USA: Trans-Diskriminierung gilt als Religionsfreiheit
Transcription
USA: Trans-Diskriminierung gilt als Religionsfreiheit
USA: Trans-Diskriminierung gilt als Religionsfreiheit Arbeitgeber dürfen Transsexuelle in den USA nach Gutdünken feuern, solange sie ihre religiösen Gefühle als Begründung anführen. Transsexuelle dürfen laut der Entscheidung eines US-Bundesgerichts im Arbeitsrecht wegen ihrer Geschlechtsidentität diskriminiert werden. US-Bundesrichter Sean Cox gab damit am Donnerstag einem Bestattungsinstitut in Garden City (US-Bundesstaat Michigan) Recht. Das Unternehmen "RG & GR Harris Funeral Homes" hatte 2013 eine transsexuelle Frau gefeuert, nachdem sie nach sechs Jahren Betriebszugehörigkeit ihrem Arbeitgeber bekannt gab, dass sie sich einer Geschlechtsanpassung unterziehen und künftig in Frauenkleidung ihre Arbeit verrichten werde. Als Grund für die Entlassung der Einbalsamiererin nannte der Besitzer seinen christlichen Glauben, der Transsexualität als etwas Unnatürliches ansehe. So verletze es seine religiösen Gefühle, wenn ein Mitarbeiter, der seiner christlichen Überzeugung nach männlich ist, auf der Arbeit in Frauenkleidern erscheine. Die US-Gleichbehandlungsbehörde EEOC verklagte daraufhin das Bestattungsinstitut wegen Geschlechtdiskriminierung. Richter: Transsexualität ist "erhebliche Belastung" für christlichen Chef In der 56-seitigen Entscheidung argumentierte der 2004 von Präsident George W. Bush ernannte Richter, dass die von der Gleichbehandlungsbehörde zitierte Antidiskriminierungsrichtlinie "Titel VII" aus einem Bürgerrechtsgesetz der Sechzigerjahre nicht anwendbar sei, "weil es eine erhebliche Belastung auf die Fähigkeit des Bestattungsinstituts ausübt, entsprechend des aufrichtig gehaltenen religiösen Glaubens geschäftlich tätig zu sein". "Title VII" verbietet bundesweit Diskriminierung im Arbeitsrecht aufgrund der Merkmale Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, nationale Herkunft und Religion. Der Fall war ein erster Test für die Ansicht der Obama-Regierung, dass das Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechtes nach "Titel VII" auch auf Transpersonen anzuwenden ist. Richter Cox berief sich in seiner Entscheidung auf das Supreme-Court-Urteil im Fall "Burwell v. Hobby Lobby" aus dem Jahr 2014. "Hobby Lobby" ist eine Heimwerkerkette, die von einem religiösen Unternehmer angeführt wird. Er erstritt sich das Recht auf religiöse Ausnahmen bei der Krankenversicherung für seine Mitarbeiter – in diesem Fall weigerte sich die Kette, Verhütungsmittel zu bezahlen, was eigentlich nach der Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama verpflichtend sein sollte. Das Urteil galt als erheblicher Rückschlag für das Gesetzespaket "Obama Care", mit dem 2010 der Zugang zu Krankenversicherungen erleichtert wurde. LGBT-Gegner: Urteil ist Sieg für Religionsfreiheit Doug Wardlow, ein von der LGBT-feindlichen Organisation "Alliance Defending Freedom" gestellter Anwalt für das Bestattungsinstitut, begrüsste das Urteil als Sieg für die Religionsfreiheit. Wardlow argumentierte, dass Transsexualität für einen Christen nicht existiere, und bezeichnete die gefeuerte Angestellte daher in seinen Ausführungen als Mann: "Das Bestattungsinstitut hätte keine Problem gehabt, wenn sich der Kläger in seiner Freizeit so anziehen will. Das Problem bestand darin, dass er als Mitglied des anderen Geschlechts auf der Arbeit erscheinen wollte. Damit hätte er sich auf eine Weise präsentiert, die den religiösen Gefühlen des Besitzers widersprochen hätten." Die US-Gleichbehandlungsbehörde kann gegen das Urteil Berufung einlegen. Da Richter Cox als ein sehr konservativer Richter gilt, könnten die Erfolgsaussichten in der nächsten Instanz grösser sein. Seite 1 von 2 Bürgerrechtler und LGBT-Aktivisten warnen, das Urteil könne negative Auswirkungen auf die Rechte aller Minderheiten haben. So befürchtet Jay Kaplan von der Bürgerrechtsorganisation ACLU, dass fortan alle Antidiskriminierungsrichtlinien ausser Kraft gesetzt werden könnten, wenn ein Arbeitgeber nur seine angeblichen religiösen Überzeugungen ins Feld führe. Sarah Warbelow von der LGBTOrganisation "Human Rights Campaign" sprach von einer "rücksichtslosen Entscheidung gegen eine Frau, die nur gefeuert wurde, weil sie transgender ist". queer.de / 19.8.2016 Seite 2 von 2