Anduin 95
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Anduin 95
ANDUIN 95 ANDUIN 95 FANTASY WELTEN IMPRESSUM Anduin Fanzine für phantastische Spiele Ausgabe Nr. 95, Mai 2008 Thema Fantasy Welten Anschrift Thomas Heinig Stuckstraße 6 82319 Starnberg leserbriefe@anduin.de www.anduin.de Fleißige Helfer Autoren J. Hagen, M. Barreto, J. Schoska, F. Schmutzler, T. Schleer, V. Herfeld, A. Dotor, T. Hagler, J. Mang, F. Bongert, S. Koch, C. Maser, J. Ullrich, S. Holzmaier, T. Looschelders, A. Hartung, I. Schulze, P. Heinig, T. Heinig Titelbild D. Kufner Zeichner D. Kufner, K. Graf, Jim, M. Buyken, Dailor, J. Mang, J. Lange, A. Rexfort, S. Holzmaier, M. Hagel, K. Schad, T. Heinig Lektorat T. Looschelders, U. Zucker, T. Heinig Hinweise Die Artikel in dieser Ausgabe stellen die Meinung der einzelnen Autoren dar und müssen nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. Die Redaktion distanziert sich von Internetseiten mit verfassungswidrigen, radikalen oder pornographischen Inhalten. Die meisten in dieser Ausgabe genannten Produkte sind Warenzeichen ihrer jeweiligen Hersteller. Die Verwendung von geschützten Warenzeichen stellt keine Copyrightverletzung seitens der Redaktion dar, auch wenn diese ohne Kennzeichnung genannt werden. Nachdruck oder Wiederveröffentlichung (digital oder analog) – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion. Ausdruck und Weitergabe für private Zwecke ausrücklich erwünscht und erlaubt. Die Redaktion behält sich das Recht vor, eingesandte Artikel zu kürzen oder zu ändern. Die Rechte der eingesandten Artikel und Zeichnungen verbleiben beim Urheber. Die Redaktion der Anduin erhält die Erlaubnis, die Werke in kostenlosen Projekten zu veröffentlichen. Für unaufgefordert eingesandte Artikel kann keine Haftung übernommen werden. † = Artikel zum Schwerpunktthema Seite 2 Inhalt INHALT Abenteuer 4 Sommernachtstraum – Ein Abenteuer für Artesia † Die Charaktere werden mit einem Geist aus dem goldenen Zeitalter der Wälder von Erid Wold konfrontiert und haben die Chance, Teil einer Tragödie aus längst vergangener Zeit zu werden. 22 Das Böse über der Stadt – Ein Abenteuer für Arcane Codex † Ein Kult plant, eine finstere Wesenheit namens Daenethor zu beschwören und stürtzt damit eine Stadt in Chaos. Blutopfer werden durchgeführt und eine mysteriöse Krankheit breitet sich aus. 40 Das Erbe der Drachentöchter – Ein universelles Kurzabenteuer † Die beiden Zwillingstöchter des Fürsten von Dekandur sind in höchsten Nöten. Ihr böser Vetter hat ihren Vater ermordet. Und das, obwohl sie einen uralten Schatz hüten: Das Draconium. 48 Schattenhain – Ein Agone-Drama † Zahlreiche Gäste sind geladen und beschenken das verliebte Paar. Doch unter Ihnen ist einer, der ein verhängnisvolles Geschenk mit sich bringt… das Bild Schattenhain, in dem sich bald so mancher verliert. 53 Das Orakel von H‘Rabaal – Ein DSA Kurzabenteuer † Ein Gelehrter unter den Helden stößt auf ein Textfragment aus den Chroniken von Ilaris und erfährt so, dass das Orakel von H’Rabaal durchaus auch für Menschen ein kostbarer Quell des Wissens sein kann. 64 Frostige Rache – Ein universelles Kurzabenteuer † Ein uraltes Böses verschlang einst die Seelen einer Händlergruppe und bedient sich ihrer nun um neue Opfer in die Falle zu locken. Können die Abenteurer sowohl der tödlichen Kälte der Eislandschaft als auch dem Bösen entkommen? 84 Strafe der Ungläubigen – Ein Abenteuer für Spherechild Ein Sembare bringt Viren aus einem Labor von der modernen Welt Icros auf die Fantasy-Welt Valcreon. Als „Strafe Gottes“ getarnt, will er damit einige Dörfer in seinen Besitz bringen. Die Charaktere müssen auf beiden Sphären dagegen vorgehen. Lesen & Spielen 14 35 46 69 72 79 94 Das Fantasydorf † 21Hakims Kochecke Realistische Besiedlungen im Spiel Leckere Rezepte für Rollenspielrunden Kriegswesen im Mittelalter † 43 Religion im Rollenspiel Militär realistischer darstellen Das Darstellen von Religion im Spiel Instant Abenteuer † 51 Flagframing Die Räuberhöhle Spielern bieten was sie wollen Offen heraus 70 Systemvorstellung † Erweiterung um Erweiterung Das Weltenbuch Now for something completely different 74 Raubkopien von Rollenspielen Geskriptete Szenen Mehr als ein Kavaliersdelikt Rollenspieldesign 82 Ohne Schmidt und Johnson Teil 1: Was ist Rollenspieldesign? Alternative Auftraggeber in Shadowrun Zauberei mit Murmeln 113 Igor Riegel Ein alternatives System für Magie Zwischen Zuckerschock und Befriedigung Kurzgeschichten & Comics 96 Ritter und Magier 97 Die Dame des Frostes † 97 Die Legende des heiligen Glenn Grant † 98Heimkehr † Rezensionen 100 Götter und Kulte † 104 Spieler-Handbuch Eberron † 103 Drachenreiter † 105Nexus Ops 106 Der Weg nach Drakonia † 109 Descent – Well of Darkness † 110 Descent – Road to Legend † 111 Battlelore † 101 Sharn – Stadt der Türme † 102 Das Zauber-Kompendium † 104Twilight Imperium 106 Zug um Zug 107 Descent – Journeys into the Dark † 109 Descent – Altar of Despair † 110 Das Schwert † Mai 2008 ANDUIN 95 Die Dritte Seite Die dritte Seite VORWORT Das Thema Fantasy kam vor ein paar Jahren nach langer Durststrecke wieder groß raus – zumindest im Kino. Neben dem unumgänglichen Der Herr der Ringe und auf dem Erfolg von Harry Potter reitend gab und gibt es etliche Filme – mal mehr und mal weniger gelungen. Darüber wurde schon reichlich geschrieben und ich will Euch gar nicht weiter damit langweilen. Viel lieber verkünde ich mit einem gewissen Stolz, dass wir pünktlich die neue Anduin fertig bekommen haben. Obwohl wir uns keine bestimmte Seitenzahl als Ziel gesetzt haben, können wir das Thema Fantasy auf erstaunlichen 114 Seiten behandeln. Wenn es weiter so gut läuft, dann werden wir in diesem Jahr noch zwei weitere Ausgaben der Anduin veröffentlichen können – es stehen die Schwerpunktthemen Independent Rollenspiele und Crossovers an. Während also die nächste Ausgabe Euch ein paar der unbekannteren Rollenspielsysteme näher bringen möchte, wird die übernächste Anduin wild verschiedene Stimmungen und Settings mischen. Ich freue mich schon darauf und hoffe, dass wir Euch auch weiterhin als Leser gut unterhalten können. Liebe Grüße, Tommy Leserbriefe Ausgabe 94 – Teil 1 Hey Thomas, ich weiß wie frustrierend es sein kann, wenn nach getaner Arbeit die Rückmeldungen ausbleiben, so in etwa hast Du es im Interview mit lorp.de ja auch anklingen lassen. Vielleicht freut Dich das Lob eines schon lange nicht mehr aktiven, aber noch immer interessierten Rollenspielers. Ich hab bislang über ein paar Inhalte (der Anduin 94) geschaut und bin beeindruckt. Besonders möchte ich Dich allerdings für das Layout loben, das mir ausgesprochen gut gefällt. :) Weiter so! Thorsten Ausgabe 94 – Teil 2 Ich habe gerade das Interview auf Lorp.de gelesen. Ich freue mich genauso wie alle, dass die Anduin wieder unter den Lebenden weilt. Mit Anmerkungen habe auch ich mich bisher Mai 2008 zurückgehalten. Statt „Fanmail“ habe ich auf meinem Blog unter www.amel.tk einen Post geschaltet und verlinke euch außerdem. Schön, dass ihr wieder da seid! Andreas Ausgabe 94 – Teil 3 Es ist soweit, die erste echte neue Anduin seit einer gefühlten Ewigkeit ist erschienen und widmet sich mit dem Schwerpunktthema Mystery neben KULT und Cthulhu allerlei anderen dunklen Themen, die eine Erwähnung im Ruf mehr als notwendig machen. Ladet Euch die feinen 116 Seiten herunter und zelebriert die Rückkehr einer Legende! Der Ruf Ausgabe 94 – Teil 4 Krass, krass, krass! Da wird mein Gemecker in der letzten Anduin als Leserbrief gedruckt, so dass ich mich doch glatt genötigt fühle, mich noch einmal zu melden. Während mir das aufgewärmte Ding mit der Nummer 93 gar nicht gefallen hat, weiß ich gar nicht wie ich Euch für die Ausgabe 94 danken soll. Einhundertundsechszehn prall gefüllte Seiten zu meinem Lieblingsthema: dem düsteren Rollenspiel. Und durchgehend hochwertige Qualität über nahezu alle Artikel. Aber wo Licht, da auch Schatten. Der Teil über das Abenteuerschreiben wirkte doch sehr wie zum Selbstzweck und war viel zu lang. Und die hohe Anzahl an Abenteuern ist auch nicht für alle der Volltreffer. Aber was soll man meckern, wenn da eine Hand voll Leute sich in ihrer Freizeit hinsetzen und uns allen ein solch geniales Magazin hinlegen, hinter dem sich einige professionelle Magazine verstecken sollten? Eben: gar nichts… ;-) Sankrobal Ausgabe 94 – Teil 5 Jetzt mal ganz ehrlich: wie hat die deutsche Rollenspielszene das eigentlich zwei Jahre lang ohne Euch ausgehalten? Wie konnten wir nur ohne diese Mischung aus Abenteuern und Artikeln, Comics und Zeichnungen, Professionalität und Fandom auskommen? Selbst wer mit all dem nichts anfangen kann („Ich spiele ungern fertige Abenteuer…“, „Ich weiß schon alles über das Spielleitern…“, „Comics finde ich öde…“, „Manche Zeichnungen sind ja nicht so dolle…“, „Viel zu gutes Layout, das ist ja kein Fanzine mehr…“ usw.), der muss doch zumindest eines sehen: welchen enormen Schub die KO NTAKT D. Kufner – dragonlady@dragonwood.de T. Looschelders – tobias@schwertklinge.de A. Hartung – www.spherechild.de I. Schulze – www.greifenklaue.de J. Lange – JLange@OrbisArcanum.de T. Hagler – webtommi@gmx.de T. Heinig – tommy@anduin.de Anduin der Rollenspielszene gibt. Ein Hobby, für das sich Leute in ihrer Freizeit so einsetzen ohne Bezahlung und ohne Anerkennung (sonst wäre die Anduin wahrscheinlich nie eingestellt worden), das kann nicht am Ende sein. Das lebt und das wächst und das ist es wert, weiter betrieben zu werden! Ich werde allen meinen Bekannten von der Anduin erzählen, damit ihr weitermacht. Uwe Pericula Subire Ich habe ein Abenteuer, das aber etwas länger ist, nämlich ungefähr 100 Seiten. Ich würde das gerne veröffentlichen, denke aber, dass es zu lang ist für die Anduin. Jetzt habe ich gesehen, dass es auch noch das Magazin Pericula Subire gibt, in dem längere Abenteuer publiziert werden. Darf ich Euch mein Abenteuer schicken und veröffentlicht ihr das dann? Raundair Am liebsten ist es uns, wenn für lange Abenteuer zunächst eine Zusammenfassung geschickt wird, die so ein bis zwei Seiten lang ist. Neben einer Übersicht über die Handlung sollte auch kurz auf die Stimmung und eventuelle Besonderheiten – und natürlich auf das System eingegangen werden. Halten wir das Abenteuer nach einer Prüfung dieser Zusammenfassung für geeignet, so steht einer Veröffentlichung in der Anduin oder der Pericula Subire nichts mehr im Weg. Lovarian Adventures Erstmal Gratulation zum Neustart – geniale Ausgabe habt Ihr da mit der Nummer 94 abgeliefert! Aber ich habe mal eine Frage. In den älteren Anduins gab es mehrere Comicserien, eine davon war Lovarian Adventures. Werdet Ihr die irgendwann mal weiterführen? Thorsten Wir haben nicht vor, den Comic in der Anduin weiterzuführen. Es gibt ihn aber weiterhin im Netz (siehe Seite 52). Seite 3 ANDUIN 95 SOMMERNACHTSTRAUM Sommernachtstraum EIN ABENTEUER FÜR ARTESIA TEXT: MARCO BARRETO-BITTNER ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER Vorwort Unsere Geschichte spielt in den Mittleren Königreichen, dem Schauplatz der ARTESIA Comics und des gleichnamigen Rollenspiels von Mark Smylie. Es ist geeignet für alle Gruppen, vorzugsweise gemischten, die sowohl über kampforientierte Charaktere, als auch Mystiker verfügen. Perfekt passt die Geschichte direkt im Anschluss an das Einführungsabenteuer aus dem Grundregelwerk. dieser Treffen werden sie beinahe von Sylvias Mann entdeckt und fliehen in Ihrer Not in ein altes Hügelgrab. Mit einem Stoßgebet an seine Göttin erweckt Fulric unwissentlich den Geist eines Priesters, der vor Jahrhunderten in diesem Teil der Welt gelebt hat. In dieser alten Zeit waren die Wälder von Erid Wold ein wunderbarer Ort an dem die Menschen in Harmonie mit der Natur lebten. Die Frühlingsköniginnen, Priesterinnen aus dem versunkenen Ürüne Düre (vergleichbar mit Atlantis), wachten über diesen Ort und ihre Krieger bewachen die Wälder und alle Bewohner darin. Dann kamen die Aurianer, ein wildes Volk aus dem Norden, mit Ihren Langschiffen über das Meer und lernten vom Gehörnten, dem Verräter an den Göttern, die dunkle Magie mit der sie das Paradies zerstörten. Sie schmiedeten Äxte und fällten die Wir beginnen in Erid Dania am Rande des Erid Wold, in dem kleinen Ort Chysauster. Ansonsten lässt sich das Abenteuer auch irgendwo in eine Reise einbauen. Erid Dania ist eine Region gemäßigten Klimas, mit vielen weiten Ebenen und großen Mischwäldern im Norden. Der Erid Wold ist ein solcher Wald – groß und finster. Seit vielen Jahrhunderten begegnet man in diesem Wald mehr Geistern und Fabelwesen als anderswo in den Mittleren Königreichen, was an einer schrecklichen Geschichte aus dem Goldenen Zeitalter liegt. Um diese Geschichte und einen Schatten aus dieser Zeit, geht es im folgenden Abenteuer. Eine zentrale Rolle spielt der Konflikt zweier Religionen. Das alte Pantheon der göttlichen Familie auf der einen Seite und der Heilige König auf der anderen. Spielleiter, die mit der Mythologie von ARTESIA nicht vertraut sind, können sich an der Christianisierung im frühen Mittelalter orientieren. Zur Vorbereitung empfehle ich das Kapitel: „The Spring Queen & The golden realm of An-Athair“ aus dem Grundregelwerk. Zusammenfassung Die Geschichte dreht sich um die mythischen Erzählungen der Frühlingskönigin und dem goldenen Zeitalter der Wälder von Erid Wold. Die Charaktere werden mit einem Geist aus dieser Zeit konfrontiert und haben die Chance einen Rückblick in die Geschichte zu werfen. Sie werden Teil einer Tragödie einer längst vergangenen Zeit. Fulric, ein Jäger, ist ein Anhänger des alten Glaubens. Er liebt Sylvia, die Frau des Schreiners und trifft sich mit ihr im Wald. Bei einem Seite 4 Abenteuer ANDUIN 95 SOMMERNACHTSTRAUM Bäume. Sie verbrannten das goldene Reich und erschlugen die letzte Königin. Diese Geschichte scheint sich für den Geist des Priesters aus dieser Zeit zu wiederholen. Der Ritter des Ortes, Ser Galwyn, bessert sein Auskommen mit dem Verkauf von Holz auf, das er in den Wäldern schlagen lässt. Damit verstößt er unwissentlich gegen ein uraltes Gesetzt und bringt den Fluch des Priesters über sich und das Dorf. Die Charaktere betreten in dem Moment die Bühne, in dem die Dorfbewohner auf Geisterjagd ziehen. Nach einer ersten Konfrontation mit den Geisterwesen des Waldes begeben sich die Charaktere auf Spurensuche in die Vergangenheit. Neben Begegnungen mit Geistern, Hexen, schrulligen Dorfbewohnern und Priestern des Sonnenhofes sind sie bestens vorbereitet einen zweiten Anlauf zu nehmen. Tatsächlich finden die Charaktere die arme Sylvia und das verlassene Hügelgrab. Sieht es zunächst so aus als könnten sie die arme Frau retten und den bösen Geist aus dem Grab vertreiben, so haben sie doch nicht mit den Besonderheiten der Anderswelt gerechnet. Zeit spielt in der Anderswelt eine andere Rolle als auf unserer Seite der Schwelle und Geister sind in diesem Wald nicht so leicht zu vertreiben wie anderswo. Ob alle Mitglieder der Gruppe dieses Abenteuer bei klarem Verstand überstehen und ob es ein Happy End zwischen Fulric und Sylvia gibt, das liegt im Ermessen der Gruppe. Dass sie eine Nacht erleben, die sie so schnell nicht vergessen werden, das liegt in Euren Händen, verehrter Spielleiter. Kapitel 1 Geisterjagt Der Mob am Waldrand Die Charaktere reiten einen schlammigen Waldweg entlang. Es regnet und Nebel liegt über den Feldern. Die Strasse wird von gefällte Baumstämmen gesäumt und die Felder sehen verkommen aus. In der Ferne erklingt ein Donnergrollen. Abenteuer Plötzlich trägt der Wind das wilde Gebell von Hunden heran. Eine kleine Gruppe flackernder Lichter taucht zwischen den Bäumen auf und nähert sich der Gruppe. Voran reitet Ser Galwyn, Sohn des Dyrek, Ritter von Chysauster. Galwyn ist ein dicklicher Mann, mit grauen Schläfen und prächtigem Doppelkinn. Zusammen mit seinem Schnauzbart und den kleinen Äuglein erscheint er eher wie eine feiste Bulldogge denn einem Ritter. „He da! Gebt Euch zu erkennen oder die Hunde reißen Euch in Stücke!“ Die Bauern sammeln sich vor den Charakteren. Da ist außer Ser Galwyn noch: •Arraca, Tochter des Ser Galwyn. Sie ist erst 14 Jahre jung, aber in ihrem Blick erkennt man ihre fürstlichen Ahnen. Sie ist zierlich und trägt goldene Zöpfe, die von den Zweigen zerzaust und verdreckt sind. •Naeras Gower, der Dorfpriester des Sonnenhofes. Er ist ein untersetzter Mann Mitte dreißig mit goldenem Haar und einer Tonsur. Er ist in eine einfache Kutte gehüllt, trägt den Stab des Sonnenkönigs und sein Gesicht zeigt unverholen Angst. •Oswin Theowain, der Holzfäller. Er ist groß gewachsen, blond, wie für einen Aurianer typisch und sehr aufbrausend. •Malcom, Sohn des Corlien, der Schmied. Ein dunkler Typ mit mächtigen, behaar- ten Armen und Vollbart. Bewaffnet mit einem schweren Hammer und in eine improvisierte Lederrüstung gehüllt. •Umasza, Sohn des Yerwin, ein junger Bursche, der seinen Lebensunterhalt als Holzfäller verdingt. Bewaffnet ist mit einer Axt, doch sein Gesicht lässt eine gewisse Entschlossenheit vermissen. Wenn sich die Charaktere einigermaßen zu benehmen wissen, lässt sie Ser Galwyn ziehen. Er hat in dieser Nacht ganz andere Sorgen als ein paar herumstreunende Abenteurer. Wenn Sie fragen oder gar ihre Hilfe anbieten bekommen Sie eine erstaunliche Geschichte präsentiert. Die Geschichte der Bauern Seit einigen Tagen geht ein Geist in dieser Gegend um. Er hat sich bereits Fulric, den Jäger und Sylvia, die Frau des Tischlers, geholt. Vor ein paar Stunden hat der brave Ulin, der Bursche des Müllers, den Geist am Waldrand gesehen. „Er ist größer als jeder Mensch und trägt das Geweih eines mächtigen Hirsches auf dem Kopf. Sein zottiges Fell ist mit dem Nebel versponnen aus dem er aufsteigt und in seinen Klauen hält er einen grauenhaften Stab, auf den er die Schädel seiner Opfer spießt.“ Natürlich entspricht das nicht ganz der Wahrheit, aber es gibt gut wieder, welche Angst die Bauern haben. Ser Galwyn macht Seite 5 ANDUIN 95 OFF T O P I C Der Ruf Schickes Layout, etliche Abenteuer und Artikel, kostenlos, im PDF Format – klingt nach der Anduin? Falsch gelegen! Die Rede ist hier nämlich von dem Fanzine für düsteres Rollenspiel Der Ruf. Wer was für die dunkleren Seiten des Rollenspiels übrig hat und die Anduin mag, der wird den Ruf lieben. Unbedingt hinsurfen, runterladen und genießen! URL: www.der-ruf.de noch einen gefassten Eindruck, aber auch Ihm sieht man an, dass er nicht oft in dem Kampf reitet. Die Spieler können nun selbst entscheiden, ob Sie die Gruppe in den Wald begleiten, oder ob sie weiter nach Chysauster ziehen und dort in der Herberge Trüffelschwein (siehe Kapitel „Gasthaus Trüffelschwein“) übernachten. Geister im Wald Die Gruppe betritt den Wald. Im moosigen Untergrund hinterlassen sie tiefe Spuren in denen das Wasser stehen bleibt. Nebelfetzen hängen im dichten Unterholz, die knorrigen Bäume stehen immer dichter zusammen. Der Wind rauscht in den Blättern, und der Blitz wirft bizarre Schatten. Der Spielleiter hat in dieser Szene die Chance, magiebegabten Charakteren oder solchen, die über das dritte Auge verfügen, einen Vorgeschmack zu geben, was auf sie zukommen wird. Gleichzeitig ist die Szene bestens geeignet eine drückende und tragische Atmosphäre aufzubauen. Die Geschichte von Erid Wold Die Wälder von Erid Wold sind alt, sehr alt und die Schwelle zur Anderswelt ist hier näher. Seit der Gehörnte die Aurianer verführte und mit seiner Dunklen List Krieg und Zerstörung über das Land brachte, gehen die Geister der Verratenen und Toten im Wald um. Charaktere mit dem Gift Second Sight haben die Chance die Geister an diesem Ort zu sehen. Erinnerungen an längst vergangene Zeiten. Seite 6 SOMMERNACHTSTRAUM Krieger mit bronzenen Rüstungen verstellen Euch den Weg. Wundersame Frauen arbeiten im Hintergrund, sie pflegen die Bäume und singen zur Musik der Vögel. Zwischen ihnen bringt ein Mann mit Hirschmaske Opfer dar. Golden scheint die Sonne zwischen den Blättern hindurch. Plötzlich schlägt das Licht um. Wo Licht war ist nun Dunkelheit. Wie auf einem Negativ werden die Frauen zu grellen, weißen Gestalten. Die Krieger liegen erschlagen am Boden, ihre Augen weit aufgerissen und ihre Körper mit klaffenden Wunden geschlagen. Gehörnte Wilde fallen über die Frauen her, zerreißen Ihre Kleider, würgen sie und ertränken sie schließlich im Fluss. „Geht fort! Flieht! … Dies ist nicht Euer Kampf. … Der Hüter ist zurückgekehrt. Er wird Euch bestrafen. …“ „So traurig… Die Königin des Frühlings… so traurig.“ Charaktere mit guten Kenntnissen in Geschichte sollten eine Chance haben diese Bilder zu verstehen. Je besser das erreichte Ergebnis, desto mehr Details erfahren die Charaktere aus der Geschichte (siehe: „The Spring Queen & The golden realm of AnAthair“). Tief im Unterholz Plötzlich ragt ein Schatten vor der Gruppe auf. Vor dem silbernen Licht des Mondes, umflochten von den Gespinsten des Nebels wirkt er übergroß. Ein mächtiges Geweih scheint aus seinem Totenschädel zu ragen und in seiner Rechten hält er einen Stab. Für zwei Herzschläge herrscht Stille, dann bricht das Chaos los. Die Helden haben noch die Chance ihre Initiative zu ermitteln. Bei 11 stürmen kleine und große Wesen aus dem Wald. Tiere, die von schrecklichen Geistern besessen sind. Hirsche, Wildschweine und sogar Hasen, verwandelt in unheimliche Chimären mit Klauen, Hörnern und langen Reißzähnen. Unter ihnen zwei Hünen, einer mit Bären- und der andere mit Wolfskopf. Beim Anblick dieser bizarren Schar wenden sich die ersten Dörfler zur wilden Flucht. Ser Galwyn und der Priester leisten zunächst Widerstand, doch schon nach wenigen Kampfrunden gehen sie verwundet zu Boden. Die Charaktere sehen sich einer Übermacht entgegen. Ihr, verehrter Spielleiter, solltet die Gruppe so stark machen, dass die Charaktere auch mit viel Glück keine Chance haben. Sie können nun bis zur Bewusstlosigkeit kämpfen oder aufgeben. In jedem Fall werden die Kreaturen nie mit voller Wucht zuschlagen, so, als wollten sie ihre Gegner nicht ernsthaft verletzten (ein Charakter mit Tactics kann das eventuell feststellen). Ob sie aufgeben oder irgendwann bewusstlos zu Boden gehen spielt keine Rolle. Die Charaktere sollten sich irgendwann im Morgengrauen leicht verletzt am Waldrand wieder finden. Kapitel 2 Das Dorf Gasthaus Trüffelschwein Schon früh am morgen erwacht das Dorf aus einem unruhigen Schlaf. Die letzten Nebelfetzen werden schnell von der Morgensonne vertrieben und eine wohlige Wärme macht sich breit. Die Männer versammeln sich im Gasthaus. Wenn die Charaktere nicht mit im Wald waren, werden sie durch hitzige Diskussionen aus dem Schlaf gerissen. „Ich geh da nicht mehr raus! Ich bin doch nicht verrückt!“ „Und was machen wir sonst? Ich hab schließlich eine Familie zu ernähren!“ „Soll Ser Galwyn doch gehen. Schließlich hat er uns den Dreck doch eingebrockt!“ „Lasst uns Hethis befragen. Die kennt sich doch mit so was aus.“ „Hethis? Die alte Hexe? Dafür wird Dich Nearas aufknüpfen.“ Die Diskussion verstummt, sobald die Fremden den Raum betreten oder irgendwie auf sich aufmerksam machen. Besonders natürlich, wenn sich jemand von Stand in der Gruppe befindet. Das Dorf steckt offensichtlich in der Klemme. In den letzten Monaten wurde die Arbeit auf dem Feld vernachlässigt, weil das Geschäft mit dem Holz mehr einbrachte. Wenn sie nun nicht mehr in den Wald gehen, wird es für den Winter nicht reichen und um noch die Ernte ein zu holen ist es längst zu spät. Viele müssten das Dorf wohl verlassen und als Tagelöhner nach Westmark ziehen, in die nächste Stadt. Natürlich bittet man die Charaktere um Hilfe. Wenn der Geist nicht vertrieben wird, so ist das Dorf verloren. Geschichten im Dorf Im Dorf gehen verschiedene Geschichten um. Aus jeder können die Charaktere ihre eigenen Schlüsse ziehen. Es können sich gar einige Sub-Plots daraus entwickelt, die wir an dieser Stelle jedoch nicht weiter verfolgen. Die Spieler sollten nach Herzenslust Erkundigungen anstellen. Je nach dem mit wem sich Abenteuer ANDUIN 95 SOMMERNACHTSTRAUM der alten Götter. Das sagt ihm natürlich keiner ins Gesicht und das Geld, das der Holzhandel einbringt, nehmen alle gern. Der Wald und die Anderswelt Im Wald gibt es geheime Wege. Wer sie kennt, der kann sich durch die Anderswelt bewegen und geheime Orte finden. Das ist aber nicht ganz ungefährlich. Die Zeit vergeht anders an diesen Orten und auf diesen Wegen. Bleibt man zu lange, vergeht das ganze Leben wie ein Traum und die eigene Familie ist tot. Will man die Wege finden, sollte man nach alten Steinen Ausschau halten. Sie sind mit magischen Zeichen beschrieben und finden sich oft in der Nähe riesiger Baumstümpfe. Hier wird ein Teil der Geschichte des Gehörnten verarbeitet. Er lehrte den Aurianern einen Zauber, mit denen Sie die Krieger Ürüne Dürés besiegen konnten. Noch heute können sich Eingeweihte – wie Hethis – auf den geheimen Pfaden unnatürlich schnell bewegen. Der Schatz der Frühlingskönigin Es geht das Gerücht um, im Wald seien noch mächtige Artefakte aus Ürüne Düré verborgen. Die Priester der Frühlingsköniginnen hätten sie mit in ihre Gräber genommen. Leider ist noch keiner aus der Anderswert zurückgekehrt um davon zu berichten. Die heiligen Bäume die Charaktere im Dorf unterhalten, bekommen Sie Informationen auf unterschiedliche Weise präsentiert. Die alten Götter Die Spannung zwischen den alten Göttern und dem Sonnenhof spiegeln sich in der Dorfbevölkerung wider. Der Sonnenhof wird vertreten durch Naeras Gower, dem höchst motivierten Dorfpriester aus Auria. Ihm folgt auch Ser Galwyn, wenn auch nur sehr missmutig. Die Rituale der alten Götter werden noch von vielen Dorfbewohnern befolgt. Eine Hexe, die alte Hethis, lebt im Wald. Zu ihr kann man gehen wenn man Rat braucht und die alten Riten abhalten will. Das geheime Paar Jeder weiß eigentlich, dass der Jäger Fulric und Sylvia, die Frau des Tischlers, etwas Abenteuer miteinander hatten, aber ihrem Mann gegenüber halten sich natürlich alle zurück. Schon nach einer kleinen Andeutung gab es eine wilde Schlägerei in der Taverne, seither ist das Thema in der Öffentlichkeit eher Tabu. Hinter vorgehaltener Hand dagegen… Viele zerreißen sich heimlich das Maul darüber. Sylvia ist allgemein sehr beliebt im Dorf, Man erzählt sich, dass sie von Ihrem Vater mit dem Tischler verheiratet wurde. Es soll wohl um Schulden gegangen sein, aber genaues weiß keiner. Der unbeliebte Ritter Die Dorfbewohner geben Ser Galwyn die Schuld für den Fluch. Alte Geschichten erzählen von den Aurianern, die vor vielen Jahrhunderten über das Land kamen und die goldenen Wälder der Frühlingskönigin zerstörten. Nun kommt wieder ein Ritter aus Auria her, bringt seinen Pfaffen mit und weckt den Zorn Viele Dorfbewohner glauben, dass die Holzfäller einen der heiligen Bäume gefällt haben. Diese Bäume stehen im Erid Wold seit dem Anbeginn der Zeit. Sie sind seine Wächter. Wenn der letzte dieser Bäume stirbt, dann endet der Erid Wold und alles was in ihm lebt. Einer der Bäume stützt das Hügelgrab des Priesters. Wenn Magie einen wichtigen Stellenwert in der Kampagne der Gruppe einnimmt, dann lassen sich von diesen Bäumen alte Geheimnisse erfahren und interessante Erkenntnisse gewinnen. Kapitel 3 Personen Ser Galwyn, der Ritter des Ortes Der Ritter ist eine Hauptperson in dieser Geschichte. Je nach dem von welcher Seite die Spieler und/oder die Charaktere den Fall betrachten, ist er für die missliche Lage Seite 7 ANDUIN 95 seines Dorfes verantwortlich. Der Spielleiter sollte sich also etwas Mühe machen Ser Galwyn zu beschreiben, ihn immer wieder auftauchen zu lassen und Raum für Interaktion und Konflikte zu bieten Ser Galwyn ist eher ein Ritter der traurigen Gestallt. Seine Augen wirken stumpf und müde und sein Bauch lässt erkennen, dass er seit Jahren an keinem Turnier oder ernsten Kampf mehr teilgenommen hat. In Gesellschaft trägt er ein Sonnenamulett, doch eigentlich ist Ihm der Glaube egal. Er sieht derlei Dinge eher pragmatisch. „Wess Brot ich ess, dess Lied ich sing!“ So könnte man seine Philosophie zusammenfassen. Seinen Berater, Naeras Gower, hat er von Prinz Fionne von Hagenwall, seinem Lehnsherren, „empfohlen“ bekommen, so verbindet ihn nicht mal zu diesem ein herzliches Verhältnis. Allein seine Tochter, Arraca ist der Sonnen- SOMMERNACHTSTRAUM schein seines Lebens und gerade die hat sich in den letzten Wochen zunehmend von ihm abgewandt. Über die Jahre ist er zunehmend frustriert und von seinem Leben enttäuscht. Politisch ist er in Chysauster isoliert. Seine beiden Söhne, Gail und Arbier, sind absolute Nichtsnutze. Sie werden sein Lehen ruinieren, sollten sie ihn einmal beerben und wenn er nicht ab und zu selbst Hand anlegt, wie ein gewöhnlicher Bauer, dann könnte er nicht mal Haus und Hof erhalten, wie es seinem Stand würdig ist. Ser Galwyn spricht nur mit den Charakteren wenn Sie zumindest einen ordentlichen Beruf gelernt haben oder gar einen Titel besitzen. Ansonsten kann nur eine sehr gute Lösung für „sein Problem“ die Tür zu seinem Haus ö nen ohne dass er die Hunde auf die Charaktere hetzt. Von Galwyn erfahren die Charaktere viel über die „undankbare Gegend“. Das Land rund um das Dorf ist zur Landwirtschaft wenig geeignet. Der feuchte Boden wirft nicht viel Ertrag ab. Er würde seiner Tochter – „meinem einzigen Sonnenschein in dieser Gegend“ – gerne eine Ausbildung an der Universität von Newgate bezahlen, aber ohne die Einkünfte aus dem Holzhandel kann er das nicht. Galwyn glaubt, dass Hethis, die Hexe, hinter all dem steckt. Sie hasst ihn dafür, dass er die Bäume im Wald schlagen lässt. Nun hat sie auch das Dorf gegen ihn aufgebracht und er befürchtet dass bald erstes Blut fließen wird, aber es wird nicht seines sein. Ser Galwyns Haus Es liegt etwas abseits des Dorfes, auf einer kleinen Insel im See. Es ist das einzige Haus in ganz Chysauster, das aus Stein erbaut wurde. Leider keine besonders gute Idee, da es mittlerweile beginnt im feuchten Untergrund zu versinken. Risse ziehen sich die Wände entlang und auch das Dach hat die besten Tage schon hinter sich. ARraca, die Tochter des Ritters Arraca, die Tochter des Ritters, wirkt für ihre 14 Jahre bereits sehr reif und erwachsen. Ihr strohblondes Haar ist meist zu einem langen Zopf gebunden und Sie trägt pragmatische, feste Kleidung aus Leder und derben Sto en Ihr Benehmen ist stets ein wenig burschikos und Fremden gegenüber gibt Sie sich oft abweisend und provokativ. Im Grunde ist Arraca frustriert. Ihre Brüder sind faule Dummköpfe und sie wird als Frau wohl verdammt sein einen ebenso schwachsinnigen aurischen Ritter zu heiraten. Für ein Studium fehlt ihrem Vater das Geld und eine Ausbildung an der Wa e kommt in Ihrer Familie nicht in Frage. Oft hat sie darüber nachgedacht das Dorf einfach zu verlassen. Vielleicht mit einer Gruppe von Abenteurern? Vielleicht als Knappe? Nun ja, bisher hat sich keine Gelegenheit ergeben und das Dorf kann sie auch schlecht im Stich lassen Schließlich fühlt sie sich den Bewohnern verpflichtet Manchmal, wenn sie im Wald unterwegs ist und ihren Gedanken nachgeht, geschehen seltsame Dinge. Mal hat sie den Eindruck die Tiere reden zu Ihr. Mal sieht sie seltsame Erscheinungen zwischen den Bäumen. Bisher hat sie nur mit Sylvia darüber gesprochen. Arraca besitzt das dritte Auge und bringt hervorragende Veranlagungen für die arcanen Künste mit. Seite 8 Abenteuer ANDUIN 95 SOMMERNACHTSTRAUM Naeras Gower, der Dorfpriester Naeras sieht bei Licht betrachtet nicht mehr so ängstlich aus wie bei Nebel im Wald. Seine Augen funkeln trotzig, als hätte er sich seine gestrige Panik sehr zu Herzen genommen (siehe Kapitel „Der Mob am Waldrand“). Er hat heute seine festliche Kutte mit dem goldenen Sonnensymbol gewählt und sein blondes Haar funkelt in der Morgensonne. Naeras ist ein aufrichtiger Mann. Seit er ein kleiner Junge von 12 Jahren war und zum ersten mal die mächtigen Tempel des Sonnenhofes in Heliopolis sah, wusste er, was seine Bestimmung sein würde. Seit diesem Tag sind viele Jahre vergangen. Er hat das Licht des göttlichen Königs in die Welt getragen, an jeden Ort, an den seine Kirche ihn rief. Zuletzt an den Hof des Kronprinzen von Erid Dania, Hektor Thurias. (Death Rite), der, mit etwas Unterstützung der Helden, den Geist vertreiben könnte. Diesen Vorschlag macht er natürlich besonders dann, wenn sich ein Priester oder ein sehr gläubiger Ritter unter den Charakteren befindet. Naeras Lösung Diese Lösung ist sicher der aggressivste Weg, aber wenn es den Charakteren gelingt mit Naeras zum Hügelgrab zu kommen und das Ritual zu beenden, so wird Fulric tatsächlich von dem Geist befreit, verliert darüber allerdings den Verstand. Leon, Sohn des Cerwyn, Tischler und Sylvias Mann Leon ist ein blonder Hüne ende dreißig. Er hat ein hässliches Gesicht, das von Pocken- narben gezeichnet ist und er trägt einen buschigen Schnurrbart. Seine Nase ist von feinen Adern durchzogen und rötlich geschwollen. Meist riecht er nach Alkohol und wirkt ungepflegt. Als Tischler hat Leon stark von dem Holzhandel profitiert. Seine Werkstatt hat er kürzlich neu ausgestattet und schuldet einigen Händlern in Westmark viel Geld dafür. Jetzt, wo kein Holz mehr geschlagen wird, steht er vor dem Aus. Seit nun auch noch seine Frau verschwunden ist, gibt es nichts mehr, was ihn von der Flasche weg bringt. Entsprechend lange brauchen die Charaktere um ihn zu wecken, wenn sie versuchen Informationen von Ihm zu erhalten. Befragt man Ihn zu der Nacht, in der seine Frau verschwunden ist, so wird er unsicher und druckst zunächst nur rum. Nach einiger Überzeugungsarbeit gesteht er ein seine Frau Zunächst war er glücklich über die Gelegenheit direkt am königlichen Hofe wirken zu können, doch schon bald stellte sich heraus, dass Politik und Intrige bei Hofe einen höheren Stellenwert hat als der Glaube. Sein Fehler war es schließlich, das Herz des Kronprinzen zu gewinnen. Die Lehre des heiligen Königs war etwas, das selbst der Kronprinz mit seinem einfachen Verstand als Wahrheit erkannte und in seiner Einfältigkeit hatte er in Naeras einen Mann gefunden, der aufrichtig war und der nicht danach trachtete ihn auszunutzen. Schließlich strafte man Naeras, um Hektor zu treffen. Eines schönen Morgens zerrte man Naeras aus seinem Bett, zog ihm einen Sack über den Kopf und ließ ihn in den Kerker werfen. Er weiß bis heute nicht den Grund dafür. Ein Gesandter des heiligen Hofes sprach einige Wochen später zu ihm. Sie würden ihn laufen lassen und ihm wieder eine Gemeinde zuweisen. Wenn er es aber wagen sollte an den Hof des Königs zurück zu kehren, so warte der Tod auf ihn. Die Geschichte ist nun einige Jahre her. Seit er Ser Galwyn als Berater zugeteilt wurde hat Naeras alle Hoffnung aufgegeben jemals etwas Bedeutendes in seinem Leben zu bewirken. Die Seelen der Bauern zu retten und gegen Aberglauben und Hexen zu kämpfen, das ist nicht, was er sich in Heliopolis geschworen hat. In den letzten Tagen ist so etwas wie Ehrgeiz in ihm aufgeflammt. Endlich hat er die Chance sich zu beweisen, sich und den anderen zu zeigen, was in ihm steckt. Im Gespräch mit den Charakteren wird er darauf drängen den Geist gemeinsam zu bekämpfen. Er kennt da einen Segen der Sonnenhofes Abenteuer Seite 9 ANDUIN 95 SOMMERNACHTSTRAUM in den Wald verfolgt zu haben. Er ahnte, dass Sie ein Verhältnis hatte und wollte herausfinden wer ihm die Hörner aufsetzte. Tief im Wald, er hatte längst die Orientierung verloren, stand er plötzlich vor einem steinernen Eingang zu einem Erdhügel. Er hörte Stimmen und plötzlich einen Schrei. „Durch Mark und Bein ist mir das gegangen. Da hab ich es mit der Angst bekommen und bin weggerannt.“ Leon vermutet, dass Sylvia in dieser Nacht starb und mit ihr jede Hoffnung auf Glück und eine Familie. Je später die Charaktere ihn befragen, desto Schlimmer wird sein Zustand sein. Eines Nachts, der Spielleiter sollte sich einen dramatischen Moment aussuchen, dreht er völlig durch und rennt volltrunken in den Wald. Sollten die Charaktere nicht zufällig zur Hilfe eilen, wird es das letzte sein, dass man von ihm sieht. Kapitel 4 Der Wald Ich gehe davon aus, dass die Charaktere ihren nächsten Ausflug bei Tag unternehmen. Ansonsten werden sich die Szenen mit denen in der vergangenen Nacht gleichen, nur das die Wunden, die unsere Helden davon tragen, nicht mehr so harmlos sind, wie am Abend zuvor. Charaktere mit entsprechenden Begabungen finden im Wald viele alte Wege. Die Geister der Natur sind ungewöhnlich präsent hier. Die gefallene Königin Die Charaktere sind schon einige Zeit unterwegs, je nach Fähigkeiten mehr oder weniger Ziellos, als sie in der Ferne unterdrücktes Schluchzen hören. Hilfe aus der Zeit Plötzlich, ganz unvermittelt, streift die Charaktere ein warmer Hauch. Die Luft beginnt zu flimmern und die Umgebung verschwimmt. Charaktere mit Second Sight oder ähnlichen Fähigkeiten erkennen sofort, dass Seite 10 sie auf der Schwelle zur Anderswelt stehen. Ein Schritt und sie haben diese Welt verlassen. Ein seltener Moment in dem sich Dimensionen zu begegnen scheinen. Wenn die Charaktere entkommen möchten, können sie das durch eine gelungene Geschicklichkeitsprobe schaffen. Das Tor zur Anderswelt schließt sich kurz vor Sonnenuntergang wieder. Bach im Wald – eine helle Lichtung Machen die Charaktere den Schritt in die Anderswelt, so betreten sie eine traumhafte Szene auf einer blumenbewachsenen Lichtung im Wald. Der Wald hat sich verändert. Er ist irgendwie leichter geworden. Durch die Baumkronen zieht sich golden das Licht der Sonne. Vögel singen in den Zweigen und Tiere spielen am Waldrand scheinbar ohne Scheu. Barfuß nähert sich ihnen eine wunderschöne Frau. In ein langes weißes Kleid gehüllt, einen goldenen Reif in den braunen Locken. Ihre Augen scheinen gütig und traurig zugleich. „Seit gegrüßt Fremde. Was führt Euch hierher, in meinen Traum?“ Die Charaktere begegnen Iala, einer der letzten Frühjahrsköniginnen. Vor Jahrhunderten wurde sie in diesem Wald von Aurianern geschändet und im nahen Fluss ertränkt. Seit dem hat sich die Welt verändert und sie hat ihren Frieden mit den Menschen gemacht, hat ihnen vergeben. Heute sucht sie nur noch selten den Kon- takt zu Sterblichen, doch in den letzten Tagen dringt neues Leid zu ihr und erfüllt ihr Herz mit Schwermut. Das Schicksal von Fulric und Sylvia hat sie berührt, vor allem, weil Fulric dem alten Weg folgt und ihrer Göttin, Adjia Luna, immer ein treuer Gefolgsmann war. Die beiden haben es in ihren Augen nicht verdient so zu leiden. So wird Sie den Charaktere einen Weg zeigen Fulric zu retten. Ihr Weg ist die Vergebung. Durch eine Probe versucht Sie den Charakteren die Augen zu öffnen: „Geht dort in diesen Hain und Ihr werdet einen Weg finden.“ Die Probe Lassen sich die Charaktere auf die Probe ein und betreten den Hain, so sind sie plötzlich umgeben von einem diffusen Licht. Alles scheint ein wenig langsamer abzulaufen und Ihre Stimmen haben einen seltsamen Hall. Sie halten Äxte in den Händen und sind offenkundig mit dem fällen von Bäumen beschäftigt. Zwischen ihnen wandelt eine dunkle, unheimliche Gestalt umher die Flüche murmelt und schwarze Steine auf die Baumstümpfe legt… Diese Szene ist sehr abhängig von der Gruppe und der Spielleiter benötigt viel Fingerspitzengefühl um die Stimmung an dieser Stelle gut zu transportieren und an die eigenen Spieler anzupassen. Sinn ist es, bei den Spielern Verständnis für die Entwicklung dieses Ortes zu vermitteln und Ihnen Geschichten und Bilder zu geben, mit denen Sie den Abenteuer ANDUIN 95 SOMMERNACHTSTRAUM Geist in Fulric besänftigen können. Iala lässt die Charaktere an Ihren Gefühlen und ihrer Entwicklung teilhaben. Dabei beobachtet sie, wie sich die Charaktere verhalten. Die Szene sollte auf keinen Fall in einen Monolog des Spielleiters ausarten. Die Spieler sollten eingreifen können und auch dazu ermuntert werden. Wie in einem lebendigen Traum finden sie sich mal hier mal dort wieder. Sprechen mit Menschen finden sich plötzlich in der Perspektive einer Liebenden oder eines Mörders wieder. Sie werden zu Priestern und zu Königen aber immer sollten Sie die Gelegenheit haben ihre Rolle auch zu spielen und sich zu beweisen. Nach jeder Szene wird den Charakteren kurz schwarz vor Augen und sie befinden sich in einer neuen Situation. Ich empfehle Situationen ohne wirklichen Ausweg. Situationen, in denen die Charaktere Entscheidungen tre en müssen Zwischen Recht oder Gerechtigkeit, dem Glauben oder ihrem Leben. Situationen, in den sie also nicht „gewinnen“ können, sondern in denen ihr Herz und ihr Charakter auf die Probe gestellt wird. Beispiele: Eine Rotte wilder Männer wie sie einige Bäume fällen und Steine auf die Baumstümpfe legen. Der dunkle Gehörnte bewegt sich zwischen ihnen. Er verführt mit Lust und Macht sät Zwietracht und Hass. Die Spieler schlüpfen in die Rolle der Aurianer und fühlen die Gier, den Hass und die Angst vor dem dunklen Gott. Sie können sich dabei beobachten wie sie ein Dorf überfallen und alle Bewohner töten, auch die Frauen und Kinder. Werden sie sich dem Rausch hingeben, oder werden sie als Verräter von den eigenen Leuten erschlagen? Das Blut der Unschuldigen erreicht die Küste, der Sand färbt sich rot. Xy, Gott des Meeres und der Aurianer sieht die Untaten seines Volkes und verstößt sie Priester werfen sich in den Staub und verzweifeln. Panik macht sich breit. Bruder tötet Bruder und ein Volk richtet sich selbst. Die Spieler schlüpfen in die Rolle eines Priesters. Sie spüren die Schuld und die Scham. Sie werden gestraft von Ihrem Gott und erfahren die Einsamkeit, die Isolation von dem, was Ihnen Kraft und Erkenntnis gab Sie sind hil os und allein. Sie konnten Ihre Gemeinde nicht vor dem Gehörnte bewahren. Jahre vergehen und die Aurianer tauschen das Schwert gegen den P ug Familien mischen sich mit den umliegenden Völkern. Kinder kommen auf die Welt und wachsen in Ihrer neuen Heimat auf. Neue Königreiche entstehen und vergehen wieder. Die Charaktere sehen Liebe und Leid Die Zeit des Gehörnten und des Krieges sind vergessen. Ein Charakter schlüpft in die Rolle eines/r Liebenden und muss sich zwischen der Tradition seiner aurianischen Familie und seiner Geliebten entscheiden. Der Spielleiter kann hier kurze Szenen für einzelne Spieler oder längere Szenen für die ganze Gruppe wählen. Es ist eine gute Gelegenheit Dramatik zu erzeugen Kon ikte zu entwickeln und ohne Rücksicht auf den eigenen Charakter eine interessante Rolle zu spielen. Einfach mal ausprobieren. Ialas Lösung In jedem Fall schrecken die Charaktere nach einiger Zeit aus einem unruhigen Schlaf auf Sie befinden sich wieder auf der Lichtung und alles was sie erlebt haben erscheint ihnen wie ein böser Traum. Haben sie sich gut geschlagen? In diesem Fall reicht ihnen Iala eine goldene Rose. „Nehmt sie! Sie wird ihn an mich erinnern und beruhigen. Er wird Fulric der Liebe wegen freigeben.“ Damit schickt sie die Charaktere wieder in den Wald. Es ist mittlerweile Abend geworden und die Sonne steht bereits tief am Himmel. Die Charaktere sollten gelernt haben, dass es keine gute Idee ist nachts schutzlos im Wald unterwegs zu sein. Die alte Hethis Tief im Wald, in einer verlassenen Bärenhöhle, wohn Hethis, die Kräuterhexe. Selbst die Alten im Dorf kennen Sie nur als greise Frau mit weißem Haar und knorrigem Gesicht. Ihre Stimme ist rau und zerbrechlich, aber Ihre Augen sind wach und funkeln voller Lebenslust. Hethis Höhle liegt tief im Wald verborgen. Die unregelmäßige Ö nung die in den Erdhügel führt, wird durch eine robuste Holztür versperrt. Hethis macht zwei Handbewegungen und legt den Riegel um, dabei schwingt die Tür nach innen. In der Höhle riecht es nach Kräutern Ruß und Alkohol An den Wänden stehen Tonkrüge mit Sigilen verziert. Einige Bücher stehen in den Abenteuer Seite 11 ANDUIN 95 SOMMERNACHTSTRAUM Der Preis der Hexe Sie möchte zurück ins Dorf und sie braucht eine Schülerin. Es wird auch für sie die Zeit kommen, diese Welt zu verlassen und dann soll der Wald nicht ohne Hirtin sein. Wenn die Charaktere ihr eine Lösung bieten, wird sie gerne bereit sein auch ihnen zu helfen. Eine denkbare Kandidatin wäre Arraca, die Tochter des Ritters. Sie ist begabt und wäre sogar interessiert. Natürlich wird das nicht ganz einfach den Vater zu überzeugen. Der Priester ist natürlich absolut dagegen. Hethis Lösung Ob Sie den Helden gegen Fulric und den Geist zur Seite steht, liegt, wie gesagt, an den Umständen. Auf keinen Fall wird sie mit einem Priester arbeiten und einen Exorzismus vornehmen. Sie respektiert den Geist, so wie sie alle Erinnerungen an die alten Zeiten ehrt. Natürlich würde sie Fulric gerne helfen, aber alles was ihr einfällt ist, den Geist wieder in sein Grab zu sperren. Wenn Fulric nicht mit eingesperrt werden soll, würde das aber bedeuten den Geist vorab zu bannen, oder zu locken. Wenn die Charaktere die goldene Rose der Königin besitzen, so wäre das sicher ein Ansatz, praktisch ein Lockmittel. Auch ein edles Tier, wie einen Hirsch oder einen Bär käme in Frage. Das Hügelgrab Regalen und kleine Tiegel enthalten Zutaten, von denen die Charaktere wohl nicht mal wissen wollen wie sie gewonnen werden. Einige Augenblicke später hat Hethis einige Fackeln und ein kleines Feuer in einer Ecke der Höhle entzündet. Alles in allem wirkt der Raum recht wohnlich und warm. Hethis ist alt wie ein Baum. Sie lebt seit mehr als hundert Jahren in diesem Wald und sie kennt jeden Strauch, jeden Stein und alle Tiere und Menschen darin. Sie kann den Helden helfen. Ob sie es tut liegt daran, welchen Preis sie bereit sind zu zahlen. Hilfe Sylvias Sylvia, der Frau des Tischlers, hilft sie gerne. Sie hat die „kleine“ zu Welt gebracht und hoffte schon darauf sie eines Tages in ihre Geheimnisse einweihen zu können, doch dann ist sie von ihrem Vater mit diesem „stumpfsinnigen Wildschwein Leon“ verheiSeite 12 ratet worden. Sollten die Charaktere die Frau nach ihrer Begegnung in der Anderswelt zu Hethis bringen, so wird sie Sylvia einen übel riechenden Tee einflößen, ihre Haut mit einigen Sigilen bemalen und uralte Worte der Beruhigung murmeln. Anschließend bietet Sie den dankt sie den Charakteren und bietet Ihnen eine gute Gemüsesuppe an. Die Charaktere haben Zeit genug sich mit Hethis zu unterhalten, ihre Pläne mit ihr zu besprechen, Geschichten von den Geistern im Wald zu hören und sie um Hilfe zu bitten. Hethis erzählt ihnen die Geschichten der Spring Queen, wenn sie diese noch nicht kennen und stellt Vermutungen an über die Motive des Geistes. Selbst die Karten kann sie den Charakteren legen. Alles in allem sollten die Charaktere feststellen, dass Hethis ein weise und wohlwollende Frau ist. Finden die Charaktere tagsüber den Weg hierher, stehen sie plötzlich, umringt von einem Kreis uralter Bäume, vor einem Hügel. Aus seiner Mitte erhebt sich eine mächtige Eiche. Ihre Äste zeichnen sich drohend vor dem klaren Himmel ab. Die Sonne vertreibt die klamme Feuchtigkeit des Waldes und Dunst steigt von der feuchten Erde auf. Direkt vor den Helden liegen zwei Monolithen, mit Moos bewachsen und von Jahrhunderten zerfressen, wachen sie vor dem Eingang eines Grabes. Wenn die Helden den Ort näher untersuchen entdecken sie frische Spuren vor dem Eingang. Jemand hat sich kürzlich an dem Unterholz zu schaffen gemacht und das Grab geöffnet. Der Stein vor dem Eingang wurde ein Stück beiseite gerollt und Fußspuren führen ins Innere. Folgen die Charaktere den Spuren, so betreten Sie eine annähernd kreisrunde Gruft. Gestützt wird das Grab von einer mächtigen Eiche, deren Wurzeln auch teilweise die Wände der Gruft abstützen. Der ganze Raum erweckt den Eindruck als sei er gewachsen und nicht erbaut worden. Nur hie und da wird das Abenteuer ANDUIN 95 SOMMERNACHTSTRAUM organische Aussehen von einigen Wandmalereien unterbrochen. Zur Linken, gleich neben dem Eingang, liegen die traurigen Überreste zweier Grabräuber. Was sie getötet hat? Wer weiß das heute schon noch. Mit Fallen oder ähnlichem müssen die Charaktere hier jedenfalls nicht rechnen. Und Geister? Nun, die sind tagsüber nicht hier. Tagsüber… Ritter und Magier TEXT UND ILLUSTRATION: MATTHIAS BUYKEN Am hinteren ende des Raumes, zunächst verdeckt durch die Eiche, ist ein prächtiger Sarkophag aufgebaut. Rechts und links von ihm halten zwei große Statuen Wache über den Toten, sie stellen menschliche Gestallten dar, eine mit dem Kopf eines Bären, die andere mit dem Kopf eines Wolfes. Wenn die Charakter die Dörfler in der ersten Nacht begleitet haben, erkennen sie die Statuen sofort wieder (siehe „Der Mob am Waldrand“). Tatsächlich sieht das Grab vollständig erhalten aus. Öffnen die Charaktere den Sarg, finden Sie einige wertvolle Grabbeigaben aus der Zeit der Frühlingskönigin, für Sammler sicher ein Vermögen wert. Natürlich ziehen sie damit besonders den Zorn der Geister auf sich. Spätestens nach Einbruch der Nacht werden sie kommen und sich die Schätze holen. Kapitel 5 Kampf mit dem Geist Wann es zum Kampf mit dem Geist kommt, liegt an dem Lösungsweg den die Charaktere einschlagen. Am wahrscheinlichsten die Höhle der alten Hethis oder das Hügelgrab in der Nacht. Hethis Hilfe Während die Charaktere noch in ein Gespräch mit der alten Hexe vertieft sind und über die Zukunft des Dorfes sprechen (siehe Kapitel „Die alte Hethis“), verstummt sie mitten im Satz. „Er ist da!“ Auch die Charaktere haben die Chance die Präsenz eines Geistes zu spüren. Fulric ist in der nähe und mit ihm sein Gefolge. Er ist auf der Suche nach Sylvia. Nebel zieht plötzlich unter der Tür her und Geräusche eines großen Tiers sind vor der Höhle zu hören. Es ist zu hoffen, dass die Helden geistesgegenwärtig genug sind nicht gleich raus zu stürmen. Wenn doch, wird Hethia zumindest versuchen sie davon abzuhalten. Mit einer rotbraunen Flüssigkeit ist sie damit beschäftigt magische Symbole vor die Tür zu malen, als plötzlich etwas Schweres gegen diese schlägt. Abenteuer „Gebt Sie heraus! Herrin! Kommt zu mir!…“ Es entbrennt ein Kampf um die Höhle. Mit vergleichenden Kraftproben können sich die Charaktere gegen die Eindringlinge wehren. Ihr, werter Spielleiter, solltet diese Szene auskosten. Die Angriffe gegen die Tür werden immer wilder. Bald schon reicht eine klauenbewehrte Hand durch die Tür und greift nach einem Charakter. Nach einiger Zeit erscheint Sylvia im Raum. Von dem Spektakel offenkundig aus ihrem Schlaf gerissen. Ihre Augen voller Tränen und das Gesicht von Angst gezeichnet, doch ihre Liebe zu Fulric und ihre Sorge um sein Wohl ist stärker. In diesem Moment zersplittert die Tür. Außen, vor der Tür steht ein großer Mann, gekleidet in Felle, mit einem Helm aus einem Hirschschädel. Für einige Sekunden herrscht absolute Stille. Nun ist es an den Charakteren eine Lösung zu finden. Die Einfachste ist natürlich den Körper Fulrics zu erschlagen und den Geist mit Hethis Hilfe oder der Hilfe eines Priesters zu bannen. Geht, ist aber sicher nicht besonders romantisch. Haben die Charaktere Ialas Rose (siehe „Die Probe“), so haben sie eine realistische Chance den Geist zu besänftigen. Sie können dann mit entsprechendem Rollenspiel und passenden Proben eine friedliche Lösung erzielen. Dazu müssen Sie den Geist zunächst überzeugen, dass sich die Zeiten geändert haben. Sie sollten ein möglichst emotionales und buntes Bild der Entwicklung zeichnen. Wenn sie es dann noch schaffen, überzeugend von Ialas Vergebung zu berichten, so wird der Geist Fulric frei lassen. Kapitel 6 Zurück im Dorf Im Idealfall kehren die Charaktere nach einer langen Nacht mit Sylvia und Fulric zurück ins Dorf. Hier ist die Aufregung natürlich groß. Viele hatten befürchtet, die Charaktere hätten das Dorf im Stich gelassen, andere sorgten sich um ihr Leben. Jeder Erfolg wird von den Dorfbewohnern gefeiert und die Charaktere mit Lob und Anerkennung bedacht. Doch schon bald werden auch die ersten Fragen laut. Wie geht es nu weiter? Wovon wird das Dorf in Zukunft leben? Dem Spielleichter bieten sich hier viele Chancen für einen stimmungsvollen Ausklang mit viel Charakterspiel. Wird Ser Galwyn und Naeres sich mit Hethis einigen können? Wie sieht die Zukunft von Arraca aus? Werden die Dorfbewohner ihre Fehler wiederholen? Das Dorf braucht jedenfalls einen neuen Zimmermann und Tischler, Arraca würde die Charaktere gerne begleiten und Hethis sucht noch immer eine Nachfolgerin. Spielleiter die dieses Abenteuer gerne in ihre Kampagne einbauen möchten, bietet sich hier auch die Chance einen Cliffhanger einzubauen oder gleich mit dem neuen Abenteuer zu starten. In jedem Fall sollte er die Spieler mit ein paar Erfahrungspunkten belohnen und ihren Charakteren vielleicht ein paar Punkte in Geschichtswissen geben. Schließlich haben sie in den letzten Tagen die Geschichte lebendig erlebt. Seite 13 ANDUIN 95 DAS FANTASY DORF Das Fantasy Dorf WIE MAN BESIEDLUNGEN ATMOSPHÄRISCHER MACHT TEXT: CHRISTOPH MASER ILLUSTRATION: KAI GRAF Sie ritten in das Dorf, das aus ein paar Häusern bestand und da war auch noch so ein Gasthaus mit einem Schild davor. Das Dorf war aus Steinen gebaut und dann haben sie darin übernachtet. Davor gab es noch eine Suppe. Das war ganz nett, aber jetzt weiter… Ich bin ein großer Fan von Atmosphäre. Damit meine ich nicht nur Hintergrundmusik, Kerzenlicht und gehobenes Rollenspiel am Tisch, nein, viel wichtiger ist doch die Atmosphäre im Spiel, die Stimmigkeit, der Zusammenhalt und die Konsistenz des Erzählten. Gerade im Fantasygenre fehlt mir eine solche Stimmigkeit oft, denn die Umwelt meines Charakters wird leider all zu oft nur zur nebensächlichen Bühne, in der ich meine Abenteuer erleben kann. Da ist ein Dorf, da wohnen zwar Leute, aber die wohnen da eigentlich nur, um mir einen Auftrag zu geben! Sobald ich das Dorf verlassen habe, ist das Dorf auch nicht mehr da. Denn es ist unglaubwürdig, unbelebt und bloße Kulisse. Aber ein Dorf wartet eigentlich nicht darauf, dass endlich mal Helden vorbei kommen, damit es eine Existenzberechtigung hat. Ein Dorf ist Lebensraum und somit ein Ort, an dem gelebt wird. Menschen leben dort, gehen ihrem Tagwerk nach, verlieben sich, feiern, sterben, pflegen ihre alltägliche Praxis, schlachten Schweine, tanzen und freuen sich, wenn mal ein Fremder ins Dorf kommt, um neues zu berichten oder freuen sich noch viel mehr, wenn ein Fremder ins Dorf kommt, um ihnen zu helfen. Aber wenn der Fremde wieder gegangen ist, geht das eigentlich Leben weiter mit Pflügen, säen, lachen und leider auch sterben. Im Folgenden finden sich ein paar Anregungen und Parameter, wie man ein Dorf auch improvisiert glaubwürdig machen kann. Oftmals überschneiden sich die Fragen und beeinflussen sich dabei. Und natürlich muss nicht jedes Dorf ausgearbeitet sein – oftmals sind die durchreisenden Charaktere geschwächt, verletzt, in Eile oder so genervt von ihrer Umwelt, dass die 10 Stunden Aufenthalt in der Siedlung tatsächlich mit den Fragen „Was kostet ein Zimmer?“ „Wie gut ist das Bier?“ „Kann man das `Tagesgericht´ essen?“ abgehandelt werden können. Aber Seite 14 selbst hier helfen zwei oder drei eingeworfene Details, um den Übernachtungsort in ein anderes Licht zu rücken. Die Substanz eines Dorfes Der erste Teil des Artikels beschäftigt sich mit der „Hardware“ eines Dorfes und damit mit der Frage, wie und wo es gebaut ist und wie es aussieht. Landschaftliche Merkmale und Versorgung Eine Siedlung entsteht über die Zeit und dabei spielen landschaftliche Merkmale eine wichtige Rolle. Wie ist die Infrastruktur? Gibt es eine große Straße, die oft bereist wird, einen Fluss oder ein Gewässer mit Hafen? Wenn ja wird sich dieser Besucherstrom auf die Anzahl von Gasthöfen, Handwerkern und Dienstleistern und dergleichen niederschlagen. Auch wird dies die Frage nach der Größe der Ansiedlung beeinflussen. Hierfür sind auch andere Faktoren wichtig. Einige sind: Gibt es andere große Städte in der Umgebung? Ist die Siedlungsfläche gut? Ist der Boden stabiler Baugrund oder eher morastig? Steht die Stadt an einem Hang und muss Baugrund erst mühsam aus dem Berg heraus gehauen werden? Und gibt es aus- reichende Mengen an Wasser und Nahrung in der Stadt zu erschwinglichen Preisen? Hierfür müssen entweder genug landwirtschaftliche Nutzflächen oder entsprechende Rohstoffe wie Holz, besonderer Stein zum Bauen, Edelmetalle etc. vorhanden sein, die gegen Nahrung eingetauscht werden können. Auch die Frage nach ausreichend Wasser sollte gestellt werden. Als Faustregel können 10 Liter pro Person und Tag gelten, wenn halbwegs sparsam damit umgegangen wird und keine Wasser verschwendenden Gewerbe vorhanden sind. Etwa 1,5 Liter werden getrunken, 1,5 verkocht und der Rest wird für Vieh, Gewerbe und das alltägliche Leben benötigt. Haufendorf Lesen & Spielen ANDUIN 95 DAS FANTASY DORF Siedlungsformen Straßendorf Kultur, Landschaft und Nutzen eines Dorfes bestimmen seine Siedlungsform. Benötigt das Dorf Schutz vor Tieren oder unliebsamen Gesellen, so wird man seine Häuser und Scheunen eher zusammen gedrängt bauen und, sofern es Wohlstand und der ansässige Herrscher erlauben, mit einer Mauer oder einem irgendwie gearteten Schutz versehen. Fühlt man sich sicher und betreibt man Landwirtschaft, so werden die einzelnen Gehöfte weit entfernt von einander stehen, umgeben von den eigenen Feldern. Ein Versammlungshaus, vielleicht ein Gasthaus und eine Werkstatt bilden etwas, was man grob als Ortskern bezeichnen kann. Der Weiler Weiler ist der Überbegriff für eine Ansammlung von Häuser, die in der Regel keine geschlossene Bebauung aufweist und über keine Gebäude wie Kirche oder Gasthaus verfügt, die eine zentrale Funktion haben. Weiler sind alles, was größer ist als ein Gehöft, also ein Wohnhaus für eine Bauernfamilie mit Gesinde und die dazugehörigen Wirtschaftsgebäude. Das Haufendorf Unter einem Haufendorf versteht man eine nach und nach gewachsene Ansammlung von Häusern unterschiedlicher Größe und Funktion ohne erkennbare Symmetrie – jeder hat gebaut, wo es ihm in Sinn kam. Haufendörfer haben meist einen unregelmäßigen Grundriss um einen zentralen Teich, ein Gebäude oder einen Dorfplatz. Wer es ganz genau nehmen will, kann ein Haufendorf noch aufgliedern. Der Dorfkern ist eben der Kern des Dorfes. Mit Ackerflur werden die Häuser bezeichnet, die deutlich nicht mehr Teil des Dorfkerns sind und das Land direkt neben dem Dorf. Unter Almende versteht man das dem Dorf eigene Land oder Besitztümer um das Dorf herum. Das Straßendorf Das Straßendorf hat seinen Namen von seiner klaren Form. Nahezu alle Häuser stehen an der Hauptstraße entlang aufgereiht oder an einer der wenigen Nebenstraßen. Wildweststädte sind klassische Straßendörfer, aber auch Siedlungen, die entlang einer Hauptstraße schnell aus dem Boden schießen. Es ist billiger und zentraler, gleich an der Hauptstraße zu bauen, auf der Menschen und damit Kunden vorbei kommen, als erst mühsam eine halbwegs feste Straße zu bauLesen & Spielen en, um dort dann in zweiter Reihe sein Haus hinzustellen. Eine mit dem Straßendorf verwandte Form ist das so genannte Marschhufendorf. Hier reihen sich die Häuser nicht an einer Straße sondern an einem Kanal auf, auf dem Schiffe verkehren. Die Platzsiedlung Ähnlich wie Straßensiedlungen haben auch Platzsiedlungen ihren Namen von ihrem Siedlungsaufbau. Zentrum des Dorfes ist ein größerer Platz, an dem die wichtigen Gebäude wie Kirche, Tempel, Gasthof und Versammlungshaus stehen. Vom Dorfplatz gehen einige Straße ab, an denen weitere Häuser stehen. Eine Sonderform des Platzdorfes ist das so genannte Angerdorf. Hierbei gruppieren sich die Häuser meist um einen Teich – im eigentlichen Wortsinn ist Anger eine mit Gras bewachsene Wiese - der dem gesamten Dorf gehört und oftmals als Löschteich oder als Gewässer für Mühlen, Hammerwerke oder andere Betriebe genutzt wird. Das Runddorf Eine weitere Sonderform der Platzsiedlung bildet das Runddorf, auch Rundling genannt. Der rundliche Dorfplatz in der Mitte ist nur über einen Weg an das Verkehrsnetz ange- schlossen. Um den Platz sind wenige Gebäude angeordnet. Oft stehen in der Mitte dieser Dorfform Fluchttürme, die den Anwohnern Schutz bieten sollen. Wenn möglich wurden solche Siedlungen auf einer Anhöhe errichtet und man sorgte für ausreichend Sicht durch Rodung oder Aussichtstürme. Streusiedlung Eine Streusiedlung ist eine nicht geschlossene Siedlung meist ohne erkennbaren Ortskern, die aus weit auseinander liegenden Bauernhöfen und Weilern bestehen. Oftmals wird ein Gasthof an Straße zum „Zentrum“ einer solchen Siedlung, in dem die Bewohner der weit entfernten Häuser bei Gelegenheit zusammen kommen und sich austauschen. Architektur, Baustil, Aussehen Wie sind die Häuser gebaut? Aus welchem Material bestehen sie? Sind sie groß oder klein? Wie viele Räume hat ein normales Haus? In welchem Landstrich sind die Häuser gebaut? Die Umgebung prägt das Aussehen eines Dorfes. Große fruchtbare Ebenen bringen die fantasytypischen Bauerndörfer hervor. Bergdörfer haben einen anderen Charakter. Dörfer an Seen oder Meeren werden von diesen Elementen geprägt sein. Ist es sehr warm, wird ein Haus sehr luftig sein. An Küstenregionen und anderen sehr windigen Gefilden sind die Häuser halb in die Erde gebaut, Seite 15 ANDUIN 95 DAS FANTASY DORF Platzsiedlung so dass nur noch die sehr flachen Dächer am Horizont zu sehen sind. Man muss in ein solches Haus förmlich herabsteigen. Oder handelt es sich um klassische Häuser und Hütten? In feuchten und regnerischen Gebieten wird man, wenn möglich, Häuser auf Stelzen bauen, um der Feuchtigkeit des Bodens zu entkommen und um die Tiere draußen zu halten. Wie groß ist die Besiedlung? Dorf ist nicht gleich Dorf. Es gilt ein paar Fragen zu stellen. Wie groß ist die Besiedlung? Lebt nur eine Großfamilie in einer Hand voll Häusern, sind mehrere Familien ansässig oder findet man mehrere hundert Anwohner vor? Aus was sind die Häuser gebaut? Fachwerk ist eine relativ haltbare Methode zu bauen, jedoch nicht ganz billig und sie erfordert etwas Know-How. Ist ein Wald in der Nähe, dessen Holz man leicht bearbeiten kann, wird wohl dieser Werkstoff bevorzugt eingesetzt. Allerdings ist das Holz meist Eigentum des adligen Landbesitzers und Waldarbeit gehört zu den gefährlichsten und härtesten Arbeitsbereichen, die man sich vorstellen kann. Um eine 30 Meter hohe Eiche in Bretter zu verwandeln, arbeiteten zwei Männer über eine Woche lang. Steinhäuser aus beschlagenen Steinquadern sind sehr teuer und man benötigt einen Steinbruch in der Nähe. Seite 16 Anders sieht das z.B. mit Schieferhütten in bergigem Gelände aus. Schieferplatten werden übereinander gestapelt und mit Lehm verschmiert, um den Wind abzuhalten. Oder besteht das Haus gar nur aus Torfplatten, die aufeinander gestapelt wurden oder auf ein Holzgerüst gelegt worden sind? Raumaufteilung? Wie viele Räume hat das Standardhaus? Einer oder mehrere? Und reicht für große Häuser das Geld und die nötigen handwerklichen Kenntnisse? Was muss alles im Haus untergebracht werden? Gibt es eine eigene Scheune oder müssen Werkzeug, Vieh, Vorräte und alle Personen unter einem Dach schlafen? Das ist zwar laut, aber die Tiere wärmen gerade in kalten Winternächten das Haus. Werkstätten und Einrichtungen? Was für Werkstätten kann man finden? Ernähren sich die Bewohner nur aus ihren Höfen oder vom Fischfang oder befinden sich noch andere Berufe im Dorf? Ein Handwerksmeister wird sich in einem kleineren Dorf nicht halten können, jedoch erlernten Bauern neben ihrer Arbeit auf dem Hof noch andere Handwerke, denen sie im Winter nachgehen konnten. Dem Werkzeugmachertum oder der Kräuterkunde konnte man bedingt im eigenen Haus nachgehen, so dass man keine gesonderte Werkstatt im Dorf errichten musste. Anders sah dies mit Handwerken aus, die für das Dorf gefährlich waren. Eine Schmiede gilt als feuergefährlich und wird somit möglichst in einem eigenen Bereich untergebracht werden, der aber meist an das Wohnhaus des Schmiedes angebaut war. Dass man in einem Dorf keinerlei Kunstschmiedefertigkeit erwarten kann, dürfte auch klar sein. Jedoch kann solch ein Schmied Nägel und einfache Geräte für die Feldarbeit herstellen, einen Pflug oder vielleicht sogar eine Achse reparieren und Pferde beschlagen. Besitzt das Dorf einen gemeinsamen großen Backofen, in dem einmal pro Woche eingeheizt und dann gemeinsam Brot gebacken wird, oder macht das jeder Hof in einem eigenen Ofen? Selbige Frage gilt auch für den Räucherofen, in dem Fisch und Fleisch haltbar gemacht wird. Gibt es eine Mühle, bzw. einen Bach für die Mühle, oder steht ein großer Mahlstein in der Mitte des Dorfes, an den jeder seinen eigenen Ochsen anjochen kann, um dort zu mahlen? Gasthäuser sind ebenfalls eine klassische Frage. Nicht alle Dörfer liegen an einer großen Straße und beherbergen Tag für Tag Gäste. Gasthöfe sind also nicht die Regel. Jeder Bauer wird ohne weiteres einem zahlenden Gast ein Bett oder einen Platz im Stroh anbieten. Das Gästehaus Wenn es einen guten wirtschaftlichen Grund – viele Durchreisende, trinkfreudige, zahlreiche Bevölkerung mit etwas Wohlstand – gibt, ein Gasthaus zu eröffnen, dann wird dies in einer Fantasywelt wohl auch jemand tun. Oftmals ist das ein Mann oder eine Frau, die über etwas Startkapital verfügt und oder für die Landwirtschaft oder einen anderen Beruf nicht geeignet ist. Der Wirt hat einen Gast- oder Schankraum und eventuell Schlafzimmer oder einen großen Schlafsaal. Manchmal kehrt am Abend das Dorf bei ihm ein. Da dies aber meist nur einmal pro Woche geschieht, kann es sein, dass der Gastraum geschlossen bleibt, wenn keine Gäste von Außerhalb kommen. Ein Wirt, der es sich leisten kann, braut sein eigenes Bier und verkauft es an die Bewohner weiter, versorgt einige Schweine und dient in Notsituationen als Metzger, wobei jeder Hofbewohner in der Lage ist, ein Tier zu schlachten. Minenarbeiter werden hierzu aber in der Regel schon etwas Hilfe brauchen, wenn sie das Fleisch des zu schlachtenden Tieres nicht ungenießbar machen wollen. Der Tempel Wenn das Dorf groß und reich genug ist und dies auch zeigen will, baut es meist einen Tempel oder eine Kapelle. Dies sind dann oft die einzigen Gebäude aus Stein und stehen im Zentrum des Dorfes. Nachdem jeder Dorfbewohner daran mitgearbeitet hat, ist man entsprechend stolz auf seinen Tempel und wird dies im ewigen Konkurrenzkampf mit Lesen & Spielen ANDUIN 95 DAS FANTASY DORF dem Dorf nebenan auch so oft wie möglich erwähnen. Das Gemeinschaftshaus In kleinen oder armen Siedlungen erfüllt das Gemeinschaftshaus die Rolle des Gasthauses und des Tempels. Es besteht aus einem Raum, in dem bei Bedarf Tische und Bänke – Bretter auf Böcken – bereits gestellt werden. Einmal pro Woche öffnet einer der Bewohner ein Fass importierten Biers, das er an die Dorfbewohner verkauft. An einem solchen Ort wird nicht wild gezecht wie im Gasthaus in der Stadt, da man am kommenden Morgen ja wieder sehr früh auf dem Feld und bei den Tieren zu sein hat – und meist die Menge an Bier nicht ausreicht. Man tauscht sich über die vergangene Woche aus, spekuliert über die kommenden Ernte und den Winter, redet über Bekannte und tratscht ausführlich über Nachbarn. Dann gibt es etwas Musik von zwei Flöten und den Takt stampft man auf den Holzboden, während die jüngeren, unverheirateten Bewohner tanzen. Sind Gäste im Dorf, werden diese entweder in Privathäusern untergebracht oder können ihr Lager im Gemeinschaftshaus aufschlagen, das an den Göttertagen im Winter auch als Raum für die Gottesdienste dient. Manchmal ist auch der größte im Dorf vorhandene Wohnraum gleichzeitig das Gemeinschaftshaus, wenn das Dorf sich ein solches nicht leisten kann. Die Bewohner eines Dorfes Der zweite Teil des Artikels widmet sich nun der Frage, wer in einem Dorf lebt und wie es sich dort leben lässt. Je nach Größe, Lage und Funktion einer Siedlung haben die Bewohner jeweils besondere Berufe oder darüber hinaus Rollen zu erfüllen. Neben dem eigentlichen Broterwerb engagiert sich der eine oder andere noch in einem „Ehrenamt“ oder erfüllt einen zweiten Beruf. Arbeiter und Bauern Mehr als 80% aller Bewohner eines Dorfes werden sich dem Haupterwerb des Dorfes widmen, d.h. Landwirtschaft oder Arbeiten in einem Steinbruch, beim Holzfällen oder in einer Mine. Sie sind meist ungebildete, arme Leute, die ihr Dorf niemals groß verlassen haben und Fremden mit Misstrauen oder Neugierde begegnen, um zu erfahren, was in der großen weiten Welt um sie herum los ist. Dass diese große weite Welt nicht schon Lesen & Spielen Runddorf nach der nächsten großen Stadt endet, versetzt sie jedes Mal in skeptisches Staunen. Solche Familien haben meist viele Kinder – jedes Jahr der Ehe eines – die als Arbeitskraft auf dem Hof oder beim Geschäft helfen. Während bei Wald- oder Minenarbeit jede Arbeitskraft geschätzt wird, kommt es in bäuerlicher Umgebung zu dem Problem, dass nur der älteste Sohn den Hof erben wird. Das lässt seine jüngeren Brüder entweder die Wahl, bei ihm als Knechte zu arbeiten oder als ungelernte Arbeiter in die Ferne zu ziehen, um im Militär, in der Stadt oder auf anderen Bauernhöfen ihr Glück zu finden. Gibt es in der Siedlung einen Hafen oder dergleichen, wird sich auch eine Reihe von Stauern finden lassen, also ungelernte Be- und Entlader von Schiffen, die ihre pure Körperkraft verkaufen und gegen einen Obolus auch Felsen von Feldern und Baumstämme von Straße räumen. Handwerker Jedes Dorf verfügt dazu noch über eine Reihe von Handwerkern wie Fassmacher, Schleifer, Dachdecker, Schreiner und dergleichen. Oft kann ein Handwerker an einem Ort nicht alleine von seinem Beruf leben, so dass die meisten Handwerker nebenher auch noch Landwirtschaft betreiben. Liegt die Siedlung an einer befahrenen Straße sieht die Sache schon besser aus. Hier können Wagenmacher und Schmiede durch das Beschlagen von Pferden und dem Ausbessern von Metallteilen an Wagen und Ausrüstung ebenso von ihrer Kunst leben. Letzterer wird in diesem Fall ein Grobschmied sein und einfache Handwerksklingen wie Sensenblätter, Messer, Hufeisen und bei ausreichendem Metallvorkommen auch Nägel für Baustellen herstellen. Mögliche Handwerksberufe wären abhängig von der Größe und der Struktur z.B: Grobschmied: Kann einfache Schmiedearbeiten erledigen. Kürschner: Verarbeitet Tierhäute zu Leder und Pelzen. Wagner: Baut und repariert Wagen und ähnliche Holzkonstruktionen wie Wasserräder. Böttcher: Stellt wasserdichte Gefäße wie Fässer und Eimer her oder verschalt wasserdichte Rohrsysteme für Mühlen, Handwerksbetriebe, Minen, etc. Zimmermann: Erbaut Häuser. Schreiner: Macht Möbel und Kleinholzarbeiten; schnitzt oftmals auch. Müller: Mahlt das Korn der Bauern. Frauen und Kinder Frauen arbeiten mindestens so hart wie ihre Männer im Haus und auf dem Hof. Sie kochen, waschen, putzen, unterstützen die Männer auf dem Feld oder gehen ihnen Seite 17 ANDUIN 95 DAS FANTASY DORF wenn möglich in der Werkstatt zur Hand. Je nachdem, wie aufgeschlossen die Dorfgemeinschaft ist, genießen Frauen das Recht, wie ihre Männer abends im Gemeinschaftshaus zusammen zu sitzen. Dazu kommt die „Erziehung“ der Kinder, die in der Hand der ganzen Sippe liegt. Säuglinge werden meist von den nicht mehr arbeitsfähigen Großeltern betreut. Bis zum dritten Lebensjahr lässt man den Kinder freien Lauf, dann werden sie so weit wie möglich in die Arbeit des Hofes einbezogen. Spätestens mit sechs Jahren arbeiten sie voll mit, versorgen die Hühner und das restlichen Kleinvieh, sammeln Kleinholz und packen an, wo es ihnen erlaubt wird. Die „Dorf-Elite“ In jedem Dorf gibt es einige Männer und Frauen, die etwas einflussreicher sind als die anderen und denen aus nachvollziehbaren oder auch nicht nachvollziehbaren Gründen besonderer Respekt entgegen gebracht wird. An er Spitze steht der Dorfschulze, Dorfälteste oder Bürgermeister, der Streusiedlung Seite 18 für das Dorf nach außen hin spricht und für Recht und Ordnung sorgt und sich um die Dorfsteuerabgaben kümmert. Diese Männer oder Frauen sind meist geachtete Menschen mit großem Einfluss, der auf ihre Familien abfärbt. Wenn sich das Amt des Dorfschulzen vererbt, kann auf einen beeindruckenden Bürgermeister ein unfähiger oder ein tyrannischer folgen. Ebenso sorgt größerer Wohlstand zu Neid und/oder Ansehen. Hierbei ist der Einäugige König der Blinden, d.h. wer zwei Rinder besitzt ist reicher als der mit nur einem. Gibt es eine Geldquelle, die das Dorf von Außerhalb versorgt wie eine Handelsstraße, Minen, Steinbrüche, etc. werden einige Personen im Dorf stark davon profitieren, was über kurz oder lang dazu führen wird, dass sie über gehörigen Einfluss verfügen. Je nach Setting kann auch Bildung oder besondere Leistung ein Grund sein, angesehen zu sein. Priester oder Gelehrte – „Er hat sein ganzes Leben lang studiert und dabei ein ganzes Buch gelesen!“ – können ebenso wie Kriegsveteranen oder der Gewinner des großen Dorflaufes Anno 436 davon ausgehen, eine Sonderstellung in der Dorfgemeinschaft zu genießen. Leben im Dorf Was man so tut den ganzen Tag lang Zuerst mal muss jeder Dorfbewohner was essen, sofern er nicht einfach nur als Bühnenbild für die Abenteuer der Helden benutzt wird. Daher wird er sich mindestens 8, eher aber 10 bis 12 Stunden am Tag seinem Broterwerb widmen. Ein Bauer wird also auf dem Feld oder bei den Tieren sein, Futter sammeln für den Winter oder Gemüse ernten und tausend andere Sachen. Auch wenn es dunkel geworden ist, wird es noch nicht ruhig. Werkzeuge müssen repariert werden, Seile und Stoffe hergestellt werden und all die kleinen Arbeiten, die man im Schein der Dämmerung oder der kleinen Lampe machen kann. Meist geht man sehr früh ins Bett, weil der Tag anstrengend war, Licht zu teuer ist und das Vieh am frühen Morgen versorgt werden will. Auch für einen Handwerker, der nebenher nur ein paar Beete bewirtschaftet und sonst von seinem Handwerksberuf leben kann, ist es mit 8 Stunden am Tag nicht getan. Auch er ist auf das Tageslicht angewiesen und muss vorbereiten und nachbereiten. Material muss gesucht, gesichtet und richtig gelagert werden, Werkzeug gepflegt und gebaut werden. Ein Schmied muss lange bevor das erste Eisen ins Feuer gelegt werden kann, das Feuer richtige entzünden, das den Ofen aufwärmt und dann lange Zeit die richtige Temperatur halten muss. Dazu muss Brennstoff geholt und gebunkert werden. Jeder Handwerker, der mit Holz arbeitet, muss sich um die richtigen Rohstoffe kümmern, diese ablagern und manchmal stundenlang in seinen Vorräten nach dem richtigen Fell oder dem richtigen Stück Holz suchen. Wenn es zu dunkel in den Werkstätten wird um noch arbeiten zu können, kann man immer noch schnell nach den eigenen Beeten oder Schweinen sehen, die man hinter dem Haus hält und man bereitet sich auf den kommenden Tag vor. Dazu kommen die Sorgen um Gesundheit, Steuern, genug zu Essen und den wenigen Luxus, den man sich leisten kann. Was wir als Freizeit bezeichnen, wird es kaum geben, wenn das Dorf nicht übermäßig reich ist. Und doch gibt es Gelegenheit für Muse und Geselligkeit. Die Stunden vor dem Schlafen gehören der Familie und werden meist mit kleinen Arbeiten wie Nähen und Stopfen von Kleidung, Instandhaltung Lesen & Spielen ANDUIN 95 DAS FANTASY DORF E R L ÄU T E R U N G Besiedlungen sind Lebensraum und als Lebensraum bezeichnet man den Raum, in dem sich Leben abspielt. Leben nennt man die Gesamtheit aller Dinge, die sich in einer Existenz ereignen. Gesamtheit schließt alles mit ein. von Werkzeug oder dem Einlagern von Essen verbracht. Da hier die ganze Familie an einem Ort ist, ist nun Zeit für das Erzählen von Geschichten und das gemeinsame Singen von Liedern. Sind die Charaktere Gast an so einem Abend, wird man sie bestürmen, wahre oder erfundene Geschichten zu erzählen oder neue Spottgedichte und Lieder zu singen, die die Familie lernen kann. Handwerklicher Zeitvertreib wie Nähen, Sticken, Schnitzen oder ähnliches ist ebenfalls sehr beliebt, hat man doch am Ende ein Kleid, einen Holzlöffel oder etwas anderes, was man täglich gebrauchen kann. Und auch tagsüber vertreibt man sich die Arbeitszeit mit Singen, Erzählen oder mehr oder weniger komplizierten Spielen, die man während der Arbeit spielen kann. Meist sind das Frage und Antwortspielchen, besondere Reime oder Verse, die abwechselnd übers Feld gebrüllt oder gesungen werden müssen. Oftmals ist es aber zu heiß und die Arbeit zu hart, so dass schweigend gearbeitet wird. In der Mittagspause, die je nach Hitze während der Mittagszeit auch mehrere Stunden dauern kann, isst man gemeinsam, schläft etwas und vertreibt sich die Zeit wie es gefällt. Wo im Dorf der Bär steppt Da fast jeder im Dorf der Arbeit nachgehen muss, wird es tagsüber nur wenige Zentren geben, an denen man sich treffen kann. Ist es in der Stadt der Brunnen, an dem man sich trifft, so ist dieser auf dem Land mit ausreichend Wasserquellen überflüssig. Sonst findet auch hier das Leben statt, denn Wasser brauchen alle. Manchmal treffen sich die Frauen und jungen Mädchen am Fluss oder im Waschhaus, um gemeinsam zu waschen und zu plappern. Gibt es eine Gemeinschaftsmühle oder ein gemeinsames Backhaus, so finden sich mehrere Familien zusammen, um gemeinsam ihr Mehl zu mahlen, dies zu teilen und ebenso gemeinsam den Backofen anzuheizen und ihr Brot zu backen. So ist es sehr wahrscheinlich, den Dorfschulzen oder den Schmied am Backofen oder Mahlstein zu treffen. Der Backofen wird wegen der Feuergefahr, der Mahlstein eher wegen des großen Platzbedarfs – man muss das gemahlene Lesen & Spielen Schrot ja noch worfeln, d.h. im Wind hochwerfen und diesen die Spreu fortwehen lassen – nicht auf dem Dorfplatz stehen. Dieser beherbergt wahrscheinlich einen überdachten Brunnen – wenn dieser gebraucht wird – und die wichtigen Gebäude wie Gasthaus, Tempel und dergleichen. Gasthäuser sind auch nur dann belebt, wenn die Menschen genug Geld haben, dort zu trinken oder viele Gäste durch das Dorf kommen. Auch wenn die Dorfgemeinschaft ein neues Haus baut – ein Haus für ein Brautpaar, eine neue Scheune, etc. – kommen alle zusammen. Und religiöse Feste und Gottesdienste sind Ereignisse, zu denen man andere Gesichter zu sehen bekommt als auf dem eigenen Hof oder im eigenen Haus. Gerade lange Gottesdienste sind deswegen so beliebt, weil man einige Stunden lang sitzen konnte, ohne etwas tun zu müssen. Und oftmals herrscht andauerndes Getuschel unter den Gläubigen, die an den Segnungen der Götter weitaus weniger Interesse haben als am Klatsch der Nachbarschaft. Feste und Feiern Wer es sich leisten kann, der unterbricht seinen Alltag durch Festtage. Oft feiert die ganze Dorfgemeinschaft zusammen, während Feste, die eine einzelne Person ehren – wie Geburtstage – nicht groß gewürdigt werden. Gefeiert wird, wenn es wenig zu tun gibt und man Hoffnung hat. Das ist vor allem im Frühjahr und im Herbst der Fall. Im Frühjahr hat man den kalten Winter überstanden. Endlich kann man auf besseres Essen und Wetter hoffen und die drückende Enge des Hauses verlassen. Der Sommer bringt die Hoffnung auf bessere Zeiten und man feiert ihn. Im Herbst hat man die Ernte eingebracht und hofft, damit durch den Winter zu kommen. Die Felder sind abgeerntet, man muss sich auf den Winter vorbereiten. Da hilft ein gemeinsames Fest, die Dunkelheit der kommenden Tage zu vergessen. Geburten und Hochzeiten, sowie der Tod eines Bewohners sind die Feste der Dorfgemeinschaft. Religiöse Tage oder geschichtliche Daten – der Geburtstag des Königs oder der Todestags eines Nationalheldens – sind ebenfalls Grund zum Feiern. Das muss nicht immer in Form eines rauschenden Gelages mit Bier und Essen geschehen. Besondere Tänze oder Kleider, Theaterstücke, Umzüge oder ein besonderes Essen sind auch Formen des Festes. Und in sehr abgelegenen Gegenden ist es auch Grund zum Feiern, wenn Besuch kommt. Dies kann ein Verwandter, ein fahrender Sänger oder auch eine Abenteurergruppe sein, die Unterhaltung und Abwechslung vom Alltag bringen. Die Nachbarn werden eingeladen, jeder bringt etwas mit und die Cha- raktere genießen die volle Aufmerksamkeit von mehr als drei Dutzend Dorfbewohnern, die mit gerunzelter Stirn oder glänzenden Augen den Geschichten lauschen, die sie zu hören bekommen. Kindheit und Jugend – Männer und Frauen Alle im Dorf nehmen nach ihren Möglichkeiten am Leben und Überleben teil. Kinder werden im Säuglingsalter von den Großeltern oder älteren Geschwistern betreut oder sind in der Nähe der Mutter zu finden. Hier ist es nicht selten, dass ein Kind, das gerade laufen lernt, einfach mit einem Strick um den Fuß an einen Baum gebunden und sich selber überlassen wird. Sobald Kinder alt genug sind, müssen sie mithelfen. Auf dem Dorf gibt es immer Möglichkeiten für ein Kind zu arbeiten: Gänse hüten oder das Aufsammeln von Getreideähren (Ährenlesen), das Sammeln von Brennholz oder Beeren und Pilzen. Auch kleinere Arbeiten auf dem Feld oder auf dem Hof fallen unter die Verantwortung der Kinder. Und natürlich müssen die Älteren auf ihre jüngeren Geschwister acht geben. Auch gilt es recht schnell, das Gewerbe von Vater oder Onkel zu lernen und zu wissen, wie man einen Hof führt, ein Fass macht oder Holz bearbeitet. Bereits mit zwölf Jahren unterscheidet sich der Alltag des Kindes nicht mehr groß von dem seiner Eltern. Jungen werden im Alter von 15 bis 18, Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren verheiratet. Handwerker heiraten etwas später, da sie erst noch ein paar Jahre auf die Wanderschaft (Walz) geschickt werden, um in der Ferne weiter zu lernen. Diese Walz ist für einige bekannte Helden der erste Schritt aus dem Dorf gewesen. Und so hat oft ein 16-Jähriger Böttcher das Dorf verlassen, um zehn Jahre später als erfahrener Held zurück zu kehren und von Abenteuern in fernen Ländern zu berichten. Den Hobel hat er gegen das Schwert getauscht und die Alten schütteln missbilligend den Kopf, da er den jungen Burschen Flausen in den Kopf setzt. Hochzeiten werden meist von den Eltern arrangiert. Meist wissen alle seit Jahren, wen sie heiraten werden, da man zusammen aufwächst und man absehen kann, wann welcher Junge und welches Mädchen im richtigen Alter sind. Manchmal werden die jungen Männer auch ausgeschickt, um in anderen Dörfern auf Brautschau zu gehen. Dort werden Tanzveranstaltungen abgehalten, zu dem junge Männer und Frauen aus den anliegenden Dörfern kommen, um sich kennen zu lernen. Alles weitere organisieren dann die Eltern der Brautleute. Man lebt zusammen Seite 19 ANDUIN 95 mit den Eltern des Bräutigams auf deren Hof. Und schon bald nach der Hochzeit werden die ersten Kinder gezeugt. Während Männer sich um den Broterwerb kümmern, in der Werkstatt und auf den Feldern arbeiten, ernten und Holz schlagen, Häuser bauen und die Belange der Familie nach außen hin tragen, kümmern sich die Frauen um die Familie, das Essen, Haus und Hof, Vieh und Gemüsebeete, Kleidung und Gesundheit und gehen ihren Männern dort zur Hand, wo sie können und noch geringe Zeitreserven haben. Je nach Kultur und Bildungsgrad, Wirtschaft und Lage gibt es eine klare Rollentrennung. So werden alle, die die Rollenbilder durchbrechen wollen, in der Dorfgemeinschaft auf Vorbehalte und Ablehnung stoßen. Auch Personen, die von Außen kommen, wird man mit Vorsicht begegnen. So ist der reisende Krieger ein willkommener Gast, ist es jedoch eine Frau, die ihr Schwert um die Hüfte gegürtet hat, so kann dies, trotz aller Gleichberechtigung, zu Fragen führen. Anders wird nur, wer nicht normal sein kann – Kriegerin wird nur, wer keinen Mann findet. Wer alt ist, hat einst die Jungen ernährt und fordert nun das Recht ein, ernährt zu werden. Doch nur selten kann man sich er- DAS FANTASY DORF lauben, untätig am Feuer zu sitzen. Man steht der jüngeren Generation mit Rat und Tat zur Seite. Arbeit in der Küche oder im Stall, im Haus und mit den Kindern wird oft dem Großmüttern oder Großtanten überlassen, solange die Mutter der Familie noch kräftig genug ist, um anderswo anzupacken. Alte Männer arbeiten so lange es geht wie alle anderen Männer. Wenn dies nicht mehr geht, so werden leichtere Arbeitsfelder für sie gefunden und sie stehen mit ihrer Erfahrung und ihrem Rat zur Seite. Man wird geboren, arbeitet und stirbt. Dazwischen gibt es Zeiten für Schlaf, Nahrung und Gebet. Sie ritten in das Dorf am Fluss. Ein paar Häuser, gebaut aus dem grauen Stein, der überall zu sehen war, und Holz, waren scheinbar wahllos zwischen ein paar Wege geworfen. Die Reisenden hatten sich nicht die Mühe gemacht, den Namen der Siedlung zu erfahren. Es regnete und sie wollten nur einen trockenen Schlafplatz, egal wie diesen Name war. An einigen Türen hingen verwelkende Girlanden aus grünen Zweigen, Reste irgendeines Festes. Eine der Türen ging auf und ein Mann mit den Schultern eines Bärs und dem Gesicht so hässlich wie keine Hure in keinem Hafenbordell musterte die Reisenden schweigsam. Dann winkte er sie zu sich hinein und wies ihnen mit knappen Worten einen Schlafplatz im oberen Geschoss zu. Die Pferde verbrachten die Nacht in einem Schuppen. Den Namen ihres Gastgebers erfuhren sie nicht, nur dass der Ort Laubdorf hieß. Er war Schmied und vermietete Schlafgelegenheiten. Später brachte eine alte Frau einen Eintopf, für den sie ihr ein paar Münzen gaben. Das Essen war gut. Neugierige Kinder steckten ihre Köpfe zum Fenster und zur Tür hinein und betrachteten sie, verschwanden aber sofort kichernd, wenn man ihnen Aufmerksamkeit schenkte. Später, als der Regen aufgehört hatte, spielte einer der Reisenden Harfe und sang auf dem Dorfplatz. Das tat er, weil er sich gerne im Mittelpunkt stehen sah, aber die meisten Dorfbewohner setzen sich einen Moment lang vor ihre Haustüren und lauschten. Sie schliefen und wurden durch einen Hahn geweckt, der irgendwo krähte und das Dorf in den Tag hinein riss. Die alte Frau, die bereits den Eintopf gebracht hatte, servierte aufgebackenes Brot und ein paar Eier, sowie Nüsse und süße, kleine Äpfel. Dann brachen sie wieder auf. Hinter der nächsten Biegung hatten sie Laubdorf bereits wieder vergessen und fragten sich, wo sie die kommende Nacht verbringen würden. Abenteuerwettbewerb 2008 Schon früher haben wir immer mal wieder einen Abenteuerwettbewerb ausgeschrieben und die besten Abenteuer dann in der Anduin veröffentlicht. Stets war ein bestimmtes Thema oder zumindest einige Schlüsselwörter vorgegeben, an die sich die Autoren halten mussten. Auch im Jahr 2008 wollen wir wieder einen Abenteuerwettbewerb ausschreiben. Thema: Crossover Erklärung: Es müssen mindestens zwei klassische und meist getrennte Themengebiete miteinander gemischt werden. Beispielsweise Vampire im Weltraum, Cowboys im Weltraum, Drachen in der Jetztzeit, Raumpiraten in einer Fantasywelt, Klischeepiraten in einer Comicwelt, Superhelden auf einer Raumstation, klassische Abenteurer/Schatzsucher in New York, etc. Je geschickter und wilder dieSeite 20 se Themengebiete gemischt werden, desto höher die Chancen auf den Sieg. Zusätzlich müssen aber noch ein paar formale Dinge beachtet werden: •Das Abenteuer muss ein One-Shot mit vorgefertigten Charakteren (3 bis 5) sein. •Das Abenteuer muss systemunabhängig geschrieben sein. •Die Länge sollte zwischen 20.000 und 100.000 Zeichen (ohne Leerzeichen) betragen. •Das Abenteuer ist als Word, OpenOffice, RTF oder reines Textdokument abzugeben. •Die Richtlinien im Abenteuerleitfaden (siehe Anduin 94) sind zu beachten. Abgabeschluss: 31.08.2008 – 23:59 Uhr Teilnehmer können gerne vorab eine max. 5000 Zeichen lange Zusammenfassung per EMail an mich schicken, damit ich kurz prüfen kann, ob sich die Idee im Rahmen der Vorgabe bewegt. Die beiden besten Abenteuer werden in der Anduin 97 veröffentlicht – eventuelle weitere gute Einsendungen können in späteren Ausgaben veröffentlicht werden. Für die ersten beiden Plätze gibt es eine Urkunde, Ruhm und sogar einen Sachpreis! Der Rechtweg ist ausgeschlossen. Eine Jury bestehend aus drei engen Mitarbeitern der Anduin (darunter ich) werden die Abenteuer beurteilen. Fragen, Hinweise, Anmerkungen und gerne auch Teilnahmeankündigungen könnt Ihr uns gerne in unserem Forum schreiben: www.tanelorn.net Lesen & Spielen ANDUIN 95 HAKIMS KOCHECKE HAKIMS KOCHECKE LECKERE REZEPTE FÜR EURE ROLLENSPIELRUNDE TEXT: STEFAN HOLZMAIER Tomatensuppe mit Reis Mangoparfait 100 g Langkornreis in kochendes Wasser geben, wieder zum Kochen bringen und 15 Minuten aufquellen lassen. In der Zwischenzeit 2 Zwiebeln und 1 Knoblauchzehe abziehen und in Würfel schneiden. 1 EL Olivenöl in einem großen Topf erhitzen und Zwiebel- und Knoblauchwürfel darin andünsten. 500 g Tomaten (passiert oder frisch, enthäutet), 250 ml Wasser und 1 EL gekörnte Gemüsebrühe hinzufügen und alles zum Kochen bringen. 3 frische Mangos vom Kern lösen und schälen. Vom Mangofleisch 100 g grobe Stücke wegnehmen und pürieren. Den Rest Mango für die Garnitur kalt stellen. Zum Püree nach Geschmack Zucker hinzugeben und gut mixen, bis sich der Zucker vollständig aufgelöst hat. Das Eigelb von 6 Eiern mit 1/3 von 500 ml Sahne über einem Wasserbad rührend erhitzen, bis es bindet. Auf Eis stellen und langsam kalt rühren. Nach 10 Minuten 1 TL Tomatenmark unterrühren und mit 1 TL Paprikapulver, 1 Prise Cayennepfeffer und 1 TL Zucker würzen. Den gegarten Reis hinzufügen und erwärmen. Suppe mit etwas gehackter Petersilie bestreuen. Mangopüree einrühren. Rest der Sahne aufschlagen. Davon 1/3 in die Masse einrühren. Danach die restlichen 2/3 der Sahne vorsichtig unterheben, so dass ein schönes Volumen entsteht. Masse in Förmchen füllen und für etwa 1/2 Tag in den Tiefkühler stellen, bis sie gut durchgefroren ist. Je nach Geschmack ein ungesüßtes Sahneoder Crème-fraîche-Häubchen auf die Suppe geben. Pochiertes Ei AUF Ciabatta Von 1 Ciabattabrot der Länge nach 4 zirka 2 Millimeter dicke Scheiben abschneiden. Damit das Brot dafür weich genug ist, sollte es am Vortag in Klarsichtfolie gewickelt werden. 2 Liter Wasser mit 100 ml Essig in einem breiten Topf aufkochen. 4 Eier einzeln in Tassen aufschlagen. Das Wasser mit einem Kochlöffel rühren, bis sich ein kleiner Strudel bildet. Jeweils ein Ei hineingleiten lassen und etwa 2 Minuten pochieren. Das Eiweiß soll dann fest, der Dotter jedoch noch flüssig sein. Die Eier vorsichtig herausheben, sofort in kaltem Wasser abschrecken, gut trocken tupfen, mit Salz und schwarzem Pfeffer aus der Mühle würzen. Die pochierten Eier danach je mit 1 fein geschnittenen Scheibe Parmaschinken umhüllen und in eine Ciabattascheibe einschlagen. In eine heiße Pfanne etwas Öl geben und darin von beiden Seiten goldgelb braten. Lesen & Spielen Zum Anrichten Mangofleisch dekorativ auf einem Teller verteilen und das Parfait darauf stürzen. GrünkohlEintopf 1 kg geputzten Grünkohl verlesen, gründlich waschen und portionsweise etwa 3 Minuten in reichlich kochendem Salzwasser blanchieren. Abtropfen lassen, grob hacken. 2 mittelgrosse Zwiebeln schälen und würfeln. 2 EL Butterschmalz in einem Topf erhitzen, die Zwiebeln darin anbraten. Grünkohl zugeben und zirka 1 1/2 l Wasser zugießen. Aufkochen und 2–3 EL gekörnte Gemüsebrühe einrühren. Zugedeckt etwa 1 Stunde kochen. 750 g Kartoffeln schälen, waschen und in Stücke schneiden. 4 Mettwürste (etwa 300 g) mit den Kartoffeln etwa 30 Minuten vor Ende der Garzeit zum Grünkohl geben und mitgaren. Eventuell 1 EL Senfkörner in einer Pfanne ohne Fett kurz rösten und zugeben. Grünkohl mit Salz, Pfeffer und Zucker abschmecken, die Würste halbieren. Grünes Fondue 1,5 kg Zucchini waschen und grob raspeln. 3 Knoblauchzehen schälen und in Scheiben schneiden. 5 Thymianzweige waschen, trocken schütteln und zupfen. Alles zusammen mit 3 bis 4 EL Olivenöl bei schwacher Hitze zugedeckt 50 bis 60 Minuten dünsten, bis das Gemüse völlig zerfällt. 150 g Gruyère entrinden und reiben, unter die Zucchini rühren und das Ganze in tiefen Tellern mit Weißbrot zum Tunken servieren. Mohnnudeln 1 kg mehlige Kartoffeln schälen, in Salzwasser gar kochen, Wasser abgießen und die zerdrückten Kartoffeln im heißen Ofen (200 Grad) ca. 20 Minuten dämpfen. Die Kartoffeln mit 150 g Mehl und 1 Ei gut verkneten und etwas ruhen lassen. Aus dem Teig fingergroße Nudeln formen, in eine gebutterte Pfanne geben, mit 150 g gemahlenem Mohn bestreuen und kurz im heißen Ofen (immer noch 200 Grad) dünsten. Mit etwas Puderzucker bestreuen und servieren. Fränkische Kürbissuppe Fleisch von 1 Speisekürbis in Stücke schneiden, 1 Zwiebel klein würfeln, in 2 EL Margarine glasig dünsten. Mit 1 l Gemüsebrühe aufgießen, die Kürbisstücke dazugeben und weich kochen, pürieren, mit Salz, Pfeffer und dem Saft einer halben Zitrone würzen. Anschließend 1/8 l süsse Sahne unterrühren (die Suppe darf nicht mehr kochen), auf Teller geben. Zum Schluss mit in 100 g Butter gerösteten Brotwürfelchen garnieren und mit 1 EL Rosenpaprikapulver bestreuen. Seite 21 ANDUIN 95 Das BÖSE ÜBER DER STADT Das Böse über der Stadt EIN ABENTEUER FÜR ARCANE CODEX® TEXT: JOACHIM A. HAGEN ILLUSTRATION: JENNIFER LANGE, DANIELA KUFNER Einführung Willkommen in Kreijor, Fremder. Vor Jahrtausenden wandelten die Götter selbst auf diesem Boden, und noch heute kannst Du ihr Wirken in dieser Welt erkennen. In diesen Landen magst Du mit Geschick, Klugheit und Mut Ruhm und Reichtum erringen – oder ein einsames Grab in der Wildnis. “Das Böse über der Stadt” ist ein Abenteuer für das epische Dark Fantasy-Rollenspiel Arcane Codex®, das dem Spielleiter die wichtigsten Ereignisse der Episode an die Hand gibt. Die weitere Feinarbeit, die sich als Reaktion auf die Handlungen der Spieler ergibt, liegt dann bei ihm. Das Szenario kann in fast jedem Land gespielt werden – in Vargothia beispielsweise könnte die namensgebende Stadt Murnau heißen – und ist nicht auf eine bestimmte Gruppe von Charakteren festgelegt. Die Einbindung der Spielercharaktere muss sich jedoch nach Art der Gruppe verändern. “Das Böse über der Stadt” geht schwerpunktmäßig davon aus, dass die Titel gebende Stadt den Charakteren bekannt ist – zum Beispiel ihre Heimatstadt – und dass sie ein persönliches Interesse an deren Fortbestand haben. Der Hintergrund E in Kult plant, eine finstere Wesenheit namens Daenethor zu beschwören. Daenethor kann ein mächtiger Dämon aus dem Abgrund sein, aber auch ein vergessener Gott, welcher in Vergessenheit geraten ist und nur noch als Schatten seines einstigen Selbst existiert. Ob Daenthor wirklich ein Gott ist, der nur lokal bzw. regional verehrt wurde, oder eine Wesenheit, die sich als Gott verehren ließ bzw. die Rolle eines Gottes annahm, das bleibt dem Spielleiter überlassen oder einfach ungewiss. Bei dem Kult handelt es sich um die Nachfahren einstiger Anhänger Daenethors, welche die untergegangene Stadt Szannesh Seite 22 bewohnten. Die früheren Kultisten wurden durch die Angehörigen der gegenwärtigen Religionen als Ketzer bzw. Dämonenanbeter verfolgt und fast völlig ausgelöscht. Auch das Wissen des Kultes wurde ein Opfer der Flammen, und nur einige alte Zeugnisse existieren noch in den vergilbenden Archiven einiger Tempel. Der Kult, seiner Macht beraubt, geriet in Vergessenheit, und so geschah es auch mit Daenethor. Nur einige Kultisten überlebten, über die Lande verstreut, und gaben ihr Wissen unter dem Siegel der Verschwiegenheit über die Jahrhunderte (oder Jahrtausende) hinweg an ihre Nachkommen weiter. Einem dieser Daenethor-Anhänger ist es gelungen, im Laufe der letzten zehn Jahre wieder einen geheimen Kult zu errichten, welcher in der Stadt, in der diese Geschichte spielt, beheimatet ist. Fast sein ganzes Leben hat dieses Kult-Oberhaupt damit verbracht, das verstreute schriftliche Wissen um Daenethor durch Bestechung, Diebstahl, Erpressung und sogar Mord in seinen Besitz zu bringen. Insbesondere half ihm dabei die Erkenntnis, dass die jetzige Stadt über den Ruinen des alten Szannesh erbaut wurde. Teile von Szannesh existieren noch in unterirdischen Hohlräumen und werden unter anderem von den Kriminellen der Stadt als Verstecke benutzt. Diese Räume sind sozusagen die Obergeschosse der einstigen Häuser, und man kann noch weiter hinab. Tief unten in diesem Labyrinth aus verschütteten und eingestürzten Gemäuern liegt der Tempel des Daenethor, oder vielmehr, was noch davon übrig ist. Die geheimen Kammern des Tempels, die von der Zerstörung verschont blieben, enthielten die Kunde von Ritualen, mit denen Daenethor verehrt wurde, und sogar solche, mit denen er in die materielle Welt gerufen werden kann. Der Kult betreibt jetzt aktiv die Rückkehr Daenethors. Mit Blutopfern wird ein neuer Tempel geweiht und für die endgültige Herbeirufung Daenethors vorbereitet. Die Handlung im Überblick 1. Akt Bei der Untersuchung einer vermeintlichen Krankheit, welche in einem Stadtviertel grassiert, finden die Spielercharaktere eine rituell verstümmelte Leiche in einem Brunnen. Die dabei verwendeten Symbole erweisen sich nach einigen Recherchen schließlich als Zeichen eines uralten Kultes, der schon lange als zerstört gilt. Als die Kultisten ein weiteres Opfern entführen, um es rituell zu schlachten, kommt die Stadtwache dazwischen. Einer der Kultisten wird dabei verletzt und hinterlässt eine Blutspur, welche vor dem Haus eines wohlhabenden Bürgers – Damian Fogg – endet. Eine Untersuchung des Hauses ergibt nichts; Fogg ist nichts nachzuweisen. In der gleichen Nacht entführt der Kult ein weiteres Opfer. Die Charaktere werden vermutlich jetzt Fogg beschatten. Gegen Sonnenuntergang verlässt er seine Haus, um einen Freund um Mitbruder im Kult zu besuchen. Durch einen Geheimgang in dessen Keller gelangen sie in ein Gebäude in der Nachbarstraße und begeben sich von dort aus in den Tempel des Kultes, der in einem abgelegenen Gebäude am Stadtrand liegt, welches als Lagerhaus benutzt wird. Als die Charaktere das Gebäude stürmen, ist das Ritual bereits vollzogen. Einige der Kultisten – darunter Fogg – kämpfen bis zum Tode. Er stirbt mit dem Wort “Daenethor!” auf den Lippen. Die gefangenen Kultisten werden verhört, wissen aber nichts zu sagen, und enden auf dem Schafott oder dem Scheiterhaufen. 2. Akt Obgleich die Charaktere meinen, das Ritual verhindert zu haben, wurde Daenethor erfolgreich beschworen. Seine Essenz schwebt unsichtbar über der Stadt und fördert eine gereizte Atmosphäre, in der die Menschen Abenteuer ANDUIN 95 DAS BÖSE ÜBER DER STADT über Wochen hinweg immer hartherzige, streitsüchtiger und gewalttätiger werden. Die Ausschreitungen machen schließlich ein härteres Durchgreifen der städtischen Autoritäten – unter anderem eine nächtliche Ausgangssperre – von Nöten. Die Stadtwache, die auch unter dem unheilvollen Einfluss leidet, macht sich durch ihr hartes Vorgehen alles andere als beliebt, was den Unmut der Bevölkerung noch weiter schürt. Es entsteht ein explosives Klima von Furcht, Misstrauen und Hass. Dies stellt den idealen Nährboden für radikale Gruppen dar, welche einen Umsturz planen. Die Spielercharaktere finden mittlerweile heraus, dass die Kultisten eine Wesenheit namens Daenethor verehrten. Die rituellen Zeichen auf den geopfertem Menschen können schließlich als diesem Kult zugehörig identifiziert werden. Weitere Nachforschungen über den Daenethor-Kult bringen die Charaktere auf die Spur der Stadt Szannesh. Am Ende bekommen sie heraus, dass diese untere der jetzigen Stadt liegt. Es beginnt ein Abstieg in die Unterwelt. In den Ruinen von Szannesh stoßen die Charaktere auf entflohene Verbrecher sowie eine Gruppe Ghule, die seit Jahren unter der Stadt dahinvegetiert. Abenteuer Im Tempel des Daenethor finden die Charaktere dann alte Dokumente, deren Sprache erst entschlüsselt werden muss. Die Aufzeichnungen, die das verstorbene Kultoberhaupt Damian Fogg hinterlassen hat, sind dabei eine große Hilfe. 3. Akt Die Spannungen in der Bevölkerung spitzen sich zu. Die Obrigkeit greift immer härter durch, um Ruhe und Ordnung zu gewährleisten. Unangemessen harte Gerichtsurteile und Hinrichtungen sind an der Tagesordnung. Die Bevölkerung steht am Rande der Revolution. Durch die Übersetzung der alten Schriften erfahren die Charaktere von der Religion um Daenethor, der in menschlicher Gestalt über einen nach seinen Richtlinie aufgebauten, totalitären Stadtstaat herrschte. Ihnen wird bewusst, dass Daenethor von dem damaligen Herrscher der Stadt Besitz ergriff, um einen Bürgerkrieg zu beenden und von da an als Gottkönig der Stadt Szannesh verehrt wurde. Die Ähnlichkeit zu der Situation in der aktuellen Stadt lässt vermuten, dass Daenethor absichtlich ein Klima der Gewalt schafft, das in einen Bürgeraufstand mündet, um dann den Herrscher der Stadt zu übernehmen, den Aufstand blutig niederzuschlagen und Q UELL E Dieses Abenteuer erschien bereits im Fanzine Artefakt und wird im rahmen der Anduin mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Autoren veröffentlicht. sich dann als Erlöser feiern zu lassen, der schließlich mit eiserner Faust über die Stadt herrschen wird. Was die Charaktere nicht wissen: Daenethor ist tatsächlich für die vergiftete Atmosphäre in der Stadt verantwortlich; er benötigt jedoch die emotionale Energie eines Aufstandes, um genug Kraft zu entwickeln, um sich in einem Menschen zu inkarnieren. Der auserwählte Körper ist während der dreißig Sekunden der Übernahme noch normal verwundbar, danach erhält er unglaubliche Macht. Den Charakteren stehen jetzt mehrere Lösungswege offen: Vielleicht ziehen sie es vor, durch Verhandlungen den Aufstand im Keim zu ersticken; damit schieben sie aber Daenethors Rückkehr nur hinaus. Oder sie warten, bis er vom Gebieter der Stadt Besitz ergreift und töten diesen dann. Damit machen sie sich aber des Mordes schuldig, Seite 23 ANDUIN 95 und niemand wird ihnen glauben. Oder sie überlassen die Stadt einfach ihrem Schicksal und wenden der Heimkehr des Bösen den Rücken zu. 1. Akt Z ur Einweihung ihres Tempels verrichten die Anhänger des Daenethor Blutopfer. Die etwas unterbelichteten Kultisten, die mit der Entsorgung einer der Leichen beauftragt waren, warfen diese einfach mit Gewichten beschwert in den nächsten Stadtbrunnen. Durch die fortschreitende Verwesung des Leichnams wurde das Brunnenwasser vergiftet. Infolgedessen leiden die Einwohner des Stadtteils, die aus dem Brunnen ihr Trink- und Kochwasser schöpfen, unter einer schleichenden Vergiftung, die nach außen hin als mysteriöse Krankheit wahrgenommen wird. Auftritt der Spielercharaktere Die Charaktere untersuchen die seltsamen Krankheitsfälle in dem betroffenen Stadtviertel. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sie in diese Angelegenheit zu verwickeln: Ein Heiler oder Priester wird auf die Situation im Viertel aufmerksam gemacht und um Hilfe gebeten. Ein wohlhabender Bürger, der mit seiner gesamten Familie von der “Krankheit” betroffen ist, setzt eine Belohnung in Höhe von 500 Kupfermünzen für denjenigen aus, der herausfindet, was die Art und Ursache der Erkrankung ist; das könnte ein Einstieg für Abenteurer sein. Stehen die Charaktere im Dienste von Recht und Ordnung – Ritter, Paladine, Dämonenjäger oder ähnliches – so tritt die Obrigkeit an sie heran und ersucht um ihre Unterstützung. Ob es dabei eine finanzielle Vergütung gibt und in welcher Höhe, das bleibt dem Spielleiter überlassen. Handelt es sich bei den Charakteren um Durchreisende, so steigen sie zufällig in einem Gasthaus an, welches in dem betroffenen Stadtviertel liegt. Beim Essen fällt ihnen auf, dass alle Gäste irgendwie kränklich aussehen. Am nächsten Tag geht es ihnen selber schlecht, da ihr Essen mit dem Brunnenwasser gekocht wurde. Auf Nachfrage erfahren sie von der Krankheit, die in dem Viertel um sich greift. Ermittlungen Die Nachforschungen der Charaktere erbringen folgende Erkenntnisse: Die Krankheit ist vor einigen Wochen zum erstem Mal aufgetreten. Sie ruft zunehmende Übelkeit und Schwäche hervor. Bisher hat es nur wenige Tote gegeben, ausschließlich Säuglinge (welche das Gift Seite 24 Das BÖSE ÜBER DER STADT durch die Muttermilch aufgenommen haben), Kleinkinder und Alte. Die einzigen, die nicht betroffen sind, sind die Säufer des Viertels. Das kommt daher, das sie kein Brunnenwasser trinken, und nur wenig essen. Und wenn, dann nichts, was mit Wasser gekocht wurde. Diese Erkenntnis soll den Charakteren nicht auf dem Silbertablett serviert werden. Vielmehr sollten sie im Gespräch mit den Trinkern beiläufig erfahren, dass diese nach eigener Aussage nie Wasser zu sich nehmen. Vor allem sollen die Ermittlungen dazu dienen, den Charaktere den Ernst der Lage in diesem Stadtviertel vor Augen zu führen. Der Tote im Brunnen Steigt ein Charakter in den Brunnen hinab, so kann er einige Meter unter der Wasseroberfläche einen Körper ausmachen. Taucht er hinab, so stellt er fest, dass der aufgedunsene Leib an Händen und Füßen mit Schnüren umwickelt ist, an denen Steine als Gewichte hängen. Kommen die Charaktere bei ihren Ermittlungen nicht auf den Brunnen, so faulen bei dem Toten die Gliedmaßen so weit ab, dass die Leiche durch die Faulgase, die sich in ihr gebildet haben, aufsteigt, und vom Nächsten, der Wasser aus dem Brunnen holen will, entdeckt wird. Autopsien gab es in Mittelalter noch nicht, aber eine Leichenbeschau des grotesk aufgequollenen und teilweise verwesten Toten ergibt immerhin Folgendes: Die Leiche ist menschlichen Geschlechts und in schäbige Kleidung gehüllt. Die Taschen der Hose sind leer, die Oberbekleidung fehlt völlig. In Brust und Bauch sind blutleere Schnitte zu erkennen, die seltsame Zeichen bilden. Die Kehle wurde mit einem scharfen Instrument durchschnitten. Die ärmliche Kleidung deutet darauf hin, dass der Tote aus schlechten Verhältnissen stammt; das abgenutzte Schuhwerk mit den löcherigen Sohlen bestätigt dies. Der Verstorbene könnte ein Land- oder Stadtstreicher gewesen sein. Die Verwendung von Gewichten, um die Leiche unter Wasser zu halten, deuten auf ein geplantes Verbrechen hin. Die seltsamen Zeichen Keiner der Charaktere und auch niemand von der Stadtwache weiß mit den seltsamen Krakeln, die in das Fleisch des Toten eingeritzt wurden, etwas anzufangen. Das zentrale Symbol ähnelt einem Kreis mit einer Art Spirale in der Mitte. Der Rand des Kreises wird durch vier gleichschenklige Dreiecke mit nach innen gerichteten Spitzen unterbro- chen, die im 90-Grad-Winkel zueinander stehen. Stellt man sich den Kreis als Uhr vor, so befänden sich die Dreiecke bei halb elf, halb zwei, halb fünf und halb acht. Vermutlich führen die ersten Mutmaßungen in Richtung des Ryse-Kultes oder des “Gehörnten Mondes”. Es ist aber auch möglich, dass der Mörder sein Opfer quasi signiert hat, ihm sein Markenzeichen ins Fleisch schnitt. Am besten kopieren die Charaktere die Zeichen und beginnen mit ihren Nachforschungen. Sollten sie dabei mit der Stadtwache zusammenarbeiten, verkürzt dies die Informationsbeschaffung erheblich. Kein Bürger der Stadt, auch kein Magier, Gildenangehöriger oder Mitglied der Unterwelt kann mit den Zeichen etwas anfangen. (Die Charaktere könnten ja auch die Insassen des Gefängnisses befragen, ob die Symbole mit Verbrecherorganisationen, z.B. der Gilde der Diebe, in Zusammenhang stehen.) Früher oder später dehnen sich Ermittlungen der Charaktere wahrscheinlich auf die Tempel der verschiedenen Glaubensrichtungen aus. Den einfachen Priester sagen die Symbole auch nichts; sie verweisen in diesem Zusammenhang auf ihre Vorgesetzten, die vielleicht mehr wüssten. Eine Unterredung mit den geistlichen Würdenträgern kommt aber nur rasch zustande, falls die Charaktere zu beeindrucken verstehen oder darauf verweisen, dass sie mit der Obrigkeit – also der Stadtwache – zusammenarbeiten. Ein Priester, der innerhalb seines eigenen Ordens ermittelt, hat natürlich von vornherein bessere Karten. Sofern die Charaktere angemessen höflich und freundlich auftreten, ist man gerne bereit, ihnen bei den Ermittlungen zu helfen und in den Archiven des Tempels nachzusehen, ob dort Hinweise auf derartige Symbole existieren. Nur falls die Charaktere einen sehr guten Eindruck hinterlassen und als vertrauenswürdig angesehen werden, gestattet man ihnen selbst Zutritt zu den Archiven. Die bedeutsamen Informationen sind auf Grund ihres Alters irgendwo in der hintersten Ablage zu finden und auf mehrere Schriftrollen und Bücher verstreut. Ein suchender Charakter würfelt pro vier Stunden in den Archiven einmal auf Nachforschen mit MW 20. Je angesagtem Erfolg verringert sich die Zeit für die Nachforschungen um eine Stunde. Ein perfekter Erfolg verringert die Zeit um zwei Stunden. Die maximale Zeit, welche die Spielercharaktere in den Archiven verbringen dürfen, liegt bei acht Stunden. Es ist nicht zwangsläufig nötig, dass die Gruppe Zugang zu allen folgenden Informationen bekommt, bevor die Handlung weiter Abenteuer ANDUIN 95 DAS BÖSE ÜBER DER STADT geht. Selbst falls die Charaktere nicht fündig werden konnten, kann die Geschichte trotzdem weiter gehen. Die Charaktere können nach Zerschlagung des Kultes gezielter mit der Recherche fortfahren und die Informationen auch erst im 2. Akt ausgraben. Entscheidend ist, dass die Handlung nicht unnötig durch fehlgeschlagene Würfe verzögert wird. Lassen die Charaktere in den Archiven nachsuchen, so legt der Spielleiter fest, wann sie welche Informationen erhalten. Folgendes ist zu finden jeder Punkt stellt eine gefundene Information dar): die Zeichen auf dem Toten fanden bei einem uralten Kult von Götzendienern Verwendung; die verehrte Wesenheit hieß Daenethor der Kult brachte Menschenopfer dar das ruchlose Treiben des Kults wurde schließlich durch eine O ensive von Vertretern der “richtigen” Religionen vor allem der Anhänger des Peiron zerschlagen und ausgelöscht; der Kult war nur in einer Stadt namens Szannesh heimisch, die ebenfalls vernichtet wurde und im Dunkel der Zeiten verschwand; die ehemalige Lage von Szannesh ist nicht bekannt. Die ältesten dieser Aufzeichnungen sind in der Alten Sprache gehalten und müssen erst von einem Archivar übersetzt werden. Die Erkenntnis, dass das alte Szannesh unter der jetzigen Stadt liegt sollte den Charakteren erst im Akt zu Teil werden Falls die Charaktere nicht von selbst auf die Idee kommen bei den Tempeln nachzufragen ist halt ein Mitglied der Stadtwache so schlau. Das nächste Opfer In einer der kommenden Nächte jedoch nicht später als in der dritten Nacht nach Auffinden der Leiche im Brunnen versuchen die Kultisten ein weiteres Opfer zu entführen Dabei handelt es sich um eine Prostituierte Zufällig kommt gerade im rechten – oder für die Kultisten im falschen – Augenblick eine nächtliche Patrouille der Stadtwache vorbei Einer der Kultisten wird im folgenden Handgemenge verwundet. Als der Befehlshaber der Wache davon erfährt, lässt er nach den Charakteren schicken. Dies gilt allerdings nur, falls die Charaktere bislang mit der Wache zusammengearbeitet haben. Falls nicht, so erfahren sie erst am nächsten Morgen gerüchteweise von dem Vorfall und müssen dann dem müden WachAbenteuer habenden die Informationen “aus der Nase ziehen”. Die Charaktere werden plötzlich in ihrer Nachtruhe gestört, als ein Soldat der Stadtwache an ihre Tür klopft Er ist ziemlich außer Atem als ob er gerannt sei Seine Meldung ist kurz und bündig: Die Charaktere sollen sich rasch ankleiden und ihm folgen. Es habe einen Überfall gegeben, der möglicherweise für die Charaktere von Interesse sei. Der Wachsoldat führt die Gruppe dann durch die stillen Straßen der Stadt in ein Viertel in dem unteres Bürgertum und Handwerker wohnen. Vorort werden gerade zwei Soldaten medizinisch versorgt: Einer hat einen übel blutendem Schnitt über dem Auge, der zweite einen Stich in den Bauch erhalten Der anwesende Wachhabende klärt die Charaktere kurz über die Situation auf: Eine Hure sei auf dem Heimweg nach der Sperrstunde in den Spelunken von zwei Unbekannten überfallen und niedergeschlagen worden. Zufällig hörte eine vorbeikommende Patrouille den Schrei der Frau und überraschte die verdächtigen Personen als sie die Bewusstlose gerade wegschleppen wollten. Auf Anruf hielten die Verdächtigen, welche die Wache bisher nicht bemerkt hatten, inne. Dann zogen sie plötzlich zwei Dolche und attackierten die Wache, bevor sie sich zur Flucht wanden. Einem der Wachsoldaten gelang es noch, einem Flüchtigen einen Schwerthieb zu versetzen. Die Wache nahm die Verfolgung auf, verlor die Fliehenden jedoch aus den Augen weil ihr ständig Blut aus einer Wunde in die Augen lief. Eine Befragung der beiden Wachen und der Hure fördern keine weiteren Informationen zu Tage Bei einer Untersuchung des Tatorts im Licht von Fackeln oder Öllaternen bemerken die Charaktere früher oder später eine Reihe kleiner Blutstropfen welche o enbar von einem der Flüchtigen stammen. Die Verfolgung führt die Gruppe quer durch die Stadt und einige Hinterhöfe in eine Wohngegend für Bürger der Oberschicht Die Verfolgung der Spur wird durch Würfe auf Aufmerksamkeit geregelt. Ein misslungener Wurf bedeutet, dass die Gruppe die Spur verliert und erst wieder den Anschluss suchen muss. Schließlich stehen die Charaktere vor dem Haus von Damian Fogg einem Mitglied der örtlichen Handelsgilde. Das erfahren die Charaktere aber erst im Zuge weiterer Erkundigungen. Im Augenblick sehen sie nur, dass sie vor einem Haus aus Stein stehen, dessen Aufmachung auf wohlhabende Bewohner schließen lässt Damian Fogg Damian Fogg ist ein Mitglied der örtlichen Handelsgilde und ein angesehener Sohn der Stadt der ein kleines aber orierendes Unternehmen aufgezogen hat. Seine Handelsreisen in den Anfangsjahren haben ihn kreuz und quer durch das Land und auch jenseits der Grenzen geführt Mittlerweile hat Herr Fogg einige Angestellte, die für ihn auf Reisen gehen Soweit die o ziell erhältlichen Informationen. Abgesehen davon ist Damian Fogg auch der Nachfahre des letzten Daenethor Priesters und Oberhaupt des örtlichen Kultes welcher nach Jahrzehnten des Forschens eine Möglichkeit gefunden hat den Gott wieder in diese Welt zu holen. Als dessen Günstling verspricht sich Fogg davon Macht und Reichtum. Die letzten Informationen fand Fogg in den Ruinen des alten Daenethor Tempels welcher tief unter der Stadt in lichtlosen Höhlen ruht. Damian Foggs zwei Diener sind ebenfalls Mitglieder des Kultes und ihm treu ergeben Die bisherigen Ereignisse Die Kultisten teilten sich auf der Flucht. Der Verwundete oh zu Fogg und berichtete ihm von seinem Scheitern Fogg ließ ihn kurz verbinden schnauzte dem Mann an was ihm einfiele hier aufzutauchen und schärfte ihm ein ein Ersatzopfer zu bescha en Dann warf er den Mann zur Hintertür hinaus Die Blutecken im Haus wurden sofort aufgewischt Leider dachte in der Hitze des Gefechtes niemand daran vor der Tür nachzusehen Nächtlicher Besuch Falls die Charaktere die Tür von Damian Foggs Haus eintreten au rechen oder das Schloss knacken, wird Fogg, sobald er die Eindringlinge bemerkt hat, laut zum Fenster hinaus um Hilfe schreien, was innerhalb kurzer Zeit seine Nachbarn aufschreckt und die Stadtwache auf den Plan ruft Bis dahin stellen sich die Diener von Herrn Fogg den Charakteren mit improvisierten Wa en wie Schüreisen, entgegnen, während Damian Fogg sich in seinem Zimmer einschließt Bei Ankunft der Stadtwache müssen die Charaktere sich dann wegen Einbruchs und ggf. Körperverletzung oder sogar wegen Mordes verantworten. Dafür wandern sie hinter Gitter Ein Angri auf die Stadtwache stellt dann das Ende dieses Szenarios dar und den Beginn einer Karriere als Gesetzlose dar Sollten die Charaktere von Mitgliedern der Stadtwache begleitet werden, so kommt ein ungesetzliches Eindringen sowieso nicht in Seite 25 ANDUIN 95 Frage. Ein Klopfen an der Tür ruft nach einiger Zeit einen der Hausdiener auf den Plan. Die folgenden Unterredung spielt sich durch die geschlossenen Tür ab und verlangt von den Charakteren, den Mann hinreichend zu beeindrucken, einzuschüchtern oder durch reines Charisma zu überzeugen, den Charakteren Zutritt zu gewähren. Schließlich öffnet der Diener, in Schlafrock und Schlafmütze gekleidet sowie mit Kerze in der Hand, die Tür. Darauf folgt der Auftritt des Hausherren Damian Fogg, der erneut über das Anliegen der Gruppe in Kenntnis gesetzt werden muss. Fogg gestattet als gesetzestreuer Bürger natürlich eine Durchsuchung des Anwesens, die nichts zu Tage fördert. Ein aufmerksamer Charakter bemerkt die feuchten Stellen im Flur. Daraufhin angesprochen erwidert Fogg, er habe sich einen Mitternachtsimbiss geholt und dabei versehentlich Bier verschüttet. Die blutigen Tücher, mit denen der Boden aufgewischt wurde, hängen sauber ausgewaschen zum Trocknen in der Waschküche. Auch sonst gibt Damian Fogg sich keinerlei Blöße. Selbst falls eine Hausdurchsuchung die weiter unten beschriebene Kladde oder die Eingangstür zum Geheimgang zu Tage fördern sollte, reicht dies nicht aus, um Fogg zuverhaften. Den Charakterren fehlt auch jegliche Handhabe, die Kladde zu konfiszieren. Vor der Hintertür sind keine Blutspuren mehr zu finden, da die Wunde des Kultisten verbunden wurde. Die Charaktere stehen vor einer Sackgasse. Ihr einziger Anhaltspunkt ist nunmehr Damian Fogg. Falls die Charaktere Fogg scharf verhören oder gar foltern, so bleibt er bis zum nächsten Tag standhaft. Dann aber bricht er zusammen und verrät die Machenschaften der Kultisten. So erfahren die Charaktere von dem Ritual (s. Das Finale) und erreichen die Lagerhalle gerade noch rechtzeitig, um den Kultisten den Garaus zu machen. Derweil erhängt sich Damian Fogg in seiner Zelle oder ertränkt sich im Latrineneimer. Sollte einer der Charaktere es schaffen, heimlich in Damian Foggs Haus einzudringen, so findet er dort keinerlei Hinweise auf Foggs Dasein als Kultist. Eine genaue Untersuchung von Foggs Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer – Suchen mit MW 20 – fördert eine akribisch beschriebene Kladde zu Tage, die offenbar eine Art Wörterbuch und Grammatik für eine unbekannte Sprache darstellt. Es könnte sich dabei auch um eine Geheimsprache handeln. Ein Handschriftenvergleich würde ergeben, dass die Eintragungen von Fogg stammen. Bei aufmerksamen Hinschauen (MW 17) fällt auf, dass die Tinte am Anfang Seite 26 Das BÖSE ÜBER DER STADT der Kladde heller ist als die auf den letzten Seiten. Ein Intelligenzwurf mit MW 15 führt zu der Erkenntnis, dass die Eintragungen offenbar lange Zeiträume auseinander liegen, weil die Tinte der früheren Paragraphen bereits auszubleichen beginnt. Bei diesem Buch handelt es sich um eine von Fogg selbst angelegte Grammatik und Wörterbuch der Alten Sprache, in der viele Aufzeichnungen über Daenethor gehalten waren. Die Utensilien für die Beschwörung bewahrt Fogg in einem gemieteten Lagerhaus auf, in dem auch die Versammlungen des Kultes stattfinden. Das Haus wurde von einem Strohmann gemietet und kann nicht mit ihm in Verbindung gebracht werden. 17 zu entdecken; das schließt ein Abklopfen der Wände mit ein). Fogg und Brauer ziehen sich vor Verlassen des Hauses allerdings um, damit etwaige Verfolger verwirrt werden. Sie wiederzuerkennen setzt einen Aufmerksamkeitswurf mit MW 20 voraus. Sofern die Charaktere nicht auch die Parallelstraße beobachten oder die Kultisten trotz Beobachtung nicht erkennen, erhalten sie schließlich durch eine heranhetzende Stadtwache Bescheid, dass Fogg in der Nähe eines Lagerhauses am Stadtrand gesehen worden sei. Eine kleine Überwachung Den Charakteren bleibt nichts weiter übrig, als Damian Fogg zu überwachen oder überwachen zu lassen. Er erhält keinerlei verdächtigen Besuche oder zeigt irgendwelche auffälligen Aktivitäten. Erst gegen Abend verlässt er sein Haus, um sich zu seinem Freund – und MitKultisten – Amalwin Brauer zu begeben. Dessen Domizil liegt dreihundert Meter weiter stadtauswärts. Beide Kultisten verlassen dann das Haus durch einen Geheimgang im Keller. Dabei handelt es sich genaugenommen um einen Durchbruch der Kellerwand und einen kurzen Gang, der im Keller eines Hauses endet, welches auf die Parallelstraße hinausführt. Dieses Haus gehört ebenfalls Amalwin Brauer. Der frühere Eigentümer ließ diesen Gang anlegen, damit er sich ungestört zu Schäferstündchen begeben konnte, ohne sichtbar sein Haus zu verlassen oder ein anderes zu betreten (die Zugänge zu diesem Gang sind nur durch Suchen mit MW Abenteuer ANDUIN 95 DAS BÖSE ÜBER DER STADT Sollten die Charaktere Fogg und seinen Kumpan sowieso schon verfolgen, führen die beiden die Gruppe zu besagtem Lagerhaus. Fogg und Brauer schlagen die Tür hinter sich zu und verriegeln sie. Auch im Falle einer Verfolgungsjagd sollten Fogg und Brauer sich ihren Verfolgern durch ihre bessere Ortskenntnis und für sie glückliche Umstände – ein Karren, der den Charakteren plötzlich den Weg abschneidet, ein Passant, der plötzlich den Weg kreuzt – so lange entziehen können, bis sie in dem Gebäude verschwunden sind. Das Finale Die Fenster der Lagerhalle sind von innen zugenagelt und haben eine Struktur von 16 bei einer Härte von 5. Die beschlagene Tür hat eine Härte von 13 und eine Struktur von 100. Die Tür ist von innen verriegelt und kann nicht mit Schlösser öffnen geöffnet werden. Sobald die Charaktere damit beginnen, Türen und Fenster einzuschlagen, weiß Fogg, dass das Spiel verloren ist. Seine einzige Hoffnung besteht darin, seinen Gott herbeizurufen, und so beschleunigt er die Beschwörung. Die übrigen Kultisten (Anzahl wie Spielercharaktere bzw. Charaktere plus Stadtwachen) bewachen derweil Tür und Fenster, um die Eindringlinge hinzuhalten. Hierbei erweisen sie sich als überraschend findig: Die Deckel alter Kisten werden beidhändig geführt als Schilde (RS 1, Härte 5, Struktur 6) gegen Fernkampfwaffen zweckentfremdet, herausgerissene Latten geben improvisierte Wurfgeschosse ab (Schaden 1w10-2) usw. Alle Kultisten sind mit einem Dolch bewaffnet und tragen normale Straßenkleidung, allenfalls verstärkte Kleidung. Den eindringenden Charakteren bietet sich ein grausiges Bild: An Wänden und Boden des Lagerhauses, das von einigen flackernden Öllampen und Kerzen erhellt wird, prangen Symbole aus getrocknetem Blut. Das größte davon, in dem Fogg steht, sieht so aus wie das Symbol auf der Leiche in dem Brunnen. Auf einer Bank in der Mitte des Symbols liegt eine weibliche Gestalt – eine weitere Prostituierte. Von ihrem bleichen Bauch hebt sich das eingeschnittene Symbol Daenethors blutrot an und aus ihrer durchtrennten Kehle sprudelt Blut in eine irdene Schale. Foggs beschwörende Stimme schwillt zu einem Crescendo an und bricht abrupt ab. Plötzlich wird es in dem Raum eisig kalt, und der Atem dampft aus den Mündern. Fogg blickt die Charaktere triumphierend an, doch sein Grienen weicht Bestürzung, als nichts weiter passiert. Sobald die Charaktere ihn angreifen, stößt er sich selbst den Dolch ins Herz. Er röchelt noch: “Daenethor… Abenteuer herrscht… Lüge”, bevor er dahinscheidet. Nach dem Selbstmord ihres Hohepriesters geben alle Kultisten ihren Widerstand auf und lassen sich festnehmen. Nachwehen Eine Durchsuchung von Damian Foggs Haus bringt die bereits oben erwähnte Kladde zum Vorschein. Die überlebenden Kultisten berichten lediglich, sie hätten von Foggs ruchlosem Treiben – den Menschenopfern – bis zum Schluss nichts gewusst. Unter der Folter gestehen sie jedoch, Damian Fogg habe eine Wesenheit namens Daenethor beschwören wollen, und sie als seine Diener wären reich belohnt worden. Sobald es um die Frage nach den Morden geht, belasten die Kultisten sich entweder gegenseitig oder den toten Fogg. Sie werden alle zum Tode auf dem Schafott oder dem Scheiterhaufen verurteilt. Falls die Charaktere die ganze Zeit über mit der Stadtwache zusammengearbeitet haben, erhalten sie eine Aufwandsentschädigung von acht Kupfermünzen pro Tag. Erfahrungs- und Ruhmpunkte Erkenntnis, dass sich die Krankheit über das Trinkwasser verbreitet: 1 EP Zutritt zu den Archiven eines Tempels ergattert: 1 EP Teilnahme an der Zerschlagung des Kultes: 1 RP Stattdessen oder zusätzlich können auch die Regeln im Grundregelwerk S. 333f verwendet werden. Ein Charakter sollte für diesen Spielabschnitt nicht mehr als vier Erfahrungspunkte erhalten, es sei denn, er hat ein herausragendes Verhalten an den Tag gelegt. 2. Akt N achdem den Kultisten das Handwerk gelegt wurde, scheint die Gefahr gebannt. Doch der Schein trügt: Daenathor ist erfolgreich beschworen worden, und sein übler Einfluss macht sich zunehmend im Stadtgebiet bemerkbar. Damit die Charaktere aber Zeuge der weiteren Geschehnisse werden können, muss der Spielleiter sie zunächst an der Abreise hindern. Die Durchsuchung von Damian Foggs Haus, die Verhöre der Kultisten sowie der anschließende Prozess, bei dem die Charaktere als Zeuge der Anklage auftreten, und die abschließende Hinrichtung all das sollte wenigstens eine Woche in Anspruch nehmen. Zusätzlich gewährt der Fürst, der von der Stadt aus das Umland regiert, den Charakteren eine Audienz, da er sie persönlich kennen lernen möchte. Diese Audienz ist für das Ende der zweiten Woche angesetzt, und es wäre äußerst unhöflich, diese auszuschlagen. Während ihres Aufenthaltes könnten die Charaktere die Zeit nutzen, um in den Tempelarchiven zu stöbern und mehr über den Kult des Daenethor herauszubekommen. Die Lage spitzt sich zu In den kommenden zwei Wochen wird sich die Atmosphäre in der Stadt unter dem Einfluss Daenethors deutlich zum Schlechtem verändern. Schließlich entlädt sich der aufgestaute Groll in einem Bürgeraufstand, der Daenethors Widerkehr einläutet (s. 3. Akt). Davor sollten die Charakter in alltäglichen Szenen jedoch die zunehmende Spannung in der Stadt bemerken. Der Spielleiter kann die folgenden Vorschläge benutzen und sie nach Belieben über den zweiten Akt verteilen. Er kann aber auch eigene Zwischenfälle arrangieren. Der Aufstand findet erst nach der Rückkehr der Charaktere aus den Ruinen von Szannesh statt. Kurz vor dem Abstieg der Charaktere in die Unterwelt der Stadt sollten die Aggressionen schon weit fortgeschritten sein. Zwei Marktfrauen Zwei Marktweiber streiten sich. Das ist zwar nichts Ungewöhnliches, aber der Ton scheint doch um einiges giftiger zu sein als gewöhnlich, so als läge der Angelegenheit ein persönlicher Groll zu Grunde. Jeden Tag flammt der Streit erneut auf, und der Ton wird immer gehässiger, bis es für Ohrenzeugen nicht mehr amüsant, sondern unangenehm ist zuzuhören. Einige Tage später bewerfen sie sich mit Obst oder Gemüse, und schließlich gehen sie aufeinander los. Vielleicht blitzt auch plötzlich ein Messer in einer Faust… Das Wirtshaus In der Herberge, in der die Charaktere abgestiegen sind – mittlerweile als Gäste der Stadt, da sie Prozesszeugen sind – und in dem Wirtshaus, das die Charaktere besuchen, machen sich ebenfalls Stimmungsumschwünge bemerkbar. Das Personal wird immer mürrischer und kratzbürstiger, die Gäste werden immer wortkarger und beschweren sich laufend über Unterbringung, das Essen, die lausige Bedienung usw. Es ist, als fände jeder überall ein Haar in der Suppe. Der Wirt schnauzt wegen jeder Kleinigkeit seine Bedienungen an, auch vor Gästen, und schließlich wird auch die eine oder andere Ohrfeige ausgeteilt. Eine Schankmagd erhält von einem Gast einen Backenstreich, weil das Bier angeblich Seite 27 ANDUIN 95 unsauber gezapft sei. Ein zweiter Gast schreitet zur Rettung der jungen Frau, indem er dem ersten eins mit dem Bierkrug überzieht. Und schon ist die schönste Schlägerei im Gange, die auf den Rest des Lokals übergreift. Schließlich werden Schlägereien in den Kneipen alltäglich,, und auch Knochenbrüche und andere erste Verletzungen sind an der Tagesordnung. Die Stadtwache Das Auftreten der Wachsoldaten wird immer herrischer und selbstgerechter. Schließlich nimmt ihre Pflichtausübung den Charakter einer Schikane an: Bürger werden ohne ersichtlichen Grund verhört, gedemütigt, zu einer Geldstrafe angehalten oder verhaftet. Auch die Faust sitzt dem Auge des Gesetzes sehr locker. Bei der Festnahme von Verbrechern setzt sich zunehmend die Maxime “Keine Gefangenen” durch. Charaktere, die auf Grund ihrer Teilnahme an der Zerschlagung des Kults noch einen Sympathiebonus genießen, können in Gesprächen Aussagen wie “den Schweinestall gründlich ausmisten”, “Bürger sind zu verwöhnt, das wird sich grundlegend ändern”, “da muss man hart durchgreifen”, “Schmerz ist ein guter Lehrmeister” oder “eine tüchtige Abreibung hat noch keinem geschadet” aufschnappen. Die Bürger Die Abneigung der Bürger gegen die Obrigkeit wird immer offensichtlicher. Die giftigen Blicke, welche die Stadtwache erntet, die kurzen, getuschelten Gespräche, in denen es darum geht, dass “Dinge sich grundlegend ändern müssen”, das Urinieren eines Bürgers an die Fahnen des Fürsten – all das sind Symptome, das die Gesellschaft aus den Fugen gerät. Allgemeine Stimmung Die Bewohner in der Stadt werden immer reizbarer, aggressiver, launischer und zänkischer, ja sogar gehässiger, je mehr Tage ins Land gehen. Schließlich kommt es überall zu Raufereien und Schlägereien, die nicht selten mit blutigen Köpfen und gebrochenen Nasen enden. Die Ursachen sind meist Bagatellen. Die Zunahme an Kneipenschlägereien mit ernstlich Verletzten und die Ausbreitung von Gewaltverbrechen führt dazu, dass eine Ausgangssperre von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang verhängt wird, was den Unmut in der Bevölkerung weiter schürt. Die Stadtwache, die ebenfalls unter dem Einfluss Daenethors steht, greift immer härter durch, um der Lage Herr zu werden, doch Gewalt erzeugt nur mehr Gewalt. Der Fürst hofft durch öffentliche BestraSeite 28 Das BÖSE ÜBER DER STADT fungen wie Auspeitschungen, An-den-Pranger-stellen und sogar Hinrichtungen die Situation unter Kontrolle zu bekommen, aber er erreicht genau das Gegenteil. Der siedende Groll in der Bevölkerung entlädt sich im 3. Akt in einem gewalttätigen Aufstand. Die Beeinträchtigung der Charaktere Auch die Spielercharaktere können sich dem unheilvollen Einfluss nicht entziehen. Sie sind zunehmend gereizter Stimmung, und ab Beginn der zweiten Woche müssen sie jedes Mal einen Willenskraftwurf mit MW 11 bestehen, um in einer angespannten Situation nicht ihren Aggressionen freien Lauf zu lassen. Der MW steigt jeden Tag um einen Punkt. Neue Erkenntnisse Weitere Nachforschungen in Richtung des Daenethor-Kults tragen Frucht. Sofern die Spielercharaktere keine weiteren Anstrengungen in diese Richtung unternehmen, kümmern sich die Religionsgemeinschaften in der Stadt selbst darum, da sie das plötzliche Auftauchen eines neuen Kults alarmiert hat. Die gewonnenen Erkenntnisse, die sie aus den Tiefen ihrer Archive ausgraben und aus der Alten Sprache übersetzen, bringen sie den Charakteren zu Gehör. Erdoberfläche, so dass sie bei der Aushebung von Kellern entdeckt werden konnten. Die neuen Gebäude wurden dann sozusagen auf den Dächern der alten errichtet. Allerdings ist man nicht alle Nase lang auf Ruinen gestoßen, sondern nur in einigen wenigen Fällen. Das Wissen darum geriet im Laufe der Zeit in Vergessenheit, da es keinen Nutzen brachte, und verstaubte in irgendwelchen Archiven. Fortgesetzte Ermittlungen führen schließlich zu der Erkenntnis, dass bereits einmal in den ersten hundert Jahren nach Stadtgründung eine Expedition in die unterirdische Stadt unternommen wurde, allerdings ohne irgendwelche Wertgegenstände zu Tage zu fördern oder wichtige Erkenntnisse zu erbringen. Der damalige Einstieg befindet sich in einem mittlerweile baufälligen Gebäude in einem der verrufensten Stadtviertel, in das sich nach Einbruch der Dunkelheit selbst die Stadtwache nur mit Verstärkung wagt. Alle oben genannten Erkenntnisse erhalten die Charaktere entweder durch eigene Nachforschungen oder durch NSC, aber nur Stück für Stück, so dass sie erst gegen Mitte oder Ende der zweiten Woche von dem Einstieg erfahren. Ab in die Unterwelt Die Stadt Szannesh wurde vor Jahrhunderten wegen ihrer Verehrung eines Götzen, die auch mit Menschenopfern verbunden war, geschleift, die Einwohner wurden vertrieben und die federführenden Kultisten hingerichtet. Anschließend bedeckte man die Überreste der Stadt mit Erde, um sie regelrecht vom Erdboden verschwinden zu lassen. Möglicherweise finden sich in den versunkenen Ruinen von Szannesh noch weitere Hinweise auf den Kult des Daenethor. Entweder kommt die Gruppe selber auf diese Idee, oder sie wird von einer Religionsgemeinschaft, beispielsweise den Peiron-Priestern, oder dem Bürgermeister der Stadt beauftragt. Das Honorar kann vom Spielleiter individuell festgelegt werden, sollte aber vierzig Kupfermünzen pro Kopf nicht übersteigen, auch nicht nach Verhandlungen. (Ein Leibwächter verdient 25 Kupfermünzen pro Tag.) Intensivere Recherchen ergeben, dass die aktuelle Stadt über den Resten von Szannesh erbaut wurde. Tatsächlich ist man in der Vergangenheit bei Ausschachtungsarbeiten bereits auf Ruinen gestoßen, was darauf hinwies, dass hier bereits eine Siedlung existiert hat. Da die Archäologie in dieser Zeit keine wissenschaftliche Bedeutung hat, ließ man die Angelegenheit auf sich beruhen, insbesondere als man feststellte, dass die Ruinen keine Wertgegenstände bargen. Der Stadtteil, in dem sich das Haus mit dem Einstieg befindet, ist als “der Unterbauch” bekannt. Hier finden sich schmierige Kaschemmen, in deren Hinterzimmern Glücksspiel betrieben wird, Rauschgifthöhlen, zweit- und drittklassige Bordelle sowie allerlei Etablissements von zweifelhaftem Ruf. Diebe, Hehler und Halsabschneider haben den Unterbauch zu ihrer Domäne erklärt. Selbst die gelegentlichen Razzien der Stadtwache können daran nichts ändern. Der Spielleiter mag sich folgendes Bild zur Verdeutlichung vorstellen: Die Überreste des alten Szannesh liegen unter einem künstlich aufgeschütteten Hügel. Die Flachdächer der höheren Gebäude und die Ruinen von Türmen liegen nur knapp zwei Meter unter der Der “Unterbauch” ist aber auch eine Wohngegend, in der einfache Arbeiter und Tagelöhner hausen. Die Häuser sind allesamt windschief, schmutzig von Ruß und Dreck und wirken allesamt etwas verkommen. Die einfach bis abgerissen gekleideten Leute, Auch das Stadtarchiv, das nichts zum Thema Daenethor aufwies, wird jetzt gezielt auf Hinweise durchforstet. Folgendes kommt ans Licht: Abenteuer ANDUIN 95 DAS BÖSE ÜBER DER STADT denen die Gruppe auf der Straße begegnet, werfen den Charakteren verstohlene, misstrauische Blicke zu. Sofern die Charaktere deutlich sichtbar bewaffnet oder in Begleitung der Stadtwache unterwegs sind – man gibt ihnen maximal drei Soldaten mit –, lässt man sie in Ruhe. Andernfalls werden sie zum Ziel von Taschendieben. Pro Charakter würfelt der Spieler einmal mit 7 + 2w10 mit MW 15. Klappt der Wurf, so verliert der Charakter einen kleinen Gegenstand nach Wahl des Spielleiters oder 2w10 Kupfermünzen; bei einem perfekter Erfolg trifft beides zu. Nur bei einem kritischen Fehler bemerkt der Betroffene, dass sich eine fremde Hand in seine Taschen verirrt hat. Sind die Charaktere in Begleitung der Stadtwache, so wird wenigstens einer von ihnen mit einem faulen Ei oder einer matschigen Tomate beworfen. Der Werfer ist nicht auszumachen, und niemand hat etwas gesehen. Dies ist ein weiteres Anzeichen für die steigende Abneigung der Bevölkerung gegen die Obrigkeit. Sofern die Charaktere den “Unterbauch” bei Nacht betreten, werden sie einmal mit einem Steinschauer beworfen. Dadurch erleidet jeder Charakter 1w10 – 2 Schaden. Die Attentäter sind nicht auszumachen. Außerdem geraten die Charaktere einmal in einen Hinterhalt von vier bis sechs Halsabschneidern. Sofern den Charakteren kein Aufmerksamkeitswurf mit MW 18 gelingt, geraten sie beim Durchqueren einer Gasse überraschend in den Hinterhalt der Verbrecher, die plötzlich hinter abgestellten Fässern und vermeintlichen Müllhaufen hervorkommen oder von Vordächern herabspringen. Tritt dies die Charaktere überraschend, so sind sie in der ersten Kampfrunde erst nach den Halsabschneidern dran. Die Gauner handhaben ihre relevante Waffe mit 6 + 2w10, haben keinen Schadensbonus und eine Konstitution von Sechs. Sie sind mit Messern und Keulen bewaffnet. Sobald die Halsabschneider merken, dass sie keine leichte Beute vor sich haben, fliehen sie und verlieren sich im Gewirr der Gassen. Sie werden keinesfalls bis zum Tode kämpfen. Der Einstieg Der Einstieg zu den Ruinen befindet sich in einem baufälligen, heruntergekommenen Gebäude. Das Erdgeschoss besteht aus grob behauenen Natursteinen, Dach und Obergeschoss wurden aus Holz errichtet. Das Dach ist an einigen Stellen eingestürzt und das Holz im gesamten Obergeschoss ist morsch. Das gilt auch für die Treppe ins Obergeschoss. SoAbenteuer fern ein Charakter keinen Geschicklichkeits-/ Athletik-Test mit MW 17 besteht, geben die Stufen, auf denen er steht, plötzlich nach, und er stürzt maximal zwei Meter in die Tiefe. Der gleiche Test wird auch nach Betreten des Obergeschosses wiederholt. Bei Fehlschlag bricht der Boden unter dem Charakter ein, und der Betroffene stürzt zwei Meter tief ins Untergeschoss. cken. Hinweise zu unterirdischen Expeditionen finden sich auf S. 321 im Grundregelwerk. Eine Durchsuchung des Erdgeschosses ergibt dreckige Zimmer, alte, kaputte Holzmöbel, die zum Teil verschürt wurden, sowie einige Bettstätten aus beschmutzten Wolldecken. Einer der Räume wird offensichtlich als Latrine benutzt. In dem Haus haben sich einige Obdachlose und Bettler eingelassen, die tagsüber außer Haus sind, sofern einige nicht gerade ihren Rausch ausschlafen. Die Charaktere befinden sich in einem runden, völlig leeren Raum mit gemauerten Wänden. Der Durchmesser des Raumes beträgt sechs Meter. Eine Stiege führt hinab in die dritte Etage, aus der ein Lichtschein hinaufdringt. Eine Falltür im Boden führt in einen unaufgeräumten Erdkeller, in dem sich kaputte Kisten, alte Kleider und alte Kartoffelsäcke stapeln. Mit MW 15 bei einem Aufmerksamkeitswurf bemerkt man, dass die in die Keller führende Leiter noch keine Anzeichen von Verfall zeigt. Bei einer gründlichen Durchsuchung des Kellers mit MW 16 stoßen die Charaktere schließlich auf eine Holzkiste, unter der sich der Einstieg in die Unterwelt verbirg. Ein Aufmerksamkeitswurf mit MW 11 ergibt, dass an der Unterseite der Kiste zwei Lederschlaufen angebracht wurden, die offenbar dazu dienen, die Kiste von unten her über das Einstiegsloch zu ziehen. Eine weitere Leiter führt in lichtlose Tiefen. Der Turm Was die Charaktere vor sich bzw. unter sich haben, sind die Reste eines Turmes, der noch vier Stockwerke misst. Die Charaktere steigen also wenigstens insgesamt acht Meter in die Tiefe, bis sie das Erdgeschoss erreichen. Die einzelnen Stockwerke sind durch kleine Stiegen miteinander verbunden. Alle Räume des Turmes sind staubig, aber nicht so staubig, wie sie nach Jahrhunderten sein müssten. Der Turm dient nämlich als Versteck einer Verbrecher-Gilde, die hier die Mitglieder unterbringt, die kurze oder längere Zeit untertauchen müssen. Einmal in der Woche werden sie mit Nahrungsmitteln versorgt. Die Verbrecher bewohnen nur das zweite Obergeschoss, weil weiter unten die Luft zu schlecht wird. Lichtverhältnisse Unter der Erde ist es grundsätzlich dunkel. Die Charaktere sind daher gut beraten, sich reichlich mit Lampen oder Fackeln einzude- Der Spielleiter sei an dieser Stelle daran erinnert, dass Fackeln und Laternen nicht ewig brennen, was insbesondere bei längeren Expeditionen zu beachten ist. Der dritte Stock Der zweite Stock Hier hausen drei Verbrecher. Die Luft riecht säuerlich und verbraucht. Die Verbrecher haben folgende Werte: Dolche 6 + 2w10, Kurzschwert 6 + 2w10, Kon 6, Rüstung: verstärkte Kleidung (RS: 1). Die Halunken sind gerade mit einem Kartenspiel beschäftigt. Sofern die Charaktere leisen (d.h. mit Schleichen gegen MW 11) in das Obergeschoss des Turms eingestiegen sind, hocken die Verbrecher noch im Schein einer Öllampe beisammen und benutzen eine Kiste als behelfsmäßigen Tisch. Wurden sie jedoch aufgeschreckt, so haben sie die Lampe gelöscht und warten mit gezogenen Waffen in der Dunkelheit. Eine Falltür führt hinab ins nächste Stockwerk. Der erste Stock Hier stinkt es erbärmlich, denn in diesem Raum befindet sich der Latrinenkübel und eine behelfsmäßige Waschgelegenheit. Die Abwässer werden durch eine Falltür ins Erdgeschoss gekippt. Das Erdgeschoss Dieser Raum ist eine wahre Sickergrube, in der sich Faulgase gebildet haben. Das Versteck ist schließlich schon lange in Benutzung. Öffnen die Charaktere die Falltür zum Erdgeschoss, so schlägt ihnen dabei ein umwerfender Gestank entgegen. Lässt ein Charakter eine Fackel nach unten fallen oder steigt mit offenem Licht – und dazu zählt auch eine Laterne – die beschmutzte Stiege nach unten, so löst er damit eine Explosion der Faulgase aus. Jeder Charakter, der sich im Erdgeschoss, auf dem Weg ins Erdgeschoss oder an der Einstiegsluke befindet, erleidet durch die Druckwelle 2w10 betäubenden Schaden, gegen den keine Rüstung schützt. Zudem schleudert die Explosion noch eine Fontäne Jauche empor, die alle im Raum Anwesenden bespritzt. Unter der Wucht der Detonation erbebt auch der Turm, und Staub rieselt aus dem Gemäuer. Er bleibt aber stehen. Seite 29 ANDUIN 95 Beim Abstieg über die glitschige Steige ins Erdgeschoss müssen die Charaktere einen Geschicklichkeits-/Akrobatik-Wurf mit MW 15 bestehen, oder sie stürzen in die Tiefe. Der Boden des Raumes ist 1,50 Meter hoch mit einer stinkenden Mischung aus Jahre alten Abwässern, Urin und Kot gefüllt, landwirtschaftlich auch Gülle genannt. Ein Teil der Abwässer ist durch den gestampften Erdboden gesickert und hat diesen in Morast verwandelt. Es gibt hier nur eine Tür nach draußen, die aber von innen vernagelt wurde. Die Tür hat Härte 10 und Struktur 50. Sofern die Faulgase nicht durch ein Explosion beseitigt wurden, erschweren sie das Atmen, weswegen jeder im Raum vom Ersticken bedroht ist (vgl. Ertrinken im Regelwerk S. 162). Im Erdgeschoss hatten sich zudem Dutzende von Ratten häuslich niedergelassen, die allerdings eventuell durch die Explosion der Faulgase umgekommen sind. Falls nicht, so fallen sie jetzt aufgebracht über die Eindringlinge her. Für das Rattenrudel nehme man die Werte des Schwarmes fleischfressender Fliegen aus dem Grundregelwerk S. 340. Es hilft nichts: Die Charaktere müssen durch die stinkende Brühe waten und die Tür einschlagen. Danach ergießt sich die Jauche in den freigelegten Gang. Der Weg ins Ungewisse Das BÖSE ÜBER DER STADT Damians Spuren folgen, gelangen sie immer wieder an Stellen, an denen die Spuren in zwei Richtungen laufen. Mit einer 50 : 50 Chance erwischen die Charaktere den richtigen Weg, sonst landen sie nach 2w10 Minuten in einer Sackgasse und müssen umkehren. Beim Weg durch die Ruinen wird der zunehmende Luftmangel der schlimmste Feind der Charaktere werden. Für den direkten Weg zum Tempel benötigen die Charaktere zwei Stunden zuzüglich der Zeit, die sie durch Irrwege verlieren. Alle 15 Minuten im Spiel müssen die Charaktere einen Konstitutionswurf ablegen, zunächst gegen MW 8, dann gegen MW 9 und so weiter. Für jeden Fehlschlag erhält der Charakter einen Punkt betäubenden Schaden, bei einem kritischen Fehler sogar zwei. Tragen die Charaktere Fackeln bei sich, die ebenfalls Sauerstoff verbrauchen, so erhöht sich der MW um drei. Ghule! Als die Stadt zerstört wurde, verstecken sich einige der Bewohner in den Keller ihre Häuser bzw. zwischen den Ruinen. Sie alle wurden mitsamt der Stadt lebendig begraben. Zuerst aßen sie die verbliebenen Lebensmittel, dann Ungeziefer, später ihre Toten und dann sich selbst. Im Überlebenskampf wurde der Kannibalismus zu einer monströsen Selbstverständlichkeit. Die Expedition führt die Charaktere weiter in die Ruinen von Szannesh. Als die Stadt geschleift wurde, haben sich unter den Trümmern Hohlräume gebildet, die auch von den Erdmassen nicht gefüllt wurden. Es ist folglich noch Luft vorhanden, allerdings ist diese dünn und muffig. Als die wenigen Überlebenden schließlich am Luftmangel und Entkräftung zu Grunde gingen, ließ ihre Bösartigkeit sie als Ghule (Beschreibung s. Grundregelwerk S. 364) weiterleben. Und nach einigen Jahrhunderten ihres untoten Daseins sind sie verdammt hungrig… Der Weg durch die Ruinen ist ein Alptraum: Die Charaktere müssen sich durch die natürlichen Hohlräume zwängen, durch Spalten kriechen und über Erdhaufen von Einstürzen robben, immer von der Gefahr bedroht, dass die Wände plötzlich nachgeben. Durch eingestürzte Wandstücke betreten sie dann die Reste ehemalige Gebäude. Dort befindet sich nichts von Wert, nur zerstörte Einrichtungen und die Leichen der Erschlagenen, die beim Angriff auf die Stadt umkamen. Zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Expedition sollten die Charaktere von einer gleich großen Gruppe Ghulen attackiert werden. Ob die Charaktere versehentlich in ein Ghulnest hineinlaufen, in einen Hinterhalt geraten oder längere Zeit verfolgt werden, das sei dem Spielleiter überlassen. Glücklicherweise finden die Charaktere dann plötzlich immer wieder “Wegweiser”: Spuren im Staub, weggeworfene abgebrannte Fackeln, frisch durchbrochene Wände. Die sind die Hinterlassenschaften von Damian Foggs Expedition. Er ist seinerzeit durch einen anderen Einstieg hereingekommen und hat sich mühsam mit seinen Helfern den Weg zum Tempel gebahnt. Dabei ging es nicht ohne Irrwege ab. Selbst wenn die Charaktere Auf Grund der beengten Verhältnisse in den Gängen oder unterirdischen Räumen wird der Gebrauch jeder Waffe, welche die Größenklasse M überschreitet – zum Beispiel Zweihandwaffen – mit einem Abzug von -3 belegt; zudem entfällt der Stärkebonus auf den Schaden. Des Weiteren bleibt nur wenig Platz zum Ausweichen, wodurch der VW aller Beteiligten, auch der Ghule um -2 reduziert wird; dies gilt auch für Ausweichmanöver. Seite 30 Die Ghule sind übrigens auch die Erklärung dafür, weswegen die Tür im Erdgeschoss des Turmes von innen vernagelt war. Der Tempel Der Spielleiter sollte den Weg der Charaktere atmosphärisch so dicht wie möglich schildern. Sie befinden sich gut zehn Meter unter der Oberfläche, und können jederzeit von einem Erdrutsch verschüttet werden. Um sie herum ist es dunkel, und ihre Sichtweite ist stark begrenzt. Da kann schon ein Gefühl der Klaustrophobie aufkommen. Deswegen führt der Spielleiter einmal einen Furchtwurf mit 2 + 2w10 gegen den geistigen Widerstand (GW) der Charaktere durch. Näheres zur Auswirkung von Furcht auf Seite 311 im Grundregelwerk. Die Furcht dauert bis zur Rückkehr der Charaktere ans Tageslicht an. Am Ende ihrer Odyssee landen die Charaktere schließlich in der zerstörten Haupthalle des Tempels. Eingestürzte Säulen und Teile des eingebrochenen Dachs haben sich so verkeilt, dass sie eine Art schiefes M bilden, welches den Tempel vom völligen Einsturz bewahrt hat. Trotz der Zerstörung ist die frühere Majestät des Tempels noch zu erahnen: Herrliche Reliefs und Verzierungen bedecken Wände, Säulen und Boden. In der Altarnische prangt in dunklem Stein meterhoch das Zeichen Daenethors. Damian Foggs Spuren führen die Charaktere zu einer geheimen Bibliothek. Die Geheimtür in der Wand wurde offengelassen. Schriftrollen und Folianten liegen achtlos herum; offenbar wurde der gesamte Raum durchsucht und dabei auf den Kopf gestellt. Das war Fogg, der nach einer Möglichkeit suchte, seine Gott zurückzuholen. Alle wesentlichen Fundstücke hat er mitgenommen, in mühevoller jahrelanger Kleinarbeit aus der Alten Sprache übersetzt und schließlich außerhalb seines Hauses an einem nur ihm bekannten Ort versteckt. Die Charaktere sollte nur wenig Gelegenheit erhalten, sich hier umzusehen. Kaum haben sie eine Schriftrolle oder einen Folianten aufgenommen, geht ein Stöhnen durch das Gemäuer des Tempels. Nach Jahrhunderten gibt die belastete Struktur endlich nach. Die Charaktere müssen rasch zum Ausgang rennen, während um sie herum die Decke einstürzt. Dreimal müssen sie dabei einen Ausweichen-Wurf mit MW 13 bestehen, um nicht von Trümmerstücken getroffen zu werden und 1w10 + 3 Schaden zu nehmen. Kaum haben die Charaktere den Tempel verlassen, als er auch schon hinter ihnen einstürzt. Eine gewaltige Wolke aus Staub und Dreck hüllt die Charaktere ein, und sie müsse zehn Runden lang die Luft anhalten, um keinen Dreck einzuatmen (vgl. Ertrinken S. 162 im Regelwerk). Abenteuer ANDUIN 95 DAS BÖSE ÜBER DER STADT Der Weg zurück dauert für die Charaktere wieder wenigstens zwei Stunden, wobei sie wieder aufpassen müssen, ob sie nicht Damians Spuren in die falsche Richtung folgen. Dies entscheiden Orientierungswürfe mit MW 11. Die Charaktere müssen so oft würfeln, wie sie auf dem Herweg Abzweigungen hatten; also nach Entscheid des Spielleiters. Jeder Fehlschlag kostet 2w10 Minuten zusätzliche Wegzeit. Wie auch beim Hinweg, müssen die Charaktere auch jetzt Konstitutionswürfe ausführen. Es spielt keine Rolle, ob die Charaktere den Weg zurück zum Turm nehmen oder Damians Spuren zurückverfolgen zu einem Gebäude mit vier Geschossen, dessen Deckenausstieg in ein enormes leeres Weinfass führt, dessen Vorderteil sich aufklappen lässt. Die Charaktere sind in einer Kellerei gelandet, die einem der verstorbenen Kultisten gehörte. Endlich können sie wieder frische Luft atmen! Bei sich haben sie eins der Dokumente aus der Tempelbibliothek, das der Entzifferung harrt. Sollten die Charaktere nicht daran gedacht haben, so legt der Spielleiter fest, dass einer der Charaktere unbewusst eine Schriftrolle umklammert hatte, als er aus dem einstürzenden Tempel floh. Erfahrungspunkte Abstieg in die Unterwelt und erfolgreiche Rückkehr: 1 EP Kampf gegen die Ghule: 1 EP 3. Akt A ls Letztes muss das mitgebrachte Schriftstück entziffert werden. Falls sich einer der Charaktere bislang mit der Kladde aus Damian Foggs Besitz, welche als Wörterbuch und Grammatik zur Alten Sprache dient, regelmäßig beschäftigt hat, so kann er jetzt sechs Erfahrungspunkte ausgeben, um die Alte Sprache verstehen zu können. In diesem Fall benötigt er auf Grund der Komplexität der Sprache einen Tag, um sich durch das Fundstück zu lesen und zur entscheidenden Stelle zu gelangen. Es dauert genauso lange, die Schrift von einem Gelehrten – z. B. in einem der Tempel – übersetzen zu lassen. Bei dem Schriftstück, egal ob Foliant oder dicke Schriftrolle, handelt es sich offenbar um einen Teil der Stadtchronik von Szannesh. Leider ist das genaue Datum nicht mehr leserlich. Gegen Ende des Dokumente stößt der Leser auf folgende Passage: “…doch in jener Zeit geschah es, dass großer Unfriede unsere Stadt Szannesh heimsuchte. Unruhe und Streit herrschte unter der BeAbenteuer völkerung, und schließlich reichte bereits ein falsches Wort aus, dass Blut vergossen wurde. Alle Bemühungen unseres gnädigen Herrschers Simeon IV., den Zustand der Verrohung und Zügellosigkeit zu beenden, wurden mit Zorn beantwortet – so wie bei einem Hunde, der die Hand beißt, die ihn füttert. Schließlich hielt nichts mehr die schäumende Wut des undankbaren Volkes in Schranken, und ein wütender Mob wälzte sich durch die Straßen, Tod und Zerstörung folgten ihm wie Bluthunde. Bruder wandte sich gegen Bruder, Väter gegen ihre Kinder. Doch in der dunkelsten Stunde erbarmte sich der, der von nun an Daenethor geheißen würde, unserer. Er erfüllte unseren Herrscher Simeon IV., und dieser trat hinaus vor das wütende Volk und sprach zu ihm. Da wich die Verblendung von ihnen, und die Weisheit der Worte Daenethors erfüllten ihr Herz. Und so gelobte das Volk, seinen Retter Daenethor zu verehren bis zum Ende aller Zeit und ihm einen Platz in ihrer Mitte zu geben, wie er ihm gebührte, auf das er die Geschicke Szanneshs lenken möge bis in alle Ewigkeit. Und so kehrte die Hoffnung in die Straßen von Szannesh zurück, und die Stadt blühte und gedieh unter der Herrschaft Daenethors, unseres Allerhöchsten, dessen fleischliche Hülle einst Simeon IV. gewesen ward. Diejenigen aber, die falschen Geistes waren und sich weigerten, die Güte unseres Herren anzuerkennen und ihn zu verehren, wie es versprochen ward, wurden gefangen und geopfert zu seinem Wohlgefallen. Heil Daenethor!” Auf den Folgeseiten wird die Herrschaft Daenethors gepriesen. Wer zwischen den Zeilen liest, erkennt jedoch schnell, dass es sich um eine Diktatur handelte, in der jeder jeden bespitzelte, um ihn beim kleinsten Verdacht auf Unbotmäßigkeit an die Obrigkeit zu verraten. Hexenkessel In dem Augenblick, in dem die Charaktere die Parallelen zwischen der Lage in Szannesh und der jetzigen Stadt verstehen, sollte der Volksaufstand losbrechen. Eine aufgewühlte Menge drängt sich durch die Straßen, bewaffnet mit allem, was ihr in die Hände gerät, und greift alle Vertreter der verhassten Obrigkeit an. Die Straßen verwandeln sich in ein Schlachtfeld, durch das man sich nur mit größter Mühe seinen Weg bahnen kann. Überall werden Scheiben eingeschlagen und Gegenstände demoliert. Tod und Verwüstung kennzeichnen den Weg des Mobs. Den Charakteren sollte mittlerweile klargeworden sein, dass Daenethor versuchen wird, den Herrscher der Stadt zu übernehmen und dann Kraft seines Einflusses den Aufstand zu beenden. Danach wird er sich als Retter in höchster Not feiern und verehren lassen. Die alte Schrift lässt auch keinen Zweifel daran, welches Schicksal Daenethors Gegnern droht. Die Charaktere müssen also zur Residenz des Herrschers gelangen. Dazu können sie in wildem Galopp durch die Straßen sprengen und jeden Widerstand niederreiten oder den gefahrvollen Weg über die Dächer wählen oder sich zu Fuß durch die Straßen der Stadt bewegen und zu versuchen, den Mob in Seitengassen zu umgehen oder zu überholen. Die Rettung des Bürgermeisters Stadtwachen werden ergriffen und zu Tode getrampelt, das Rathaus gestürmt und alle Beamten verprügelt, erschlagen oder zum Fenster hinaus geworfen. Rasch werden einige Stricke organisiert, dem Bürgermeister und den höchsten Beamten die Schlinge um den Hals gelegt, und dann werden sie vom Rathausbalkon gestoßen, um zu baumeln. Es liegt an den Charakteren, diesen Lynchmord noch zu verhindern. Die Mitglieder des Mobs sind keine ausgebildeten Kämpfer, und ihre Waffen sind Knüppel, Handsicheln, Werkzeuge wie Hämmer und Äxte, aber auch Messer in verschiedenen Größen. Was ihnen an Kampfgeschick fehlt, machen sie aber durch ihre blinde Wut wieder wett. Schwer verwundete Gegner geben sofort auf oder versuchen zu fliehen. Allerdings verlieren die Charaktere wertvolle Zeit auf dem Weg zur Residenz des Fürsten. Ihr weiteres Fortkommen kann dann noch durch aggressive Zusammenrottungen von Aufständischen und Plünderern behindert werden. Die Residenz Der Wohnsitz des Fürsten ist zur Verteidigung vorbereitet worden: Türen und Fenster im Erdgeschoss sind verrammelt, und in einigen Fenstern des Obergeschosses sind Wachen mit Armbrüsten oder Bögen zu sehen. Die Spielercharaktere werden zunächst mit einem Warnschuss empfangen, sofern sie offensichtlich bewaffnet sind. Der Zutritt zur Residenz ist ihnen verwehrt. Jetzt kann es sich auszahlen, falls die Charaktere bislang mit der Obrigkeit gut zusammengearbeitet haben und ihre Namen bekannt sind. Andernfalls müssen sie ihr Charisma einsetzten oder überzeugend argumentierten. Sind sie erfolgreich, wird aus einem Fenster im Obergeschoss ein Seil herabgelassen, an dem sie emporklettern müssen. Kaum haben sie es geschafft, stürmt schon der aufgebrachte Seite 31 ANDUIN 95 Mob auf den Platz, und das Seil muss rasch eingeholt werden. In der Residenz angekommen, müssen die Charaktere zuerst die Wachen überzeugen, dass man ihnen ihre Waffen lässt und dass sie dringend zum Fürsten müssen. Vielleicht versuchen die Charaktere aber auch zuerst, den Mob zu besänftigen und die Menge durch Verhandlungen hinzuhalten oder irgendwie zu beeinflussen. Daenethors Rückkehr Der Fürst befindet sich in seinen Privatgemächern mit einigen seiner treuesten Gardisten. Die Anzahl entspricht der der Spielercharaktere. Der Spielleiter entscheidet, ob Daenethor den Fürsten übernimmt, Das BÖSE ÜBER DER STADT bevor oder nachdem die Charaktere eingetroffen sind. Dabei sollte er fairerweise die Konsequenzen dieser Entscheidung ebenso berücksichtigen wie die Geschwindigkeit, mit der die Charaktere zur Residenz gelangt sind. Der Fürst wurde bereits übernommen Daenethor ist am Ziel angelangt. Sein neuer Körper verfügt bereits über ungeahnte Fähigkeiten; die Werte befinden sich im Appendix. Äußerlich erscheint der Fürst unverändert, es geht jedoch eine Aura großer Macht von ihm aus, und sein Blick hat etwas Zwingendes. Es ist unmöglich, die Gardisten des Fürsten davon zu überzeugen, dass ihr Herr von einer dunklen Macht besessen ist. Der Fürst sagt lediglich beiläufig zu seinen Wachen: “Merkt Ihr, dass sie mit den Aufständischen im Bunde sind. Es sind Verräter. Tötet sie!” Der Kampflärm alarmiert sofort weitere Wachen. Sind die Charaktere zum Gemach des Fürsten geleitet worden, so haben sie es mit wenigstens zwei weiteren Gardisten zu tun, und nach drei Runden treffen 1W4 weitere Soldaten ein. Der Rest der Soldaten ist mit der Verteidigung der Residenz gegen die Aufständischen beschäftigt. Ihr Anzahl kann mit 1W6 + 4 willkürlich bestimmt werden. Sobald die Charaktere mit den Soldaten fertig geworden sind, müssen sie feststellen, dass Daenethor ein harter Brocken ist. Vielleicht müssen sie unverrichteter Dinge fliehen. Der Fürst wurde noch nicht übernommen Unterrichten die Charaktere den Fürsten von ihren Erkenntnissen, so schnauzt er sie an: “Was erzählt Ihr da für Märchen? Merkt Ihr nicht, dass wir ganz andere Probleme im Augenblick haben? Helft lieber bei der Verteidigung meines Heims!” Einen Augenblick später entringt sich ein Röcheln seiner Kehle, und die Augäpfel verdrehen sich nach oben, bis nur noch das Weiße zu sehen ist. Ein kurzes Zucken läuft durch seinen Körper, während seine Wache ihn ratlos und verblüfft anstarren. Dann entspannt sich der Fürst, und ein Lächeln gleitet über seinen Lippen. Das Ganze dauert zehn Sekunden. Daenethor hat gerade den Fürsten übernommen. Ihm bleiben noch zwanzig Sekunden, bis sein neuer Körper die volle Macht erlangt. In dieser Zeit ist er verwundbar wie ein normaler Mensch. Stirbt der Fürst in dieser Zeit, so wird Daenethor damit aus der materiellen Ebene verbannt. Die Charaktere können die Gelegenheit ausnutzen, dass die Aufmerksamkeit der Wachen sich auf den Fürsten konzentriert, und angreifen. Die Wachen gelten als überrascht und sind eine Runde lang nicht handlungsfähig. Der Fürst hingegen versucht, in die anliegenden Gemächer zu fliehen und Verstärkung zu rufen. Die Gardisten verteidigen ihren Herren bis zum Tode. Sollte der Fürst getötet werden, versuchen sie, sich an seinen Mördern zu rächen. Wie im vorherigen Abschnitt ruft auch hier der Kampf weitere Soldaten herbei. Da Daenthor geschlagen ist, weicht mit ihm auch die Atmosphäre der Aggression von der Stadt, und der Aufstand hört innerhalb kurzer Zeit auf zu existieren. Sollte einer der Charaktere den Fürsten k.o. schlagen, während Daenethor diesen übernimmt, so nehmen die Wachen die Gruppe fest. Sobald der Fürst aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht, lässt er die Charaktere im Keller einsperren, und versichert, dass er sich um die Angelegenheit kümmern werde, sobald der Aufstand niedergeschlagen sei. Es liegt im Ermessen des Spielleiters, ob die Übernahme des Fürsten durch Daenethor dann gescheitert ist oder nicht. Flucht aus der Residenz Egal, ob die Charaktere jetzt eingesperrt sind, den Fürsten getötet haben oder vor Daenethor fliehen, sie müssen die Residenz verlassen. Ein waghalsiger Sprung aus einem unbewachten Fenster in die Menge darunter mag da bereits helfen. Für den Mob sind Seite 32 Abenteuer ANDUIN 95 DAS BÖSE ÜBER DER STADT jedoch aller Personen, die aus der Residenz kommen, Feinde, und der gesprungene Charakter läuft in Gefahr, mit bloßen Händen in Stücke gerissen zu werden. Der Charakter muss um sein Leben kämpfen. Sind die Charaktere zur Residenz geritten, so stehen ihre Pferde vielleicht noch irgendwo so in der Menge, dass man mit einem waghalsigen Sprung im Sattel landen und davon reiten kann. Allerdings wird der Mob dann immer noch versuchen, den Reiter vom Pferd zu ziehen. Alternativ können die Charaktere sich auch entschließen, die Wachen an einer verbarrikadierten Tür zu überfallen, diese zu öffnen und sich dem Mob damit als Verbündete anzubiedern. Während die mordlüsterne Menge ins Haus strömt, können die Spieler sich dann absetzen. Die Flucht sollte so dramatisch und schnell ablaufen wie möglich. Daenethors Plan Sobald Daenethor den Fürsten übernommen hat, und die Charaktere ausgeschaltet sind, tritt er auf den Balkon der Residenz und wendet sich gebieterisch an das Volk. Die Menge kann sich seiner hypnotischen Ausstrahlung nicht entziehen und lauscht atemlos seinen Worten. Zugleich beendet Daenethor den Bann der Aggression, den er über die Stadt gelegt hat, und bricht damit dem Aufstand das Genick. Er beendet seinen Ansprache mit den Worten: “Geht jetzt nach Hause, und die Angelegenheit ist damit erledigt. Ihr seid nur unschuldige Opfer, die Volksverhetzern zum Opfer gefallen sind. Gegen diese werde ich unnachsichtig vorgehen, aber euch ist nichts vorzuwerfen. Und nun geht!” Die “Volksverhetzer” sind entweder die Charaktere, die mittlerweile auf der Flucht sind oder in seinem Keller schmachten, sowie alle möglichen Feinde, derer sich Daenethor in den kommenden Wochen entledigen will. Daenethor tritt diesmal nicht als Gott auf, sondern behält die Rolle des Fürsten bei und errichtet unter dem Vorwand von Ordnung und Sicherheit ein totalitäres Regime, in dem ein Bürger den nächsten bespitzelt, um sich bei der Obrigkeit einzuschmeicheln. Nach und nach wird Daenethor durch Intrigen die Vertretungen der verschiedenen Religionen gegeneinander ausspielen und ihre Machtposition innerhalb der Stadt empfindlich beschneiden. Auf der Flucht Sofern den Charakteren die Flucht glückt, haben sie eine ungewissen Zukunft vor sich. Abenteuer Haben sie Daenethor getötet, so sind sie in den Augen der Öffentlichkeit des Mordes schuldig. Sofern sich jemand an ihre Namen oder ihr Aussehen erinnern kann, zum Beispiel die Gardisten in der Residenz, so wird nach ihnen gesucht, und schließlich sogar ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt. Der Preis ist hoch genug, dass es für die Charaktere angeraten scheint, die Region zu verlassen und vielleicht sogar ins Ausland zu fliehen. Überlebt Daenethor, so gibt er den Charakteren offiziell die Schuld am Aufstand sowie den Toten, und setzt ebenfalls ein Kopfgeld auf sie aus. Zudem schreckt er nicht davor zurück, auch gedungene Mörder anzuwerben. Schließlich wissen die Charaktere viel zu viel… Selbst mit den alten Schriften, die von Daenethor künden, wird es den Charakteren schwer fallen, irgend jemanden von ihrer Version der Ereignisse zu überzeugen. Schließlich haben sie keinerlei stichhaltige Beweise, sondern nur Auslegungen vorzubringen. Und keine religiöse Bewegung, so sehr sie sich auch den Kampf gegen die Finsternis auf die Fahnen geschrieben haben mag, wird sich gerne mit dem Mord an einem Fürsten in Verbindung bringen lassen. Erfahrungspunkte Rettung des Bürgermeisters: 1 EP Überleben des Abenteuers: 1 EP Das Ende? Z um Schluss dieser Episode sind die Charaktere vermutlich gesuchte Verbrecher und vogelfrei. Dies ist vielleicht kein schönes Ende, aber eine gute Motivation für die Charaktere, ihr Glück in der Fremde zu versuchen. Falls Daenethor weiterhin über die Stadt herrscht, finden sie eventuell auf ihren Reisen eine Möglichkeit, ihn auszutreiben und den Fürsten von seiner Besessenheit zu erlösen. Oder sie finden Verbündete bei Dämonenjägern und Paladinen und kehren mit einer größeren Gruppe zurück, um ihre Heimatstadt aus Daenethors Klauen zu befreien. Das alternative Ende Dies ist ein möglicher Spielabschluss für den gutherzigen Spielleiter. Sofern es den Spielern gelingt, den Fürsten innerhalb von dreißig Sekunden, nachdem Daenethor in ihn eingedrungen ist, zu töten oder ins Koma zu schicken, so verlässt Daenethor seinen Wirtskörper. Ein unmenschliches Kreischen voller Hass und Verzweiflung ist zu hören, während eine unförmige, grotesk aussehende Wolke aus dem Körper des Fürsten heraustritt und sich rasch auflöst. Im Zimmer ist es plötzlich eiskalt geworden. Jeder Gardist, der dieser Szene beiwohnt, stellt sofort die Kampfhandlungen ein, denn selbst dem Dümmsten ist jetzt klar, dass der Fürst besessen war. In den kommenden Tagen wird der Vorfall von weltlichen und geistlichen Autoritäten untersucht, welche die Charaktere von jeder Schuld freisprechen. Vielleicht gibt es noch eine Belohnung vom Sohn des Fürsten, der froh ist, dass er früher an die Macht kommen durfte. Und dann reiten unsere Helden gemeinsam in den Sonnenuntergang… Ruhm- und Erfahrungspunkte Aktive Teilnahme am gesamten Abenteuer: 1 EP Vernichtung Daenethors (jetzt oder später): 1 RP Appendix Nichtspielercharaktere Hinweis: Die Attributsmodifikatoren sind bereits mit den Fertigkeitswerten verrechnet worden. Der Spielleiter braucht also nur noch 2w10 zum Fertigkeitswert hinzuzufügen. Die Werte können selbstverständlich dem Können der Spielercharaktere entsprechend erhöht oder gesenkt werden. Baron Ignaz von Murnau (Daenethor) Die Zahlen in den Klammern geben die Werte nach der Übernahme an. Eigenschaften: St 5 (10) • Kon 5 (10) • Ge 5 (10) • Wa 5 (10) • Int 6 (11) • Will 7 (12) • Cha 7 (12) Fertigkeiten: Aufmerksamkeit (Wa) 5 (10), Ausweichen (Ge) 5 (10), Beeindrucken (Cha) 8 (13), Empathie (Cha) 7 (12), Etikette (Int) 8 (13), Lesen und Schreiben, Mode (Int) 5 (11), Reiten (Ge) 5 (10), Rhetorik (Cha) 7 (12), Taktik (Int) 5 (11), Tanzen (Ge) 5 (10), Wissen: Kultur (Int) 7 (13), Wissen: Adel (Int) 8 (13), Wissen: Geographie (Int) 5 (11), Wissen: Mathematik (Int) 4 (10), Wissen: Ortskunde “Murnau” (Int) 6 (12), Wissen: Recht und Gesetz (Int) 7 (13), Wissen: Wappenkunde (Int) 6 (12), Zechen (Kon) 5 (10), Fechtwaffen (Ge) 6 (11) Initiative: +0 (+5) Widerstandswerte: VW: 14 (24) Seite 33 ANDUIN 95 SR: 14 (24) GW: 17 (27) Waffen und Kampfwerte: Rapier 6 (11) 1w10 +2 (1w10+7) Schlag/Tritt 0 1 w 1 0 / 2 [(1w10/2 +5] (B) Ringen 0 1 w 1 0 / 2 [(1w10/2 +5] (B) Lebenspunkte Ignatz: 0/5, -2/10, -4/15, -6/20, Außer Gefecht/25, Koma/30 Lebenspunkte Daenethor: 0/10, -2/20, -4/30, -6/40, Außer Gefecht/50, Koma/60 Arkane Macht: 7 (11) Potenzial: 3 (5) Baron Ignatz herrscht trat vor zehn 10 Jahren das Erbe seines Vaters an und herrscht seitdem über Murnau und das Umland. Er ist 45 Jahre alt, mittelgroß und von schlankem Körperbau. Ein leichter Bauchansatz wird durch die gut geschnittene Kleidung erfolgreich kaschiert. Graue Strähnen durchziehen das dunkle, volle Haar und den kurzgestutzten Schnurr- und Kinnbart. Baron Ignatz kleidet sich immer nach der letzten Mode; sein persönlicher Stil setzt auf dezente, geschmackvolle Eleganz. Vor seiner Übernahme durch Daenethor ist Baron Ignatz vor allem daran interessiert, in seiner Stadt Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten. Solange die Charaktere ihm dabei behilflich sind, wird er ihnen weitgehend freie Hand lassen, was jedoch nicht bedeutet, dass sie auf seine umfassende Untertützung zählen können. Ignatz ist ein zu gewiefter Politiker, der immer darauf achtet, sich den Rücken frei zu halten. Daenethor kann nur noch durch Magie oder magische Waffen verletzt werden, sobald er sich länger als dreißig Minuten in seinem menschlichen Körper befindet. Stadtwache Eigenschaften: St 6 • Kon 6 • Ge 6 • Wa 6 • Int 5 • Will 6 • Cha 5 Fertigkeiten: Aufmerksamkeit (Wa) 7, Ausweichen (Ge) 7, Beruf: Stadtwache (Int) 6, Gassenwissen (Int) 5, Einschüchtern (Will) 7, Wissen: Ortskunde “Murnau” (Int) 8, Schwerter (St) 6, Waffenloser Kampf (Ge) 5 Initiative: +2 (0 mit Rüstung) Widerstandswerte: VW: 16 SR: 16 Seite 34 Das BÖSE ÜBER DER STADT GW: 15 Waffen und Kampfwerte: Langschwert 12 2w10 + 1 Dolch 1 1w10 Schlag/Tritt 2 1w10/2 + 1 (B) Ringen 2 1w10/2 + 1 (B) Lebenspunkte: 0/6, -2/12, -4/18, -6/24, Außer Gefecht/30, Koma/36 Ausrüstung: Langschwert, Dolch, Rüstung aus beschlagenem Leder (RS: 5, Bel.: -2), Signalhorn Kultisten Eigenschaften: St 5 • Kon 5 • Ge 6 • Wa 6 • Int 7 • Will 6 • Cha 5 Fertigkeiten: Aufmerksamkeit (Wa) 6, Ausweichen (Ge) 4, Beruf: “jeweiliger Beruf” (Int) 7, Gassenwissen (Int) 3, Wissen: Ortskunde “Murnau” (Int) 8 Weitere Fertigkeiten nach Wahl des Spielleiters Initiative: +2 Widerstandswerte: VW: 16 SR: 14 GW: 18 Waffen und Kampfwerte: Waffe FW inkl. Boni Schaden inkl. Schadensbonus Dolch 1 1w10 Schlag/Tritt 1 1w10/2 (B) Ringen 1 1w10/2 (B) Lebenspunkte: 0/6, -2/12, -4/18, -6/24, Außer Gefecht/30, Koma/36 Ausrüstung: normale Kleidung, Gegenstände des täglichen Bedarfs, Dolch. Weitere Gegenstände nach Wahl des Spielleiters. Bei den Kultisten handelt es sich um Angehöriger des Mittelstandes, die allesamt Daenethor aus rein eigensüchtigen Motiven verehren. Ihr Oberhaupt ist Damian Fogg. Die Kultisten werden hier nur grob skizziert, da die meisten von ihnen sowieso nicht individuell ausgespielt werden müssen. Falls doch, so gilt als Faustregel, dass jeder Kultist Fertigkeiten, die mit seinem Lebensunterhalt in Verbindung stehen, auf Werten von 5 bis 7 hat. Dies schließt auch Foggs Hausdiener mit ein. O FFTO PIC Rollenspielertreffpunkte Es ist nicht immer einfach, Mitspieler zu finden. Aus diesem Grund wurde das Projekt Rollenspielertreffpunkte finden! gegründet. Erstellt werden soll ein Flyer, der auf größeren Messen und Conventions verteilt wird. Darauf sind nach Regionen geordnet Stammtische und Spielrunden zu finden. Wer mehr wissen möchte, selbst einen Treffpunkt melden will oder bereit wäre, Flyer zu verteilen, für den ist folgender Link interessant: www.rollenspiel-almanach.de/ rollenspielertreffpunkte-finden Dort findet man schon jetzt eine längere Liste mit Treffpunkten. Aufständischer Bürger Eigenschaften: St 5 • Kon 5 • Ge 5 • Wa 5 • Int 5 • Will 5 • Cha 5 Fertigkeiten: Aufmerksamkeit (Wa) 5, Ausweichen (Ge) 4, Beruf: “jeweiliger Beruf” (Int) 7, Wissen: Ortskunde “Murnau” (Int) 7 Initiative: +0 Widerstandswerte: VW: 14 SR: 14 GW: 14 Waffen und Kampfwerte: Waffe FW inkl. Boni Schaden inkl. Schadensbonus Improvisiert 1 1w10 0 Schlag/Tritt 1 1w10/2 (B) 0 Ringen 1 1w10/2 (B) 0 Lebenspunkte: 0/5, -2/10, -4/15, -6/20, Außer Gefecht/25, Koma/30 Ausrüstung: normale Kleidung, improvisierte Waffen wie Knüppel, Steine, Messer Diese Bürger sind keine trainierten Kämpfer, sondern Teil eines blutrünstigen Mobs. In ihrer Erregung lassen sie sich zu Gewalttaten hinreißen, die sie tags darauf vermutlich bitter bereuen werden. Lediglich ihre überlegene Zahl macht sie gefährlich. Falls die Charaktere sich mit den Aufständischen auseinander setzen müssen, so kommen auf einen Charakter zwei bis drei Gegner. Abenteuer ANDUIN 95 KRIEGSWESEN IM MITTELALTER Kriegswesen im Mittelalter MITTELALTERLICHE KRIEGSSITUATIONEN REALISTISCHER DARSTELLEN TEXT: JAN-CHRISTIAN SCHOSKA Kriegsgründe: Warum kämpfen? Im Spätmittelalter fand ein Wandel in der Zusammensetzung der Heere statt. Das traditionelle Lehensheer, bestehend aus verpflichteten Wehrfähigen und Lehensträgern, wurde ergänzt durch das neu aufgenommene Söldnerwesen. Die Gründe und Motivationen für Schlachten und Kriege teilen sich in zwei große Bereiche. Einerseits die Ursachen für eine militärische Auseinandersetzung, also die Motive der kriegsführenden Parteien, und andererseits die antreibenden Gedanken der an den Kampfhandlungen teilhabenden Bevölkerungsschichten. Da es nur selten vorkommt, dass Spielercharaktere in Positionen geraten, in denen sie über Krieg und Frieden ganzer Nationen entscheiden können, ist der erste Bereich für Spielleiter nicht ganz so wichtig wie der zweite. Daher wird dieser im Folgenden nur kurz beschrieben. Dagegen sind die Gründe der einzelnen Kämpfer nicht zu unterschätzen. Viele Spielleiter dürften bereits die Erfahrung gemacht haben, dass noch so gut ausgedachte Einleitungen nicht immer für jeden Spieler eine ausreichende Motivation darstellen. Da gibt es den Goldgierigen, für Lesen & Spielen den keine Moral existiert oder den geistlich Verklärten, dem weltliche Gründe unwichtig erscheinen. Welche Mittel und Wege Ihnen als Spielleiter im späten Mittelalter zur Verfügung stehen, um noch den letzten Spieler anzutreiben, wird im Rahmen dieses Abschnittes näher erläutert. Allein die Existenz stehender Heere bietet ein großes Aggressionspotenzial. Noch dazu wenn es an möglichen Konfliktpunkten nicht fehlt. Da gibt es z.B. religiöse Unterschiede, totalitäre Machtansprüche, kulturelle Differenzen und unklare Grenzverhältnisse. Vergleicht man nun die Gründe mit einem RPG wie DSA, so stellt man fest, all diese Gründe werden uns bereits geliefert. Es existiert ein Kontinent namens Aventurien, der auf engstem Raum verschiedenste Kulturen und Reiche beherbergt. Verfeindete Religionen, namentlich das 12-Göttertum und die Erzdämonen, verkörpern die exakten Gegensätze. Ihre Kulte bekämpfen sich bis auf das Letzte. Angestachelt durch machtgierige Fürsten gipfelt das Ganze immer wieder in Kriegszügen. Sie als Spielleiter können nun für interessierte Helden einen realistischen Hintergrund generieren. •Wählen Sie zwei oder mehr Parteien für Ihren Konflikt. •Sorgen Sie für glaubhafte Konfliktgründe. Lassen Sie sich dabei ruhig von geschichtlichen oder aktuellen Ereignissen inspirieren. •Legen Sie einen zeitlichen Ablauf für alle Geschehnisse fest. •Sorgen Sie für ausgearbeitete Erzählsequenzen. Diese geben den Spielern das Gefühl einer sich eigenständig verändernden Welt, die nicht nur auf ihre Aktionen reagiert; sondern sich weitgehend unabhängig von ihnen entwickelt. Das stehende Heer in Form eines Berufsheeres existierte zu Beginn des Spätmittelalters nicht. Damit fällt eine Motivation in Form des Broterwerbs im Dienste einer Partei flach. Dies wird zwar von den meisten Pen & Paper RPGs ignoriert, trifft aber für Spielercharaktere trotzdem zu. Für diese kommen feste Anstellungen nämlich nur selten in Frage, da das Abenteurerleben viele Ortswechsel mit sich bringt. Eine weitere Motivation bilden die Verpflichtungen, die mit Grundbesitz einhergehen. In den meisten spätmittelalterlichen Herrschaftssystemen waren Landbesitzer zu Diensten für das regierende System verpflichtet. Die Dienste reichten von „einfachen“ Frondiensten für die Errichtung von Gebäuden, bis zu Wehrdiensten. Vor allem Adelige mussten ihren Beitrag in den Armeen leisten. Seite 35 ANDUIN 95 KRIEGSWESEN IM MITTELALTER M I TTE LALTE R Wenn wir vom Mittelalter sprechen, dann beziehen wir uns auf die Zeit der Ritter und Burgen. Doch wann begann diese faszinierende Epoche? Und wann endete sie? Die heutzutage bekanntesten Eckdaten sind 500 n.Chr. bis 1500 n.Chr. Festgelegt wurde die Zeit der Epoche erstmals im 17. Jahrhundert. Damals begann das Mittelalter im Jahre 476 mit dem Ende des weströmischen Reiches. Sein Ende wurde mit der Eroberung Konstantinopels im Jahre 1453 datiert. Dies sind allerdings nur vereinfachte Daten. Sie wurden aus rein praktischen Gründen festgesetzt. Bei der Einteilung in die Epochen Altertum, Mittelalter und Neuzeit, stellt sich nämlich das Problem der Begründung einer derartigen Einteilung. So könnten politische, soziale, gesellschaftliche oder auch kirchliche Veränderungen für eine Unterscheidung der Epochen herangezogen werden. Wie entstand also der Begriff Mittelalter? Wie seine zeitliche Festlegung? Diese und andere Daten gelten bis heute noch. Es gibt allerdings trotz einiger markanter Ereignisse keine wirklichen geschichtlichen Brüche, die als Begründung für die Epocheneinteilung verwendet werden können. Zum ersten Mal sprachen die Menschen um das Jahr 1500 n.Chr. von einem Mittelalter. Unter anderem gab die Reformation den Menschen das Gefühl in ein neues Zeitalter einzutreten. Sie dachten, eine dunkle Epoche hätte ihr Ende erreicht und würde durch eine hellere ersetzt. In diesem Zusammenhang wurde der Begriff Mittelalter negativ geprägt. Er stand für eine finstere Periode in der Geschichte. Auch heute noch verwenden wir den Begriff,,finsteres Mittelalter“. Da aber Spielercharaktere nur in den seltesten Fällen adelig oder im Besitz größerer Güter sind, bietet es sich an, die Charaktere von eben solchen Adeligen anheuern zu lassen. Oder aber die Charaktere schließen sich einem der im späten Mittelalter aufkommenden Söldnerverbände an, um dann wiederum von einem der regierenden Systeme angeheuert zu werden. Beide oben beschriebenen Methoden basieren auf materieller Vergütung. Eine derartige Vergütung war im späten Mittelalter nicht unüblich. Die in diesem Zeitraum immer mehr ausufernden, kriegerischen Aktivitäten erforderten viele Soldaten. So viele, dass häufig die Wehrdienstleistenden nicht ausreichend waren. Somit mussten zusätzliche Truppen angeheuert werden. In der Folge entstanden Söldnerverbände, die die Nachfrage befriedigten. Derartige Verbände bieten sich auch für RPGs an. Erstens ist es für einen Spielleiter einfacher in Schlachten verschiedene Gruppierungen auftreten zu lassen, wenn diese aus Personengruppen mit den gleichen Werten bestehen. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel eine Seite 36 Das Mittelalter stellt also einen sehr großen Zeitraum dar. In den ca. 1000 Jahren fanden große Entwicklungen in der Militärtechnik statt. Diese können in diesem Artikel nicht vollständig wiedergegeben werden. Um aber nicht nur einen oberflächlichen Überblick zu liefern, beschränken wir uns auf den für Rollenspiele wichtigsten Teil des Mittelalters, das späte Mittelalter. Im Mittelalter angesiedelte RPGs, wie zum Beispiel DSA, befinden sich technisch gesehen fast immer auf dem Stand des späten Mittelalters. Als Spätmittelalter gilt der Zeitraum vom Ende des Hochmittelalters (ungefähr 1250) bis zum Beginn der Reformation (ungefähr 1500). Gruppe leicht bewaffneter Bauern, eine kleine Einheit gut ausgerüsteter Adliger und ein Söldnerverband. Auf diese Weise sortiert fällt es später leichter den Überblick über das Verhalten der einzelnen Verbände zu behalten. In einigen Spielsystemen gibt es vorgefertigte Listen mit Werten für bestimmte Verbände, die ein Spielleiter verwenden kann. Sollten Sie keine derartigen Listen zur Verfügung haben, erstellen Sie sich ruhig selbst welche. Sie sind nützlich und ersparen eine Menge Arbeit für zukünftige Schlachten. Zweitens sind viele RPG-Gruppen in ihrer Zusammensetzung bereits kleine, schlagkräftige Söldnereinheiten. Sie lassen sich also durchaus als Söldner in einen größeren Verband integrieren. Die materielle Vergütung bestand nicht nur aus harter Währung. Zwar war diese häufig der Anreiz für das Söldnervolk, jedoch bot die Aussicht auf Plündergut schon immer eine starke Motivation. Auch wurde durch die Veränderungen im Spätmittelalter ein Gefecht oft zu einer äußerst verlustreichen Angelegenheit für die Söldner. Durch die massive Ausweitung der Kriege und die Modernisierung der Waffentechnik, wurde der Krieg zu einer noch blutigeren Arbeit für alle Söldner. Noch halb im Kampfrausch, kam es teilweise zu Plünderungen. Neben der Verpflichtung und dem Verdienst gab es aber noch weitere Gründe für eine Teilnahme am Kriegsgeschehen. Abenteuerlust, Kampfeswut und Blutgier sind Eigenschaften, die auch viele Spielercharaktere auszeichnen. Die nachfolgende Liste soll die genannten Motivationen zusammen mit einigen weiteren Situationen als Anregungen für Spielleiter enthalten. •Spielergruppe auf Wanderschaft: Auf einer befestigten Straße begegnet den Charakteren ein Trupp Waffenträger. Diese sind gerade auf dem Weg zu einem Heereszug, um sich mit diesem zu vereinigen. Sobald sie die Charaktere erreicht haben, tritt den Spielercharakteren der vernarbte Anführer in den Weg und mustert sie. Nach kurzem Zögern fordert er die „Neuen“ auf, mit in die Schlacht zu ziehen. Es gäbe Ruhm zu erwerben und der Sold sei gut. •Spielergruppe in einer Stadt: Auf einem belebten Marktplatz versammeln sich Schaulustige um einen Herold. Dieser sorgt mithilfe eines Trommlers für Ruhe und trägt ein Angebot des Herzogs (Titel beliebig) vor. Gesucht werden dringend starke, mutige Männer und Frauen. Ein Kriegszug stehe bevor. Jeder könne sich für eine Entlohnung bei den Männern des Herrschers verpflichten. •Spielergruppe in der Nähe einer Kaserne: Ein den Spielern deutlich überlegener Soldatentrupp verstellt diesen den Weg. Die Spielercharaktere werden aufgefordert, ihre Pflicht in der Armee zu leisten. Dass es sich dabei nicht um einen Vorschlag, sondern um eine Zwangsrekrutierung handelt, wird schnell klar. •Spielergruppe in der Wildnis: An einem kalten Morgen wärmen sich die Spielercharaktere gerade an einem lodernden Lagerfeuer auf, als plötzlich Trommeln ertönen. Kurz darauf ist in einiger Entfernung der Aufmarsch vieler Menschen und Pferde zu hören. Auch aus der entgegengesetzten Richtung sind Geräusche zu vernehmen. Zwei Armeen beziehen Stellung. Leider befinden sich die Charaktere genau zwischen ihnen. •Spieler mit hohem sozialem Status: Eine völlig verstörte Frau taucht bei einem Charakter auf (wahlweise auch ein verstörter Mann). Sie bricht vor dem Charakter zusammen. Nach gutem ZureLesen & Spielen ANDUIN 95 KRIEGSWESEN IM MITTELALTER den beginnt sie schluchzend zu erzählen. Ihr Verlobter wurde in der Nacht vor der Hochzeit von einem Trupp rekrutierender Soldaten aufgegriffen. Sie hätten den im Waffengang Unerfahrenen verpflichtet und mitgenommen. Nun bittet sie den Charakter nach ihrem Verlobten zu suchen. Es liegt an dem Charakter ihn zurückzubringen. Logistik: Wie anfangen? „Die Logistik beeinflusst alle Schlachten – sie entscheidet viele.“ — General Dwight David Eisenhower Nachdem nun die Gründe für einen Krieg feststehen, stellt sich die Frage: Wie anfangen? Dass es dabei nicht nur um militärische Planung geht, wird schnell klar, wenn es dazu kommt die Versorgung der Truppen sicher zu stellen. Lebensmittel müssen besorgt und zu den Kämpfern gebracht werden. Der Nachschub von Ausrüstung jeglicher Art muss gewährleistet werden. Dies fällt unter den Begriff Logistik. Wie in jedem Krieg, spielt die Logistik auch im Spätmittelalter eine entscheidende Rolle. Allerdings lässt sie sich in den meisten Rollenspielen vernachlässigen. Für einen Spielleiter ist weniger die tatsächliche Logistik, als vielmehr die Darstellung derselben wichtig. Solange kein Spielercharakter in den Planungsstab eines Generals berufen wird, muss keine Logistik existieren. Die Erzählung einiger logistischer Bestandteile (z.B.: ein Wagenzug mit Vorräten oder Burschen, die Pfeile an die Front tragen) ist ausreichend. Sollten Sie als Spielleiter aber einmal einer Spielrunde ermöglichen, eine wirkliche Führungsposition zu erreichen, so empfiehlt es sich die Logistik zu umgehen. Die Logistik stellt ein sehr kompliziertes Betätigungsfeld Lesen & Spielen dar. Es kann zu einem echten Spaßkiller werden einen Feldzug bis ins Kleinste zu planen. Als Ausweg bietet sich an, alles Nebensächliche in die Hände von Nichtspielercharakteren zu legen. Die Spieler sind nur für die grobe Planung der militärischen Aktionen zuständig. Ein Heer von Offizieren übernimmt alle anderen Aufgaben. Die eigentliche Logistik erscheint wieder als Erzählsequenzen. Nun einige Beispiele für Spieleraufgaben im Bereich Logistik. •In einem Lager mit ungewöhnlichen Spielercharakteren: Möglich sind grundsätzlich alle Berufe, die im Kriegsfall nur im Bereich Logistik auftreten. Da wären alle Köche, Schmiede und Wagenlenker, die sich in die Gruppe verirrt haben. Alle diese Spielansätze ziehen ihren Reiz aus der besonderen Situation. Nichts was sonst einfach wäre ist auch unter den Bedingungen eines Krieges einfach. Versuchen sie einmal mit knappen Vorräten die Wünsche einer Horde hungriger Söldner (dagegen sind Wölfe harmlos) zu befriedigen. •In einem Lager: Aufgrund des Verlustes eines Unteroffiziers müssen in dem Lager der Charaktere einige wichtige Aufgaben neu verteilt werden. Den Spielern wird die Aufgabe zuteil, die knappen Wasservorräte an die Truppen auszugeben. Es liegt an ihnen zu entscheiden, wer wie viel bekommt. Die Zeit sich Freunde oder Feinde zu machen ist gekommen. Unter normalen Umständen erlebt ein einfacher Soldat, Söldner oder Zivilist die Logistik nicht als Ganzes. Ihm fallen nur einzelne Unternehmungen auf. Um einem Spielleiter die Darstellung der Logistik zu ermöglichen, gibt es nun einige Vorschläge für Erzählsequenzen. •Hinter der Front: Ein leicht bewachter Wagenzug zieht schwerfällig in Richtung Front. Schwer beladen mit billigen Nahrungsmitteln und Wasserfässern. Die unzureichende Bewachung des Zugs bietet Gelegenheit für Überfälle. Ohne die Ankunft eines Wagenzugs ist ein ganzer Frontabschnitt Hunger und Durst ausgeliefert. •In einem Dorf nahe der Frontlinie: Eine Gruppe Soldaten (vom Typ Schläger) klopft bei jedem Bauern an die Tür. Sie fordern Nahrungsmittel und Tiere ein. Ohne Rücksicht wird alles Brauchbare mitgenommen. Auch nicht eindeutig unter dem Zeichen einer der Kriegsparteien stehende Spielercharaktere, kommen in Bedrängnis. •An der Front: Jungen und Mädchen rennen durch den Pfeilhagel zwischen den umgestürzten Wagen und Erdwällen. Sie versuchen unter Lebensgefahr Munition an die Schützen auszugeben. Ein Mädchen mit einem Bündel Pfeile wird getroffen und bricht zusammen. Jemand muss helfen. Außerdem geht den Charakteren selbst die Munition aus. Die Armee: Wer kämpfte? Dieses Kapitel befasst sich mit den Soldaten, die in einem mittelalterlichen Heerzug vorhanden waren. Meist war der mittelalterliche Soldat männlich. Es ist nur ein Fall bekannt, in dem eine Frau, auch als solche unter ihren Kameraden bekannt, offiziell Schulter an Schulter mit ihren männlichen Kameraden kämpfte. Diese Frau konnte wegen ihres rohen Verhaltens allerdings schon fast als Mann angesehen werden,, wenn man den Quellen Glauben schenken darf. So wie die Männer den Frauen im Heer zahlenmäßig überlegen waren, so waren es die Seite 37 ANDUIN 95 Infanteristen der Kavallerie. Das heißt allerdings nicht, dass die Kavallerie weniger wichtig als die Infanterie war. Im Gegenteil. Der berittene Soldat war in einem mittelalterlichen Krieg wichtiger, als der Panzer heute. Es gibt nur wenige bekannte Beispiele in denen eine Armee im Mittelalter einen Krieg ohne Kavallerie gewonnen hat. Also versuchte man ein Gefecht ohne Reiter zu vermeiden. Aus diesem Grund soll gleich noch gesondert auf die Kavallerie eingegangen werden. Infanteristen sind entweder nicht professionelle Kämpfer wie Bauern, Handwerker, Bürger oder ein professioneller zum Kämpfen ausgebildeter Soldat, der im stehenden Heer eines Landes dient und mit dem blutigen Handwerk seinen Lebensunterhalt finanziert. Das wohl jedem Spieler bekannte Beispiel dieser Profis stellt der ordinäre Stadtgardist dar. Aufgrund der fehlenden Ausbildung und mangelnden Erfahrung im Kampf Mann gegen Mann, stellen die nicht professionellen Kämpfer nur in Ausnahmesituationen das wichtigste Glied einer Armee dar, auf dem die taktische Planung des Feldherrn beruht. Viel mehr bilden die erfahrenen Kämpfer das tragende Element in einem Krieg. Den Nichtprofessionellen wird meist nur die undankbare Rolle des Köders zugewiesen oder sie werden als erste in den Kampf geschickt, um dem Gegner möglichst viele Verluste zuzufügen ohne dafür die für viel Geld ausgebildeten Vollzeitsoldaten opfern zu müssen. Natürlich galt nicht immer die Parole, schickt die Bauern vor, die machen das schon – schließlich benötigte das Land auch nach einem Krieg noch eine produktive Landwirtschaft bzw. eine funktionierende Infrastruktur. Die Vollzeitsoldaten können aus allen Volksgruppen stammen, da ein Adeliger eher selten die Rolle eines einfachen Soldaten übernehmen wird. Wie schon erwähnt stellen diese Berufskämpfer das grundlegende Glied einer Armee dar. Diese Soldaten leben in dem Land, dem die Armee in der sie kämpfen angehört. Manchmal konnte es allerdings vorkommen, dass die eigenen Kräfte nicht ausreichend waren. Man musste also Verstärkung von Außen hinzuziehen. Allianzen mit anderen Ländern war eine Möglichkeit, das Anwerben von Söldnern die andere. Söldner wurden nicht einzeln angeworben, sondern Söldner schlossen sich zu Gruppen zusammen, die auch über eigene Erkennungszeichen und Farben verfügten. Diese Gruppen wurden im Ganzen in die eigene Armee eingefügt. Seite 38 KRIEGSWESEN IM MITTELALTER Die Infanterie Die Infanterie stellte den Hauptteil der mittelalterlichen Armeen. Sie verwendete verschiedenste Waffen. Schwerter und Schilde, Speere, Hiebwaffen wie Morgensterne oder Hämmer und Schusswaffen wie Bogen oder Armbrust. Die bis jetzt genannten Soldaten gehörten allesamt der Infanterie an. Außerdem gab es noch die Kavallerie, die meist mit Schild und Schwert oder einem Speer bewaffnet war. Zusätzlich zur Einteilung durch die Bewaffnung, also ob ein Soldat eher für Nah- oder Fernkampf d.h. offensiv oder defensiv orientiert war, wurde die Infanterie noch in Reserveeinheiten und Kampfeinheiten aufgeteilt. Die Kavallerie Die stärkste Waffe auf den Schlachtfeldern des Mittelalters war wohl die Kavallerie. Die speziell für diese berittenen Soldaten gezüchteten Pferde mussten groß gebaut sein, ein enormes Gewicht tragen können und ausdauernd sein. Das Gewicht, das allein der schwer gepanzerte Ritter auf die Waage brachte, lag bei etwa 150 kg, das der Rüstung des Pferdes lag etwas darunter. Ein voll ausgestattetes Pferd mit gepanzertem Ritter trug wenigstens 200 kg. Um während der Schlacht nicht unter der enormen Belastung zusammenzubrechen, mussten die Pferde die oben bereits genannten Eigenschaften erfüllen: Größe, Kraft und Ausdauer. Eigenschaften, die natürlich auch außerhalb der Schlacht trainiert werden mussten, damit das Pferd nicht verweichlichte. Stimmte das Terrain des Schlachtfeldes, mähte die Kavallerie alles nieder. Ein Sieg einer Armee die über keine eigene Kavallerie verfügte, war selten. Hatte man also keine Kavallerie in den eigenen Reihen und stand einer gegnerischen Kavallerie auf freiem Feld gegenüber, standen die Chance eher schlecht und dementsprechend sank die Motivation der eigenen Soldaten. Denn im Kampf von Infanterie gegen Kavallerie gab es nur wenige Möglichkeiten, um nicht von der halben Tonne Gewicht überrannt zu werden und unter den Hufen des Pferdes zu sterben. Die beste Möglichkeit war, das Pferd statt dem Reiter anzugreifen, also zu versuchen das Pferd zu Fall zu bringen, indem man auf die Beine des Pferdes einschlug. Fiel das Pferd, hatte der Reiter wenige Chancen zu überleben. Durch seine schwere Rüstung war er so unbeweglich, dass er Helfer benötigte um sich wieder aufzurichten. Aus eigener Kraft war das unmöglich. Also war das Pferd die Schwachstelle und wurde dementsprechend gepanzert, vor allem im Hals- bereich und an den Beinen. Das ergab zwei Vorteile. Es war schwerer das Pferd zu Fall zu bringen und es war für die Kavallerie leichter, die gegnerische Infanterie nieder zu reiten, ohne, dass das Tier dabei von einem Schwert oder Speer am Hals verletzt wurde. Die Kavallerie war sozusagen die Panzergruppe des Mittelalters. Man benötigte also Kavallerie. Die Chancen auf einen Sieg ohne waren einfach zu gering. Allerdings brachte die Kavallerie im Unterhalt einige Probleme mit. Für die Pferde benötige man Stallungen, weiträumige Wiesen mit festem Boden und genügend Raum zum Haferanbau. Zur Pflege der Tiere, deren Rüstungen und Stallungen waren viele Knechte und Jungen, sowie Schmiede und andere Handwerker notwendig. Die Stallungen wurden häufig in Burgen errichtet, um die Verfügbarkeit der Kavallerie möglichst immer zu garantieren und um die Stallungen einem Gegner im Kriegsfall nicht preiszugeben, was zusätzliche Kosten mit sich brachte. Kavallerie war also sehr kostspielig. Und trotzdem konnte es passieren, dass sie im Kampf wegen sumpfigem oder felsigem Terrain nicht eingesetzt werden konnte. Der Vergleich mit den heutigen Panzern ist also sehr treffend. Bewaffnet war die Kavallerie meist mit Schwert und Schild oder Speer. Allerdings war das gepanzerte Pferd die Hauptwaffe, da die schwere Rüstung die Reiter eher unbeweglich und träge werden ließ. Erscheinung: Wie sahen sie aus? Betrachtet man eine Armee unter dem Blickpunkt eines Rollenspiels, wirft sich automatisch die Frage nach dem allgemeinen visuellen Eindruck der Armee auf die Spielercharaktere auf. Waren Armeen eher ein einheitlicher tarnfarbener Brei in Formation, also etwa heutige Verhältnisse, oder kam eine mittelalterliche Armee schreiend bunt und auffällig daher? Leider ist über die Kleidung der Menschen des Mittelalters relativ wenig bekannt. Speziell die Soldaten und die Männer und Frauen die dem Heerzug folgten, wurden bei den historischen Wissenschaftsarbeiten aus dieser Epoche selten oder nur unvollständig behandelt. Das Wenige was über das Aussehen, also den Kleidungsstil eines gewöhnlichen Soldaten bekannt ist, stammt aus archäologischen Ausgrabungen, historischen Aufzeichnungen, Kunst und comicartigen Abbildungen, wie diejenigen auf dem Teppich von Bayeux, Lesen & Spielen ANDUIN 95 KRIEGSWESEN IM MITTELALTER der eine der Hauptquellen für Bewaffnung und Rüstung dieser Epoche darstellt. Funde aus einer Ausgrabung geben immer lediglich ein Bild davon ab, wie diese spezielle Person schließlich begraben wurde. Ob der Leichnam zu Lebzeiten gleich gekleidet war oder ob die Kleidung des Toten beispielhaft für seine Zeit, also Mode war, weiß niemand. Es lassen sich also nur Vermutungen über die Kleidung anstellen. Setzt man den gesunden Menschenverstand ein, so kommt wohl jeder zu der Erkenntnis, dass Menschen egal in welcher Zeit und Epoche sie lebten, bunte Kleidung häufig der ungefärbten Kleidung vorzogen. Es ist also nicht bewiesen, aber doch in gewisser Weise logisch, dass die Armeen eher farbenfroh anzusehen und wenn es nur zwei Landesfarben waren. Tarnfarbene Kleidung ist eher unwahrscheinlich und wurde, wenn überhaupt, nur für Späher eingesetzt. Der einzelne Soldat trug entweder ein Kettenhemd oder einen Plattenrock. Ob unter oder über der Kleidung war wahrscheinlich von den persönlichen Vorstellungen und Geschmäckern von Kleidung abhängig. Unter der Rüstung musste jedoch und jeder DSA-Spieler weiß das, eine wattierte Unterkleidung getragen werden, damit ein Schwerthieb die Ringe nicht in das eigene Fleisch treiben konnte und das Kettenhemd durch die Reibung mit der Unterkleidung nicht verrutschte. Geht man nach der Kleiderordnung, die für Tempelritter galt, mussten diese eine gepolsterte Kappe, zwei Hemden, den Waffenrock u.a. immer mitführen. Ein Sergeant, weniger gut gerüstet als ein Ritter, trug zum Kettenhemd noch Kettenbeinlinge und z.B. einen Eisenhut, die sogar bemalt wurden. Bei einer kalten Witterung wurde häufig wattierte Kleidung mit einem Gugel (Kapuze mit einem weiten Kragen für Hals und Schultern) getragen. Bei Google oder Ebay findet man immer einige Bilder dazu. Beispielsweise trugen walisische Bogenschützen aus Flynt knielange Tuniken und bis zur Brust reichende Gugel, die einheitlich aus grünem und weißem Stoff genäht wurden. Also eine einheitliche Bekleidung für eine ganze Gruppe von Soldaten. Ob dieses Beispiel jedoch für eine ganze Armee eines Königreichs anwendbar ist oder ob es eher eine Randerscheinung darstellt, ist unsicher. Das Bild einer Armee in der jeder Soldat unterschiedliche Kleidung mit verschiedensten Farben trug ist also genauso möglich, wie eine komplett einheitlich in blau und rot gekleidete Armee oder eine farbliche Übereinstimmung der einzelnen Einheiten. Als SpielLesen & Spielen leiter bleibt einem bei der Farbwahl somit freie Hand. sphäre genau zu wissen welches Organ auf welche Weise verletzt wurde. Ritter schmückten ihren Topfhelm häufig mit einem Zimier (Helmschmuck der an der Oberseite des Helmes angebracht wurde und bei Turnieren phantastische Ausmaße annehmen konnte im Kampf jedoch unzweckmäßig war). Unter den Wohlhabenden waren im 15. Jahrhundert mit Edelsteinen besetzte goldene Kugeln sehr populär, während der einfache Soldat sich auf einen um den Helm gewickelten Schal oder eine Feder am Helm als Schmuck beschränkte. Reich ausgestatte Leibgarden trugen oft mit Edelsteinen besetzte Helmbüsche. Bei all dem ist unwichtig, ob die Verletzung oder Krankheit mitsamt ihren Auswirkungen medizinisch richtig erzählt ist. Sollte dem Spielleiter jedoch einmal ein anwesender Mediziner widersprechen, so gilt auch hier die goldene RPG-Regel: der Spielleiter hat immer Recht. Und etwas, das zu einem guten Rollenspiel beiträgt, kann nie falsch sein! Zur Identifizierung von Einheiten wurden Offizieren häufig Nummern ihrer Einheit auf den Helm gemalt. Ein weiterer Punkt, der unter den Soldaten Prestigestatus erreichte, war die Intensität des Glanzes der Stahlteile einer Rüstung oder des Helmes. Regen, Nebel und Schweiß bedeckten diese Teile nach einem Tagesmarsch mit rotem Flugrost. Also wurde die Rüstung mittels eines Bimssteines und Öl gereinigt und auf Hochglanz poliert. Kettenhemden lassen sich wegen des typischen Ringgeflechtes weniger leicht pflegen. Sie wurden meist in einen Sack mit Sand und Essig gesteckt oder ganz einfach in einem Fass voller Sand gereinigt. Verletzungen: Warum ich? Zu jeder Zeit sind Kämpfe mit Verletzungen und Leid verbunden. Dies gilt besonders auch im Spätmittelalter. Die medizinische Versorgung war, wenn überhaupt vorhanden, mangelhaft und nichts im Vergleich zu unseren heutigen Methoden. Sollten den Charakteren in ihrem Spielsystem keine magischen Mittel zur Verfügung stehen, lassen Sie sie also ruhig die Folgen eines Kampfes spüren. Verletzungen bieten – richtig dargestellt – ein gutes erzählerisches Potential, solange die Spieler nicht nur mit der Veränderung ihrer Werte gequält werden, sondern eine Geschichte erzählt bekommen. Die Spielercharaktere können aktiv in den Heilungsprozess einbezogen werden. Es kann zu einem eigenen Abenteuer geraten, bestimmte Heilkräuter zu suchen oder einen Verletzten sicher durch ein Kriegsgebiet zu eskortieren. Eine Verletzung sollte aber nie mit medizinischen Fachbegriffen beschrieben werden. Erstens waren die meisten Fachwörter oder Krankheitsbilder im späten Mittelalter unbekannt und zweitens zerstört es die Atmo- Allerdings stellt sich die Frage, ob wirklich ein Spieler die Rolle des schwer Verletzten übernehmen sollte. In einer Gruppe mit schauspielerisch veranlagten Spielern kann es sehr stimmungsvoll sein, einen verletzten Charakter darzustellen. Viele Spieler werden sich jedoch benachteiligt fühlen. Für sie ist ein beinahe handlungsunfähiger Charakter ein Spaßkiller. Und nichts kann frustrierender sein, als alleine auf einer Bahre zu liegen, während der Rest der Gruppe nach Heilpflanzen sucht oder gegen eine Horde Gegner kämpft. Für einen solchen Fall empfiehlt es sich, einen NPC als Verletzten zu wählen. Um die Folgen eines Kampfes zu verdeutlichen, ohne dabei einen Charakter zu benachteiligen, gibt es jetzt ein paar Vorschläge für Erzählsequenzen. •Auf Reisen hinter der Front: Ihr Weg führt die Charaktere an einer Ansammlung primitiver Zelte vorbei. Nachdem aus dem Inneren eines am Wegrand stehenden Zeltes einige markerschütternde Schreie ertönen, betreten die Charaktere (hoffentlich) dasselbe. In ihm steht Liege an Liege. Ein blutüberströmter Feldarzt versucht einen panisch um sich schlagenden Verwundeten zu behandeln. Er ruft nach dem vermeintlich stärksten Charakter und bittet ihn um Hilfe. Schon sehen sich die Spieler mit einigen Hilfsdiensten beauftragt den Ärzten zur Hand zu gehen. •Mitten im Frontgebiet: Kameraden tragen einen Verletzten über die Leichen der Gefallenen. Ohne Hilfe oder eine Trage kommen die Erschöpften nicht mehr weit. Entweder die Spieler greifen ein und helfen, oder die Träger schleppen den Verwundeten noch einige Schritte, bevor sie zusammenbrechen. •In einer entscheidenden Schlacht: Die Schlacht ist derart wichtig, dass auch noch die letzten Soldaten mobilisiert werden. Ein Teil des Truppenaufgebotes besteht aus schwer Verwundeten. Humpelnde und mit Verbänden übersäte Gestalten ziehen in ein letztes Gefecht. Seite 39 ANDUIN 95 DAS ERBE DER DRACHENTÖCHTER Das Erbe der Drachentöchter EIN KURZES UNIVERSELLES FANTASY-ABENTEUER TEXT: FRIEDERIKE SCHMUTZLER ILLUSTRATION: MONIQUE HAGEL Vorwort D ie beiden schönen Zwillingstöchter des Fürsten Arad von Dekandur, Theria und Ellesin, sind in höchsten Nöten: Ihr böser Vetter Drake von Bel'Adyn hat ihren Vater ermordet und bedrängt nun die Schwestern, ihn zum Nachfolger ihres Vaters zu machen, am besten durch eine Hochzeit mit Theria. Er wird von mächtigen Adligen aus den umliegenden Provinzen unterstützt, denn die beiden jungen Frauen werden nicht nur für vollkommen unfähig gehalten und auch aufgrund ihrer halbelfischen Herkunft abgelehnt, sie hüten auch einen uralten Schatz: das Draconium, ein Edelstein, der es seinem Träger möglich macht, sich mit einem Drachen zu verständigen, ohne den Drachen jedoch dabei zu versklaven oder sich gefügig zu machen. Seit Jahrhunderten ist dieser Stein im Besitz der Familie von Dekandur, und man kennt die weiblichen Dekanduri auch im ganzen Land als die „Drachensprecher“. Nur Theria hat jedoch die Fähigkeit ihrer Vorfahrinnen geerbt, sie ist auch die Erbin von Dekandur. Ihre Schwester Ellesin und deren Verlobter Jack Randall stehen ihr bei gegen die Anfeindungen, doch dann geschieht etwas Unvorhergesehenes: ein Erdbeben zerstört das Draconium. Nur eine uralte Prophezeiung kann jetzt noch helfen: Laut einer alten Handschrift in der Bibliothek von Dekandur besteht noch Hoffnung, ein neues Draconium zu erschaffen mit der Hilfe von einigen Fremden, die in Kürze eintreffen werden (wenn der Spielleiter möchte, kann er sich passende Umschreibungen für die Charaktere ausdenken, die dann in der Prophezeiung erwähnt werden). Die Zutaten müssen allerdings innerhalb von 3 Tagen bis zur Mitternacht des dritten Tages ab Ankunft der Charaktere herbeigeschafft werden, ansonsten ist Dekandur verloren und fällt Drake in die Hände. An diesem Punkt beginnt die Handlung und die Charaktere kommen ins Spiel. Sie können sich auf der Durchreise befinden, aber auch Seite 40 von der wundersamen Gabe der Dekanduri gehört haben und sich daher gezielt auf dem Weg dorthin befinden. Vielleicht ist ihre Information über die Baronie schon älter und sie haben daher noch nichts von Lord Arads Tod gehört. Einstieg D ie Gruppe wird unterwegs von einer Schar von bewaffneten Männern (20 einfache Soldaten/Fußvolk plus ein Hauptmann) angehalten, die behaupten, Wegzoll kassieren zu wollen in Höhe von einem Goldstück pro Kopf. Ihr oberster Herr ist der Lord Drake von Bel'Adyn. Weisen die Charaktere den Hauptmann darauf hin, dass es sich bei der Strasse zum einen um eine öffentliche Strasse handelt und zum anderen (wenn sie bereits das Wissen über die Gegend haben), es sich hier um Land des Herren von Dekandur handelt, werden die Soldaten zum Kampf übergehen. Während des Kampfes kommt ein unbekannter Mann hinzu und hilft der Gruppe. Der Hauptmann zieht sich mit seinen Männern zurück, nicht ohne noch ein paar Schmährufe zu hinterlassen. Der unbekannte Mann stellt sich vor: Sein Name ist Jack Randall, seine momentane Heimat ist das Schloss Dekandur, wo er bei den Schwestern Ellesin und Theria lebt. Er lädt die Gruppe ein, sich ihm anzuschließen. Während die Gruppe mit Randall eintrifft und in den grossen Saal gehen will, fällt ihnen im Burghof ein Mann auf, der das Gleiche Wappen trägt wie die Soldaten, die sie angegriffen haben. Dieser Mann ist jedoch wesentlich vornehmer gekleidet als die Soldaten. Auf Nachfrage erfahren sie, dass es sich hierbei um Drake Bel'Adyn handelt, der um die Hand von Lady Theria anhält. Diese hat jedoch allen Grund, ihn abzulehnen, denn so wie es aussieht, hat Drake den Vater der beiden Schwestern auf dem Gewissen. Nur der Hinweis, dass sie noch trauert, hält den Mann im Moment davon ab, seiner Forderung Nachdruck zu verleihen. Leider hat Bel'Adyn die mächtigsten Adligen der Gegend hinter sich, denn die meisten der Männer sind der Meinung, dass Frauen nicht regieren sollten. Außerdem sind die beiden Frauen Halbelfen, und auch Ellesins Verlöbnis mit dem nicht adligen Jack Randall trägt nicht zur Verbesserung der Lage bei. Die Schwestern glauben jedoch, dass hinter Drakes Plänen etwas ganz anderes steckt, nämlich das Draconium. Hierbei handelt es sich um einen mächtigen Edelstein, der einer dafür ausgebildeten und dieser Fähigkeit mächtigen Magierin die Fähigkeit verleiht, einen Drachen zu rufen. Dieser Drache wird Dekandur gegen alle Widrigkeiten beschützen. Eine alte Sage besagt, dass Dekandur nicht angegriffen werden kann, solange sich das Draconium auf der Burg befindet. Doch ein Erdbeben (von dem nicht ganz klar ist, ob es natürlichen Ursprungs war) kurz vor der Ankunft der Helden hat das Draconium zerstört. Auf der Suche nach Hilfe hat sich eine uralte Prophezeiung gefunden, und Theria hofft nun, die Gefährten helfen ihr dabei und liest ihnen die Prophezeiung vor, wie in der Einleitung beschrieben. Diese weist jedoch nur darauf hin, dass die Gruppe, die sich auf Dekandur befindet, helfen kann. Weitere Hinweise kann laut dem Buch nur der blinde Seher Kherion, der in einer Höhle weiter nördlich wohnt, geben. Jack Randall kann die Gruppe als NSC begleiten, da er sich in der Gegend gut auskennt. Kherions Höhle W er Kherions Höhle betreten will, muss zunächst an dem Torwächter vorbei. Dieser stellt der Gruppe ein Rätsel: Ein Schmerz, ein Ausruf und ein ewig Nein wird stets der Grund von aller Freundschaft sein. Abenteuer ANDUIN 95 DAS ERBE DER DRACHENTÖCHTER Lösung: Harmonie Verfasser: Franz von Brentano Jedes Mitglied der Gruppe hat genau einen Lösungsversuch, ist das Rätsel dann nicht gelöst, muss die Gruppe gegen den Torwächter und seine Untotenarmee kämpfen. Der Torwächter hat noch 10 Zombies hinter sich, er selbst ist schwer gepanzert und mit einer Hiebwaffe wie Schwert oder Morgenstern bewaffnet und sollte kein zu einfacher Gegner für die Gruppe sein. Hinter dem Torwächter betritt die Gruppe eine riesige hohe Höhle, die ca. 20m hoch ist und von der zwei Gänge abgehen. Der erste Gang endet nach kurzer Zeit in einer Bärenhöhle, in der drei Schwarzbären hausen, die die Charaktere sofort angreifen. Nach einem Kampf gegen die Bären nimmt die Gruppe den anderen Gang. Dort erwartet sie nach kurzer Zeit eine weitere Gruppe Zombies (ca. 10-15, je nach Gruppenstärke und Bewaffnung). Dann macht der Gang eine Biegung, und hier warten 7 Spinnen. In der nächsten Höhle sind 6 Spinnen, die den Charakteren das Leben schwer machen, dann endlich begrüßt sie der blinde Seher: Tagen bis zum nächsten Neumond zu besorgen und nach Dekandur zu bringen, ansonsten war alle Mühe umsonst. Die Gruppe verlässt den Seher und macht sich wieder auf den Weg. Die Aufgaben Die Höhlen von Zeria Um zu den in der Prophezeiung genannten Orten zu gelangen, braucht die Gruppe eine Karte. Entweder werden sie eine von Jack Randall erhalten bzw. ihn als Ortskundigen mitnehmen, sie können im Dorf bei der Burg eine Karte käuflich erwerben oder ein Dorfbewohner weist ihnen den Weg. Die Karte sollte den Spielern an dieser Stelle als Handout ausgehändigt werden. Am Eingang findet die Gruppe zwei Torwächter der Goblins, die – wenn sie noch Gelegenheit dazu bekommen – darauf hinweisen, dass in der Höhle ein Ritual zu Ehren des Goblin-Häuptlings stattfindet, aus diesem Grund haben sich alle Stämme der Region dort versammelt. In der Höhle befinden sich über 150 Goblins, die wild zu Trommelmusik tanzen, alle sind sehr ekstatisch und bewaffnet bis an die Zähne. An dieser Stelle kann der Spielleiter, wenn mit Musik gearbeitet wird, gut ein sehr schnelles und rhythmisches Stück mit viel Trommeln einsetzen, um dem Fest die nötige Untermalung zu geben. Gibt es einen Unsichtbarkeitstrunk oder einen entsprechenden Zauber, so ist dieser einzusetzen, denn die Gruppe kann gerne versuchen, sich durch die Goblins durchzumogeln, aber das wird schwer. Der Edelstein befindet sich auf dem Altar, der ganz am Ende der Höhle auf einem natürlichen Sockel steht. Von dort muss er entwendet werden und zurückgebracht werden. Blüten des Mitternachtskrauts Die Pflanze blüht, wie der Name schon sagt, nur um Mitternacht. In dem Wald hat sich jedoch auch eine Räuberbande niedergelassen, die sich nicht gerne stören lässt. „Ihr seid weit gereist, meine Freunde, und ich weiß was euer Begehr ist. Es ist wahrlich edel von euch, den Herrinnen von Dekandur zu helfen, und ihr habt alle Gefahren gemeistert, um zu mir zu finden. Seid mir willkommen und nehmt Platz an meiner Tafel.“ Kherion bietet der Gruppe an, sich auszuruhen und eventuelle Verletzungen zu versorgen sowie etwas zu essen, dann erklärt er, was zu tun ist: „Das Auge des Drachen kann wieder erstellt werden, doch es bedarf vielen Geschicks und vieler Dinge: den Nebelstein, welcher verloren ging in den Höhlen von Zeria, wo die Goblins hausen, Blüten vom Mitternachtskraut, Asche aus dem Tempel von Arkothayn, das Blut von einer Person, die der Magie kundig ist und das Ei eines Greifen. Findet diese Gegenstände und bringt sie nach Dekandur, doch ihr müsst euch beeilen, ihr habt nur wenig Zeit, bis zum nächsten Neumond müsst ihr alles gefunden haben und ins Schloss gebracht haben, denn sonst ist alles verloren!“ Jack Randall weiß, wo die Pflanze wächst, einem Charakter, der sich mit Pflanzen auskennt, dürfte die Blume bei einem gelungenen Fertigkeitswurf ebenfalls bekannt sein. Ein NSC aus dem nahe gelegenen Dorf wird wissen, wo der Tempel zu finden ist, und bei der Aufgabe, bei der es um das Blut geht, sollten die Charaktere im Verlauf des Abenteuers dahinter kommen, dass es reicht, wenn sie einen Magier lediglich in den Finger schneiden. Das Greifenei ist im Gebirge zu finden. Alle Zutaten sind innerhalb von drei Abenteuer Seite 41 ANDUIN 95 Die 20 Männer und Frauen halten die Gruppe für den langen Arm des Gesetzes und wehren sich mit Händen und Füßen, Männer wie Frauen. Im Lager der Räuber findet die Gruppe Nahrungsmittel, die aus umliegenden Dörfern gestohlen wurden, Gold und wertvolle Bücher. Die Pflanze blüht immer um Mitternacht unter einer Eiche, dort findet die Gruppe sie auch. Blut eines Magiebegabten Wie bereits erwähnt, reicht es hier, dass sich ein magischer Charakter allenfalls in den Finger schneidet und zwei-drei Tropfen Blut verliert. Natürlich sollte der Spielleiter an dieser Stelle die Spieler nicht zu schnell auf die richtige Lösung bringen, sondern vielleicht ein wenig mit ihren Ängsten spielen, dass zum Bestehen des Abenteuers einer aus ihrer Gruppe sterben muss. Asche aus dem Tempel von Arkothayn Der Tempel befindet sich unterhalb der Goblinhöhlen, einst war es wohl ein BaneTempel. Im Inneren befinden sich zwei große Spinnen. Der Altar hat zwei Rauchschälchen, in beiden befindet sich Asche. Die richtige Asche ist im linken Schälchen, wenn man von der Tür her kommt, mit Hilfe von Magie oder magischen Gegenständen kann dies entdeckt werden. Ei eines Greifen Die Greifen nisten im Gebirge weit im Norden, noch hinter den Hügeln, in denen sich die Höhlen befinden. Hier gibt es mehrere Nester, denn es ist Brutzeit. Die Greifen sind zu zweit, dann gibt es noch den Rest des Schwarms weiter entfernt. Hat die Gruppe Pferde mitgebracht, wittern die Greifen Beute und schlagen zu, ansonsten lassen sie die Gruppe gewähren, bis sie den Diebstahl entdecken. Die Rückkehr nach Dekandur Z urück in Dekandur hat Ellesin eine traurige Nachricht für die Gruppe: Theria wurde von Drake entführt, er will sie auf diese Weise zu einer sofortigen Eheschließung drängen. Er hat erfahren, dass das Draconium zerstört wurde, und will nun nicht länger auf eine Antwort der Schwestern warten. Außerdem hat er sich neben seinen menschlichen Verbündeten noch einen tierischen dazu geholt: den Drachen Tyrtainur, einen gefürchteter Gegner. Dies weiß die Gruppe und Ellesin allerdings noch nicht Seite 42 DAS ERBE DER DRACHENTÖCHTER zu diesem Zeitpunkt. Da nur Theria in der Lage ist, mit einem Draconium einen Drachen zu rufen, muss erst das neue Draconium erstellt werden, auch Ellesin drängt darauf, denn sie weiß, ihre Schwester würde es niemals zulassen, dass sie gerettet würde, aber dafür im Gegenzug Dekandur und alles, was daran hängt für immer unterginge. Das Ritual wird in der Burg durchgeführt. Es muss noch ein Feuerbecken herbei geschafft werden, in das die Zutaten der Reihe nach geworfen werden, und der folgende Spruch muss von einem Magier verlesen werden: Aus dem Nebel der Stein, die Pflanze der Nacht, Blut des Zauberers, Asche der Bösen Macht, vom Greifen das Ei, das Auge des Drachen wieder sei! Mit einem lauten Knall wird das Feuer verlöschen und in der Asche befindet sich das Draconium, ein faustgroßer, gelblicher und eher unscheinbarer Edelstein. Der Angriff auf Bel'Adyn: D ie Burg wird von mehreren Bewaffneten gehalten. Gelangen die Charaktere in den Innenhof, werden sie feststellen, dass schon eine Hochzeitszeremonie in vollem Gange zu sein scheint. Im linken hinteren Turm befindet sich eine Kapelle, in der auch Theria und Drake sowie ihre Hochzeitsgäste sind. Drake will die Hochzeit um jeden Preis abhalten und wird sich den Abenteurern natürlich in den Weg stellen. Wird er angegriffen, erscheint der Drache, den er zuvor beschwören hat lassen. Hat die Gruppe das Draconium mitgebracht, so wird es Theria übergeben, die damit ihrerseits einen Drachen zu Hilfe ruft. Die beiden Drachen kämpfen gegeneinander, während die Charaktere sich Drake vornehmen sollten. Sobald Drake besiegt ist, verschwindet auch der Drache. Abschluss des Abenteuers D ie beiden Schwestern und Jack Randall sind wieder glücklich zurück auf Dekandur. Sollten die Charaktere sich entschließen, Drake einer übergeordneten Instanz (König, oberster Lehensherr) auszuliefern, dann wird Drake eingekerkert und Jack für seine Verdienste zum Ritter geschlagen und mit dem Lehen Bel'Adyn be- ANMERKUNG Das Abenteuer wurde ursprünglich für Advanced Dungeons and Dragons konzipiert, liegt hier jedoch in einer für verschiedene Systeme spielbaren Form vor. Je nach Gruppengröße, Level und Ausrüstung der Spieler kann die Stärke und Anzahl der Gegner in den Kämpfen verringert bzw. heraufgesetzt werden. lohnt. Theria ihrerseits belohnt die Gruppe, indem sie ihnen erlaubt, sich in der Bibliothek die Zaubersprüche durchzusehen und auch neue Waffen bereitstellt. NSC Sektion Theria von Dekandur Theria ist die ältere der beiden Zwillingsschwestern und somit die Erbin von Dekandur. Sie ist wie ihre Schwester deutlich sichtbar eine Halbelfe, sie hat lange schwarze Haare und ist eine wunderschöne junge Frau. Theria ist eine Magierin, ihre hervorstechendste Fähigkeit ist die Gabe, mit Hilfe des Draconiums einen Drachen herbeizurufen. Das Tier wird jedoch nicht von ihr oder dem Stein beherrscht, sondern stellt sich freiwillig in ihren Dienst. Nur der Träger des Draconiums hat dann Einfluss auf den Drachen und kann sich mit diesem verständigen. Ellesin von Dekandur Die jüngere Zwillingsschwester von Theria und Verlobte von Jack Randall. Ellesin hat blonde Haare und ist ebenso wie ihre Schwester eine Halbelfe. Ellesin verfügt über keinerlei magische Fähigkeiten, sie kann aber gut mit dem Bogen umgehen. Jack Randall Ein junger Mann unbekannter Herkunft, der mit den Schwestern auf der Burg lebt. Jack ist gekleidet wie jemand, der sich im Wald und in der Natur auskennt, je nach System obliegt es dem Spielleiter, sich einen passenden Beruf für ihn auszudenken. Jack ist nicht von Adel, und das sollte auch an seinem Äußeren und seinem Verhalten zu sehen sein. Jack ist der Verlobte von Ellesin von Dekandur. Drake von Bel'Adyn Ein kriegerischer Adliger, der stets in Rüstung auftritt. Er hat den Vater der beiden Schwestern vermutlich umgebracht und hält nun in regelmäßigen Abständen um Therias Hand an, um sich die Macht des Draconiums und auch das Land der Schwestern zu sichern. Abenteuer ANDUIN 95 Religion im Rollenspiel Religion im Rollenspiel DAS DARSTELLEN VON RELIGION IM SPIEL TEXT: VOLKER HERFELD ILLUSTRATION: KATHY SCHAD Es war einmal und ist noch immer so auf einer Ebene weit entfernt, dass die Erste-HilfeKästen durch eine wundersame Fügung des Schicksals laufen konnten. Sie sprachen auch von Zeit zu Zeit, doch diese Überlieferungen sind bestenfalls unsicher, da niemand ihren Ausführungen lauschen wollte, oder sie sprachen im moralischen Hochfrequenzbereich, sehr zur Freude von Verwundeten, die nicht zuhören mussten oder wollten. In größeren Städten brachten diese wunderlichen Arzneiköfferchen ihr Geld dann in einen großen Bau, den sie wohl für eine Waffenschmiede, einen Rüstungsmacher oder eine Kreissparkasse hielten, was aber alles falsch war, denn sie bekamen nie etwas zurück. Wer schon einmal einen Kleriker im Rollenspiel verkörpert hat, weiß wahrscheinlich schon, um welche traurigen Gestalten es sich hier handelt. Auch wenn manche Systeme ihren Priestercharakteren diese bittere Pille vorenthalten (wie etwa DSA), sind Kleriker in Systemen, die ihnen das Monopol auf Heilung zugesichert haben, oftmals nur eine Anlaufstation für Wiedererweckungen. Dies liegt jedoch nicht an dem Spieler, der nach solchen Abenden seine Würfel frustriert in die Ecke feuert, sondern meistens an Problemen der Religionsdarstellung im Rollenspiel allgemein. Schließlich ärgert man sich als Spielleiter immer wieder darüber, dass es nicht gelungen ist, die Helden nur auf Grund der netten Bitten des Oberpriesters auf eine haarsträubend gefährliche Suche zu schicken, und diese erst durch Zugeständnisse diverser Art (ein schöner Heilzauber, ein Trank, ein kleiner Griff in die kirchliche Schatzkammer oder ähnliche Tricks) für sich und das vorbereitete Abenteuer gewonnen werden konnten. Warum ist das eigentlich so schwer? Wieso können Spieler, die anscheinend keinerlei Probleme damit haben, ein anderes Geschlecht, einen Elfen oder Zwerg mit stattlichen 120 Jahren auf dem Buckel, einen zähnefletschenden Barbaren oder Ahnliches zu spielen, nur selten einen wirklich überzeugenden Priester mimen, von anderen gläubiLesen & Spielen gen Helden ganz zu schweigen? Ein Grund ist sicherlich, dass der Glaube, sowohl in unserer als auch in der Fantasywelt, mehr ist als ein bloßes Lippenbekenntnis oder der monatlich fällige Zehnt an die Kirche (zumindest sollte er das sein…). Einer Religion anzugehören heißt generell, eine bestimmte Weltanschauung zu haben, die eigenen Erfahrungen und die Geschichte unter einem bestimmten Blickwinkel zu betrachten. In unserer Spielgruppe wurde dies einmal von einem Spieler sehr konsequent umgesetzt, indem der gespielte Mönch jede Abweichung von seinem sehr asketischen Glauben (was bei zwei trinkfesten, hormonstrotzenden Musketieren als Gefährten häufig der Fall war) als Vorzeichen für eine Strafe seines Gottes ansah – eine Sicht, die natürlich durch jede Niederlage, sei es im Kleinen in einem Kampf oder am Ende eines Abenteuers, bestätigt wurde. Ein Charakter, der leidenschaftlich einer Glaubensrichtung angehört, wird auf einen unvorhergesehenen Schicksalsschlag sicherlich anders reagieren als ein ungläubiges Kind des 20. oder 21. Jahrhunderts. Auch wenn dies manchmal schwer fällt, sollte sich ein(e) Spieler(in) dessen während des Spiels bewusst sein, und Geschehnisse ruhig auch einmal irrational interpretieren. Was bei uns als Aberglaube abgetan wird, wie etwa das Lesen aus den Eingeweiden von Opfertieren nach bester Asterix-Manier, ist in anderen Religionen durchaus legitim und ernst zu nehmen. Und ein Priester, der nach eingehender Betrachtung eines Gänsedarms auf unheilschwangere Wolken am Horizont hinweist, ist bei weitem stimmungsvoller als sein Kollege, der mit statistischen Wahrscheinlichkeitsrechnungen jongliert. Welcher Glaube? Im Fantasyrollenspiel ist der Polytheismus weit verbreitet, was allgemein als stimmungsvoller Gegensatz zu unserer monotheistischen Kultur und Realität aufgefasst wird. Leider bringt so ein Pantheon neben einfallsreichen bunten Namen und der lang ersehnten Gelegenheit, endlich einmal zu Isis und Osiris beten zu können, auch große Schwierigkeiten mit sich. An erster Stelle steht hier natürlich die Vielfalt, die zu berücksichtigen nicht immer leicht ist. Gern verlieren Meister oder Spieler den Überblick, und so fallen einige mächtige Wesen unter den Spieltisch und erfüllen im Heldenleben eine geringere Rolle als der Ork, der hinter der nächsten Ecke lauert. Man kann kaum erwarten, dass jeder auf einmal alle Götter und Nebengötter und deren Heilige und Kindeskinder kennt, doch sollten sich meist ein paar wenige überirdische Gestalten heraus kristallisieren, die für den jeweiligen Landstrich typisch und vorrangig sind. In einer Küstenstadt in DSA beispielsweise sollte sich der Efferd-Kult vom Rondra-Kult der Amazonen durch mehr unterscheiden als durch den bloßen Namen über dem Tempeleingang. Er sollte z.B. auch andere Riten und Verhaltensweisen verlangen, was ja auch stark im Alltagsleben der Bevölkerung sichtbar sein sollte. Dazu stellt sich die Frage, wie denn nun genau dieser oder jener Kult aussieht. Von der Tatsache, dass es keine vorgegebenen Liturgien oder heiligen Schriften für die Zwölf Götter Aventuriens oder die vielen Götter der Vergessenen Reiche gibt, muss man sich hier nicht irritieren lassen. Wer keine genauen Regeln für seinen Glauben kennt, kann diese einfach, vielleicht in Absprache mit dem Spielleiter, erfinden. Dass dann jede Silvanus-Gemeinschaft bei jeder Gruppe anders aussieht und teilweise völlig andere Regeln aufgestellt hat, tut der Sache ja keinen Abbruch. Die Kirche als Kulturträger Wenn man in unsere eigene Vergangenheit zurückblickt, fällt auf, dass die christliche Kirche des Mittelalters neben groß angelegten militärischen Selbstmordkommandos wie den Kreuzzügen auch noch eine andere sehr prägende Seite hatte. Für viele Jahrhunderte war die Kirche der Kulturträger schlechthin. Mönche und Priester waren unter den wenigen Auserwählten, die lesen und schreiben konnten, lange bevor sich der Adel darauf Seite 43 ANDUIN 95 R E L I G I ON Als Religion bezeichnet man eine Vielzahl unterschiedlicher kultureller Phänomene, die menschliches Verhalten, Handeln und Denken prägen und Wertvorstellungen normativ beeinflussen. Es gibt keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Definition des Begriffs Religion. Die weltweit größten Religionen nach Anhängerzahl sind: Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Daoismus, Sikhismus, Judentum, Bahai, Konfuzianismus und Shintō. — Quelle: wikipedia.de besann, auch einmal einer anderen Beschäftigung nachzugehen als dem ständigen Jagen, Bogenschießen, Reiten und Turniere austragen. In Klöstern wurden die Bücher dieser Zeit in mühsamer Handarbeit erstellt, und wer eine Bibliothek aufsuchen wollte, wurde nur in sakralen Gebäuden fündig und kaum bei Hofe. Im Rollenspiel verschiebt sich das Ganze ein wenig, denn hier haben die Klöster als Bildungsanstalten eine enorme Konkurrenz – die Magier und ihre Akademien. Es gibt wohl kaum Magier, die nicht des Lesen und Schreibens mächtig sind, und wenn, dann sind diese bedauerlichen Analphabeten wahrscheinlich das Gespött ihrer Genossen. Diese Abschaffung eines Bildungsmonopols kann für die konkrete Würfelwelt bedeuten, dass sich dadurch eine gewisse Allgemeinbildung enorm verbreiten kann, zumindest weiter, als das im Mittelalter der Fall war. Magier bilden ihre Schüler und Schülerinnen aus. Diese gründen eine eigene Schule, aus der wieder lauter kleine Zauberlehrlinge hervorgehen, die ebenfalls des Lesens mächtig sind, die auch noch weitere Bücher abschreiben (oder diese einfach magisch kopieren, wenn sie etwas fauler sind). Diese Bücher finden immer mehr Verbreitung, und irgendwann gibt es Stadtbibliotheken. Das ist eine der Möglichkeiten. Die andere wäre, einen Konkurrenzkampf zwischen der Art des Wissens der Magierakademien und der Kirchen zu inszenieren, schließlich gründen sich beide auf unterschiedliche Erklärungsmuster für die Welt, was bei den Praios-Geweihten im Schwarzen Auge zum Ausdruck kommt. Hiermit lässt sich ein wunderschönes Verwirrspiel mit den Helden beginnen, wenn diese Nachforschungen über eine seltsame Begebenheit anstellen und dann feststellen müssen, dass die Magierbücher etwas anderes sagen (z.B. eine Störung in den arkanen Kräften, die nur durch einen Seite 44 Religion im Rollenspiel bestimmten Zauber wieder beendet werden kann) als die Priesterbücher (z.B. der Zorn der Götter hat Gestalt angenommen und kann nur durch ein entsprechendes Opfer wieder verbannt werden). Wer von beiden Recht hat, bleibt dem Meister überlassen. Ganz geschickt wäre es, eine Lösung zu finden, die in beide Richtungen interpretiert werden kann, so dass weder die eine noch die andere Art des Wissens in Misskredit gebracht wird. Kirchenaufbau Wer eine fiktive Glaubensgemeinschaft im Rollenspiel darstellen will, sollte sich über die Architektur der Kirche Gedanken machen, also sowohl was den Aufbau der innerkirchlichen Hierarchie als auch eventuell die tatsächlichen Glaubenshäuser anbelangt. Am Anfang aller Überlegungen zum ersten Punkt steht die Entscheidung über die Strenge der Hierarchie. Sind alle Dorfpriesterinnen untereinander gleichberechtigt wie bei Schamanenreligionen und vielen Naturvölkern, die auf Grund der Tatsache, dass ihre Ansiedlungen weit entfernt voneinander liegen und kein regelmäßiger Austausch stattfindet, keine übergreifenden Strukturen haben? Oder nimmt man sich eher eine mehr oder weniger streng organisierte hierarchische Kirche der eigenen Umwelt zum Vorbild (z.B. katholische oder protestantische Kirche)? Nach meiner Erfahrung sind Strukturen wie die in den christlichen Gemeinschaften leichter zu spielen, sei es aus Vertrautheit mit dieser Denkart, sei es aufgrund der höheren überregionalen Macht, die ein derart organisierter Glaube ausüben kann. Im Rollenspiel werden dann meist nur namentliche Variationen des Priesteramtes (Oberpriester, Erzpriester,…) verwendet, selten Titel wie Bischof oder Kardinal, und hoffentlich bei niemandem ein oberster Brückenbauer, der ja nur in einem bestimmten Glauben Sinn macht. Das andere ist die Architektur der Gotteshäuser. Viele Zeichner schwanken zwischen zwei Extremen, der gotischen Kathedrale, die sich besonders für Gruselabenteuer (z.B. AD&D Ravenloft-Setting) eignet, und dem Tempel im pseudo-antiken Stil. Für was man sich entscheidet, ist sicherlich Geschmackssache und sollte der Gruppe, ihren Vorlieben und der Spielwelt angepasst sein. Wenn man sich aber entschieden hat, muss man auch einigermaßen einheitlich bleiben. Grunddesigns können ja verändert werden – eine Kirche aus dem 17. Jahrhundert sieht ja auch anders aus als eine aus den 60er Jahren – doch sollte man nicht gleich in eine andere Kategorie wechseln. Auch hochmoderne Kirchengebäude unserer Zeit besitzen keine Vorhalle Lesen & Spielen ANDUIN 95 Religion im Rollenspiel mit dorischen Säulen. Und wie sollen sich die armen Götter zurechtfinden, wenn jede Grafschaft ihre Heimstätten anders konstruiert? Atheismus Selbst wenn man einmal klar gestellt hat, dass in diesem Fürstentum nun mal für einen bestimmten Tempel Abgaben zu entrichten sind, reicht diese Anstrengung von Seiten des Spielleiters natürlich noch nicht, um eine Religion stimmungsvoll einzubinden. Denn woran glauben eigentlich die Helden? Häufig übertragen Spieler ihre eigene Weltsicht auf die ihrer Charaktere, was nicht selten zu seltsam anmutenden und unfreiwillig komischen Szenen führen kann. Ein profanes Beispiel: Spielleiter: „Ein Blitz zuckt durch den Himmel, und ein tiefes Grollen erschüttert die Erde.” Spieler: „Ich zähle die Sekunden zwischen Blitz und Donner, um festzustellen, wie weit das Gewitter noch entfernt ist.” Es ist immer wieder rührend mit anzusehen, dass in einer vorwissenschaftlichen Welt die Schallgeschwindigkeit kein Geheimnis ist! Die Spieler mögen ja durchaus auch Atheisten sein, die für alles, was geschieht, eine natürliche Erklärung aus dem Hut zaubern können und die Existenz eines Gottes mit dem Hinweis auf die Unbeweisbarkeit verneinen, doch sieht dies in einer Fantasywelt ganz anders aus. Die Götter greifen tatsächlich auch mal ins Geschehen ein und zeigen sich durch ihr Wirken oder durch das Wirken ihrer Diener, mögen diese Geweihte, Kleriker oder sonst wie heißen. Ein Held wird daher einen schwierigen Stand haben, seinen Atheismus zu verteidigen – also genau das Gegenteil unserer Welt. Die beste Lösung hierfür ist wohl, einen solchen Aspekt bei der Erschaffung des Charakters zu berücksichtigen: wo ist er oder sie aufgewachsen, welchem Glauben hängt der Charakter an und wie äußert sich dies? Gab es Momente, die ihn oder sie vielleicht einmal, wenn schon nicht an der Existenz, so doch an der Weisheit der göttlichen Entscheidungen zweifeln ließen? Ein solcher Charakter ist in jedem Fall stimmungsvoller im Rollenspiel als ein 08/15-Atheist, dessen einziger Gott der Spielleiter ist. Diese Überlegungen betreffen nicht nur Priester und Paladine, sondern auch jeden anderen Charakter. Eine versoffene Kriegerin, die schon lange nicht mehr den Göttern geopfert hat, ist wahrscheinlich ein anderer Typ als die im Glauben sichere Kämpferin, die, von sich, ihrer Sicht, ihrer Stärke und der Richtigkeit ihres Glaubens überzeugt, mit dem Namen der Schwertgöttin in die Schlacht zieht. Lesen & Spielen RELIGIO N Mehr über das Thema „Religion im Rollenspiel“ könnt Ihr in der Anduin 87 nachlesen, die sich dem Schwerpunkt Religion widmet. ENV O YER Dieser Artikel ist bereits im Rahmen des Rollenspielmagazins Envoyer veröffentlicht worden. Der Spielleiter Und welchen Einfluss hat eben dieser Spielleiter auf Religionen im Rollenspiel? Neben den offensichtlichen Möglichkeiten des göttlichen Eingreifens und der gewährten Wunder muss sich ein Spielleiter die Frage stellen, inwieweit man einem religiösen Charakter entgegenkommt. Wenn sich ein Spieler als einziger in der Gruppe mit einem fremden, erfundenen Glauben abmüht und einen überzeugten Gläubigen spielt, ohne dass dies vom Spielleiter honoriert wird und sich dann vielleicht zusätzlich auch noch dem Spott der Mitspieler ausgesetzt sieht, die sich dann zu so lustigen Scherzen wie „Dein Gott schläft wohl gerade” nach nicht eingetretenem Beistand von oben hinreißen lassen, ist großer Frust vorprogrammiert. Andererseits darf eine überirdische Macht auch nicht erpressbar sein, so dass Spielleiter hier einen Mittelweg zwischen Unterstützung und scheinbarem im Stich lassen gehen müssen. Ideal ist es natürlich, wenn das scheinbare Von-Gott-Verlassen-Sein sich später als Rettung herausstellt, und den Ungläubigen (oder vielleicht auch nur Andersgläubigen) so die wahre Macht des Gottes gezeigt wird. Fazit Solchen Ansprüchen gerecht zu werden, ist nicht einfach, und für manche Spielgruppen ist Religion vielleicht nicht das dringlichste Problem, wenn man noch damit kämpft, einen halbwegs runden Charakter zu präsentieren, der nicht nur der Spieler in Rüstung mit dem Schwert in der Hand ist. Wer aber mit Religionen spielt und diesen auch als normalerweise lebensgestaltenden Weltanschauungen gerecht werden will, sollte sich vorher gründlich mit dem Thema auseinandersetzen, wie der Glaube für den eigenen Charakter und auch innerhalb der eigenen Gruppe gehandhabt werden soll. Seite 45 ANDUIN 95 DIE RÄUBERHÖHLE IGOR RIEGEL Instant Abenteuer TEIL I: DIE RÄUBERHÖHLE TEXT: ALEXANDER HARTUNG ILLUSTRATION: JENNIFER LANGE Die Räuberbande Die Räuberbande besteht aus acht Gesetzlosen, die ihr Lager in einer Höhle in einem Wald etwa vier Kilometer von einem Dorf entfernt aufgeschlagen haben. Von dort aus überfallen sie kleine Karawanen und einzelne Reisende, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Eine gut bewaffnete Gruppe lassen sie unbehelligt ziehen. Die Bande besteht aus sechs etwa gleich starken Kämpfern, einem Magier und dem Anführer. Ansoru Alltu Ansoru Alltu ist 36 Jahre alt und der Anführer der Bande. Er ist 1,91 m groß, wiegt 107 kg und hat lange, schwarze Haare und einen dunklen Vollbart. Er wurde vor elf Jahren von seinem Lehnsherrn Gut vertrieben. Aus Rache tötete er ihn und wurde so zu einem Gesetzlosen. Die langen Jahren als Räuber und Mörder haben aus dem Bauern einen harten, brutalen und grausamen Menschen gemacht. Im Laufe der Zeit hat Ansoru Alltu erkannt, dass er mit einer Räuberbande größere Raubzüge durchführen kann. Im Laufe von zwei Jahren fand er immer mehr loyale Kriminelle, die ihn als unumstrittenen Anführer akzeptieren. Ansoru Alltu hat sich an das Leben als Gesetzloser gewöhnt. Ihm macht es nichts aus, auf der Flucht zu sein oder in einem geheimen Versteck im Wald zu wohnen. In den letzten Jahren wurde er einer der meist gesuchtesten Räuber im ganzen Reich. Sein Geld gibt er, als einfacher Bauer verkleidet, sofort wieder aus. Er treibt sich oft tagelang in Gasthäusern und Bordellen herum und ist außerdem ein begeisterter Würfelspieler. Ansoru Alltu ist ein sehr starker Kämpfer mit der Keule und guter Bogenschütze, der lange, auf sich alleine gestellt, in der Wildnis überleben kann. Malet Meng Malet Meng ist ein Magier, der seine Ausbildung als Novize abgebrochen hat, weil er sich von den Zwängen der Magiergilde einSeite 46 geengt fühlte. Er ist 34 Jahre alt, 1,72 m groß und wiegt 81 kg. Malet Meng hat dunkelblonde Haare und trägt braune Lederhose mit einer grünen Robe als Überwurf. Der Magier ist ein zurückhaltender Mensch, der aber seine Interessen mit aller Kraft durchsetzen zu vermag. Er neigt zu Grausamkeiten gegenüber seinen Opfern und lässt sich nur vom Anführer der Räuberbande, Ansoru Alltu, zügeln. Malet Meng findet sein Leben momentan recht erträglich. Er möchte durch die Überfälle genug Geld ansammeln, um sich später ein angenehmes Leben in einer Stadt leisten zu können. Wegen eines plump durchgeführten Überfalls wird der Magier in mehreren Städten gesucht. Die Räuber haben keine grausamen Neigungen, gehen aber brutal gegen jeden Feind und gegen jedes Opfer vor. Sie versuchen ihre Opfer nicht zu töten, sondern nur kampfunfähig machen. Trotzdem schrecken sie aber vor einem Mord nicht zurück. Im Kampf bevorzugen sie handliche Holzkeulen und selbst hergestellte Kurzbögen. Der Wolf Die in der Höhle lebenden Wölfe sind alles andere als zahm und stellen auch für die Räuber eine Gefahr dar. Es sind kräftige Tie- Malet Meng ist ein mittelmäßig begabter Runenzauberer, verfügt aber auch über ein wenig Können in der Heil- und Illusionsmagie. Der Magier versucht jeden Nahkampf zu vermeiden. Kann er diesem einmal nicht entkommen, so kämpft er mit einem Dolch. Die Räuber Die Räuber sind eine sehr einheitliche Gruppe. Sie sind zwischen 18 und 34 Jahren alt und werden alle gesucht. Die Gesetzlosen haben keine Ausbildung und verfügen über keine Ersparnisse. Sie leben von ihren Überfällen und sind ihrem Anführer Ansoru Alltu treu ergeben, dessen Befehle sie unbedingt Folge leisten. Den Magier Malet Meng fürchten sie zwar etwas, aber da er ihnen bei Überfällen zur Seite steht, haben sie auch ihn in ihre Gemeinschaft aufgenommen. Lesen & Spielen ANDUIN 95 IGORRÄUBERHÖHLE DIE RIEGEL re, im Rudel geschickte Jäger sind. Außer in den kältesten Monaten, wenn die Nahrung extrem knapp ist, bleiben die Wölfe aber von den Räubern fern. letzten zu versorgen (aus Angst, dass diese ihr Versteck verraten könnten), lassen aber ihre Kameraden zurück, sollte das Risiko bestehen, selbst gefasst zu werden. Die Überfälle Die Räuberhöhle Bei einem Überfall beteiligen sich immer meist vier der sechs Räuber, der Magier und der Anführer. Zwei Räuber bleiben zurück, um die Höhle zu bewachen. Die Räuber wechseln ständig den Ort der Überfalle, so dass nicht ermittelbar ist, wo sich ihr Lager befindet. Oft nimmt die Bande auch einen Tagesmarsch in Kauf, um einen neuen Platz für einen Angriff zu finden. Mehrere Stunden vor dem Raubzug wird in beide Richtungen des Weges je ein Kundschafter geschickt. Meist handelt es sich um einen als Händler getarnten Räuber, der die Straße abläuft, um mögliche Opfer zu auszuspähen. Manchmal besucht ein Räuber auch den Markt, um nach reichen, aber wenig bewachten, Händlern Ausschau zu halten. In vielen Fällen erfolgen die Überfälle einen Tag vor oder nach dem wöchentlich stattfindenden Markt. Die Taktik der Räuber Der erste Angriff der Räuber gilt immer den Wachen, vor allem magiefähigen Wächtern. Sie warten gut getarnt im Unterholz und greifen schnell mit ihren Kurzbögen an. Das Unterholz wurde meist zusätzlich mit einem Illusionszauber des Magiers getarnt, so dass ein zufälliges Entdecken des Hinterhalts nahezu unmöglich ist. Sobald der erste Pfeil abgeschossen wurde, lassen die Räuber ihre Bögen fallen, ziehen ihre Keulen und stürmen aus dem Versteck. Der Magier bleibt versteckt im Wald und versucht die Räuber mit Zaubersprüchen zu unterstützen. Nach dem Überfall Ist der Überfall gelungen, wird die Beute an den schnellsten und besten Läufer, ihren Anführer Ansoru Alltu, übergeben. Dieser rennt, mit wenigen Umwegen, direkt zum Lager zurück. Die anderen Räuber trennen sich und flüchten in verschiedene Richtungen, um mögliche Verfolger zu verwirren. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit finden sich alle Räuber wieder zusammen. Sollte einer der Räuber verletzt sein, so schaffen ihn seine Kameraden von der Straße und lassen ihn vom Zauberer in der Gruppe notdürftig heilen. Misslingt der Überfall, so flüchten die Räuber ebenfalls in alle Himmelrichtungen, verbringen die Nacht jedoch im Freien und treffen sich erst zum übernächsten Sonnenaufgang wieder in ihrem Lager. Die Männer versuchen in einer solchen Situation zwar auch ihre VerLesen & Spielen Die Höhle der Räuber liegt sehr tief im Wald und ist weder durch einen Weg noch einen Trampelpfad zu erreichen – man muss sich durch Unterholz und starken Bewuchs schlagen. Vor der Höhle wacht Tag und Nacht (gut getarnt) immer ein Räuber, der sich zumeist mit einem seiner Gefährten abwechselt. Außerdem ist die Höhle mit einigen Fallen ausgestattet, die entweder vor Eindringlingen warnen oder diese schädigen soll. Lichtung Vor der Höhle ist eine kleine Lichtung, die von großen Bäumen und dichtem Gestrüpp umgeben ist. Auf dieser Lichtung befindet sich eine Feuerstelle, die von sehr trockenem Holz befeuert wird, das im Bereich des Höhleneingangs aufbewahrt wird. 1 – Runenfalle Nach der ersten Abzweigung sind drei kleine, gut getarnte Runen auf dem Boden aufgezeichnet. Wenn man eine dieser Runen betritt, so wird ein Feuerzauber ausgelöst, der alle Personen im Umkreis von 3 Metern trifft. Den Räubern ist der Standort dieser Runen bekannt, daher umgehen sie diese. 2 – Holztor Hier befindet sich ein breites, in der Decke verstecktes Holztor, das vom Wolfkäfig (3) aus gesteuert werden kann. Das Holztor ist sehr stabil und passt sich gut in den Gang ein. Dieses Tor kann dazu genutzt werden, ungebetene Gäste in der Höhle zu fangen. 3 – Wolfshöhle In dieser Höhle, durch ein Gitter vom Gang getrennt, befinden sich drei Wölfe, die von den Räubern versorgt werden. Sie greifen jeden Eindringling an, wenn der Käfig geöffnet wird. An dem Käfig befindet sich auch ein Mechanismus, der das Holztor (2) steuert. 4 – Schlafsaal Hier übernachten die Räuber. In diesem Schlafsaal befinden sich acht Betten mit Strohmatratzen und einige kleinere Schränke sowie ein Regal, in dem die Räuber ihre Bögen und Keulen ablegen. 5 – Versammlungssaal In diesem Raum essen die Räuber und vertreiben sich die Zeit mit Würfelspielen. 6 – Vorratskammer Hier lagern die Speisen und Getränke der Räuber. Der Raum hat einen schmalen Eingang und ist ideal um Lebensmittel kühl zu halten. 7 – Beutekammer In diesem Höhlenraum verstauen die Räuber ihre Beute. Der Eingang des Raums ist mit einer Runenfalle (8) gesichert. 8 – Runenfalle Wie in Raum 1 sind drei kleinere, schwer sichtbare Runen auf dem Boden aufgezeichnet. Wenn man eine dieser Runen betritt, so wird ebenfalls ein Feuerzauber ausgelöst. Mögliche Abenteuer Zufallsbegegnung Die Gruppe streift nur zufällig durch die Region und stellt sich als lohnendes Ziel für einen Überfall heraus. Wächter der Karawane Die Charaktere werden von einem Händler beauftragt seine wertvolle Fracht zu schützen. Nicht weit von dem Dorf entfernt greifen die Räuber an. Bitte um Hilfe Die Gruppe wird von einem Dorfvorsteher gebeten dem Treiben einer Räuberbande ein Ende zu bereiten. Diese überfällt in unregelmäßigen Abständen immer wieder Handelskarawanen und Reisende, die den Weg durch das Dorf nehmen wollen. Die ständigen Raubzüge schaden dem Handel in dem Dorf und führen zu großen Einnahmeverlusten bei dem dortigen Wochenmarkt. Beim letzten Überfall wurden sogar ein Händler und seine beiden Wachen getötet. Mögliche Lösung Es ist nahezu unmöglich für die Gruppe das Versteck der Räuberbande zu entdecken. Nach jedem Überfall trennen sich die Räuber und laufen auf unterschiedlichen Wegen zu ihrem Lager zurück. Dabei versuchen sie alle Spuren zu verwischen. Eine Möglichkeit, die Räuber zur Strecke zur bringe, wäre einen der Männer zu fangen und ihn zu verhören. Weiterhin könnte ein geschickter Spurenleser dem Räuber mit der Beute folgen, der ihn fast auf direktem Weg zur Höhle führt. Dort werden die restlichen Räuber bis zur Nacht eintreffen. Wichtig hierbei ist, dass der Räuber sich nicht verfolgt fühlt. Dann wird er unvorsichtig und gibt sich nicht viel Mühe mit dem Verwischen der Spuren. Seite 47 ANDUIN 95 SCHATTENHAIN Schattenhain EIN AGONE-DRAMA TEXT: THORSTEN SCHLEER ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER „Die Sehnsucht verbrennt mich. Dieses schreckliche Verlangen, unheilbringende Faszination boshafter Schönheit. Keine Liebe, nur verzehrende Glut der Lust, gepaart mit der Bereitschaft zu töten um zu besitzen. Verzeih mir, meine Liebste, was ich mir selbst nicht verzeihen kann. Heute Nacht musst du sterben, weil ich versage!“ Ein Geschenk, ein Kunstwerk, ein Drama, zwei Möglichkeiten zu spielen und einzutauchen in die Welt von AGONE. Einleitung Es ist der 13.Tag des Herbstes, des verfluchten Monats, im Jahr 1450. Auf dem Gut des jungen Barons Rubin de Farouche findet ein Maskenball statt. Eine Feier um die bösen Geister des verfluchten Monats zu täuschen und zu vertreiben und ein Fest um die Verlobung des jungen Herrn mit der schönen Catherine LeBlanc zu feiern. Zahlreiche Gäste sind geladen und beschenken das verliebte Paar. Doch unter Ihnen ist Einer, der ein verhängnisvolles Geschenk mit sich bringt… die Maske. Sein Geschenk ist das Bild SCHATTENHAIN und das Drama beginnt. Zwei Möglichkeiten Es gibt zwei Möglichkeiten dieses Drama zu spielen. Die erste Möglichkeit ist es mit einer normalen Gruppe als Gäste oder Freunde des Barons einzusteigen. Die zweite Möglichkeit ist es, die vorgegebenen NSC an die Spieler zu verteilen und sie in deren Rolle schlüpfen zu lassen. Beide Versionen versprechen ein unterschiedliches Spielempfinden. Das Bild SCHATTENHAIN ist ein faszinierendes Bild, das auf Inspirierte und Glanzlose gleichermaßen erstaunlich wirkt. Es ist von unbestimmtem Alter und von einem unbekannten Künstler. Es zeigt eine erstaunlich realistische Lichtung in einem paradiesischen, schattigen Wald, durch den ein silbernes Flüsschen fließt. Seite 48 Die Schatten der Bäume fallen von allen Seiten auf die Lichtung und scheinen im Verlauf des Tages langsam zu wandern. Auch der Fluss erweckt keinen starren, sondern einen fließenden, lebendigen Eindruck. Betrachtet man das Bild in vollkommener Ruhe, glaubt man fast das Plätschern des Wassers hören zu können. Für den SL Das Kunstwerk ist eine Bilderwelt, geschaffen von dem Inspirierten Satyr Galliot, dessen Abbild auch heute noch in dieser Bilderwelt lebt, sich aber nur nachts in dem veränderten Bild zeigt. •Gemalt wurde das Bild von einem Satyr. •Der Wert des Bildes wird von Sammlern als unbezahlbar angesehen. •Einer von Erkmans Söhnen besaß dieses Bild und es wurde angeblich während der Bruderkriege (991) zerstört. •Urgamands Diener und Berater Quellus stahl seinem Herrn das Bild (993). •In Kesh warf die verstoßene Kurtisane eines Prinzen das Bild aus Eifersucht in ein Feuer. Tagsüber taucht in dem Bild jedoch immer wieder eine unglaublich schöne Frau, eine Morgana auf, die einen männlichen Betrachter sofort in ihren Bann zieht. Nachts ändert sich das Bild. Aus der idyllischen Lichtung wird ein bedrückender Ort. Von den nahen Bäumen, die sich nun mit knorrigen, verwachsenen Ästen der Lichtung zuwenden um sie wie mit Knochenfingern zu fassen, hängen die verwesenden Körper von Männern verschiedener Völker, die ihre Gesichter vom Betrachter abwenden. In diesem nächtlichen Bild taucht immer wieder das Abbild Galliots auf, der traurig über die Lichtung wandert ohne jedoch Kenntnis von den Leichen zu nehmen. Weitere Informationen Durch einen erfolgreichen Wurf auf Geschichte und Legenden (Spezialität: Kunst) + INT gegen DIF 20, kann man herausfinden, dass dieses Bild aus einer Zeit vor der Flamboyanz stammt, jedoch immer wieder in verschiedenen Adelshäusern aufgetaucht ist. Außerdem kann man sich an folgende Gerüchte erinnern: Abenteuer ANDUIN 95 SCHATTENHAIN • Das Bild ist ein Sinnbild für eine sehr große Liebe. • In dem Bild befinden sich kleine Mengen von magischen Splittern (Wert 2), die mit PER + Concord gegen DIF 18 wahrgenommen werden können. Erster Akt Maskenball Das Drama beginnt mit dem Ende des Balls. Die meisten der Gäste verlassen das Anwesen. Der Abend klingt gemütlich aus und die wertvollen Geschenke werden noch einmal fasziniert betrachtet, allen voran natürlich das erstaunliche und bezaubernde Bild vom Schattenhain. Schließlich wird Baron Rubin de Farouche höchst persönlich das Bild in einen anderen Raum bringen und keinem der Gäste, höchstens seiner Verlobten den Zutritt gewähren. Für den SL Ist der Baron ein SC gilt es zu beschreiben wie einzigartig dieses Gemälde ist und wie die Gäste es gierig anstarren. Jeder von Ihnen will das Bild besitzen, das wird dem Baron klar. Doch es ist sein Bild, seines alleine und da ist noch mehr. Noch weiß er nicht was, doch etwas ist da. Ist er kein SC sollten die Spieler des seltsame Verhalten des Barons mitbekommen. Zweiter Akt Die Schöne und das Biest Der Söldner Gold wird zum stetigen Begleiter des Barons, der sich nun zunehmend in den eigenen Wänden bedroht fühlt. Er hat die wunderschöne Frau in dem Bild entdeckt und sie ihn. Das weiß er, denn er kennt nun ihren Namen: Sélené. Gold hat sie auch gesehen, doch sie ignoriert den Söldner, hat nur Augen für den Baron. Sie wartet auf ihn, doch er weiß nicht wie er zu ihr kommen kann. Catherine bemerkt die Veränderungen an ihrem Verlobten, kann sich seine Abweisung jedoch nicht erklären. Auch ihre Vertraute Dhalia kann sich die Veränderung des Barons nicht erklären. Für den SL Ist der Baron ein SC gilt es die Begegnung mit Sélené ausführlich zu beschreiben. Wie wundervoll sie ist und wie verzweifelt. Für den Baron muss Catherine nun zu einer eifersüchtigen Bedrohung werden. Man kann als SL beispielsweise immer wieder einwerfen „Sie ist eifersüchtig“, „Sie wird das Bild zerstöAbenteuer ren“ oder ähnliches, wenn Catherine etwas sagt – als die Stimme im Kopf des Barons. Nichtsdestotrotz liebt der Baron Catherine noch. Auch das sollte klar werden. Für Catherine als SC wird langsam klar, dass sie um Rubin kämpfen muss. Etwas beeinflusst ihn und sehr wahrscheinlich kommt es von diesem Bild. Sind weder Rubin noch Catherine SCs wird sich Lady Catherine an die Spieler wenden und ihnen ihre Verzweiflung schildern und sie um Hilfe bitten. Dritter Akt Blutnacht Es beginnt mit einem Traum. Baron Rubin de Farouche träumt von Sélené. Sie steht nackt auf der Lichtung und hält einen silbernen Dolch. Tränen laufen ihr Gesicht herab und sie flüstert Rubin zu: „Nur das Blut der Liebe öffnet den Weg. Beeile dich…“ Als er erwacht, liegt neben ihm auf dem Nachttisch der silberne Dolch und er weiß, dass Catherine sterben muss, damit er zu Sélené gelangen kann… Früher oder später wird er sich nicht mehr dagegen wehren können oder er wird wahnsinnig. Klebt Catherines Blut an dem Dolch (sie muss nicht tot sein) fungiert er als Schlüssel zur Bilderwelt. Ist sie geöffnet, kann jeder dem Baron folgen. Taucht man in die Bilderwelt ein, sieht man für einen Sekundenbruchteil das Gesicht eines Satyrs, Galliots, und verliert anschließend kurz das Bewusstsein. Öffnet man die Augen wieder, befindet man sich auf der Lichtung. Jedoch auf der Lichtung, wie sie Nachts auf dem Bild erscheint. Auf der Lichtung steht eine Staffelei (Nr.6 auf dem Plan), mit einer genauen Kopie des Bildes vom Schattenhain. Von der Staffelei aus hat man genau den Blickwinkel, den man als Betrachter des Bildes einnimmt. Der Wald ist dicht und man kann sich leicht verlaufen (Navigation DIF 20). Mit einer gelungenen Probe kann man die Himmelrichtung bestimmen in die man läuft. Plan der Bilderwelt 1.) Die Lichtung 2.)Haus von Sélené 3.)Grabmal 4.)Haus von Galliot 5.)Rosenfeld 6.)Staffelei Umgeben ist die Bilderwelt von wallenden schwarzen Wänden, die zwar nachgeben wie zähes Gummi, aber sich nicht durchschreiten lassen. Vierter Akt Schattenhain In diesem Akt ist alles möglich. Sélené wird versuchen den Baron für sich einzuspannen. Sie will Galliot tot sehen, der sie (ihrer Meinung nach) verschmäht. Sie beschreibt ihn als schrecklichen Satyr, der in den Wäldern sein Unwesen treibt und verantwortlich ist für die Toten in den Bäumen (eine Lüge, da sie selbst es ist, die ihre versagenden Verehrer aufknüpft). Auch die anderen Charaktere wird sie versuchen in diese Hetze einzubeziehen oder sie aber durch die Hand des Barons sterben zu lassen. Sélené selbst ist nur ein gezeichnetes Geschöpf des wahren Galliot, der ihr zu ehren diese Bilderwelt erschaffen hat. Solange Galliot in der Bilderwelt lebt, kann sie nicht getötet werden. Nach kurzer Zeit wird ihr Leichnam in einem bunten Farbenspiel zerfließen und sie wird kurz darauf wieder auf der Lichtung erscheinen. Nun wird sie allerdings Jagd auf ihren „Mörder“ machen, voller Hass und ohne Gnade. Galliot wird die „Eindringlinge“ zunächst versuchen zu ignorieren. Gelingt dies nicht wird er versuchen Abstand zu ihnen zu halten. Besonders die Vista Zauber Chaotisches Wachstum oder Blätterwerk eigenen sich hierfür. Er pendelt hauptsächlich zwischen seiner Hütte und dem Grabmal hin und her. Legt Rosen auf das Grab und trauert um seine Liebste. Das Grabmal ist schlicht. Ein einfacher Steinhügel über und über bedeckt mit den wunderschönsten Rosen, die man sich vorstellen kann. Verteidigt Galliot sich selbst, wird er versuchen seinen Gegner nicht zu töten. Verteidigt er aber das Grab kämpft, er ohne Rücksicht. Catherine oder ein anderer weiblicher Charakter kann Galliots Aufmerksamkeit erregen und ihn sogar in ein Gespräch verwickeln. Spricht man von Sélené, wird er weinen und sich zurückziehen. Spricht man von der Frau die ihn töten will, lacht er nur über das „klägliche Abbild“. Auch Galliot ist nur die gemalte Erinnerung an den Schöpfer dieser Bilderwelt und daher auch nicht auf normalem Weg zu töten. Ebenso wie Sélené wird er jedes Mal wieder auf der Lichtung erstehen. Wie man das Problem löst Möglichkeit 1 Ein Treffen zwischen Galliot und Sélené arrangieren. Galliot kann Sélené endgültig töten bzw. sie ihn. Stirbt einer der beiden Seite 49 ANDUIN 95 bricht die Bilderwelt zusammen. Möglichkeit 2 Jeder kann die Staffelei nutzen um aus dem Gedächtnis ein Portrait eines Raumes zu malen. [(Vista+Painting)/2+ INT gegen DIF 20]. Jetzt muss er noch den Silberdolch des Barons erbeuten und in den Fluten des Flusses reinwaschen, dann funktioniert er als Schlüssel zurück. Möglichkeit 3 Catherine oder Rubin sterben im Kampf und der jeweils andere zeigt die Trauer so offensichtlich Galliot, dass dieser aus seiner eigenen Trauer gerissen wird. Galliot wird nun Rubin oder Catherine helfen und den anderen helfen zu entkommen. Dramatis Personae Baron Rubin de Farouche Baron (S. 129 AGONE GRW) Rubin ist reich, beliebt und hat mit Catherine LeBlanc die Frau seines Lebens gefunden. Ein Grund zu feiern und das Feiern liebt der junge Baron. Seit vielen Jahren steht ihm sein Leibwächter Gold treu zur Seite, der sein Vertrauen genießt und den er als Freund und Lehrmeister schätzt. Rubin ist unbeschwert, lebenslustig und glücklich verliebt. Gold Oger Söldner (S. 142 AGONE GRW) Gold steht seit vielen Jahren im Dienste der Farouches. Dem jungen Baron dient er als Leibwächter und Lehrmeister. Gold weiß, dass der Baron ihm mehr vertraut als jedem Anderen am Hofe. Ein Vertrauen das den alten Söldner ehrt und stolz macht. Mittlerweile hat Gold ein eigenes kleines Vermögen angehäuft. Doch die Treue ist mittlerweile der Freundschaft gewichen. Einem noch stärkeren Band. SCHATTENHAIN nicht ohne die emanzipierte Weltansicht der Medusen mit einzuflechten. Anscheinend will Catherines Vater, die Eigenständigkeit seiner Tochter bewahren ohne jedoch das Ansehen seiner Familie zu gefährden. Catherine LeBlanc Eclipsistin (S. 130 AGONE GRW) Catherine hat nach kurzer Zeit des Werbens, dem Antrag des jungen Barons de Farouche zugestimmt. Auch für sie war es Liebe auf den ersten Blick. Es war einfach ein perfekter Moment mit einem perfekten Mann. Nun ist sie seit einigen Tagen auf seinem Anwesen und genießt seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Stets in ihrer Begleitung befindet sich ihre Freundin und Mentorin Dhelia, die Catherine auf Geheiß ihres Vaters zur perfekten Ehefrau erziehen soll, damit sie der Familie keine Schande bereitet. Galliot Satyr Künstler (S. 143 AGONE GRW) Origin: Flamboyant Ersetzen: Traditions Princley Comm. 5 – Flamboyance 5 Musik 8 – Painting 10 Tune 8 – Vista 10 Conceal 5 – Conceal 7 Stealth 6 – Stealth 8 Magie: ART: 10, Vista: 10, Magical Art Pot.: 20 Alle Vista Zauber. Als Spielercharakter ist Galliot sicherlich am schwierigsten zu spielen. Er tritt erst etwas später im Spiel auf, wird dann jedoch zu einer Schlüsselfigur. Galliot ist die personifizierte Trauer. Trübsinnig und schwermütig schwelgt er in Erinnerung an seine verlorene Liebe Sélené. Tag ein Tag aus bringt er die schönsten Rosen von seinem Feld an ihr Grab und schüttet ihr sein schweres Herz aus. Gelegentlich wandert er durch den Hain, ohne ihn jedoch wirklich wahr zu nehmen. Eindringlingen geht er, sofern möglich, aus dem Wege. Immer wieder betreten Fremde seine Bilderwelt, doch das ist ihm mittlerweile egal. Eine Frau die aussieht wie ein glanzloses Abbild seiner Liebsten durchstreift die Wälder ebenfalls ab und an, doch an dieser nutzlosen Kopie interessiert ihn nichts. Sein Leben dreht sich einzig und allein um das Grabmal und dessen Pflege. Sélené Morgana STA 6 MEL 6 STR 5 AIM 6 AGI 7 ASC 0 PER 5 ART 8 WILL6 DB 0 INT 6 HPB 25 CHA 12 HP 49 CRE 4 SWT 16 SIZ 0 CWT 25 Weapon: Bogen 9, Dolch 8 Dhalia aus den Witwenlanden Medusa Kurtisane (S. 139 AGONE GRW) Sie hat Catherine aus ihrer Heimat an den Hof des Barons de Farouche begleitet. Sie mag das Mädchen und hat fast so etwas wie freundschaftliche Gefühle für das Kind. Dhalias Aufgabe ist es Catherine zu einer perfekten Ehefrau zu erziehen. Diese Aufgabe nimmt sie sehr ernst, jedoch Seite 50 Abenteuer ANDUIN 95 FLAGFRAMING FLAGFRAMING DIE KUNST, DAS SPIEL AUF DIE SPIELER ZUZUSCHNEIDERN TEXT: TOBIAS LOOSCHELDERS So genannte Flaggen, engl. flags, bezeichnen die Vorlieben und Bedürfnisse der Spieler. Der Spielleiter rahmt, engl. to frame, das Spiel durch das Anspielen dieser Vorlieben ein. Er versucht also, das Spiel so zu gestalten, dass möglichst viele der Erwartungen und Vorlieben der Spieler (und natürlich auch seiner eigenen) angesprochen werden. Man könnte das flagframing also auch herunterbrechen auf „Finde raus, was deine Spieler wollen und gib es ihnen!“. Eine Flagge kann dabei von „Ich will Kühe!“ über „die verschollene Schwester finden“ und „ich will meinen Astrologie-Skill ausspielen“ bis zu „ich mag taktische Kämpfe“ alles sein. Die meisten Spieler zeigen ständig ihre Vorlieben. Sei es durch ein Kopfnicken oder ein „Cool!“ als Reaktion auf eine als gut empfundene Aktion am Spieltisch. Oder durch eine konkrete Ansage, wie „hey, mach doch mal wieder was in nem Dungeon“ oder auch einen auffallend hohen Spielwert. Insgesamt sind Flaggen also die Dinge, die ein Spieler cool findet und somit gern im Spiel sehen würde. Flaggen sind wunderbar dazu geeignet, die alte Regel zu befolgen, jeden Charakter mindestens einmal am Abend in Szene zu setzen. Sie geben dem Spieler die Gelegenheit seinen Charakter in den Situationen zu spielen, in denen er ihn gern sehen möchte. Oft passiert es, dass der Spielleiter für sich allein ein Abenteuer schreibt und sich dann herausstellt, dass es die Spieler gar nicht interessiert. Meistens liegt das daran, dass das Abenteuer die Charaktere nicht genug einbezieht. Das wiederum kann entweder an der Motivation der Charaktere liegen oder daran, dass das Abenteuer einfach nichts mit den Charakteren zu tun hat. Der eine Charakter würde lieber den Mörder seines Mentors suchen und ein anderer Charakter würde sich lieber dem Studium seines neuen Zauberbuches widmen, als von einem Fremden als Karawanenwächter angeheuert zu werden. In Cthulhu-Büchern ist vom „Sog der Gefühle“ die Rede, wenn der Mörder des Mentors sich nun das Zauberbuch des zweiten Charakters stiehlt und sich später als Bruder Lesen & Spielen des dritten Charakters entpuppt. So ist zumindest sicher gestellt, dass die Handlung die Gruppe persönlich angeht. Wenn die Gruppe solche moralischen Konflikte mag, sind Flaggen auch ein geeignetes Mittel diese herbeizuführen. Dabei haben sich besonders Relationship-maps und Conflict-webs (vgl. Anduin 94) als hilfreich erwiesen. Aber Flaggen lassen sich nicht nur für die Plotplanung benutzen, sondern auch dazu um Szenen und NSC zu entwickeln. Dazu stellt man einen NSC einer Flagge entgegen („Ihr glaubt an falsche Götter!“) oder fördert eine Flagge durch einen NSC („Ah, Sie interessieren sich auch für Molekularbiologie?“). Besonders gut sind NSC, die gleich zwei Flaggen von zwei Spielern ansprechen. Das könnte z.B. der NSC sein, der etwas von der Gruppe will, aber einerseits rassistisch ist (Charakter A ist Menschenrechtler) und andererseits alles für sein Land tun würde (Charakter B ist genauso). Oder ein NSC beschwört einen Konflikt innerhalb eines Charakters herauf, in dem er eine Flagge fördert und einer anderen widerspricht. Es gibt viele Wege, die Vorlieben der Spieler herauszufinden. Der Spielleiter kann einfach versuchen zu beobachten, was dem Spieler Spaß macht und wie er am liebsten spielt. Dabei kann er auch ein bisschen auf den Leitstil des Spielers schielen, denn der gibt sicher auch Aufschlüsse darüber. Viel direkter und oft auch sinnvoller ist es, die Spieler einfach direkt zu fragen. Entweder im Gespräch oder über einen kleinen Fragebogen. Bei einem Gespräch ist es häufig besser, kurz mit jedem Spieler einzeln zu reden, da beim Gespräch in der Gruppe manche Dinge oft ungesagt bleiben. Ein paar Fragen, die helfen Flaggen herauszufinden sind: „Was ist Rollenspiel für dich?“ „Warum gerade der Charakter/die Klasse?“ „Was möchtest du mit deinem Charakter erleben?“ „Welche Szene hattest du bei dem Char im Kopf, als du ihn gemacht hast?“ „Welche Rolle soll der Char in der Gruppe einnehmen?“ „Welche Ziele hat dein Charakter?“ Je nach Spielstil können auch diese Fragen hilfreich sein: „Welchen inneren Konflikt hat der Charakter?“ „Welche Personen sind ihm besonders wichtig?“ Klar sind die Fragen teilweise schwierig zu beantworten, gerade bevor man den Charakter überhaupt gespielt hat. Aber ein, zwei beantwortete Fragen können als erste Grundlage für den Anfang schon genügen. Während des Spiels kann man schließlich noch weitere Flaggen sammeln. Anstatt direkte Fragen zu stellen, kann der SL den Spieler auch bitten einfach darüber zu erzählen, wie er sich seinen Charakter vorgestellt hat. In jedem Fall ist es wichtig, dass sich der SL dabei ein paar Notizen macht. Ein kleines Beispiel Nehmen wir an, der SL hätte sich nach dem Gespräch mit einem seiner Spieler folgende Notizen gemacht: Gundar, der Barbarenkrieger - Vater ist Stammeshäuptling - ist sehr stark - kann keiner Frau etwas zu Leide tun - denkt, dass Magier aller schlecht sind Daraus, dass sein Vater Häuptling ist, könnte man ganz gut einen Abenteueraufhänger machen. Vielleicht bittet der Vater seinen Sohn um etwas oder jemand aus dem Stamm bedroht die Position des Vaters. Dass Gundar sehr stark ist, wird im Spielverlauf üblicherweise von selbst angesprochen werden. Es schadet trotzdem nichts, wenn es der SL im Hinterkopf behält. Die Tatsache, dass er keiner Frau etwas zu Leide tun kann, kann der SL durch einen weiblichen NSC mit konträren Zielen zu Gundars ansprechen. Die letzte Flagge,, alle Magier seien schlecht, könnte dadurch angespielt werden, dass ein Heilmagier Gundar das Leben rettet. Daneben ist auch der Charakterbogen eine Fundgrube für Flaggen. Schließlich steigert man die Fertigkeiten, die man cool findet. Besonders die hohen und die unerwarteten Werte (Schlösser knacken beim Heiler oder Seite 51 ANDUIN 95 das Wissenstalent Börse beim Streetsam) sind hier beachtenswert. Der Heiler kann zum Beispiel unerwartet damit glänzen, die Gruppe durch eine verschlossene Tür zu bringen. Der Streetsam könnte z.B. ein kleines Handout bekommen, was die Situation eines Konzerns am Aktienmarkt erklärt und so den Runnern ein paar weitere Hinweise geben. Die besonders niedrigen Werte können manchmal auch interessant sein – vielleicht findet der Spieler ja Gefallen daran, eine Schwäche auszuspielen. Genauso können aber auch Randnotizen am Bogen wichtig sein. Zum Beispiel möchte ein Charakter, der sich besonders viele Titel gibt, dass diese Einfluss im Spiel haben. Das kann über den Gelehrten geschehen, der den Charakter respektvoll mit seinen Titeln anspricht oder über einen heruntergekommenen Penner, der darüber herzieht. Wenn das System mit Vor- und Nachteilen arbeitet, stehen auch schon einige Flaggen direkt auf dem Charakterblatt. Hat der starke Krieger eine Angst vor Schlangen angegeben, wäre es ja interessant eine Schlangengrube in den nächsten untergegangenen Tempel einzubauen. Das könnte eine schöne Szene werden. Wird der Charakter von einer Gruppe streitlustiger Seemänner verfolgt, wäre es auch schade, diese nicht irgendwann einmal auftauchen zu lassen. Der SL kann den Spieler auch einfach bitten, ihm noch ein paar Informationen zu der Gruppe zu geben („Was sind denn das so für Typen? Wie heißt der Anführer?“). Ein kurzer Blick auf die Sonderfertigkeiten, die nichts mit Kampf zu tun haben, schadet sicher auch nicht. Sehr schön lassen sich auch Flaggen aufgreifen, die etwas mit der moralischen Einstellung oder Überzeugungen des Charakters zu tun haben. Das ist der beste Nährboden für konfliktreiches, dramatisches Spiel. Was ist also das Menschenbild des Charakters? Wovon ist er überzeugt? Welche Motive hat er, das zu tun, was er tut? Natürlich findet man auch in der Hintergrundgeschichte des Charakters einige interessante Dinge, wie einige wichtige Personen oder Gruppen. Auch Sichtweisen des Charakters können in seiner Geschichte dargestellt sein. Die bisher genannten Möglichkeiten zielten alle auf das Flaggenerfassen vor dem Spiel ab, aber natürlich ist das auch während des Spiels möglich. Vielleicht sagt einer der Spieler von sich aus, was ihm besonders gefallen hat und was nicht. Aber es ist auch sicher nichts Schlechtes daran, als SL einfach nach einer Sitzung oder einem Abenteuer noch mal danach zufragen. Aber auch an den Seite 52 FLagFraming OF F TO PIC Abenteuer in Lovaria In früheren Ausgaben der Anduin – genauer gesagt in den Ausgaben 70 bis 84 – präsentierten wir unseren Lesern die deutsche Übersetzung des englischsprachigen Fantasy-Comics Lovarian Adventures. Doch mit dem Ende des dritten Kapitels haben wir die Veröffentlichung abgebrochen, da wir damals die einzelnen Seiten schneller veröffentlicht haben, als der Zeichner Geejay neue Episoden erdenken und anfertigen konnte. In der Zeit seit der Ausgabe 84 jedoch hat sich der Comic weiterentwickelt und ist nun bereits im siebten Kapitel abgekommen – wurde aber seit Ende 2006 nicht weitergeführt. Wir haben nicht vor, den Comic in der Anduin weiterzuführen, können Euch aber einen Blick darauf sehr empfehlen. Wer des Englischen mächtig ist, findet die Geschichte auf folgender Seite: www.drunkduck.com/Lovarian_Adventures Erde Von Ausgabe 79 bis 84 hatten wir zudem den Comic Erde in der Anduin, der aber leider niemals fortgesetzt oder zu einem abschließenden Ende gebracht wurde. Bruno der Bandit Besonders in früheren Ausgaben der Anduin, aber auch als Revival in der Anduin 91, haben wir die deutsche Übersetzung von Bruno der Bandit veröffentlicht, einem schrägen Fantasy-Comic über einen Banditen und seinen Begleiter, den Minidrachen Fiona. Bruno the Bandit wird bis heute weiter gezeichnet und ist auf Englisch unter folgendem Link zu erreichen: www.brunothebandit.com Reaktionen seiner Mitspieler erkennt man oft schon, was gut ankam und was nicht. Und auch daran, wie die Spieler außerhalb des Spiels über den Spielabend oder das –geschehen sprechen. Moralische Ansichten der Charaktere ergeben sich auch oft im Spiel allein („Für die Götter? Pah! Ich will Gold sehen!“). Deswegen sollte der SL auch hin und wieder im Spiel mögliche Flaggen notieren. Schließlich bleibt die Frage, ob die Flagge auch wirklich für den SL wichtig ist. Es kommt ja schließlich vor, dass der Plot selbst dafür sorgt, dass er seine spektakulären Stunts bekommt. In dem Fall braucht sich der SL natürlich nicht extra den Kopf zu zerbrechen, wie er dem Spieler eine solche Szene bieten kann. Selbstverständlich sollte der SL auch keine Flaggen verwenden, die gar nicht zum Spielstil der Gruppe passen. Eine Gruppe strategischer Dungeonkämpfer hat sicher weniger Interesse daran, charakterzentrierte Konflikte zu erleben, als eine Gruppe, die aus Erzählern besteht. Das sollte aber bestimmt ohne große Vorüberlegung intuitiv zu handhaben sein, wenn man seine Gruppe ein wenig kennt. Bei all den möglichen Ansatzpunkten bisher darf der SL die bevorzugte Spielweise seiner Mitspieler nicht außer Acht lassen. Wenn der Spieler keinen Spaß daran hat, sich vor Schlangen zu fürchten, ist diese Info auch als Flagge uninteressant. Wenn er sich nicht sicher ist, kann er natürlich einfach versuchen, die Flagge anzuspielen und sie streichen, wenn er merkt, dass der Spieler nicht darauf eingeht. Bei den Überlegungen im Vorhinein halte ich die Spielertypen und das 7-Ecken-Modell für eine gute Basis (vgl. „Das Rollenspiel – die theoretische Seite“ in der Anduin 85). Lesen & Spielen ANDUIN 95 Das Orakel von H‘Rabaal Das Orakel von H‘Rabaal EIN KURZABENTEUER FÜR DAS SCHWARZE AUGE TEXT: THOMAS HAGLER ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER Vorwort Immer wieder kommt es vor, dass ein Magier oder Gelehrter in einer Heldengruppe gezielt nach verlorenem Wissen aus der Zeit der Echsen sucht. Sei es, um magische Fundstücke aus dem letzten Abenteuer zu enträtseln oder um unübersetzbare Schriften zu deuten. Möglicherweise auch, um den einen oder anderen Zauber der Echsen zu erlernen, der in den Akademien der Menschen nicht mehr bekannt ist. Das folgende Kurzabenteuer für das Schwarze Auge ist genau zu diesem Zweck geschrieben. Ein Gelehrter unter den Helden stößt auf ein Textfragment aus den Chroniken von Ilaris und erfährt so, dass das Orakel von H’Rabaal durchaus auch für Menschen ein kostbarer Quell des Wissens sein kann. Von seinem Bemühen, die Weisheit des Orakels zu empfangen, handelt dieses Abenteuer. Im ersten Kapitel – das durchaus auch als „Prolog für einen Gelehrten“ gespielt werden kann – wird die Reise nach H’Rabaal geschildert sowie die Begegnung mit der „Stimme des Orakels“, die den Helden eine Aufgabe stellt, die sie lösen müssen, bevor sie das Orakel befragen dürfen. genheit zu geben, sich an einem Achaz als Charakter zu versuchen. Die Helden dürfen während des gesamten Abenteuers nicht lügen, nicht töten und nicht umkehren auf ihrem Weg. Magiebegabte Helden können am Ende Zauber erlernen, die nicht im Codex Cantiones zu finden sind Das Orakel selbst kann als Au änger für ein weiteres Abenteuer dienen, indem es den Helden am Ende des Abenteuers einen entsprechenden Orakelspruch mit auf den Weg gibt. Prolog Die Suche nach verlorenem Wissen Den besten Einstieg in das Abenteuer bildet das Streben eines Helden (im Allgemeinen eines Magiers) nach mehr oder fundierterem Wissen über Geheimnisse der Echsenmenschen. Dazu kann der Meister ihm ein Textfragment (siehe Seitenkasten auf der nächsten Seite) beim Besuch einer Bibliothek oder mit der Beute des letzten Abenteuers in die Hände spielen. Darin ist davon die Rede, dass die Echsenwesen die Kraft der Magie besitzen und ihr Wissen sogar an Würdige weiterreichen. Doch ist dies nicht Ketzerei? Warum jedoch sollte eine solche Entdeckung unserer weisen Göttin zur Schande gereichen? Wissen wir denn nicht, dass die Götter ewiglich und uralt sind? Wissen wir denn nicht, dass die minderen Echsenwesen erscha en wurden lange vor den die Schöpfung krönenden Menschen? Wissen wir denn nicht, dass auch sie in aller urtümlichen Einfalt die Ehrfurcht vor den Wahren Mächten kennen? Was liegt näher denn die Vermutung, dass sich die Wandelbare schon ehedem jenen Unwissenden o enbarte zu- Das zweite Kapitel widmet sich eben dieser Queste, einer Reise zu einer kleinen Vulkaninsel im Selem-Grund, von wo die Helden das Ei eines Heiligen Wesens bescha en müssen. Im dritten Kapitel schließlich dringen die Helden tief ins Hochland von H’Rabaal vor und gelangen zur Orakelstätte. Dort können sie sich dem Orakel stellen und darauf ho en nach bestandener Queste nun Weisheit zu empfangen. Das Abenteuer bietet einige Besonderheiten, die es von den üblichen Szenarios unterscheidet: Es eignet sich vortre ich um einmal einem Spieler die GeleAbenteuer Seite 53 ANDUIN 95 HAN D OU T Die Chroniken von Ilaris Kompilation einer ketzerischen Hesinde-Sekte in Zorgan, ca. 190 vor Hal Die Schlangenmenschen verehren eine Göttin des Wandels, H’Szint mit Namen. Es braucht wenig Phantasie, aber einigen Mut, um sich zu vergegenwärtigen, um welche von uns allen so geliebte Gottheit es sich hierbei nur handeln kann. Das schlangenhaft-zischende ihres Namens mag der stillen Weisheit der heutigen Namensform gewichen sein, doch die Identität ist unverwechselbar. Und wenn auch die Lehrer der zwölfgöttlichen Kirchen es nicht wahrhaben wollen, so gehen doch die Gemeinsamkeiten weit über den Gleichklang des Namens hinaus. Wie sonst wäre es zu erklären, dass das geheime Orakel von H’Rabaal, welches die echsischen Diener der H’Szint als Heiligtum behüten, auch denen, die treue Diener der Hesinde sind, seine Weisheit offenbart? Soviel ist gewiss, dass ich keinen falschen Götzen Verehrung oder Respekt gezollt habe und mich allein von den Lehren Hesindes leiten ließ in meinem Streben, die Schatten der Vergangenheit ihrer Schleier zu berauben. Und doch bestand ich die Prüfungen des Orakels und mir wurde Einsicht geschenkt. Ja, mehr noch, die Priester des Orakels waren nachher sogar bereit, mich ohne Lug und Schaden in den Geheimnissen ihrer Rituale, ihrer Magie und ihrer Kultur zu unterwiesen! Und von welchem falschen Götzen und von welchen Götzendienern hat man je gehört, dass sie die Diener der Zwölfe solcherart mit Wahrheit und Wissen beschenken? mal – dies darf nicht unerwähnt bleiben – ihr und unser heiliges Tier ja doch jenem Echsengeschlechte entlehnt ist und nahe steht? Auf nach H’Rabaal Die Reise in die kleine Dschungelstadt H’Rabaal wird nicht im Detail beschrieben, da sie praktisch von jedem beliebigen Punkt Aventuriens ausgehen kann. In den allermeisten Fällen wird sie aber wohl mit dem Schiff bis Brabak und dann mit einer offenen Kutsche über den einzigen vorhandenen Pfad in den Dschungel führen. •Vom Schiff her und aus dem Horasreich kommend wirkt der Regenwald und das Regengebirge wildromantisch. Jeden Morgen steigt der Nebel in großen Schwaden aus den Wäldern empor in die Höhen der Berge. Schildern Sie ruhig Seite 54 Das Orakel von H‘Rabaal alles sehr idyllisch. Später, wenn die Helden durch den Dschungel wandern müssen, denken sie vielleicht wehmütig daran zurück. •Helden, die zum ersten Mal in ihrem Leben das Kap umsegeln, kommen natürlich nicht um eine Kap-Taufe herum. Die rauhen Seeleute veranstalten an diesem wichtigen Punkt der Reise ein kleines Gelage. Der Reihe nach wird jeder Täufling kopfüber in ein großes Fass mit Meerwasser gestülpt und nach einer kurzen Weile wieder herausgezogen. Der Äußeren Taufe folgt dann sofort die Innere mit einem kräftigen Schluck Branntwein. Zahlende Fahrgäste werden zwar nicht direkt gezwungen mitzumachen, aber sie sollten schon bemerken, dass die Taufe eigentlich für jeden dazugehört… •Brabak selbst ist eine interessante Stadt, die vielen Abenteuern Platz bietet. Da die Helden aber nur auf der Durchreise sind, liegt es im Ermessen des Meisters, ob hier etwas Besonderes passiert oder nicht. Denkbar wäre z.B. eine Begegnung mit brabakischen Beutelschneidern, Betrügern oder gar einer organisierten Verbrecherbande. Sollten die Helden nach Informationen suchen, so könnte eine zwielichte Gestalt in der Nähe der düsteren und unzugänglichen Magierakademie ihnen für einen horrenden Preis „Das geheime Echsenwissen einer uralten Bruderschaft“ verkaufen. Viel sinnvolles wird dieses Wissen nicht enthalten, aber es bietet dem Meister eine gute Gelegenheit Ängste oder Hoffnungen bei den Spielern zu wecken. •Die Reise über Land bietet Platz für Zufallsbegegnungen mit der Flora und Fauna des Südens. Für wirklich bedrohliche Ereignisse wird aber später noch Zeit sein. Vermitteln sie auch hier ruhig das Flair einer Safari. Dann ist es später umso leichter, den Unterschied dieser halbwegs zivilisierten Gegend zum ‘richtigen’ Dschungel deutlich zumachen. Kapitel 1 In H’Rabaal Sollten die Helden erwarten, dass ihre Aufgabe darin besteht, den direkten Weg zum Orakel zu finden, so werden sie in H’Rabaal eines Besseren belehrt. Bereits dort können die Helden von der „Stimme des Orakels in H’Rabaal“ erfahren, dass sie vor dem heiligen Orakel nur dann bestehen werden, wenn sie eine angemessene Gabe mitbringen. Und dass die Priester des Orakels ihnen nur helfen werden, wenn sie vor dem Orakel bestehen. Schließlich wird die „Stimme“ die Helden auf eine Queste schicken um eben jene Gabe zu beschaffen. Auf einem heiligen Berg auf einer Insel im Selem-Grund sollen sie suchen und von dort eine machtvolle Reliquie mitbringen. Dann erst wird ihnen der Weg zum Orakel gewiesen werden. Die Stadt H’Rabaal Offiziell gehört die heute von Menschen bewohnte Stadt zum Königreich Brabak, wenngleich der mächtigste und reichste Gutsbesitzer der Stadt, Azzaph Charazzar, sich gerne als König von H’Rabaal betiteln lässt. Sowohl in der Stadt als auch im umliegenden Sumpf sind zahlreiche Zeugnisse echsischer Kultur zu sehen. Die eindrucksvollsten Zeitzeugen längst vergangener Äonen sind einige uralte Stufenpyramiden und Tempelbauten, die teilweise bereits tief in den sumpfigen Boden eingesunken sind. Im Umland von H’Rabaal und teilweise auch in der Stadt leben einige Dutzend Achaz und Ziliten. Die Menschen handeln mit ihnen und es gereicht beiden Seiten zum Vorteil. Dennoch sind sich beide Seiten nicht sehr vertraut. Die Echsen hüten eifersüchtig ihre Geheimnisse und die Menschen vermeiden es furchtsam, zu weit in das Land der Echsen vorzudringen oder sich allzu auffällig für ihre Tempel und Gräber zu interessieren. Der Tempel der Hesinde Ein Kuriosum dieser Stadt sind jene „Häuser“ einiger Menschen, die aus den liegen gebliebenen Panzern riesiger Schildkröten, die wohl seit Jahrhunderten ausgestorben sind, bestehen. In einem dieser mehrere Manneslängen großen Panzer ist auch der kleinste Hesindetempel Aventuriens untergebracht. Dieser Ort und der dortige Geweihte stellen eine geeignete Anlaufstelle für die Helden dar. Zunächst hält man sich zwar etwas bedeckt, aber bei halbwegs taktvollem Vorgehen lässt sich der alte Geweihte überreden, ein Gespräch mit der „Stimme des Orakels “ zu arrangieren. Das Gespräch mit Chrazz’chk Die „Stimme“ scheint auf den ersten Blick ein typischer Schamane der Achaz zu sein („typisch“ zumindest für jene hartgesottenen Abenteuerer, die in ihrem Leben bereits einmal einem Schamanen der Achaz begegnet sind). Doch bei genauerer Beobachtung und vor allem im Gespräch zeigt sich, dass die „Stimme“ wesentlich gebildeter und aufgeklärter ist, als man es etwa von einem Naturzauberer eines Achazstammes etwa am Loch Harodrol her kennt. Abenteuer ANDUIN 95 Das Orakel von H‘Rabaal Chrazz’chk ist in der Tat ein Weiser seines Volkes, des Lesens und Schreibens kundig und bewandert in der Mythologie seines Volkes. Er dient dem Orakel von H’Rabaal, das im unzugänglichen Bergland hinter den Sümpfen liegt. Chrazz’chk ist der Mittelsmann zwischen Orakel und Welt, denn er entscheidet, wann und wem gestattet wird, den Weg zum Orakel und seinen Priestern zu finden. Nachdem die Helden ihre Bitte vorgetragen haben, wird er ihnen zunächst erklären, dass die Weisen des Orakels tatsächlich über Altes Wissen verfügen. Doch ebenso wie die einfachen Menschen und Echsen hier in H’Rabaal friedlich miteinander Handel treiben, so streben auch die Weisen danach, mit den Gelehrten unter den Menschen friedlich zu handeln. Es hat sich aber gezeigt, dass bei den Gelehrten und Wissbegierigen unter den Menschen aufrichtiger Wissensdurst oft gepaart ist mit Machtgier und Skrupellosigkeit. Deshalb teilen die Orakelpriester ihr Wissen nicht mehr ohne Weiteres mit den Menschen. Nur wer aufrichtig nach der Erkenntnis strebt, nicht als Feind der Echsen, sondern als Diener H’Szints, der darf darauf hoffen, von ihnen gelehrt zu werden. Um diese Aufrichtigkeit aber zu prüfen, muss sich der Wissbegierige dem Orakel zu einer Prüfung stellen. Helden, die nicht vor das Orakel treten wollen und nur als Begleitung dabei sind, werden zunächst mit den Worten: „Ihr werdet gerufen, wenn man euch braucht!“ weggeschickt. Diese Helden können sich einstweilen ein Quartier in der Stadt suchen, denn sie werden bis zum nächsten Morgen in Ungewissheit ausharren müssen. . Die erste Prüfung Jenen Helden, die sich zur Prüfung bereit erklärt haben, teilt Chrazz’chk knapp mit, dass ihre Prüfung bereits hier und jetzt beginnt. Ohne jede weitere Vorbereitung müssen die Helden ihm nun folgen, wenn sie sich der Prüfung unterziehen wollen. Der Priester führt die Helden auf sicheren Pfaden durch die brodelnden Sümpfe zu einer einsamen Pyramide. Er erklärt ihnen, dass in dieser Pyramide ein großes Geheimnis ruht, dass bislang noch kein Mensch zu ergründen vermochte und dass dies auch ihnen nicht gestattet sein wird. Danach erklimmt er mit ihnen die Spitze der Pyramide und gebietet ihnen, sich dort neben dem versiegelten Eingang niederzulassen und nun bis zum folgenden Sonnenaufgang in Meditation und Gebet an H’Szint auszuharren und kein Wort miteinander zu wechseln. Abenteuer Anschließend verschwindet er ohne weiteren Kommentar. Die Nacht in H’Rabaal Was in dieser Nacht passiert, hängt ausschließlich von den Helden ab, die nicht an der Prüfung teilnehmen. Legen diese sich einfach irgendwo schlafen, so vergeht die Nacht ohne Zwischenfälle. Nutzen sie aber die Nacht, um die Stadt zu erkunden, so werden sie irgendwann Chrazz’chk dabei beobachten, wie er alleine neben einem Sumpfloch steht und sein Gewand säubert. Neben ihm steht ein Achaz-Krieger und wartet achtungsvoll. Chrazz’chk spricht kurz mit dem Krieger, woraufhin dieser sich verneigt und schnellen Schrittes verschwindet. Der weitere Verlauf muss nun von Ihnen improvisiert werden, da kaum abzusehen ist, was die Helden unternehmen. Sie werden jedoch keinesfalls in der Nacht die Pyramide im Sumpf finden. Der Krieger geht direkt zu seinem Quartier und legt sich schlafen. Der Priester verschwindet hinter dem nächsten Gebäude und ist dann nicht mehr aufzufinden. Eventuell sieht man wenig später eine Flugechse aus einem nahen Gebüsch aufsteigen. Gefahr droht hier niemandem, solange die Helden sich nicht mit den Echsenmenschen anlegen. Achten Sie darauf, dass diese Szene nicht zu lang gerät, da ja einige Spieler zum stummen Zusehen verdammt sind. Man kann jedoch durchaus die Prüfung dann als bestanden deuten, wenn die Spieler es tatsächlich schaffen, keine Kommentare abzugeben. Schließen Sie die Szene damit ab, dass Sie die Spieler erneut bitten, kurz den Raum zu verlassen. Die Queste Sobald die Sonne aufgeht, kehrt der Achazpriester zur Pyramide zurück. Ein junger Krieger seines Volkes (der, mit dem er am Abend zuvor gesprochen hat) begleitet ihn bis zum Fuß der Pyramide und wartet dort respektvoll, während Chrazz’chk sie erneut erklimmt. Oben angekommen fragt er die Helden, ob sie immer noch bereit sind, sich der Prüfung des Orakels zu stellen. Wenn sie dies bestätigen, so teilt er ihr mit, welche Aufgabe das Orakel ihnen zugedacht hat: Den Weg der H’Szint sollst du gehen und die Wahrheit ehren. – Sprich also keine Lüge auf deinem Weg! Den Weg der Zzsah sollt du gehen und das Leben ehren. – Nimm also kein Leben auf deinem Weg! Den Weg des Ssad’Navv sollst du gehen und unaufhaltsam voranschreiten. MEISTERTIPP Der Achaz als Heldentyp An dieser Stelle bietet sich eine gute Gelegenheit für einen ihrer Spieler, einmal einen Achaz als Helden zu führen. Der Spieler des Achaz muss dazu bei weitem nicht über so viel Hintergrundwissen verfügen wie etwa der Echsenpriester. Statt dessen sollte er sich einige Sitten und Gebräuche seines Echsenstammes überlegen um die Andersartigkeit der Achaz zu den Menschen darstellen zu können. Der Achaz-Krieger ist ein Auserwählter seines Stammes, der die letzten zwei Jahre seines jungen Lebens damit verbracht hat, die alten Heiligtümer, die den Echsenmenschen hier noch verblieben sind, zu bewachen. Sein Dienst hier ist fast zu Ende und nach dieser letzten Aufgabe die ihm Chrazz’chk gestellt hat, kann er gehen, wohin er will. – Kehre also niemals um auf deinem Weg! Den Weg der Sad’Huarr sollst du gehen und das heilige Gelege suchen. – Suche also das Gelege des Chor’chna’ben! Den Weg des Orakels sollst du gehen und ihm dein Achtung erweisen. – Bring also das Heilige zum Heiligen und du kannst bestehen! Der Priester kann erklären, dass Chor’chna’ben eines der alten und heiligen Wesen ist, die von den Priestern verehrt werden und dass sein Gelege im „warmen Berg auf der heiligen Insel“ zu finden ist. Auch die Lage der Insel kennt der Priester und kann sie beschreiben. Über die Natur des Chor’chna’ben jedoch enthüllt er bis auf eine Bemerkung nichts: „Ihr werdet seine Gegenwart spüren, doch werdet ihr ihn weder sehen noch berühren, solange ihr dem Weg der Queste folgt.“ Nachdem die Helden die Worte des Priesters vernommen und verstanden haben, fügt er noch hinzu, dass der am Fuß der Pyramide wartende Krieger sie bei ihrer Queste begleiten wird und bei ihrer Rückkehr Zeugnis abzulegen hat über das Verhalten der Helden. Danach überreicht er ihnen eine auf ein grobes Pergament gezeichnete Karte der Insel und wünscht ihnen den Segen H’Szints für die Unternehmung. Zum Schluss (falls noch Helden in der Stadt warten) empfiehlt er ihnen, bei der Auswahl ihrer Helfer für die Queste sorgfältig zu sein und nur mitzunehmen, wem sie gänzlich vertrauen, da sie sich auch für deren Tun vor Seite 55 ANDUIN 95 N SC VESPERTILIO ORGANO Vielleicht kennen Sie den Schwarzmagier Vespertilio Organo noch aus der Phileasson-Saga. Je nachdem, zu welcher Zeit sie dieses Abenteuer ansiedeln, kann er hier unabhängigen Forschungen nachgegangen sein (17 bis 28 Hal), oder aber bereits im Auftrag der Großen Schlange tätig gewesen sein (nach 28 Hal). dem Orakel verantworten müssen. Die Karte Zeichnen sie eine grobe Karte vom SelemGrund und wählen sie eine kleine Insel dort aus. Diese ist auf der Karte mit einem großen Kreuz gekennzeichnet. Kapitel 2 Die Insel des Chor’chna‘ben Um vor dem Orakel von H’Rabaal bestehen zu können, müssen die Helden zusammen mit dem Achaz-Krieger die Insel des Chor’chna’ben aufzusuchen und im dortigen heiligen Berg das „Heilige“ finden. Dabei dürfen sie weder töten noch lügen, noch umkehren auf ihrem Weg (jedenfalls nicht so, dass es der Achaz und damit das Orakel bemerkt…). Das Orakel von H‘Rabaal leicht zum Scheitern der Queste führen… Die Stadt Selem Um nähere Informationen über die Gegend zu erhalten oder sich angemessen auszurüsten, können die Helden die Stadt Selem besuchen, die sie bislang vermutlich nur wegen ihres ausgesprochen schlechten Rufes vom Hörensagen kennen. Jetzt können die Helden erleben, wie berechtigt dieser Ruf ist. Allein die Durchquerung vom Hafen zum Stadtzentrum mit dem Alten Markt sollte nicht völlig unproblematisch verlaufen. Vielleicht macht die „Attacke“ eines Seuchenkranken einen Besuch im hiesigen Perainetempel nötig. Mit Informationen und Tränken ausgestattet können die Helden sich dann auf den auf ihrer Karte beschriebenen Weg durch den Selem-Grund machen. Die Insel des Chor’chna’ben Die Insel des Chor’na’ben ist nicht sehr groß, und ihr Anblick wird geprägt von einem großen, rauchenden Berg aus schwarzgrauem Fels, der weit über den schmalen, mit Mangroven und Schlingpflanzen bewachsenen Küstenstreifen aufragt. Der Berg im Zentrum der Insel bedeckt etwa die Hälfte des kleinen Eilandes und erhebt sich beinahe 2.000 Schritt über das Meer. Statt eines Gipfels sieht man ein unnatürlich glatt wirkendes Hochplateau, über dem sich eine dünne Rauchsäule in den Himmel windet. Es scheint, als haben die Elementarherren des Feuers und des Erzes auf diesem Berg vor langer Zeit einen Kampf ausgefochten und nur schwarze und verkohlte Reste hinterlassen. Die Hüter des heiligen Berges Die Insel wird von einem Stamm Echsenmenschen bewohnt, die den heiligen Berg bewachen. Nie haben sie den Berg erstiegen und den jungen Kriegern dieses Stammes ist dies auch bei Todesstrafe verboten. Der Berg gilt als Wohnstätte der Götter und damit als unantastbar. Die Echsen wissen dass von Zeit zu Zeit Auserwählte kommen, die den Berg besuchen dürfen. Die Auserwählten müssen jedoch zunächst ihren Mut, ihre Entschlossenheit und ihre friedlichen Absichten beweisen. Der Schamane der Achaz kann spüren, dass seit einiger Zeit etwas Böses den heiligen Berg bedrängt und er kann auch die Präsenz des heiligen Wesens nicht mehr spüren. Deshalb sind die Achaz besonders wachsam, und der Schamane versucht einzuschätzen, ob die Helden wahre Diener der H’Szint sind, oder ob ihr Streben eher den bösen Kräften gleicht, die hier am Wirken sind. Bereits bei der Ankunft werden die Helden von einem der Achaz bemerkt und wenig später ist fast der gesamte Stamm versammelt, um die Schritte der Helden zu beobachten. Nähern sich die Helden dem Berg, so werden sie sich schon bald beobachtet Verschiedene Ereignisse werden die Helden in Versuchung führen und auf die Probe stellen, doch wenn sie unbeirrbar an der Weisung festhalten, kann ihnen kaum etwas passieren. Am Ende wird sich aber zeigen, dass der heilige Berg entweiht wurde, denn der Schwarzmagier und Chimärologe Vespertilio Organo ist vor wenigen Wochen in den Berg eingedrungen um den Karfunkel des Chor’chna’ben zu rauben. Durch eine List konnte das Heilige Wesen dies verhindern, doch vermochte es weder sich selbst noch seinen Lebensraum vor dem zu bewahren, was die dämonischen Wesen des Vespertilio ihm antaten. Das Perlenmeer und der Selem-Grund Die Gewässer, die die Helden nun befahren müssen, sind nicht eben ungefährlich. Die Piraten der Südsee treiben hier genauso ihr Unwesen wie die schwarzen Galeeren der Al’Anfaner. Je nach Geschmack kann die Reise ereignislos bis lebensgefährlich verlaufen. Da aber auch jetzt schon die Gebote des Echsenpriesters (nicht töten, nicht lügen, nicht zögern) gelten, kann solch eine Begegnung Seite 56 Abenteuer ANDUIN 95 Das Orakel von H‘Rabaal fühlen können und wenig später sind sie von den Echsenmenschen eingekreist. Mit der Hilfe des Achaz-Kriegers ist es den Helden möglich, sich hier zu verständigen. Wichtig ist dabei, dass die Helden weder Lügen noch Töten dürfen. Wenn sie den Echsen die Wahrheit sagen, wird ihnen vom Schamanen erklärt, dass der heilige Berg tabu ist und keinesfalls betreten werden darf. Der Schamane der Echsen vollführt während er spricht seltsame Tänze und Ritualgesten und reißt dabei mindestens einem der Helden ein einzelnes Haar aus. Anschließend erklärt er dem Achaz-Krieger, dass er den Helden sagen soll, dass er nun ihr Leben in seiner Hand habe und sie sich sehr gründlich überlegen sollen, ob sie „den Weisungen folgen oder ihnen zuwider handeln wollen“ (auf den Wortlaut achten!). Erfüllt von Selbstsicherheit und ohne weitere Kommentare lassen die Echsen die Helden allein und verschwinden im Gebüsch. Wollen die Helden dem Wortlaut ihrer Aufgabe gehorchen, so müssen sie ohne zu zögern weitergehen und dürfen nicht wegen der Drohungen des Schamanen umkehren. Dies ist es auch, was der Schamane hier auf die Probe stellen will. Abenteuer Begegnungen auf der Insel Von den Echsenmenschen haben die Helden nichts zu befürchten, wenn sie sich auf direktem Wege zum Berg begeben und nicht in das Dorf eindringen. Im dschungelartigen Inselwald kann es jedoch durchaus zu anderen Begegnungen kommen. Hier sind im wesentlichen alle Tiere und Pflanzen heimisch, die es auch in den nahen Echsensümpfen gibt, abgesehen von den sehr großen Raubtieren. Einige Vorschläge für Begegnungen: •Jagdgras •Disdychonda •Basilisken-Panzerkröte •Hornechse Der „warme Berg“ Die Helden erklimmen den schon seit langem nicht mehr aktiven Vulkan, um in seinem Inneren das Gelege des Chor’chna’ben zu finden. Sie wissen kaum etwas darüber, was sie erwartet, oder was für ein Wesen hier lebt. Sie können bestenfalls mutmaßen, dass es hier um etwas anderes als um ‘Kindesraub’ unter Echsen geht, da es sich immerhin um die Prüfung durch ein heiliges Orakel handelt. Während die Helden den Berg erklimmen, stoßen sie früher oder später auf einen schmalen, von unten nicht zu sehenden Pfad, der rund um den Berg herum steil aufwärts führt. Wenn sie dem Pfad folgen, ist der Weg zwar länger, aber dafür auch ohne Kletterausrüstung gangbar. Vorsichtig sollte man aber dennoch sein, vor allem, wenn man sich einem der zahlreichen Nester großer Raubvögel nähert, die hier am warmen Berg zu finden sind. Gut 1.800 Schritt über dem Meer endet der Pfad vor einer mächtigen, kunstvoll bearbeiteten schwarzen Steinplatte an der Westwand des Berges. Der knapp drei Schritt hohe und ebenso breite Stein wirkt wie ein Portal, durch das der Zugang zu einer Höhle verschlossen wird. Ein weiterer Aufstieg an der fast senkrecht aufragenden Felswand ist selbst mit Kletterausrüstung nur noch unter höchstem Risiko möglich. (Klettern mindestens 15!) Sollten die Helden Kraft ihrer Magie zu Fliegen vermögen, werden sie von giftigen Vulkandämpfen am Kraterrand zum Umkehren gezwungen – der Weg durch die Kammern sollte ihnen nicht erspart bleiben. Seite 57 ANDUIN 95 E N V OY E R Dieser Artikel ist bereits im Rahmen des Rollenspielmagazins Envoyer veröffentlicht worden. Die Kammern der Prüfung Hinter dem Portal befindet sich in der Tat ein Höhlensystem, durch das man ins Innere des heiligen Berges gelangen kann. H’Szint: Das Portal Sieht man sich das Portal genauer an, so lässt sich folgende Inschrift entziffern (echsisch): Was ist der Anfang der Ewigkeit? Was ist das Ende jeder Stunde? Was ist der Anfang allen Endes? Was ist das Ende aller Tage? Unter dieser Inschrift befinden sich neun mit runenartigen Gravuren verzierte Stäbchen von jeweils einem halben Spann Länge. Versucht man diese zu bewegen, so zeigt sich, dass sie sich auf der Steinplatte beliebig hin- und herschieben lassen, sich jedoch nicht ohne weiteres entfernen lassen (sozusagen sehr starke Haftmagnete). Lösen die Helden das Rätsel, indem sie die Runenstäbe korrekt zu einem ‘E’ anordnen, so öffnet sich das Portal. Lautlos und offenbar von Dschinnenhand geführt gleitet es nach links weg und gibt den Blick in einen dunklen, feuchten Gang von zwei Schritt breite und Höhe frei, der direkt nach Osten, zum Zentrum des Berges führt. Der Stein der Kraft Nach wenigen Metern öffnet sich der Gang in die erste Höhle. Diese ist beinahe kreisrund und hat einen Durchmesser von etwa zwei Schritt. In ihrer Mitte steht ein zylindrischer, mattschwarzer Stein, der bis an die Decke reicht. Dahinter kann man die Öffnung in einen weiteren Gang sehen. Trägt einer der Helden eine Metallrüstung, so spürt er schon im Gang eine seltsame Kraft, die ihn in die Höhle ziehen will (das es an der Rüstung liegt, merkt er zunächst nicht). Reagiert er schnell genug, so kann er noch dagegen ankämpfen, doch wenn er auch nur ein oder zwei weitere Schritte macht, wird die Kraft so stark, dass sie ihn gegen den Stein in der Raummitte schleudert (RS*2 Schadenspunkte). Alle übrigen Helden, die metallene Gegenstände bei sich tragen, spüren die Kraft spätestens, wenn sie den Raum betreten. Alle Waffen und jegliches magnetische Material wird unweigerlich zum Stein gezogen und Seite 58 Das Orakel von H‘Rabaal bleibt dort haften. Es zeigt sich auch, dass dort schon eine Vielzahl teilweise sehr fremdartiger Waffen und Rüstungsteile kleben. Die einzige Chance, kleine Metallgegenstände durch den Raum zu bekommen besteht darin, sich ganz eng an der Wand zu bewegen und sehr stark zu sein. (KK-Probe erschwert um Unzen/10) Ssad’Navv: Der direkte Weg Nach einem weiteren kurzen Gangstück erreichen die Helden eine etwas größere Höhle von etwa 3 Schritt Länge und knapp vier Schritt Breite. In dieser Höhle gibt es neben einem wiederum nach Osten führenden Gang auf der gegenüberliegenden Seite auch noch einen Weg, der nach Nordwesten führt. Vor dem geradeaus liegenden Gang steht eine Steintafel mit einer Inschrift (echsisch): Es ist schlimmer als die Niederhöllen! Es ist schöner als die Liebe! Es dient den Toten als Nahrung! Es tötet Lebende qualvoll, wenn sie es essen! Es wird auf ewig deine Geißel sein, wenn du diese Pforte durchschreitest! Die Antwort auf dieses Rätsel lautet schlicht: Nichts. Und demzufolge haben die Helden auch nichts zu befürchten, wenn sie in den nächsten Gang eintreten. Die Pforte, die sie dazu durchschreiten müssen, wirkt allerdings sehr düster und bedrohlich und weist eine starke magische Aura auf. Aus einer Ritze, die sich über die gesamte Breite des Durchgangs erstreckt, quillt beständig eine dünne Wand aus Rauch empor. Wenn sie der Meinung sind, dass die Helden diese zusätzliche Hilfe nötig haben, können sie hier erwähnen, dass alle Metallklingen (natürlich nur, wenn ein kräftiger Held sie bis hierher mitbringen konnte) von dem Rauch beschlagen werden und fortan seltsam matt wirken. Die Waffen sind dadurch für eine Weile magisch. Der Beschlag verschwindet im Laufe der nächsten Tage, doch für den Kampf gegen die Spinnendämonen kommt er wie gerufen. Blicken die Helden sich im Raum um, so sehen sie in dem Gang, der in nordwestlicher Richtung zurückführt, einen leichten goldenen Schimmer. Die Prüfung sieht vor, dass sie diesen Gang ignorieren und unbeirrbar voranschreiten. Lassen sie sich vom Schimmer locken oder von der Inschrift ablenken, so haben sie eine kleine Strafe verdient. Hehe! Der Raum der Versager Nach wenigen Schritten kann man am Ende des Ganges einen Raum sehen, in dem goldene Gegenstände im Fackelschein glitzern. Im Gang befindet sich jedoch eine gut versteckte Falltür. Nur für den Fall, dass die Helden den Boden wirklich äußerst gründlich abtasten, können sie die Falltür mit einer Sinnesschärfe-Probe entdecken. Lassen sie hier ruhig so viele Helden wie möglich in die Falle tappen, sie haben es nicht besser verdient. Die Falltür klappt also weg, kurz bevor der erste Held den Raum erreicht und alle, die sich im Gang befinden, stürzen zwei Schritt in die Tiefe. Der Boden ist bedeckt mit Splittern aus Kristallglas, das sich sofort durch alle Kleidung und Ausrüstung der Helden schneidet. Die Helden selbst erleiden durch zahlreiche Schnittwunden 2W6 Trefferpunkte. Die Gegenstände im Raum wirken tatsächlich als wären sie aus Gold und nur eine sehr gründliche Analyse vermag zu offenbaren, dass es kein echtes Gold sein kann. Die goldenen Schalen, Münzen, Pokale, Becher etc. fühlen sich alle kühl und schwer an und ein leichter Schauer durchfährt jeden, der etwas davon berührt. Für je 20 Unzen, die ein Held von diesem Schatz an sich nimmt, erleidet er im Folgenden pro Stunde einen Schadenspunkt. Und zwar so lange, bis er die Schätze in diesen Raum zurück gebracht hat. Zzsah: Der Drache des Lebens In der letzten und größten Höhle wird geprüft, ob die Helden dem Weg der Zzsah treu sind. Die Decke des ovalen und gut zwanzig Schritt durchmessenden Raumes erstreckt sich acht Schritt über den Helden. Der Boden ist gar nicht zu sehen, da der Raum fast vollständig von einem kristallklaren See eingenommen wird. Am östlichen Ende der Halle ist ein etwa zwei Schritt breiter Wasserfall zu sehen, der sich beständig in den kleinen See ergießt. Sobald einer der Helden das Wasser berührt, erfüllt ein düsteres, bedrohliches Grollen die Höhle. Der Gefahreninstinkt der Helden schlägt an und alle Nackenhaare sträuben sich. Augenblicke später beginnt die Wasseroberfläche zu brodeln und zu schäumen. Dann erhebt sich ein mächtiger, blauschimmernder Drache aus dem See! Der Wasserdrache hat eine Flügelspannweite von fünf Schritt und reicht mit seinem gewaltigen Haupt knapp vier Schritt in die Höhe. Mit einem kräftigen Wasserschwall, den er beim Auftauchen ausspuckt, schleudert er die Helden gegen die Höhlenwand (je 1W6 SP). Dann geht er zum Angriff mit Wasserstrahl, Klauen und Schwanz über. Bei dem Drachen handelt es sich um eine mächtige Illusion! Der Schaden, den er verursacht, erscheint den Helden durchaus real, so lange sie sich in diesem Raum aufhalten. Zu Abenteuer ANDUIN 95 Das Orakel von H‘Rabaal Tode kommen können sie in diesem Kampf jedoch nicht (sie werden dann nur bewusstlos). Kein Hieb und kein Kampfzauber vermag dem Drachen etwas anzuhaben. Ja, er gewinnt sogar noch an Kraft mit jedem Schadenspunkt, den er eigentlich einstecken müsste. Umgekehrt verliert er jedoch mit jedem Hieb, den er austeilt, an Kraft und Heilzauber können ihn empfindlich schwächen. Die Helden können dies nach einigen Hieben und Paraden erkennen (Klugheitsprobe). Dass sie es mit einer Illusion zu tun haben, ist weit schwerer zu durchschauen. Sobald einer der Spieler diesen Verdacht äußert, kann ein Magier durchaus versuchen, die Illusion zu zerstören. Die Stufe des Illusionisten ist dabei 20. Sobald die Illusion durchbrochen oder der Drache bezwungen ist, verblassen die Wunden und der LE-Verlust der Helden kann wie bei einem waffenlosen Kampf als reiner Ausdauer-Verlust betrachtet werden. Das Tal des Chor’chna’ben Nachdem die Helden die letzte Prüfung bestanden haben, können sie das hinter dem Wasserfall verborgene letzte Gangstück durchqueren. An seinem Ende befindet sich ein weiteres Steinportal, dass sich jedoch durch eine Gesamt-KK von 21 nach außen drücken lässt. Dahinter befindet sich der Vulkankrater, das Tal des Chor’chna’ben. Das Tal des Chor’chna’ben Bereits beim Öffnen des letzten Tores ändert sich die Stimmung radikal. Die konzentrierte Stille und Reinheit der Kammern der Prüfung weicht etwas anderem, zutiefst bedrohlichem und unnatürlichem. Versuchen sie als Meister, dies ruhig soweit möglich durch grelles Licht und passende Musik zu unterstreichen. Entgegen der Erwartungen (zumindest des Achaz) strahlt das Tal keineswegs die Ruhe und Friedlichkeit eines heiligen Ortes aus. Statt dessen wirkt das Tal böse, hässlich und abweisend. Der erste Blick in das Tal bestätigt dieses Gefühl. Es ist deutlich zu erkennen, dass hier vor nicht allzu langer Zeit eine blühende Flora existiert hat. Doch nun sind alle Bäume und Sträucher von widerlichen weißgrauen Schleiern eingehüllt und eitergelbe Tautropfen hängen daran. Das ganze Tal ist von dämonischer Präsenz erfüllt und wirkt dementsprechend unheilig. Das Tal durchmisst mehrere hundert Schritt. Zwischen den Überresten der Pflanzen ragen einige kurios geformte Basaltsäulen bis zu 15 Schritt hoch auf. Im Zentrum des Kraters befindet sich ein großer Riss von mehreren Schritt Breite und 30 Schritt LänAbenteuer ge. Die Karten zu diesem Abenteuer zeigen das Tal im Querschnitt und von oben. Dringen die Helden bis etwa zur Mitte des Tales vor, so werden sie von den Kreaturen angegriffen, die Vespertilio im Tal zurückgelassen hat. Es handelt sich eindeutig um dämonische Wesen aus der Domäne der Asfaloth. Sie zu vernichten widerspricht demzufolge natürlich nicht der Weisung, kein Leben zu nehmen (und das sollten die Helden auch sehr deutlich spüren)! Die Spinnenchimären Die etwa einen Schritt großen, spinnenartig-dämonischen Untiere sind weder sehr robust noch besonders kampffähig. Allerdings sind sie – wie alle dämonischen Wesen – nur durch Magie zu verletzen. Helden, die keine magischen Waffen haben, sind aber keineswegs nutzlos, da allein durch ihr beherztes Zuschlagen verhindert werden kann, dass sich alle Spinnen zugleich auf einen einzelnen Gegner stürzen. Ein kräftiger Schlag einer normalen Waffen fügt den Wesen zwar keinen Schaden zu, vermag sie aber durchaus zurückzudrängen (KK-Probe+5 wirft eine Kreatur so weit zurück dass sie ein Mal nicht angreifen kann). Dass sich der mutige Held durch seinen Einsatz in große Gefahr gegen einen (für ihn) unverwundbaren Gegner begibt, ist eine ganz andere Frage… Die Werte: AT: 7 PA: 4 RS: 1 LE: 20 TP: 1W+1 (ätzende nässende Wunden!) Kalkulieren sie pro Held etwa vier dieser Kreaturen. Gleichzeitig angreifen können allerdings nur jeweils drei der Spinnen (und nur zwei, wenn die Helden einen Halbkreis vor einer Felswand bilden). Wird eine Spinne getötet, so zerplatzt sie in einer Wolke aus schleimigem Glibber und verursacht bei allen Umstehenden nochmals 1W+1 TP. Wenn die Helden das ein paar Mal erlebt haben und einschätzen können wie viel die Monster aushalten, können sie im rechten Moment durch eine AusweichenProbe dem Glibber entkommen. Um fliegende Helden am Kraterrand abzufangen oder aber um auch sehr starke Heldengruppen ein wenig ins Schwitzen zu bringen, können sie die Spinnenwesen mit übermenschlichen Sprungfähigkeiten versehen oder ihnen die Fähigkeit geben, Spinnenfäden zu verschießen. Wenn die Helden vor den Kreaturen fliehen, sich verstecken oder sie bezwungen haben und sich nachher umsehen, können sie folgende Entdeckungen machen: Der tote Drache Unter den Spinnweben befinden sich nicht nur Pflanzen, sondern auch die Überreste ei- nes großen Echsenwesens. Teilweise bis auf die Knochen abgefressen, teilweise noch mit fauligen Fleischfetzen behangen liegt zwischen den Säulen der Körper eines Drachenwesens. Die Helden können jedoch nur vermuten, dass es sich dabei um die sterblichen Überreste des Chor’chna’ben handelt. Das Drachennest Sehen die Helden sich die Basaltsäulen genauer an, so werden sie bemerken, dass sich auf einer besonders großen und breiten Säule eine Art Nest befindet. Die Ausmaße dieses Nestes sind so groß, dass wohl nur ein Drache dort seine Eier abgelegt haben könnte. Die Säule selbst wird umhüllt vom heißen Rauch, der aus dem Riss im Kraterboden aufsteigt. Auf dieser zehn Schritt hohen Säule befindet sich das Gelege des Chor’chna’ben. Das Gelege des Chor’chna’ben Gelingt es einem der Helden, die Säule zu erklettern, so gelangt er zum Gelege des Chor’chna’ben. Im Nest liegen die Überreste mehrerer Dracheneier. Große, dunkelgraue, ledrige Fetzen, bedeckt mit einer dicken Rußschicht. Einiges Wühlen in diesen Überresten fördert ein einziges kleines, intakt scheinendes Ei zutage. Sobald aber die warme Hand eines Menschen das Ei berührt, erglimmt es leicht in rötlichem Schimmer. Der Held spürt ein zartes Kribbeln, das ausgehend von seiner Hand seinen ganzen Körper durchläuft. Schließlich spricht eine leise, flüsternde Stimme zu ihm: Geschändet ist das heilige Tal. Erschlagen der heilige Diener der H’Szint. Der Seelenstein des Chor’chna’ben ist nun in deiner Hand. Bring Heiliges zu Heiligem, um die Hoffnungen des Bösen zunichte zu machen. H’Szints Segen über dich, wenn du den Willen der Göttin erfüllst. H’Szints Fluch über dich, wenn meinem Mörder Vespertilio zufällt, was er nie erlangen darf! Nach diesen Worten lässt das Glimmen nach und das ledrige Ei fühlt sich kühl und ruhig an. Sollten die Helden auf die Idee kommen, das Ei zu öffnen, so findet sich darin tatsächlich der Karfunkel des Chor’chna’ben. Und es wird sie tatsächlich ein schrecklicher Fluch treffen, wenn sie den letzten Wunsch dieses Wesens nicht erfüllen… Zurück nach H’Rabaal Sobald die Helden das Ei des Chor’chna’ben in den Händen halten, können sie sich eigentlich auf den Rückweg nach H’Rabaal machen. Vermutlich sind sie aber sehr angeschlagen Seite 59 ANDUIN 95 und eventuell rechnen sie ja auch noch mit einem Kon ikt mit den Echsenmenschen auf der Insel Als Schlafplatz eignet sich besonders die Kammer des Wasserdrachens. Die Illusion erscheint kein weiteres Mal und in der friedlichen Kammer ist die Regeneration sogar um einen Punkt verbessert Das Wasser ist zudem sehr klar erfrischend und mineralsto reich Von den Echsenmenschen im Tal haben die Helden eigentlich nichts zu befürchten Doch diese werden auf jeden Fall noch einmal auftauchen Der Schamane wird sie dann eingehend nach dem befragen was sie auf dem heiligen Berg erfahren haben Können die Helden ihn davon überzeugen dass sie den Karfunkel wirklich nach H Rabaal bringen und nicht für sich behalten wollen so beschenkt er den Helden dem er zuvor das Haar genommen hat nun mit einem magischen Edelstein Durch ein Schamanenritual wurde der Stein mit einem Schutzzauber versehen und das Haar in den Stein eingeschlossen Seinem Besitzer vermag es nun solange er es trägt eine um erhöhte Magieresistenz zu verscha en unzerstörbar ist das Artefakt allerdings nicht Die Echsen geleiten die Helden zurück zu ihrem Schi und drücken beim Abschied nochmals ihre Achtung und Anerkennung vor den tapferen Helden aus Falls nötig haben sie auch ein paar Heilkräuter anzubieten Zu den Ereignissen auf dem Berg kann der Schamane nur erklären dass er vor wenigen Wochen eine böse Macht gespürt hat und eine große Unruhe in der Geisterwelt Allerdings war der Schamane überzeugt dass keine böse Macht dem als Halbgott verehrten heiligen Wesen auf Dauer etwas an- Das Orakel von H‘Rabaal haben kann so dass er nicht bereit war das Tabu des Berges zu brechen Die Reise zurück nach H Rabaal kann eigentlich ohne Komplikationen verlaufen beziehungsweise ähnlich wie der Weg zur Insel. Kapitel 3 Das Orakel von H’Rabaal Kehren die Helden nach H Rabaal zurück so werden sie von Chrazz chk bereits erwartet Dieser lässt sich den Verlauf der Expedition zunächst ausführlich schildern und von dem Achaz bestätigen Danach erklärt er den Helden dass er sie nun zum Orakel führen wird wo sie sich der letzten Prüfung unterziehen und vor den Augen des Orakels bestehen müssen Der Weg zum Orakel Das Orakel liegt im schwer zugänglichen Hochland von H Rabaal Der Achaz der die Helden schon auf ihrer Queste begleitet hat wird sie weiter durch den unwegsamen Dschungel in die Berge führen Auf der etwa drei Tage dauernden Reise müssen die Helden mit allerlei Unbilden des Regenwaldes rechnen Allgemein soll das Gefühl vermittelt werden dass das Orakel tatsächlich schwer zugänglich und ohne kundigen Führer kaum zu finden ist Pro Stunde Fußmarsch sinken Attacke Parade Gewandtheit und Körperkraft um je einen Punkt Legen die Helden eine Rast ein so regenerieren sich die Werte in zwei Spielrunden jeweils um einen Punkt Die Regeneration ist durch die unge- wohnte und ungemütliche Umgebung vermindert auf W pro Nacht Die schwüle Hitze des Regenwaldes erschwert die Konzentration weshalb alle Zauberproben um Punkte erschwert sind Talentproben sind um erschwert Die Helden schwitzen wie die Trop erzen und müssen deshalb mindestens vier Liter pro Tag trinken Wasser zu finden ist zwar kein Problem versäumt man es aber das Wasser abzukochen ist die Gefahr groß an Manaks Vergeltung zu erkranken Dauer W Tage SP pro Tag keine Regeneration Mögliche Begegnungen im Dschungel Riesena en Palmviper Würgeschlange Säbelzahntiger Moskitos Gelbschwanzskorpione Vogelspinnen Das Orakel In einem kleinen ungewöhnlich friedlichen Bergtal liegt das Ziel der Helden Einige einfache Hütten lassen erkennen dass hier Achaz wohnen Außer einem reich geschmückten und von mehreren Echsenkriegern Achaz und Marus bewachten Höhleneingang ist sonst nichts bedeutsames zu sehen Aus einer der Hütten steigt in dicken Schwaden dunkler würzig riechender Rauch auf Die Wache im Gebüsch Die Helden werden von einem zunächst im Gebüsch verborgenen Achaz angesprochen sobald sie einige Schritte in das Tal vorgedrungen sind Erklären sie den Grund ihres Kommens so gebietet die Wache ihnen all ihre Wa en abzulegen bevor sie weiter in das heilige Tal gehen Sobald sie gehorchen geleitet er sie zu der Hütte aus der der würzige Rauch aufsteigt Die Echsenpriester In besagter Hütte sind drei der Priester des Orakels versammelt und führen gerade ein Rauschkraut Ritual durch Eine weitere Wache vor dem Zelt teilt dies den Helden mit und bittet sie zu warten Nach einiger Zeit tritt einer der Priester aus dem Zelt und begrüßt die Helden Sie bekommen einen Schlafplatz zugewiesen können sich waschen und ein Mahl mit den Priestern einnehmen. Man teilt ihnen mit dass jeder Held nur ein Mal und zwar jeder einzeln vor das Orakel treten darf Der erste der vor das Orakel tritt soll das Ei des Chor chna ben mit sich führen Seite 60 Abenteuer ANDUIN 95 Das Orakel von H‘Rabaal Wenn das Orakel zustimmt, sind die Echsenpriester bereit, ihr Wissen mit den Helden zu teilen und sie, soweit sie es vermögen (und es ihnen gestattet wurde), zu unterrichten. Das Orakel Die Höhle ist dunkel und groß. Wer immer sich dem Orakel stellt, darf keine andere Lichtquelle als einen kleinen Gwen Petryl mit sich führen, dessen Lichtschein gerade ausreicht um den Weg einen Schritt weit zu beleuchten. In der unüberschaubaren Höhle voller Tropfsteine windet sich ein langer schmaler Gang, teils natürlich, teils künstlich angelegt, in die Tiefe. Immer lauter wird die Symphonie aus dem Tropfen des Wassers, dem Hallen der eigenen Schritte und einem dumpfen Brummen aus der Tiefe. Nach einer Weile klingt alles seltsam harmonisch. Der Pfad endet nicht, doch geht er nicht mehr weiter in die Tiefe. Nach einer weiteren Weile fühlt es sich an, als laufe man im Kreis, auch wenn nirgendwo eine Abzweigung nach oben zu sehen ist. Eine letzte kleine Weile vergeht bis die harmonischen Klänge plötzlich leiser werden und eine sanfte Stimme in der Muttersprache des Helden zu sprechen anhebt: Weiter und immer weiter. Geh den Kreis des Lebens. Eine suchende Seele bist du. Eine suchende Seele in meiner Halle… Eine suchende Seele mit einer Gabe… Den Weg der Götter bist du gegangen… [oder: Den Weg der Götter bist du gegangen, so gut du es vermochtest] Vertraue! Vertraue in die Weisen Lenker der Welt… Verschenke nun deine Gabe. Schenke sie der Tiefe, wirf sie mir zu… Und höre was durch mich dir zu wissen bestimmt ist… [oder: Sage mir nun, welches Wissen du dir von mir erhoffst…] Nun sollte jeder Held ein persönliches Orakel erhalten. Versuchen Sie bereits bei der Vorbereitung des Abenteuers herauszufinden, welche Geheimnisse die Helden gerne erfahren würden oder was es sie zu wissen drängt (vielleicht die Zusammenhänge eines nie ganz geklärten Abenteuers)? Wenn Sie für den betroffenen Helden bereits ein Folgeabenteuer wissen, versuchen Sie, eine geeignete Verbindung oder Vorahnung dazu herzustellen. Nachdem das persönliche Orakel gesprochen ist, fährt die Stimme wie folgt fort: Abenteuer Du hast dich der Prüfung meiner Priester gestellt und du hast dich meiner Prüfung gestellt. Du sollst unterwiesen werden im alten Wissen, soweit du es zu fassen vermagst. Hüte dich aber, die Grenzen zu überschreiten zu jenem Wissen, das den Sterblichen verboten ist. Hüte dich vor den Versuchungen, die den Wissenden umso stärker treffen. Hüte Dich… und geh mit dem Segen der vielgestaltigen H’Szint… Die letzten Silben verklingen als Echo widerhallend, während die Harmonie der natürlichen Klänge wieder lauter wird. Unvermittelt beginnt der Pfad anzusteigen und den Besucher zurück ans Tageslicht zu führen. Das Gelöbnis Nachdem alle, die wollen, sich der Prüfung gestellt haben, ziehen sich die Echsenpriester ein weiteres Mal für eine Weile zurück. Danach erklären sie, dass das Orakel entschieden hat und die Helden für Wert erachtet wurden, unterwiesen zu werden. Nun müssen sie noch den Priestern des Orakels geloben, dass sie das Wissen, welches sie hier erlernen, niemals wider den Gesetzen der H’Szint und niemals wider den Echsen von H’Rabaal einsetzen. Außerdem müssen sie versprechen, niemals den Weg zum Orakel an jene preiszugeben, die nicht fest sind im Glauben an die Göttin. Der Lohn der Mühen Alle Helden, die sich erfolgreich dem Orakel gestellt haben, können nun für eine Weile im Tal bei den Echsenpriestern bleiben. Hier haben sie die Möglichkeit die Sprache der Echsen zu lernen und – sofern sie magiebegabt sind – einige Echsenzauber zu erlernen. Eventuell können sie auch in die Geheimnisse der Kristallomantie eingeweiht werden (siehe Mysteria Arkana). Davon abgesehen, haben sich natürlich alle Helden einige Abenteuerpunkte verdient. Ich würde für ein absolut korrektes Bestehen der Prüfung 300 Abenteuerpunkte vorschlagen. Weitere 150 Abenteuerpunkte dürfen sich jene Helden teilen, die die Spinnendämonen vernichtet haben. Für schönes Rollenspiel, besonders im Umgang mit den Achaz, können pro Held weitere 10 bis 30 Abenteuerpunkte verteilt werden. Insbesondere können solche Helden belohnt werden, die mit interessanten Ideen die Handlung vorangebracht und bereichert haben, oder die durch erinnerungswürdige Szenen zum Spielspaß beigetragen haben. Anhang Die Magie der Echsenmenschen Die Magie der Echsen ist fremdartig und geheimnisvoll, doch mag es unter besonderen Umständen auch einem Menschen gelingen, sie Ansatzweise zu verstehen. Analog zum gildenmagischen Verständnis der Elfenmagie oder der Zauberkräfte der Töchter Satuarias wird ein Magier auch hier vor allem die Ähnlichkeiten zu bekannten gildenmagischen Zaubern besonders hervorheben, um einen Ansatzpunkt für seine Studien zu haben. Der Magier lernt folglich nicht „auf echsische Art zu zaubern“ sondern er lernt „die echsischen Zauber in die gildenmagische Wirkungsweise umzuwandeln“. Auch die hier angegebenen Namen der Zauber sind natürlich nicht die echsischen Namen, sondern Vorschläge dafür, wie ein Gildenmagier die Sprüche nennen könnte. Im Folgenden werden einige neu entwickelte oder modifizierte Zauber vorgeschlagen, wie sie bei den Priestern in H’Rabaal oder aus alten Schriften der Echsen gelernt werden könnten. Bei allen Sprüchen ist zu beachten, dass die angegebenen Startwerte dann zum Tragen kommen, wenn der Magier diese Sprüche weitergeben will. Beim Lernen direkt von den Echsenpriestern können Sie einige freie Steigerungswürfe zugestehen, damit der Spielerheld sein neues Wissen auch nutzen kann. Desintegratum Gardianum Eine Kristallzauberei der Echsen Technik: Um die magische Matrix quasipermanent an einem Ort zu fixieren, ist ein kleiner Diamantsplitter notwendig, der im Zentrum des gewünschten Wirkungsbereiches positioniert werden muss (Wert: ca. 5 Dukaten). Sodann verlässt der Magier den zukünftigen Wirkungsbereich, hält seine Hände wie eine Kugel umfassend vor den Körper und spricht die Formel. Zauberdauer: 20 Sekunden Probe: KL/FF/KK Wirkungsweise: Sobald der Zauber gesprochen ist, bleibt er an den Diamantsplitter gebunden bis irgendeine tote Materie in seinen Wirkungsbereich gelangt. Erst in diesem Moment wird er aktiv und wirkt dann für die gesamte Wirkungsdauer auf alle tote Materie die in seinen Wirkungsbereich eindringt wie der bekannte DESINTEGRATUS PULVERSTAUB. Kosten: 25 ASP Reichweite: maximal Stufe des Magiers in Schritt Seite 61 ANDUIN 95 Wirkungsdauer: Ab dem Moment des Auslösens für Stufe des Magiers in Minuten Startwerte: Wie der Startwert des normalen DESINTEGRATUS; Bonus +3 wenn der DESINTEGRATUS ein aktiver Spruch ist Antigravita Sumu‘ Hand Eine Bewegungszauberei der Echsen Technik: Der Zaubernde berührt den Gegenstand seiner Wahl und spricht die Formel. Zauberdauer: 2 Minuten Probe: IN/FF/KK Wirkungsweise: Der Zauber hebt die Schwerkraft, Sumus Griff, auf beziehungsweise erzeugt eine entgegengesetzt wirkende Kraft wählbarer Stärke (1x, 2x, 3x…), welche der Magier durch geistigen Befehl beliebig zwischen Null und dem vorher festgelegten Maximalwert steuern kann. Solange exakt Wirkungsfaktor 1 aufrecht erhalten wird, befindet sich der Gegenstand in der Schwebe. Ist dieser unter 1, sinkt der Gegenstand, übersteigt er 1, so steigt er nach oben. Kosten: Maximaler Multiplikator mal 5 + 1 pro Stein + 1 pro Minute Reichweite: B; Sichtweite Seite 62 Das Orakel von H‘Rabaal Wirkungsdauer: Je nach ASP Aufwand, jedoch höchstens Stufe des Zaubernden in Minuten Startwerte: Magier: -10; Scharlatan: -20; Hexe: -12; Druide: -12; Diener Sumus: -12; Herr der Erde: -12; Schelm: -12; Auelf: -15; Waldelf: -15; Firnelf: -18; Halbelf: -20 Meisterhinweis: Um den Gegenstand ruhig in der Schwebe zu halten, muss dem Magier eine Intuitionsprobe+3 gelingen. Der Zauber wird um 8 Punkte erschwert, wenn er nicht nur bei Berührung sondern auf Sichtweite wirken soll. Die Wirkung ist sofort beendet, wenn der Zaubernde den Gegenstand aus den Augen verliert. Fulmen Delenda Ein Kampfzauber der Echsen Technik: Um die volle Wirkung zu entfalten, muss der Magier an der „Zauberhand“ einen speziell gravierten Rubinring (Materialwert ca. 10 Dukaten) tragen. Der Magier ballt die Hände zur Faust und kreuzt die Arme vor der Brust. Dann zeigt er ruckartig mit gespreizten Fingern auf sein Ziel. Zauberdauer: nach Stärke des Zaubers (Anzahl der Schadenswürfel in Sekunden) Probe: MU/FF/KK Wirkungsweise: Dieser Zauber ermöglicht es dem Magier, während der Zauberdauer nach freiem Willen Blitze aus seinen Fingerspitzen schießen zu lassen, welche ein beliebiges Ziel innerhalb seiner Reichweite treffen. Die Blitze richten pro Sekunde 1W6 Schaden an. Die maximale Anzahl W6 muss vor dem Zaubern festgelegt werden. Das Limit hierfür liegt bei 3W6 + Stufe. Der Schaden kann auf verschiedene Ziele verteilt werden, jedoch sind pro Ziel 3 extra ASP nötig, die nur zum Zielen dienen und keinen Schaden bewirken. Die Farbe der Blitze lässt sich beim Erlernen des Spruches festlegen. Sollte die direkte Richtung zum Ziel versperrt sein (der Blitz mach auch kleine Kurven, um zum Beispiel ein Ziel noch zu erreichen, das hinter einem Baum in Deckung geht), schlägt er in das Nächstbeste ein. Kosten: 3 ASP pro Ziel, 3 ASP pro 1W6 SP Reichweite: max. Stufe mal 2 Schritt, jedoch min. 5 Schritt Wirkungsdauer: Anzahl der Schadenswürfel in Sekunden Startwerte: Magier: -10; Scharlatan: -18; Hexe: -20; Druide: -12; Diener Sumus: -15; Herr der Erde: -12; Schelm: -20; Auelf: -15; Waldelf: -18; Firnelf: -18; Halbelf: -18 Abenteuer ANDUIN 95 Das Orakel von H‘Rabaal Meisterhinweis: Fällt bei einer der Zauberproben eine 20, so kann es sein, dass sich ein Nebenstrang vom Hauptblitz abspaltet und bis zu 25% der Schadenspunkte auf ein anderes Ziel umleitet… Eidechsenbeine Eine Bewegungszauberei der Echsen Technik: Der Zaubernde benetzt Fußsohlen und Handflächen mit seinem Speichel und spricht dabei die echsische Formel. Zauberdauer: 12 Sekunden Probe: IN/GE/KK Wirkungsweise: Dieser Verwandlungszauber ermöglicht es, einer Eidechse gleich Wände hinauf- oder hinunterzuklettern. Während der Wirkungsdauer des Spruches kann der Zaubernde mit bloßen Händen und Füßen alle Flächen entlang laufen, an der auch einer Eidechse laufen könnte. Er ist dabei in der Lage, maximal die Hälfte seines Eigengewichtes an Kleidung und Gepäck zu tragen. Der Zauber kann auch auf einen Gefährten angewendet werden, dann muss jedoch die halbe MR überwunden werden. Kosten: 9 ASP pro Spielrunde Reichweite: Z,B Wirkungsdauer: Je nach ASP-Aufwand Startwerte: Magier: -6; Scharlatan: -10; Hexe: -6; Druide: -6; Diener Sumus: -7; Herr der Erde: -8; Schelm: -7; Auelf: -7; Waldelf: -7; Firnelf: -7; Halbelf: -7 Meisterhinweis: Der Zauber ermöglicht zwar das Erklettern jeder normalen Wand, doch er senkt nicht die Höhenangst des Zauberers. Bei besonders spektakulären Klettereien sollte diese durchaus geprüft werden. Vorgetäuschter Tod Eine Illusion der Echsen Technik: Der Zauberer wirft den Staub eines Achats (Wert: ca. 10 Silbertaler) dort in die Luft, wo sein Abbild entstehen soll. Dabei spricht er die Formel. Zauberdauer: 8 Sekunden Probe: KL/CH/GE (+MR) Wirkungsweise: Dieser Zauber erschafft ein Doppelbild des Zaubernden, das dann auf täuschend echte Weise stirbt (Meisterentscheid). Diese Illusion wirkt nur optisch. Die Probe wird um die höchste MR der Zuschauer erhöht. Kosten: 15 ASP Reichweite: Das Trugbild entsteht in maximal 7 Meter Entfernung vom Zauberer. Beim VORGETÄUSCHTEN TOD darf er sich aber bis zu maximal Stufe mal 10 Schritt entfernt haben. Wirkungsdauer: Der „Tod“ tritt nach spätestens einer Spielrunde ein. Die „Leiche“ Abenteuer bleibt noch so viele Stunden an Ort und Stelle liegen, wie ZF-Punkte beim Zaubern übrigbehalten wurden. Startwerte: Magier: -6; Scharlatan: -8; Hexe: -7; Druide: -7; Diener Sumus: -12; Herr der Erde: -12; Schelm: -5; Auelf: -9; Waldelf: -9; Firnelf: -9; Halbelf: -9 Kraft der Sonne Ein ritueller Heilzauber der Echsen Technik: Der Zaubernde hält seinen Sonnenkristall an die Stirn, während er der Sonne zugewandt ruht. Mit geschlossenen Augen wiederholt er langsam die Zauberworte. Zauberdauer: Die Wirkung setzt nach drei Minuten ein Probe: IN/CH/CH Wirkungsweise: Für jede Spielrunde, die der Zaubernde oder eine von ihm beim Zaubern berührte Person (der Zauber wirkt nur auf Einzelpersonen) ruhend bei Sonnenschein unter freiem Himmel verbringt, erhält er W6+2 Lebenspunkte zurück. Was „Sonnenschein unter freiem Himmel“ bedeutet, legt der Meister fest; man sollte aber bedenken, dass der Zauber aus dem Süden Aventuriens stammt. Der Zauber kann jederzeit abgebrochen oder maximal Stufe des Zaubernden in Spielrunden aufrechterhalten werden. Kosten: 3 ASP pro Spielrunde Reichweite: Z, B Wirkungsdauer: nach ASP-Einsatz Startwerte: Magier: -8; Scharlatan: -12; Hexe: -8; Druide: -8; Diener Sumus: -4; Herr der Erde: -4; Schelm: -14; Auelf: -6; Waldelf: -6; Firnelf: -6; Halbelf: -6 Meisterhinweis: Bevor der Zauber zum ersten Mal eingesetzt werden kann, muss sich der Zauberer in einem Ritual einen persönlichen Kristall schaffen, durch den später das Sonnenlicht zu Lebenskraft verwandelt wird. Dies kostet ihn einen permanenten ASP. Der Kristall ist recht robust, aber nicht unzerbrechlich. Schlangenkörper Eine Verwandlung der Echsen Technik: Während der Zaubernde sich schlangengleich windet, singt er die Zauberworte leise vor sich hin. Zauberdauer: 30 Sekunden Probe: MU/GE/GE Wirkungsweise: Der Zauber macht die Knochen so weich und biegsam, dass der Zaubernde sich einer Schlange gleich durch engste Öffnungen winden kann. Kosten: 10 ASP pro Spielrunde Reichweite: Z Wirkungsdauer: Je nach vorher festgelegtem ASP-Einsatz Startwerte: Magier: -10; Scharlatan: -12; Hexe: -6; Druide: -12; Diener Sumus: -15; Herr der Erde: -12; Schelm: -6; Auelf: -8; Waldelf: -8; Firnelf: -8; Halbelf: -8 Meisterhinweis: Die Zaubergesten erfordern eine gewissen Gelenkigkeit. Gegebenenfalls ist hier eine Akrobatik- oder Körperbeherrschungsprobe durchaus angemessen, deren Misserfolg die Zauberprobe deutlich erschwert. Schlangenbiß Ein Angriffszauber der Skrechim Dieser Zauber dient den Skrechim dazu, einen Gegner mit einem magisch vergifteten Biss kampfunfähig zu machen. Die Wirkung eines Schlangengiftes wird dabei so modifiziert und konzentriert, dass die Wirkung schmerzhaft und betäubend genug ist um die meisten Gegner zumindest für einige Zeit auszuschalten. Da menschliche Magier über keinerlei Giftzähne verfügen, ist dieser Zauber für sie ohne Nutzen. Allerdings erlaubt es die Kenntnis der Thesis, einen solchen Zauber frühzeitig zu erkennen und dem Beißangriff geeignete Maßnahmen entgegenzusetzen (Intuitionsprobe). Runen der Skrechim Ein Schutzzeichen der Echsen Technik: Um ein Buch oder eine Schrift mit einer Rune zu schützen, zeichnet der Zaubernde diese mit Krötenblut im Mondlicht auf das Schriftstück und spricht dabei die Formel, wodurch die Rune mit dem Buchtext „verschmilzt“. Zauberdauer: 1 Minute Probe: KL/FF/FF Wirkungsweise: Die Rune wird durch den Zauber in einen Text eingewoben und erzeugt im Geist des Lesers eine Art Schockwelle, die ihm einen solchen Schlag versetzt, dass er für 1W20 KR bewusstlos wird, wenn ihm nicht eine um die doppelte Stufe des Zauberers erschwerte Selbstbeherrschungsprobe gelingt. Auf jeden Fall aber ist die Erfahrung sehr schmerzhaft und schreckt vor weiterem Lesen ab. Kosten: 3W6+10 ASP Reichweite: B Wirkungsdauer: Augenblicklich, sobald der Text gelesen wird. Startwerte: Magier: -5; Scharlatan: -9; Hexe: -8; Druide: -12; Diener Sumus: -15; Herr der Erde: -15; Schelm: -15; Auelf: -12; Waldelf: -14; Firnelf: -16; Halbelf: -13 Meisterhinweis: Beim Erschaffen der Rune sollte darauf geachtet werden, gegen welche MR der Zauber theoretisch geglückt wäre. Hat ein Leser eine MR die über diesem Wert liegt, so vermag ihm die Rune nicht zu schaden. Seite 63 ANDUIN 95 FROSTIGE RACHE Frostige Rache EIN UNIVERSELLES KURZABENTEUER TEXT: FALK BONGERT ILLUSTRATION: JIM Vorwort „Frostige Rache“ ist ein Fantasy Abenteuer, geeignet für fast jedes System und jede Gruppengröße. Das Abenteuer ist bewusst ohne Bezug zu einer bestimmten Welt, und ohne Werte für Gegner oder bestimmte Proben geschrieben, da es so universell wie möglich gehalten sein soll. Der Handlungsort hingegen ist relativ speziell, und die zurück- zulegenden Entfernungen sind nicht so klein, dass es sich für jede Welt eignen würde. Ort des Geschehens Spielt man in einer besonders detailliert beschriebenen Welt, sollte man die Namen der Orte ändern, und sich eine passende Stelle in der Spielwelt suchen. Bei freien oder eigenen Welten stellt sich das Problem natür- lich nicht. Die Gegend, in der das Abenteuer spielt, ist die so genannte Salbtaler Ebene, ein fürchterlich kalter Ort umgeben von einem Gebirgsring, an dem die Temperaturen selten über den Gefrierpunkt steigen. Da zunächst die Reise in diese Gegend ansteht, darf sich die Gruppe auch andernorts aufhalten, aber allzu weit sollte die Entfernung nicht sein, da es sonst unglaubwürdig wird. Gruppenauswahl Zwar ist „Frostige Rache“ theoretisch mit jeder Gruppe spielbar, aber es eignet sich am besten für eine Gruppe mit relativ niedriger Machtstufe (da sonst das Abenteuer leicht gesprengt werden kann) und höchstens 6 Spielern (da sonst die Möglichkeiten zur Aufteilung besonders beim Finale hinderlich sein könnten). Stimmung Bei „Frostige Rache“ handelt es sich um ein Horror und/oder Survival Abenteuer. Je nachdem, wie man den Fokus setzen möchte, kann man stärker auf den Überlebenskampf im Eis oder die beklemmende Enge im frostigen Gebirge eingehen, und so die Stimmung des Abenteuers bestimmen. Handlungsübersicht Im Folgenden führe ich kurz auf, was es in den nächsten Kapiteln zu erfahren gibt: Zusammenfassung der Ereignisse: Was hat zu der Situation geführt? Was wird den Charakteren passieren? Welche NSC gilt es zu treffen? Reise nach Salbtal: Wie und wo beginnt das Geschehen? Zudem wird die Reise nach Salbtal und der Aufenthalt dort behandelt. Der Schneesturm: Wie der Trupp vom Weg abkommt und schließlich in der Höhle landet. Eisgefängnis: Die Geschehnisse in der Höhle und das Grauen, das dort der Charaktere harrt. Freiheit: Die Flucht aus der Höhle und das Ende des Abenteuers. Seite 64 Abenteuer ANDUIN 95 FROSTIGE RACHE Zusammenfassung der Ereignisse Vor einigen Jahrtausenden gab es einen harten Kampf zwischen Mächten des Guten und des Bösen, (seien es Dämonen gegen Engel, Teufel gegen Helden oder was immer zum Spiel am besten passt), den das Gute letztlich gewann und die böse Macht tief unter dem heutigen Salbtaler Gebirge in ein Gefängnis einsperrte. Nach vielen Jahren jedoch wurden die Gitter des Gefängnisses morsch und brüchig, und das düstere Wesen begann Kontrolle über seine Umgebung zu bekommen. Und es sann auf Rache. Vor etwa 100 Jahren war eine kleine Gruppe Händler, begleitet von drei Leibwächtern, unterwegs in die Salbtaler Ebene. Sie handelten in Salbtal selbst, der einzigen Stadt in der Ebene, und wollten über einen Gebirgspass wieder nach Süden hinaus aus dem Gebiet. Bevor sie das Gebirge erreichen konnten, kamen sie in einen fürchterlichen Schneesturm, und mussten am Rand der Berge in einer großen Höhle Zuflucht suchen. Es ertönte noch ein grausames, lautes Tiergebrüll, danach verschüttete eine Lawine den Weg aus der Höhle. Aber zum Glück gab es einige Gänge, die tiefer in das Gestein führten. Die eigentlich zum Schutz der Händler angedachten Leibwächter wurden panisch und entschlossen sich, die Händler umzubringen. Damit mussten sie die Vorräte nur noch durch drei und nicht mehr durch acht hungrige Mäuler teilen. Ein kleines Mädchen, die kleine Tochter zweier Händler, entkam ihnen jedoch, kroch in eine kleine Öffnung und versteckte sich dort so lange sie konnte. Nachdem die Händler tot waren machte sich das Unheil unter dem Berg daran, sich ihrer Seelen zu bemächtigen. Es tötete die Leibwächter und ließ das kleine Mädchen elendig verhungern. Seither schickt das Böse die Geister der Händler immer wieder auf die Reise um Opfer anzulocken und in das eisige Gefängnis zu bringen, damit es sich dort ihre Seelen einverleiben kann. Er ist fast vierzig Jahre alt, mittelgroß mit kurzen braunen Haaren und insgesamt ein unauffälliger Typ. Freundlich und höflich, ruhig und gelassen, einfach ein netter Kerl, der allerdings gerne erzählt und nicht so schnell auf den Punkt kommt. Cassia Wollschnitt Die Frau von Ephraim ist Mitte dreißig, mittelgroß, etwas füllig und hat lange, braune Haare. Sie ist ebenso freundlich wie ihr Mann und kümmert sich rührend um ihre Kinder. Sie ist stiller als ihr Mann und insgesamt ebenso unauffällig. Richard Wollschnitt Der Sohn der Händler ist acht Jahre alt, schlank und hat kurze braune Haare wie sein Vater. Er ist sehr neugierig, aufgedreht und geht seiner Umwelt schnell auf die Nerven. Jedem, der es sehen will, zeigt er sein Medaillon, das er an einer Kette um den Hals trägt, und das er von seinem Großvater bekommen hat, der es vor vielen Jahren für eine Heldentat bekommen haben soll. Miriam Wollschnitt Die Tochter der Wollschnitts ist fünf Jahre alt, schlank mit lockigen blonden Haaren. Sie ist fürchterlich ruhig, und sagt kein Wort. Die Eltern behaupten, dass es nur eine Phase sei, die vorbeigehen würde, und Richard behauptet seine Schwester würde hin und wieder zu ihm sprechen, aber wäre viel langweiliger als früher. Der Grund für die Apathie ist, dass das Böse keine vollständige Kontrolle über ihren Geist hat, da sie nicht gewaltsam umgekommen ist. Walther Desmond Walther ist der zweite Händler, er ist etwas jünger als Ephraim, größer und dicker, hat kurze schwarze Haare und trägt einen sauber gestutzten Vollbart. Zwar höflich, aber stiller und leichter zu reizen als Ephraim ist er insgesamt ein netter Zeitgenosse, der erst nach dem dritten Bier anfängt zu plaudern. Reise nach Salbtal Die Charaktere werden nun wie damals die Leibwächter von den Händlern angesprochen sie zu begleiten. Dadurch werden sie erst nach Salbtal und von dort aus zu der verhängnisvollen Höhle gelangen und dort schließlich von dem Bösen gejagt, bis sie vor Angst sterben oder entkommen können. Das Abenteuer beginnt in einer Kleinstadt namens Willingen, irgendwo einige Tagesreisen südlich der Salbtaler Ebene. In dem Örtchen gibt es nur eine einzige Kneipe, „Das Nimmerleere Fass“, in der die Charaktere auf die Händler treffen werden. Die Händler im Detail In dem Gasthaus sind ausschließlich Einheimische, hauptsächlich Bauern, Holzfäller und diverse Handwerker, und es ist durchschnittlich gut gefüllt. Nachdem alle Charaktere Ephraim Wollschnitt Ephraim ist der Leiter des kleinen Trupps. Abenteuer Das Nimmerleere Fass eingetroffen sind – egal wie sie sich gesetzt haben, sind immer noch mindestens 2 Tische frei – nehmen kurz nach ihrem Eintreffen die Händler Platz. Ebenso wie die Charaktere fallen sie auf, da sie nicht von hier sind, aber auch weil sie zwei kleine Kinder dabei haben. Sie beobachten den Schankraum und speisen ganz gewöhnlich. Ob die Charaktere sich bereits kennen oder nicht ist bis dahin vollkommen egal. Sie sitzen nun entweder verteilt oder zusammen, oder möglicherweise in Kleingruppen. Etwas später kommen vier Holzfäller rein, die zur größten Ansammlung von Spielercharakteren marschieren und behaupten es wäre ihr Stammtisch, und die Fremden sollten zusehen, dass sie Land gewinnen. Ob es nun zu einer Schlägerei kommt, die Charaktere die Holzfäller magisch beeindrucken oder nachgeben ist fast nebensächlich, aber die Holzfäller sollten schon ordentlich Aufruhr machen. Die Aufmerksamkeit führt dann dazu, dass sich die Händler an die Charaktere wenden, und ihnen vorschlagen sie zu begleiten. Wem diese Zusammenführung zu einfach erscheint, für den einige Alternativideen: •Auf dem Marktplatz von Willingen findet ein kleines Boxturnier statt, das von einem der Charaktere gewonnen wird. Ephraim wird so auf die Gruppe aufmerksam und spricht sie an. •Kurz hinter Willingen treffen die Charaktere zufällig auf den Händlertrupp, der grade dabei ist einen Goblinangriff zurückzuschlagen. Nachdem die Charaktere geholfen haben, beginnt Ephraim mit den Verhandlungen. •Es wird ein großes Wetttrinken veranstaltet im Nimmerleeren Fass, und die Charaktere nehmen teil. Wenn am nächsten Tag das große Katerfrühstück ansteht gibt es einen lauten Streit zwischen zwei Bauern, der schnell handgreiflich wird, und den Kopfschmerzen der Charaktere nicht grade zuträglich ist. Schlichtet man die Zwietracht, wird dadurch Ephraim auf die Gruppe aufmerksam. Der Auftrag Wenn es um die Bezahlung geht, sollte man großzügig sein, aber es nicht übertreiben. Die Händler sind eigentlich nicht bereit Vorauszahlungen zu leisten, würden nur im Notfall höchstens ein Viertel der ausgemachten Summe vorab auszahlen. Dafür sind sie bereit Kost und Logis zu übernehmen, und werden auch nötige Ausrüstung bezahlen, (besonders warme Kleidung, Schneebrillen, Seite 65 ANDUIN 95 OFF T O P I C Wer mehr über die Hintergründe der Anduin erfahren möchte, dem sei folgendes Interview empfohlen, das Ingo Schulze für die LORP geführt hat: www.lorp.de/magazin/artikel.asp?id=181 etc.) und garantieren schließlich eine Prämie je nachdem wie gut sie ihre Waren in Salbtal veräußern können. Der Händlertrupp hat drei große Planwagen, die von jeweils zwei Pferden gezogen werden, wobei Ephraim im vordersten sitzt, Cassia mit den Kindern den mittleren lenkt und Walther im letzten fährt. Wenn die Charaktere etwas daran ändern möchten ist das in Ordnung, aber Cassia lässt sich nicht von den Kindern trennen. Sie haben hauptsächlich getrocknete Früchte, Kaffeebohnen, Tee und Kakaobohnen geladen und haben genügend Ausrüstung (Zelte, Fackeln, Nahrungsmittel etc.) dabei um ohne großartige Nachkäufe die Reise zu überstehen. Wie lang genau die Reise nach Salbtal ist, hängt davon ab wo sich die Gruppe gerade aufhält, sollte aber wenigstens drei, vier Tage dauern. Es läuft alles ganz ruhig, vor allem abends wird Ephraim viel erzählen und Richard die Charaktere nerven, und auch sonst ist Raum für Charakterspiel. Angriff der Wölfe Vor dem Pass über das Gebirge in die Salbtaler Ebene gibt es eine kleine Begegnung. Gegen Mittag überfällt ein Rudel Wölfe den kleinen Trupp. Ob es sich dabei um gewöhnliche Grauwölfe oder übergroße Schreckenswölfe handelt, und wie viele es genau sind sollte von der Stärke der Charaktere abhängen. Am besten ist es eine große Herausforderung, die jedoch nicht mit dem Tod eines Charakters enden sollte. Wenn dann zwei oder drei Kampfrunden ausgestanden sind, in denen die Gruppe spüren sollte, dass es ernst, aber machbar ist, kommt Ephraim mit einer Fackel bewaffnet aus einem der Wagen auf die Wölfe zu, die nun angsterfüllt die Flucht ergreifen. Wenn Nachfragen kommen, kann sich Ephraim die Geschichte nur so erklären, dass die Wölfe bereits angeschlagen waren durch die Charaktere und durch das Feuer dann endgültig vertrieben wurden. Sollten die Spieler nun, oder zu einem beliebigen anderen Zeitpunkt Wind davon bekommen, dass sie es mit Geistern zu tun haben, egal ob durch Magie oder weltliche Mittel, ist Seite 66 FROSTIGE RACHE das in Ordnung. Die Geister behaupten, dass sie nur ihre Hilfe wollen um ihre sterblichen Überreste aus der Höhle zu besorgen, und dachten dass dieser Weg der sicherste dafür sei. Kommen die Charaktere dann in die Höhle geht es ganz normal weiter. Die Ebene Wenn es in die Ebene geht sollte man beginnen auf die grausam kalten Temperaturen hinzuweisen, Schneeblindheit, Schneewehen usw. Einfach die Probleme eines arktischen Abenteuers ausnutzen um eine beklemmende Stimmung zu erzeugen. Steuert man dann schließlich auf die Stadt Salbtal selbst zu, erklärt Ephraim dass die Leute hier einen merkwürdigen, kaum zu verstehenden Dialekt sprechen. Er drückt dann einem der Charaktere ein paar Münzen in die Hand und bittet ihn anschließend zu einem bestimmten Kerl am Stadteingang zu gehen, ihm die Münzen zu reichen und auf die Wagen zu deuten. Er wüsste, was dass bedeuten würde. So gelangt man nach Salbtal, und wird von den Händlern im ansehnlichen Gasthof „Falkenschlag“ untergebracht. Zwei Tage vergehen weitestgehend ereignislos. Die Händler scheinen ihre Waren zu veräußern und Neue einzukaufen, (Erze, Felle etc.) aber werden nie im Gespräch mit jemand anderem als den Charakteren gesehen. Darauf angesprochen behaupten sie, viele spezielle Handelspartner hier zu haben, die sie im Privaten besuchen. Weiter geht es dann mit der Reise zurück in wärmere Gefilde. Der Schneesturm Schon kurz nach dem Verlassen von Salbtal beginnt der Himmel sich zu zu ziehen, doch die Händler meinen, das sei ganz normal, und echte Schneestürme würden sich anders ankündigen. Doch nach ein paar Stunden wird es ganz offensichtlich, dass dort ein Schneesturm aufzieht. Die Händler meinen, dass der Weg zurück länger sei als der Weg vor, und dass sie am Rande des Passes mehrere Höhlen kennen, in denen man den Sturm gut aussitzen kann. Der Sturm nimmt ohrenbetäubende Züge an, schwerer Hagel, fast keine Sicht. Man sollte den Charakteren ruhig die Hölle heiß machen. So werden sie freudig in die Höhle und damit in ihr Verderben rennen. Kampf im Sturm? Will man gerne Kämpfe einstreuen, könnte während des Sturm ein Eisgeschöpf über die Charaktere herfallen, ein Schneeelementar oder ein Säbelzahntiger. Mit den zusätzlichen Problemen des Sturms bietet das eine wunderbare Chance für einen interessanten Kampf. Die Höhle Der Weg ist anstrengend, und man kommt nur langsam voran, aber kurz vor Ende des Tages erreicht man schließlich die Höhle. Die Höhle ist hoch und breit genug um mit den Wagen herein zu fahren und sie sogar quer zu stellen, um so noch besseren Schutz vor dem Schneetreiben zu haben. Es wird durchgeschnauft, erste Pläne gemacht (der Rauch eines Feuers würde nach draußen oder durch die höheren kleinen Gänge nach hinten wegziehen) doch plötzlich gibt es ein lautes Gebrüll von draußen, gefolgt von Getöse und einem Erdbeben, und schließlich stürzt eine gigantische Schneemenge vor die Höhlenöffnung. Auch nachdem es dunkel ist (sofern die Charaktere nicht schon ein Feuer entzündet haben) rumpelt es noch eine kleine Weile, so dass klar sein sollte wie viel Schnee dort vor dem Eingang liegt. Zum Glück gibt es einige Gänge ins Bergesinnere, die groß genug für Menschen sind. Eisgefängnis Nachdem der erste Schock überwunden, und ein kleines Feuer entzündet ist (oder auf andere Weise Licht geschaffen wurde) kann man sich das Unheil etwas genauer betrachten. Die große Höhle, in der man sich befindet, ist etwa acht Meter breit, drei Meter hoch und gut zwanzig Meter lang. Sie endet in einer Vielzahl kleiner Öffnungen, von denen lediglich sechs groß genug sind, um von einem erwachsenen Menschen benutzt werden zu können. Die anderen Öffnungen sind unterschiedlich groß, von der Größe eines Dachses hinunter bis zur Größe einer Maus, und verteilen sich über die komplette Rückwand der Höhle. Es handelt sich um eine Felshöhle, und einen Tunnel anzulegen ist ohne Magie absolut keine Option. Die Schneemassen, die den Eingang versperren, sind gigantisch. Sich durch sie hindurch in die Freiheit zu graben sollte ziemlich schnell als Option wegfallen. Ein Schmelzen (egal ob mit Fackeln oder Feuermagie) der Schneemassen würde dazu führen, dass die Höhle voll mit Wasser läuft, da auch die Gänge dahinter nach oben gehen, und so die Höhle eine Kuhle bildet. Mit besonders mächtiger Magie könnte man den Schnee wohl schon wegschaffen, daher sollte man Abenteuer ANDUIN 95 FROSTIGE RACHE dieses Abenteuer, wie oben beschrieben, nicht unbedingt mit den mächtigsten Helden spielen. Aus den Öffnungen strömt Luft, also muss es irgendwo nach Draußen führen. Allerdings strömt die Luft durch alle Öffnungen, und scheint zu „pulsieren“, also stoßweise zu kommen. Trotzdem bleibt die Hoffnung, dass einer der großen Gänge in die Freiheit führt. Das Verschwinden Die Händler hätten gerne, dass die Leibwächter sich die Gänge einzeln ansehen, um einen Weg heraus zu suchen. Sie selbst wollen auf keinen Fall mit, sie möchten bei Frau und Kindern bleiben, die Pferde beruhigen etc. Bestehen einer oder mehrere Charaktere darauf ebenfalls in der Höhle zu bleiben, sollte sich irgendwann eine Gelegenheit finden, in der die Charaktere nicht auf die Händler achten. Sobald dieser Moment kommt, sind die Händler plötzlich und absolut spurlos verschwunden. Das Gleiche passiert mit den Pferden, den Waren und zuletzt mit den Vorräten. Wenn die Charaktere also nichts in ihrem persönlichen Gepäck haben, könnte es schnell hungrig werden. In den vielen kleinen Öffnungen gibt es prinzipiell nichts zu finden. Sind die Spieler jedoch besonders einfallsreich, nutzen gar Teamwork, um die kleinen Gänge zu untersuchen, sollte man ihnen eine Belohnung dafür geben. Es könnte einmal ein kleiner Edelstein hineingerollt sein, oder vielleicht eine Flasche mit einem magischen Gebräu. Je nach System und Setting eine Kleinigkeit eben. Wenn sie langweilig an die Sache heran gehen, z. B. „Ich greif mal rein – find ich was?“, dann sollten sie leer ausgehen. Wenn die Charaktere wie geplant und von den Händlern verlangt in einem der Gänge verschwinden, werden sie wiederkommen und nur noch 3 leere Planwagen vorfinden. Alle anderen Spuren der Händler sind verschwunden. Nun zu den begehbaren Gängen, die tiefer in den Berg führen. Die Gänge Wie erwähnt sind dort sechs Gänge, die eine Rolle spielen. Es gibt keine Karte von den Gängen, da eine starre Beschreibung welcher Gang nun wie verläuft dazu führen kann, dass die Spieler ausgerechnet den Gang als erstes nehmen, der nach Draußen führt. Um dies zu verhindern bedient man sich dem so genannten Illusionismus. Den Spielern soll es scheinen, als wären die Gänge festgelegt, und sie hätten „durch Zufall“ Abenteuer die Gänge in einer bestimmten Reihenfolge abgearbeitet, obwohl ihre Entscheidung den linken oder rechten Gang zu nehmen vollkommen unwichtig war. Damit diese Illusion klappt, sollte man so tun, als ob man eine richtige Karte liest. Im Idealfall macht man sich eine kleine Skizze. Die Gänge sind jeweils so breit, dass ein Charakter bequem gehen kann, aber es hilft der bedrückenden Stimmung, wenn man zwischendurch Engpässe beschreibt, an denen vielleicht geduckt gegangen werden oder man sich hindurchquetschen muss. Insgesamt wirken die Gänge zwar natürlichen Ursprungs, also nicht bearbeitet, aber so recht natürlich wirkt das Labyrinth nicht. Immer wieder gibt es kleinere Öffnungen, aus denen man einen Luftstrom verspürt, und kleine Abzweigungen, die in Sackgassen münden. Hin und wieder sollte ein Rundweg eingebaut werden, also eine Kreuzung an der sich vier Gänge treffen, von denen zwei jedoch ineinander verlaufen. Außerdem sollte man ein ständiges Auf und Ab beschreiben, das es für die Charaktere unmöglich macht zu wissen wie tief sie tatsächlich unter der Oberfläche sind. Zu guter Letzt kann man immer mal wieder größere Öffnungen, also fast schon Höhlen beschreiben, in denen die Charaktere nebeneinander gehen können. Auch wenn es hier nichts zu finden gibt kann man die Spieler mit „Bewegungen im Augenwinkel“ sehr gut aus der Fassung bringen. Je weiter die Charaktere in den Berg vordringen, umso stärker sollten die beklemmenden Beschreibungen werden. Man kann dann auch einen fauligen, unnatürlichen Geruch beschreiben, und die Charaktere Stimmen hören lassen, die sich dann jedoch als Luftströmungen herausstellen – oder einfach erklärungslos stehen bleiben. Das Gefühl, in einem Horrorfilm zu stecken, kann man hier wunderbar aufbauen. Die Reise durch jeden einzelnen Gang dauert ca. eine Stunde. Folgendes gibt es in den Gängen zu finden. Der erste Gang Der erste Gang mündet irgendwann in eine kleine Höhle aus der mehrere dachshohe Öffnungen weggehen, und in der das Skelett eines etwa fünf Jahre alten Mädchens liegt. Inwieweit die Charaktere das Alter abschätzen oder gar herausfinden können, dass es ein weibliches Skelett ist, hängt von ihren Fähigkeiten ab, aber dass es ein menschliches Kinderskelett ist sollten sie in jedem Fall erkennen können. Nicht vergessen: Wenn die Charaktere aus diesem ersten Gang zu den Planwägen zurückkehren sind die Händler schon nicht mehr in der Höhle. Die weiteren Gänge Der zweite bis fünfte Gang sind mehr oder minder austauschbar. In welchem Gang die Charaktere landen ist dem Spielleiter selbst überlassen. Eine schöne Szene kann man bekommen, wenn noch mindestens drei Gänge unerforscht sind, und die Spieler ihre Charaktere aufteilen wollen. Man lässt nun eine Gruppe den einen Gang ganz normal erkunden bis zum Ende. Die zweite Gruppe jedoch begegnet kurz vor dem Ende, also nach etwa einer Stunde, die nicht zu beschwerlich beschrieben werden sollte, „der anderen Gruppe“. Natürlich ist den Spielern sofort klar, dass die Wesen, die sie dort sehen, nicht ihre Kameraden sind, immerhin dürfen deren Spieler nicht in die Handlung eingreifen, aber den Charakteren eben nicht. Man muss als Spielleiter lediglich die Spieler dazu bewegen, dass der Weg zurück, den sie gekommen sind, viel einfacher sei, als der Weg den die „angebliche“ Gruppe benutzen musste, und sie umdrehen. Wenn sie dann wieder in der Haupthöhle sind wartet die echte andere Gruppe bereits auf sie, und die Charaktere können sich mit allen Problemen auseinander setzen, die diese Geschichte mit sich bringt. Der zweite Gang endet in einer recht großen Höhle, deren hintere Wand von unzähligen etwa faustgroßen Öffnungen übersät ist. Davor findet man drei Skelette, zwei Erwachsene und ein Kind von etwa acht Jahren, das ein Medaillon in den Knochenhänden hält. Wenn den Spielern noch nicht klar gewesen sein sollte, was eigentlich vorgeht, spätestens jetzt sollte bei jedem der Groschen gefallen sein. Der dritte Gang endet irgendwann in einer Sackgasse, aber kurz zuvor gibt es eine kleine Höhle von vielleicht fünf mal fünf Metern, in der man hinter einem Stalagmiten ein zusammengekauertes Männerskelett findet, dem eindeutig der Schädel eingeschlagen wurde. Die Größe des Knochengerüstes stimmt mit der von Walther Desmond überein. Der vierte Gang endet in einer großen Höhle voller Stalaktiten und Stalagmiten. Hinter einem Geröllhaufen finden sich drei Skelette von erwachsenen Menschen, und die Überreste ihrer Waffen und Rüstungen. In einen Fels wurde eine Art Abschiedsbrief gemeißelt, und man kann noch in etwa erkennen, was der Mann schrieb: „Wir hätten sie nicht Seite 67 ANDUIN 95 umbringen dürfen, es war ein großer Fehler, ich hoffe die Götter vergeben uns. Bitte vergebt uns! Das Fleischzeug soll mich nicht bekommen!“ Je nach dem wie kräftig die Charaktere sind, und wie sehr man Kämpfe im Abenteuer möchte, kann man jetzt die drei Geister der Leibwächter auftauchen und über die Charaktere herfallen lassen. Möchte man die Charaktere belohnen könnte eine der Waffen der Leibwächter vielleicht magisch sein, oder zwischen den Knochen sich ein anderes magisches Gimmick finden. Der fünfte Gang Der fünfte Gang endet in einer kleinen Höhle von höchstens drei mal drei Metern, deren Rückwand nahezu glatt ist und ebenfalls von etlichen faustgroßen Öffnungen übersät ist. Hier sollte der faulige Gestank besonders prominent beschrieben und die düstere Stimmung stark untermalt werden. Auf dem Boden mitten in der Höhle sieht man ein perfektes Pentagramm wie in den Steinboden gemeißelt. Zerstört einer der Charaktere das Pentagramm, z. B. mit Hammer und Meißel, hört man ein zischendes Geräusch, und anschließend ein tiefes Blubbern aus den Öffnungen. Verlassen die Charaktere nun den Raum wieder, ohne etwas zu tun, beginnt das Blubbern gerade als der Letzte im Begriff ist, die Höhle zu verlassen. Beobachten sie die Wand noch einen Augenblick, so können sie sehen, wie eine fleischige Masse erst aus einer Öffnung, dann aus immer mehr Öffnungen gekrochen kommt, und sich langsam im Raum sammelt. Versuchen die Spieler es mit Kommunikation vernehmen sie nichts weiter als ein bösartiges „Blub-Schlurf“ Geräusch. Greifen sie die Masse mit einfachen Mitteln (Schwerter, Äxte, Pfeile etc.) an zeigt das keine Wirkung, nutzen sie jedoch ihr magisches Arsenal (Zauber, magische Waffen etc.) zuckt die Masse kurz zurück, und verhält sich in etwa so wie man es von sich bewegendem Hackfleisch erwarten würde. Versucht einer der Charaktere die Masse anzufassen „schnappt“ diese zu, umschließt so viel vom Charakter wie sie zu fassen bekommt und beginnt ihn zu verdauen. Das sollte sehr schmerzhaft, aber nicht tödlich sein. Früher oder später erkennen die Charaktere, dass Flucht die beste Variante ist. Jetzt tickt die Uhr, und die Masse folgt ihnen unaufhaltsam. Sie kommt durch jede noch so kleine Öffnung, und scheint nie langsamer zu werden. Seite 68 FROSTIGE RACHE Der letzte Gang Zuletzt nun der Gang, der tatsächlich zum Ausgang führt. Am Ende des Ganges kann man schon ein Licht von draußen wahrnehmen (zumindest wenn es nicht mehr Nacht ist; da die Charaktere etwa sieben oder acht Stunden in der Höhle verbracht haben ist es nicht unbedingt unrealistisch, immerhin können in Polarregionen die Nächte sehr kurz sein). Ein steiler Schacht führt nach oben in die Freiheit. Freiheit Der Schacht sollte gerade so hoch sein, dass es eine gute Herausforderung für die Charaktere ist. Er ist zwar breit genug für die Charaktere, aber mit der ein oder anderen engeren Stelle brauchen die Charaktere gerade so lange für den Aufstieg, dass der letzte unten schon die Fleischmasse sehen kann, die sich den Weg nach oben bahnt. Jeder Charakter, der lebend hinaus ins Freie kommt, wird erstmal geblendet. Rund um das Loch, aus dem sie kommen, ist Schnee und Eis, und da vorher die Augen stundenlang nur an Fackellicht gewöhnt waren wird das Sehen einen Moment auf sich warten lassen. Der Eistrichter Irgendwann stellen sie dann aber fest, dass sie sich in einer Art Eistrichter befinden, dessen Wände gut sechs, sieben Meter hoch und sehr steil sind. Aus dem Loch blubbert derweil die Masse, die sich unaufhörlich nähert. der ein Tempel des Gottes steht, der in der Welt für derlei Geschichten zuständig ist. Die dortigen Priester sind sicherlich an der Geschichte interessiert. Gehen die Charaktere nicht mit auf die Reise zurück zur Höhle, endet das Abenteuer an der Stelle. Kommen sie mit, werden die Priester zunächst auf magische Weise den Schnee weg schmelzen, und danach mit den Charakteren die Höhle durchsuchen. Leider gibt es überhaupt keine Anzeichen für die Erzählungen der Charaktere. Sämtliche Spuren sind weg. Die Priester erklären, dass vielleicht durch die unangenehme Erfahrung des Schneesturms, und die Zeit in der engen Höhle, die Charaktere eine Art Halluzination gehabt haben. Sie haben keine bessere Erklärung, und da sie keine Spuren von Bösem erkennen können ziehen sie tatenlos ab. Zuletzt stehen die Charaktere noch am Eingang der Höhle, allein, mit der Frage was sie als nächstes tun sollen. Da hören sie noch ein letztes Geräusch, ein sinistres Blubbern irgendwo tief aus dem Berg. Ein sehr passender Abschluss für ein Horrorabenteuer wie ich finde. Belohnungen Viele Belohnungen stehen nicht an für die Charaktere. Die Münzen, die sie evtl. als Vorleistung bekommen haben, sind noch da, und an manchen Stellen konnten sie ja Kleinigkeiten finden. Dafür sollte man vielleicht ein wenig großzügiger bei der Vergabe von Erfahrungspunkten sein. Wie es weiter geht Haben die Charaktere Transportmagie zur Verfügung wird das nun sehr einfach. Wenn nicht steht ein besonders schwieriger Aufstieg an. Jeder Charakter, der es nicht schafft, wird wohl von dem Hackfleisch eingesaugt. Das Böse wird jedoch nicht die Steilwand erklimmen, sondern sich zurückziehen, wenn kein Charakter mehr am Boden des Trichters ist. Anschließend bieten sich einige Möglichkeiten die Geschichte fortzuführen. Die Charaktere könnten sich daran machen, herauszufinden, was es jetzt eigentlich mit dem Hackfleisch-Dämon auf sich hat, und was die Händler-Geister zu bedeuten hatten. Geeignete Orte so etwas zu erfahren wären Salbtal (vielleicht gibt es hier eine Bibliothek?) oder die nächsten größeren Städte. Nun sind die Charaktere frei und irgendwo auf dem Gebirgszug. Es dauert sicherlich ein paar Stunden bis sie herausbekommen wo genau sie sich befinden und wie sie wieder in die Zivilisation kommen. Vielleicht versuchen die Charaktere danach auch, die gute Macht, die dereinst das Böse hier eingeschlossen hat, wieder zu finden, und stellen fest, dass sie selbst verschwunden ist. Hieraus kann man eine ganze Kampagne über das Wiederfinden eines Halbgottes oder Erzengels basteln. Abschluss des Abenteuers Ignorieren die Spieler das Unheil in der Höhle und wollen nur weg, endet das Abenteuer jetzt und es sollte vielleicht ein wenig Erfahrung verteilt werden. Wollen die Spieler jedoch etwas dagegen tun, so wird entweder durch das Setting vorgegeben was nun passiert, oder alternativ gibt es zwei Tagesreisen südlich eine Stadt in Wenn die Spieler kein Interesse an der Fortsetzung dieses Handlungsstranges haben, besteht die Möglichkeit das Ambiente der arktischen Salbtaler Ebene für interessante Anschlussabenteuer zu nutzen. Ärger mit Frostriesen oder Eisdrachen? Ein Überfall von Neandertalern? Es gibt unzählige Möglichkeiten für spannende Geschichten. Abenteuer ANDUIN 95 OFFEN HERAUS - DAS SPRACHECK Offen heraus DAS SPRACHECK IN DER ANDUIN TEXT: TOMMY HEINIG Fantasy Flight Games macht es besonders gerne. Nein, sie sind nicht alleine, es gibt da schon noch mehr. Avalon Hill zum Beispiel. Oder ein deutsches Beispiel: Kosmos hat es schon sehr früh gemacht. Wenn man so genau drüber nachdenkt, dass sind sie eigentlich überall. Wovon ich hier eigentlich schreibe? Na, von Erweiterungen. Erweiterungen von Brettspielen. Findet Ihr nicht auch, dass das langsam Überhand nimmt? Der erste Fall, bei dem mir das aufgefallen ist, das war damals Die Siedler von Catan. Das Spiel war zu seiner Zeit echt nett und hat es geschafft, das öffentliche Interesse an Brettspielen wieder anzufachen. Aber die Veröffentlichungspolitik war schon sehr bizarr. Erst konnte man nur mit maximal vier Spielern Spaß haben, dann kam die Ergänzung für 5 und 6 Spieler. Aber nicht, dass man bei den darauf folgenden Erweiterungen gleich für größere Spielrunden geplant hätte. Nein, auch die Seefahrer von Catan, Städte und Ritter und Händler und Barbaren lassen sich zunächst nur zu viert spielen. Mal davon abgesehen, dass drei solche Erweiterung ohnehin merkwürdig wirken – auf mich zumindest. Gleiches Prinzip, anderer Verlag: Carcassonne wurde ebenfalls mit etlichen Erweiterungen bedacht. Oder Dungeon Twister, Doom, Descent – Journeys into the Dark, Runebound, Warcraft, World of Warcraft oder Arkham Horror. Ha! Die letzten sechs Spiele sind alle von Fantasy Flight Games. Die machen es also tatsächlich besonders gerne. Doch was treibt die Verlage dazu, ein Spiel mit etlichen Ergänzungen zu füttern, bis es bestenfalls genial optimiert und schlimmstenfalls aufgebläht wirkt? Sollte ein Spiel nicht von Anfang an ein möglichst gutes Spielgefühl bieten? Ich denke, die Antwort liegt unter anderem in meinem Regal. Dort liegen nämlich zumindest die gerade genannten Spiele von Fantasy Flight Games mitsamt ihrer Erweiterungen. Es gibt also offensichtlich Leute Lesen & Spielen (Esel?) die tatsächlich bereit sind, Geld für die Erweiterungsorgien zu bezahlen. Und zwar nicht zu knapp – sowohl Esel als auch Geld. Denn sonst würde es sich für die Verlage ja kaum lohnen. Ist ja auch klar, da man sich einen Teil der Entwicklungskosten sparen kann. Beispielsweise kann man Grafiken wiederverwenden, oder Material, welches das ursprüngliche Spiel zu teuer gemacht hätte, nachreichen. Dass der Gesamtpreis dadurch höher liegt als er es gewesen wäre, wenn man das Material gleich mit in die Packung gelegt hätte, kommt sicher zumindest nicht ungelegen. Anders kann ich mir zumindest die Siedler von Catan nicht erklären. Zudem verkaufen sich bekannte Namen besser als unbekannte. Wenn man schon einmal ein Spiel eingeführt hat – wie etwa Carcassonne – dann macht es natürlich Sinn diesen Namen so lange wie möglich zu nutzen. Bei Computerspielen führte dieses Verhalten in eine Sackgasse, die in immer schneller veröffentlichten Erweiterungen gipfelt. Die Publisher glauben, die wegbrechenden Verkaufszahlen durch höhere Quantität auffangen zu können. Ein Trugschluss wie Titel wie Need for Speed oder Fifa zeigen (beziehungsweise zeigen sollten – denn es gibt immer noch genügend Leute, die diese minimal veränderten Versionen im Halbjahrestakt kaufen). Glücklicherweise sind wir bei den Brettspielen aber trotz der immer mehr in Mode kommenden Erweiterungen noch weit von solchen Zuständen wie bei den Computerspielen entfernt. Wenn es wie im Fall von Descent – Journeys into the Dark dazu führt, dass das Spiel immer facettenreicher wird und neue Ideen hinzukommen, die den Spielspaß auch auf Dauer gewährleisten, dann können Erweiterungen ja wohl auch kaum schlecht sein, oder? Nun ja, zum einen wird aber nicht jedes Spiel durch die Erweiterungen tatsächlich besser. World of Warcraft zum Beispiel war vor der Erweiterung komplex (Stichwort Charaktersteigerung) und ist nach der Erweiterung nur etwas für promovierte WoW-Supportmitarbeiter. Am schlimmsten aber finde ich es, wenn Verlage durch Erweiterungen etwas tun, das leider bei Computerspielen seit langem gemacht wird. Es wird ein unfertiges, da nicht ausreichend getestetes, Spiel auf den Markt geworfen und anschließend mit Flicken versorgt, die den eigentlich ursprünglich geplanten Spielspaß sicher stellen sollen. Bei Computerspielen sind diese Patches in den meisten Fällen kostenlos – aber bei Brettspielen in den wenigsten Fällen. Viel häufiger werden sie in der Form von Erweiterungen an zahlende Kunde verteilt – zu einem ordentlichen Preis versteht sich. Beispiele gefällig? Wie wäre es mit Doom, das in der ursprünglichen Version so schwer ist, dass man es als Marine kaum schaffen kann. Oder Arkham Horror, das vor der Erweiterung viel zu einfach war. Was für ein Spiel, bei dem man gemeinsam gegen die Spielmechanik antritt, ein absoluter Motivationstöter ist. Beide Spiele – Doom und Arkham Horror – wurden erst mit Erweiterungen ausbalanciert und gut spielbar. Da lobe ich mir seltene Ausnahmen wie den Verlag Days of Wonder. Okay, Zug um Zug ist ein anderes Thema, aber zum Beispiel wird deren Tabletop Battlelore (wie bei Tabletops üblich) mit Figurensätzen ergänzt. Hat sich in einer Erweiterung ein Ungleichgewicht oder ein anderer Fehler eingeschlichen, so gibt es von Verlagsseite umgehend ein kostenloses Austauschprogramm. Sicherlich wäre es auch hier schöner gewesen, die Patzer wären gar nicht passiert. Aber wenigstens bekommt man die Behebung kostenlos und nicht in Form einer teuren Erweiterung. Mich würde Eure Meinung zu diesem Thema sehr interessieren. Wenn Ihr etwas dazu schreiben wollt – egal ob als Spieler, als Spieleentwickler oder gar als Verleger – so könnt ihr dies entweder in unserem Forum tun oder per E-Mail an leserbrief@anduin.de. Seite 69 ANDUIN 95 SYSTEMVORSTELLUNG Das Weltenbuch DAS SATIRISCHE FANTASY-ROLLENSPIEL TEXT: JÜRGEN MANG ILLUSTRATION: JÜRGEN MANG, ANDREAS REXFORT und Zwergen verstärken auch Kobolde, Halblinge, Gnome, Feen und Yetis die gute Seite. Die zwei ältesten Rassen, die Elfen und Zwerge, greifen nur noch selten in das Geschehen der Welt ein – es ist die Zeit der Menschen und der anderen guten Rassen. Ihnen gegenüber stehen die bösen Rassen: Goblins, Oger, Orks und Trolle. Diese leben abgeschieden hinter dem Lesezeichengebirge und stellen nur eine Bedrohung dar, wenn aus der Unterseite ein Dämon emporsteigt, um sie in einen Krieg gegen das Gute zu führen. Die Echsenmenschen leben im heißesten Teil der Kuzduwüste und die Dunkelelfen tief in ihren Minen, der dunklen Stadt Dar-Cid. Suchst Du epische Abenteuer? Eine Welt, in der Elfen noch echte Elfen, Zwerge noch echte Zwerge und böse Kriegsherren noch wirklich böse sind? Willst Du einen strahlenden Helden spielen – der für das Gute streitet, in düsteren Katakomben gegen eine Überzahl von Orks kämpft und mächtige Artefakte entdeckt? Und findest Du außerdem, Fantasy solle sich nicht so ernst nehmen? Dann sei Willkommen beim Weltenbuch, dem satirischen Fantasyrollenspiel. Das Weltenbuch ist ein satirisches und klischeehaftes Rollenspiel, dessen hervorspringendes Merkmal die Welt ist – die aufgeschlagene Doppelseite eines Buches. Auf dieser klischeehaften Fantasywelt stellen die Spieler wagemutige Helden dar, die epische Abenteuer erleben. Es gibt kaum ein Fantasyklischee, das auf dem Weltenbuch keine Gültigkeit hat. Auf der Doppelseite sollen durchaus ernsthafte Abenteuer gespielt werden, es ist kein Bierund Brezel-Rollenspiel zum Herumalbern, aber ein humoristischer Aspekt soll ruhig immer dabei sein. Seite 70 Die Doppelseite Das Weltenbuch wurde vor 8149 Jahren vom Leser aufgeschlagen, seither entwickelte sich, unter Mithilfe der anderen sieben Götter, eine fantastische Fantasywelt. Diese Welt wird von ihren Bewohnern einfach „die Doppelseite“ genannt. Merkwürdigerweise existieren auf dieser Welt die gleichen Naturgesetze wie auf einer kugelförmigen Welt: Es gibt den gewohnten Tag-Nacht-Rhythmus und Gravitation. Die Oberfläche der Doppelseite wird von Schreibwaren geprägt. Die Gebirge bestehen aus gefestigten Bröseln, einem Bleistift, einem Lesezeichen und einem Eselsohr. Das gewaltige Tropfenmeer wird von einer Sprudelflasche genährt und fließt durch den Rinnsal in die Falzschlucht. Über allen diesen Gegenständen breitete sich Staub aus. Durch die Macht des Gestalters und des Autors entstand eine blühende Flora und Fauna. Die Rassen und Völker Auf der Doppelseite leben viele menschliche Völker und Fantasyrassen. Neben Elfen Dazwischen stehen die verschiedenen Menschenvölker, wobei der Großteil der Menschen dem Guten zugewandt ist. Dadurch können die bösen Rassen nur einen kleinen Teil der Doppelseite für sich beanspruchen und der letzte Krieg zwischen Gut und Böse fand vor 500 Jahren statt. Die Menschen beschäftigen sich weitgehend mit sich selbst: Die Kleinkarierten streiten kontinuierlich vor Gericht über alles nur denkbare, das Zweite Menschenreich konkurriert, seit man zurückdenken kann, mit dem Ersten Kaiserreich und die Barbarische Union ist uneinsichtig kriegerisch. Die Regeln Es ist bewusst ein klassisches System geworden, das zu dieser klischeehaften Fantasywelt passen soll. Die Regeln sind einfach gehalten, so dass der Spielleiter sie ebenso befolgen kann, wie er dies von den Spielern erwartet. Heldenerschaffung Jeder Held wird auf der Basis eines Klischees erstellt, z.B. Paranoider Dieb, Nerviger Zauberer oder Lustiger Überlebenskünstler, das die Rasse und somit die Attribute und den Beruf, die Klischeefertigkeit, bestimmt. Um den Helden den eigenen Wünschen anzupassen, können danach die Attribute verändert und Fertigkeiten und Ausrüstung gekauft werden. Ein Name, die Beschreibung des Helden und das Festlegen von Flags schließen die Heldenerschaffung ab. Lesen & Spielen ANDUIN 95 SYSTEMVORSTELLUNG Fertigkeitsproben Alle Proben werden mit Attribut + Fertigkeit + 2W6 gegen einen vom Spielleiter festgelegten Mindestwurf durchgeführt. Es gibt Patzer und kritische Erfolge und natürlich Mali und Boni, die auf den MW angerechnet werden. Kampf Auch Attacke und Parade im Kampf werden mit vergleichenden Fertigkeitsproben abgewickelt. Der Schaden wird von der Differenz von Angriffs- und Verteidigungswurf sowie der Waffe beeinflusst und von den Lebenspunkten abgezogen. Durch ein paar kleine Absicherungen sollte, trotz des tödlichen Kampfsystems, kein Held nur durch einen verpatzten Würfelwurf sterben. Der Spieler hat immer noch die Möglichkeit, einen zufällig bestimmten Gott anzuflehen um den Helden zu retten. Magie Die Magie der Doppelseite wird in die Bereiche Zauberei, Hexerei und Beschwören unterteilt. Unter jedem dieser Bereiche gibt es verschiedene Kategorien, die Zauberer, Hexen und Schamanen exklusiv erlernen können. Wenn ein Zauber gesprochen werLesen & Spielen den soll, wird die Kategorie und der MW vom Spielleiter festgelegt und eine Fertigkeitsprobe abgelegt. Diese Probe bestimmt auch, wie viel Manapunkte der Magiewirkende von seinem Manapool abziehen muss. Heldenpunkte Die Heldenpunkte sind der zentrale Mechanismus um vom Möchtegernhelden zum Profiheld aufzusteigen. Neben der normalen Steigerung dienen Heldenpunkte auch zur Vereinfachung von Proben und zum Erlangen eines Mitspracherechts bei den Auswirkungen von Proben. Heldenpunkte können durch das Erfüllen selbst bestimmter Flags und der Flags des Abenteuers erlangt werden. Die Abenteuer Mit dem Weltenbuch-Rollenspiel sollen die Spieler epische Abenteuer auf der Doppelseite bestehen und dies schon von Beginn an. Die Helden sind schon als Möchtegernheld überdurchschnittlich begabt und können ganze Städte vor dem Untergang bewahren oder gegen niedere Dämonen antreten. Durch die Heldenpunkte können die Helden immer wagemutigere Aktionen meistern und ein Sicherheitsnetz sorgt dafür, dass allzu Wagemutige auch eine zweite Chance bekommen. Epische Abenteuer und tollkühne Helden sollen gespielt werden, nicht zaudernde Anfänger, die ein kleines Dorf retten. Durch die Flags der Helden und die vorgestellte Abenteuererschaffung mit der Hilfe von Flags im Spielleiterkapitel lassen sich schnell, und vor allem passende, Abenteuer erstellen, die direkt auf die Helden zugeschnitten sind. Das Projekt Das Weltenbuch wurde von Jürgen Mang alias jcorporation im Herbst 2004 erdacht und seitdem auch in Eigenregie, natürlich unter tatkräftiger Hilfe von Unterstützern, entwickelt. Das Weltenbuch wird komplett online und frei entwickelt. Alle Texte und ein druckreifes PDF stehen unter das.weltenbuch.de unter einer CC-Lizenz zur Verfügung. Neben einem Forum bietet die Webseite auch einen interaktiven Heldengenerator, der fertig ausgefüllte Heldenpergamente erzeugt, und ein Wiki, in das jeder eingeladen ist, eigene Inhalte zum Weltenbuch beizusteuern. Seite 71 ANDUIN 95 AND NOW FOR SOMETHING COMPLETELY DIFFERENT Now for something completely different… HEUTE: GESKRIPTETE SZENEN TEXT: CHRISTOPH MASER Oft kann es vorkommen, dass ein Spielleiter beim Abenteuer schreiben den Ausgang einer Szene bereits festgelegt hat, bevor diese überhaupt gespielt wurde. Der Dieb entkommt. Die Charaktere retten die Prinzessin nicht. Ein Einbruch geht gnadenlos in die Hose. Das Shuttle stürzt ab. Das Auto kommt von der Strasse ab. Und dergleichen mehr. Auch einige Kaufabenteuer kennen Sätze wie „Der Erzfeind sollte in dieser Szene unbedingt entkommen.“ Oder „Warum die Charaktere einen Autounfall haben, liegt in den Händen des Spielleiters. Zu Beginn des Abenteuers passiert ein solcher Unfall…“ Dramaturgische Szenen, Abenteuereinstiege und dergleichen benötigen einfach ab und an einen festgelegten Ausgang. Und nur ein Gegner, der den Charakteren ein halbes Dutzend Mal durch die Lappen gegangen ist, ist auch ein Gegner, bei dem man sich freut, wenn man ihn dann endlich zu fassen bekommt. Nun werden solche Szenen zwar oft ausgespielt, aber der SL muss tricksen, um den vorher festgelegten Ausgang zu erreichen. Würfelwürfe werden verändert, NSCs würfeln öfter oder ein guter Wurf des Spielers wird uminterpretiert. Der Spieler hat vermeintliche Freiheit, die ihm aber weggenommen wird. Hier sind geskriptete Szenen eine Möglichkeit, diese Probleme zu umgehen. Da der Spieler keine Freiheit hat – und das auch weiß – kann sie ihm nicht weggenommen werden. Und solange es allen Spaß macht und/oder dem Abenteuer dient, ist das legitim. Den Spielern wird vor dem Spielen der Szene bereits das Ende verraten, jedoch wissen sie, was man von ihnen und ihren Charakteren erwartet. Wenn die unten beschriebene Idee mit der Gruppe oder dem aktuellen Setting nicht funktioniert hat und die Gruppe auch keinen neuen Versuch unternehmen will, sollte man diese Idee ruhen lassen. Wichtig ist aber, es mal auszuprobieren. Ebenso sollte man geskriptete Szenen nicht überstrapazieren, selbst wenn sie gut funktionieren. Seite 72 Spieler und Spielleiter, die Wert darauf legen, alle Szenen ergebnisoffen zu halten und den gesamten Ablauf des Abenteuers in die Würfel zu legen, werden mit dieser Idee wenig Freude haben. Was sind geskriptete Szenen? Zwei der Spieler verfolgen einen Mörder. Als sie ihn stellen, entdecken sie, dass es sich um einen alten Bekannten handelt, den sie für tot hielten und der im Verlauf des Abenteuers noch eine wichtige Rolle spielt. Daher ist es wichtig, dass der Mörder seinen Verfolgern entkommt. Um nicht einhundert verschiedene Ausreden zu erfinden, warum die Verfolgungsjagd schief geht und um die passende Dramaturgie in der Einstiegsszene zu erhalten, reicht der Spielleiter vor Beginn des Spiels den beiden betroffenen Spielern jeweils einen Zettel. Auf dem Zettel für Spieler 1 ist Folgendes zu lesen: Hinweis: Dies ist die Einstiegsszene für das heutige Abenteuer. Es ist wichtig, dass alles so abläuft wie unten beschrieben. Tob Dich innerhalb der gesetzten Grenzen ordentlich aus und versuche, es dramatisch zu gestalten. Du verfolgst einen Mörder durch die Baustelle. Von Deinem Gefährten wirst Du getrennt. Er wird sich im Laufe der Verfolgungsjagd schwer verletzen. Du rennst zur Unfallstelle. Unvermittelt wirst Du auf eine Person treffen, die Du nicht erwartest. Die Umstände Eures Zusammentreffens sind überraschend und ungünstig. Spiele actionreich, aber kontrolliert. Dein Gegner muss entkommen, da er der Aufhänger für das heutige Abenteuer ist. Spiele Deinen Charakter aus wie Du meinst. Sorge aber dafür, dass Du keine Munition mehr hast, wenn Du auf ihn schießen willst oder erzähle, dass Du zu erschrocken bist. Dein Gegenüber hat dir das Leben gerettet. Vielleicht schenkst Du ihm nun das seine, um ihn im restlichen Abenteuer zu jagen. Oder Du musst Dich entscheiden zwischen einer weiteren Verfolgung oder Deinem verletzten Freund. Weitere Informationen wirst Du im Spiel erhalten. Der zweite Spieler erhält folgenden Text: Hinweis: Dies ist die Einstiegsszene für das heutige Abenteuer. Es ist wichtig, dass alles so abläuft wie unten beschrieben. Tob Dich innerhalb der gesetzten Grenzen ordentlich aus und versuche, es dramatisch zu gestalten. Du wirst zusammen mit Spieler 1 einen Mörder durch eine Baustelle verfolgen. Ich möchte, dass Du einen Unfall baust, bei dem Du bewusstlos wirst. Ein Baugerüst gibt nach, Du überschätzt Dich beim Springen, rutschst beim Klettern ab, etc. Es ist wichtig, dass nicht Dein Verfolger Dich verletzt – und diesen Verfolger sollst Du auch nicht einholen oder abknallen. Wichtig: Sorge dafür, dass Spieler 1 nicht bei dir ist, wenn Du den Unfall hast, sondern ca. 30 Sekunden benötigt, um bei dir zu sein. Weitere Informationen wirst Du – wenn nötig – im Spiel erhalten. Nachdem beide Spieler ihre Anweisungen gelesen haben, spielt der SL zusammen mit ihnen die Szene. Die beiden Spieler beschreiben die Verfolgungsjagd, der Spielleiter reagiert. Dann werden die beiden getrennt („Ich schneide ihm den Weg ab! Folge Du ihm weiter!“) und Spieler 2 erleidet einen Unfall. Spieler 1 kommt ihm zur Hilfe und erkennt auf einmal in dem Mörder seinen totgeglaubten Bruder Robert. Er lässt ihn entkommen, schwört aber, ihn ab nun erbarmungslos zu jagen. Der Spielleiter gibt Spieler 1 am Ende noch einen Zettel. Auf diesem steht: Das ist Robert, Dein totgeglaubter Bruder, der vor zwei Jahren bei einem Unfall starb. Robert hat dir das Leben gerettet, als er Lesen & Spielen ANDUIN 95 AND NOW FOR SOMETHING COMPLETELY DIFFERENT Dich im Kindesalter aus eurem brennenden Haus trug. Robert hat Deine Eltern umgebracht und Dich dafür ins Gefängnis gebracht. Wichtig: Gib im Spiel die Information preis, dass Du Robert unendlich hasst und ihn bis ans Ende der Welt jagen wirst. Das kannst Du ihm ins Gesicht sagen. Der Spielleiter konnte sich auf die Beschreibung und kleine Details konzentrieren, da er nicht die Flucht des Mörders planen und die Szene entsprechend anpassen musste. Die beiden Spieler ärgern sich nicht, dass am Schluss mal wieder alles durch SL-Willkür endet und können sich innerhalb der gesteckten Grenzen austoben, ohne zu befürchten, etwas falsch zu machen oder etwas zu übersehen. Dabei ist alles noch sehr spannend, da sie wissen, dass am Ende offenbar eine unerwartete Überraschung auf sie wartet. Vorfreude ist die schönste Freude. Und die restliche Gruppe hatte besonderes Kopfkino. Wenn Spieler 1 am Ende seinen eigenen Bruder erkennt und sich ein gequältes „Robert… ich verstehe nicht. Du solltest tot sein!“ abringt, dann hasserfüllt „Ich sollte Dich umbringen, Du verdammtes Schwein!“ brüllt, um letztendlich „Du hast damals mein Leben gerettet. Nun lasse ich Dich ziehen und rette Deines. Aber ich schwöre, ich werde Dich verfolgen und umbringen. Und nun verschwinde. Du bist nicht mehr mein Bruder!“ zu flüstern, ist das besser, als mit Spielleiterwillkür den Bösewicht doch noch entkommen zu lassen und Spieler 1 mitzuteilen. „Entsetzt blickst Du den Mörder an. Das ist Robert, Dein totgeglaubter Bruder, der dir einst das Leben rettete und den Du wegen eines schrecklichen Verrates am liebsten umbringen würdest.“ Das verlangt natürlich einiges von den Spielern ab. Wo passen geskriptete Szenen? Geskriptete Szenen lassen sich fast universell einsetzen. 1)Wenn eine Szene einen bestimmten Ausgang haben soll, den man auf anderem Wege nicht erreichen kann als durch Schummeln. Oben genanntes Beispiel hätte man z.B. auch lösen können, indem sich die beiden Brüder über ein unüberwindbares Treppenhaus hinweg erkennen oder SC1 vor die Wahl gestellt wird, SC2 zu versorgen oder den NSC zu verfolgen. 2)Wenn man Rückblenden aus dem Leben der Charaktere einbauen möchte. Der vorgesetze Offizier, der einem das LeLesen & Spielen ben rettete. Der ewige Liebesschwur auf den Klippen am Meer aus glücklicheren Zeiten, der für den Hintergrund des Charakters wichtig ist. Der alte Freund aus guten Zeiten, der nun verschwunden ist. Ein immer wiederkehrender Traum, in dem der Spieler jedes Mal ein Stück näher an die Tür kommt, die er bisher nie öffnen konnte. Der Bruch des großen Schwurs. Das verlorene Duell. Der Unglücksfall, der die Schwester tötete oder verstümmelte. 3)Um Szenen und Episoden zu erzählen, in die die Spieler nicht involviert sind, die sie aber in Erfahrung bringen können. Der alte Mann erzählt den SCs von dem tragischen Eifersuchtsdrama, das vor fast 100 Jahren die alte Mühle zerstörte. Der SL kann nun erzählen oder solche geskripteten Szenen austeilen. Neben dem Plotablauf finden sich auf den Skripten noch kurze Charakterbeschreibungen der handelnden Personen. Und schon spielen die Spieler, wie Lenny seinen Bruder Bob erschlug, weil dieser seine Frau Magrete liebte und wie Magretes Schwester daraufhin die Mühle anzündete. Wie mache ich das? Ein paar einfache Regeln sollte man beim Schreiben von geskripteten Szenen beachten. 1)Die Texte sollten kurz sein oder in einem passenden Moment von den Spielern gelesen werden können. Nichts hemmt den Spielfluss so sehr wie ein „Moment, ich muss mal kurz diese Din A4-Seite hier lesen.“ 2)Die Szene, die gespielt wird, sollte nicht länger als wenige Minuten am Spieltisch dauern. Wer weiß, dass ihm der Gegner eh entkommen wird oder wer von seinem Geliebten verraten wird, möchte nicht unbedingt 6 Stunden lang spielen, bis der Verrat endlich kommt. 3)Der Spielleiter sollte den Charakter ungefähr kennen, für den er die Szene geschrieben hat. Nichts ist ärgerlicher, als wenn ein Charakter zu etwas gezwungen wird, was er von seinem Charakterkonzept her nicht machen würde. Hier kann man aber mit dem Spieler im Vorfeld reden. „Ich habe einmal in meinem Leben den Schwur der Gewaltlosigkeit gebrochen. Nur einmal, und es verfolgt mich mein ganzes Leben.“ 4)Es muss nicht immer Zucker dabei sein, damit Spieler die bittere Bevormundung schlucken. Wer merkt, dass der eigene Charakter im Mittelpunkt steht und wem Charakterhintergrund wichtig ist und wer diesem auch Raum im Spiel geben möchte, wird in einer geskripteten Szene auch eine bittere Pille schlucken. 5) So vage wie möglich. Nichts langweilt mehr, als im Szeneskript alles Wichtige zu erfahren, was man auch im Spiel hätte in Erfahrung bringen können. Man kann eine solche Szene auch in mehrere Skripten aufteilen und so die Spannung aufrecht halten. DANKSAGUNG Nein, dieser Seitenkasten gehört nicht zum nebenstehenden Artikel. Viel mehr möchte ich diesen Platz hier nutzen, um mich in meiner Funktion als Chefredakteur bei einigen Leuten für Ihre Unterstützung zu bedanken. Danke, Dani, für das Titelbild und die kurzfristige Unterstützung bei so vielen weiteren Artikeln! Ohne Dich wäre diese Ausgabe wesentlich ärmer! Ebenfalls ein herzliches Dankeschön geht an Tobi, der zwar dieses Mal nur mit einem Artikel präsent ist, dafür aber die Motivation im Forum hoch hält, große Teile des Lektorats übernommen hat und uns auf der RPC vertreten wird. Für besondere Konstanz und die wunderbare Texte möchte ich mich bei Friederike, Joachim und Marco bedanken, die alle drei jeweils in dieser und der letzten Ausgabe ein Abenteuer beigesteuert haben. Jennifer und Norman für Ihre Hilfe in letzter Minute. Grüße und ein dickes Dankeschön gehen an die Ursu, die ihre Zeit in den öffentlichen Verkehrsmitteln mit dem Lektorat der Anduin verbringt. Für die Unterstützung durch Rezensionen gilt mein Dank Ingo und der Seite www.lorp.de. Und dann noch einen besonderen Dank an Michael Knarr, der wahrscheinlich ohne es zu ahnen, mir das Thema für die Rubrik „Offen heraus“ geliefert hat. Natürlich gibt es noch viele weitere Personen, welche diese Ausgabe der Anduin durch ihre Ideen, Texte und Illustrationen, vor allem aber durch ihre unentgeltliche und hochmotivierte Arbeit, erst möglich gemacht haben. Bei ihnen allen möchte ich mich herzlich bedanken! Euer Tommy Seite 73 ANDUIN 95 RAUBKOPIEN VON ROLLENSPIELEN Raubkopien von Rollenspielen MEHR ALS EIN KAVALIERSDELIKT TEXT: ALEXANDER DOTOR ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER Die letzten Klänge der Eiscreme-Werbung verstummen und das Licht wird dunkler. Gemütlich sinkt man in den Kinosessel, füllt die Hand mit Popcorn, wirft ein. Doch statt bunter Bilder erscheint ein Text mit dem Charme einer Todesanzeige. Raubkopien sind verboten. Im Saal verteilte Lacher. „Oh, vielleicht hätte ich mal meinen Rechner ausmachen sollen.“ Abfilmen wird bestraft. „He Lisa, musst du immer die Kamera aufbauen.“ Gelächter. Leise werden Anekdoten von Studentenwohnheimen und Datenlagern im Terrabyte-Bereich ausgetauscht. Die Meldung steht immer noch da. Ein entnervtes „Boah, wir wissens langsam!“. Stur bleibt der Text auf der Leinwand und beginnt erst Sekunden später langsam auszublenden. Raubkopien von Filmen und Musikstücken aus dem Internet laden: ein „Kavaliersdelikt“ der modernen Medienwelt. eMule, Kazaa und weitere File-Sharing-Programme nutzen das Internet, um Dateien auszutauschen. Alles, was sich in eine Datei packen lässt, kann auch über diese Tauschbörsen getauscht werden: Filme, Musik, Bilder und Bücher – und darunter auch Rollenspiele. Doch kriegen die Verlage so was überhaupt mit, und was tun sie dagegen? Im Zeichen des Esels „[Etwas runtergeladen?] Ja, wenn interessante Produkte erhältlich sind. Bei Mainstream-Systemen ist das oft schon einige Tage nach Erscheinen der Fall.“ — Spieler/Spielerin „Aus der Anfangszeit der Rollenspiele sind mir Raubkopien – Fotokopien unserer Regelwerke – noch gut bekannt. Zum Glück hielt sich die Kopiererei in Grenzen.“ — Elsa Franke, Verlag für F&SF-Spiele Schauen wir uns mal das „Angebot“ an Rollenspielen näher an. Ich habe mich zu diesem Zweck am 5.5.04 auf dem Server „Razorback 2“ mit dem File-Sharing-Client eMule eingeSeite 74 loggt. Zu diesem Zeitpunkt waren ca. 550.000 Benutzer online, die knapp über 50. Mio. Dateien zum Download freigegeben hatten. Nun habe ich nach pdf-Dateien gesucht, die in ihrem Dateinamen den Namen eines gängigen Rollenspielsystems enthalten. D&D schlägt dabei alle Systeme um Längen. „Natürlich bekommen wir mit, dass es Raubkopien (Scans und PDF-Dateien) unserer Produkte gibt. In der Regel werden wir von Kunden darauf hingewiesen, die sich besorgt über diese Entwicklung an uns wenden. Viel Aufmerksamkeit können wir dieser Tatsache aber nicht widmen, da gerade aufgrund der Struktur der Tauschbörsen eine Verfolgung sehr aufwendig und kostspielig ist, wie ja auch die Bemühungen der Musik- und Filmindustrie zeigen.“ — Björn Meyer, Amigo „Wir beobachten den Markt, speziell eBay. Wir bekommen viele Hinweise über illegales Vorgehen, was unsere Produkte betrifft, von einzelnen Leuten aus der Szene, die unsere Produkte in kopiertem Zustand angeboten sehen, über Hinweise auf eBook Anbieter, die illegalerweise Romane oder Rollespielprodukte ins Netz stellen, bis hin zu CDs, rammelvoll mit unserem Material, die uns von der Polizei geschickt werden.“ — Werner Fuchs, FanPro „Bislang sind mir solche Raubkopien nicht bekannt; allerdings sind wir wahrscheinlich ein zu kleiner Verlag, um wirklich davon betroffen zu sein.“ — Ralf Sandfuchs, Krimsu Diese Beobachtung von Ralf deckt sich mit meinen Suchergebnissen bei eMule. Es scheinen vor allem größere Verlage von Raubkopien betroffen zu sein – weitgehend unbekannte Systeme oder Supplements kleiner Verlage waren überhaupt nicht vertreten. Eine Liste der „beliebtesten“ Produkte habe ich nicht erstellt – da hätte ich die halbe D&D Produktpalette aufzählen können, bevor irgend ein anderes System drankommt. Darum habe ich einfach von jedem System das „beliebteste“ Produkt rausgesucht, also für das die meisten Quellen zur Verfügung standen. Der Mittelerde-Atlas von MERP steht wahrscheinlich wegen der „Herr der Ringe“-Filme so hoch im Kurs. „Chaosium, der amerikanische Hersteller, hat durchaus ein Problem mit Raubkopien. Kopien von unseren Werken sind, soweit ich weiß, noch nicht im Umlauf. Wir beobachten das aber.“ — Frank Heller, Pegasus Lesen & Spielen ANDUIN 95 RAUBKOPIEN VON ROLLENSPIELEN ES IST SCHWER einen Raubkopierer zu fangen „Raubkopien sind schwer zu verfolgen – wegen Ländergrenzen und Anwaltskosten.“ — Lynn Willis, Chaosium Durch die Verbreitung von Raubkopien über das Internet ist es gar nicht so einfach für die Verlage auf Raubkopien entsprechend zu reagieren. Während die Dateien Ländergrenzen ohne Aufwand passieren, können die rechtlichen Schritte nur mit großer Mühe ausgeführt werden. Bisher leistet es sich meines Wissens nur die Filmindustrie, auch gegen „private“ Raubkopierer im Ausland vorzugehen. Viele Raubkopierer rechnen sogar mit diesem „Schutz“ vor ausländischen Verlagen. „Es gibt ja die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen. Dieser melden wir auf Bitten von Chaosium Verstöße in Deutschland, die Chaosium betreffen. Wir selbst waren, wie gesagt, noch nicht betroffen, aber auch da würde es sicher ähnlich ablaufen.“ — Frank Heller, Pegasus Bei deutschen Verlagen muss man schon eher mit Konsequenzen rechnen, denn auch über eMule oder Kazaa kann die Adresse eines Rechners eindeutig bestimmt werden. Diese wird eurem Provider (z.B. Deutsche Telekom) zugeordnet, der dann eine Verbindung mit eurer Person (bzw. dem, der die Rechnung zahlt) herstellen kann. „Wenn wir merken, dass zum Beispiel jemand im Internet Produkte von uns zum Download anbietet, dann wird er zunächst darauf aufmerksam gemacht, dass wir das nicht tolerieren. Sollte darauf keine Reaktion erfolgen, dann übergeben wir die Sache einem Anwalt.“ — Florian Don-Schauen, FanPro „Im Internet bin ich bisher nur auf die Kopien von zwei unserer Abenteuer gestoßen. Im ersten Fall wurde das Abenteuer auf meine Bitte hin sofort vom Server genommen; im zweiten Fall waren die reinen Spieldaten auf ein anderes Sujet umgeschrieben worden und eine Einigung mit dem „Bearbeiter“ vergleichsweise unproblematisch.“ — Elsa Franke, Verlag für F&SF-Spiele „Es gibt zwei Sorten [von Raubkopierern]: der Fan, der für seinen eigenen Gebrauch kopiert, und Leute, die viele Kopien erstellen in der Hoffnung damit Geld zu machen.“ wendig und kostspielig ist, bleibt hier vor allem die Möglichkeit durch Aufklärung und Informationen eine größere Sensibilität bei den Spielern zu erzeugen. Häufig ist nicht bekannt, wie aufwendig und kostspielig die Entwicklung und Produktion von qualitativ hochwertigen Rollenspielprodukten ist.“ — Björn Meyer, Amigo Die Verlage wollen bestimmt nicht alle Kopierer in den Knast bringen, sondern sie gehen oft sehr kulant vor, bevor sie rechtliche Schritte einleiten – Geschichten von „den bösen Verlagsleuten, die einem drohen, weil man mal ein Bild aus einem Abenteuer online gestellt hat“, können wohl ins Reich der Fabeln verwiesen werden. Doch nur, weil man höflich auf einen Missstand hinweist, heißt das noch lange nicht, dass er einem fast egal ist – ganz im Gegenteil: „FanPro geht rechtlich gegen Raubkopierer vor, und das kann allen anderen Herstellern auch nur empfohlen werden. Wer Rollenspiele raubkopiert, sollte sich klarmachen, dass er kleine Firmen schädigt, die Alternativen in einer immer desolater werdenden Unterhaltungslandschaft anbieten […] Das macht wütend, und daher wehren wir uns.“ — Werner Fuchs, FanPro „Wir leben in der „Geiz ist geil!“-Gesellschaft; wir wollen alles haben, es darf aber nichts kosten. Wieso sollte ich für etwas zahlen, was ich auch kostenlos haben kann? Die „Ich-AG“ spart ihr Geld und blickt nur noch auf sich selbst; nach mir die Sintflut, Hauptsache, mir geht es besser! […] Merkt man eigentlich, dass mich dieses Thema etwas nervt?“ — Ralf Sandfuchs, Krimsu Den Verlagen sind Raubkopien bekannt und sie sind ihnen nicht egal. Doch rechtliche Maßnahmen sind aufwändig, und auch oft nicht im Sinne des Verlages. Immerhin geht es um (gesetzesunkundige) Privatpersonen – und potenzielle Kunden. Zudem haben die Verlage einen Ruf zu verlieren. „Mir kommen dabei schlicht und einfach die Begriffe „Rücksichtslosigkeit“ und „Egozentrik“ in den Sinn. In meinen Augen laufen Raubkopierer auf einer Linie mit Leuten, die ihren Sperrmüll irgendwo im Wald ablegen oder hierzulande verbotene Pflanzenschutzmittel und Medikamente in die Dritte Welt verscherbeln: den Blick nur auf den eigenen Vorteil gerichtet.“ — Florian Don-Schauen, FanPro Lesen & Spielen — Spieler/Spielerin Diskussionen über Raubkopien drohen leicht aus dem Ruder zu laufen und zu verhärteten Fronten zu führen – einen tieferen Einblick in die Thematik bekommt man dadurch allerdings nicht. Vielleicht sollten wir die Ursache ergründen. Warum laden sich Leute überhaupt Raubkopien runter? „Wenn Raubkopierer ehrlich wären, steht bei den meisten ein Motiv im Vordergrund: Geld sparen. Hinzu kommen noch andere Dinge, bis hin zu der Idee des „Robin Hood“Verhaltens: Manch einer, der im Spiel als Shadowrunner Großkonzerne schädigt, fühlt sich im echten Leben genauso cool, wenn er einen Kon wie FanPro schädigt.“ — Florian Don-Schauen, FanPro „Man muss wissen, dass die Auflagen im Rollenspielbereich sehr klein sind, selbst bei den eigentlich größeren Verlagen. Rollenspiel ist auch auf Macherseite überwiegend Liebhaberei und keine Abzocke. Selbst bei einem großen Spiel wie DSA merkt man das noch. Verkaufsstrategien, die die Käufer dazu bringen sollen, noch mehr Bücher kaufen zu müssen, sind oft auch nicht Abzocke, sondern verzweifelter Überlebenskampf eines Verlages.“ — Frank Heller, Pegasus „Robin Hoods“ gibt es wohl überall – mir sind sie besonders aus der Computerbranche bekannt, wo gigantische Konzerne, wie Microsoft oder Intel, den Markt z.T. aggressiv dominieren. Aber FanPro als Microsoft der Rollenspiel-Szene? „Hm, chronische Geldknappheit. Ab und zu kleinere „Originale“ kann ich mir gerade noch leisten, aber ich bin wirklich so pleite, wie es den Anschein macht. Von daher bleibt mir doch nicht wirklich die Wahl, wenn ich „auf dem aktuellen Stand“ bleiben will.“ — Spieler/Spielerin „Die Produkte sind zu teuer? Stimmt nicht, gemessen an der Arbeit und den Kosten, die in Rollenspielentwicklung einfließen, müssten sie viel teuerer sein. Daher geben sich ja auch keine größeren Firmen mit Rollenspielen ab – es rentiert sich nicht für sie!“ — Werner Fuchs, FanPro — Lynn Willis, Chaosium „Da die rechtliche Verfolgung sehr auf- „[Die Verlage sagen], dass alle, die Raubkopien runterladen böse Schwerverbrecher sind und man ihnen am besten die Finger abscheiden soll, damit sie nicht mehr würfeln können.“ Gebt mir einen Grund! „Aufgrund der recht hohen Preise von Seite 75 ANDUIN 95 RAUBKOPIEN VON ROLLENSPIELEN V E R GR I F F E NES Vergriffene Produkte Nicht alle Raubkopien sind aktuelle Produkte. Nicht mehr erhältliche Werke bilden einen festen Bestandteil in den Tauschbörsen im Internet. Doch rechtlich gesehen sind diese Dateien ebenfalls Raubkopien. „Als Fan fände ich es von Vorteil, wenn auf diese Weise vergriffene Werke noch erhältlich blieben; wie viele Spiele oder Abenteuer und Quellenbände sind über die Jahre verschwunden und gar nicht mehr erhältlich. Und so könnte ich meine „Ghostbusters“- oder „Gamma World“Sammlung endlich komplettieren, wenn auch vielleicht nur „elektronisch“.“ — Ralf Sandfuchs, Krimsu „Klar ist es nicht gut für die Verlage, aber zum Teil ist es die einzige Möglichkeit an alte oder seltene Systeme zu kommen.“ — anonymer Spieler „[…] sehe ich persönlich das Kopieren von vergriffenen Büchern mit etwas mehr Langmut. Denn hier entgeht dem Verlag kein Geld, das an anderer Stelle fehlt; ein Schaden würde erst bei einer Neuauflage eintreten können. Ich will hier natürlich niemandem raten, „Kopiere vergriffene Bücher“, denn verboten ist auch dies, aber ein Verlag wird sich dadurch sicher nicht im gleichen Maße geschädigt sehen.“ — Frank Heller, Pegasus „Ein Argument wäre, alte und vergriffene Werke zugänglich zu machen und zumindest auf diesem Weg den nächsten Spielergenerationen zur Verfügung zu stellen. Das wäre vielleicht auch mal eine interessante Aufgabe für die Verlage, etwas Gutes für ihre Kunden zu tun.“ — Spieler/Spielerin Rollenspielbüchern kann ich Spieler, die häufig Schüler oder Studenten sind, ja verstehen, wenn sie diese Kosten nicht tragen wollen.“ — Spieler/Spielerin „Die meisten MIDGARD-Spieler sind Studenten oder stehen im Berufsleben, so dass der monetäre Aspekt bei uns keine so große Rolle spielt wie bei einem Rollenspiel, das sich in erster Linie an ein jüngeres Publikum wendet.“ — Elsa Franke, Verlag für F&SF-Spiele Seite 76 „Regelhefte sind sehr teuer, zudem nutzt man viele nicht sehr intensiv, so dass die Ausgabe einer höheren Summe nicht berechtigt erscheint.“ — Spieler/Spielerin „[…] Firmen, deren Produkte ohnehin nur von einem Teil einer Spielergruppe gekauft werden müssen (normalerweise haben wir 4-6 Spieler pro Rollenpielgruppe, aber nur einen Satz Regeln/Abenteuer). Daher ist es für Rollenspielhersteller doppelt bitter, wenn ihnen von ihrem vergleichsweise schmalen Einnahmenrinnsal auch noch das Wasser abgegraben wird.“ — Werner Fuchs, FanPro Wenn das Taschengeld nicht ausreicht, dann greift man halt zum Download-Client. Das jüngere Publikum hat auch ein ganz anderes Verhältnis zum Geld und zum Bezahlen – es ist für die Freizeitgestaltung da und nicht zum Broterwerb. Und vielleicht spielt da auch noch die Gewöhnung an elektronische Medien eine Rolle. „Ältere“ Rollenspieler wollen vielleicht doch noch eher ein Buch in der Hand halten. „Da glaube ich wirklich dass, wer sich Raubkopien zieht, auch in den Laden geht und Bücher kauft.“ — Spieler/Spielerin „Als Käufer ist einem das vielleicht nicht bewusst, denn das eigene Spezialgeschäft steht schließlich voll mit Rollenspielbüchern, die professionell aussehen – also muss doch jemand echt Kohle damit machen!? Nein, leider nicht, denn außer in ein paar Spezialgeschäften findet man keine Rollenspiele, und insgesamt sind die Zahlen daher gar nicht so hoch.“ — Frank Heller, Pegasus „Für mich ist das eher temporär, wenn ich mal das nötige Geld habe (sprich: in einigen Jahren), hätte ich schon gern die Originale. Gerade auch, um die RollenspielIndustrie zu unterstützen.“ — Spieler/Spielerin „Ich wollte wissen ob sich die Anschaffung des Endproduktes lohnt. Oft ist die Info der Firma mehr als dürftig, zum Glück hat WotC das erkannt und publiziert immer ausgiebig über ihre Neuvorstellungen.“ — Spieler/Spielerin „Vielen Raubkopierern ist scheinbar gar nicht klar ist, welchen Schaden sie verursachen. Sie halten ein derartiges Verhalten häufig für ein Kavaliersdelikt oder sogar für Werbung für die Produkte. Dazu kommen wohl auch vereinzelt Raubkopierer, welche die Preise der Produkte für zu hoch halten und somit den Verlagen einen Denkzettel verpassen wollen. Das Internet ist an sich eine sehr positive Plattform, gerade auch für das Hobby Rollenspiel, aber leider hat es in den letzten Jahren gerade im Internet eine zunehmende Desensibilisierung für Rechte und geistiges Eigentum gegeben.“ — Björn Meyer, Amigo Eine weitere Idee: Raubkopien werden einfach heruntergeladen, weil es möglich ist. Wenn man schon am Rechner sitzt und sich Musik saugt, dann kann man sich auch nebenbei ein Regelwerk ziehen. Es ist einfach, unkompliziert und es ist kein Aufbruch in ein Geschäft nötig. Manche Leute sammeln MP3s ohne sie zu hören – vielleicht sammeln manche auch Rollenspiele ohne sie zu spielen. „Ich lade Raubkopien runter als Nachschlagewerke, oder von neuen Systemen um mal in Ruhe reinzuschauen, oder weil ich noch nicht das Geld habe um mir die Bücher zu kaufen. Wenn meine Finanzen es zulassen, kaufe ich mir die Bücher. Denn auf Papier zu lesen ist angenehmer als am Monitor und die Qualität der runtergeladenen Sachen ist meist sch…“ — Spieler/Spielerin „Doch selbst wenn ich mir ein PDF ausdrucke, werde ich im Endeffekt kein wirkliLesen & Spielen ANDUIN 95 RAUBKOPIEN VON ROLLENSPIELEN ches Buch haben, sondern einen Schnellhefter mit Prospekthüllen oder Ähnliches. Oder ich muss eventuell so viel Geld und Mühe aufwenden, dass sich das Raubkopieren nicht mehr lohnt.“ — Ralf Sandfuchs, Krimsu „Tja, ich persönlich halte nicht viel davon Rollenspielprodukte zu kopieren. Ich habe lieber das echte Buch in der Hand, anstelle von irgendwelchen PDF-Dateien, deren Ausdruck mich fast so viel kostet wie das Endprodukt.“ — Spieler/Spielerin Häufig sind die Scans der Produkte von schlechter Qualität. Es erfordert viel Zeit und Aufwand eine Kopie zu erstellen – mit ein paar Stunden ist es nicht getan. Jede Seite wird als Bild abgelegt und dann die Seiten zu einem PDF zusammengefasst. Oft ist dann die Auflösung so niedrig, dass die Schrift total verpixelt und somit kaum lesbar ist. Die Bilder müssten eigentlich nachbearbeitet werden und dies ist ohne entsprechende Kenntnisse in der digitalen Bildbearbeitung ein langwieriger Prozess. Bei Büchern und Rollenspielen gilt eben noch – im Gegensatz zu Film und Musik – dass eine Kopie schlechter als das Original ist. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass [Raubkopieren] ein ernstes Problem ist. Denn am Bildschirm lesen macht keinen Spaß, und ausdrucken ist bei den Mengen auch nicht mehr günstig.“ — Spieler/Spielerin „Nachvollziehen kann ich das [Raubkopieren] bei Rollenspielprodukten überhaupt nicht, denn verkauft werden Raubkopien nicht immer. Oft werden sie zum freien Download ins Netz gestellt. Mir wäre schon das Scannen eines Abenteuers zu viel Arbeit. Wer macht so was also?“ — Werner Fuchs, FanPro „Wozu manche Leute Zeit haben… die, die sich zum Einscannen Zeit nehmen.“ — Spieler/Spielerin Wer hat Angst vor Raubkopien? Wenn es um die Folgen der Raubkopien geht, dann prallen zwei Welten aufeinander. Die Verlage zeichnen ein Horrorszenario, von einer Welt in der es keine Rollenspiele gibt und die Raubkopierer wissen genau, dass jede Kopie wirklich nie gekauft worden wäre. Untersuchungen über Rollenspiel-Raubkopien gibt es nicht, daher schiele ich mal auf Lesen & Spielen die – wahrscheinlich ärger gebeutelte – Musikbranche: 2000 waren es 78 Mio. illegal kopierte Alben und 195 Mio. verkaufte (28,5% sind illegale Kopien). 2003 standen dann 190 Millionen illegal kopierte Alben gegen 133 Millionen verkaufte (58,8% sind illegale Kopien). (Quelle: Deutsche Phonoverbände). „[Auswirkungen wären] im besten Fall zurückgehende Absätze, die dazu führen, dass der Verlag weniger Geld als erwartet verdient und beim nächsten Mal vielleicht eine niedrigere Auflage druckt, was wiederum heißt, dass das nächste Buch für alle Käufer teurer wird. Im schlechtesten Fall schädigt es den Verlag wirtschaftlich so stark, dass er seine Arbeit einstellen muss. Von einem solchen Fall habe ich allerdings noch nicht gehört; denkbar wäre es wohl.“ — Frank Heller, Pegasus „Keine Ahnung, ich denke aber, dass die Leute die sich echt dafür interessieren auch die richtigen Bücher kaufen und nur die Sachen runterladen die sie sich sowieso nicht kaufen würden.“ — Spieler/Spielerin „Wir müssen uns im Verlag um die Problematik kümmern. Das heißt, Leute, die z.B. eigentlich DSA entwickeln sollten, müssen sich mit Raubkopierern und deren Auftreten im Netz herumschlagen. Das kostet Zeit, was sich – auch preislich – dann auf die regulären Produkte auswirkt. Falls Raubkopien in unserem Bereich deutlich zunähmen, würden sie für die meisten Hersteller – und FanPro schließe ich da nicht aus – eine tödliche Bedrohung darstellen.“ — Werner Fuchs, FanPro „Ob es tatsächlich etwas wie einen sichtbaren Einbruch gibt – weiß ich nicht.“ — Spieler/Spielerin „Die Verlage produzieren nicht aus Spaß an der Freude und wenn sich ein Produkt nicht verkauft (d.h. kein Geld einspielt), werden weniger Nachfolgeprodukte auf den Markt gebracht und schließlich wird es ganz vom Markt genommen. Raubkopierer schneiden sich also im Endeffekt selber ins Fleisch – aber es wird sie immer geben.“ — Elsa Franke, Verlag für F&SF-Spiele „Ich denke dass es dem Verlag nicht wirklich auffällt, denn meistens sind Rollenspieler auch Jäger und Sammler und freuen sich wenn die persönliche Bibliothek wächst.“ — Spieler/Spielerin „Eine unmittelbare Wirkung auf die Produkte selber ist nur schwer zu messen. O FFTO PIC Media Convert Im Internet gibt es inzwischen die verschiedensten Werkzeuge kostenlos – aber nicht wie früher als Programm zum Herunterladen und Installieren, sondern als Webanwendung direkt in Eurem Webbrowser. Ein solches Werkzeug ist Media Convert, das Euch Bilder, Musik und Videos bis zu einer Größe von 150 MB in die unterschiedlichsten anderen Formate umsetzt. Das Ganze funktioniert schnell und unkompliziert und ist zudem völlig kostenfrei. Natürlich gibt es genügend Desktop Werkezuge, die mehr können – aber als schnelle Hilfe, wenn man nicht lange nach einem geeigneten Programm suchen möchte, eignet sich Media Convert hervorragend. URL: media-convert.com Langfristig wird es aber nach Meinung vieler Verlage dazu führen, dass vor allem kleinere Verlage nicht mehr genügend Produkte absetzen werden. Dies bedeutet, dass die Produktvielfalt abnehmen wird und somit das Hobby an Breite und Tiefe verlieren wird. Zudem werden kleinere Auflagen produziert werden, was natürlich entsprechend die Druckkosten und somit auch die Verkaufspreise erhöhen wird.“ — Björn Meyer, Amigo „Ich glaube, gar nicht so große, da die meisten, die Raubkopieren sowieso nichts kaufen würden.“ — Spieler/Spielerin „Eine Auswirkung hat es ggf. auch auf eine dritte Partei: die Rollenspielläden. Denn ich brauche keinen Laden vor Ort, um das Produkt zu testen. Ich kann es herunterladen und bei Amazon kaufen. Damit falle ich effektiv für den RPG-Händler von nebenan weg. Damit leiden weder Verlag noch Tester, nur der Ladenbesitzer…“ — anonymer Spieler „Raubkopien sind Diebstahl. Es ist dasselbe als ob man aus einem Rollenspielladen direkt ein Heft/Buch klauen würde! Nur, dass hier nicht der Ladeninhaber geschädigt wird – na ja, der auch, da derjenige, der die Raubkopie hat, das Produkt nicht mehr im Laden kaufen wird – sondern direkt der Verlag/das System.“ — anonymer Spieler Seite 77 ANDUIN 95 RAUBKOPIEN VON ROLLENSPIELEN E N V OY E R Dieser Artikel ist bereits im Rahmen des Rollenspielmagazins Envoyer veröffentlicht worden. Diese Unsicherheit – haben Raubkopien eine Auswirkung – ist zentral für dieses Thema. Wer contra Raubkopien argumentiert, kann auf die möglichen wirtschaftlichen Probleme hinweisen. Und das pro Raubkopieren? Es geht nicht um pro oder contra Raubkopien, sondern um egal und contra. Man versucht doch meist nur die vorgebrachten Argumente zu entkräften. Ein aktives pro Raubkopien habe ich bisher nicht erlebt, denn ein wirklich positives Argument für Raubkopien zu finden ist wohl sehr schwer. „[Raubkopieren] führt zu vermehrtem ausprobieren, was an sich positiv ist.“ — Spieler/Spielerin „Ich halte es für wahrscheinlich, dass das den Verlagen ganz schön schadet. Andererseits kann ich mir auch vorstellen, dass ein Effekt einsetzt, der dem erwarteten entgegen gesetzt ist, dass mehr Menschen durch die „Appetithappen“ Interesse bekommen und hinterher investieren.“ — Spieler/Spielerin „Umgekehrt ist dem Rollenspiel-Raubkopien keinerlei positiver Aspekt abzugewinnen – den gibt es bei der Musik in bestimmtem Maße, […] also hier kann man einer beschleunigten Verbreitung des Produkts über Raubkopien auch einen Werbeeffekt zubilligen, was aber nicht bedeutet, dass ich solche Praktiken gut heiße, es sei denn, der Künstler ist damit einverstanden.“ — Werner Fuchs, FanPro „Unter Umständen könnten [die Verlage] sich erhoffen, dass Raubkopierer Blut lecken und dann doch kaufen.“ — Spieler/Spielerin Nun – auch über diesen Werbeeffekt gibt es bei Rollenspielen keine Untersuchungen. Aber die oben genannten Zahlen der Musikbranche zeigen, dass das Interesse durch Raubkopien zunimmt. Dieses Interesse führt aber nur sehr bedingt. zu höheren Verkaufszahlen – wie bei Werbung erwünscht – sondern zu höheren Kopierzahlen. Raubkopieren nützt also nur, wenn man – ähnlich wie Microsoft mit Windows in der Computerbranche – die Kontrolle über den Rollenspielmarkt anstrebt. „Übrigens liegt im Problem der Kopien Seite 78 auch der Grund, warum wir uns sehr genau überlegen, irgendwelche Produkte als Software zu publizieren. Alles, was als Datei vorliegt, lädt zum Kopieren geradezu ein. Daher müssen wir bei einem DSA-Lexikon auf CD, bei einem versofteten Kartenwerk und auch bei einem Heldengenerator sehr genau überlegen, ob die hohen Programmier-Kosten überhaupt wirtschaftlich sein können – obwohl wir auf jeden Fall den Sinn solcher Produkte sehen.“ — Florian Don-Schauen, FanPro Ein bisschen „Druck“ machen… „Die heutigen Standards für Rollenspielprodukte sind im Vergleich zu früher sehr hoch – hochwertige Inhalte und Texte, vierfarbiger Druck, qualitativ hochwertige Zeichnungen, Hardcover und gute Bindung, gute Papierqualität – dies alles hat natürlich auch seinen Preis.“ — Björn Meyer, Amigo Kaum jemand will nur Raubkopien zum Rollenspielen verwenden. Die Kopien sind schlecht, teuer im Druck – besonders in Farbe – und ein Schlabberhefter ist dröge. Das ist der große Vorteil, den die gedruckten Materialien haben. „Natürlich bemühen wir uns, den Kunden auch das Gefühl zu vermitteln, dass das Original besser ist, als eine Kopie – indem wir zum Beispiel in zunehmendem Maße Hardcover produzieren, die einfach viel praktischer sind als ein abgehefteter Kopienstapel, oder Farbkarten und Handouts beilegen, die ebenfalls schlecht zu kopieren sind.“ — Florian Don-Schauen, FanPro „Gute Sachen finden sich aber bei mir in Papierform – insbesondere wenn die Aufmachung stimmt. Edle, gut verarbeitete Hardcover, etc. – man wird dekadent. Das scheint auch der Weg der Verlage zu sein: Added Value durch ansprechendes Design – Sparfüchse laden immer schlechte Kopien aus dem Netz.“ — Spieler/Spielerin Es gibt einige Beispiele für frei im Netz veröffentlichtes Material: Issaries (HeroQuest) bietet Quellenmaterial kostenlos an. Ironcrown Enterprises (Rolemaster) verkauft PDF-Versionen von einigen Produkten. Greg Stolze veröffentlicht Erweiterungen seines Systems Reign als zunächst kostenpflichtige, später freie Downloads. Neue, kleine Systeme (z.B. Endland, AERA) haben ihr komplet- tes Grundregelwerk im Netz freigegeben. Lohnt es sich vielleicht zusätzliches Material auf diesem Weg anzubieten? Ein paar Waffentabellen hier, ein paar Zaubersprüche dort? „Die von uns angebotenen Downloads sind bisher unentgeltlich, jedoch tragen wir uns mit dem Gedanken, diverses Material (auch Abenteuer) in Zukunft gegen eine geringe Gebühr im Web anzubieten. Wir werden dabei den Spielern finanziell soweit wie möglich entgegenkommen, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man nur dann etwas kauft (besonders online), wenn man sich nicht übers Ohr gehauen fühlt.“ — Elsa Franke Verlag für F&SF-Spiele Am Ende? Ein Punkt fiel meiner Meinung nach bisher unter den Tisch: die Gleichgültigkeit gegenüber den Rollenspielwerken. Die Raubkopien machen aus ihnen ein billiges Wegwerfprodukt – mit einem Klick sind sie auf der Platte und mit einem weiteren Klick wieder gelöscht. Der Respekt gegenüber der Arbeit der Autoren und aller anderen Mitarbeiter geht in der Masse der herunterladbaren Produkte verloren. So gut wie niemand kann das ganze Material wirklich erfassen und verstehen, und so wird alles nur überflogen. Wer kann denn schon außergewöhnliche Werke innerhalb von 5 Minuten erkennen? Überspitzt gesagt, wandern die Produkte so vom Status der Sonderausgabe eines Hochglanzmagazins zu dem eines Supermarkt-Werbeprospekts im Briefkasten. Ganze Lebenswerke wandern in Minuten über die Leitung und schaffen eine neue Erwartungshaltung: wenn Werke, die mit viel Freude und Herzblut geschrieben werden, kostenlos und im Überfluss herumliegen, was muss dann erst geleistet werden, um für 20 € verkauft werden zu können? „[Was sagen Verlage und Autoren?] Genauso unterschiedliche Dinge wie Musiker bzw. Produzenten. Verlage stehen dem wahrscheinlich abgeneigter gegenüber als Autoren.“ — Spieler/Spielerin „Vielleicht ist es aber auch einfach eine Notwendigkeit, sich damit abzufinden und auf die Ehrlichkeit der echten Fans zu hoffen, die auch bereit sind für ihre Devotionalien zu bezahlen.“ — Ralf Sandfuchs, Krimsu Lesen & Spielen ANDUIN 95 RollenspielDesign Was ist Rollenspieldesign? TEIL I DER REIHE ÜBER ROLLENSPIELDESIGN TEXT: STEFAN „1OF3“ KOCH ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER Rollenspiel-Design ist eine konzeptionelle Richtung, die Pen & Paper Rollenspiele anhand einer für das Spiel zuvor festgelegten Idee konzipieren und ausarbeiten will. Die Begrifflichkeit kam vermutlich erstmal im Umfeld der Forge (siehe Seitenkasten) auf, aber die Idee erfreut sich jüngst auch im Mainstream immer größerer Beliebtheit. So scheint die neue Edition von D&D, die im Juni dieses Jahres erscheinen wird, dieses Konzept ebenfalls zu verfolgen. Die dem Rollenspieldesign zu Grunde liegende Idee ist, dass man ein Rollenspiel nach intersubjektiven Kriterien betrachten kann, die mehr sagen als: „Gefällt mir (nicht).“ Das wichtigste Kriterium ist dabei, ob ein Spiel das hält, was es verspricht. Ein Spiel gilt demnach als gut designt, wenn es die eigenen Zielsetzungen in seinen Bestandteilen umsetzt. Die wichtigste Zielsetzung ist hierbei das Vorstellen einer gewissen Art von Spielerlebnis. Dazu bedient sich der Designer des Schreibens von Spielregeln. Rollenspiel und Regeln Als Erstes muss man erkennen, dass jedes Rollenspiel Regeln hat. Selbst wenn keine Zahlen benutzt werden, wie z.B. bei Engel von Feder&Schwert, gibt es trotzdem Regeln. Beispielsweise gibt es bei Engel einen Spielleiter, der bestimmte Aufgaben erfüllen soll. DI E F O R G E Die Forge (http://www.indie-rpgs.com) ist ein Internet-Forum für RollenspielAutoren, das von Ron Edwards gegründet wurde. Der in Forge-Kreisen häufig verwendete Begriff „kohärentes Design“ erscheint allerdings doppelt-gemoppelt. Ein Spiel ist entweder designt, also einem bestimmten Konzept folgend, oder eben nicht. Lesen & Spielen Der Designer kann selbstverständlich nicht davon ausgehen, dass eine Spielrunde die Regeln letztendlich so benutzt wie sie geschrieben stehen. Das Erstellen von Hausregeln ist schließlich seit jeher ein wesentlicher Bestandteil des Hobbys. Von einem Designer kann daher erwartet werden, dass seine Regeln einem Zweck genügen, nämlich das angestrebte Spielerlebnis zu fördern. Die Gruppe soll sich darauf verlassen können, dass sie, wenn sie die Regeln anwendet, dem angepriesenen Spielerlebnis nahe kommt. Die Möglichkeit einer Gruppe, die Regeln zu modifizieren, soll dadurch nicht beschnitten werden. Der Designer ist im Gegenteil gewisser Maßen in einer Beweispflicht, was seine Regeln angeht, so dass die Gruppe fundiert entscheiden kann, ob sie die Regeln so akzeptiert oder verändern möchte. Das Wesen der Regeln Was ist eine Regel im Rollenspiel? Im Grunde das Gleiche, wie bei allen anderen Spielen. Es handelt sich um Anweisungen darüber, was ein bestimmter Teilnehmer zu tun hat. Dieses einfache Konzept gerät allerdings vielfach in Vergessenheit. Gelegentlich kommt es beispielsweise vor – wenn etwa jemand in Internetforen ein selbstgemachtes Rollenspiel vorstellt – dass dort steht: „Es gibt drei Attribute: Muckis, Köpfchen und Beherztheit. Für eine Erfolgsprobe wird 1W12+Attribut gegen eine Schwierigkeit gewürfelt.“ Vom Standpunkt des Rollenspiel-Designs kann dies nicht als Regel gelten. Eine korrekte Regel (bzw. ein Satz von Regeln) sähe beispielsweise so aus: Vorgeplänkel • Alle Teilnehmer bis auf einen erschaffen einen Protagonisten. Der verbleibende Teilnehmer wird als Hausmeister bezeichnet und spielt alle anderen auftretenden Charaktere. •Die Protagonisten und nur diese erhalten drei Eigenschaften: Muckis, Köpfchen und Beherztheit (deren Ermittlung wird an einer anderen Stelle definiert). •Der Hausmeister erhält einen Satz normaler Spielkarten (ausgenommen Joker) und zieht zu Beginn sieben Karten. Immer wenn er seine Hand leer gespielt hat, zieht er sieben neue Karten. Erfolgsproben •Der Hausmeister kann eine Karte von seiner Hand spielen, um einen Protagonisten vor eine Erfolgsprobe zu stellen. •Der Spieler des Protagonisten würfelt dann 1W12 plus ein Attribut seiner Wahl. •Ist das Ergebnis des Spielers höher als der Kartenwert +5 war der Protagonist erfolgreich. In diesem Fall darf der Spieler des Protagonisten einen anderen Spieler bitten, die Handlung ein wenig fortzuspinnen, wobei der Protagonist in möglichst positivem Licht dargestellt werden sollte. •Ist die Probe ein Fehlschlag kann der Hausmeister einen Spieler bitten, die Handlung ein Stück weiterzuspinnen, wobei der Protagonist sich ganz erheblich lächerlich machen sollte. Nachdem der Seite 79 ANDUIN 95 I NF O S Über den Artikel Wir planen, Euch künftig regelmäßig Artikel zum Thema Rollenspieldesign zu liefern. Ideen für einen Namen für diese neue Rubrik können gerne per E-Mail oder im Forum abgegeben werden. Über den Autor Stefan bloggt regelmäßig zum Thema Rollenspieldesign auf seiner Seite: 1of3.blogspot.com. Zum Thema Bereits in früheren Ausgaben der Anduin haben wir über das Thema Rollenspieldesign berichtet. Ganz besonders empfehlen möchten wir Euch hier die Ausgabe 85, in der ein Artikel über unterschiedliche Spieletypen zu finden ist. Erzähler geendet hat, zeigen alle mit dem Finger auf den Spieler des unglücklichen Protagonisten und lachen ihn aus. Im Unterschied zu jenem Forenbeitrag wird hier deutlich gesagt, was welcher Spieler wann tun soll. Insbesondere wird deutlich geregelt, wer die Erfolgsprobe initiiert und was hinterher dabei rauskommt. Die Begründung von Regeln Das obige Beispiel ist natürlich bewusst überzeichnet, aber grundsätzlich können Regeln fast alles beinhalten. i)Ein Spiel könnte als Regel haben, dass Spieler die direkte Rede benutzen sollen, wenn ein Charakter spricht. ii) Ein anderes Spiel könnte regeln, dass nur für bestimmte Charaktere direkte Rede benutzt wird. Beide Regeln können interessant sein, sofern sie zu den Zielsetzungen des Spiels passen. Es ist daher nötig, dass der Designer Regeln zumindest für sich begründen kann. Eine Begründung für (i) könnte sein, dass damit ein lebhafteres, ein direkteres Spiel entsteht. Aus diesem Grunde wird dies wohl in vielen Spielgruppen so gehandhabt. Variante (ii) könnte vielleicht für ein dystopisches Spiel passen, in dem die meisten Menschen gehirnlose Drohnen sind und nur einige wenige über einen freien Willen verfügen. (Man könnte den Gedanken weiterspinnen und nun eine numerische Ressource Freier Wille einführen, die einen Freidenker wieder zur Drohne werden lässt, wenn er zu Seite 80 RollenspielDesign freigiebig damit umgeht.) Das Credo für den Designer ist daher eine geistige Unbeschwertheit, die sich nicht von Realismus, Tradition oder ähnlichen Ideen einschränken lässt, sondern sie benutzt, wo es passt, und spielerisch mit ihnen umgeht. Das Ungeregelte Nun mag es so scheinen, dass ein Designer alles regeln müsste. Das ist falsch, denn ein Reiz des Rollenspiels ist es, einfach einmal Dinge zu tun, die nicht in den Regeln stehen. Ich nehme einfach als Beispiel, den Urvater des Rollenspiels. So gibt es in D&D kaum Anreize „den Charakter auszuspielen“, trotzdem tun viele Spieler das. Das macht D&D nicht zu einem schlecht designten Spiel. In Wahrheit handelt es sich um eine bewusste Design-Entscheidung, sich mit solchen Dingen von der Designerseite nicht zu beschäftigen. Das geschriebene D&D konzentriert sich stattdessen auf sein Kerngeschäft, was es insoweit zu einem gut designten Spiel macht. Wenn dagegen ein Spiel sich auf die Fahnen schreibt, von höfischen Intrigen zu handeln, und stattdessen lieber seitenlange Regeln zum Monster Töten präsentierte, so muss man es für schlecht designt halten. Eng verwandt mit diesem Fehler ist es, der Gruppe bewusst Dinge zu überlassen, aber dies in falscher Weise zu tun. Beispielhaft für dieses Problem ist die Art und Weise wie in vielen Spielen die Abschnitte für den Spielleiter geschrieben sind. Während nämlich die Spieler eine handliche Anleitung zur Erschaffung ihrer Charaktere erhalten, bekommt der Spielleiter nur blumige Sätze. Daraus ergibt sich, dass selbstverständlich die Teilnehmer eigene Inhalte kreieren sollen. Wenn jedoch die Erschaffung eines bestimmten Elements für das angestrebte Spielerlebnis nötig ist, sollte es besser eine Check-Liste dafür geben. Das Rollenspiel an sich Bevor wir nun weiter einsteigen, sollte man sich vor Augen führen, was Pen & Paper Rollenspiel eigentlich im Allgemeinen ist. Dazu gibt es zwar, wie wir alle wissen, recht verschiedene Einstellungen, aber die folgende Beschreibung scheint mir dabei ein kleinster gemeinsamer Nenner zu sein: Beim Rollenspiel stellen sich die Teilnehmer gemeinsam eine fiktive Umgebung vor und manipulieren diese nach bestimmten Regeln. Sie übernehmen darüber hinaus Charaktere in dieser Umgebung und spielen sie. Diese Beschreibung enthält viele Dinge nicht. Dort steht nichts von Spielleitern, denn es gibt Rollenspiele, die keinen vorsehen. Ebenfalls wird nicht auf Werte oder Würfel eingegangen, denn auch hier finden sich Rollenspiele ohne. Ich werde in den beiden folgenden Abschnitten noch einmal auf diese speziellen Elemente eingehen. Festgehalten ist dagegen die vornehmliche Aufgabe von Regeln: Sie sind Konventionen mit denen die Teilnehmer die fiktive Umgebung manipulieren. Sie sind zunächst einmal keinesfalls die „Physik der Spielwelt“ oder etwas ähnliches, wie wir auch schon an den Beispielen oben gesehen haben. Zwar kann man vereinzelt gewisse Vorgänge in der Spielwelt über Werte nachempfinden, aber auch diese Prozesse benötigen andere Regeln als Überbau, die den Inhalt der vorgestellten Umgebung gänzlich ignorieren. Werte und Würfel Zahlen und Zufallsexperimente sind Klassiker im Rollenspiel und viele Spieler haben Spaß daran, sich mit Regeln auseinanderzusetzen und taktisch mit ihnen umzugehen. Neben der Freude an der fiktiven Umgebung, den Charakteren und der entstehenden Handlung, gibt es hier für viele Spieler gleichsam einen zweiten Spielplatz, der den klassischen Gesellschaftsspielen ähnelt. Wer dies in sein Spiel einarbeiten möchte, sollte sich also mit den Prinzipien von Gesellschaftsspielen auseinandersetzen, aber an dieser Stelle scheint es mir wichtiger zunächst auf die spezielle Funktion von Werten und Zufall im Rollenspiel einzugehen. Die Funktion ist hierbei zweierlei. Zum einen protokollieren Werte ausgewählte Elemente der fiktiven Umgebung, zum anderen dienen Werte und Zufall dazu, Elemente der fiktiven Umgebung zu ändern. Neben den oben erwähnten Check-Listen können Zahlen daher einen wichtigen Beitrag liefern, um die Vorstellung gemäß des angestrebten Spielerlebnisses zu formen. Viele Fans machen dabei den Fehler, dass sie einen Satz von Werten allgemein für besser, realistischer oder förderlicher fürs richtige Rollenspiel halten. Jede solche Aussage ist falsch. Die Auswahl der Werte ist immer willkürlich, genauso wie die Auswahl der Dinge, die überhaupt durch Werte modelliert werden. Ein Satz von Werten ist genau dann gut für ein Rollenspiel, wenn er das angestrebte Spielerlebnis einfängt und nicht mehr. Lesen & Spielen ANDUIN 95 RollenspielDesign angeht, ist es nun wohl einfach zu denken, dass man auch zwei oder mehr Teilnehmer für Sonderaufgaben abstellen könnte oder auch keinen. Insofern gibt es auch gar nicht Spielleiter im Allgemeinen, sondern nur für ein Spiel möglicherweise ein Aufgabenbündel, das als Spielleitung bezeichnet wird. Warum aber ist der Spielleiter als Regel so beliebt bzw. welche Aufgabe speziell kann eine Regel „Spielleiter“ besonders gut abdecken? Die Mittel, die einem Spielleiter für gewöhnlich zugesprochen werden, erlauben es in einfacher Weise, das Spiel am Laufen zu halten. Wenn das Spiel lahmt, kann der typische Spielleiter ohne Aufwand neue Elemente einbringen. Wenn das Spiel auseinander divergiert oder schlecht passende Elemente ins Spiel kommen, kann der Spielleiter abblocken. Wer also auf einen Spielleiter bzw. auf die übliche Negativdefinition verzichten will, muss sich insbesondere über diese Aspekte Gedanken machen. Fazit: Warum designte Rollenspiele? Letztlich lassen sich zwei Motivationen für das Rollenspieldesign erkennen. Zum einen gibt es eine Freude am Experimentieren. Wie weit kann man also mit der oben gegebenen Definition von Rollenspiel gehen? Welche Möglichkeiten und Grenzen gibt es? Unnötig zu sagen, dass gerade auch hinsichtlich von Spielwerten und Vorgehensweisen aus dem Rollenspieldesign in den letzten Jahren viele neue Anregungen gekommen sind. Der Spielleiter In der Vergangenheit habe ich vielfach eine gewisse Überraschung ausgelöst, wenn ich darauf hinwies, dass es Rollenspiele ohne Spielleiter gebe. Ich nehme an, diese Überraschung erklärt sich vor allem darin, dass sich im Begriff des Spielleiters zwei Grundideen vermischen. Zunächst ist da der Teilnehmer, der besonders engagiert ist, der bereit ist viel Geld für Materialien auszugeben, sich außerhalb der Spielsitzungen mit dem Hobby zu beschäftigen und dergleichen. In der Tat ist Rollenspiel, ist wohl kein Hobby, ohne solche Personen denkbar. Solche Teilnehmer werden auch als Alpha-Spieler bezeichnet. Lesen & Spielen Auf der anderen Seite ist der Spielleiter eine Regel. Wie wir gesehen haben, legen Regeln fest, was die Teilnehmer tun. Der Spielleiter ist nun ein Teilnehmer, der gewisse Aufgaben zugewiesen bekommt, die die anderen nicht haben. Tatsächlich benutzen viele Rollenspiele gleichsam eine Negativdefinition für den Spielleiter: Der Spielleiter tut alles, was die Spieler nicht tun. Diese Herangehensweise ist vom Standpunkt des Rollenspieldesigns nicht haltbar. Wenn es das Ziel ist, der Gruppe ein bestimmtes Spielerlebnis zu ermöglichen, muss es für jeden Teilnehmer eine konkrete Anleitung geben. Was den nicht vorhandenen Spielleiter Auf der anderen Seite will das Rollenspieldesign einfachere und zugänglichere Spiele liefern, gerade auch indem dem eventuellen Spielleiter bessere Hilfestellungen geboten werden. Ein typischer Vorwurf ist hierbei, dass die Freiheit und Kreativität des Spielleiters beschränkt wird. Dies ist aber nicht haltbar, denn sonst müsste man auch eindeutige Regeln zur Charakter-Erschaffung als Einschränkung der Kreativität der Spieler sehen. Sofern dies einmal vorkommt, hat die Szene aber schon lange ein Mittel gefunden: Hausregeln. Wenn also einmal die Meinung entsteht, dass die jeweilige Anleitung zur Spielleitung unpassend ist, möge doch auch hier das gleiche Medikament verschrieben werden. Das Rollenspieldesign geht nur davon aus, dass das Anpassen eines Spiels eine Option sein sollte und keine Hürde, die es auf jeden Fall zu nehmen gilt. Seite 81 ANDUIN 95 OHNE SCHMIDT UND JOHNSON Ohne Schmidt und Johnson SHADOWRUN OHNE KLASSISCHE AUFTRAGGEBER – UNDENKBAR? TEXT: JENS ULLRICH ILLUSTRATION: JIM Der Aufhänger ist immer der Gleiche. Der Schieber ruft an, man solle sich mit einem Herrn Schmidt in einem Hinterzimmer oder irgendeinem anderen Ort treffen, um dort einen Job anzunehmen. So beginnt der typische Shadowrun. Aber soll und muss er das? Im Gegensatz zu vielen anderen Spielsystemen ist Shadowrun sehr fixiert auf den Arbeitsauftrag als Abenteueraufhänger. Die Charaktere sind mehr oder weniger professionelle Kriminelle, die für eher weniger als mehr vertrauenswürdige Mittelsmänner schmutzige Jobs erledigen und ansonsten kaum einen Finger krumm machen. Wie soll man solche Leute sonst in ein Abenteuer bekommen? Der Schlüssel hierzu ist die Motivation. 1. Geld Was fällt einem bei Motivationen von Runnern als Erstes ein? Nuyen. Entweder direkt auf einem virtuellen Konto oder einem Credstick, oder in Form von Waffen, Foki, Cyberware, Drogen oder anderen Goodies. Genau dafür erledigen Runner ihre krummen Geschäfte im Auftrag ihres Schmidts, warum also sollten sie das nicht auch ohne einen Auftraggeber tun? Der Aufhänger hier ist im Zweifelsfalle guter, alter Diebstahl. Wenn die Charaktere mitbekommen, dass ihr heiß ersehntes Spielzeug nächste Woche an einen Bodyshop in St. Pauli oder einen Thaumaturgen in Heidelberg geliefert werden soll, dürfte das den einen oder anderen anspornen mal auf eigene Rechnung zu arbeiten. Wenn das Objekt der Begierde jedoch nicht direkt „verwertbar“ ist, sondern versilbert werden soll, kann das wirkliche Abenteuer sogar erst nach dem eigentlichen Diebstahl beginnen. Denn einen echten Chagall, ein hochgezüchtetes Rennpferd oder einen taubeneigroßen Diamanten dürften die meisten Schieber gar nicht erst verkauft bekommen, was die Suche nach einem entsprechenden Hehler oder Zwischenhändler nicht ganz einfach gestalten dürfte. Sinnvollerweise sollte man diese Suche zwar vor dem eigentlichen Beschaffen erledigt haben, aber manchmal macht Gelegenheit einfach Diebe. 2. Gefühle Auch wenn es genug Spieler gibt, die ihren Runnern kaum bis gar keine Gefühle zuschreiben, sollen emotional agierende Runner durchaus schon beobSeite 82 achtet worden sein. So kann es durchaus sein, dass Charaktere aus Liebe, Rache oder Eifersucht allerlei Bockmist bauen, zum Beispiel für eine Geliebte, für die eigenen Kinder oder sonst wie emotional wichtige Personen der Charaktere. Ob nun die Mutter schwer krank ist und dringend eine gerade erst neu entwickelte Behandlungsmethode benötigt oder die neue Liebschaft mit den schicken und sündhaft teuren Designercyberarmen aus der Auslage des Body Art liebäugelt, professionelle Kriminelle sollten hier ihre ganz eigenen Wege zur Beschaffung kennen. Vielleicht durchkreuzt aber auch irgendein vorwitziger Schamane immer wieder die Jobs der Runner, um die Magierin der Gruppe zu beeindrucken, oder ein Exec hat auf Novacoke den Bruder des Hackers überfahren, was Rache als Motivation sehr schnell ins Spiel bringen dürfte. 3. Connections und Freunde Üblicherweise wollen Runner etwas von ihren Connections. Was also spricht dagegen, wenn das Spiel auch einmal anders herum laufen sollte? Möglicherweise traut sich der Hacker, der sonst immer seinen Kopf für die Runner hinhalten muss, nicht, ein Mädel anzusprechen, in das er verschossen ist, und bittet die Runner da etwas zu arrangieren. Dumm nur, dass sie ausgerechnet jetzt von einer echten Showgröße abgeschleppt oder gerade von den Tongs entführt wird. Dieses Spiel lässt sich natürlich für andere Connections fast beliebig weiter treiben. Verschwundene Verwandte, gestohlene Daten oder andere Bitten und Freundschaftsdienste sollten eine Menge Stoff für Abenteuer bieten. 4. Feinde Ein guter Feind kann das Rückgrat einer ganzen Kampagne sein. Wichtig hierbei ist, dass seine Motive schlüssig sind und er zumindest zu Anfang am besten gar nicht erst Lesen & Spielen ANDUIN 95 OHNE SCHMIDT UND JOHNSON persönlich in Erscheinung tritt. Gerade wenn er motiviert ist sich für Taten der Charaktere zu rächen, kann die ganze Angelegenheit für alle Beteiligten eine sehr persönliche Note bekommen. Vielleicht haben die Charaktere ja bei einem ihrer Runs den Lieblingsneffen eines karibischen Drogenbarons umgebracht. Er selbst ist zwar weit weg vom Geschehen, schickt aber seine Leute aus, um den Tätern das Leben zur Hölle zu machen. Sein Ziel ist dabei praktischerweise nicht der simple Tod der Charaktere, sondern ihnen nach und nach alles zu nehmen, was ihnen wichtig ist. Somit kann man sukzessiv ein Szenario der Bedrohung aufbauen, ohne nacheinander die Charaktere umzubringen oder immer wieder Mordanschläge scheitern zu lassen. Wenn dieser Drogenbaron auch noch einen Petrohougan zu seinen Freunden zählt und seine Leute die Charaktere aufstöbern und ihre Wohnungen auf den Kopf stellen konnten, dürfte Terror durch Ritualmagie nichts mehr im Wege stehen. Besonders interessant könnten dabei Zauber wie Traumsequenz oder Beeinflussen sein. Mittelfristig werden sich die Charaktere des Problems annehmen müssen, da der Baron durchaus Mittel und Motivation hat, den Runnern immer mehr nachzusetzen, was sogar in einen Trip in die Karibik und ein Katz-und-Maus-Spiel unter der karibischen Sonne münden kann. 5. Ethik und Moral Die Welt ist hart und schmutzig, und entsprechend sind viele Charaktere abgestumpft und verroht. Viele, aber zum Glück nicht alle. Daher sollte es immer noch einige wenige geben, die gegen die Ungerechtigkeiten und die Schrecken der sechsten Welt antreten, wenn sie sich in ihrer Nähe ereignen. Wenn die Yakuza thailändische Mädchen im Keller des heruntergekommenen Mietshauses hält, in dem einer der Charaktere einen seiner Unterschlupfe aufgebaut hat, um sie als Schauspielerinnen an einen Ring von perversen BTL-Produzenten zu verkaufen, könnte das den einen oder anderen Charakter dazu veranlassen, über seinen Schatten zu springen und Profit Profit sein zu lassen. Dass die Yakuza wiederum eine solche Einmischung überhaupt nicht witzig findet und an solchen Hoodern nur zu gern ein Exempel statuieren möchte, ist nicht ganz unwahrscheinlich. Hieraus kann sich wiederum auch ein neuer, mächtiger Feind entwickeln. Vielleicht ist einer der Charaktere aber auch politisch interessiert und gehört zu Neo-Anarchisten, Ökoterroristen oder anderen Gruppierungen, die ihre ganz eigenen Beweggründe haben. Das bietet sich für Aufhänger aller Art natürlich ganz besonders an. Lesen & Spielen 6. Zufall Manchmal hat man einfach Glück, oder Pech, und es drängen sich Personen oder Probleme in das Leben, ohne dass man so recht weiß woher sie kommen oder warum genau sie bei einem gelandet sind. Das beginnt beim klischeehaften Koffer, Paket oder Findelkind vor der Haustüre, führt über Erpresser, Stalker, Fanboys oder verzweifelte Nachbarinnen im Bademantel bis hin zum Gestaltwandler in der Wohnung, der sich für seine wenn auch zufällige und unplanmäßige Rettung aus einem Labor beim letzten Run bedanken will und gleichzeitig darum bettelt, dass seine neuen Freunde sein Herrchen aus der Gefangenschaft bei den hiesigen Triaden befreien, die aus ihm das Rezept für die ewige Blume heraus quetschen wollen. Da Zufälle an sich weder von den Charakteren noch von NSCs bewusst herbeigeführt werden, sind die Motivationen für die Runner natürlich oft genug sehr gering, sich um die sich daraus entwickelnden Probleme zu kümmern. Die Charaktere Natürlich steht und fällt das ganze Spiel mit den Spielern und Charakteren. Jeder der oben genannten Aufhänger und Plotideen funktioniert nur so gut, wie er von den Charakteren angenommen wird. Es kommt ganz auf den einzelnen Charakter an, ob er auf eine bestimmte Motivation überhaupt anspringt. Der beinharte Samurai kann genauso gut die Türe einfach wieder zu machen, wenn er ein Findelkind vor seiner Türe findet, während die Wicca das Kleine am liebsten adoptieren möchte, ganz egal, ob es sich dabei um die entführte Tochter eines Politikers handelt oder es mit MMVV infiziert ist. Es bedarf daher eines gewissen Einfühlungsvermögens, wie neugierig, aktiv und extrovertiert die einzelnen Charaktere sind, denen man die Abenteueraufhänger serviert, und es ist mindestens genauso hilfreich, die Hintergrund- geschichte der Charaktere zu kennen, da man auf diese häufig solche Abenteuer aufbauen kann. Bei ganz harten Fällen aus der Riege „Ich habe keine Freunde und bewege mich nur, wenn man mich dafür bezahlt“ funktionieren Aufhänger um die Themen Gefühle, Ethik und Moral und Zufall selten bis gar nicht, während ein ablehnendes Verhalten gegenüber einer Connection zumindest dazu führt, dass eben diese ziemlich enttäuscht sein dürfte. Nichtsdestotrotz sollte man sich bewusst sein, dass es in diesen Fällen durchaus in Ordnung ist, wenn die Charaktere nicht auf die Abenteueraufhänger anspringen, und es daher überhaupt keinen Sinn macht, sie weiter damit zu traktieren oder ihnen direkt oder indirekt Sanktionen anzudrohen, nur weil sie nicht dem Plot folgen wollen. Flexibilität gehört nun einmal zum Handwerkszeug eines Spielleiters. Außerdem ist es selbstverständlich sinnvoll solche Aufhänger nur zu verwenden, wenn die Charaktere bereits eine feste Gruppe gebildet haben und sich entsprechend vertrauen und vielleicht sogar untereinander befreundet sind. Denn warum sollte der Hermetiker andere Runner um Hilfe bitten, wenn seine Hackerconnection seit zwei Wochen nichts mehr von seinem Sohn gehört hat, obwohl er sie kaum kennt und ihnen noch weniger über den Weg traut? Privates bleibt 2070 eben allzu oft lieber privat und Vertrauen ist mehr wert als ein fetter Credstick. Seite 83 ANDUIN 95 Strafe der Ungläubigen Strafe der Ungläubigen EIN ABENTEUER FÜR SPHERECHILD TEXT: ALEXANDER HARTUNG ILLUSTRATION: JIM, TOMMY HEINIG Hintergrund Ein Sembare möchte größere Gebiete von Valcreon unter seine Herrschaft bringen und versucht daher die Bevölkerung mit Viren aus einem Labor auf Icros einzuschüchtern. Dabei lässt der Sembare die Viren von einem Priester als eine Art Strafe Gottes für ungläubiges Verhalten verbreiten. Erst wenn sich die Bewohner der Region seinem Willen unterordnen, wird er sie wieder heilen. Die Charakter müssen den Viren-Hersteller auf Icros finden und den Verbreiter der Seuche auf Valcreon stoppen. Für dieses sphärenübergreifende Abenteuer benötigt jeder Spieler je einen Charakter auf Valcreon und Icros. Die beiden Gruppen sind dabei vom Erfolg ihrer Geschwister auf der jeweiligen anderen Welt abhängig. Das Erscheinen des Priesters Am zweiten Tag im dritten Mond kommt ein Priester Xehils in das Dorf Haaden, das nicht weit von der Grenze zwischen sinitischem Reich und T’chk-Reich (nordwestlich von Alt-Weiden) liegt. Der T’chk predigt von den Verfehlungen der Bewohner, deren Abkehr vom Glauben Xehils und warnt vor den Strafen, welche die Bewohner bald erwarten würden, sollten sie sich nicht bessern. Er stellt einige Forderungen, wie die Erbauung eines Xehil-Tempels und die Verbannung aller anderen Götter aus dem Alltag. In diesem Zusammenhang befiehlt er den Abriss des Dhea-Tempels in Haaden. Anmerkung für den Spielleiter Dieses Verhalten passt eher zu einem Inquisitor, als zu einem Priester Xehils, der normalerweise Güte und Mitgefühl predigt. Diese Art des Verhaltens ist für einen Xehil-Priester höchst ungewöhnlich. Die Predigt erzeugt zwar Unruhe, wird aber nicht weiter beachtet. Zwei Tage später kommt der Priester wieder in das Dorf, um sich von den Fortschritten zu überzeugen. Da die Bewohner nicht mit dem Bau eines neuen Tempels begonnen haben und auch den Seite 84 Dhea-Tempel nicht niedergerissen haben, prophezeit er der Bevölkerung eine göttliche Strafe, die bis zu ihrem Gehorsam andauern wird. Tatsächlich erkranken einen Tag nach dieser Ankündigung die ersten Bewohner an einer Art Grippe, die sich schnell ausbreitet. Der Dorf-Heiler ist gegen die immer größer werdende Seuche fast machtlos, da Magie in dem Dorf nicht mehr zu funktionieren scheint und die nicht magischen Mittel keine Wirkung zeigen. Die Bewohner des Dorfs sind seit dieser Zeit gespalten. Einige wollen sofort einen Xehil-Tempel erbauen und den Dhea-Tempel abreißen, andere weigern sich dem Priester zu glauben und halten die Krankheit für einen großen Zufall. Mit jedem Tag sinkt die Anzahl der Zweifler an dem Priester mehr. Wenn die Charaktere ankommen, hat sich die Seuche schon so weit verbreitet, dass sich die Bevölkerung zum Handeln gezwungen sieht. Sie brennt den Dhea-Tempel nieder und beginnt mit dem Bau eines Xehil-Tempels. völkerung verteilen. Den Rest schüttet er in den Brunnen. Schon nach wenigen Stunden wird dieses Mittel wirken. Die Bewohner sind geheilt. Herkunft der Phiolen Die Phiolen mit den Krankheitserregern bzw. dem Gegenmittel wurden dem Priester, der tatsächlich ein Sembaren-Diener ist, von Icros übersandt. Diese im Labor gezüchteten Grippe-Erreger erhält der T’chk, ebenso wie das Gegenmittel, in kleinen Glasbehältern. Phiolen mit einem leichten Rotstich im Glas enthalten die Erreger, jene mit Blaustich das Gegenmittel. Die Taktik des Priesters Mit Hilfe eines Veränderungszaubers begibt sich der Priester (in Form eines sinitischen Reisenden) in das Dorf und späht dessen Wasserquelle aus. Dann kehrt er in seiner wahren Gestalt als T’chk wieder zurück und versucht die Bevölkerung mit einer Rede zu überzeugen. Zwei Tage später kehrt der Priester erneut zurück und macht sich ein Bild von den Fortschritten. Sollte sich nichts geändert haben, so droht er der Bevölkerung und kehrt dem Dorf scheinbar den Rücken. Tatsächlich kommt er aber in der Nacht mit vier Phiolen der Krankheitserreger wieder und kippt diese in den Brunnen des Dorfes. Breitet sich die Seuche aus und sind die Bewohner bereit, den Forderungen nachzugeben, wird der Priester sich einen Eimer mit Wasser bringen lassen, das Gegenmittel heimlich hineingeben und das Wasser an die BeAbenteuer ANDUIN 95 Strafe der ungläubigen Die Erreger Die Grippeerreger führen nur in wenigen Fällen zum Tod und klingen, bei entsprechender Ruhe und Erholung, von alleine ab. Die Art der Grippe ist aber sehr ansteckend und kann sich schnell verbreiten. Vor allem Alte und Kinder werden von dem Erreger befallen. Die Motivation des Sembaren Der Sembare versucht mit dieser Methode einerseits Verwirrung zu stiften, andererseits aber auch sehr subtil seine Macht zu vergrößern. Mit diesen Dörfern als Basis und mit einem Diener an der Spitze, dem die Bevölkerung blind ergeben ist, lassen sich weitere Unternehmungen für die Vernichtung Valcreons planen. Die Störung Mit dem Moment der Verbreitung der Seuche, wird das betroffene Dorf von einer Störung heimgesucht, die als solche kaum zu erkennen ist. Im Umkreis von 200 m um die Phiolen bildet sich ein unsichtbares, nicht spürbares Feld, welches die Magie in diesem Bereich verzerrt. Das Feld wächst jeden Tag um etwa 50 m. Für jeden Zauber und jedes Artefakt, welches genutzt wird, muss vom Spielleiter (verdeckt) mit 2W20 gewürfelt werden, ob der Zauber gelingt oder nicht. 2W20Auswirkungen 2 – 6 Magie funktioniert wie gewohnt 7 – 29 Zauber funktioniert nicht 30 – 37 Zauber hat die gegenteilige Wirkung oder (wenn nicht möglich) keine Wirkung 38 – 40 Chaotische, unberechenbare Wirkung. Das Ergebnis wird vom Spielleiter festgelegt. Der Auftrag: Die Vision Ein Charakter (oder die ganze Gruppe) auf Valcreon wird von einer Vision der Sphäre heimgesucht. Er sieht einen Xehil-Priester vom Volk der T’chk, wie er auf dem Marktplatz eines kleinen Dorfes steht und eine flammende Rede hält. Auch wenn der Charakter die Worte nicht versteht, so scheint die Bevölkerung eingeschüchtert zu sein. Der Priester beendet die Rede, dreht sich um und verlässt das Dorf. Nur einen Augenblick später fallen die Dorfbewohner zu Boden und krümmen sich unter Schmerzen. Dann endet die Vision. Abenteuer Hinweise: Das Dorf war ausschließlich von Siniten bewohnt und lag auf einer größeren Waldlichtung. Außerdem konnte man ein Sägewerk und mehrere große Stapel Baumstämme sehen. Auf einem Gebäude, wahrscheinlich ein Wirtshaus, prangte das Wappen von Grivaron, einem Fürstentum im westlichen Teil des sinitischen Reichs, dessen Hauptstadt AltWeiden ist. Das Wappen ist eine grüne Tanne (mit schwarzem Stamm) auf einem Grashügel stehend mit braunem Hintergrund. Mit diesen Hinweisen müsste es den Charakteren klar werden, dass der Ort des Geschehens in der westlichen Waldregion des sinitischen Reiches, rund um Alt-Weiden, liegt. Dort wird der größte Teil der Holzarbeit des sinitischen Reiches getätigt. Anmerkung für den Spielleiter Ist ein Sinite in der Gruppe, so kennt er diese Region oder hat zumindest von ihr gehört. Auch das Wappen dürfte ihm bekannt sein. Ansonsten helfen Proben auf Länderkunde oder das Befragen eines sinitischen Händlers, der weit gereist ist. Ankunft in der Region Ein erster Orientierungspunkt wird die Stadt Alt-Weiden sein, da sie das Zentrum dieser Region ist. Das Dorf finden Nur die ungefähre Beschreibung des Dorfs (Wappen an der Tür des Wirtshauses, Sägewerk, im Wald liegend…) wird wenig Erfolg bringen. Anlaufpunkt in Alt-Weiden könnte der Xehil-Tempel sein, da es sich bei dem T’chk um einen Xehil-Priester gehandelt hat. Sollten die Charaktere dort eine ungewöhnliche Krankheit bei den Bewohnern erwähnen, so erfahren sie von einem Dorf namens Haaden, in dem sich unerklärliche Erkrankungen ereignet haben. Der Xehil-Orden in Alt-Weiden ist in dieser Sache schon aktiv geworden. Einer der Priester, der Sinite Urfiel Utbok, wurde vor zwei Tagen in das 50 km nordwestlich von Alt-Weiden liegende Dorf gesandt, um sich von der dortigen Lage einen Eindruck zu verschaffen. Der Weg nach Haaden Nach Haaden führen kleinere Handelswege, welche die Reise dorthin unbeschwert machen. Wenn man sich von Alt-Weiden aus nordwestlich hält, kommt man an dem Dorf vorbei. Der zurückkehrende Xehil-Priester Nach etwa zwei Dritteln des Weges kommt der Gruppe ein Xehil-Priester entgegen, der auf dem Weg nach Alt-Weiden ist. Sprechen ihn die Charaktere an, so stellt er sich als Urfiel Utbok vor. Er erzählt der Gruppe, dass er in Haaden war. Die dortige Bevölkerung leidet an einer Art Grippe, die sich immer weiter ausbreitet. Als er seine magischen Fertigkeiten zur Heilung eingesetzt hat, schlug ein Zauber fehl und kehrte die heilende Wirkung in das Gegenteil um. Nur weil ihm zuvor einige Heilzauber gelungen waren, glaubte die Bevölkerung ihm, dass es nicht seine Schuld war. Urfiel ist sich sicher, dass er keinen Fehler beim Zaubern gemacht hat. Er kann sich nicht erklären, warum der Zauber eine umgekehrte Wirkung hatte. Anmerkung für den Spielleiter Der Priester ist unsicher und von Selbstzweifeln geplagt. Er versteht nicht, wie ein einfacher Heilzauber eine solche Wirkung hat entfalten können. Die Ursache dafür weiß er nicht zu benennen. Aus Angst einen weiteren Bewohner zu töten und weil er ohne seine magischen Kräfte machtlos ist, hat sich der Xehil-Priester aus dem Dorf zurückgezogen. Anmerkung für den Spielleiter Von dem T’chk-Priester und dessen Drohungen wird Urfiel Utbok nichts erzählen. Auch kann er die Ursache für die Seuche nicht benennen. Das Dorf Haaden Zustände im Dorf Die Gruppe sieht aus der Entfernung Rauchwolken in den Himmel steigen. Kommen die Charaktere nach Haaden, so werden sie ein Dorf in völliger Aufruhr antreffen: Die Dorfbewohner haben sich um den Dhea-Tempel gescharrt, der gerade bis auf die Grundmauern abbrennt. Anstatt den Tempel zu löschen, achten die Bewohner nur darauf, dass das Feuer nicht auf die anderen Häuser übergreift. Die Gesichter der Umherstehenden sind von der Trauer über diese Tat gezeichnet, aber niemand unternimmt etwas gegen den Brand. Anmerkung für den Spielleiter Sollten die Charaktere versuchen zu löschen, so werden sie von der Bevölkerung abgehalten. Die Gruppe bekommt erklärt, dass das Feuer absichtlich gelegt wurde. Wer nicht an dem brennenden Tempel Seite 85 ANDUIN 95 steht, arbeitet ganz in der Nähe an einem neuen Gebäude – einem Xehil-Tempel. Dies scheint die einzige Betätigung der Bevölkerung zu sein. Sie arbeiten Tag und Nacht daran und machen einen gehetzten Eindruck. Die Bevölkerung ist verängstigt und reagiert unfreundlich, sollte sie jemand von der Arbeit ablenken wollen. Den Charakteren fällt auch auf, dass einige in der Bevölkerung erkrankt sind. Sie haben sich mit einer Art Grippe infiziert, die sie zwar nicht umzubringen scheint, aber doch schwächt. Die Kranken werden alle in ihren Häusern von ihren Familienmitgliedern oder anderen Freiwilligen gepflegt. Ein gemeinsames Krankenlager gibt es nicht. Strafe der Ungläubigen chegefühl und Appetitlosigkeit. Dann folgen Kopfschmerzen und Müdigkeit. Der Kranke beginnt zu husten und bekommt eine trockene Kehle. Schließlich kommt es zu Schüttelfrost und hohem Fieber. Die meisten Kranken des Dorfs sind schon im letzten Stadium mit hohem Fieber und Schüttelfrost. Der Virus ist zwar nur in seltenen Fällen tödlich, hat aber eine sehr kurze Inkubationszeit von ein bis zwei Stunden. Dorfbeschreibung Beginn der Krankheit Haaden besteht nur aus wenigen Häusern, ist aber Treffpunkt vieler Bauern und Holzfäller aus der Region. Das Dorf hat keine Mauern oder Wachtürme. Es liegt in der Nähe einer kleineren Handelsstraße und erfreut sich ab und zu auch an Durchreisenden. Die ersten Anzeichen für eine Krankheit erfolgten schon am nächsten Morgen, nachdem der T’chk das Dorf wieder verlassen hatte und (in der Nacht) die Phiolen in den Brunnen geworfen hatte. Symptome: Die Krankheit beginnt mit einem Schwä- Ortsvorsteher ist Gazin Gahnach. Er scheint einer der wenigen Vernünftigen zu sein und ist für jede Hilfe dankbar. Er kann aber kein Gold oder andere Wertgegenstände für diese Hilfe erübrigen. Einzig freie Kost und Logis im einzigen Gasthaus des Orts kann er anbieten. Seite 86 1 – Gasthaus mit Stall Die „Waldstätte“, das einzige Wirtshaus der Region, ist bei den Bauern und Holzarbeitern ein beliebter Treffpunkt. Hier finden sich auch regelmäßig Händler auf der Durchreise ein. Besitzer der Waldstätte ist Marom Mindat, ein ruhiger Mann, der mit seiner Frau und seinen drei Kindern seit über einem Jahrzehnt dieses Gasthaus betreibt. Zurzeit wirkt das Gasthaus verlassen und leer. Das Personal der „Waldstätte“ ist entweder krank oder arbeitet am neuen Tempel. Marom Mindat hält das Wirtshaus zwar offen, ist aber die meiste Zeit mit der Versorgung der Arbeiter beschäftigt. Niemand verweilt länger als für eine schnelle Mahlzeit. 2 – Marktplatz Der Marktplatz ist Treffpunkt und Zentrum für die Bewohner der Region. Viele haben Bauernhöfe und Holzfällerlager in der Nähe, suchen aber regelmäßig den Weg nach Haaden. Jeden Tag finden sich hier einige Stände, auf welchen die Bauern der Region ihre Erzeugnisse verkaufen oder durchziehende Händler ihre Waren anbieten. Momentan ist der Markt verwaist, weil Abenteuer ANDUIN 95 Strafe der ungläubigen durchziehende Händler Haaden meiden und die Bauern weder die Kraft noch die Zeit haben, ihre Waren anzupreisen. 3 – Haus des Ortsvorstehers Gazin Gahnach ist seit 12 Jahren Ortsvorsteher von Haaden. Der 46-jährige schlanke, braunhaarige Mann ist gelernter Händler und verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Sägen und anderen Werkzeugen. Gazin Gahnach ist seit dem ersten Tag erkältet. Die Krankheit hat ihn zwar geschwächt, aber er ist kräftig genug die Charaktere zu empfangen, auch wenn er sich nicht am Bau des Tempels beteiligen kann. Er erzählt ihnen alles über die Vorgänge der letzten Tage. 4 – Krämerladen Jolim Jaal ist schon in der zweiten Generation der Besitzer des Krämerladens. Der junge, blonde Mann ist von dem Auftreten des Priesters sehr eingeschüchtert, ist aber von der Krankheit noch nicht betroffen. Im Laden finden sich eine Vielzahl an Gebrauchs- und Ausrüstungsgegenständen einfacher Qualität. Jolim arbeitet die meiste Zeit auch an dem Tempel und hält den Laden während dieser Zeit geschlossen. 5 – Dhea-Tempel Als die Charaktere in das Dorf kommen, werden sie Zeugen, wie der Dhea-Tempel ab- brennt. Der langjährige Priester des Tempels, Namal Noltom, war in der Bevölkerung sehr beliebt, erkannte die Situation der Bevölkerung an und verließ in der Nacht zuvor das Dorf in Frieden. Niemand weiß, wo er hingegangen ist. 6 – Brunnen Der Dorfbrunnen ist etwa 8 m tief und 1,2 m breit. Nach 5,5 m erreicht man die Wasseroberfläche, somit beträgt die Wassertiefe 2,5 m. An dem Brunnen befindet sich eine Winde mit großem Eimer, der zum Wasser Schöpfen genutzt werden kann. Vor dem Brunnen ist eine kleine Tränke für Vieh und Reittiere angebracht. Bei der Ankunft der Charaktere befinden sich im Brunnen vier Phiolen mit dem Krankheitserreger. Leuchtet man in die Tiefe, so sieht man ein Glitzern, das von den dünnen Glasröhrchen kommt. Steigt man in den Brunnen, so kann man die, teilweise zerbrochenen, Phiolen bergen. Anmerkung für den Spielleiter Auch die Charaktere sind gegen die Krankheitserreger nicht immun. Sollten sie von dem Wasser trinken, können auch sie erkranken (schwierige KO-Probe). 7 – Sägewerk Das Sägewerk von Hinron Heersoc verarbeitet das Holz der Arbeiter rund um Haaden. Der Sinite hat mehrere Hilfsarbeiter, die ihm bei der schweren Arbeit helfen. Das Sägewerk ist Tag und Nacht besetzt um die Bretter für den neuen Tempel zu sägen. 8 – Köhlerei Der Köhler Forthrun Farkas arbeitet eng mit dem Sägewerk des Dorfs zusammen. Er stellt Holzkohle her, die er hauptsächlich an die Schmiede der Region verkauft. Hinter dem großen Gebäude des Köhlers sind zwei Kohlenmeiler aufgebaut, die Forthrun ständig auf die richtige Temperatur hin kontrolliert. 9 – Xehil-Tempel Der Neubau des Xehil-Tempels wird von der Bevölkerung mit aller Kraft und Eile vorangetrieben. Der Tempel wird das größte Gebäude im Dorf. Bei der Ankunft der Gruppe steht schon das äußere Gerüst. Die Charaktere im Dorf Die Dorfbewohner sind für jede Hilfe dankbar, auch wenn sie sich nicht um die Charaktere kümmern können. Jeder Heilkundige, der die Kranken pflegt oder jede starke Hand Abenteuer ÜBERSICHT Übersicht über die Ereignisse auf Valcreon Die Tabelle soll dabei helfen, den Überblick über die Ereignisse und Orte auf Valcreon zu behalten. Tag Ereignisse auf Valcreon -6 Priester kommt das erste Mal nach Haaden. -4 Priester wirft nachts die Phiolen in den Brunnen von Haaden. -3 Bei der Bevölkerung in Haaden zeigen sich erste Symptome. -2 Priester kommt das erste Mal nach Ellreo. -1 Die Unruhe in Haaden wächst. 0 Priester wirft nachts die Phiolen in den Brunnen von Ellreo. 0 Die Seuche greift um sich. Die Bevölkerung Haadens beugt sich den Forderungen. 0 Charaktere kommen in Haaden an. 1 Die ersten Symptome in Ellreo zeigen sich. 1 Haaden wird „geheilt“. Die Bevölkerung ist dem Priester ergeben. 2 Die Seuche greift um sich. Die Bevölkerung Ellreos beugt sich den Forderungen. 3 Ellreo wird „geheilt“. Die Bevölkerung ist dem Priester ergeben. 3 Der Priester erhält neue Phiolen und will neue Dörfer bekehren (nächstes Ziel: Arnkagen). 4 Priester kommt das erste Mal nach Arnkagen. 6 Priester wirft nachts die Phiolen in den Brunnen von Arnkagen. beim Bau wird gerne gesehen. Was die Bevölkerung über den Priester sagt Fragen die Charaktere nach den Geschehnissen der letzten Tage, so werden sie bereitwillig Auskunft erhalten. Die Bewohner erzählen vom ersten Erscheinen des Priesters, bis hin zum Ausbruch der Krankheit und dem Bau des Xehil-Tempels. Der Angriff auf den Priester Interessant ist noch die Geschichte eines Holzfällers aus der Region, der im Zorn auf den Priester losgegangen ist und ihn mit seiner Axt töten wollte. Der Angriff war überraschend und der Schlag gewaltig, aber die Axt brach ab ohne nur einen Kratzer am Kopf des T’chk zu hinterlassen. Der Holzfäller floh daraufhin ängstlich in den Wald und wurde Seite 87 ANDUIN 95 seither nicht mehr gesehen. Anmerkung für den Spielleiter Die Bevölkerung ist eingeschüchtert und wird nichts Schlechtes über den Priester sagen. Gute Argumente und Versuche, die Bevölkerung vom Unrecht dieser Tat zu überzeugen, werden nicht helfen. Zaubern Sollten die Charaktere zaubern wollen, so werden sie von der Bevölkerung gewarnt, dass Magie nicht sicher funktioniert. Sie erzählen ihnen auch von dem Kranken, der durch einen Heilzauber des Xehil-Priesters Urfiel Utbok getötet wurde. Seit dieser Zeit wird keine Magie mehr ausgeübt. Sollte ein Charakter zaubern wollen, so müssen die Auswirkungen der Störung aus der Tabelle berücksichtigt werden. Bereits bestehende Zauber, magische Artefakte und Runen sind von dieser Störung nicht betroffen. Die Störungsausmaße erkennen? Die Ausmaße der Magie-Störung lassen sich nicht erfühlen oder auf eine andere Art feststellen. Da selbst bei dieser Störung Zauber gelingen können, wird es schwer sein die Ausmaße der Störung durch Zauberversuche zu erkennen. Die Bevölkerung aus dem Dorf bringen? Sollten die Charaktere die Vermutung haben, dass die Störung nur um die Region des Dorfs beschränkt ist, würde eine Auslagerung der Kranken eine magische Heilung möglich machen. Auf diesen Vorschlag werden die Bewohner von Haaden aber nicht eingehen, da sie sich davor fürchten, den Priester dadurch zu erzürnen. Wasser trinken? Trinken die Charakter Wasser aus dem Brunnen, so muss ihnen eine schwierige KOProbe (20) gelingen, ansonsten werden auch sie krank. Ermittlungen Abgesehen von der Vision, deutet noch nichts auf einen Eingriff eines Sembaren hin. Einzig die Suche nach dem Krankheitserreger hilft hier weiter. Mögliche Ermittlungsrichtungen könnten sein: Magisch erzeugte Krankheit Dies ist relativ unwahrscheinlich, weil sich niemand der Bewohner bezaubert gefühlt hat und auch Personen erkrankt sind, die den Priester nicht zu Gesicht bekommen haben. Außerdem müsste der Priester ungewöhnlich viele Zauber gesprochen haben. Seite 88 Strafe der Ungläubigen Zufall Diese Annahme wird sich spätestens nach dem zweiten Dorf wieder zerstreuen, denn auch hier erkranken die Bewohner unmittelbar nachdem der Priester das Dorf verlassen hat. Gift bzw. vergifteter Brunnen Entspricht tatsächlich der Wahrheit, jedoch sind die Nutztiere in den Dörfern, die auch Wasser aus dem Brunnen bekommen, nicht betroffen, da die Erreger hierfür nicht aggressiv genug sind. Der Brunnen Stellen die Charaktere Ermittlungen an, so werden sie erfahren, dass der Brunnen (Gebäude 6) die Hauptwasserquelle des Dorfs ist. Am Grund des Brunnens, etwas im Schlamm versunken, finden sich vier zerbrochene Glasphiolen, aus für diese Sphäre ungewöhnlich dünnem Glas. Reinigt man das Glas, so entdecken die Charaktere, anhand der ungewöhnlichen Verzierungen, dass diese nicht von Valcreon, sonder von Icros stammen. Weiterhin findet sich eine Art Stempel in dem Glas: In einem Dreieck findet sich der Buchstabe „W“. Anmerkung für den Spielleiter Das „W“ ist ein wichtiger Hinweis für die Herkunft der Phiolen, mit dem die Charaktere auf Valcreon aber nichts anfangen können. Die Rückkehr des Priesters Einen Tag nachdem die Gruppe in Haaden ankommt, erwarten die Bewohner die Rückkehr des Priesters. Das äußere Gerüst des Xehil-Tempels steht schon. Etwa zur Mittagszeit kommt der Priester in das Dorf. Die Bevölkerung versammelt sich auf dem Marktplatz und lauscht folgenden Worten: „Wie ich sehe, habt ihr meinen Wunsch erfüllt. Auch wenn die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind und euer Glaube längst nicht gefestigt ist, so wird Xehil Milde walten lassen und euch mit seiner Gnade segnen. Bringt mir einen Eimer mit Wasser.“ Anmerkung für den Spielleiter Der Priester ist ein fanatischer Prediger, der mit lauter scharfer Stimme spricht, während die Bevölkerung eingeschüchtert seine Worte vernimmt. Die bedrückende, ängstliche Stimmung sollte während dieser Rede deutlich gemacht werden. Der T’chk bekommt sofort einen Eimer Wasser gereicht, in welchen er seinen rech- ten Arm hineinsteckt. Er schließt die Augen, wie bei einem Gebet, schüttet tatsächlich aber den Inhalt zweier Phiolen mit dem Gegenmittel in das Wasser. Dann lässt er jeden aus der Bevölkerung einen Schluck von dem Wasser trinken und schüttet den Rest in den Brunnen. Die Genesung Das Gegenmittel wirkt schnell. Schon am Abend spüren viele Bewohner eine Verbesserung ihres Zustands. Am nächsten Tag sind alle genesen, auch wenn einige von ihnen noch etwas schwach auf den Beinen sind. Die Bevölkerung ist erleichtert und dankbar, lässt aber bei dem Bau des Xehil-Tempels nicht nach. Aussehen und Unverwundbarkeit Der T’chk ist 1,32 Meter groß und etwa 48 kg schwer. Er trägt einen hellgrauen Umhang und braune Lederschuhe. Seine Kleidung ist gepflegt und sauber. Er hat eine schrille, hohe Stimme und unterstreicht seine Worte stets mit ungewöhnlich aggressiven und hektischen Gesten. Durch ein Echo, geschaffen vom Sembaren, ist der Priester unverwundbar, solange der Diener auf Icros noch lebt. Dies zeigt sich auch in einer leicht strahlenden Aura, die den Priester ständig umgibt. Körperlicher Schaden und Zaubersprüche haben keine Wirkung auf ihn. Nach Icros Nehmen die Charaktere mit ihren Geschwistern auf Icros Kontakt auf und erzählen ihnen von dem ungewöhnlichen Logo, so lässt sich über das Computernetz schnell eine Tochterfirma eines großen Pharma-Konzerns (Givan+Honu) finden, welche in Sewen ihren Forschungsstandort hat – Wedast Pharmazie – ihr Logo ist ein stilisiertes „W“. Die Firma liegt in einem Industriegebiet Sewens in der Bauxitstrasse 12. Informationsbeschaffung Ein erster Anlaufpunkt könnte die Homepage der Firma sein. Wedast Pharmazie hat nur wenige hundert Mitarbeiter, die sich mit dem Erforschen von Krankheiten und Krankheitsbildern beschäftigen. Hierbei haben sie vier Schwerpunkte: 1. Migräneforschung 2. Medikamente gegen die Abstoßung transplantierter Organe Abenteuer ANDUIN 95 Strafe der ungläubigen 3. Maßnahmen zur Früherkennung von Schlaganfällen 4. Impfstoffe gegen Influenza Vergleicht man diese Liste mit den Symptomen der Dorfbevölkerung auf Valcreon, kann man nur auf den Bereich der Impfstoffe gegen Influenza kommen. Folgt man dem Link dieses Forschungsgebiets, so findet man ein Bild des Wissenschaftlerteams von Wedast Pharmazie. Dieses besteht aus drei Personen: Rasim Addar, Thoru Sudes und Ulico Faher. schung zuwandte. Seit 2 Jahren ist er bei Wedast Pharmazie. Dr. Ulico Faher ist 59 Jahre alt, ledig und hat keine Kinder. Er ist der Leiter dieses Projekts. Er studierte an der Universität von Sewen Biologie, arbeitet bei verschiedenen Pharmaunternehmen und kam vor vier Jahren zu Wedast Pharmazie, um sich mit der Erforschung neuer Impfstoffe gegen Influenza zu befassen. Eine Teilnahme an einem solchen Vortrag hätte den Vorteil, dass man sehr einfach in die Räume der Firma kommt. Ein Einbruch ist, aufgrund der sehr guten Sicherung des Geländes, kaum möglich. Weitere Informationen In den nächsten Tagen laufen bei Wedast Pharmazie mehrere Vortragsreihen, bei denen mit auswärtigen Experten die aktuellen Entwicklungen der Migräneforschung diskutiert werden. Eine Anmeldung ist kurzfristig möglich. Teilnehmen kann jeder Interessierte, der eine Gebühr von 200 GE zahlt. Wedast Pharmazie Dr. Thoru Sudes ist 52 Jahre alt, verheiratet und hat ein Kind. Er studierte an der Universität von Colsem Biologie und Chemie. Er arbeitete eine Zeit lang in der medizinischen Forschung bevor er vor 9 Jahren zu Wedast Pharmazie kam. Das achtstöckige Gebäude ist ein moderner Büroturm und hat eine Grundfläche von etwa 25 x 50 Metern. Die Außenwand ist überwiegend mit einbruchssicheren Fenstern verglast. Um das Gebäude verläuft ein drei Meter hoher Zaun, der kameraüberwacht wird. Dr. Rasim Addar ist ein aufstrebender 39 Jahre alter Wissenschaftler. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Er schloss sein Medizinstudium an der Universität von Lobis als Jahrgangsbester ab und arbeitete fünf Jahre in einem Krankenhaus, bevor er sich der For- Neben dem Gebäude ist ein großes Parkhaus, das jeder Mitarbeiter mit seiner elektronischen Zugangskarte nutzen kann. Das Parkhaus wird nicht überwacht. Unbewachte Gästeparkplätze gibt es rund 100 m von dem Gebäude entfernt. Abenteuer Die Vortragsräume im ErdgeschoSS Die Vorträge werden im Erdgeschoß abgehalten. Ab dem ersten Stock beginnt der gesicherte Bereich. Für die Büros und die meisten Laborräume gibt es keinen zusätzlichen Sicherheitsbereich. Nur die Labore, in denen mit Viren, Bakterien und anderen gefährlichen Substanzen gearbeitet wird, haben eine zusätzliche Schleuse. Das Unternehmen ist recht groß, somit ist auf dem Flur eine gewisse Anonymität gewährleistet, wenn man sich nicht in den Büroräumen oder den Labors aufhält. 1 – Eingang und Vorhalle Rechts vom Eingang sind Stehtische aufgebaut. Am Ende des Raums befindet sich eine Tür, die auch von einigen Mitarbeitern genutzt wird. Die Veranstaltungen sind immer gut besucht. Sie dauern im Schnitt vier bis fünf Stunden (überwiegend vormittags) und werden durch zwei Pausen unterbrochen, bei denen an den Stehtischen kleine Speisen und Getränke gereicht werden. Von hier aus gelangt man in den großen Veranstaltungsraum, der bis zu 200 Besuchern einen Sitzplatz bietet. Bei einer Veranstaltung sind im Schnitt 120 Besucher anwesend. Der untere Ausgang geht in eine kleine Küche, die überwiegend von einem externen Seite 89 ANDUIN 95 Catering-Service betrieben wird. Der obere Ausgang führt zu Fahrstühlen, die in den inneren Bereich fahren. Dort gibt es auch einen weiteren Eingang für Mitarbeiter. Links neben dem Empfang (2) ist der Eingang zur Küche, der aber keinen besonderen Ausweis benötigt. Von der Küche aus gelangt man nicht in die inneren Räume der Firma. Auch das Küchenpersonal einer externen Catering-Firma hat keine Ausweise, welche den Zugang nach oben ermöglichen. 2 – Empfang Kommt man in das Gebäude hinein, so wird man gebeten, sich am Empfang zu registrieren. Hier erhält man die Unterlagen für das Seminar, einen offen zu tragenden Tagesausweis und ein Namensschild. 3 – Großer Veranstaltungsraum Der Raum verläuft steil nach unten und hat eine große Bühne am Ende. Mit der großen Leinwand über der Bühne erinnert er an ein Kino. Die Sitze sind gepolstert und haben gute Beinfreiheit nach vorne. Während der Veranstaltungen werden hier mehrere Referenten Vorträge halten. 4 – Technikraum Von diesem etwas abgetrennten Raum wird das Mikrofon, die Leinwand usw. gesteuert. Während der Vorträge befindet sich immer ein Techniker in dem Raum, der alle Medien steuert. 5 – Toiletten Die nach Geschlecht getrennten Toiletten sind klein, sehr sauber und vor allem in den Vortrags-Pausen gut besucht. Störung auf Icros Die Störung auf Icros beschränkt sich auf das Gelände von Wedast Pharmazie. In unregelmäßigen Abständen löst (unbegründet) der Alarm aus, elektronisch gesteuerte Türen gehen ohne sichtbaren Grund auf oder bleiben verschlossen. Der Fahrstuhl bleibt stecken usw. Die Leitung des Unternehmens versucht die Störungen nicht publik zu machen und hält sie für eine Verkettung von unglücklichen Zufällen. Der größte Teil der Störung betrifft den Keller, das Erdgeschoß und den ersten Stock, so dass die Forschungsräume in den oberen Stockwerken nicht betroffen sind. Sollte sich die Störung aber weiter ausbreiten, müssen die Forschungslabors aus Sicherheitsgründen geschlossen werden. Beim Vortrag Seite 90 Strafe der Ungläubigen Der Vortrag wird im Veranstaltungsraum (Raum 3) durchgeführt. Vor dem Raum ist ein Bereich mit Stehtischen und einem kleinen Buffet aufgebaut, an dem man sich auch während der Präsentation aufhalten kann. Dieser Bereich ist jedem Besucher frei zugänglich. Um weiter in das Gelände zu gelangen, benötigt man eine Magnetkarte, die eine gesicherte Tür öffnet. Es gibt mehrere Möglichkeiten in den inneren Bereich zu gelangen: Unauffälliges Hinterherlaufen Da bei den Vorträgen, vor allem in den Pausen, immer eine unübersichtliche Masse an Leuten herumsteht, und dieser Firmeneingang auch von einigen Mitarbeitern genutzt wird, ist es nicht schwer bei einer geöffneten Tür mitzulaufen und in den Mitarbeiterbereich zu gelangen. Die Mitarbeiter erkennt man meist daran, dass sie ihre Ausweise nicht offen an der Jacke bzw. am Hemd tragen und auch kein Namensschild haben. Kartendiebstahl Bei den Vorträgen sind einige Mitarbeiter in der Menge, so dass es (vor allem in den Pausen), einem Dieb leicht möglich wäre, die Eingangskarte eines Mitarbeiters zu stehlen (Taschendiebstahl: erschwert). Zugang elektronisch knacken Die elektronischen Schlösser sind mit moderner Software ausgestattet. Nur ein Charakter mit Computer, Elektrotechnik und Einbrechen kann das Schloss umgehen. Hier benötigt er eine erschwerte Probe (15) für Computer und Einbrechen und eine schwere Probe (25) für Elektrotechnik. Dies während einer Veranstaltung durchzuführen, dürfte aber zu auffällig sein. Die Abteilung für den Influenza-Impfstoff Die Abteilung für den Influenza-Impfstoff befindet sich im ersten Stock. Dies ist leicht herauszufinden, da in jedem Stockwerk (am Fahrstuhl) eine Übersicht der Abteilungen in diesem Gebäude angebracht ist. Neben den drei Forschern Rasim Addar, Thoru Sudes und Ulico Faher, sind in diesem Bereich noch jeweils drei Assistenten und eine Sekretärin zu finden. Die Sekretärin hat als einzige keinen Zugang zu den gesicherten Laborräumen. 1 – Sekretariat Der kleine Raum ist mit einem Schreibtisch und einem Computer ausgestattet. Hier fin- det sich auch eine Vielzahl an Grünpflanzen. Die Sekretärin, Kanoa Niask, ist Anfang 50 und kräftig gebaut. Sie kümmert sich um organisatorische Dinge und macht die Schreibarbeiten für diese Abteilung. 2 – Büro der Assistenten Die drei Assistenten Isoa Laset, Thassim Addar und Vonu Sudes haben hier ihr Büro. Der Raum ist mit drei kleinen Schreibtischen und drei Stühlen eng zugestellt und bietet kaum Platz für die beiden Bücherregale. 3 – Büro von Ulico Faher Ein großer Schreibtisch beherrscht die Raumgestaltung dieses Büros. Ulico Faher legt sehr viel Wert auf diese Art von Prestigeobjekt, da er in seinem Büro immer wieder wichtige Gäste empfängt. An der Seitenwand befindet sich ein langes Bücherregal überwiegend mit Fachbüchern gefüllt. In einem verschlossenen Fach im Schreibtisch (Einbrechen: normal) befinden sich zwei Schachteln mit Phiolen. Eine Packung enthält rote Phiolen, eine andere blaue Phiolen. Insgesamt fehlen 8 rote Phiolen (Krankheitserreger) und 4 blaue Phiolen (Heilmittel). In der Box findet sich auch eine Aufstellung der verschickten Phiolen. Auf dem Zettel sind die Dörfer Haaden und Ellreo abgehakt. Zwei weitere Namen (Arnkagen und Pawingen) scheinen die nächsten in der Lieferkette zu sein. 4 – Büro von Thoru Sudes Dieses Büro wird von unzähligen Stapeln von Papier und Büchern beherrscht. Der Raum ist unordentlich und folgt einem merkwürdigen System, welches nur Thoru Sudes bekannt zu sein scheint. 5 – Büro von Rasim Addar Rasim Addars Büro ist von einer fast klinischen Sauberkeit und sehr modern eingerichtet. Der Schreibtisch besteht aus Milchglas und in den Bücherregalen finden sich kleinere Skulpturen von künstlerischem Wert. Die Wände sind mit Drucken berühmter Maler versehen. 6 – Forschungslabor-Schleuse Zu diesem Raum haben nur die drei Forscher, ihre drei Assistenten und speziell autorisiertes Sicherheitspersonal Zutritt. Die Assistenten dürfen nur in Begleitung von einem der drei Forscher das Labor betreten und sich nicht alleine dort aufhalten. Ohne die Zugangskarte der Forscher kommen sie nicht hinein. Der Vorraum dient als Hygieneschleuse. Hier müssen die Besucher spezielle Kleidung Abenteuer ANDUIN 95 Strafe der ungläubigen überziehen. Dieser Raum ist kameraüberwacht. Alle Gegenstände, die aus dem Labor gebracht werden, müssen in eine kleine Schleuse, in welcher sie bei hohem Druck und 130 Grad Hitze desinfiziert werden. Die Anzüge werden regelmäßig ausgetauscht bzw. mit Essigsäure behandelt. Die Wand zum Labor hin besteht aus Glas. 7 – Forschungslabor Das fensterlose Labor wird, im Gegensatz zu der Schleuse, nicht kameraüberwacht. Die Wände sind sehr robust und die Glasfenster zwischen Labor und Schleuse aus Hochsicherheitsglas. Der Raum besteht aus einer Vielzahl langer, halbhoher Arbeitstische mit Schubladen, Wasser- und Stromanschlüssen. Unzählige Geräte, Kabel und Schläuche machen das Labor für einen Laien unübersichtlich. Der Wert dieser Geräte geht in die Millionen. Die Forschungsaufzeichnungen werden in einen Computer eingegeben, der sehr gut gesichert ist (Hacking: schwer) und nicht am Computernetz (CN) hängt. Alle Viren lagern in Stahlbehältern mit minus 190 Grad kaltem Stickstoff. Bei 37 Grad lagern die Zellkulturen in Plastikschalen mit rötlicher Nährlösung. Es gibt Notfallabsaugvorrichtungen und zwei Feuerlöscher. Wie gelangt man in das Büro? Bei Wedast Pharmazie ist es durchaus üblich, dass nachts gearbeitet wird. Die Wachleute gehen ab 20.00 Uhr in unregelmäßigen Abständen durch die Büros und machen das Licht aus, wenn sich niemand mehr in dem Raum befindet. Die Wachleute kennen sich mit den Mitarbeitern nicht gut genug aus, um zu erkennen, ob eine Person wirklich in das Büro bzw. in das Labor gehört. Wenn sich die Charaktere nicht auffällig verhalten, werden sie von den Wachleuten nicht angesprochen. In der Abteilung für Influenza-Impfstoff beginnen die Angestellten gegen 7.45 Uhr und arbeiten nur sehr selten länger als 19.00 Uhr. Warten die Charakter bis alle Mitarbeiter gegangen sind, so können sie ohne Probleme in die Räume gelangen. Die Wartezeit könnten sie in den Kaffeeecken auf den Stockwerken oder den Toiletten verbringen. Die Büros von Rasim Addar, Thoru Sudes und Ulico Faher sind abgeschlossen (Einbrechen: erschwert). ABSENDER Informationen über die Influenza-Viren Insgesamt arbeiten nur die drei Wissenschaftler (Rasim Addar, Thoru Sudes und Ulico Faher) an neuen Impfstoffen gegen Influenza. Sie sind die einzigen, die Zugang zu tiefgefrorenen Grippeviren haben. Aufgrund der Sicherheitsvorschriften und der Schleuse ist es nicht möglich eine Phiole mit Grippeviren aus dem Labor herauszuschmuggeln. Hieraus lässt sich schließen, dass der „Versand“ nach Valcreon aus dem Labor erfolgt sein muss. Somit muss einer der Mitarbeiter in diese Geschehnisse verstrickt sein. Überwachung? Die Charaktere könnten die Häuser bzw. Wohnungen der drei Wissenschaftler Rasim Addar, Thoru Sudes und Ulico Faher beobachten oder durchsuchen. Bei Ulico Faher fällt auf, dass er keinerlei soziale Kontakte hat und nichts unternimmt. Er bleibt nach der Arbeit zu Hause und surft durch das Computernetz. Sein Interesse gilt dabei ausschließlich der Forschung an Viren und biologischen Kampfstoffen. Rasim Addar und Thoru Sudes verbringen viel Zeit mit ihren Familien, widmen sich ihren Hobbys und beschäftigen sich, während ihrer Freizeit, kaum mit ihrer Arbeit. Ulico Faher Ulico Faher war ein sehr guter Virologe, wurde aber von einem Sembaren-Diener ermordet. Seine Leiche wurde vom Diener im Kühlschrank seiner Wohnung im Keller verstaut. Der Diener ist nachts bei Ulico Faher eingebrochen, hat den Wissenschaftler ermordet und konnte, dank dessen Bankunterlagen, schnell an Geld kommen. Mit Hilfe eines Sprachchips und eines Maskenbildners hat der Diener nun die Identität von Ulico Faher angenommen. Diese hervorragend geschaffene Maske nimmt der Diener des Nachts ab. Da der Wissenschaftler sehr zurückgezogen gelebt und überwiegend alleine gearbeitet hat, ist keinem seiner Kollegen das veränderte Verhalten aufgefallen. Trotzdem wirkt er ungewöhnlich mürrisch und zurückgezogen. Ulico Faher erklärt dies mit Unwohlsein und Schlafmangel. Die Suche nach dem Die Wohnung von Abenteuer Ulico Faher Ulico Faher lebt in einem Mehrfamilienhaus in einer angesehenen Gegend Sewens. Das vierstöckige Gebäude beherbergt acht Wohnungen (auf jedem Stockwerk zwei), die durch ein offenes Treppenhaus sowie einen Fahrstuhl erreicht werden können. Die etwa 90 Quadratmeter große Wohnung von Ulico Faher ist im dritten Stock. Beide Türen sind mit guten Schlössern gesichert, welche zum Öffnen eine schwere Einbrechen-Probe (25) benötigen. Alarmanlagen, Wachpersonal oder Überwachungskameras gibt es in diesem Haus nicht. 1 – Eingang und Wohnzimmer Der größte Raum des Hauses ist mit teuren Möbeln eingerichtet. Der Boden besteht aus Fliesen, ist aber mit einigen Webteppichen bedeckt. Eine Couch steht vor dem Fenster und ein großer Fernseher beherrscht die Mitte des Raums. An den Wänden sind mehrere Bücherregale aufgestellt und einige Bilder aufgehängt. Die Wohnung ist in hellen Farben eingerichtet und macht einen gemütlichen Eindruck. An der rechten Wand, gleich neben dem Eingang, steht ein Schreibtisch mit Computer und Telefon. Auf dem ungesicherten Computer finden sich keine wichtigen Informationen – er dient nur dem Zugang ins CN. Die History des Browsers weist auf sehr wissenschaftliche Seiten hin. Links vom Eingang steht ein Klavier. In einem kleinen Regal finden sich einige Noten klassischer Musik. 2 – Bad Das Badezimmer ist nicht sehr groß, aber luxuriös eingerichtet. Neben der Toilette und einem Waschbecken befindet sich hier auch eine große Dusche. Ulico Faher hat wenig Hygieneartikel. Diese sind aber von guter Qualität und teuer. 3 – Küche Die kleine, aber modern eingerichtete Küche ist in Chrom gehalten. Der Kühlschrank, aus dem alle Zwischenwände ausgebaut wurden, ist sehr groß und beherbergt die Leiche des echten Ulico Faher, der durch eine durchgeschnittene Kehle getötet wurde. Aus diesem Grund sind viele Lebensmittel in der Küche verstreut. Die Küche ist unordentlich und riecht nach alten Lebensmitteln. Das Blut auf dem Boden wurde weitestgehend aufgewischt. Bei genauerem Hinsehen entdeckt man aber noch einige Blutspritzer auf den Armaturen des Küchenschranks. 4 – Schlafzimmer Seite 91 ANDUIN 95 Strafe der Ungläubigen erzählt, dass die Bewohner allem Anschein nach auch von der Seuche heimgesucht worden sind. Sie erzählten von einem Xehil-Priester, der zu ihnen gekommen ist und absoluten Gehorsam gefordert hat. Der Händler wird nur eine kurze Mahlzeit zu sich nehmen und dann wieder weiter ziehen. Das zweite Dorf – Ellreo Das lang gezogene Schlafzimmer besteht aus einem breiten Bett und einigen Schränken, welche die Kleidung sowie die Schuhe von Ulico Faher enthalten. In einem kleinen Schrank finden sich noch einige Schmuckstücke (überwiegend Uhren). Hier legt der Diener in der Nacht auch die Maske von Ulico Fahers Gesicht ab. Ulico Faher verhören? Gelingt es den Charakteren den falschen Ulico Faher zu fangen, so bemerken sie, dass es sich bei ihm um einen Sembaren-Diener handelt. Bei einem Verhör wird er sich siegesbewusst und arrogant geben, auch wenn er noch nicht alle Phiolen nach Valcreon abgeschickt hat. Er wird wenig Konkretes sagen können, da er über die umfassenden Pläne auch nicht informiert ist. Seine Aufgabe ist nur das Stehlen des Virus’ und des dazu gehörenden Gegenmittels. Den Diener beseitigen Den Charakteren wird nichts anderes übrig bleiben, als den Diener aus dem Weg zu räumen. Mit dem Tod des Dieners und der Einstellung der Lieferungen von Phiolen nach Valcreon verliert auch der dortige T’chk-Priester seine Unverwundbarkeit. Zurück auf Valcreon Befinden sich die Charaktere zwei Tage nach ihrer Ankunft noch in Haaden, so werden sie einem Händler begegnen, der aus dem nahe gelegenen Dorf Ellreo kommt. Er Seite 92 Dieses Dorf weist viele Parallelen zu Haaden auf. Die Bevölkerung hat eine ähnliche Struktur. Auch sie haben kaum auf die anfänglichen Forderungen des Priesters reagiert, sind aber ebenso eingeschüchtert, wenn die Seuche immer mehr Einwohner befällt. Ellreo ist nicht viel größer als Haaden und liegt etwa 10 km nordwestlich von Haaden entfernt. Das Dorf ist ähnlich aufgebaut und hat etwa gleich viel Einwohner. Die Verbindungen zwischen den Dörfern Die Wege und Straßen zwischen den Dörfern Haaden, Ellreo, Arnkagen und Pawingen sind nicht sehr gut ausgebaut, auch wenn in der Nähe eine kleine Handelsstraße verläuft. Es gibt keinen geraden, direkten Weg dorthin. Man muss einigen kleinen Straßen und Waldwegen folgen, um in die Dörfer zu gelangen. Ohne eine gute Wegbeschreibung oder einen kundigen Führer sind die Dörfer nicht einfach zu erreichen. Der Kampf gegen DEN Priester Den Priester finden? Es wird schwierig, den Priester zu finden, da er eine gute Taktik anwendet, um eventuelle Verfolger zu verwirren. Er nutzt sein außergewöhnliches Können der Teleportation (Reise). Nachdem er außer Sichtweite der Dörfer gekommen ist, wird er sich mehrmals über größere Strecken teleportieren (immer 1 km), bis er an seinem Unterschlupf oder dem nächsten Dorf angekommen ist. Tagsüber kann man den Priester aber in Ellreo oder Arnkagen erwarten. Grundsätzlich wird er des Nachts, nach seiner zweiten Rede, in die Dörfer zurückkehren und die Phiolen heimlich in den Brunnen werfen. Der Unterschlupf des Priesters Der Unterschlupf des Priesters ist eine Erdhöhle in einer dicht bewaldeten Gegend, durch die nur schwer durchzukommen ist. Mit Hilfe der Erdmagie hat der Priester sich einen bequemen und gut versteckten Unterschlupf geschaffen. Zu dieser Erdhöhle führen keine Spuren, so dass selbst außergewöhnlich gute Jäger keine Fährte zu der Erdhöhle finden. Die Phiolen Der Priester trägt die Phiolen, bruchsicher in Tuch eingewickelt, immer bei sich. Den Priester töten? Der Priester ist durch ein Echo von Icros geschützt, das an den Diener Ulico Faher gebunden ist. Erst wenn er tot ist, löst sich dieses auf und der T’chk wird wieder sterblich. Das Echo bewirkt eine Unverwundbarkeit gegenüber allen physischen Schäden und jeder magischen Beeinflussung. Jeder Schwertschlag, jeder Pfeil und jeder Zauber werden keine Wirkung zeigen. Zusätzlich zu dieser Unverwundbarkeit ist der Priester außerdem in der Lage Erdelementare sowie Dämonen zu beschwören. Dabei wird er vor allem Borvaar-Dämonen rufen, die er in der Gestalt eines Siniten erscheinen lassen wird. Die Reaktion der Bevölkerung auf einen Angriff Der größte Teil der Bevölkerung ist eingeschüchtert und verängstigt und wird bei einem Kampf zwischen der Gruppe und dem Priester flüchten. Sind die Bewohner aber schon auf die Bedingungen des Priesters eingegangen, wird es einige Männer geben, die den Priester, aus Angst vor dessen Rache, verteidigen werden, wenn auch nur halbherzig und nicht bis zu ihrem Tod. Die beste Taktik um den Priester zu töten, wäre ein schneller und überraschender Angriff. Unterstützung von der Bevölkerung dürfen die Charaktere nicht erwarten. Das Echo erlischt Wurde der Wissenschaftler/Diener auf Icros getötet, so wird der Priester wieder sterblich. Die Aura verschwindet sichtbar. Sobald er dies bemerkt, wird er zu seiner Sicherheit einige Erdelementare und Dämonen beschwören. Auch kann er vom Sembaren ein oder zwei Geistfänger als Wächter gestellt bekommen. Auch wird der Sembare, von seinem Punktgewinn ab und zu einen Bauern beeinflussen und ihn auf seine Seite ziehen. Abenteuer ANDUIN 95 Strafe der ungläubigen Das Ende Anhang ST KO GE SC CH IN GKLP MP 9 8 13 11 10 21 8 18 Krit. Tr. Ohn./TodAusw. Zauberres. 8 -2 / -4 3 8 Normale FertigkeitNormale Fertigkeit Astronomie 11 Fälschen 7 Biologie 24 Goran lesen/schr. 19 Chemie 12 Goran sprechen 19 Computer 8 Mechanik 10 Einbrechen 7 Medizin 19 Elektrotechnik 11 Physik 12 Erste Hilfe 19 Wahrnehmung 4 Fahrzeuge fahren 8 Werkstoffkunde 8 Waffenfertigkeit Abh. A P SP Waffenloser Kampf ST 2 3 1W6-3 Pistole- 7 mm GE 8 0 1W6+4 2 ApR (Pistole) (M) GE 0 0 0 T’chk-Priester Bauer Werden die beiden Diener auf Valcreon und Icros getötet und die noch existierenden Phiolen vernichtet, so wird die Seuche nachlassen, bis sie schließlich ganz verschwindet. Die Störung verschwindet. Heilzauber können wieder angewendet werden. Es wird eine Zeit dauern, bis in den Dörfern die Normalität wieder zurückkehrt. In Haaden wird der Dhea-Tempel mit dem Baumaterial des Xehil-Tempels wieder aufgebaut. Die Bevölkerung wird aber noch für eine lange Zeit von den Ereignissen eingeschüchtert und verunsichert sein. Der Sembaren-Diener ist 1,32 Meter groß und etwa 48 kg schwer. Er trägt einen hellgrauen Umhang und braune Lederschuhe. Seine Stimme ist schrill und laut. Er unterstreicht seine Reden immer mit aggressiven Gesten. Er arbeitet mit der Angst der Bauern vor göttlichem Zorn und weiß dieses Mittel gut einzusetzen. Er kann sich durch einen mentalen Zauber (mit Ausrüstung) 300 m weit teleportieren. Zaubert er nicht mental, so erhöht sich die Reichweite auf 1500 m. ST KO GE SC CH IN GKLP MP 7 7 13 9 14 13 22 15 59 Krit. Tr Ohn./TodAusw. Zauberres. 7 -2 / -4 6 28 Normale FertigkeitNormale Fertigkeit Erste Hilfe 8 Stel sprechen 8 Fliehen 4 T’chk lesen/schr. 15 Ment. Verstärkung 12 T’chk sprechen 15 Psychologie 9 Überleben 4 Religion 7 Wahrnehmung 4 Sinisch sprechen 7 Zauberkunde 15 Waffenfertigkeit Abh. A P SP Waffenloser Kampf ST 2 2 1W6-3 Waffenloser Kampf GE 4 6 1W6-2 Zauberfertigkeit Zauberfertigkeit Beschwörung 19 Reise 24 Erde 9 Veränderung 9 Diener Icros Der Gorane hat eine schlanke Statur und ist 1,77 m groß. Er trägt eine Maske und einen Sprachchip, der ihm das Aussehen und das Auftreten von Ulico Faher gibt. Durch Manipulation des Sembaren ist der Diener außergewöhnlich intelligent und ein meisterhafter Biologe. Somit war es ihm auch möglich den speziellen, eher harmlosen Grippevirus sowie das Gegenmittel zu erschaffen. Abenteuer Beidhändigkeit (ST) Fliehen Kampf in Rüstung Klettern Körperverstärkung 19 11 16 6 17 Ment. Verstärkung Sinisch sprechen Stel sprechen Überleben Wahrnehmung 4 7 4 12 4 Waffenfertigkeit Abh. A P SP Waffenloser Kampf ST 6 3 1W6+1 2 ApR (WK) (M) ST 0 0 0 Langschwert ST 13 12 1W6+4 2 ApR (Langschwert) (M)ST 0 0 0 Doppelh. Schl. (LS) (M) ST +40 +4 Entwaffnen (Langs.) (M) ST 0 x 0 Langschild GE 4 18 1W6-1 Schildschlag GE 0 0 0 Schwert + Schild 13 21 1W6+4 Lanze KO 14 0 2W6+7 Axt ST 108 1W6+3 Wurfspeer ST 11 0 1W6+3 Die hier angegebenen Werte gelten beispielhaft für einen sinitischen Bauern aus der Region. Der Kraftaufwand des Sembaren ST KO GE SC CH IN GKLP MP 12 10 9 8 8 9 7 25 Krit. Tr. Ohn./TodAusw. Zauberres. 10 -3 / -6 2 7 Normale FertigkeitNormale Fertigkeit Jagen 8 Stel sprechen 4 Landwirtschaft 9 Tierkunde 8 Pflanzenkunde 7 Wahrnehmung 4 Sinisch sprechen 9 Wetterkunde 6 Spurenlesen 6 Waffenfertigkeit Abh. A P SP Waffenloser Kampf ST 2 2 1W6-2 Holzkeule ST 6 3 1W6 Langbogen ST 9 0 2W6 Der Sembare wendet für den anfänglichen Angriff 150 Punkte auf. Die Nutzung dieser Punkte wird in der folgenden Tabelle ausführlich aufgeschlüsselt. Geistfänger / Leibwächter Der von dem Sembaren geschaffene Geistfänger, mit dem Aussehen eines Siniten, kann vom Sembaren als Leibwächter des T’chk-Priesters erschaffen werden. In kurzer Zeit werden ein Händler, eine Wache und zwei umherreisende Söldner Opfer des Geistfängers, welche ihm seine hervorragenden Kampffertigkeiten ermöglichen. Der Geistfänger führt immer ein Langschwert und ein Langschild mit sich. Außerdem trägt er eine Kettenrüstung (Schutz: 3). Regeltechnisch gilt diese Kreatur als Lebewesen. ST KO GE SC CH IN GKLP MP 17 18 13 14 8 7 7 65 Krit. Tr. Ohn./TodAusw. Zauberres. 26 -6 / -12 3 9 Normale FertigkeitNormale Fertigkeit Kraft Punkte 2 Diener erschaffen 20 Icros-Diener verstärken (200 Punkte) 6 Valcreon-Diener verstärken (400 Punkte) 12 Materietransfer (12 Phiolen – ca. 800 gr.) 32 GK um +7 für Diener (Valcreon) 14 Wärmesicht für Diener (Valcreon) 4 Reise um +7 für Diener (Valcreon) 14 Verbesserte Eigenschaft (+5 IN, Icros) 10 Verbesserte Fertigkeit (+4 Biol., Icros) 8 Echo erzeugen (Unverwund./Machtlvl 2) 30 Summe 150 Den daraus resultierenden Kraftgewinn von 12 Punkten täglich nutzt er, um Bauern in den Dörfern zu beeinflussen (Machtlevel 1, 12 Punkte), einen Geistfänger zu erschaffen (15 Punkte) bzw. um weitere Phiolen zu versenden (6 Stück, 400 Gramm, 16 Punkte) Sinitische Namen Da die Charakter mit einer Vielzahl an sinitischen Bauern zu tun haben, werden hier fünf weibliche und fünf männliche Namen aufgelistet: •Iddari Ihna, Kabja Kornim, Eyela Erral, Cheza Chanil, Namala Noltom •Ajom Auru, Cius Cethar, Jesaho Juaril, Fiaron Felarn, Nomul Nadec Seite 93 ANDUIN 95 ZAUBEREI MIT MURMELN Zauberei mit Murmeln EIN ALTERNATIVES SYSTEM ZUR DARSTELLUNG VON MAGIE TEXT: STEFAN HOLZMAIER ILLUSTRATION: STEFAN HOLZMAIER Das Grundproblem Egal, ob auf einem großen LARP-Event, bei einem Indoor-Live auf einer Convention oder sogar am Spieltisch beim Papier-undBleistift-Spiel: immer wieder gibt es Situationen, in denen zumindest ich mir ein einfaches, aber dennoch funktionierendes System gewünscht habe, Magie regeltechnisch abzubilden. Nach einigen Recherchen und Versuchen habe ich mir – zugegebenermaßen durch verschiedene Quellen inspiriert – ein eigenes System gebaut, das ich seither regelmäßig einsetze. Und das, meiner Meinung nach, in allen drei eben genannten Einsatzfällen verwendet werden kann. Überlegungen vorweg Meiner Meinung nach muss ein einfaches Magiesystem folgende Kriterien erfüllen: •Es muss fehlbar sein, das heißt es muss die Möglichkeit für Fehlschläge und auch für Patzer geben. •Es darf nicht leicht durch Schummler ausgetrickst werden (besonders bei Live-Events leider immer wieder ein Problem). •Der Zeitbedarf zum Sprechen eines Zauberspruchs sollte vom System berücksichtigt werden. •Es sollten unterschiedliche Arten von Magiern abgebildet werden können. •Es muss einfach zu erlernen und auszuführen sein. Das Grundsystem Der Magier bekommt einen blickdichten Beutel oder ein anderes blickdichtes Gefäß, in das er hineingreifen kann. In diesem Gefäß (dem Vorrat) befindet sich eine bestimmte Anzahl an weißen und schwarzen Murmeln. Wahlweise können natürlich auch andere Farben oder Gegenstände wie Runen oder Zettelchen verwendet werden. Allerdings sollte man darauf achten, dass man durch tasten die Unterschiede nicht fühlen kann und dass man bei der Farbwahl auch an dunkle Lichtverhältnisse denkt. In meinen weiteren Ausführungen gehe ich daher einfach Seite 94 von weißen und schwarzen Murmeln aus, wobei die schwarzen als Nieten (Fehlschläge) zählen. Bei jedem Zauber muss der Zauberer blind eine bestimmte Anzahl an Murmeln aus dem Vorrat ziehen. Ist bei den gezogenen Murmeln eine Niete dabei, so schlägt der Zauber fehl, ansonsten klappt alles wie gewünscht. Schwarze Murmeln kommen zurück in den Vorrat, weiße Murmeln aber kommen aus dem Spiel. Auf diese Weise steigt der Anteil der Nieten im Verlauf des Spiels immer weiter an. Beispiel: Der Zauberer hat 10 weiße und 1 schwarze Murmel im Vorrat. Er möchte einen einfachen Zauber sprechen. Für diesen muss er zwei Murmeln aus dem Vorrat ziehen. Der Zauberer hat Glück und zieht zwei weiße Murmeln – der Zauber gelingt. Diese beiden Murmeln kommen aus den Vorrat, so dass das Verhältnis nun 8:1 ist. Später im Spiel soll ein schwererer Zauber gesprochen werden. Dieser kostet 5 Murmeln. Leider ist die dritte gezogene Murmel schwarz, der Zauberer muss aber dennoch weiter ziehen und zwei weitere weiße Murmeln aus dem Vorrat nehmen. Der Zauber ist misslungen und die schwarze Murmel kommt zurück in den Vorrat. Das Verhältnis liegt jetzt bei 4:1 – der nächste Zauber dürfte recht schwer werden und ein weiterer schwerer Zauber (mit fünf Murmeln) ist gar nicht mehr möglich (da bei den fünf Murmeln nun auf jeden Fall eine schwarze dabei ist). Auch kann die Möglichkeit eines Patzers eingeführt werden (z.B. wenn mehr schwarze als weiße Murmeln gezogen werden, mindestens aber zwei). Wichtig ist, dass die Murmeln einzeln und nacheinander gezogen werden müssen. Jede Murmel muss kurz sichtbar gehalten werden, damit andere Spieler das Ergebnis sehen. Und ebenso wichtig ist, dass gezogene Nieten immer wieder in den Vorrat zurückkommen, gezogene weiße Murmeln aber nicht! Vorteile Dieses System erfüllt bereits jetzt, ohne die unten aufgeführten Optionen, die oben aufgeführten Kriterien. Es bietet die Möglichkeit für Fehlschläge und Patzer, ist einfach zu erlernen und durchzuführen, benötigt durch das einzelne Ziehen Zeit und es kann nur schwer geschummelt werden (okay, man kann Nieten einfach draußen lassen oder weiße Murmeln wieder in den Vorrat packen – aber ganz sicher ist kein System). Optionen Konzentration Wenn ein Zauberer sich auf eine Situation einstellen, das heißt einen Zauber vorbereiten, kann, dann sollte es einfacher sein, diesen Spruch zu sprechen. Die Energiekosten aber sollten identisch bleiben. Das kann Feinheiten Durch größere Vorräte können mächtigere Zauberer dargestellt werden. So könnte ein unerfahrener Zauberschüler nur 10 weiße Murmeln und zwei Nieten haben, ein Erzmagier hingegen 30 weiße Murmeln und drei Nieten. Auch können unterschiedliche Arten von Zauberern abgebildet werden, indem man das Verhältnis von weißen und schwarzen Murmeln ändert. Und zudem können für verschiedene Magiearten unterschiedliche Zauberformeln festgelegt werden (also wie viele Murmeln gezogen werden müssen). Lesen & Spielen ANDUIN 95 ZAUBEREI MIT MURMELN man damit darstellen, dass der Zauberer einen Spruch benennt und gezielt eine weiße Murmel vorab aus dem Vorrat heraussucht. Wenn er nun den Zauber tatsächlich sprechen möchte, dann hat er ja bereits eine weiße Murmel, wodurch die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg steigt. Sollter er aber den Spruch nicht sprechen bzw. stattdessen einen anderen zaubern wollen, so verliert er die weiße Murmel als Kosten für die Vorbereitung. Man sollte eine Zeitspanne definieren, die verstreichen muss, bevor man den Zauber nach der Vorbereitung sprechen darf. Mein Vorschlag ist hier eine Minute. Rüstung Oft dürfen Zauberer laut Regelsystem keine Rüstung tragen, ohne dass dies wirklich begründet wird. Stattdessen könnte man die Regel einführen, dass je nach Rüstungsstärke zusätzliche Nieten in den Vorrat gelangen – also die Chance auf einen Fehlschlag durch die Rüstung erhöht wird. Macht Theoretisch kann jeder Zauberer – egal ob Lehrling oder Meister – jeden gelernten Zauber sprechen, unabhängig davon wie mächtig er ist. Einzige Bedingung: der Zauberer muss mindestens so viele weiße Murmeln im Vorrat haben wie der Zauber weiße Murmeln benötigt. Auch ein Lehrling kann, wenn er den Zauber gehört, gelesen oder wirklich gelernt hat, versuchen einen Dämonen zu beschwören. Wie groß die Wahrscheinlichkeit für ein Gelingen ist, das steht auf einem anderen Blatt. Weitere Farben Wer mag kann dieses System mit weiteren Farben ergänzen, sollte aber darauf bedacht sein, die Komplexität nicht zu sehr nach oben zu schrauben. In unseren Probespielen hat sich zum Beispiel der Einsatz von roten Murmeln bewährt. Jeder Zauberer bekommt mit seinem Startvorrat eine rote Murmel, dafür aber keine schwarze. Die rote Murmel stellt immer einen Fehlschlag dar, sobald sie gezogen wird. Sie kann nicht durch Vorteile (siehe unten) ignoriert oder aus dem Vorrat entfernt werden. Eine andere Möglichkeit ist eine blaue Murmel, die man sich als Vorteil von seinen Erfahrungspunkten kaufen kann. Sie kann aber nur gekauft werden, wenn im eigenen Vorrat im Ruhezustand mindestens 20 weiße Murmeln enthalten sind. Die blaue Murmel gilt als Joker, das heißt wenn sie gezogen wird, dann ist der Zauber automatisch gelungen und es müssen keine weiteren Murmeln Lesen & Spielen gezogen werden. Die blaue Murmel kommt aus dem Vorrat. Ruhe Der Murmelvorrat wird durch ein bestimmtes Ereignis wieder auf den Ausgangszustand mit allen Murmeln zurückgesetzt. Meist ist dieses Ereignis eine Nacht voll Schlaf – es könnten auch andere Dinge sein wie ein Ritual oder eine definierte Zeitspanne. Erfahrung Überhaupt bringt mich das zum Thema Steigerung und Erfahrungspunkte. Damit nicht jeder Magier immer gleich rumläuft, benötigen wir Regeln zur Steigerung der Fähigkeiten, die auch tatsächliche Individualisierung zulassen. Energievorrat Beginnen wir mal mit den Murmeln an sich. Damit das Verhältnis immer identisch bleibt wird bei jeder Steigerung ein Paket von fünf weißen und einer schwarzen Murmel gekauft. Als Startvorrat würde ich 5:1 oder 10:1 ansetzen – je nachdem wie schwer man es in dem Setting haben soll. Jede Steigerung sollte etwas teurer werden als die vorhergehende. Beispielsweise könnten die ersten zwei Steigerungen je einen Erfahrungspunkt kosten und die nächsten zwei dann jeweils zwei Erfahrungspunkte, und so weiter. Zauberkenntnis Je nach Höhe der ausgegebenen Erfahrungspunkte kann der Zauberer zusätzliche Zauber lernen. Wie hoch die Kosten genau sind, das hängt vom Setting ab. Die Kosten sollten jedenfalls so angesetzt werden, dass der Zauberer tatsächlich darüber nachdenkt, ob es nun mehr Sinn macht, weitere Sprüche zu lernen, oder sich lieber in einem anderen Gebiet zu verbessern. Perfektion Um das Verhältnis von weißen zu schwarzen Murmeln zu verändern müssen schwarze Murmeln weggekauft werden. Dabei ist zu beachten, dass immer mindestens eine Niete im Vorrat verbleiben muss. Und auch hier sollte es immer teurer werden, die Nieten loszuwerden. Die erste Niete kostet drei Erfahrungspunkte, die nächste fünf, dann sieben, usw. Schnelligkeit Ein Magier mit Schnelligkeit kann zwei oder mehr Murmeln gleichzeitig ziehen, je nachdem wie hoch er den Vorteil bereits gesteigert hat. Jede Steigerung kostet zwei Erfahrungspunkte. Rituale Manchmal müssen mehrere Zauberer zusammenarbeiten, um gemeinsam ein Ritual zu vollenden. Für diese Gelegenheiten gibt es den Vorteil „Ritualmagie". Für jeden Punkt (kostet jeweils so viele Erfahrungspunkte wie der zu kaufende Rang) kann der Zauberer eine gezogene Niete ignorieren, wenn er das Ritual leitet. Natürlich kann es nur einen Leiter geben. Reihum zieht dann jeder beteiligte Zauberer je eine Murmel (auch wenn er Schnelligkeit haben sollte) und legt sie auf den gemeinsamen Ergebnishaufen. Wenn eine bestimmte Anzahl an weißen Murmeln zusammengekommen ist, ohne dass eine Niete auftauchte, die nicht ignoriert werden konnte, dann ist das Ritual erfolgreich (z.B. 20 Murmeln für ein normales Ritual). Erhöhte Konzentration Während die einfache Konzentration (siehe oben) wahrscheinlich jeder Zauberer beherrschen wird, sind nur einige Zauberer in der Lage, sich ganz mit der Magie in Einklang zu bringen. Diese Magier können zwei, drei oder sogar vier weiße Murmeln vorab aus dem Vorrat sammeln, wenn sie ausreichend Zeit haben, sich auf den Zauber vorzubereiten. Dies könnte zum Beispiel eine Minute pro angesammelter weißer Murmel sein. Stets sollte der Zauberer aber mindestens eine Murmel noch blind aus dem Vorrat ziehen müssen. Da ein Zauberer mit erhöhter Konzentration viel Zeit investieren musste, um diese zu meistern, wird er weniger Zeit in das Erlernen von vielen Zaubersprüchen gesteckt haben. Oder anders gesagt, werden viele Erfahrungspunkte in „Erhöhte Konzentration" geflossen sein, die beim Steigern der Anzahl der Zaubersprüche fehlen. Auf diese Art bekommt man unterschiedliche Arten von Zauberern – auf der einen Seite die universellen Unsicheren und auf auf der anderen Seite die spezialisierten Perfektionisten. Sicherheit Dieser Vorteil wirkt so ähnlich wie „Erhöhte Konzentration". Für jeden Punkt „Sicherheit" muss der Zauberer eine zusätzliche Murmel pro Zauber aus dem Vorrat nehmen, darf dafür aber auch pro extra gezogene Murmel eine Niete ignorieren. Dadurch wird zwar der Vorrat schneller zur Neige gehen, aber wenigstens hat der Zauberer eine höhere Aussicht auf Erfolg. Seite 95 ANDUIN 95 RITTER UND MAGIER Ritter und Magier TEXT UND ILLUSTRATION: MATTHIAS BUYKEN DER SETINDEX Seite 96 Kurzgeschichten & Comics ANDUIN 95 KURZGESCHICHTEN Die Legende des Heiligen Glenn Grant TEXT: JOACHIM A. HAGEN Glenn Grant war ein Wanderprediger und Mann der einfachen Leute, der nach seinem Tode heilig gesprochen wurde. Grant stammte aus einfachen Verhältnissen und blieb Zeit seines Lebens auch als Priester der einfachen Lebensweise treu. Er liebte kräftiges Essen, Gesang sowie einen guten Schluck, und stellte immer wieder bei diesen Tätigkeiten seine enorme Ausdauer unter Beweis. Glenn Grants Weg führte ihn fast ausschließlich in abgelegene Dörfer und Weiler, die über kein eigenes Gotteshaus verfügten, allenfalls über eine Kapelle. Dort segnete er die Toten aus, taufte die Neugeborenen, schloss Ehen, nahm die Beichte ab und predigte das Wort Gottes. Oft kam er in einer Ortschaft nicht über die erste Wirtschaft hinaus und vereinte das Angenehme mit dem Nützlichen: Seine “Schankstubenpredigten” waren bald so berühmt, dass bei Glenn Grants Ankunft bereits eine brechend volle Kneipe auf ihn wartete. Ebenso erdverbunden waren auch Grants Bußen, die er bei der Beichte auferlegte. Statt Vaterunser und Ave Maria verteilte er kräftige Backpfeifen, Kopfnüsse und Tritte in das Gesäß. Einmal nahm er in Schnapslaune so viel Anlauf, dass sein Tritt den armen Sünder durch die Tür bis auf die nächste Straßenseite beförderte. Der arme Mann konnte danach eine Woche lang nicht richtig sitzen, aber seine Sünden waren ihm vergeben. Eine Geschichte, die sich um Glenn Grant rankt, besagt Folgendes: Der Heilige reiste auf seinem Weg ins nächste Dorf einst durch einen Wald, den Räuber unsicher machten. Der Priester hatte sich vor seiner Abreise noch ausgiebig mit Kohleintopf und Bier gestärkt und verfiel in einen seligen Schlummer, während sein Pferd – andere Versionen sprechen von einem Esel oder Maultier – selbstständig weiter trottete. Als die Räuber nun über Glenn Grant herfallen wollten, ließ dieser im Schlafe derart deftige und übel riechende Blähungen ab, dass die Wegelagerer das Weite suchten. Immer noch dösend kam Glenn Grant am Ziel seiner Reise an. Dort schlug man die Hände über dem Kopf zusam- men, als man von seinem Wege durch den Räuberwald erfuhr. Grant aber lächelte und meinte: „Gott muss seine Hand wohl schützend über mich gehalten haben.” Über das Ableben des Heiligen Glenn Grant existieren verschiedene Versionen. Die Einen meinen, er habe sich mit einem Furz selbst in die Luft gesprengt, als er zu nah am Herdfeuer lagerte. Andere behaupten, er sei auf einem Bierfaß direkt in den Himmel hinein geritten. Und wiederum Andere sagen, er habe sich geweigert, ins Jenseits einzugehen, und ziehe immer noch seine Runden durch die Lande. In den Dörfern, die er einst besuchte, gibt es einmal im Jahr eine Glenn-GrantNacht. Bei Einbruch der Dunkelheit stellen die Dörfler ein Gefäß mit Wein, Bier oder Schnaps vor die Tür oder auf die Fensterbank, damit der Heilige sich bei seiner Durchreise stärken möge. Und tatsächlich sind am nächsten Morgen alle Gefäße leer. So lebt Glenn Grant bis heute in der Erinnerung der einfachen Leute fort. Die Dame des Frostes TEXT: JOACHIM A. HAGEN Einst lebte in einer Stadt eine Frau, deren Schönheit weithin gerühmt ward. Ihre Haut war so zart und hell wie der sanfte Silberschein des Mondes in einer Vollmondnacht, und ihre Augen waren blau wie ein wolkenloser Himmel. Doch ihr Herz war kalt wie Eis. Viele, allzu viele Männer verloren ihr Herz an sie und versuchten, ihr zu gefallen mit Sonetten, Liedern, Kunstwerken und närrischen oder heldenhaften Taten. Doch niemand vermochte ihre Gunst zu erringen: Lächelnd schritt sie über die Scherben der Leben, die Kurzgeschichten & Comics sie zerstört hatte, und trat auf die Männer, die sich ihr zu Füßen warfen. So groß war ihr Hochmut. Doch Gott, dessen Auge nichts verborgen bleibt, strafte sie für ihre Hoffart. Er verbannte sie auf den höchsten Berg, die Eisspitze, wo der ewige Frost regiert. Dort sollte sie bleiben, bis ihr Herz das Fühlen gelernt hatte. Aus ihren schönen Augen fielen bittere Tränen, doch sie trauerte nur um sich selbst, und so vermochte sie nur Eis zu weinen. Aus ihren frostigen Tränen entstand ein Schloss aus Eis, in dem sie seitdem ruhelos umherirrt. Wanderer berichten davon, sie in mondhellen Nächten auf den kalten Zinnen ihres Schlosses gesehen haben zu wollen, eine kalte, einsame Gestalt im Dunkel der Nacht. Doch wehe demjenigen, der ihrem Zauber verfällt und ihr Schloss betritt, denn ihr Frost wird ihm die Wärme des Lebens aus den Knochen saugen. Einst verfiel ein Fremder, der über das Gebirge kam, ihrer geheimnisvollen Schönheit und betrat die Hallen ihres Schlosses. Seite 97 ANDUIN 95 KURZGESCHICHTEN Er war Waffenschmied, und für sie fertigte er sein Meisterstück: eine Klinge aus reinem Eis, Frostbiss genannt, mit mächtigen Runen verziert. Das Eis stammte aus dem Herz eines Gletschers und war so kalt, dass es ständig von einer Schicht feinen Nebels umgeben ward. Doch er fand keine Gnade in ihren Augen. Eine Handelskarawane entdeckte ihn halb vergraben in einer Schneewehe. Seine Augen starrten blicklos gen Himmel, aber es war noch Leben in ihm. Man brachte ihn in die nächste Herberge und schickte nach ei- nem Heiler. Dort erzählte er im Fieberwahn seine Geschichte, und ungestillte Sehnsucht lag in seiner Stimme, als er von der Dame berichtete und wie sehr er sich nach ihrer Berührung sehne. In dieser Nacht fauchte ein eisiger Wind um die Herberge und rüttelte an den Fensterläden. Schnee verdichtete sich zu einer weißen Mauer um das Haus, und Hagelkörner prasselten wie Steine gegen die Wände. Erst in den frühen Morgenstunden ließ das Wüten des Sturmes nach. Als man am nächsten Morgen das Zimmer des Fremden betrat, fand man sein Fenster offen und ihn, mit einer dicken Eisschicht bedeckt, auf seiner Pritsche liegen. Doch das Grausigste war: Seine Lippen waren zu einem seligen Lächeln verzogen. Dies ist die Geschichte, Reisender. Und falls Ihr den Weg über das Gebirge nehmt und oben auf der Eisspitze ein Schloss zu sehen meint, dann wendet den Blick ab, befehlt Euch Gottes Schutz an und geht weiter, so schnell Euch Eure Füße tragen. Lebt wohl. Heimkehr TEXT: FRIEDERIKE SCHMUTZLER This is for long-forgotten light at the end of the world Horizon crying the tears he left behind long ago — Nightwish: The Islander Die Wellen brandeten an die Klippen, und der Wind blies die salzige Luft landeinwärts. Möwen kreischten über dem Meer, während sie immer wieder ihre Runden drehten, um dann unvermittelt herunter zu stossen in das gischtige Wasser und mit ihrer Beute im Schnabel in ihre Felsennester zurückzukehren. Keine von ihnen beachtete den alten Mann, der schon den ganzen Morgen auf einem Stein saß und gedankenverloren in die Ferne sah, denn sie wussten, ohne sein Boot war ein Fischer keine Konkurrenz für sie. Der alte Fischer seinerseits hatte kein Interesse an den Möwen und ihrem Tun. Er war mit seinen Gedanken beschäftigt, die ihm keine Ruhe ließen. Schon seit Tagen fand er keinen Schlaf mehr, merkwürdige Träume quälten ihn des Nachts und liessen ihn am Morgen müde und erschöpft aufwachen. Er war bei der Dorfheilerin gewesen, doch diese hatte ihn nur argwöhnisch angeblickt wie es alle Bewohner des Dorfes taten, auch nach dieser langen Zeit, und ihm geraten, am Abend ein wenig Milch zu trinken mit einer Kräutermischung, die sie ihm für einen viel zu hohen Preis verkauft hatte. Aber er war nun mal keiner der ihren, und Seite 98 das spürte er jeden Tag mehr. Seufzend erhob der alte Mann sich nun von seinem harten Sitz und richtete sich langsam auf, denn seine Knie schmerzten. Das Alter ging an niemandem spurlos vorüber. Noch einmal sah er zu den Möwen hinauf, dann ging er den Hügel hinab in Richtung Dorf. „Wo hast Du nur wieder gesteckt?“ Seine Schwiegertochter erwartete ihn, die Hände in die Hüften gestemmt, in der Tür der Hütte, die er mit der Familie seines Sohnes teilte. Früher war dies sein Haus gewesen, erinnerte er sich, und er hatte hier das Sagen gehabt. Jetzt führte dieses schmallippige Wesen sich auf, als sei sie der König persönlich, und behandelte ihn wie einen ihrer Untertanen. „Du solltest Thrun mit den Netzen helfen,“ geiferte sie weiter, als sie bemerkte, dass er nicht auf ihre Worte reagiert hatte, sondern sie nur ansah. Sie hielt ihn für einen dummen Alten, der seine Zeit gehabt hatte, er war ihr lästig, das wusste er ganz genau. Seufzend schüttelte er den Kopf, was ihm nur ein schnippisches Brummen einbrachte, und ging weiter in Richtung des Anlegers. „He, da bist Du ja!“ Sein Sohn kam freudestrahlend auf ihn zu, und als der Alte in die Augen des jüngeren sah, durchfuhr in ein Stich. Es waren ihre Augen, die ihn da anblickten, ihr Meergrün und ihre Lachfalten, durch die das ganze Gesicht stets freundlich und jung aussah. Jeder hatte sie gemocht und verehrt, und genauso war es bei seinem Sohn. Warum nur hatte dieser wunderbare Mensch diesen Drachen heiraten müssen, der jetzt das Regiment in seinem Haus führte? Doch er würde nichts sagen, wie er schon lange nichts mehr sagte und gute Miene zum bösen Spiel machte. Stattdessen nuschelte er nur etwas von „Bin spazieren gewesen“ und ging dann mit seinem Sohn zu den anderen Fischern, um die Netze auszubessern. Während sein Sohn angeregt mit den anderen Männern scherzte und lachte, verrichtete der Alte seine Arbeit schweigend. Man grüsste ihn, seine Anwesenheit wurde zur Kenntnis genommen, aber das war alles, was er sich erhoffen durfte, seit Jahren, ja, sogar Jahrzehnten. Obwohl er schon so lange unter den Bewohnern dieser Insel lebte, wäre er niemals einer der Ihren. Zu eingeschworen waren die Gemeinschaft und die Bande der Menschen untereinander, als das ein Fremder Zugang zu ihnen gefunden hätte. Er war kein Fischer wie sie gewesen, obwohl er sich alle Mühe gegeben hatte, um sich an sie anzupassen, er hatte eine Frau aus ihrem Dorf geheiratet und mit ihr einen wunderbaren Sohn gezeugt. Und doch wusste er, dass sie hinter seinem Rücken immer noch von ihm als dem „Neuen“ sprachen – nach bald vierzig Jahren. Kurzgeschichten & Comics ANDUIN 95 KURZGESCHICHTEN Vierzig Jahre zuvor Es war ein sonniger Tag in Mydran gewesen, jenem kleinen Fürstentum am Östlichen Meer. Einer jener Tage, an denen die Luft so klar war, dass man meilenweit sehen konnte, weit in die Ferne. Nun wurde es Abend, und die Sonne verschwand langsam am Horizont, ein riesiger glutroter Feuerball, dessen Hitze sich im Meer spiegelte und das Wasser in demselben Farbton erscheinen liess. Auf einem Balkon der unzähligen verzierten Türme des Fürstenschlosses stand ein junger Mann und blickte verträumt in die Ferne. Seit Tagen schon kam er jeden Abend hier herauf, um auf das Meer zu schauen, während die Sonne versank, und die Boote in den Hafen einliefen, und seit Tagen wurde seine Sehnsucht größer. Er wollte nicht mehr auf diesem Balkon stehen und zusehen, er wollte selbst hinausfahren und die Welt hinter dem Horizont kennen lernen. „Mein Sohn?“ Unbemerkt war eine ältere Frau an den jungen Mann herangetreten, sie stellte sich neben ihn und sah eine Weile wortlos mit ihm in die Ferne. Dann wandte sie sich wieder an ihren Sohn. „Du willst es also wirklich wagen?“ fragte sie, doch eigentlich war es keine Frage, sondern vielmehr eine Feststellung. Der junge Mann nickte nur, während seine Augen auf dem Gesicht der Frau ruhten. Sie sprach nicht weiter, sondern nahm nur seine Hände in die ihren und drückte sie fest. „Dann soll es so sein, mein Sohn. Reise hinaus in die Welt, wenn dies dein Begehr ist. Und wenn es ebenso dein Wunsch ist, wieder zurück zu kehren, um dein Erbe anzutreten, dann bist du mir immer willkommen.“ Sie fasste seine Hände fester, denn sie wusste, dass der Prinz niemals zurückkehren würde. Nur zwei Tage später war es soweit, und das Schiff des Prinzen stach in See. Seine Mannschaft waren ihm ausnahmslos treu ergebene Männer, erfahrene Seefahrer auf der einen Seiten und einige der klügsten Köpfe von Mydran auf der anderen. Von einem wolkenlosen azurblauen Himmel lachte die Sonne, und der Wind blies kräftig, aber nicht stark. Es schien, als habe sich die ganze Bevölkerung am Kai versammelt, um das Schiff zu verabschieden. Eine Kapelle spielte, und der Bürgermeister der Stadt hielt eine Ansprache, in der er den Mut und den Forscherdrang des Prinzen lobte. Die Menschen jubelten und feierten, nur die Fürstin sass mit unbewegter Miene auf ihrem Thron auf dem Podest neben den anderen Würdenträgern und sagte Kurzgeschichten & Comics kein Wort während der ganzen Zeremonie. Als das Schiff den Hafen verliess, blähten sich seine blütenweissen Segel im Wind, und der Prinz glaubte, noch nie etwas Schöneres in seinem ganzen Leben gesehen zu haben. Er scherzte mit einem der Wissenschaftler, der die Seevögel beobachten wollte, und besprach sich mit dem Kapitän über die Route. Am Abend lud er in der Offiziersmesse zum Essen und trank viele Male auf das Gelingen der Reise mit den Männern. Anderntags spazierte er über Deck und unterhielt sich mit den anderen Gelehrten und auch den Matrosen, die meistens erstaunt darüber waren, dass ein Adliger sich überhaupt für sie interessierte und so freundlich zu ihnen war, und beobachtete den Himmel und den Horizont durch sein Fernglas. Die Stimmung an Bord war ausgelassen und fröhlich, jeder wurde von dem Optimismus und der Sehnsucht des jungen Mannes angesteckt. Doch nur einen Monat später schien das alles verflogen zu sein. Die Männer kehrten zu ihrer täglichen Routine zurück, und der Prinz wurde von Tag zu Tag stiller und nachdenklicher. Er hatte ein klares Ziel vor Augen, das er erreichen wollte, doch solange er auch forschte und rechnete, er schien diesem Ziel kein bißchen näher zu kommen. Eines Abends kam der Kapitän in die Kajüte des Prinzen. „Herr, ich glaube, die Männer sind unruhig. Sie wollen wissen, wann wir wieder an Land kommen, und wann wir das Ziel unserer Reise erreicht haben,“ sagte er, während er verlegen seinen Dreispitz vor der Brust hielt. Er bemerkte, dass der junge Mann übermüdet war und schon seit Nächten nicht mehr geschlafen haben musste. Er hatte tiefe Ringe unter den Augen, und seine Haut war nicht wie die der anderen Männer von der Sonne gebräunt, sondern kränklich blass. Der Prinz antwortete nicht, sondern dachte über die Worte des Kapitäns nach. Dann schliesslich, nach einer halben Ewigkeit, wie es dem anderen Mann schien, sagte er: „Ihr seid ein guter Mann, und Ihr habt Recht. Gebt mir ein Boot und Vorräte, dann könnt Ihr umkehren.“ Der Ältere wollte etwas erwidern, denn was der Prinz vorhatte, war Selbstmord, vor allen Dingen, wenn man in Dingen der Seefahrt so unerfahren war. Doch der Jüngere schien keine Widerrede zu dulden, und so stand er schon bald an Deck, wo er der Mannschaft erklärte, was er zu tun gedachte. Die Männer waren erstaunt, einige versuchten, den Prinzen aufzuhalten, und an- O FFTO PIC Pericula Subire 03 Im Rahmen unseres Schwestermagazins Pericula Subire haben wir im März 2008 das Liverollenspielszenario Familienangelegenheiten veröffentlicht. 14 bis 20 Spieler und 1 bis 2 Spielleiter treffen sich zur Testamentseröffnung des verstorbenen Horatius Bernstein. Dessen verstrittene Familie, auseinander gerissen von seinen Wutausbrüchen und ständigen Verdächtigungen, hofft nun auf ein ordentliches Erbe. URL: www.pericula-subire.de dere tuschelten hinter vorgehaltener Hand, dass dies ein von vornherein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen war. Dann wurde das Boot zu Wasser gelassen, und der Prinz sah mit Tränen in den Augen, wie das Schiff wendete und sich wieder in Richtung Mydran aufmachte. Aber er hatte seine Entscheidung getroffen, er wollte beenden, was er begonnen hatte. Er hatte nicht mit dem Wellengang gerechnet, mit der erbarmungslosen Sonne, dem ätzenden Salzwasser – und nicht mit dem Sturm, der aus dem Nichts über ihn hereinbrach. Alles hätte er ertragen können, doch gegen diese Naturgewalten war er machtlos, und als eine riesige Welle über dem kleinen Boot hereinbrach, schloss er die Augen in Erwartung seines baldigen Todes. Sein letzter Gedanke galt seinem Ziel, das er nun nie erreichen würde. Als er wieder erwachte, sah er sie. Sie hatte lange blonde Zöpfe und helle meergrüne Augen, ihre schlanken Hände hielten seinen Kopf und flößten ihm ein heisses Getränk ein. Er begriff, dass er überlebt hatte, er war gestrandet in einem kleinen Dorf auf einer Insel. Die Tochter eines der Fischer kümmerte sich liebevoll um ihn, nachdem die Männer ihn nach dem Sturm aus dem Meer gezogen hatten. Dies war nicht sein Ziel gewesen, doch für eine Weile konnte er bleiben. Der Alte warf einen Blick auf seinen Sohn. So lange hatte er nun gewartet. Es war wieder Zeit. Seite 99 ANDUIN 95 Rezensionen Rezensionen VORSTELLUNG UND BEWERTUNG VON SPIELEN, BÜCHERN UND MUSIK Götter und Kulte I. Schulze, www.lorp.de Götter und Kulte heißt das 272seitige, als Hardcover gebundene Standardwerk für die Religion der Vergessenen Reiche zusammengestellt von Eric L. Boyd und Erik Mona. Der einleitende Teil versucht sich mit den grundsätzlichen Problemen des riesigen faerûnschen Pantheons zu beschäftigen. Was passiert mit toten Gottheiten, welche Mächte haben Götter und Avatare und was passiert, wenn sich zwei Pantheons überlappen. Desweiteren gibt es eine Einführung in das Auslesen der Werte, denn jedem mächtigen Gott wurde neben der Beschreibung auch Spielwerte mit auf dem Weg gegeben. Der Göttliche Rang regelt hierbei die Macht, die er besitzt und resultiert aus seinem Einfluß, den er besitzt z.B. in Form seiner Anhänger und Anbetern. Dieser bewegt sich im Rahmen von Null (z.B. Halbgötter) bis hoch zum 20. Rang, welcher theoretisch auch überschritten werden kann. Ao, der Gott, zu dem die Götter beten, wäre so eine Wesenheit. Auch finden sich hier die Fähigkeiten und Eigenschaften, die jeden Gott auszeichnen, z.B. Schadenreduzierung, maximierte Trefferwürfel oder automatische Erfolge. Insgesamt wirken mir die Regeln aber zu unbeholfen (Braucht man mit einem Angriffsbonus von +85 wirklich einen automatischen Erfolg? Beim Kampf gegen normale Wesen ist das de facto ein automatischer Erfolg). Ausführlich wird erklärt, dass die Belohnung in Form von Erfahrungspunkten für eine Begegnung mit einem Gott nicht automatisch seinem Herausforderungsgrad entspricht. Dies ist selbstverständlich nachvollziehbar, da es Charaktere über mehrere Stufen auf einmal hinwegheben würde, würde eine Begegnung so entlohnt werden. Oder man denke nur an klerikale Sprüche, die den Kontakt zu den Göttern ermöglichen. Der Text bietet dann Hilfestellungen, aber keine allgemeingültiSeite 100 gen Richtlinien, wirkt dadurch aber auch etwas unbeholfen. Und bei einem Kampf Gott gegen Gott käme so nicht wirklich Spannung auf… Insgesamt hätte ich mir, wenn man sich schon entscheidet den Göttern Werte zu verpassen, elegantere Regeln gewünscht. Es folgen knapp 170 Seiten über die verschiedenen Götter unterteilt in „wichtige Gottheiten“ und „weitere Gottheiten“. Erstere sind im wesentlichen menschliche Götter, da diese einfach die größte Rasse und damit am meisten Anbeter stellen. Natürlich gibt es z.B. mit Lolth auch Ausnahmen, da diese ja die meisten der Dunkelelfen hinter sich weis. Diese werden jeweils im Durchschnitt auf etwa drei bis vier Seiten aufgestellt, eine Hälfte entfällt auf den Flufftext, die andere auf den Crunch. Gucken wir uns mal ein Beispiel an und picken uns Lathander heraus. Der Fürst des Morgens wird mit seinen wichtigsten Einflußbereichen beschrieben, wer an ihn glaubt und wann seine Kleriker zu ihm beten (und damit neue Kraft, sprich Zauber, schöpfen). Seine Geschichte wird kurz angerissen sowie welche Beziehungen er zu anderen Göttern pflegt. Zuguterletzt folgt ein Kurzabriß der Glaubenslehre und typische Beispiele von Lathander-Priestern und Tempeln. Der Werteteil ist dann sehr umfassend, schließlich kann so ein Gott einiges mehr als ein Orkkrieger Stufe 1. Neben seinen 45 Klassenstufen, 1155 Trefferpunkten, einer RK 79 etc. sind es im wesentlichen natürlich die Sonderfertigkeiten, die das ganze in die Länge ziehen. Auch seine Avatargestalten, bis zu zwanzig gleichzeitig kann er immerhin erschaffen, bekommen Werte verpasst in Form zu Änderungen gegenüber seiner normalen Gestalt. Die „anderen Gottheiten“ werden dann wesentlich kürzer abgehandelt, auf Werte wird hier ganz verzichtet. Im Durchschnitt etwa eine halbe bis zu einer Seite wird auf die Beschreibung verwenden. Dies sind zum einen die weniger mächtigen Götter des menschlichen Pantheons, die Pantheons der anderen Rassen – Halblinge, Elfen, Drow, Zwerge, Gnome und Orks – sowie das mulhorandische Pantheon, welche grob an das ägyptische Pantheon erinnert. Die restlichen Seiten widmen sich den Themen „Heilige Stätten“ und „Verfechter des Glaubens“. Erstere sind besondere Orte des Glaubens, die vollständig und mit Kartenmaterial beschrieben sind und zudem einige Szenariotipps beinhalten. Letztere sind auf Faerûn abgestimmte Prestigeklassen, die mit dem Glauben zu tun haben. Im Anhang finden sich noch die Erklärung neuer Talente, göttlicher Sonderfähigkeiten sowie Übersichtstabellen, z.B. Gottheiten der Monster oder die Domänen der faerûnschen Götter. Gerade der deutsche Leser dürfte erfreut sein, da er die meisten Texte noch nicht kennt. Der englischsprachige Leser hingegen kennt schon große Teile der Originaltexte, die auf den Werken „Faith & Avatars“, „Demihuman Deities“ sowie „Powers & Pantheons“ aus der zweiten Edition basieren. Aber jene wurden nie übersetzt und so ist es doch ein deutlichen Mehrwert gegenüber den Texten aus dem Kampagnenset, die zum Vergleich knapp 35 Seiten umfassen. Zwar erhält man keine so detaillierte Darstellung wie z.B. DSA sie bietet, was Gottesdienst oder den Aufbau oder Hierarchie eines Ordens betrifft. Aber wenn man einen Kleriker oder einen anderen Verfechter des Glaubens spielen möchte, findet man hier reichlich Auswahl und Ansatzpunkte. Ebenso beschränkt sich die Auswahl für Druiden und Waldläuer nicht mehr auf zwei, drei Naturgottheiten, sondern auf eine breite Palette. Ob man Götter Werte geben sollte oder nicht, dies würde endlose Seiten an Diskussion füllen. Wenn man es aber schon macht, dann hätte ich mir eine bessere Form gewünscht. So hat man reichlich Werte für die mächtigsten Götter Faerûns, aber keine für die weniger mächtigen oder Halbgötter. Und wenn es tatsächlich mal zu einer epischen Schlacht zwischen der Spielergruppe und einem Gott kommt, dann vermutlich erstmal mit einem Schwächeren… So hätte man 4 Götter und Kulte Art Quellenband Verlag Feder & Schwert Sprache Deutsch System Dungeons & Dragons SpielweltVergessene Reiche Jahr 2007 Preis ca. 35,- Euro P/L 4 AUF 4 SSP 3 Rezensionen ANDUIN 95 Rezensionen auch beispielhafte Werte für verschiedene göttliche Ränge geben können und eine Wahlmöglichkeit bei den Eigenschaften, die jeweils beherrscht werden. auch nicht ohne das Bild einer besonderen Stadt entstehen zu lassen. Nach dem Kapitel schwirren einem unzählige Ideen und Szenen im Kopf, die man in Sharn umsetzen kann. Der Fluff-Anteil ist für ein Werk der dritten Edition reichlich hoch und bietet zugleich auch genügend Crunch, um für alle interessant zu sein. „Leben in Sharn“ beschreibt dann die Stadt bezirks-, viertel- und distriktweise, zu jedem findet sich ein kurzer Absatz, bei dem zu beachten ist, dass Sharn nicht nur im Zweidimensionalen, sondern in Dreidimensionalen zu unterteilen ist. Während in luftigen Höhen eher die Reichen wohnen, ist der bürgerliche Mittelstand in den mittleren Höhen der Stadt angesiedelt, während die Armen in den Schatten der Türme am Boden oder gar im Untergrund vegetieren, schließlich wurde Sharn auch nur auf Ruinen erbaut. Die kleinste Verwaltungseinheit ist der Distrikt, zu der kurz geschrieben steht, um welche Art es sich handelt (z.B. Wohn- oder Geschäftsdistrikt), welche wichtigen Gebäude zu finden sind sowie welcherBevölkerungsschicht (z.B. Oberschicht) vorherrscht. Sehr hilfreich ist der erste Eindruck, der ggf. auch schnell vorgelesen werden kann. Dann folgen einige Fakten zum Distrikt sowie den erwähnten Gebäuden. Die Viertel fassen dann mehrere Distrikte einer Höhenschicht zusammen und geben Überblick über Bevölkerungszahlen, vorherrschende Schicht, das GM-Limit, Autoritätspersonen und ein allgemeiner Überblick. Die Bezirke, die mehrere Viertel zusammenfassen, werden nur kurz allgemein vorgestellt und zudem werden die Stadtwachen aufgelistet, die dort patrouillieren bzw. stationiert sind. Das sicherlich umfassendste Kapitel des Buchs macht dann Sinn, wenn man es als Nachschlagewerk versteht. Relativ trocken – nur die Kurzbeschreibungen stechen hier raus – werden Fakten aneinander gereiht. Macht sicherlich dann Sinn, wenn man längere Kampagnen in Sharn spielen will. Von der Aufmachung und vom Layout her, bewegt es sich im Rahmen der anderen Publikationen und somit auf gutem Niveau. Hochglanzhardcover mit stimmigen BromBild, im Inneren Hochglanzpapier im Stile von altem Papier, welches am Rande vergilöbt und reichlich farbigen Illustrationen von weit über zwanzig Künstlern. Zwar vermisse ich den Charme alter Schwarzweißzeiten, aber der neue Stil ist auch nicht ohne. Fazit Für Kleriker, Paladine etc. sowie Spielleiter, die möglichst viel über den Hintergrund der Vergessenen Reiche wissen wollen, ein sehr gutes Buch. Crunch und Fluff stehen in guter Waage zueinander, nur die Werte für Götter sind in dieser Form nicht geglückt. Sharn: Stadt der Türme I. Schulze, www.lorp.de Mit dem Quellenbuch Sharn: Stadt der Türme gibt es nun endlich Material zu vielleicht der wichtigsten Stadt für Abenteurer und Helden auf ganz Khorvaire. Die Stadt wäre dabei ein Traum für heutige Ingenieure, wächst sie doch in die Höhe und nicht in die Breite. Herausragend ist dabei gleich das erste der insgesamt acht Kapitel, welche auf insgesamt 221 Seiten präsentiert werden: „Eine kurze Stadtführung“. Auf etwa einem Sechstel der Seiten bietet es nicht nur eine allgemeine Einführung in Sharn, sondern verdeutlicht gut die bunte und vielfarbige Welt Sharns. Hier werden kunterbunt alle Themen abgehandelt, die im Leben eines Abenteurers eine Rolle spielen könnten, entweder weil er diese Örtlichkeit aufsucht oder weil sich darum ein Abenteuer bauen läßt. Antiquitäten, Geschäftseröffnungen, Kommunikation, Gesellschaften, Kriminalität, Speis & Trank und und und. Kurz und bündig wird ein Blick auf den jeweiligen Teilbereich geworfen, ohne sich zu sehr in Details zu verstricken, aber Rezensionen „Machtgruppen und Politik“ beschäftigt sich mit der Regierungsform Sharns, den Einfluß der Drachenmalhäuser und die Vertretungen anderer Nationen. „Recht und Ordnung“ hat die Gesetze der Stadt im Blick und natürlich auch die Strafen, die den potentiellen Übeltäter erwarten, wenn man sich nicht an sie hält. Hervorzuheben ist hier der Abschnitt „Das Gesetz im Spiel nutzen“, welches aufzeigt, wie man das Kapitel geschickt nutzen kann, ohne es zu übertreiben. „Gilden und Organisationen“ stellt Gruppierungen vor, die den Helden nützlich sein könnte, oder als NSC-Auftraggeber oder –Konterparts Verwendung finden könnten. Nach soviel Fluff darf auch der Crunch nicht fehlen: „Helden und Magie“ stellt neue Sharn-spezifische Talente vor, Ausrüstung, Drogen und ihre Wirkung, Prestigeklassen sowie neue Zauber und magische Gegenstän- de. Bei „Monster und Begegnungen“ gibt es weitere Gruppierungen, die im wesentlichen als Gegner der SC auftreten könnten sowie natürlich einige spezifische Monster, deren Werte und Verhalten. Das abschließende Kapitel „Eine Kampagne in Sharn“ gibt handfeste Tipps zum Gestalten einer ortsfesten Kampagne, die versuchen, Probleme schon im Vorfeld zu beleuchten. Vom Layout schließt sich der Band dem Kampagnenwelt-Buch an. Im Inneren farbige Tuschgrafiken, nicht zu farbig gehalten, die teilweise die Imposanz der Stadt einzufangen vermögen. Karten geben einen guten Überblick, wo in etwa was ist, ohne sich in Details zu verlieren. Sachdaten oder Charakterwerte sind in Kästchen rausgehoben präsentiert. Der Anteil von Stimmungstexten (Fluff) zu Regelergänzungen (Crunch) ist in dem Werk ausgewogen, nur die an ein Lexikon oder nüchternen Stadtführer erinnernden Stadtteilbeschreibungen könnten lockerer geschrieben sein. Besonders gefällig ist das erste Kapitel, nachdem man unzählige Ideen für seine Eberronkampagne haben dürfte. Fazit Endlich wieder ein Hardcoverwerk fürs deutschsprachige Eberron und eins, welches sowohl Crunch- als auch Flufffreunden gefallen sollte. Wer das Eberron Kampagnenset hat und regelmäßig spielt, wird um Sharn Wertung Karten-, Brett- und Rollenspiele bewerten wir in den drei Kategorien Preis/Leistung (P/L), Aufmachung (AUF) und Spielspaß (SSP). Aus diesen Einzelnoten ergibt sich eine Gesamtwertung, die neben dem Titel des Spiels im Kasten angezeigt wird. Die Wertungsskala reicht von einem Punkt (sehr schlecht) bis sechs Punkte (genial). Auf unserer Homepage findet Ihr eine Datenbank mit vielen Rezensionen zu Brett- und Kartenspielen. SHARN: STADT DER TÜRME Art Quellenband Verlag Feder & Schwert Sprache Deutsch System Dungeons & Dragons SpielweltEberron Jahr 2007 Preis ca. 35,- Euro 4 P/L 4 AUF 4 SSP 4 Seite 101 ANDUIN 95 nicht herum kommen, alle anderen bekommen keine neuen Aspekte von Eberron vermittelt, die sie nun zum Kauf verleiten sollten. Kurzum, ein grundsolides Quellenbuch. Spieler-Handbuch Eberron I. Schulze, www.lorp.de Auf 206 Seiten folgt das nächste Eberron-Hardcover-Quellenbuch nach Sharn: Stadt der Türme. Mit dem Spieler-Handbuch Eberron gibt es nun eine Art enzyklopädisches Werk zu den wichtigsten Punkten der Spielwelt. Die ersten zwölf Seiten sind dabei elf Charakterkonzepten gewidmet, z.B. Chronisten, Detektiven oder Straßenkindern. Es sind wirklich reine Spielkonzepte ohne regeltechnische Spielwerte, die dabei helfen sollen seine Rolle und seinen Charakter auszugestalten. So werden Tipps zu den Gründen für`s Abenteuerleben gegeben, mögliche Persönlichkeiten aufgezeigt, typische Verhaltens- und Sprechweisen vorgeschlagen und zuguterletzt mögliche Varianten vorgestellt. Insgesamt ist dieser Teil gut gelungen, gerade für Neulinge geeignet und diejenigen, die in D&D reines Hack & Slay sehen, bekommen mal etwas anderes zur Hand. Damit endet dann aber schon der reine Spielerteil und in Stichpunkten werden Elemente der Welt vorgestellt, manche nützlicher für Spieler, manche eher für den Spielleiter. Zum Stichpunkt Abenteurerleben gibt es einen kleinen Ausflug in typische Dungeons Eberrons: zerfallende Ruinen aus dem Dämonenzeitalter, überdimensionale Überreste aus dem Zeitalter der Riesen, junge Ruinen aus dem Zeitalter der Monster oder Bauwerke aus dem Letzten Krieg. Eine Tabelle mit verschiedenen Wissensfertigkeiten und Schwierigkeitsgraden regelt dabei, was der Charakter wissen könnte. Zweites großes Thema sind epische Charakter, sprich Helden über der 20. Stufe und wie man mit ihnen Kampagnen gestaltet. Der Block „Was weiß ihr Charakter?“ ist zu jedem Unterpunkt des Buches angelegt, so dass man schnell auswürfeln kann, wie der jeweilige Wissensstand ist. Andere Stichpunkte sind Orte wie Aerenal, Droaam, die Dämonenöde, Xen’drik, die Fürstentümer von Lhazaar oder Frostdach Seite 102 Rezensionen und Immereis. Diese Kapitel beschreiben kurz und oberflächlich, was man als typischer Abenteurer schon einmal über diese Gegenden gehört haben könnte. Vom Nordkontinent Frostdach kehrte beispielsweise nur eine Expedition zurück, die davon berichten konnte – allerdings will Fürst Boroman ir’Dayne bald eine Zweite unternehmen. Es gibt also immer Material für den Spieler (mein Charakter weiß dies und jenes, zum anderen, vielleicht war er ja gar Teilnehmer der ersten Expedition), andererseits werden dem Spielleiter Plothooks, also Abenteuerideen, an die Hand gegeben, die er als nächsten Kampagnenaufhänger nutzen kann – hier die zweite Expedition. Eine weitere Gruppe von Punkten beschäftigt sich mit den Spielerrassen: von Menschen über Elfen und Gnome bis hin zu den eberronspezifischen Wandlern, Wechselbälgern und Kriegsgeschmiedeten bekommt jede Rasse einen Eintrag. Dort findet sich allerlei über typische Lebensgebiete, Kultur, Merkmale, Stereotypen. Die meisten bekommen auch ein neues Talent, der Schwerpunkt liegt aber eindeutig auf Hintergrundfluff, was die Einträge locker leicht zum Lesen macht. Über Kriegsgeschmiedete, Konstrukte, die für den Letzten Krieg entworfen wurden, kann man erfahren, dass viele aus ihrer körperlichen Gleichheit mit anderen, baugleichen Konstrukten einen Hang zur Individualisierung haben. Viele verbringen zahlreiche Jahre mit der Suche nach ihrer Persönlichkeit, ihrer Menschlichkeit, so dass sie in dieser Hinsicht an Data aus Star Trek erinnern. Haus Cannith verkaufte sie im Letzten Krieg an jeden, der sie sich leisten konnte, daher einerseits ihre Verbreitung, aber auch ihre Vielfalt. Erst mit dem Friedenspakt der Thronfeste wurden ihnen Rechte als freie Wesen mit eigenem Empfinden eingeräumt, die oft wegen ihrer Macht oder den Geschehnissen des Letzten Krieges im Volk gefürchtet sind. Da mit dem Pakt aber auch die Fertigung des Kriegsgeschmiedeten ein Ende fand, gehören sie auch zu einem aussterbenden Volk, zumindest bis zum nächsten Krieg… Auch häufige oder mächtige NSC-Rassen bekommen ihr Fett weg: Orks, Goblinoide oder Drachen. Bei den Goblinoiden erfährt man z.B. die Geschichte des vor 16.000 Jahren vorherrschenden Imperiums der Hobgoblins und seinem Zerfall, Charakterwissen über Goblins, ein Artfefakt namens Skai Shaarat und wie man einen Goblinoiden als SC nutzen kann. Weitere Stichpunkte hängen mit dem Glauben (z.B. Göttliche Heerschar oder Dunkle Sechs), Zwielichtigen Organisationen, Magie, dem Letzten Krieg, Schöpfungsmythen, Existenzebenen oder einfach Spionage und Intrigen zusammen. Fazit Insgesamt ergibt sich so ein Buch zum nebenbei Lesen, welches nichts enthält, was man unbedingt wissen muss, aber vieles, was man haben kann. Der Schreibstil lässt einen das Buch flüssig lesen und der Umfang der Punkte ist genau richtig, um Hintergrund vermittelt zu bekommen, ohne von Detailreichtum erschlagen zu werden. Genau das richtige Werk für Fluff-Freunde, aber nichts für Leute, die nur Crunch suchen (der kaum vorhanden ist). Das Zauberkompendium I. Schulze, www.lorp.de Im Zauberkompendium finden sich über 1.000 Zaubersprüche aller Grade und aller möglichen Klassen in einem Buch. Dazu natürlich noch die Zauberspruchlisten für die verschiedenen Klassen und zahlreiche neue Domänen für Kleriker. Als Quelle dienten einige der zahlreichen Zusatzbücher, von denen nur einige auf deutsch erschienen sind, andere noch übersetzt werden und wiederum andere wohl gar nicht erst übersetzt werden. Zu den auf deutsch übersetzten Quellen zählen Buch der Abenteurer, Buch des Glaubens, Buch des Arkanen, Buch des Krieges und die Vergessene Reiche-Quellenbücher Magie Faerûns, 4 SPIELER-HANDBUCH EBERRON Art Quellenband Verlag Feder & Schwert Sprache Deutsch System Dungeons & Dragons SpielweltEberron Jahr 2007 Preis ca. 35,- Euro P/L 4 AUF 4 SSP 4 3 DAS ZAUBERKOMPENDIUM Art Quellenband Verlag Feder & Schwert Sprache Deutsch System Dungeons & Dragons SpielweltBasisregeln Jahr 2007 Preis ca. 37,- Euro P/L 4 AUF 3 SSP 3 Rezensionen ANDUIN 95 Rezensionen F l uf f & C r un c h In den Rezensionen tauchen immer mal wieder die Begriffe Fluff und Crunch auf, die ich kurz erläutern möchte. Fluff sind beschreibende Texte, welche die Spielwelt stimmungsvoller machen und diese beschreiben. Das kann in verschiedenen Formen geschehen, z.B. durch farbige Beschreibungen, Kurzgeschichten, oder ähnliches. Crunch sind reine Regeltexte, welche die Spielmechanik erklären ohne Stimmung aufzubauen. Das Unterreich oder dem Spielerhandbuch Faerûn. Interessanter dürften natürlich die noch nicht übersetzten Quellen für Zaubersprüche sein, dies sind: Draconomicon, Libris Mortis – The Book of Undead, Manual of the Planes, Miniatures Handbook, Planar Handbook sowie das Savage Species. Dazu kommen noch dreiundzwanzig Dragon-Artikel und sechzehn Wizard-Homepage-Artikel, die in dieser Form dann auch erstmals übersetzt wurden. So es eine deutschsprachige Quelle gibt, wurde diese angeführt. Die über tausend Zauber sind D&D-typisch beschrieben. Neben Namen, Gebiet (Beschwörung, Nekromantie etc.) und regeltechnischen Details (Klasse, Grad, Komponente, Komponenten, Reichweite etc.) und einer kurzen Wirkungsbeschreibung gibt es einen kurzen Stimmungstext, der eine Möglichkeit aufzeigt, wie man den Zauber im Spiel stimmig einbinden kann. Nützlich sind die Zauber letztlich natürlich nur für Spieler von Magie anwendenen Klassen, ebenso wie für Meister, die NSC’s nicht nur mit den acht Standardzaubern rumlaufen lassen, oder die zu findenden Schätze mit unbekannten Schriftrollen ausstatten wollen. Sicherlich ist nicht jeder Zauber sinnvoll für jeden, aber für Magier bietet sich so z. B. die Möglichkeit, sich auf bestimmte Elemente zu konzentrieren oder seinen Zaubern anderweitig einen gemeinsames Thema zu geben. Die Zauberlisten für die Grundklassen bieten einen schnellen Überblick über die Zauber samt Kurzbeschreibung, insbesondere für Druiden und Kleriker, die theoretisch – sofern der Spielleiter einverstanden ist (oder die angebetete Gottheit…) – alle Sprüche bei nächster Gelegenheit erbeten könnten. Die zusätzlichen Domänen für Kleriker schaffen ebenfalls neue Möglichkeiten bei der Charaktererschaffung; und für bestehende Charaktere gibt es ja noch das ein oder anRezensionen dere Talent, für die weitere Domänen interessant sind. Das Zauberkompendium ist also nahezu reiner Crunch (also hier speziell Zauber satt) und kein Fluff (stimmige Hintergrundtexte) von den erwähnten Flavourtexten abgesehen. Insofern muss man den Stil schon mögen, andererseits ist ein Zauberkompendium nahezu der letzte Ort, wo man bei D&D stimmige Hintergrundtexte erwartet oder sucht. Die Aufmachung ist gelungen im typischen Stil der neuen Editionen. 285 vollfarbige Seiten, alle zwei bis acht Seiten eine farbige Illustration guter Qualität und ein Hardcover als Buch mit (fiktiven) Beschlägen und einem Lederverschluß zum Preis von knapp 37 Euro aufgemacht. Fazit Mit dem Zauberkompendium bekommt man genau das, was man erwartet. Spieler, die gern viele Sprüche abseits von Feuerball und Wunden heilen ausprobieren, werden hier schnell fündig ebenso wie Spielleiter, die mal andere Sprüche in ihre Kampagne einbauen wollen. Gerade die deutschsprachige Version hat zudem noch den Vorteil, dass viele der Sprüche tatsächlich noch nicht anderweitig publiziert wurden. Drachenreiter T. Heinig Das Spiel Drachenreiter von Amigo Spiele ist ein Wettrennen von Magiern auf Drachen. Der Spielplan ist dabei in quadratische Kacheln unterteilt, die beliebig zusammengesetzt werden können und dann einen Rundkurs oder eine Rennstrecke bilden. Die Drachen werden durch Plastikfiguren dargestellt, die mit Hilfe von Wegschablonen bewegt werden. Die Magier auf den Drachenrücken können Zaubersprüche wirken und damit die Gegner behindern. Wer nach als erstes im Ziel ankommt hat gewonnen. Vor dem Start wird die Startreihenfolge durch Karten bestimmt. Je weiter hinten ein Drache starten muss, desto mehr magische Energie und Zaubersprüche bekommt sein Magier als Ausgleich um ein faires Rennen zu gewährleisten. Zudem ist auf jeder Startkarte die Anfangsgeschwindigkeit des Drachen in DS (Drachenstärken) angegeben. Diese Geschwindigkeit geht von 100 DS bis 700 DS und für jede Stufe liegt dem Spiel eine stabile Schablone bei, die an der Basis der Drachenfigur angelegt wird. Dadurch dass die Schablonen unterschiedlich lang sind (Geschwindigkeit) und jeweils nur einen eingeschränkten Aktionsradius erlauben (Wendigkeit) ergibt sich automatisch die mögliche Flugbahn für jede Geschwindigkeitsstufe. Natürlich erlauben die Schablonen nur noch sehr geringe Kursänderungen je höher die Geschwindigkeit steigt. Die Drachen können um 300 DS beschleunigen oder abbremsen, jedoch darf die entsprechende Schablone erst genommen werden, wenn man sich für die Geschwindigkeit in der jeweiligen Runde entschieden hat. So kann es passieren, dass man sich leicht verschätzt und in die Bande fliegt oder sogar gänzlich den Kurs verlässt. Solche Flugpatzer werden mit einem sofortigen Stop bestraft. Zudem kann man in andere Drachen fliegen, was zwar auch ein plötzliches Abbremsen zur Folge hat, aber immerhin landet man vor dem anderen Drachen. Und das ist wichtig, weil die Spielerreihenfolge in jeder Runde dadurch bestimmt wird, wer am weitesten vorne auf dem Kurs liegt. Auf dem Kurs verteilt liegen Energie- und Kartenfelder, die bei Überfliegen bzw. darauf zum Stehen kommen magische Energie oder Zauberspruchkarten bringen. Diese Zaubersprüche kann man in seiner Runde benutzen um andere Drachen zu schwächen, langsamer werden zu lassen oder den eigenen Drachen stark abzubremsen oder zu beschleunigen. Der Einsatz von Zaubern kostet ebenso wie Flugpatzer magische Energie. Sollte einem Drachen diese Energie ausgehen, so muss er geschwächt weiterfliegen, was seine Höchstgeschwindigkeit drastisch reduziert und ihn in Gefahr bringt, ganz aus dem Rennen auszuscheiden. Leider wird das an sich interessante Spielprinzip durch ein paar Designfehler nahezu gänzlich kaputt gemacht. So sind die Drachenfiguren zu filigran mit weit ausladenden Flügeln. So verhaken sie sich oft und lassen viele Manöver nicht zu, die man gerne ausprobieren würde. Da die Figuren auch relativ leicht sind, verschiebt man schnell andere Drachen, was deren Spieler nicht so toll fin- DRACHENREITER 2 Art Brettspiel P/L Verlag Amigo Spiele Sprache Deutsch AUF Dauer ab 1 Stunde Spieler 2 – 6 Spieler ab 10 Jahre Jahr 2005 SSP Preis ca. 20,- Euro 4 3 2 Seite 103 ANDUIN 95 den. Gerade mit jüngeren Spielern, die dank der Harry-Potter-Welle Gefallen an dem Spiel finden könnten, wird das Spiel so zur Höllentour, da dauernd Streitereien um versehentlich bewegte Drachen aufkommt. Zudem glänzt der Spielplan durch Hässlichkeit. Die Streckenführung passt nicht so recht ins Bild und die Landschaften auf den Kacheln lassen den Plan… nun ja… gekachelt wirken. Nicht aus einem Guss, und das obwohl die Landschaften keinen Spielsinn haben und nur verwirrend wirken. Das letzte und vielleicht größte Problem mit den „Drachenreitern“ ist, dass in allen unseren Testspielen der Spieler gewinnen konnte, der sich frühzeitig ein Stück vom restlichen Feld abgesetzt hat. Während man im Feld dauernd ineinanderfliegt und sich gegenseitig behindert und den Führenden nur mit viel Glück und der richtigen Zauberkarte aufhalten kann, braucht der Führende nur ohne großes Risiko dahinzufliegen. Fazit Egal in welcher Runde, stets wurden die Figuren und deren Gewicht bemängelt. Auch der Spielplan bekam fast immer das Prädikat „hässlich“. Dabei wäre das Spiel ganz nett, wenn man einen schöneren Plan und passendere Figuren hätte. Und wenn man mit einer Hausregel dafür sorgt, dass es keinen einsamen Führenden geben kann. Moment mal, gibt es so etwas nicht schon? Ja, da gab es mal das Spiel Blood Race, das richtig Spaß machen kann und diese Fehler nicht hat (das allerdings vom Thema her nicht so sehr für Kinder geeignet ist). Oder das Spiel Formular Dé, das zwar mit gänzlichen anderem Regelsystem ein Wettrennen simuliert, das dafür aber richtig gut. Twilight Imperium T. Heinig Die Firmengeschichte von Fantasy Flight Games begann mit einem Brettspiel um epische Raumschlachten und intergalaktische Diplomatie – Twilight Imperium. Bekannt geworden ist der Verlag aber inzwischen eher durch die Warcraft-Spiele, A Game of Thrones und das Cthulhu Sammelkartenspiel. Dennoch scheint das Herzblut von Firmengründer Petersen an Twilight Imperium Seite 104 Rezensionen zu hängen. Neben dem Brettspiel, das nun in der ultimativen 3. Edition erschienen ist (doch dazu gleich mehr), erscheint das Thema auch in dem sehr guten Kartenspiel Mag Blast (zumindest in dessen ersten beiden Editionen) und in einer eigenen (schlechten) Rollenspielserie. Schon vor dem Kauf (außer man erwirbt das Spiel im Imternet) erleidet man zwei Schocks hintereinander: den ersten (positiven) beim Anblick der gigantischen Spielschachtel, die doppelt so breit ist wie beispielsweise die Siedler von Catan und deutlich höher. Auch das Gewicht kündet Großes an. Leider auch der Preis (womit wir beim zweiten (negativen) Schock wären), denn der liegt je nach Bezugsquelle zwischen 60,- Euro (Onlineversand) und 100,- Euro (eBay). Bevor wir zum Spiel an sich kommen ein paar Worte zu den Unterschieden zu früheren Editionen des Spiels. Bisher war der Spielablauf streng in Runden und diese wiederum in Phasen eingeteilt. Jede Runde wurden alle spielrelevanten Teile (Diplomatie, Schiffsbau, Bewegung, Kampf, Ressourcen, Forschung) nacheinander abgehandelt. Dies hat man zugunsten des einigen Lesern aus dem genialen Puerto Rico bekannten „Berufesystem“ geändert. Es existieren nun acht kurzfristige Strategien, die vor der Runde unter den Spielern verteilt werden. Diese Strategien entscheiden darüber, ob es zu Schiffsbau, Forschung, Handel, Politik und so weiter kommt und sie vergeben Vorteile in diesem Bereich an den Spieler, der die Strategie gewählt hat. Dies macht das Spiel wesentlich dynamischer und strategischer. Zum anderen wurden Missionskarten eingeführt, deren Erfüllung Siegpunkte bringen. In Kombination mit einer Strategie, welche „nur“ Siegpunkte – aber keine weiteren Vorteile – bringt, hat das Spiel damit ein absehbares Ende, das nicht mehr unbedingt auf die Auslöschung aller Mitspieler hinauslaufen muss. Dritte große Änderung ist die Präsentation des Spieles, die endgültig den Pappcounter-Charme der früheren Editionen hinter sich gelassen hat und schlicht extrem gelungen ist. Von den großen und detailierten Plastikfiguren über die ebenfalls vergrößerten Kartenteile bis hin zu sämtlichen Spielkarten wirkt das Spiel gelungen und sehr schön. Vier bis sechs Spieler übernehmen je eine der zehn Rassen in Twilight Imperium um gegeneinander um die Herrschaft zu kämpfen. Dabei reicht die Palette vom Händlervolk der Hacan über die Borg-Brüder L1Z1X bis hin zur kriegerischen Baronie Letnev. Jedes Volk hat seine eigenen Vor- und Nachteile, die auf den ersten Blick stellenweise unbalanciert wirken. Im Spiel hat sich bisher aber noch kein deutlicher Nachteil ergeben – außer dass einige Spieler ihre Spielweise sehr genau an das Volk anpassen müssen, während andere Völker unkomplizierter zu spielen sind. Das Spiel endet, sobald einer der Spieler 10 Siegpunkte erlangen konnte. Diese Punkte erhält man, wenn man am Rundenende eine der offen ausliegenden Missionskarten erfüllen konnte. Dabei geht es zum Beispiel darum, fünf Planeten außerhalb des eigenen Startsystems zu erobern, eine bestimmte Anzahl an Handelsgütern umzusetzen oder den zentralen Planeten Mecatol Rex eine Runde lang zu halten. Die genauen Spielregeln werde ich in dieser Rezension nicht erläutern, zum einen weil sie recht komplex sind und ein Überblick reichen dürfte, zum anderen weil man auf der Homepage von Fantasy Flight Games die kompletten Regeln inklusive Errata herunterladen kann. Da diese Regeln reich bebildet sind kann man sich so auch einen sehr guten Eindruck vom Spielmaterial machen. Vor dem Spiel bauen die Spieler das Spielfeld aus Sechsecken zusammen, die reihum in drei Ringen um den zentralen Planeten Mecatol Rex gelegt werden. Die Heimatsysteme der Spieler befinden sich im gleichen Abstand voneinander im äußersten Ring. Auf den Sechsecken sind entweder 1 bis zwei Planeten zu sehen (jeweils mit einen Resourcen- und einem Politikwert) oder aber leerer Raum, Asteroidenfelder, Nebel oder eine Supernova. Nichtz fehlen dürfen natürlich auch die aus den bisherigen Editionen bekannten Wurmlöcher. In der bisherigen Spielreihenfolge werden zunächst die Strategien verteilt, welche nicht nur vorgeben, welche Phasen in dieser Runde gespielt werden, sondern dem Spieler auch Vorteile in dieser Phase gewähren. Gleichzeitig bestimmen sie die neue Spielreihenfolge, da die Strategien von 1 bis 8 durchnummeriert sind. Anschließend hat in der neuen Spielreihenfolge jeder Spieler je eine Aktion zur Verfügung, was reihum so lange fortgesetzt wird bis kein Spieler mehr handeln möchte. Als Aktion gilt das Aktivieren eines Systems, das Ausspielen bestimmten Aktionskarten oder das Ausführen der TWILIGHT IMPERIUM 5 Art Brettspiel P/L Verlag Fantasy Flight Games Sprache Englisch AUF Dauer 3 – 5 Stunden Spieler 2 – 6 Spieler ab 12 Jahre Jahr 2007 SSP Preis ca. 50,- Euro 3 5 5 Rezensionen ANDUIN 95 Rezensionen eigenen Strategiekarte. Nach den Aktionen wird „aufgeräumt“ (also überflüssige Counter vom Spielbrett genommen, Karten neu gezogen, etc.) und Siegpunkte für erfüllte Missionen vergeben. Dann beginnt eine neue Runde. Ein System wird aktiviert, indem man einen Aktivierungsmarker in das System legt. Nun ist es möglich, eigene Schiffe entsprechend ihrer Bewegungsweite in dieses System zu ziehen. Zudem kann man in einem Aktivierten System Raumschiffe in eigenen Raumdocks bauen und so ins Spiel bringen. Aber alle Schiffe in einem aktivierten System dürfen sich nicht mehr bewegen. Dadurch wurde das Problem früherer Editionen entschärft, dass man Schiffe zwar bauen, aber erst in der nächsten Runde auf den Spielplan bringen durfte. Nun kann man zur Verteidigung schnell Schiffe ins Spiel bringen, aber diese bis zur nächsten Runde nicht mehr bewegen und somit zum Angriff verwenden. Raumschlachten werden mit einem einfachen System ausgewürfelt – jedes Schiff hat einen Kampfwert über der mit einem W10 erreicht werden muss. Beide Seiten bestimmen so gleichzeitig ihre Treffer und entfernen dann Verluste. Jede Seite kann sich nach Möglichkeit zurückziehen, muss dies aber vor einer Kampfrunde ankündigen – ansonsten geht der Kampf weiter bis zur Auslöschung einer der beiden Flotten. Da es im Spiel ein sehr geschicktes System gibt, welches vom Spieler verlangt seine Resourcen auf die Bereiche Flottenstärke, Aktivierungen und Strategie zu verteilen, werden die Flotten selten groß, aber leider leicht unübersichtlich sobald einige Carrier mit Fightern beteiligt sind (da ein Carrier zum Flottenlimit zählt, die maximal 6 Fighter an Bord aber nicht). Noch ein paar Worte zu den eben erwähnten Resourcen: jeder Spieler muss jede Runde eine begrenzte Anzahl an Command Markern auf die Bereiche Flottenstärke, Aktivierungen und Strategie verteilen. Nur mit Markern im Bereich Aktivierungen darf er Systeme aktivieren und sich damit bewegen oder Schiffe produzieren. Mit Markern im Bereich Strategie darf er sich das Recht erkaufen, an der Phase der Strategiekarte teilzunehmen. Und Marker im Bereich Flottenstärke zeigen das Flottenlimit an. Da Marker (außer bei der Flottenstärke) nach Einsatz verloren gehen und es nur spärlich Nachschub gibt, sind die Spieler gezwungen genau zu planen. Die Bereiche Handel und Politik spielen eine wesentliche Rolle im Spiel, werden aber beide nur durch entsprechende Strategiekarten ausgelöst. Mit Handelsvverträgen können die Spieler eine Art Spielgeld erwirtschaften und temporäre Friedensverträge herstellen. Rezensionen In der politischen Phase dürfen die Spieler über eine politische Agenda abstimmen, die fast immer große Auswirkungen auf den weiteren Spielverlauf hat und begleitet von Bestechungen, Absprachen und Drohungen sehr zur Interaktivität beiträgt. Dadurch dass man nie weiß, welche Strategien die anderen Spieler wählen und wann in ihrer Aktionsphase sie diese einsetzen, wirkt das Spiel dynamischer und sehr viel weniger starr als früher. Aber es wird auch im ersten Moment komplizierter, da man keine feste Reihenfolge erklären kann und das System der Strategiekarten erst begriffen werden muss. Ich kann daher nur einen Blick in die oben erwähnte Anleitung empfehlen, um sich die gesamten Regeln genauer anzusehen. Fazit Twilight Imperium ist ein Riese unter den Brettspielen – das Material ist einmalig und die Spielmechanik durchdacht und komplex verzahnt. In der Rezension bin ich bisher weder auf Bodenstationen, Planetenkampf, Forschung, Schiffstypen oder auf die vielen optionalen Regeln eingegangen. Darum eignet es sich auch nur für Spieler, die über 3 bis maximal 5 Stunden Spaß an strategischen Entscheidungen haben und vor allem die dafür notwendige Konzentration aufbringen können (und wollen). Ein Hauptkritikpunkt bleibt nämlich der, dass ein möglichst verdrängendes aggressives Vorgehen sich am meisten auszahlt. Zwar kann man nun tatsächlich auch rein durch Handel und Diplomatie gewinnen, aber es passiert dennoch oft, dass ein Spieler aus dem Spiel fliegt und sich den Rest des Spiels als Zuschauer fühlen darf. Als ähnlich angelegtes aber nicht ganz so kriegerisches und komplexes Spiel bleibt mein momentaner Strategie-Favorit A Game of Thrones (auch von Fantasy Flight Games), aber Twilight Imperium wird sicher nicht im Regal verstauben – dafür ist es zu gut. Nexus Ops T. Heinig Die Ressourcen werden immer knapper, also muss man neue Quellen erschließen. In der Zukunft geschieht dies beispielsweise auf einem von insektenartigen Außerirdischen bevölkerten Mond. Wie praktisch, dass sich die dummen Viecher auch gleich als willige Soldaten und Arbeiter einsetzen lassen. Also kämpfen vier Konzerne um den ertrag- und gewinnreichen Himmelskörper. Nachdem man sich von der Vergiftung durch die ätzenden Dämpfe aus der Spielpackung erholt hat bricht Begeisterung aus: dem Spiel liegen unzählige neonfarbige Spielfiguren bei, die transparent und giftig für Aufsehen sorgen. Okay, dank der ausströmenden Gerüche möchte man sie in den ersten Partien nur mit Handschuhen anfassen und mit Atemmaske am Spieltisch sitzen, aber das legt sich mit der Zeit. Der Spielplan wird a la Siedler von Catan mit sechseckigen Karten kreisförmig zusammengestellt, in deren Mitte ein kleiner Pappmonolith seinen Platz findet. Dieser erhöhte Ort spielt später noch eine große Rolle. Die Landschaft besteht aus unterschiedlichen Geländefeldern wie Pilzwäldern, Lavaseen oder Geröllhalden. Außerdem finden sich etliche Karten (Aufträge und Aktionskarten) und viele Pappcounter in der Schachtel. Nachdem der Spielplan ausgelegt wurde werden verdeckt Ressourcenmarker auf die Felder gelegt. Jeder Spieler hat außerdem vier Startfelder, die Erträge bringen. Nachdem die Spielreihenfolge bestimmt wurde darf sich jeder Spieler von seinem Startgeld eine kleine Armee kaufen und auf seinen Startfeldern verteilen. Die Auswahl an Einheiten ist recht vielseitig und beinhaltet kräftige oder schnelle Figuren ebenso wie welche, die auf bestimmten Geländearten Vorteile haben. Nun kann der Kampf beginnen. Jeder Spieler erhält eine Auftragskarte, auf der eine Bedingung für den Erhalt von Siegpunkten steht. Beispielsweise könnte es darum gehen, mindestens drei Ressourcefelder zu besetzen, den Monolithen eine Runde lang mit eigenen Einheiten zu besetzen oder eine bestimmte Anzahl an Feldern einer Geländeart unter Kontrolle zu haben. Hat ein Spieler während seines Zuges die Bedingung erfüllt, so darf er die Karte offen vor sich ablegen und damit die Siegpunkte der Karte auf seinem Konto gutschreiben. Am Ende der Runde erhält er außerdem eine neue Auftragskarte. Aktionskarten allerdings erhält man vor allem, indem man als Verlierer aus einem Kampf herausgeht. Das führt dazu, dass mächtige Spieler nicht so schnell übermächtig werden und hält das Spiel dy- NEXUS OPS 4 Art Brettspiel P/L Verlag Avalon Hill Sprache Englisch AUF Dauer 60 Minuten Spieler 2 – 4 Spieler ab 10 Jahre Jahr 2005 SSP Preis ca. 30,- Euro 3 4 5 Seite 105 ANDUIN 95 namisch. Aktionskarten bieten dem ausspielenden Spieler teils erstaunliche Vorteile und gelten als durchaus erstrebenswert… Die Bewegung und der Kampf (würfelbasiert) erfinden das Genre nicht neu und sind schon Dutzende Male in anderen Spielen gesehen worden. Fans dieser Art der Spiele werden sich aber zumindest freuen zu hören, dass es durch die Geländearten und die Einheitentypen durchaus taktische Möglichkeiten gibt, auch wenn natürlich dank der Würfel alles recht glücksbasiert ist. Wer am Ende eine zuvor festgelegte Anzahl an Siegpunkten erreicht hat, der hat das Spiel gewonnen und den Mond ausgeschlachtet. Das Spiel dauert circa 60 Minuten, man kann die Spieldauer aber verkürzen oder verlängern. Die Aufmachung ist auch von den Figuren abgesehen sehr gut und kann überzeugen. Fazit Nexus Ops hat durch seine Optik mit den leuchtenden Insekten einen herrlich schönen trashigen Charme – ohne allerdings Zweifel an der Qualität der Ausstattung aufkommen zu lassen. Uns haben die Testrunden viel Spaß gemacht, weil das Spiel eine gute Mischung aus Glück und Taktik bietet, die viele Spieler anspricht. An Strategieschwergewichte wie A Game of Thrones oder Warcraft kommt es nicht heran – will es aber auch gar nicht. Zug um Zug T. Heinig Wieso Eisenbahnen eine solche Faszination auf Spieleentwickler ausüben wird mir immer ein Rätsel bleiben, aber Union Pacific, Trans America, Stephensons Rocket, Railroad Tycoon und viele andere sprechen eine deutliche Sprache. Und dass es zu Zug um Zug bereits diverse Nachfolger und Erweiterungen gibt, die das Spielprinzip jeweils in kleinen Schritten ausbauen, könnte man durchaus als gutes Zeichen werten, ebenso wie die Ernennung zum „Spiel des Jahres 2004“. Bis zu fünf Spieler bauen auf einer Karten der Vereinigten Staaten Gleisverbindungen auf. Auf dem Spielplan sind die größeren Städte dieses Gebiets verzeichnet, zwischen denen vorgegebene Verbindungen existieren, die zwischen einem und sechs Feldern lang sind. Außerdem verfügen die Verbindungen über einen Farbcode oder sind in grau Seite 106 Rezensionen dargestellt, wobei letzteres heißt, dass eine beliebige Farbe verwendet werden für diese Strecke kann. Was das genau heißt wird klarer, wenn die Streckenkarten ins Spiel kommen, die ebenfalls die Farben der Strecken zeigen. Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler vier Streckenkarten sowie drei Zielkarten. Die Zielkarten sind Aufträge an den Spieler, bestimmte Städte miteinander zu verbinden. Schafft der Spieler den Auftrag bis zum Spielende, so erhält er die genannten Punkte. Schafft er es aber nicht, so verliert er die Punkte. Nun darf der Startspieler zwei neue Streckenkarten entweder vom den fünf offen liegenden oder vom verdeckten Stapel ziehen. Anschließend kann er eine neue Strecke bauen, in dem er entsprechen viele Streckenkarten einer Farbe abwirft und seine Zugspielsteine auf die Strecke stellt. Besteht die Strecke z.B. aus vier grünen Feldern, so muss er vier grüne Karten abwerfen. Sind es dagegen fünf graue Felder, so muss er fünf Karten einer beliebigen Farbe abwerfen, um die Strecke bauen zu können. Abschließend kann der Spieler sich noch zwei neue Zielkarten nehmen, von denen er aber nur eine behalten darf. Das Spielprinzip ist relativ einfach und wird auch nicht durch weitere Mechanismen kompliziert. Damit ist es leicht zugänglich und schnell erklärt. Einzig die Jokerkarten stellen noch eine kleine Ausnahme dar, kann man sie doch anstatt jeder beliebigen Farbe abwerfen. Den Streckenbau aber zu optimieren fordert auch erfahrene Spieler. Zudem ist die Spannung zwischen den eigenen Spielzügen hoch, denn man weiß nie, ob nicht ein anderer Spieler genau die Strecke verbaut, auf die man schon lange ein Auge geworfen hat. Oft bleiben dann nur noch kostspielige Umwege. Die Aufmachung ist ordentlich und dank großem Spielplan und vielen Plastikwaggons recht umfangreich. Netterweise wurde auch an Menschen mit Farbfehlsicht gedacht, denn die Farben werden nochmals mit Symbolen dargestellt. Fazit Das Spiel kommt bei uns immer wieder auf den Spieltisch, denn es ist schnell erklärt und nicht abendfressend – vor allem aber macht es Spaß. Es ist nett anzusehen, wie die Spieler immer nervöser werden, denn jederzeit kann die vielleicht letzte Verbindungsmöglichkeit verbaut werden. Doch trotz der Glückskomponente lässt sich das Spiel auch planen, so dass es auch bei unterschiedlichen Spielertypen gut ankommt. Der Weg nach Drakonia T. Heinig Die Idee, den Hintergrund des beliebten Rollenspiels Das Schwarze Auge für ein Brettspiel zu nutzen, ist nicht neu, aber noch nie so umgesetzt worden wie hier in Der Weg nach Drakonia. Dessen Hintergrundgeschichte kommt dem typischen Abenteuer in Aventurien schon recht nah: Eine Gruppe von Abenteurern, zusammengesetzt aus Dieben, Kriegern, Magiern und Priestern, macht sich auf den gefährlichen Weg die sagenumwobene Feste Drakonia zu finden, in der paradiesische Zustände herrschen. Unterwegs müssen sie so manchen Kampf bestehen, es wird Verletzte und gar Tote geben und Begegnungen mit anderen Heldengruppen. Wer jetzt aber ein Abenteuer im Stil von Hero Quest oder Descent erwartet muss umdenken. Der Weg nach Drakonia sieht ganz anders aus… Jeder Spieler übernimmt eine Heldengruppe einer per Zufall festgelegten Kultur die er über die sieben Felder des Spielplans nach Drakonia führen soll. Zunächst sind alle seine Helden noch nicht auf dem Plan, er muss sie erst nach und nach in die Stadt setzen (Feld 0) und von dort unter anderem über den Wald und die Karawanserei nach Drakonia führen (Feld 6). Die Zusammenstellung der Heldengruppe (die Anzahl der Helden pro Gruppe ist abhängig von der Spielerzahl) ist zunächst beliebig, allerdings verfügen die Kulturen über unterschiedlich viele Pappcounter jeder 5 ZUG UM ZUG Art Brettspiel P/L Verlag Days of Wonder Sprache Deutsch AUF Dauer 60 Minuten Spieler 2 – 5 Spieler ab 10 Jahre Jahr 2006 SSP Preis ca. 20,- Euro 4 5 5 WEG NACH DRAKONIA Art Brettspiel Verlag Fan Pro Sprache Deutsch Dauer 45 – 90 Minuten Spieler 2 – 6 Spieler ab 8 Jahre Jahr 2005 Preis ca. 15,- Euro 3 P/L 4 AUF 3 SSP 3 Rezensionen ANDUIN 95 Rezensionen Heldenart. Somit spielt sich jede Kultur etwas anders als die anderen, weil sie beispielsweise mehr Magier zur Verfügung hat als Krieger. Wer zuerst einen Helden nach Drakonia bringt beendet sofort das Spiel, was zur Punkteauswertung führt. Jeder Held bringt nun so viele Punkte wie die Nummer des Feldes auf dem er steht. Verletzte Helden (siehe unten) bringen zumindest den halben Punktwert. Der Spieler mit den meisten Punkten hat das Spiel gewonnen. Kernstück des Spiels sind die Heldenkarten, die in vier Stapeln (für jede Heldenart einer) verdeckt ausliegen. Der Spieler darf nun beliebig viele dieser Heldenkarten aus der Hand ausspielen und einen neuen Helden ins Spiel bringen, also in die Stadt setzen. Auf einer Heldenkarte kann man durch einfache Symbole ablesen, was die Voraussetzung zum Ausspielen der Karte ist (meistens eine bestimmte Kombination von Helden auf einem Feld) und was die Auswirkungen der Karte sind. Am Ende der Runde darf man eine Karte von einem beliebigen Stapel nachziehen, solange man dadurch nicht mehr als vier Handkarten hat. Heldenkarten werden immer auf ein Feld gespielt und auf dem Feld muss ein entsprechender eigener Held stehen (also für eine Diebeskarte ein eigener Dieb). Zusätzlich müssen alle Auswirkungen der Karte erfüllt werden können (wenn also auf der Karte Auswirkungen für einen Krieger und einen Magier stehen, dann muss auf dem Feld ein Krieger und ein Magier stehen – diese dürfen aber auch anderen Spielern gehören). Die Heldenkarte eines Diebes führt dazu, dass ein Held ein Feld zurück gehen muss, während zwei andere Helden je ein Feld vorwärts gehen müssen. Die Heldenkarte eines Kriegers verletzt einen Helden (der nun umgedreht neben das Feld gelegt wird und solange aussetzen muss bis er geheilt wird oder der Spieler ihn als verstorben erklärt um z.B. wieder einen neuen Helden ins Spiel bringen zu können) und bewegt zwei andere je ein Feld nach vorne. Die Heldenkarte des Priesters heilt einen verletzen Helden und bewegt zwei Helden je ein Feld nach vorne. Die Heldenkarte des Magiers lässt zwei Helden auf benachbarten Felden Platz tauschen. Außerdem kann ein Magier einen eigenen Helden auf dem gleichen Feld unsichtbar machen und ihn so vor Heldenkarten schützen. Das Spiel besteht aus einer großen Prise Glück (beim Nachziehen der Heldenkarten, die die richtigen Voraussetzungen haben müssen, damit man sie überhaupt spielen kann), einer Portion Teamarbeit (denn zusammen kann man schnell vorwärts kommen) und einer Scheibe Taktik (die richtigen Rezensionen Helden ins Spiel bringen). Die Anleitung hält noch einige Regeloptionen, zum Beispiel für ein kürzeres Spiel, bereit. Insgesamt wurde das Thema eher abstrakt umgesetzt, allerdings wird die Aufmachung jeden Fan von DSA begeistern, sind doch dem Stil der Vorlage Illustrationen verwendet worden. Die Anleitung ist zudem klar geschrieben und lässt keine Fragen offen. Fazit Das Spiel hat zunächst einmal bis auf die Zeichnungen wenig mit der Rollenspielvorlage zu tun. Die Kulturen bringen zwar etwas Aventurien ins Spiel, wären aber nicht wirklich notwendig gewesen und wirken sogar leicht aufgesetzt. Dennoch ist Der Weg nach Drakonia ein einfaches aber spaßiges Spiel für eine schnelle Runde zwischendurch (wir sind in den Testrunden schnell auf die Option des kürzeren Spiels gewechselt, da dies unserer Meinung nach mehr Spaß gemacht hat (schnellere Revanche)). Allerdings muss man dafür bereit sein, die hohe Glückskomponente des Spieles zu akzeptieren – anderenfalls könnte man das Spiel schnell als Zeitverschwendung ansehen. DESCENT – JOURNEYS INTO THE DARK T. Heinig Gäbe es irgendwo einen HeroquestSchrein, so wäre ich wohl nicht der einzige Rollenspieler, der einem Besuch und einer kleinen Opfergabe dort nicht abgeneigt wäre. Immerhin hat in meiner Jugend Heroquest Zeit gefressen wie kein anderes Brettspiel – Risiko eingeschlossen. An vielen Plagiaten, die im Laufe der Zeit erschienen, hatte ich nie recht Gefallen gefunden, einzig Warhammer Quest konnte mich eine Zeit lang fesseln. Doch nun glimmt ein neuer Stern am Firmament und seine Anlagen können sich durchaus sehen lassen: produziert von Fantasy Flight Games, ausgestattet mit vielen netten Plastikfiguren, einem neuen Kampfsystem und dynamisch erstellbaren Dungeonplänen. Doch wie hell ist dieser Stern wirklich? Bei Descent – Journeys into the Dark (inzwischen auch auf deutsch beim Heidelberger Spieleverlag erschienen) handelt es sich um einen typischen Vertreter der Dungeon- Crawl Brettspiele. Eine Gruppe von tapferen Helden zieht in ein düsteres Gewölbe um dort Aggressionen abzubauen und sich seinen Lebensunterhalt durch Goldfunde und Gebrauchtartefaktverkäufe zu sichern. Ein Spieler übernimmt die Rolle des Overlords (endlich mal ein Spiel, bei die man genau das spielen darf!), kontrolliert die Monster, baut das Dungeon aus lauter Einzelteilen langsam auf und versucht im Allgemeinen den Helden das (Über-)Leben so schwer wie möglich zu machen. Und gewinnen kann man als Overlord auch – ist das nicht toll? Ziel des Spiels für die Helden ist es als Gruppe zu bestehen und die Aufgabe der jeweiligen Queste zu erledigen. Eine Queste ist ein Szenario, das festlegt, wie das Gewölbe aussieht, wo welche Schätze und Monster liegen und stehen und welches Ziel die Helden haben – meist gilt es ein besonders mächtiges Monster zu töten. Das können die Helden nur schaffen, wenn ihnen unterwegs nicht ihre Conquest Tokens ausgehen, von denen sie für bestimmte Erfolge welche bekommen und für jeden Tod eines Helden welche abgezogen bekommen. Sollten den Helden jemals die Conquest Tokens ausgehen, so gewinnt der Overlord. Vor Spielbeginn baut der Overlord das Startgebiet des Dungeons auf, für das sich die Spieler entschieden haben. Währenddessen suchen sich die anderen Spieler aus zwanzig verschiedenen Helden jeweils ihren Auserwählten. Die Helden unterscheiden sich zum einen in den vier Attributen „Health“ (wie viel Schaden hält man aus?), „Fatigue“ (wie hoch ist die Ausdauer?), „Armor“ (wie viel Schaden kann man abwehren?) und „Speed“ (wie weit kann man pro Runde gehen?) und zum anderen in ihrer Begabung in den drei Kampfgebieten „Nahkampf“, „Fernkampf“ und „Magie“. Zusätzlich verfügt jeder Held noch über eine einzigartige Sonderfähigkeit, die jeden Helden individuell macht. Ist der Held etwas stärker als seine Kollegen, so ist er auch mehr Conquest Tokens beim Ableben wert. Schwächere Helden hingegen schaden bei Ihrem Tod der Gruppe weniger. Nach der Auswahl werden die Startfertigkeiten bestimmt. Jeder Held zieht dafür drei DESCENT – JOURNEYS INTO THE DARK 5 Art Brettspiel P/L Verlag Fantasy Flight Games Sprache Englisch AUF Dauer ab 2 Stunden Spieler 3 – 5 Spieler ab 12 Jahre Jahr 2005 SSP Preis ca. 60,- Euro 4 5 5 Seite 107 ANDUIN 95 Skill-Karten, auf denen unterschiedliche weitere Fähigkeiten stehen. Meist verbessern diese Skills die Kampffertigkeiten, manchmal aber auch den Speed oder andere Dinge. Mit dem Startguthaben darf sich jeder Held aus der Grundausstattung (Dolch, Schwert, Axt, Lederrüstung, Kettenrüstung, Heiltränke, Ausdauertränke, Runen, etc.) seine Wunschausrüstung kaufen. Nun sind die Helden bereit für das Abenteuer. Gespielt wird rundenweise – zunächst agieren die Helden in beliebiger Reihenfolge und anschließend der Overlord. In den Heldenphasen entscheidet sich jeder Held für eine Aktion. Entweder „Run“ (er darf so viele Felder wie der doppelte Speed-Wert weit gehen, aber dafür nicht angreifen), „Battle“ (er darf sich nicht bewegen aber zwei Angriffe ausführen), „Advance“ (er darf sich so viele Felder bewegen wie sein Speed-Wert und einen Angriff ausführen) oder „Ready“ (er darf sich einfach bewegen oder einmal angreifen und zusätzlich zu einer der beiden Aktionen einen Sonderbefehl legen). Sonderbefehle erlauben Aktionen wie etwa das einmalige Reagieren auf Angriffe in der Overlordphase („Guard“), das Ausruhen und Heilen („Rest“), das Zielen um einen Angriff zu verbessern („Aim“) oder das Ausweichen um einen Angriff des Gegners zu schwächen („Dodge“). Sollte es zum Kampf kommen, so stellt der Held bzw. das Monster erst einmal seinen Würfelpool aus sechsseitigen Würfeln zusammen. Bei Monstern ist der eigentlich immer festgelegt, bei Helden aber nicht: diese dürfen einen Grundwürfel abhängig von der Art des Angriffs (Nah-, Magie- oder Fernkampf) nehmen und abhängig von der Waffe weitere Würfel. Dazu kommen noch so genannte Power Dice, die ein wenig zusätzlichen Schaden oder Reichweite hinzufügen können. Jeder Würfel zeigt bestimmte Symbole. Am einfachsten ist das große „X“, das nur auf einer Seite der Grundwürfel zu finden ist. Liegt dieses oben, so ist der gesamte Angriff fehlgeschlagen, alles weitere ist nicht relevant. Ist aber kein „X“ zu sehen, so geht es um die anderen Symbole. Jedes Herz-Symbol bedeutet, dass der Angriff einen Schadenspunkt anrichtet. Entsprechend finden sich viele Herzsymbole auf dem roten Nahkampfwürfel. Zahlen dagegen bedeuteten, dass sich die Reichweite des Angriffs um die jeweilige Zahl erhöht. Der blaue Fernkampf-Würfel hat also viele höhere Zahlenwerte. Dann gibt es noch Blitz-Symbole (im Spiel „Power Surges“ genannt), die als zusätzliche Macht des Angriffes interpretiert werden können. Oft kann man SonderSeite 108 Rezensionen fähigkeiten eines Helden oder einer Waffe auslösen, wenn man eine bestimmte Anzahl an Power Surges gewürfelt hat. Der weiße Magie-Würfel hat besonders viele Blitz-Symbole. Die Waffenwürfel sind entweder gelb (viel Reichweite) oder grün (viel Schaden) und werden je nach Waffe dem Würfelpool hinzugefügt. Bleiben die schwarzen Power Dice, die entweder ein Blitz-Symbol zeigen oder wahlweise einen Schaden oder einen Reichweitenpunkt bringen. Was sich kompliziert anhört ist nach kurzer Zeit sehr einfach und ermöglicht dennoch halbwegs abwechslungsreiche Angriffe. Die Healthpunkte des Gegners werden um die Anzahl der Schadenspunkte nach Abzug des Armor-Wertes erleichtert. Sinkt die Zahl dabei auf Null oder tiefer, so ist der Gegner tot. Für Monster bedeutet das (meist) das endgültige Aus, für Helden nur das Ärgernis länger auf die Rente sparen zu müssen (sie verlieren die Hälfte ihres Goldes) und einen langen Fussmarsch (sie fangen frisch geheilt wieder in der Stadt an, aus der sie sich erneut in das Gewölbe begeben können). Viele Monster haben spezielle Fähigkeiten wie Flächenangriffe, Giftattacken oder Heilfähigkeiten und als wäre das noch nicht genug um die Helden zu ärgern gibt es jedes Monster auch in einer Master-Variante, die stärker ist als die normale Ausgabe. Leider ist das in den ersten Questen nicht genug „Munition“ für den Overlord, um die Helden wirklich zu ärgern. Gerade mit Heroquest-Veteranen fehlt in den ersten mitgelieferten Questen die Herausforderung für die Helden. Die Monster haben kaum eine Chance einen Helden zu töten – und das ist der entscheidende Weg für den Overlord den Helden Conquest Tokens abzunehmen. Daran ändert erstmal auch nichts, dass der Overlord in seiner Runde zwei OverlordKarten ziehen darf, die ihm besondere Kräfte verleihen. Durch das Abwerfen unerwünschter Karten erhält er Chaos Tokens, mit denen er den Einsatz erwünschter Karten bezahlen kann. Tatsächlich sind diese Karten zum Teil sehr mächtig, können aber nicht Schritt halten mit dem schnellen Hochrüsten der Helden durch Schätze und Gold. Spätere Questen sind dann aber schön knackig und auch für echte Helden eine Herausforderung – dabei aber nie unfair. Auch der Overlord muss sich stets bemühen um am Ende der Sieger zu sein. Obwohl das Spiel in den ersten Questen nicht korrekt ausbalanciert wirkt ist das kein Beinbruch, dann solche Dungeon Crawls schreien geradezu nach Hausregeln. Mit diesen kann man sehr leicht in den Schwie- rigkeitsgrad eingreifen. Und nicht zuletzt besteht auch die Möglichkeit eigene Questen zu erschaffen, die den Helden das Leben von Haus aus schwerer machen. Wirklich notwendig ist beides aber nicht, denn Descent ist nach den anfänglichen Questen schön ausbalanciert. Prinzipiell ist die Spielmechanik schon erklärt, aber die Feinheiten gingen dabei unter. So kann man dem Spiel nämlich durch die Würfelfarben und die zur Verfügung stehenden Aktionen inklusive der Möglichkeit mit Ausdauer zusätzliche Felder Bewegung zu kaufen durchaus taktische Qualitäten zusprechen. Mit der richtigen Taktik können sich sowohl die Helden als auch der Overlord das Leben viel einfacher machen. Der Overlord muss bei jedem Monster überlegt vorgehen und dessen Vorteile nutzen, damit es nicht zu schnell am Heldenspieß landet. Dann sei die große Detailsverliebtheit erwähnt, die zum Beispiel Tierbegleiter (Familiars) für Helden erlaubt oder außergewöhnliche Waffenarten mit sich bringt. Auch die aus Plastik gepressten Spielfiguren sind von hoher Qualität und ein Höllendämon sieht selbst neben dem größten Helden beeindruckend aus. Überhaupt ist die Ausstattung wie von Fantasy Flight Games gewohnt sehr gut, leider aber auch ein wenig von Runebound recycelt (einige Heldenbilder, etliche Tokens, etc.). Fans von Runebound dürfte das jedoch wenig stören. Die Spielschachtel hat die gleichen Dimensionen wie die von Twilight Imperium oder World of Warcraft – ist also riesig. Glänzt der neue Stern jetzt also? Ich finde ja, er strahlt sehr hell. Das Spiel ist nicht perfekt, denn dafür hätte es vom Start weg besser ausbalanciert sein müssen und es hätten ruhig mehr Gegenstände und Monster dabei sein dürfen, so ganz wird der Sammelwahn (wie in Diablo) der Helden nämlich nicht befriedigt. Auch ein etwas komplexeres Fähigkeitensystem, etwa wie bei „World of Warcraft“ hätte dem Spiel gut getan, denn momentan können sich die Helden nur blind weitere Skill-Karten kaufen. Ein gezieltes Verbessern ist so kaum möglich. Aber das Spiel macht definitiv Spaß und weiß, so man denn Dungeon Crawls mag, sehr gut zu unterhalten. Für alle Spielefans, die Science Fiction der Fantasy vorziehen, sei noch erwähnt dass es auch ein Spiel namens Doom vom gleichen Verlag mit sehr ähnlichen Regeln (und auch schon einer Erweiterung) gibt. Zwar ist da die Packung etwas kleiner, dafür ist es aber auch günstiger zu erwerben und spielt vor dem Hintergrund des Computerspiels. Allerdings Rezensionen ANDUIN 95 Rezensionen ist es für die Spieler in Doom extrem schwer zu überleben und sich gegen die Horden der Höllenkreaturen zu stellen. Erwähnenswert ist der Support auf der Homepage des Herstellers, denn dort gibt es unter anderem die kompletten Spielregeln zum Herunterladen, dazu FAQs, neue Questen und sogar ein Programm zum Erstellen eigener Questen. Fazit Liebhaber von Helden-töten-Monsterund-sammeln-Schätze-Spielen werden sehr wahrscheinlich großen Gefallen an Descent finden – die gute Ausstattung, die interessante Spielmechanik und die Erinnerung an alte Heroquest-Zeiten sorgen dafür. Wer aber den Überhammer erwartet hat, mit dem Dungeon Crawls auf eine neue Ebene gehoben werden, der könnte enttäuscht werden. Aber kann man Dungeon Crawls wirklich auf eine neue Ebene heben? Bis die Frage geklärt ist bekommt mich niemand von Descent – Journeys into the dark weg! DESCENT – WELL OF DARKNESS T. Heinig Mit einiger Verzögerung ist Mitte 2006 die erste Erweiterung für Descent – Journeys into the Dark erschienen. Sie trägt den ebenso klangvollen wie klischeebeladenen Titel Well of Darkness, kostet etwa 30,- Euro (man bekommt also auch vollständige Brettspiele für den Preis dieser Erweiterung) und bringt einige Neuerungen ins Dungeon: 6 neue Helden, 27 Monsterfiguren (Kobolde, Ferrox und Golems), 110 Karten und viele Papptokens. Die sechs neuen Helden sind allesamt gut bis sehr gut und bringen teils interessante neue Fertigkeiten mit, z.B. die Gabe sich in Sichtlinie zu teleportieren. Dazu passen die neuen Fertigkeitskarten, die aber auch fragwürdige, da kaum brauchbare, Kräfte ins Spiel bringen. Mehr freuen werden sich die Helden wohl über die neue Startausrüstung, die jetzt wesentlich abwechslungsreicher ist und beispielsweise Wurfdolche enthält. Ebenfalls sinnvoll: der neue Energie-Trank, mit dem man sich fünf schwarze Würfel für den Kampf ertrinken kann. Allerdings wird er von den Helden trotz seiner Nützlichkeit meist eher selten verwendet – zu verlockend sind die anderen beiden Tränke. Rezensionen Der Overlord bekommt ein neues Deck Overlordkarten, die er nach einem einfachen System, fast wie bei einem Sammelkartenspiel, in sein bestehendes Deck einbringen kann. Dabei bleibt die Gesamtzahl an Karten im Deck erhalten, der Overlord kann also gezielt schwache Karten entfernen oder sein Deck nun auf das Dungeon optimieren. Weiteres interessantes Werkzeug sind die vielzähligen neuen Fallen, die von Rasierklingen über Felskugeln bis hin zu Dartfallen reichen. Somit schafft es der Brunnen der Dunkelheit, sowohl den Helden als auch dem Overlord sinnvolle neue Spielsachen zu geben. Die drei neuen Monsterarten Kobolde, Ferrox und Golems sind gut durchdacht und bringen neue Fertigkeiten mit. So werden die Kobolde beispielsweise immer besser, je mehr von ihnen auf dem Spielplan sind. Zwar sind nur drei neue Typen schon etwas wenig., dafür muss man den Machern lassen, dass jede Monsterart sinnvoll im Spiel ist und sich von den anderen unterscheidet. Mit im Paket sind nun auch endlich ausreichend Tokens um Geröllhaufen, Lavaseen, Gruben, etc. darzustellen. Die neuen Questen sind viel interessanter und spannender als die des Grundspiels, denn sie nutzen die Möglichkeiten des Spiels wesentlich besser. So (üb-)erleben die Helden einstürzende Minen, werden getrennt in einem Spinnenhort ausgesetzt, wandeln auf den Spuren Indiana Jones und erreichen schließlich den namensgebenden Brunnen. Fazit Well of Darkness ist eine wirklich gelungene und gut ausbalancierte Erweiterung für alle Descent Spieler und behebt viele Schwächen des Grundspiels. Einzig, dass der Preis nun weiter nach oben steigt ist ein Nachteil. Aber gute Dungeons bekommt man eben nicht günstig. DESCENT – ALTAR OF DESPAIR T. Heinig Nur kurze Zeit nach der ersten Erweiterung Well of Darkness erschien bereits die zweite Erweiterung. Damit will uns Fantasy Flight Games erneut in die dunklen Verliese von Descent – Journeys into the Dark locken. Vieles bleibt beim Altbekannten: für etwa 30,- Euro erhält man 6 neue Helden, knapp zwei Dutzend Monsterfiguren (Gorillas, Dunkle Priester, Tiefenelfen, Trolle und das Chaosbiest), 110 Karten und unheimlich viele Papptokens. Die sechs neuen Helden sind allesamt gut, aber nicht ganz so stark wie die aus dem Brunnen der Dunkelheit. Besonderer Wert wurde hier auf neue Familiars gelegt, was mir sehr gut gefällt. Beispielsweise kann man mit dem Seelenschatten Platz tauschen und sich so schnell im Dungeon bewegen. Die neuen Fertigkeitskarten für die Helden sind wie in der ersten Erweiterung nicht allesamt genial, aber durchaus brauchbar. Auch die Startausrüstung und die Schätze werden wie gehabt erweitert. Die Schätze und Waffen sind nicht zu mächtig, bringen aber neue Ideen ins Spiel. Dazu kommen neue Overlordkarten, die auf dem in der ersten Erweiterung vorgestellten System basieren. Auch gibt es wieder eine neue Trankart: den Rüstungstrank, der die eigene Rüstung gegen einen Angriff um +10 verbessert. Dieser Trank ist eigentlich schon fast zu mächtig und kann dazu führen, dass die Helden sich nur noch das leckere goldende Fläschchen zulegen und die anderen Tränke links liegen lassen. Kommen wir daher lieber zu den echten Neuerungen… Der Overlord kann nun verseuchte Stadtportale ins Spiel bringen – eine böse Überraschung für die Helden. Ebenso niederträchtig wie lustig ist die neue Fertigkeit, die Ausrüstung der tapferen Helden a) zu zerstören, b) zu verfluchen oder c) in ein dunkles Artefakt zu verwandeln. Dieses Mal muss man sich als Overlord nicht mit nur drei neuen Monsterarten zufrieden geben, sondern kann sich an fünf neuen Kreaturen erfreuen. Diese decken ein weites Spektrum ab – vom wütenden Riesenaffen 5 DESCENT – WELL OF DARKNESS Art Erweiterung Verlag Fantasy Flight Games Sprache Englisch Dauer ab 2 Stunden Spieler 3 – 5 Spieler ab 12 Jahre Jahr 2006 Preis ca. 30,- Euro 5 DESCENT – ALTAR OF DESPAIR Art Erweiterung Verlag Fantasy Flight Games Sprache Englisch Dauer ab 2 Stunden Spieler 3 – 5 Spieler ab 12 Jahre Jahr 2006 Preis ca. 30,- Euro Seite 109 ANDUIN 95 bis zu dunklen Priestern. Sehr interessant ist auch das Chaosbiest, das sich seine Würfel frei aussuchen kann. Auch die Spezialfähigkeiten der Monster sind wieder sehr gut ausbalanciert und gut ins Spiel eingebaut worden. Die neuen Questen sind noch etwas düsterer und wieder ebenso abwechslungsreich wie in der letzten Erweiterung. Allerdings sind sie auch recht hart zu knacken und richten sich eher an echte Helden, die sämtliche Dungeons der ersten Erweiterung schon besucht haben. Zudem wächst sich die Spielzeit langsam ins Unangenehme aus – zwischen drei und acht Stunden dauert ein durchschnitttlicher Besuch in den Gewölben dieser Erweiterung. Fazit Auch Altar of Despair ist eine gelungene Erweiterung und gefällt mir sogar einen Tick besser als Well of Darkness. Günstig ist das Spielvergnügen aber nicht – gut über 100,- Euro muss man inzwischen für die volle Descent-Packung zahlen. DESCENT – ROAD TO LEGEND T. Heinig Nachdem das ausgezeichnete Dungeon Crawl Spiel Descent im Jahr 2006 zwei nahezu identische Erweiterungen erhalten hat, hat sich Fantasy Flight Games in diesem Jahr etwas Neues ausgedacht. Anstatt mehr Monster, Waffen und Schätze in die Gewölbe zu werfen und dazu eine Reihe von vorgefertigten Questen anzubieten, bekommt die Welt von Descent nun einen Namen und eine Oberwelt. Terrinoth heißt die Region, und sie bekommt einen eigenen Spielplan. Darauf finden sich Städte, Dungeons und einige besondere Orte, die durch Routen miteinander verbunden sind. Die Helden bekommen in Terrinoth sogar eine eigene Heimatstadt mit dem Namen Tamalir. Ganz neu ist das alles aber nicht, denn die Oberwelt ist bereits in Runebound, einem anderen Spiel von Fantasy Flight Games, verwendet worden. Road to Legend bringt Kampagnenregeln in die Gewölbejagd. Die Helden bereisen dazu die Oberwelt, geraten in Zufallsbegegnungen und können sich in Städten trainieren und ausrüsten. Außerdem können sie eines der unzähligen Gewölbe auf der Karte besuchen. Seite 110 Rezensionen Diese sind nicht mehr fest vorgegeben wir im Grundspiel und den ersten beiden Erweiterungen, sondern sie werden zufällig aus kleinen Minigewölben zusammengesetzt. Dadurch ist das Spiel plötzlich viel flexibler – es gibt kein 8-Stunden-Dungeon, das an einem Stück erledigt werden muss, denn ansonsten würde der Esstisch bis zum nächsten Spielabend blockiert bleiben. Statt dessen kann man jederzeit nach einem Dungeonteil das Spiel „speichern“ und wegräumen, um es später an eben dieser Stelle weiter zu spielen. Die Designer haben sich hierzu einige Gedanken gemacht und unter anderem einen Kampagnenbogen entworfen, in dem man etliche Details eintragen kann. Mindestens ebenso hilfreich sind aber sechs kleine Schachteln, in die man die Helden, ihre Ausrüstung, ihre Fähigkeiten und andere Schätze verstauen kann. Moment mal – in Descent gibt es doch nur vier Helden, warum dann sechs Schachteln? Weil der Overlord auch eine Schachtel für seine aktuellen Karten bekommt. Und eine weitere Schachtel als Friedhof dient für alle Karten, die endgültig aus dem Spiel ausgeschieden sind. Ansonsten spielen sich die Dungeons aber wie gewohnt. Die Erweiterung bringt auch keine neuen Monster ins Spiel, dafür aber Lieutenants. Das sind besonders starke Gehilfen des Overlords, die sowohl auf der Oberwelt als auch in Gewölben den Helden das Leben schwer machen können. Beispielsweise können sie Städte zerstören. Und auch der Overlord ist nun endlich im Spiel anzutreffen, denn er wartet als Avatar in seinem Keep auf die Helden, die ihn besiegen müssen, um nach vielen Spielabenden und etlichen Dungeons die Kampagne siegreich zu beenden. Dem Overlord stehen spezielle Fähigkeiten zur Verfügung, die er für seinen Avatar gegen Conquest Tokens erwerben kann. Fazit Road to Legend bietet durchgängige und gut funktionierende Regeln für längere Kampagnen. Alle Feinheiten und Details können hier gar nicht aufgeführt werden, dafür gibt es aber die Regeln auf der Homepage von Fantasy Flight Games zum Herunterladen. Statt dessen sei gesagt, dass diese Erweiterung das Spiel zwar komplexer, aber dennoch spielbarer macht. Man kann schnell mal einen kleinen Dungeon in ein bis zwei Stunden spielen und danach das Spiel wegpacken. Allerdings sollte man im Besitz der beiden anderen Erweiterungen sein, um das Potenzial der Kampagne voll ausschöpfen zu können. Für uns ist Road to Legend eine geniale Erweiterung, auch wenn das Spielthema durch sie leicht verschoben wird! DAS SCHWERT T. Heinig Das Buch Das Schwert – Mythos und Wirklichkeit von Thomas Laible stellt so etwas wie das Standardwerk über historische, aber auch Fantasyschwerter dar. Auf über 220 durch ein stabiles Hardcover geschützten Seiten erklärt der Autor umfassend sämtliche Aspekte der Schwerter – von ihrer Geschichte über den Schwertkampf, die Schmiedekunst bis hin zu heutigen Repliken. Etwa dreißig Seiten widmen sich zudem aktuellen Fantasy- und Filmschwertern. Die Informationen werden leicht verständlich und dennoch fachlich fundiert durch viele sehr gute Illustrationen vermittelt. Besonders gelungen ist dabei die Gradwanderung zwischen Lehrbuch, Fotoband und Schmöker, denn dem Autor gelingt es, durch eine nicht zu trockene und dennoch seriöse Schreibweise zu glänzen. An einigen Stellen hätte ich mir etwas ausführlichere Informationen gewünscht, zum Beispiel beim Thema Schwertkampf. An anderen Stellen (etwa bei der Frage, ob Schwerter Rüstungen durchstechen konnten), gibt der Autor nur eine der kontroversen Expertenmeinungen wieder. Diese beiden Kritikpunkte treten aber nur selten auf. Fazit Das Schwert ist eine Empfehlung für alle an mittelalterlicher Schwertkunst Interessierte. Rollenspieler finden hier haufenweise Anregungen, das Spiel realistischer werden zu lassen, LARPer sowieso. 6 DESCENT – ROAD TO LEGEND Art Erweiterung Verlag Fantasy Flight Games Sprache Englisch Dauer ab 2 Stunden Spieler 3 – 5 Spieler ab 12 Jahre Jahr 2006 Preis ca. 30,- Euro DAS SCHWERT 5 ISBN 978-3-938711-05-7 Autor Thomas Laible Verlag Wieland Sprache Deutsch Jahr 2008 Preis 39,80 Euro Rezensionen ANDUIN 95 Rezensionen Battlelore T. Heinig Table-Tops, also mit Miniaturen gespielte Schlachten, erfreuen sich nach wie vor einer großen Beliebtheit und die Auswahl ist inzwischen fast unüberschaubar geworden – besonders für Spieler, die nur gelegentlich in solche taktischen Spiele hineinschnuppern. Days of Wonder bringt nun mit Battlelore ein neues Tabletop auf den Markt, das sowohl Gelegenheitsspieler anspricht als auch geübte Taktiker zufrieden stellen kann. Der Maßstab wurde dafür gegenüber vielen anderen Miniaturenspielen deutlich kleiner gewählt, aber dennoch gibt es reichlich wunderbar modellierte Figuren. Die Menschen, Zwerge und Kobolde des Grundspiels werden nicht direkt auf dem Tisch bewegt, sondern auf einem großen, mit Hexfeldern belegten Spielplan. Obwohl das Spiel behauptet auch für mehr als zwei Spieler geeignet zu sein ist es doch hauptsächlich ein Zweipersonenspiel. Jeder der beiden Spieler stellt wie in einem der im Spiel enthaltenen oder im Internet veröffentlichten Szenarien seine Armee auf einer Seite des Spielplans auf. Meist besteht eine Einheit aus drei oder vier Figuren gleicher Art, also zum Beispiel aus drei Schweren Reitern oder vier Langbogenschützen. Eine Figur der Einheit wird mit einer Standarte ausgestattet, die sowohl Typ als auch Spieler zeigt. Zusätzlich können auf den Spielplan Geländeplättchen wie Hügel oder Wälder verteilt werden, die bestimmte Auswirkungen auf den Kampf haben. Jeder Spieler erhält so genannte Befehlskarten, mit denen er Einheiten auf dem Spielfeld aktivieren darf. Das Feld ist in Mitte, rechte und linke Flanke unterteilt und die Befehlskarten erlauben im Normal eine bestimmte Anzahl an Einheiten in einer der drei Zonen zu aktivieren. Aktivieren heißt, dass man die Einheit bewegt und einen Angriff mit ihr ausführt. Natürlich haben die verschiedenen Einheiten unterschiedliche Bewegungsreichweiten und Angriffsstärken. Das Kampfsystem ist sehr einfach gehalten, dabei aber für die meisten Ansprüche völlig ausreichend. Jede Einheit darf mit einer bestimmten Anzahl an Würfeln versuchen Symbole der gleichen Farbe zu erzielen, die der Zieleinheit entspricht. Ein Angriff auf eine rote Einheit benötigt also rote Symbole Rezensionen – außer rot existieren noch blaue und grüne Einheiten. Damit sind drei der sechs Seiten der Würfel bereits belegt. Auf der vierten Seite ist der Sonderangriff mit dem manche Einheiten unabhängig von der Farbe des Ziels einen Treffer landen, während die fünfte Seite ein magisches Symbol zeigt, mit dem man besondere Fähigkeiten nutzen kann. Im Basisspiel haben diese keine Relevanz. Die sechste Seite zeigt einen Misserfolg an. Die angegriffene Einheit muss nun so viele Figuren entfernen, wie Treffer erzielt wurden. Sind keine Figuren mehr vorhanden, so ist die Einheit vernichtet. Interessant wird es, wenn die Kriegsräte ins Spiel kommen und das Basisspiel erweitern. Dieser Rat ermöglicht dem Spieler den Einsatz von speziellen Fähigkeiten, die durch Karten repräsentiert werden. Dabei darf jeder Spieler nur eine sehr begrenzte Anzahl dieser Karten auf der Hand haben. Den Einsatz der Karten bezahlt man mit Magiesymbolen, die man zum Beispiel dann erhält, wenn man das entsprechende Symbol würfelt. Bei diesen Fähigkeiten handelt es sich teils um Angriffzauber, teils um Intrigen um den Gegenspieler in seinen Handlungsmöglichkeiten einzuschränken und teils um simple Verbesserungen der eigenen Einheiten. Abgerundet wird das Spiel durch Spezialeinheiten wie die im Grundspiel enthaltene Riesenspinne und einige optionale Regeln. Im Laufe dieses Jahres sollen weitere Einheiten und Erweiterungen für Battlelore erscheinen. Die Qualität der Figuren ist gut, allerdings waren viele verbogen. Auf der Homepage des Verlags ist eine Anleitung erhältlich wie man die Figuren dauerhaft wieder gerade biegen kann – was bei uns ausgezeichnet funktioniert hat. Der Umfang ist beeindrucken, die dicke Schachtel ist prall mit Miniaturen und Zubehör gefüllt. Die Aufmachung der Karten, des Zubehörs und der Anleitung ist überaus gut gelungen und sorgt für eine große Übersichtlichkeit trotz voller Schlachtfelder. Nur die Farben blau und grün der Einheiten sind etwas schwer zu unterscheiden, hier wäre eine andere Farbgebung besser gewesen. Fazit Geniales, weil einfach zu erlernendes und schwer zu meisterndes Taktikspiel, das mit kurzer Spieldauer überzeugt – und das trotz der hohen Glückskomponente. Dazu die wie von Days of Wonder gewohnte liebevolle Ausstattung und eine der besten Anleitungen, die ich je lesen durfte, und fertig ist eins meiner neuen Lieblingsspiele. ERWEITERUNGEN 4 EPISCHES BATTLELORE iese Erweiterung bietet die MöglichD keit, groß angelegte Kämpfe auszufechten, indem mehrere Spielbretter kombiniert werden. Zudem wurde versucht, Regeln für bis zu sechs Spieler aufzustellen, die aber nur recht holprig funktionieren. Preis ca. 15,- Euro 6 ZU DEN WAFFEN Statt vom Szenario vorgegebenen Truppen können nun zufällige Aufstellungen verwendet werden, die dennoch erstaunlich ausgewogen sind. Preis ca. 15,- Euro KOBOLD SCHARMÜTZLER 5 Das Set führt Kobold-Musikanten ein, die ihre Kampfgefährten auf dem Schlachtfeld ermutigen. Dazu kommen heimtückische Speerträger und Schleuderer. Preis ca. 20,- Euro KOBOLD PLÜNDERER 5 Hier sind weitere Kobold-Musikanten enthalten, sowie Hyänen- und Straußenreiter. Preis ca. 17,- Euro ZWERGEN BATAILLON 5 Das Set beinhaltet Dudelsackspieler sowie Speerträger und Axtschwinger. Preis ca. 20,- Euro SCHOTTISCHE KRIEGE 5 Erzählt die shcottischen Kriege aus der Sicht der Zwerge. Enthalten sind Rinderreiter, Stammesführer, berittene Ritter und Speerträger. Preis ca. 25,- Euro 100-JÄHRIGER KRIEG 5 Das Set enthält 30 spezialisierte Figuren wie Hornbläser, Hellebardiere oder Bogenschleuderer. Preis ca. 25,- Euro BATTLELORE Art Brettspiel Verlag Days of Wonder Sprache Deutsch Dauer ab 1 Stunde Spieler 2 Spieler ab 12 Jahre Jahr 2006 Preis ca. 70,- Euro 5 P/L 3 AUF 5 SSP 5 Seite 111 ANDUIN 95 Das Thema "Fantasy“ in der Anduin EINIGE ZUM THEMA PASSENDE ARTIKEL FRÜHERER AUSGABEN TEXT: TOMMY HEINIG In der Anduin sind inzwischen etliche Abenteuer und Artikel zum Thema „Fantasy“ erschienen. Im Folgenden möchte ich Euch einen kleinen Überblick über einige dieser Beiträge geben – ohne irgendeine bestimmte Sortierung. Abenteuer Advanced Dungeons & Dragons Kessel der Tränen Die Helden erhalten den Auftrag, einen verschwundenen Königssohn zu finden, der sich auf der Suche nach einem wichtigen magischen Artefakt befand und dabei einer Truppe erstaunlich gut ausgebildeter Orks in die Hände gefallen ist. » Anduin 68 Arcane Codex Das einsame Dorf Unsicherheit und Bedrückung macht sich breit, als die Helden ein kleines Dorf vor den Angriffen einer Banditenbande beschützen müssen. » Anduin 92 Das Schwarze Auge Der schwarze Wolf In diesem Abenteuer verschlägt es die Gruppe in den Nordosten Aventuriens, genauer gesagt nach Sewerien im Bornland. Dort stoßen sie mehrfach auf Zeugen, die von einem Werwolf berichten und finden schließlich auch Opfer und Spuren der Bestie. » Anduin 83 Das Schwarze Auge Mahatsch am Abgrund In diesem Abenteuer geht es um einen Geisterbeschwörer, der seine neuen Zauber an die Theraner verkaufen will. Die Stadt Mahatsch dient ihm als Versuchsort und gerät dadurch in große Gefahr. » Anduin 86 Universell Baathelors Strafe Beim Besuch eines ausgelassenen Festes werden die Helden beinahe Opfer eines Unfalls. Schnell stellt sich heraus, dass Diebe auf der Flucht verantwortlich sind. Doch von den Schrecken, die dadurch ausgelöst werden, ahnt zunächst niemand. » Anduin 88 Seite 112 Das Schwarze Auge Verrat in Port Corrad Die Helden werden von dem Kaufmann Jobdan Korninger nach Port Corrad geschickt, um herauszufinden warum Alidore Rhudainer, Stadtoberhaupt und betuchter Händler in Port Corrad und zudem guter Bekannter Korningers‘, seit einigen Monaten seine Geschäfte auf merkwürdige Art führt. » Anduin 73 Universell Grüne Eier in Schynken Das kleine Dorf Schynken schmiegt sich seit beinahe drei Jahrhunderten behaglich zwischen sanfte Hügel. Es ist ein ruhiger Ort, hunderte Meilen von der Stadt des Königs entfernt. Umso unverständlicher warum gerade über dieses Dorf ein übler Fluch gesprochen wird. » Anduin 84 Earthdawn Geteiltes Erbe Brennpunkt der Handlung ist ein altes Kaer, in das sich die Charaktere mit der von ihnen beschützten Karawane vor einem nur scheinbar willkürlichen Angriff einer Orkbrennerbande retten. Zur Unterstützung gegen die Orks rufen sie den Schutzgeist des Kaers, der sich jedoch als Dämon entpuppt. » Anduin 66 Hârnmaster Der Löwe von Korri Ein schwerer Herbststurm treibt das Wrack einer rethemischen Kogge ans Ufer einer Bucht der kandischen Küste. Ein wahrer Glücksfall für eine Handvoll Abenteurer, die just an diesem Morgen die Küstenstraße zwischen Sarkum und der Abtei von Melot bereisen, liegt doch der Gedanke an lukrative Fundstücke oder gar einen sagenhaften Schatz nahe. » Anduin 82 Das Schwarze Auge Wenn der Torwächter spricht Die Helden sind in ihrem Abenteuerleben wohl schon gegen viele Bösewichte, Monster und gar gegen Dämonen angetreten. Doch gegen den Tod persönlich sicher noch nicht. In diesem Abenteuer haben sie endlich die Gelegenheit dazu!. » Anduin 82 ARTIKEL Ausrüstungspakete Es kommt immer wieder einmal vor , dass Helden in fremde Gebiete reisen müssen. Neben Monstern warten dort noch weitere Gefahren, die durch die unbekannte Umgebung entstehen. Dabei kann man diesen Gefahren doch ganz einfach dadurch trotzen, dass man die passenden Ausrüstungsgegenstände einpackt. » Anduin 66 Bader, Feldscher und Barbiere Heutzutage geht man zum Arzt, wenn man krank ist. Im schlimmsten Fall muss man ins Krankenhaus, in dem vielfältige Eingriffe möglich sind und modernste Apparate bereit stehen. Dass dies früher nicht so war dürfte jedem klar sein. Doch wie war es genau, welche Heilmethoden gab es und wie kann man das ins Rollenspiel einbinden? » Anduin 82 Barnonie Hornstein Im offiziellen Aventurien gibt es diese Baronie nicht. Deshalb wurde ihre Lage möglichst unscharf angegeben. Jedenfalls erweitert sie die offizielle Kampagnenwelt um einen interessanten neuen Schauplatz. » Anduin 87 Der Dschungel Wie viele Spieler und Spielleiter wissen eigentlich wie ein Dschungel wirklich ist? Und wenn sie es nicht wissen, wie können sie ihn und seine Bewohner richtig und gut darstellen? Ein paar Antworten auf diese Fragen liefert dieser Artikel. » Anduin 91 Einhornjäger Ein eher seltener Beruf wird hier ausführlich vorgestellt. Es wird das Wissen weitergegeben, wie man nahezu jeden Teil der nervenden weißen Kreaturen gewinnbringend verwerten kann. » Anduin 91 Dies ist natürlich nur ein kleiner Teil der fantasybezogenen Artikel. Ein Stöbern in den alten Ausgaben der Anduin kann sich also durchaus lohnen und den einen oder anderen weiteren "Schatz" zu Tage fördern. ANDUIN 95 IGOR RIEGEL Igor Riegel ZWISCHEN ZUCKERSCHOCK UND TOTALER BEFRIEDIGUNG TEXT: TOMMY HEINIG Als wir zum ersten Mal einen gemacht haben, ist der Keksboden unter dem starken Eigengewicht des Riegels zusammengebrochen. Zudem haben wir die Schokoladenschicht zu dick und mit zu viel dunkler Schokolade gemacht. Aber mit jedem Igor Riegel werden wir besser und das Naschwerk hübscher. Igor Riegel haben sich zu einem Kult entwickelt, seit sie zum ersten Mal im Rollenspielcomic Dork Tower erwähnt wurden. Der Charakter Igor preist sie als ultimativen Exzess an, einen Riegel aus Keks, geschmolzenen Karamellbonbons, Erdnüssen, M&Ms, Toffifees und Schokolade. Zuerst haben wir die Textzeile „Für eine bis acht Personen - einen Rollenspieler oder acht normale Menschen“ für einen Witz gehalten, aber sie ist eher eine wahnwitzige Untertreibung. Niemand könnte einen richtigen Igor Riegel alleine essen - der Tod durch Zuckerschock wäre unumgänglich. Und acht normale Menschen sollte besser durch 20 normale Menschen ersetzt werden. Besonders in England und den USA gibt es auf vielen Rollenspielconventions Backwettbewerbe, in denen es darum geht, den besten Igor Riegel herzustellen. Bewertet wird meist in den Kategorien „Aussehen“, „Geschmack“ und „ausgefallene Idee“. Weitere Infos zu den Riegeln findet Ihr auf der englischsprachigen Homepage www.geocities.com/delazan/IgorBars.html. Außerdem haben wir diese Seite mit Bildern von Igor Riegeln gefunden, auf denen deutlich wird, von was für Ausmaßen wir hier sprechen: pics.livejournal.com/delazan/ gallery/0002ddy0 80g Mehl, 25g Kakaopulver, 25g Butter, 40g gehackte Haselnüsse. Der Brownie sollte groß genug sein, um damit zweimal eine Schicht in der Kastenform bilden zu können. Nach dem Backen wird der Brownie zum Abkühlen zur Seite gestellt. Nun schmelzt ihr 300g Schokolade (wir mischen meist Vollmilch und dunkle Schokolade im Verhältnis 2:1 damit es nicht zu süß wird). Gießt eine dünne Schicht in die Kastenform und verteilt darauf 3 Tassen gehackte Nüsse. Meist nehmen wir eine Mischung aus Macadamia und Mandeln – aber auch Erdnüsse (besonders gesalzene) eignen sich ausgezeichnet. Darauf kommt dann die restliche Schokolade, so dass die Nüsse schön bedeckt sind. Nun schneidet Ihr ein Stück aus dem Brownie, das über die volle Länge der Kastenform geht und links und rechts nur wenige Millimeter Platz zur Form lässt. Das legt Ihr auf die noch warme Schokolade und drückt es leicht an. Hier nun also unser ganz persönliches Rezept für einen Igor Bar nach Art von Peti und Tommy: Nun nehmt ihr eine gut beschichtete (!) Pfanne und schmelzt darin 150g Zucker bei mittlerer Temperatur bis er leicht bräunlich ist. Es kommen 400ml vorgewärmte Kondensmilch hinzu. Vorsicht, das kann spritzen und ist verdammt heiß! Wer mag kann auch etwas Rumaroma oder etwas Sahnelikör hinzugeben. Kocht das Ganze, bis die Flüssigkeit verdampft ist und ein leckerer hellbrauner zäher Karamell entsteht. Zunächst wird eine handelsübliche Kastenform ordentlich mit Backpapier ausgekleidet. Vergesst Ihr diesen Schritt, so könnt Ihr Euren Igor Riegel mit Hammer und Meißel aus der Form lösen und sehr wahrscheinlich eine neue Kastenform kaufen gehen. Der kommt auf die erste Brownieschicht, sollte aber nicht über den Seitenrand laufen (der wird später mit Schokolade ausgegossen). Jetzt legt Ihr eine zweite Brownieschicht in das flüssige Karamell und drückt wieder leicht an. Dann backt man aus den folgenden Zutaten einen nicht zu harten, aber auch nicht zu luftigen flachen Brownie: 4 Eier, 100g Zucker, Als nächstes wird wieder Schokolade geschmolzen - etwa 500g. Damit gießt ihr die Lesen & Spielen Form aus, so dass vom Brownie nichts mehr zu sehen ist. Achtet auch darauf, dass die Ränder ausgefüllt werden. Leichtes Schütteln der Kastenform hat sich dafür bewährt. In die noch flüssige Schokolade streut Ihr M&Ms, Rice Crispies oder worauf immer Ihr Lust habt. Zum Ende werden 200g weiße Schokolade geschmolzen und über alles gegeben. Meist versuchen wir, die weiße Schokolade mittig zu platzieren, so dass die dunkle Schokolade am Rand noch herausschaut. Das sieht einfach netter aus. Wer mag kann jetzt noch ein paar angeröstete Nüsse oder Cerialien aufstreuen. Jetzt nur noch den ganzen Riegel kalt werden lassen (dauert) und inzwischen eine Guillotine bauen, um den Riegel schneiden zu können. Herstellung und Verzehr auf eigene Gefahr! Nicht vergessen werden soll zum Schluss natürlich der Hinweis auf den Comic, dem wir das alles zu verdanken haben: archive.gamespy.com/comics/dorktower. Die Comics sind auf auf deutscher Sprache bei Feder & Schwert erschienen und können in jeder Buchhandlung bestellt werden. Einfach nach Dork Tower fragen. Seite 113 ANDUIN 95 Die LETZTE Seite CONVENTION KALENDeR 19. ZeltCON 2008 17. bis 25. Mai 2008 Zeltplatz in Herbstein (Hessen) Kontakt: Andreas Höller VFBS e.V. Homepage: www.zeltcon.de E-Mail: orga@zeltcon.de Dailor LETZTE WORTE FeenCon 2008 5. bis 6. Juli 2008 Bonn (Nordrhein-Westfalen) Organisation: GFR e.V. Homepage: www.feencon.de E-Mail: feencon@gfrev.de 2. Augsburger Zock 6. bis 7. September 2008 Augsburg-Göggingen Größe: 50 – 100 Besucher Kontakt: Info-Telefon: 08 21/99 47 44 E-Mail: zock@spieleschmiede.info Celtic Con 2008 20. bis 21. September 2008 Nürtingen (Baden-Würtemberg) Kontakt: Michael Scharpf Homepage: www.CelticCon.de E-Mail: info@CelticCon.de SparrenCon 10 3. bis 5. Oktober 2008 Bielefeld-Sennestadt (Nordrhein-Westfalen) Homepage: www.sparrencon.de SPIEL 2008 23. Oktober 2008 bis 26. Oktober 2008 Essen (Nordrhein-Westfalen) Homepage: www.internationalespieltage.de Quelle: www.gfrev.de STILBLÜTEN NSC-Händler: „Langschwerter, Kurzschwerter, Dolche… alles aus feinstem Blech!“ Spieler 1: „Was soll ich mit dem Stück Kreide?“ Spieler 2: „Das ist Elfenzucker!“ Spieler (Paladin): „Nach meiner Weihe hatte ich die Fähigkeit Untote bis zu einer bestimmten Stärke zu vernichten!“ Spieler (Krieger): „Ich hatte weder einen Mentor noch eine Weihe, aber ich habe auch die Fähigkeit Untote bis zu einer bestimmten Stärke zu vernichten…“ Seite 114 Nach einem Sturm muss der Mast des Schiffes notdürftig repariert werden… Spieler: „Käpt‘n Rumfass, denkt ihr, dass das Segel einem Windstoß standhält?“ Käpt‘n Rumfass: „Ich denke, dass Segel dafür gebaut sind.“ Spieler: „Ach, ich meine den Mast!“ Spieler: „Wie schlimm kann ein Bad schon sein?“ Spielleiter: „Nun ja, ihr seid in einem Drachenhort in einem Vulkan. Das Bad findet also im Lavabecken des Drachen statt.“ Spieler: „Cool, wenn da eine hitzebständige Quietscheente rumschwimmt will ich versuchen die zu stehlen!“ Spielleiter: „Dein Gehör ist plötzlich weg, als wärst du taub.“ Spieler (Elf): „Dann konzentriere ich mich auf den einzigen Sinn der mir noch bleibt – meine Infravision.“ Spieler: „Ich springe aus dem Fenster!“ *würfelt* Spieler: „Verflixt nochmal! Ich springe daneben und mache mir kritischen Schaden an der Wand!“ Mai 2008