Acht Fragen zur Demografie von Hong Kong

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Acht Fragen zur Demografie von Hong Kong
Acht Fragen zur Demografie von Hong Kong – Ein Interview mit Professor Francis T. Lui
Francis T. Lui ist seit 1991 Volkswirtschaftsprofessor und Direktor des Zentrums für Wirtschaftliche Entwicklung an der Hong Kong University of Science & Technology. Er zählt auch zu den Gründern dieser Institution. Zuvor promovierte er an der University of Minnesota in den Vereinigten Staaten. Professor Luis Forschungsinteressen umfassen wirtschaftliches Wachstum, Sozialversicherungen, Korruption, Familienökonomie, Wechselkurssysteme und die Volkwirtschaften in Hong und China. Er ist Autor und Herausgeber
zahlreicher Buch- und Fachzeitschrift-Publikationen und Kong. Seit vielen Jahren ist er volkswirtschaftlicher
Berater der Regierung von Hong Kong.
Vor kurzem traf sich Professor Lui mit Dr. Hans Groth um acht Fragen zur Demografie von Hong Kong zu
besprechen. Hong Kong ist eine Region Chinas, welche mit Hinsicht auf ihre Bevölkerungsgrösse, ihre wirtschaftliche Entwicklung und ihre Bevölkerungsdynamik erstaunliche Gemeinsamkeiten mit der Schweiz aufweist.
Wie viele Kinder haben Frauen in Hong Kong im Durchschnitt und wie hat sich das mit der Zeit verändert?
Die Geburtenrate in Hong Kong lag im Jahr 2012 bei 1,3 Kindern pro Frau und war somit eine der niedrigsten in der Welt. In den letzten Jahren hat sie sich jedoch sehr viel verändert. In 1991 lag sie noch bei 1,4 im
Jahr 2003 ist auf erstaunliche 0,9 gesunken. Der jüngste Anstieg kann teilweise mit der Tatsache erklärt
werden, dass Frauen aus China nach Hong Kong kommen, um hier ihre Kinder auf die Welt zu bringen.
Was müsste sich verändern, damit die Geburtenrate wieder auf ein Niveau ansteigt welches die Bevölkerungsgrösse dauerhaft stabil hält? Ist das überhaupt möglich? Was sind die treibenden Faktoren einer solch niedriger Geburtenraten?
Die Geburtenraten in Hong Kong, welche 1965 noch bei 4,5 lagen, weisen schon seit geraumer Zeit einen
rückläufigen Trend auf. Und ich glaube nicht, dass sie innerhalb der nächsten Jahrzehnte jemals wieder so
ansteigen, dass die Bevölkerung dauerhaft auf einem stabilen Niveau bleibt. Eine interessante Erscheinung
ist die Tatsache, dass der Anteil von Frauen, die bis zum Alter von 45 noch keine Kinder geboren haben,
stetig zunimmt. 2011 war dies bei 38 Prozent aller Frauen in Hong Kong der Fall. Die ausserordentlich hohen Wohnkosten in dieser Stadt werden von vielen Experten als ein entscheidender Faktor angesehen, welcher zu derart niedrigen Geburtenraten führt.
Welche Massnahmen werden von der Regierung ergriffen, um diesem Trend entgegenzuwirken?
Um diese Problematik zu untersuchen und hoffentlich auch konkrete Massnahmen vorzuschlagen hat die
Regierung ein Lenkungsgremium für die Bevölkerungspolitik ins Leben gerufen, welches vom Chef-Sekretär
präsidiert wird. Ich bin selbst auch Mitglied dieses Gremiums. Leider scheint die Regierung bisher noch keine wirksamen Lösungsansätze gefunden zu haben. Monetäre Anreize z.B. zeigen keine Wirkung. Zahlreiche
andere Vorschläge scheinen im speziellen Kontext von Hong Kong nicht umsetzbar oder effizient zu sein.
Hong Kong ist auch das „Zuhause“ einer alternden Gesellschaft mit einer aussergewöhnlich hohen
Lebenserwartung in einem äusserst urbanen Umgebung. Was sind die besonderen Herausforderungen einer solchen Gesellschaft?
Die Lebenserwartung für Männer beträgt momentan 81 Jahre bei Geburt, jene für Frauen 87 Jahre. Das
mediane Alter liegt bei 43 Jahren. Momentan beträgt der Anteil der Bevölkerung an über 64-jährigen jedoch
nur 14 Prozent. Die demografische Alterung hat in Hong Kong somit erst gerade begonnen und wird sich in
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den nächsten Jahrzehnten bedeutend und auch sichtbar intensivieren. Eine der Folgen dieser Alterung ist
zum Beispiel, dass das Rentenalter der Beamten langsam aber sicher von 60 Jahre bis auf 65 Jahre angehoben wird. Über die Höhe der Altersrenten wird derzeit heftig debattiert. Zum Glück ist das öffentliche Gesundheitswesen in Hong Kong von guter Qualität und ziemlich robust – entsprechend erfreut man sich einer
immer längeren Lebenserwartung in guter Gesundheit. Nichtdestotrotz ist durch den parallelen Anstieg von
Lebenserwartung und Morbidität in den nächsten Jahren eine bedeutende Kostenzunahme unvermeidbar.
Wie sehen Hong Kongs Migrationsmuster aktuell aus?
Im Rahmen von sog. Familienzusammenführungen dürfen jeden Tag 150 Personen von China nach Hong
Kong übersiedeln. Die meisten dieser Personen sind jung und haben oft nur eine unzureichende Ausbildung.
Die übrigen Migranten, darunter viele, die nach Hong Kong ziehen, um qualifizierte Arbeitsstellen zu besetzen, machen einen deutlich kleineren Teil der Migrationsströme aus. Die Nettomigration beträgt somit mehr
als 50‘000 Personen jedes Jahr und dies bei einer Bevölkerungsgrösse von etwas mehr als sieben Millionen
Einwohnern.
Und wie steht es mit den Geburtenraten in China aus und wie beeinflussen diese die Demografie von
Hong Kong?
Die Geburtenraten in China liegen im Durchschnitt bei ca. 1,5. In den urbanen Zentren wird die Ein-KindPolitik mehr oder weniger strikt durchgeführt, aber in den ländlichen Gebieten sieht es mit der Umsetzung
deutlich anders aus. Wohlhabende Familien lassen ihre Kinder gerne in den Spitälern von Hong Kong auf
die Welt kommen. Oft ist dies eine bewusste Strategie den Sanktionen der chinesischen Regierung zu umgehen.
In welchem Umfang sind sich die Regierung in Hong Kong sowie die breite Öffentlichkeit der Brisanz
ihrer demografischen Herausforderungen bewusst?
Die Regierung kennt die lokalen demografischen Herausforderungen sehr gut – das kann ich ihnen versichern. Auch die Öffentlichkeit scheint genügend informiert zu sein. Leider trägt dieses hohe Bewusstsein
jedoch derzeit nicht dazu bei, den aktuellen Trend zum Besseren zu wenden.
Gibt es irgendwelche Erfahrungen in Hong Kong von welchen die Schweiz von Hong Kong lernen
könnte? Beide Länder haben eine vergleichbare Bevölkerungsgrösse, tiefe Geburtenraten seit mehr
als 30 Jahren und ein Bevölkerungswachstum, das im wesentlichen auf Migration basiert.
Die treibenden Kräfte hinter der Bevölkerungsdynamik in Hong Kong scheinen die steigenden Wohnkosten,
die hohen familiären Belastungen für eine hochwertige Schul- und Ausbildung, das vorzügliche Gesundheitswesen und das tief verankerte familiäre Wertesystem zu sein. Hong Kong war schon immer eine Migrantenstadt mehrheitlich chinesischer Einwanderer. Die Immigranten sind zwar fleissige Arbeiter, aber ihr
Ausbildungsniveau ist für eine Wissensgesellschaft unzureichend. Zudem scheint die stetig wachsende Bevölkerungsgrösse die Wohnkosten ständig weiter nach oben zu treiben. Daher ist die Erstellung zusätzlicher
Wohnkapazität unerlässlich.
Eine Lehre für die Schweiz könnte somit sein, dass falls Familien nicht über die nötigen finanziellen Mittel
verfügen um auch mit mehreren Kindern einen guten Lebensstandard zu erhalten, tiefe wenn nicht sogar
sehr tiefe Geburtenraten die unausweichlichen Folgen sind.
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2/3
Schweiz
Hong Kong
8’014’000
7’234’800
41’285
1’104
< 25 Jahre (%)
27
23,1
> 65 Jahre (%)
16,9
14,2
> 80 Jahre (%)
4,8
4,1
Fruchtbarkeitsrate
1,5
1,3
Jährliche Nettomirgration
64’000
55’000
Einwohner
Oberfläche in km
2
Die neusten Zahlen (auf den ersten Zehntel gerundet) stammen von der UN Population Division und dem
Census and Statistics Department von Hong Kong.
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