between age and MRSA prevalence. The
age groups showed following prevalences: 41-50 years
(n=11.885) 0,66%, 51-60 years (n=21.688) 1,14%, 6170 years (n=18.096) 1,51%, 71-80 years (n=17.990)
1,75% and over 80 years (n=15.015) 2,50%. The age
distribution of MRSA cases differed significantly from the
age distribution of all inpatients (p<0,005; X²-test), by
MRSA cases aged 71-80 representing 32,5% of all MRSA
cases compared with a proportion of only 22,2% of the
same age group in the total inpatients population. Age
specificity of MRSA prevalence could be demonstrated for
MRSA status on admission, but not for nosocomial cases.
Interestingly, the male gender in total accounted for
61,5% (931) cases compared to females with 38,5%
(582) cases. Accordingly, gender specific prevalences
were 1,51% to 0,90% (p<0,001; X²-test). Gender
differences were expressed for all age groups above 40
years, both for nosocomial cases and cases imported to
the hospital, throughout the observed three year period.
In regard to the perceived correlation between age and
MRSA prevalence above 1,5% in the age groups over 60
years and the fact that anamnestic risk profiles resulted
in microbiological testing of already more than 85% of
these age groups, we propose a systematic mandatory
screening of all patients above 60 years on admission.
The observed gender differences require further
discussion and research.
Das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum ist ein Klinikum der Maximalversorgung in Nordosten Deutschlands mit mehr als
1.000 Betten und über 40.000 stationär versorgten Patienten pro Jahr.
• Hintergrund
Seit 2012 wurde ein risikoadaptiertes Screening auf MRSA
durchgeführt, das ein anhaltendes Niveau von MRSARaten ergab. Die Teilnahme am MRSA-Modul des KISS
zeigt ein Verhältnis von 90% der positiven Abstriche bei
Aufnahme und 10% nosokomialer MRSA-Fälle gemäß
Definition.
Diese Verhältnisse waren in den beobachteten Zeitraum
von 2012 bis 2014 stabil und entsprechen zu den
Durchschnittswerten des nationalen Referenzzentrums,
wie die Gegenüberstellung von den Anteil der
definitionsgemäß als nosokomial zu deklarierenden Fälle in
unserem Klinikum zu den NRZ-Mittelwerten auf Abbildung
1 darstellt.
Erwartungsgemäß war die MRSA-Prävalenz auf Intensivstationen zweifach höher als auf Normalstationen (p<0,005; X²Test), wie Abbildung 5 veranschaulicht. Die Verteilung von MRSA-Fällen nach Fachgebiet ist auf Abbildung 6 verzeichnet.
Abb. 5
Abb. 6
Die Altersspezifische MRSA-Prävalenz zeigt bei den unter
40-Jährigen eine sehr geringe Häufigkeit, die zwischen
0,1% und 0,3% liegt. Bei über 40-Jährigen Patienten
beobachteten wir eine starke Korrelation zwischen dem
Alter und MRSA-Prävalenz. Die Altersgruppen zeigten
folgende Häufigkeiten: 41-50 Jahre (n=11.885) 0,66%;
51-60 Jahre (n=21.688) 1,14%; 61-70 Jahre (n=18.096)
1,51%; 71-80 Jahre (n=17.990) 1,75% und bei über
80-Jährigen (n=15.015) 2,50%. In Abbildung 7 wird
dieser Verlauf dargestellt.
Die Altersverteilung der MRSA-Fälle unterscheidet sich
signifikant von der Altersverteilung der Gesamtheit aller
stationär behandelten Patienten (p<0,005; X²-Test).
Während in der Altersgruppe der 61 bis 70-Jährigen
14,4% aller stationären Patienten aufzufinden sind, ist
in dieser Altersgruppe mit 18% der Anteil der MRSAFälle bereits überrepräsentiert. Der geringere Anteil
dieser Altersgruppe an der Gesamtzahl der Patienten im
Vergleich zu den 51 bis 60-Jährigen erklärt sich durch
die besondere demographische Situation in unserer
Region. Vor 15 bis 25 Jahren gab es einen massiven
Wanderungsverlust bei dieser Altersgruppe. In den
Altersgruppen 71 bis 80-Jährige und über 80-Jährigen
finden sich die MRSA-Fälle signifikant häufiger: Diese
Altersgruppen repräsentieren 32,5% bzw. 24,7% der
MRSA-Fälle, während nur 22, 2% bzw. 11,9 % aller
stationären Patienten diesen Altersgruppen angehören
(Abbildung 8). Diese Altersverteilung von MRSA-Prävalenz
konnte für den MRSA-Status bei Aufnahme nachgewiesen
werden, jedoch nicht für nosokomiale MRSA-Fälle.
Abb. 7
Abb. 8
Interessanterweise waren Männer mit 61,5% (931) deutlich häufiger betroffen als Frauen mit 38,5% (582) der MRSAFälle. Dementsprechend lag die Gesamtprävalenz für Männer bei 1,51% und für Frauen bei 0,90% (p<0,001; X²-Test).
Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede waren im beobachteten Zeitraum für alle über 40-Jährige MRSA-Fälle
unabhängig davon ob nosokomial erworben oder mitgebracht zu verzeichnen, wie die Abbildungen 9 und 10 darstellen.
Abb. 1
• Methode
In einer retrospektiven Auswertung wurden alle stationäre Aufnahmen vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2014
erfasst und hinsichtlich MRSA-Risikofaktoren analysiert. Bei allen Patienten mit einem oder mehreren identifizierten Risiken
wurde ein Nasen-Rachen-Kombiabstrich abgenommen. Die Bestätigung erfolgte durch bakteriologische Untersuchung in der
Kultur. Die Datenerhebung einschließend Patientenalter, Geschlecht, Verweildauer und Station wurde aus dem
Krankenhaus-Informationssystem übernommen.
• Ergebnisse
Insgesamt wurden 127.345 Patienten bei Aufnahme anamnestisch auf das Vorliegen von MRSA-Risikofaktoren befragt. In
77.008 Fällen wurden mikrobiologische Untersuchungen durchgeführt. Insgesamt 1.513 MRSA-Fälle sind im Zeitraum von
2012 bis 2014 detektiert worden. Abbildung 2 zeigt die MRSA-Fälle verteilt nach den Kategorien nosokomiale Infektion,
nosokomiale Kolonisation, mitgebrachte Infektion und mitgebrachte Kolonisation für die Jahre 2012, 2013 und 2014. Davon
sind 89,2% der Fälle bei Aufnahme erfasst und 10,8% nach dem dritten Tag des Krankenhausaufenthaltes. Bei den unter
40-Jährigen treten MRSA-Fälle sehr gering auf, aber bei den über 40-Jährigen ergibt sich eine deutliche Altersabhängigkeit,
die aber nur die mitgebrachten Fälle betrifft. Die Verhältnisse zwischen mitgebrachten und laut Definition nosokomialen
MRSA-Fällen nach Altersstufen zeigt die Abbildung 3.
Abb. 9
Abb. 10
• Diskussion
Unsere Ergebnisse hinsichtlich der Liegedauer von MRSA-Fällen und den Zusammenhang von Alter und MRSA Häufigkeit
sind in Übereinstimmung mit der Literatur (2, 7). Die Intensivstationen zeigen auf Grund des hohen Device-Einsatzes eine
höhere MRSA-Belastung im Vergleich zu Normalstationen.
Wir beobachteten einen deutlichen Unterschied in der Altersverteilung von MRSA-Fällen gegenüber allen stationären
Patienten: bei den über 60-Jährigen sind Patienten mit einen MRSA-Nachweis signifikant überrepräsentiert im Vergleich zu
den entsprechenden Altersgruppen aller stationären Patienten (p<0,005; X²-Test). Diese Verhältnisse sind bis jetzt noch
nicht in der Literatur beschrieben.
Das Männer- zu Frauen-Verhältnis zeigte eine sehr signifikante Dominanz des männlichen Geschlechts (p<0,001; X²Test).
Dieses Geschlechtsverhältnis ist schon mehrmals beschrieben (2, 3, 4, 5, 6), und steht vermutlich im Zusammenhang mit
einer höherer Häufigkeit von anderen prädisponierenden Faktoren bei Männern (2, 5).
Die beobachteten Geschlechtsunterschiede erfordern eine weitere Diskussion und Forschung.
• Schlussfolgerung
Abb. 2
Abb. 3
Die Verweildauer der MRSA-Patienten war im Vergleich
zu Patienten ohne MRSA-Nachweis um den Faktor 2
höher. Patienten mit nosokomial erworbenen MRSA
hatten im Durchschnitt eine höhere Liegedauer, die
über 20 Tage lag. Bei Patienten mit nosokomialer
MRSA-Kolonisation betrug die mittlere Verweildauer
bereits 19,9 Tage.
Die höchste Verweildauer wurde bei Patienten
mit nosokomialer MRSA-Infektion verzeichnet,
wie Abbildung 4 darstellt. Die Unterschiede in der
Liegedauer zwischen den 4 Kategorien sind statistisch
signifikant (p<0,001).
MRSA-Patienten weisen eine signifikant erhöhte
Liegedauer auf im Vergleich zu stationär
behandelten Patienten ohne MRSA-Nachweis.
Die Differenzierung nach den vier Kategorien
zeigt dass die höchste Verweildauer bei Patienten
mit nosokomialer MRSA-Infektion zu verzeichnen
ist. Der Schwerpunkt für nosokomiale Fälle
sind die Intensivstationen. Bei den unter
40-Jährigen Patienten zeigt sich keine relevante
MRSA-Prävalenz. Bei den über 40-Jährigen
ergibt sich eine starke Korrelation zwischen
der Altersentwicklung und MRSA-Prävalenz für
mitgebrachte MRSA-Fälle.
Wir beobachteten einen signifikanten
Geschlechtsunterschied in der MRSA-Prävalenz.
Männer sind deutlich häufiger betroffen als
Frauen sowohl bei mitgebrachten, als auch bei
nosokomialen MRSA-Fällen.
Da die Korrelation zwischen Alter und MRSAHäufigkeit eine Prävalenz von über 1,5%
bei den über 60-jährigen zeigt und da
die anamnestischen Risikoprofile eine
mikrobiologische Untersuchungshäufigkeit
von über 85% in diesen Altersgruppen ergibt,
schlagen wir die Durchführung von einem
systematischen obligatorischen MRSA-Screening
für alle über 60-Jährige Patienten bei Aufnahme
vor.
Abb. 4
Literatur
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Hallauer, J. F., Eikert A. , Henkel D., Fründt B, Holl U (2014). Auswirkungen eines konsequenten risikojustierten MRSA-Screenings auf die aufgefundene Inzidenz von MRSA in einem Klinikum der Maximalversorgung. Hyg Med 2014;39–Suppl. DGKH 2014.
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Vorsorge
Diagnostik
Therapie
Kontakte
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