Julia RATZMANN, Text
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Julia RATZMANN, Text
Zum Wohle der Menschheit Die Folgen der Atomwaffentests auf den Marshall-Inseln Ein Vortrag der Pazifik-Infostelle 1.Karte Pazifik und Karte Marshallinseln: Das Treuhandgebiet der Pazifischen Inseln (Trust Territory) Der pazifische Ozean ist das größte und tiefste Weltmeer. Er bedeckt ca. 35 % der Erdoberfläche, was mehr als die Hälfte der Meeresfläche der Erde ausmacht. Damit ist er größer als alle Kontinente der Erde zusammen. Mit über 11.000 Metern (Marianengraben) weist er zudem die tiefste Stelle der Erde aus. Dieser Größendimension gegenüber steht die vergleichsweise kleine Landfläche. Im Pazifischen Ozean gibt es etwa 10.000 Inseln (so genau weiß man dies nicht). Insgesamt machen die Inselgruppen in etwa 581.000 qkm (inkl. Papua-Neuguinea, PNG) aus, auf denen etwa 12 Mio. Menschen leben (davon allein in PapuaNeuguinea knapp 9 Millionen Menschen). Das Gebiet, das klassisch romantisch als Südsee, aber auch als Südpazifik oder Ozeanien bezeichnet wird, ist nicht klar umrissen. Es gibt unterschiedliche Definitionen. In erster Linie sind die Inseln südlich des Äquators aber auch die nördlich gelegenen Inseln bis nach Hawai'i gemeint, meist werden Neuseeland und Australien nicht dazugerechnet. Der Pazifik wird von vielen unterschiedlichen Kulturen geprägt. Im 19. Jh. wurde er kulturell in drei Gebiete aufgeteilt: - Mikronesien Melanesien (die Schwarzinselwelt) Polynesien (die Vielinselwelt) Uns interessiert heute vor allem Mikronesien (die „Kleininselwelt“). Seit 1946 fanden weltweit durch acht Staaten ca. 2057 Atomtests statt, über 300 davon im Pazifik. - - Die USA zündeten bis 1962 ca. 111 Atombomben. Testgebiete waren die Marshallinseln (die Atolle Bikini und Enewetak), das Johnston Atoll und die Weihnachtsinsel (Kiritimati = Krismas Island). Zwischen 1946 und 1958 wurden auf den Marshall-Inseln allein 67 Atomwaffentests durchgeführt. Frankreich führte in seiner Kolonie „Französisch-Polynesien“ (Atolle Moruroa und Fangataufa) von 1966 bis 1996 über 200 Tests durch, 46 atmosphärische und 167 unterirdische. Auch Großbritannien testete zwischen 1952 und 1962 16 Atombomben in mikronesischen Gebieten (Kiritimati, Malden Island), auf den MontebelloInseln (Indischer Ozean) und in Maralinga (Wüste in Australien). 1 Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges begann der Kalte Krieg und damit der (nukleare) Rüstungswettlauf zwischen den USA und der UdSSR (heute Russland). Dabei spielte Mikronesien, insbesondere die Marshallinseln, für die US-Amerikaner eine entscheidende Rolle. Sie hatten im Zweiten Weltkrieg dieses bis dahin japanische Kolonialgebiet erobert (seit 1885 deutsche Hoheitsrechte, von 1906 bis 1914 offizieller Teil der Kolonie des Deutschen Reiches „Deutsch Neuguinea“, 1914 von Japan erobert). 1947 wurden die Marshall-Inseln von den Vereinten Nationen zu einem strategischen Treuhandgebiet unter US-Verwaltung erklärt, was auch eine militärische Nutzung der Gebiete beinhaltete. Doch schon ein Jahr zuvor, 1946, hatten die USA auf den Marshall-Inseln Fakten geschaffen, die diesen Verpflichtungen diametral entgegenstanden: Sie begannen mit ihrem Atomwaffentestprogramm auf den Atollen Bikini und Enewetak. 2. Bikini: Zum Wohle der Menschheit und Evakuierung Im Februar 1946 kamen US-Militärs auf die Insel Bikini und überredeten die 167 Bewohner, ihre Insel zu evakuieren. Sie würden damit, so wurde ihnen erklärt, der Welt einen großen Dienst erweisen und dazu beitragen (Zitat eines Offiziers), „alle Kriege zu beenden und der Menschheit Frieden bringen“. Zitat „For the good of mankind“ Innerhalb kürzester Zeit mussten die Bikinier von ihrer Insel Abschied nehmen. Auch die Menschen von Enewetak mussten ihre Heimat verlassen. Keiner von ihnen konnte ahnen, dass sie noch mehrmals umgesiedelt werden sollten und nie wieder so befreit leben würden, wie auf ihren Inseln. Das brachte ihnen den Namen „Nuklearnomaden“ ein. 3. Admiral Blandy Am 1. Juli 1946 begann auf Bikini die erste von mehreren Testreihen – die Operation Crossroads. Erinnert sei daran, dass dieser erste Test als großes Medienspektakel aufgezogen wurde, mit Radioreportern, Kameraleuten und Tausenden von Soldaten. Wie haben sich wohl die Japaner gefühlt, wo nicht einmal ein Jahr zuvor die verheerenden Bomben auf Hiroshima und Nagasaki fielen? Admiral Bandy und seine Frau sowie ein weiterer US-Kommandant feierten den Beginn der Operation Crossroads in Washington mit einem besonderen „Kuchen“ (siehe Foto). Beachten Sie auch den Hut von Frau Blandy, eine Anspielung an den Atompilz, der bei einer Explosion entsteht. Die Begeisterung über die erfolgreichen Tests der Amerikaner im Pazifik war so groß, dass sogar „Miss-Wahlen“ durchgeführt wurden. Die amtierende Miss Atomic Bombe zeigt sich hier in einem Bikini, dessen Form einem Atompilz nachempfunden ist. 2 4. Atombombe „Able“ (Operation Crossroads), 1. Juli 1946, Bikini Von 1946 bis 1958 wurden auf dem Bikini- und Enewetak-Atoll 67 Atom- und Wasserstoffbomben gezündet, teilweise mit ungeheurer Sprengkraft. 5. Bikini-Atoll (Karte und Luftaufnahme) Atolle bestehen aus einem Ring von flachen Inseln, mit einer Lagune in der Mitte und einer Passage zum Meer. Im Bikini-Atoll liegt beispielsweise die Insel Bikini. Die Folgen der Atomexplosionen für die Atolle Bikini und Enewetak waren verheerend. Sechs Inseln wurden auseinandergerissen oder verdampften in der enormen Hitze; mindestens 18 weitere sind derart radioaktiv verseucht, dass sie für immer unbewohnbar bleiben. Die Atombombenversuche wurden von amerikanischen Soldaten beobachtet. Sie waren auf Militärschiffen stationiert, die kreisförmig um das Atoll lagerten. Die meisten Soldaten litten noch jahrelang an den Spätfolgen der radioaktiven Verstrahlung, da sie keine Schutzanzüge trugen. Die amerikanische Gesundheitsbehörde hat inzwischen eine Reihe von Krebsarten als „Spätfolgen“ der radioaktiven Verstrahlung anerkannt. Die Kinder dieser Strahlenopfer bekommen eine besondere Rente. 6. Runit: Krater und Betonsarg Auf anderen Inseln hinterließen die Sprengsätze riesige Krater, wie dieser hier auf der Insel Runit (Enewetak-Atoll), auf der allein 8 der 67 Atomversuche stattfanden. Bombenkrater dienten mancherorts der „Entsorgung“. Der Krater in Runit wurde 1979 mit 85.000 Kubikmeter radioaktiv verseuchten Erdreichs aufgefüllt, mit Zement zubetoniert und mit einem Stahlbetondeckel versiegelt. Der „Deckel“ reicht 9 Meter in die Höhe und hat einen Durchmesser von 115 Metern. Die Decke ist 45 cm „dick“, hat aber mehrere Risse und Löcher, teilweise bis zu 15 cm tief. Einheimische, die zum Fischen tageweise auf die Insel kommen, bezeichnen den Runit Dome als „The Tomb“ (das Grab). NUR zur Info: keine Übersetzung nötig! At the summit, figures carved into the weathered concrete state only the year of construction: 1979. Officially, this vast structure is known as the Runit Dome. Locals call it The Tomb. Below the 18-inch concrete cap rests the United States’ cold war legacy to this remote corner of the Pacific Ocean: 111,000 cubic yards of radioactive debris left behind after 12 years of nuclear tests. Brackish water pools around the edge of the dome, where sections of concrete have started to crack away. Underground, radioactive waste has already started to leach out of the crater: according to a 2013 report by the US Department of Energy, soil around the dome is already more contaminated than its contents. 3 Now locals, scientists and environmental activists fear that a storm surge, typhoon or other cataclysmic event brought on by climate change could tear the concrete mantel wide open, releasing its contents into the Pacific Ocean. “Runit Dome represents a tragic confluence of nuclear testing and climate change,” said Michael Gerrard, director of the Sabin Center for Climate Change Law at Columbia University, who visited the dome in 2010. “It resulted from US nuclear testing and the leaving behind of large quantities of plutonium,” he said. “Now it has been gradually submerged as result of sea level rise from greenhouse gas emissions by industrial countries led by the United States.” Enewetak Atoll, and the much better-known Bikini Atoll, were the main sites of the United States Pacific Proving Grounds, the setting for dozens of atomic explosions during the early years of the cold war. The remote islands – roughly halfway between Australia and Hawaii – were deemed sufficiently distant from major population centres and shipping lanes, and in 1948, the local population of Micronesian fishermen and subsistence farmers were evacuated to another atoll 200 km away. In total, 67 nuclear and atmospheric bombs were detonated on Enewetak and Bikini between 1946 and 1958 – an explosive yield equivalent to 1.6 Hiroshima bombs detonated every day over the course of 12 years. The detonations blanketed the islands with irradiated debris, including Plutonium239, the fissile isotope used in nuclear warheads, which has a half-life of 24,000 years. When the testing came to an end, the US Defence Nuclear Agency (DNA – later the DoE) carried out an eight-year cleanup, but Congress refused to fund a comprehensive decontamination programme to make the entire atoll fit for human settlement again. The DNA’s preferred option – deep ocean dumping – was prohibited by international treaties and hazardous waste regulations, and there was little appetite for transporting the irradiated refuse back to the US. In the end, US servicemen simply scraped off the islands’ contaminated topsoil and mixed it with radioactive debris. The resulting radioactive slurry was then dumped in an unlined 350-foot crater on Runit Island’s northern tip, and sealed under 358 concrete panels. But the dome was never meant to last. According to the World Health Organization, the $218m plan was designed as temporary fix: a way to store contaminated material until a permanent decontamination plan was devised. Meanwhile, only three of the atoll’s 40 islands were cleaned up, but not Enjebi, where half of Enewetak’s population had traditionally lived. And as costs spiralled, resettlement efforts of the northern part of the atoll stalled indefinitely. Nevertheless, in 1980, as the Americans prepared their own departure, the driEnewetak (“people of Enewetak”) were allowed to return to the atoll after 33 years. Three years later, the Marshall Islands signed a compact of free association with the US, granting its people certain privileges, but not full citizenship. The deal also settled of “all claims, past, present and future” related to the US Nuclear Testing Program – and left the Runit Dome under the responsibility of the Marshallese government. Today, the US government insists that it has honoured all its obligations, and that the jurisdiction for the dome and its toxic contents lies with the Marshall Islands. The Marshallese, meanwhile, say that a country with a population of 53,000 people and a GDP of $190m – most of it from US aid programs – is simply incapable of dealing with the potential radioactive catastrophe left behind by the Americans. 4 “It’s clear as day that the local government will neither have the expertise or funds to fix the problem if it needs a particular fix,” said Riyad Mucadam, climate adviser to the office of the Marshallese president. Today, Runit – the setting for JG Ballard’s short story Terminal Beach – is still uninhabited, but it receives regular stream of visitors heading from neighboring islands to its abundant fishing grounds or searching for scrap metal to salvage. Approaching the island by boat across from the vast, shallow lagoon – the world’s second largest – the concrete structure is barely visible among the scrubby trees. Three decades after the Americans’ departure, abandoned bunkers dot the shoreline, and electric cables encased in black rubber snake across the sand. Nowhere on the beaches or the dome itself is there a warning to stay away – or even an indication of radioactivity. Enewetak’s senator Jack Ading, who lives in Majuro 600 miles away, doesn’t believe his home atoll is safe: resettlement efforts in Rongelap and Bikini atolls, also affected by testing, had to be aborted in the 1970s due to lingering contamination, despite safety assurances by the US. “Just close it off,” said Ading, who has called for armed guards to be stationed on the site – or at the very least the construction of a fence. “If they |the US government] can spend billions of dollars on wars like Iraq, I’m sure they can spend $10,000 for a fence. It’s a small island. Make it permanent for people not to visit Runit Dome and the surrounding area, ever.” Locals say they know there is “poison” on the island – there is no Marshallese word for contamination – but say that Runit offers one of the few sources of income on the impoverished atol. The US has yet to fully compensate the dri-Enewetak for the irreversible damage to their homeland, a total amounting to roughly $244m as appraised by the Nuclear Claims Tribunal, which was established by the US Congress in 1988 to adjudicate claims for compensation for health effects from the testing. Traditional livelihoods were destroyed by the testing: the US Department of Energy bans the export of fish and copra – dried coconut flesh used for its oil – on the grounds of lingering contamination. Nowadays, the atoll’s growing population survives on a depleted trust fund from the Compact of Free Association with the US, but payouts come to just $100 per person, according to locals. Many locals are deeply in debt, and dependent on a supplemental food program funded by the US Department of Agriculture, which delivers shipments of process foods such as Spam, flour and canned goods. The destruction a centuries-old lifestyle have lead to both a diabetes epidemic and regular bouts of starvation on the island. Those who can afford it have taken advantage of the Compact’s visaless travel benefits and migrated to Hawaii. “Enewetak has no money. What will people do to make money?” asked Rosemary Amitok, who lives with her husband Hemy on the atoll’s largest island. The couple eke out a living by scavenging for scrap copper on Runit and other islands on the atoll. For weeks at a time, they camp out in a makeshift tent on the island while Hemy digs for cables and other metal debris. The sell the salvage for a dollar or two per pound to a Chinese merchant who runs Enewetak’s only store and exports the metal, along with sea shells and sea cucumbers to Fujian in China. Other – and more worrying – traces of Enewetak’s history have also reached China: according to a 2014 study published in Environmental Science & Technology, 5 plutonium isotopes from the nuclear tests have been found as far a the Pearl River Estuary in Guangdong province. Many people in Enewetak fear that one day the dome will break open, further spreading highly radioactive debris. As catastrophic weather events become more frequent, recent studies – including 2013 study of the Runit Dome’s structural integrity carried out by the DoE – have warned that typhoons could destroy or damage the cement panels, or inundate the island. With sea levels projected to rise three feet by 2100, Runit Dome could be submerged within a generation. A 2013 report commissioned by the US Department of Energy to the Lawrence Livermore National Laboratory acknowledged that radioactive materials are already leaching out of the dome, but downplays the possibility of serious environmental damage or health risks. “The waste within the dome is at least contained. There aren’t too many concerns for the Runit Dome to pose a threat to local people,” said Terry Hamilton, the scientific director for the Marshall Islands Program of the DoE-commissioned Lawrence Livermore National Laboratory. Hamilton said that cracks in the concrete were merely the result of long-term drying and shrinkage, but said the DoE was planning to carry out cosmetic repairs in order to restore public confidence. The DoE insists Enewetak is safe for human settlement today, and says it monitors local residents, groundwater, crops and marine life for radiation. Separate checkups are carried out on those suspected of digging for scrap metal. Though Enewetak is not allowed to sell its copra and fish, Hamilton insists the produce would satisfy safety standards on the international market. But locals complain that basic information – including results of their own tests for exposure to plutonium – is not readily accessible to them. Independent scientists say that salvaging Runit’s scrap metal may expose locals to much higher risks. “Those guys are digging in the dirt breathing in stuff in hot spots. That has to be hundreds of thousands times higher doses of potential health effects than swimming,” said Ken Buessler, a senior scientist and marine chemist at the Woods Hole Oceanographic Institution, who visited Runit and gathered samples of sediment in the lagoon earlier this year. In 2012, Barack Obama signed legislation directing the DoE to monitor the groundwater beneath the dome, conduct a visual study of its exterior and submit reports determining whether contamination in the dome poses a health risk to the driEnewetak. In an emailed response to questions, US ambassador to the Marshall Islands Thomas Armbruster said that a recent meeting between the US, the DoE and the Marshall Islands government was “one of the best ever”. The minister himself remembers that encounter differently. Tony De Brum was nine years old and living on the atoll of Likiep, when he witnessed the blinding flash, thunderous roar and blood-red skies of Castle Bravo, the most powerful hydrogen bomb ever detonated by the US, which was tested at Bikini Atoll on 1 March 1954. Now the Marshall Islands minister of foreign affairs, he has since emerged as a voice for small island nations in international climate negotiations and leading advocate on the non-proliferation of nuclear weapons. De Brum is spearheading an ambitious lawsuit against the world’s nuclear powers, including the US, at the International Court of Justice. 6 “We asked the Americans, are you going to put a sign on the dome that says ‘Don’t come here because you might get exposed’?” he said. “Our president asked: ‘Are you going to put a sign up so that the birds and turtles also understand?’” The US has never formally apologized to the Marshall Islands for turning it into an atomic testing ground. When the UN special rapporteur on human rights and toxic waste, Calin Georgescu, visited the Marshall Islands in 2012 he criticized the US, remarking that the islanders feel like ‘nomads’ in their own country. Nuclear testing, he said, “left a legacy of distrust in the hearts and minds of the Marshallese”. “Why Enewetak?” asked Ading, Enewetak’s exiled senator during an interview in the nation’s capital. “Every day, I have that same question. Why not go to some other atoll in the world? Or why not do it in Nevada, their backyard? I know why. Because they don’t want the burden of having nuclear waste in their backyard. They want the nuclear waste hundreds of thousands miles away. That’s why they picked the Marshall Islands.” - See more at: http://www.darkgovernment.com/news/u-s-radioactive-waste-leakinginto-pacific/#sthash.Ph28K4Eh.dpuf 7. Karte von Rongelap Während die Bikiniinsluaner von ihren Inseln evakuiert wurden, sahen sich die Bewohner benachbarter Inseln in einer weniger günstigen Lage. Am folgenschwersten traf es die Insel Rongelap. Hier wurden die Auswirkungen von radioaktiver Strahlung auf Mensch und Natur beobachtet. Eine unvergleichliche Leidensgeschichte begann. Atomtest-Aktivistin Lijon Eknilang erlebte ihren 8. Geburtstag auf Rongelap, als die erste Atombombe dort gezündet wurde. Sie starb an den Spätfolgen von Schilddrüsenkrebs, hatte keine Kinder, sondern 7 Fehlgeburten. Zitat Lijon:…“Dann begann es auf Rongelap zu schneien. Wir hatten von den Missionaren schon von Schnee gehört, aber das war das erste Mal, dass wir weiße Teilchen vom Himmel fallen sahen, die unsere Insel bedeckten. Viele Stunden lang fiel das Gift aus der Bombe auf unsere Inseln. Wir Kinder spielten in dem Pulver, es machte uns Spaß, aber später wurde jeder krank und wir konnten überhaupt nichts mehr tun“. 8. Karte: Fallout der Bombe „Bravo“ Am 1. März 1954 stieg ein gigantischer Feuerball westlich von Rongelap, das nur etwa 150 km südöstlich von Bikini liegt, in den Himmel – die Sonne ging an diesem Morgen zweimal auf. Über dem Bikini-Atoll hatten die USA eine Wasserstoffbombe gezündet, die in etwa die 1.000-fache Sprengkraft der Hiroshimabombe hatte, 17 Megatonnen! Wenn man nun bedenkt, dass bei dem Angriff auf Hiroshima ca. 70.000 Menschen sofort den Tod fanden und geschätzte 230.000 Menschen an den Spätfolgen starben, möchte man sich das Ausmaß der Bombe nicht vorstellen. Die Bombe trug den Codenamen „Bravo“. Ihre Explosion war so gewaltig, dass Teile des Riffs und Lagunenbodens bis zu 30 km hoch in die Luft geschleudert wurden. Der Explosionskrater maß 2 km im Durchmesser und war 76 m tief. Zu dieser Zeit befanden sich 64 Personen auf Rongelap (inklusive Ailinginae Atoll). 7 Wie in den 1980er Jahren Militärdokumente bewiesen, wurde die Bombe gezündet, obwohl den Verantwortlichen bekannt war, dass der Wind bereits seit Tagen nach Osten blies (propagiert wurde etwas anderes). Die Bewohner von Rongelap waren weder evakuiert noch über das gefährliche Experiment und seine gesundheitsschädlichen Folgen informiert worden. Ohne Vorwarnung konnte den Rongelapesen die unsichtbare Gefahr der radioaktiven Strahlung so wenig ein Begriff sein, wie der Fallout, der auf die Insel als schneeähnliches Pulver niederging und mit dem die Kinder spielten. Einen Tag nach der Explosion erschein ein Untersuchungsteam auf Rongelap, nahm Strahlungsmessungen vor und verschwand wieder. Erst 48 Stunden nach der Zündung der Bombe wurden die Rongelapesen schließlich evakuiert. 9. Karte mit Umsiedlungsbewegungen der „Nuklearnomaden“ Seit Beginn der Atomtests mussten die Bewohner der Testgebiete ein Leben als „Nuklearnomaden“ fristen. Sie wurden von einem Atoll ins andere umgesiedelt, ohne jedoch auch nur annähernd wieder ein Leben führen zu können, wie dies in ihren Heimatatollen möglich war. Bikini (rot): 1946 Rongerik 1948 Kwajalein, dann Kili 1968 Bikini 1978 Kili und Ejit (Majuro Atoll) Rongelap (grün): 1954 Kwajalein, dann Ejit (Majuro Atoll) 1957 Rongelap 1985 Mejatto (Kwajalein Atoll), aber auch Ebeye (Kwajalein Atoll) und Majuro Atoll Enewetak (lila): 1947 Ujelang (1,74 km²) 1980 Enewetak 10. Geschichte des Atoll Rongelap Siehe der Text auf den Powerpoint-Folien 11. Wiederbesiedlungsprojekt des Atoll Rongelap Auch wenn sich der Ozean nicht in Luft aufgelöst hat, so doch zumindest einige Inseln. Zudem sind durch die zahlreichen Atomwaffentests die Inseln hochgradig radioaktiv verstrahlt worden. Problematisch für Mensch und Umwelt sind v. a. die Spaltprodukte (radioaktives Isotop) Cäsium 137 und Strontium 90, sowie alphastrahlende Radionuklide wie Plutonium 239, Plutonium 240 und Americium 241. Seit den späten 1970er Jahren unterhalten die USA Langzeitforschungsprogramme auf den verstrahlten Atollen Bikini, Enewetak, Rongelap und Utrik. Neben Strahlungsmessungen bei den Bewohnern von Enewetak, werden weite Teile der Inseln entseucht. Dies geschieht in erster Linie mit zwei Methoden: Mit Zuhilfenahme von kaliumhaltigen Düngemitteln, die die Aufnahme von Cäsium 137 in den Pflanzen 8 reduziert, sowie durch das Abtragen von etwa 40 cm Bodenschicht und einer anschließenden Befüllung mit Korallensand. Letzteres wird besonders in Gebieten vorgenommen, die bei einer Besiedlung stark frequentiert werden. Nach Angaben des Lawrence Livermore National Laboratory würde damit die Strahlung auf 0,017 rem reduziert sein. Das Marshall Islands Nuclear Claims Tribunal gibt einen Grenzwert für eine Rücksiedlung von 0,015 rem an. Damit wären die Atolle wieder besiedelbar. Dies wäre jedoch nur mit Lebensmittellieferungen von Außen möglich. 12. Atoll Ebeye Ebeye ist nur 0,32 km² klein. Dort leben ca. 12.000 Menschen. Damit ist Ebeye einer der am dichtest besiedelten Orte auf der Welt – so viel zur paradiesischen Südsee. Im Pazifik ist Ebeye als der „Slum des Pazifiks“ bekannt. Das Leben auf den fremden Inseln war hart. Es war zu wenig Platz und eine eigenständige Versorgung mit Nahrung war kaum möglich. Kili ist nur 0,93 km² klein und umgeben von einer rauen See, sodass eine kontinuierliche Schiffsverbindung und damit Versorgung mit Lebensmitteln nicht möglich ist. Zudem hat die Insel keine Lagune, in der die Menschen fischen gehen könnten. Aus Fischern mussten Farmer werden. Die Bikinier mussten mit eingeführten Nahrungsmitteln, unter anderem Reis, versorgt werden, bis sie 1978 erneut evakuiert wurden und auf die Insel Kili zurückkehrten. Der US-amerikanische Kongress entschied per Gesetz, dass von 1964 bis 2004 $US 400 Mil. Kompensationszahlungen für Gesundheitsdienst und die Entseuchung der Inseln bereitgestellt werden. Diese Summe repräsentiert weniger als 20 % des jährlichen Budgets der nationalen Versuchsanstalt Los Alamos. Diese Anstalt entwickelte die erste Atombombe und ist eine von 13 Laboratorien, die dem Energiedepartment unterstellt sind. 1986 wurde zwischen den Marshallinseln und den USA der Compact of Free Association (CFA) unterzeichnet, der 2003 für weitere 20 Jahre verlängert wurde. Der Vertrag bietet den Marshallesen einige Leistungen, wie beispielsweise freie Einreise in die USA und Zugang zu deren Schulen und nationale Förderungsprogramme, und garantiert die militärische Verteidigung der Inseln durch die USA. Als weiterer Teil des CFA wurden $US 150 Mil. für alle vergangenen und zukünftigen Forderungen aus den Folgen der Atomversuche in einen Fonds geschüttet. Im Gegenzug wird den USA erlaubt, ihre Raketenbasis in Kwajalein-Atoll bis mindestens 2066 weiterzuführen. Zuletzt wurde 2007 an Rongelap eine Entschädigung in Höhe von 1 Million US-Dollar gezahlt. Seit 2009 gilt der Fonds als leer, die Zahlungen aus dem Fonds wurden eingestellt. Im Rahmen des Compact fließen jedoch noch einige wenige Gelder: - 1,3 Mio. Dollar jährlich für Food and Agricultural Programe für Bikini und Enewetak Rongelap Resettlement Fund Ausbildung von Rechtsanwälten und Richtern auf den Marshall-Inseln (MI) 9 Das meiste des Geldes ist für die notwendigsten Entseuchungen, für Umsiedlung und Kompensationen an Personen ausgegeben worden. Weitere Forderungen des Nuclear Claims Tribunal, das 1988 unter dem CFA eingerichtet wurde, weist die USamerikanische Regierung zurück. Bei weitem reicht das Geld, das den Menschen in den Marshallinseln zugesprochen wurde, nicht aus. Man geht davon aus, dass mehr als 22 Mil. Dollar für Ansprüche aus Schäden für die Gesundheit der Menschen und etwa 2 Milliarden Dollar für Ansprüche aus der Zerstörung des Landes fehlen. Ganz abgesehen von den seelischen, sozialen und kulturellen Schäden, die mit keinem Geld der Welt auszugleichen sind, wäre das angeforderte Geld eine finanzielle Erleichterung für die schwer geschädigten Menschen und Inseln. Seit einigen Jahren ist das Bikiniatoll aufgrund der vielen versenkten Schiffe ein Tauchspot für Wracktaucher. Die Taucher machen jedoch nur organisierte Tagesausflüge, denn das Atoll gilt nach wie vor als unbewohnbar. 13. Haarausfall: Kopf eines Kindes Die ersten Erkrankungen traten bereits kurz nach dem Niedergang des Fallouts auf. (Die Haut begann zu jucken und zu brennen. Zu den häufigsten Beschwerden gehörten Haarausfall, Hautverbrennungen, Übelkeit, Durchfall, Kopf- und Augenschmerzen, sowie Taubheit der Glieder.) Verbrennungen: Hals eines Mannes Die ersten Messergebnisse nach dem „Bravo“-Test zeugten schon vom Ausmaß der Gefahr: Ärzte registrierten bei den Bewohnern eine Strahlung von 175 rem GammaAktivität, eine extrem hohe Strahlung innerhalb von wenigen Tagen. Um einen Vergleich zu geben: In der deutschen Strahlenschutzverordnung wird ein Grenzwert von 0,01 rem Gamma-Aktivität pro Jahr angegeben! Missbildungen: Kind und Baby Die Folgen des Fallouts und der Strahlung, der die Bevölkerung in ihrer Heimat nun dauerhaft ausgesetzt war, zeigten sich in den Jahren danach: Die Rate der Totgeburten, Missbildungen und Krankheiten wie Leukämie und Schilddrüsenkrebs stieg steil an. Auch diejenigen, die dem Fallout nicht ausgesetzt waren, erkrankten, und nach einigen Jahren bestand kein Unterschied mehr zu der Gruppe von Menschen, die während der Explosion auf Rongelap gelebt hatte. Atomtestopfer mit Behindertenausweis, der zur Auszahlung einer monatlichen Rente berechtigt. Diese kann in bar beim „Liasion Officer“ vor Ort auf den Atollen abgeholt werden und beträgt rund 150 US-Dollar. 14. Ernährung Die Menschen in Mikronesien leben vom Fischfang und den wenigen traditionellen Kulturpflanzen, die auf den Atollen gedeihen: Kokosnüsse, Taro (wie hier im Bild – eine stärkehaltige Knollenpflanze), Pandanus, Maniok, Brotfrucht. Nach ihrer Rückkehr war die Nahrung der Rongelapesen – die Fische in der Lagune ebenso wie alles, was auf der Insel wuchs – natürlich hoch belastet. Sie waren auf Nahrungsmittelimporte aus USA angewiesen. 10 Die radioaktive Verstrahlung der Nahrungspflanzen ist seit dem Reaktorunfall von Fukushima wieder gewachsen, da radioaktiv verseuchtes Wasser aus den Reaktoren in den Pazifik abgeleitet wird. Selbst auf Hawai’i wurden erhöhte Strahlenwerte gemessen. Durch die Tests wurde den Bewohnern auch die Nahrungsgrundlage (Kokosnüsse und Taropflanzen) entzogen. Kokospalmen müssen mühsam wiederaufgeforstet werden. Die meisten Lebensmittel auf den Atollen bleiben ungenießbar aufgrund der Verstrahlung, deshalb schicken die USA Care-Pakete mit Schiffen. 15. Unterzeichnung des partiellen Atomteststoppvertrags 1968 unterzeichneten die USA, Großbritannien und die UdSSR den teilweisen Atomteststoppvertrag, der Nuklearversuche in der Atmosphäre, unter Wasser und im Weltraum verbietet. Tests unter der Erde durften weiterlaufen. Zur Begründung: Die drei Staaten hatten bis dahin genug Daten von oberirdischen Tests gesammelt, dass sie nun unter der Erde weitertesten konnten. Großbritannien stellte seine Tests ganz sein, die USA setzten ihre Tests in Nevada fort. Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons) Der Vertrag wurde 1968 beschlossen, trat 1970 in Kraft, nachdem er von 147 Staaten ratifiziert wurde. 1995 wurde er unbegrenzt verlängert. Er soll die Verbreitung (Proliferation) von Atomwaffen verhindern, aber gleichzeitig die friedliche Nutzung der Atomenergie auch für Nicht-Atommächte ermöglichen. Der Vertrag definiert Proliferation als Herstellung oder Erwerb nuklearer Sprengsätze durch Staaten, die vor dem 1.1.1967 keine Atomwaffen erprobt haben, also alle Staaten außer den ersten fünf Atommächten USA (1945), Sowjetunion (1949), Großbritannien (1952), Frankreich (1960 und China (1964), die damit als offizielle Atommächte gelten. Diese verpflichteten sich in dem Vertrag, kein waffenfähiges Nuklearmaterial und keine zum Bau von Atomwaffen verwendbaren Technologien an andere Länder weiterzugeben und selbst abzurüsten. Alle weiteren 183 Länder, die dem NPT als Nichtatomwaffenstaaten beigetreten sind, dürfen laut Vertrag ihren Atom-Status nicht verändern. Einschließlich der Atommächte betreiben derzeit (Stand 10.12.03) 44 Staaten Atomreaktoren. Die Überwachung der Einhaltung des NPT obliegt der IAEO. Das IAEO-Zusatzprotokoll von 1997 ergänzt den Vertrag und ermöglicht effektivere Kontrollen. Bis dato haben 189 den AWSV unterzeichnet: Dazu gehören NICHT: Südsudan, Indien, Pakistan, Israel, Nordkorea (2003 ausgetreten) Ziel des Vertrages ist die vollständige Abrüstung aller Atomwaffen. 16. Aktuelle Ereignisse 2014 Marshall-Inseln reichen Klage ein in Den Haag Dezember 2015 Reach-MI wird gegründet 11 17 Ziele der neuen Nichtregierungsorganisation Reach-MI Siehe Ausdruck aus dem Internet 18. 1. März 2016 Nuclear Day: 70 Jahre Bikini Siehe Text auf der Folie 19. Gedicht von Kathy Jetnil-Kijiner zu den Atomwaffenversuchen auf den MI „History Day“ Kathy Jetnil-Kijiner von den Marshall-Inseln ist Poetry-Slammerin. Sie hat bereits vor den Vereinten Nationen gejamt und auch im letzten Dezember in Paris bei der Klimakonferenz. Sie ist die Tochter von Dr. Hilda Heine, die im Januar 2016 zur Präsidentin der Marshall-Inseln gewählt wurde. Heine ist das erste weibliche Staatsoberhaupt überhaupt im Pazifik. 12