1. Sachanalyse 1.1. Personenbeschreibung Möglichkeiten des
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1. Sachanalyse 1.1. Personenbeschreibung Möglichkeiten des
1. Sachanalyse 1.1. Personenbeschreibung Möglichkeiten des Aufbaus einer Personenbeschreibung: Es gibt unterschiedliche Aufbauformen der Personenbeschreibung: − „von oben nach unten” Ein sehr einfaches Aufbauschema, bei dem man davon ausgeht, dass die auffälligen Details v.a. im Kopfbereich liegen und so zuerst genannt werden. Dieses Vorgehen ist sehr schematisch und neigt dazu, sich zu verselbstständigen. − „Gesicht, Körper, Kleidung, Details” Auch hier wird ein für die Schüler/innen gut merkbares Schema vorgegeben, das einen etwas originelleren Output generiert als die erste Variante. − „vom Wichtigen zum Unwichtigen” Wichtig ist, was unterscheidend ist. Damit kann „wichtig” auch durch „auffällig” ersetzt werden. Dieses Vorgehen hat inhaltlich am meisten Sinn, ist aber für Schüler/innen am schwierigsten umzusetzen. Wenn man diese Variante wählt, sollten die Schüler/innen auf jeden Fall dazu angehalten werden, vor dem Schreiben der Personenbeschreibung eine Sammlung der Merkmale anzufertigen (gerne auch nach einem der beiden vorigen Schemata) und diese hinsichtlich ihrer Auffälligkeit zu ordnen. Eine Personenbeschreibung muss immer im Präsens erfolgen. In die Einleitung gehören Angaben wie Person, Geschlecht, Alter, Beruf (Tätigkeit), Bedeutung der Person. Im Hauptteil wird beschrieben, wie die Person aussieht, was für ein Wesen sie hat (ihre Gedanken, ihre Eigenschaften und Gefühle, die Stellung, ihre Einstellung, die Beziehung zu anderen, ihre Gewohnheiten und Verhaltensweisen, welchen Einfluss auf andere die Person hat. Zum Schluss: erfolgt eine Zusammenfassung aller wichtigen Ergebnisse. Einige allgemeine Anhaltspunke für die Personenbeschreibung: 1. Allgemeines: Name, Alter, Geschlecht, Herkunft © die LÜBECKER MUSEEN 2. die äußere Gestalt (optisch gesehen): -‐ Hautfarbe, Rasse, Körpergröße -‐ Figur (groß, klein, schlank, dick, schlaksig) -‐ Arme -‐ Hände (groß, klein) -‐ Beine (lang, kurz, O-‐ oder X-‐Beine) -‐ Füße (klein, groß, schmal, platt) 3. Kopf -‐ Kopfform (oval, rund, symmetrisch,) -‐ Haare -‐ Haarfarbe (blond, braun, rot, schwarz) -‐ Haarwuchs und Länge (Locken, glatt, struppig, bei Männern evtl. Bart) -‐ Augen -‐ Augenarbe (blau, grau, grün) -‐ Augenform (rund, oval, mandelförmig) -‐ Augenbrauen -‐ Stirn -‐ Lippen -‐ Brilleträger -‐ Nase (lang, kurz, dick, dünn, krumm) -‐ Ohren (klein, groß, schmal, abstehend) -‐ Mund (klein, groß, schmal) -‐ Besonderheiten (Leberfleck, Falten) 1.2. Friedrich Carl Gröger (*14.Oktober 1766 in Plön; † 9.November 1838 in Hamburg) war ein norddeutscher Porträtmaler und Lithograf. Der Sohn eines Schneiders wuchs in einfachen Verhältnissen auf und sollte nach dem Willen der Eltern zunächst auch Schneider werden. Aufgrund des Widerstands seiner Eltern gegen seine Neigung bildete er sich weitgehend autodidaktisch zum Maler aus. 1785 lies er sich in Lübeck nieder. Hier fand er in Heinrich Jacob Aldenrath seinen ersten und treuesten Schüler und lebenslangen Freund. Ab 1789 studierten beide gemeinsam an der Akademie in Berlin. © die LÜBECKER MUSEEN Anschließend gingen sie gemeinsam nach Hamburg. Nach einer gemeinsamen Studienreise nach Dresden und Paris lebten sie bis 1807 wieder in Lübeck. Weiter wechselnd zwischen Hamburg, Kopenhagen, Kiel und Lübeck, ließen sie sich um 1814 dauerhaft in Hamburg nieder. Gröger entwickelte sich vom Miniaturmaler zum Porträtmaler. Nach Erfindung des Steindrucks und der Lithografie und deren Bekanntwerden in Norddeutschland wandten sich beide auch dieser Technik zu und vervollkommneten sich gemeinsam unter der Firma Gröger & Aldenrath in dieser. Gröger war einer der angesehensten Porträtmaler seiner Zeit in Norddeutschland. „Bildnis der Henriette Heintze mit ihren zwei Kindern“, 1803 Das Porträt einer Mutter mit ihren beiden Kindern ist in der Darstellung auf verschiedene Weise neuartig in seiner Zeit. Es zeigt ein neues Bild von Familie, ein neues Selbstverständnis derselben. Henriette Heintze (1775-‐1845), Ehefrau des Arztes Friedrich Adolf Freiherr von Heintze (1768-‐1832), sitzt auf einer weißen Parkbank vor einer weiten Landschaft. Sie hält ihre kleine Tochter Henriette (1800-‐1837) liebevoll in den Armen. Ihr Sohn Josias Friedrich Ernst (1800-‐1867) steht links vor seiner Mutter und Zwillingsschwester. Sein Händchen liegt im Schoß seiner Mutter und bildet eine Verbindung zu seiner Schwester. Diese ist dem Betrachter lächelnd zugewandt. Die Kinder, als eigenständige Charaktere dargestellt, sind das eigentlich Neue dieses Gemäldes. Symbolhaft für natürliches (Auf-‐)Wachsen befinden sich im Vordergrund Pflanzen. Ebenso symbolhaft ist der Aufenthalt in der Natur -‐ die Familie erscheint als Teil eines harmonischen Naturganzen. Dagegen ist die Rollenverteilung unter den Geschwistern sehr traditionell. Das Mädchen ist eng an die Mutter gebunden; optisch durch das Kleid und emotional durch die Position dicht an der Mutter. Der Junge hingegen steht bereits auf eigenen Füßen. In den Händen hält er ein buntes Holzpferdchen, das auf seine zukünftige Rolle hinweist, die hiermit spielerisch eingeübt wird. Auch das Erscheinungsbild der Mutter ist klassisch. Ein kostbares Gewand der Empirezeit, die dunklen Haare mit griechischem Knoten antikisch gebunden -‐ so © die LÜBECKER MUSEEN verkörpert sie das strenge Idealbild der Mutter, das wiederum mit dem spielerischen Element kindlicher Lebendigkeit kontrastiert wird. „Familie Souchay“, 1805 Das Gemälde zeigt eine bürgerliche Familie. Neben der Mutter mit ihren Kindern ist der Vater als zentrales Familienoberhaupt dargestellt. André Souchay (1759-‐1814) war Kaufmann und französischer Konsul in Lübeck. Es steht rechts vor einer geöffneten Arkade, die den Blick auf den Himmel freigibt. Die Beziehung des Mannes zur Außenwelt wird damit symbolisiert. Der klassische Formenkanon der Architektur bestimmt den Bildeindruck mit und verdeutlicht die Bedeutung der Personen im Sinne eines traditionellen Herrscherbildes. Souchays festes Auftreten findet seinen Widerhall in der Kulisse. Diese wiederum unterstreicht die Rolle des Familienoberhauptes. Die Familienmitglieder scheinen locker und zufällig platziert. Jedoch erscheint die Komposition als Ausdruck für dynastischen Anspruch. Dem Vater zugeordnet sind die Tochter Cornelie (1796-‐1829) und der Sohn Marc André (1896-‐1868). Die Mutter Cornelia (1765-‐1838) ist mit dem jüngsten Sohn Heinrich Wilhelm gezeigt. Bei genauerer Betrachtung fällt dann auf, dass die Frauen die männlichen Familienmitglieder rahmen. Darüber hinaus sind diese durch in aufsteigender Linie miteinander verbunden, ähnlich einer genealogischen Reihe. Auch die Rolle der Mutter wird durch die Architektur verdeutlicht: Die geschlossene Wand hinter Ihr ist als Hinweis auf die häusliche Wirkungsstätte zu lesen. Die Säule, die sich über ihr erhebt, darf als Symbol ihrer Mutterrolle gedeutet werden. Cornelia Souchay ist die Stütze der häuslichen Welt, Grundlage des Familienglücks und ihres Fortbestands. © die LÜBECKER MUSEEN 1.3. Rudolf Friedrich Wassmann (*8. August 1805 in Hamburg; † 10.Mai 1886 in Meran) war ein deutscher Maler der Romantik bzw. des Biedermeier. 1822 (17jährig) begann Wasmann eine Malerausbildung in Hamburg. Genoss dann eine Ausbildung an der Akademie der Künste in Dresden und München. Nach zweijährigem Aufenthalt in Meran weilte er von 1832-‐1835 in Rom, wo er u.a. mit Overbeck zusammentraf. Nach sechs weiteren Jahren in Meran und Bozen als gefragter Porträtmaler, kehrte er nach Hamburg zurück. 1846 heiratete er und übersiedelte nach Meran. Neben Porträts und Landschaftsskizzen malte er religiöse Auftragswerke im Stil der Nazarener (romantisch-‐religiöse Kunstrichtung). „Heimkehr von der Arbeit“, 1831 , Öl Leinwand Dargestellt ist eine Bauernfamilie, bestehend aus den Eltern und einem halbwüchsigen Jungen. Sie kehren von der Feldarbeit heim, was man an den Requisiten erkennen kann. Der Vater zieht eine große Heukarre hinter sich her. Man kann den Abgebildeten ihre geleistete Arbeit ansehen, wenngleich der Junge trotz der harten Arbeit und der ärmlichen Verhältnisse Lebensmut und Energie ausstrahlt. 1.4. August Godtknecht (*1.März 1824 in Lübeck -‐ † 11.8.1888 in Lübeck) Vater Schiffskapitän aus Lübeck 1845-‐46 Akademie der Künste München, ab 1847 Kunstakademie Dresden 1851 Reise nach Stockholm, weitere Reisen, künstlerische Tätigkeiten in St. Petersburg und Wien zahlreiche Bildnisse von Familienmitgliedern, Porträtmalerei Hauptschaffensfeld, Reihe von Kinderbildnissen © die LÜBECKER MUSEEN „Der Geburtstag des Großvaters“, 1859, Öl auf Leinwand, Genrebild Dargestellt ist eine bäuerliche Familienszene, in der um den Lehnstuhl des sitzenden Großvaters die Mutter des Hauses und ihre drei Kinder stehen. Der Großvater schaut Enkel mit gerührtem Blick an. Dieser steht mit gefalteten Händchen vor ihm und will gerade beginnen ein Gedicht aufzusagen. Die zahlreichen Details (Porträt des Alten Fritz, Uhr, Vogelbauer, aufgeschlagenes Buch (Bibel) verleihen dem Raum den Charakter einer eher bescheidenen Wohnstube. (Vergleichsweise lässt sich das Bild Adolph Dietrich Kindermann „Bildnis des Glasermeisters Johann Jacob Achellius und seiner Gattin“, 1858 heranziehen, befindet sich im gleichen Raum hinten rechts) Diese scheinbar spontan eingefangene Szene ist eine durchdachte Komposition von innerer Stabilität. Die Wand hinter dem Opa teilt das Bild in zwei Hälften: Rechts dominiert der Großvater, links das Enkelkind. Dabei wird die Symmetrie dadurch aufgelockert, das der Junge näher an den Betrachter herangerückt wird und vom Morgenlicht beleuchtet wird. Zudem ruhen alle Blicke auf ihm: Stolze Mutter, Schwester, Großvater. Die enge Beziehung zwischen Großvater und dem Enkel als Stammhalter der Familie ist Symbol der erhofften genealogischen Beständigkeit. Damit wird die Kinderdarstellung hier zum Glückssymbol. Die sorgfältige geometrische Achsenkonstruktion, subtile, technisch virtuose Feinmalerei, sentimentale Erzählfreude, individuelle Personencharakterisierung, detailreiche-‐bühnenhafte Interieur kennzeichnen das Gemälde als typische Genremalerei. 1.5. Gotthardt Kuehl (1850 Lübeck-‐ 1915 Dresden) Lübecker Maler, der angeregt durch die bürgerlich-‐intimen Innenraumdarstellungen der holländischen Malerei des 17. und 18.Jahrhunderts und den französischen Impressionismus, neben seinem Freund und Wegbegleiter Max Liebermann zum deutschen Impressionisten wurde. Dabei bleibt der deutsche Impressionismus stärker dem Gegenstand, dem Naturalistischem verbunden, was sich z.B. am Festhalten an der Lokalfarbigkeit manifestiert. Lichtreflexe lösen nicht die Grenzen der Form auf, sondern klären sie. Die Malerei bleibt stärker inhaltlich orientiert. Kuehls Motive sind vor allem das Interieur und die Stadtlandschaft. © die LÜBECKER MUSEEN Seine Heimatstadt diente ihm immer wieder zum Studium des spezifischen Interieurs der Lübecker Diele: Ein vielfach variiertes Bildschema eines Innenraums, der sich nach hinten durch den Sonneneinfall öffnet und durch Licht-‐ und Schattenzonen strukturiert ist. Nicht zuletzt damit brachte er Lübecker Motive in die internationale Malerei. Nachdem er bereits mit 17 Jahren seine Heimatstadt seine Heimatstadt verlassen hat, erhielt er seine künstlerische Ausbildung an den Akademien in Dresden und München. 1879 siedelte Kühl nach Paris über und machte dort Bekanntschaft mit dem frühen französischen Impressionismus. Dort wird er schnell zu einem der führenden deutschen Künstler und ist mit seinen Werken in den Pariser Salons vertreten. 1889 kehrte er nach München an die Akademie zurück. 1895 wurde er Lehrer der Landschaftsklasse der Akademie in Dresden. Dort lebte er die längste Zeit. Er malte die Stadt aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln und starb schließlich dort. „Diele in Lüneburg“, 1880/90 Das kleine, eher unscheinbare Bild Kuehls stellt eine typisch norddeutsche Diele des letzten Jahrhunderts dar. Auf den ersten Blick sehr ärmlich wirkende Interieur, stellt sich auf den zweiten Blick als liebevolle Darstellung eine Mutter mit ihren Kindern dar. Der dunkle Raum wird von hinten durch die offene Tür mit warmen Sonnenlicht erfüllt. Die Mutter sitzt ihren Säugling im Arm haltend auf dem Boden dem Betrachter zugewandt, jedoch in die Situation versunken. Das ältere Kind sitzt ebenfalls auf dem Lehmboden kehrt dem Betrachter allerdings den Rücken zu und scheint in das warme Sonnenlicht zu schauen. Das Interieur der Diele gibt Auskunft über das Leben / die Lebeweise dieser Bauersleute. „Lübecker Waisenhaus“ 1894 Die großformatige Darstellung einer Szenerie im Waisenhaus stellt im Gegensatz zu der © die LÜBECKER MUSEEN ruhigen Familiensituation das unterschiedliche Verhalten mehrerer Kindergruppen in einem großen Saal des Waisenhauses dar. Im Vordergrund sitzt ein Mädchen in Lektüre versunken. Weiter im Hintergrund spielt eine Gruppe Jungen. In der Diele ist ein typisch norddeutscher Dielenschranke zu sehen und eine weitere Gruppe Kinder. 1.6. Linde-Walter (*16. August 1868 in Lübeck; † 23.Mai 1939 in Travemünde; eigentlich Walther Heinrich Eduard Linde) war ein deutscher Maler und Illustrator. Linde wuchs in Lübeck als Sohn des Apothekers und angesehenen Lübecker Photographen Hermann Linde auf. Seine Brüder waren der Augenarzt und Kunstsammler Max Linde und der Maler Hermann Linde. Er wurde Schüler der Lehr-‐ und Versuchsanstalt für Photographie in Wien. 1887 bis 1889 war er als Fotograf und Kolorist bei Ignaz Heimann in Kairo tätig. 1891 bis 1894 studierte er an der Münchener Akademie bei Gabriel von Hackl und Paul Hoecker. 1895 bis 1898 studierte er in Paris an der Académie Julian. Anschließend reiste er nach Schweden, in die Niederlande und nach Spanien. Seit 1900 lebte er in Berlin. 1902 wurde er Mitglied der Berliner Secession. 1905 folgte eine weitere Spanienreise. Bis 1914 hielt er sich jährlich in Paris und der Normandie auf. 1919 und 1928 hatte er Einzelausstellungen in Lübeck. Bekanntheit erlangte der Künstler vor allem durch Landschaftsbilder und Stilleben, ferner durch zahlreiche Kinderportraits, welche häufig im Kundenauftrag entstanden und daher meist in Privatbesitz verblieben sind. Darüber hinaus war Linde-‐ Walther als Buchillustrator tätig. „Hartengrube in Lübeck“ (z.Zt. nicht in der Ausstellung) Zu sehen ist eine typische Lübecker Straße, belebt durch die Passanten. Im Vordergrund scheint eine im Moment des Malens vorbeihuschende Frau mit ihrer Tochter eingefangen zu sein. Das Kind schaut den Betrachter unverwandt an. Die bürgerliche © die LÜBECKER MUSEEN Kleidung der Frau die abgebildeten Passanten, sowie der Straßenzug geben einen Einblick in das Leben des Mädchens. „Kind im Spielzimmer“ (z.Zt. nicht in der Ausstellung) Das Bild gibt als genrehaftes Porträt ein ca.6jähriges Mädchen in ihrem Spielzimmer wieder. Dem Betrachter zugewandt steht sie selbstbewusst inmitten ihrer Spielzeuge. Kleidung und Wohnraumdarstellungen geben Auskunft über den Lebensstandart und die Wertschätzung, die man dem Kind entgegenbringt. 1.7. Edvard Munch (*12.Dezember 1863 in Oslo, † 23. Januar 1944) Der norwegische Maler und Grafiker gilt als Bahnbrecher für die expressionistische Richtung in der Malerei der Moderne. Seine Werke enthalten neben Stilelementen des Expressionismus, auch die des Naturalismus, Impressionismus, Symbolismus und des Jugendstils. In Deutschland genoss er früh hohes Ansehen. Am bekanntesten sind seine Werke aus den 1890er Jahren. Aufgewachsen ist Munch in Oslo, das damals noch Christiania hieß, als Sohn eines tiefgläubigen Militärarztes mit bescheidenem Einkommen. Seine Mutter starb, als er gerade erst 5 Jahre alt war. Das Elternhaus war kulturell anregend, aber durch Eindrücke von Krankheit, Tod und Trauer geprägt. (Seine ältere Schwester starb an Schwindsucht, eine jüngere erhielt die Diagnose „Melancholie“, sein Bruder Andreas starb kurz nach seiner Hochzeit.) Diese Eindrücke verarbeitete Munch in seiner so genannten „Seelenmalerei“, deren extremstes Beispiel „Der Schrei“ (1893) ist. Sein expressiver Ausdruck beruht im Wesentlichen auf den Gestaltungsmitteln Farbe und Linienführung. Seine künstlerische Ausbildung begann mit dem Besuch der Zeichenschule in Christiania und später mit dem Studium der Malerei bei Hans Heyerdahl und Christian Krogh. Ein Staatsstipendium ermöglichte ihm einen Studienaufenthalt in Paris. Langjährige Schaffensphasen im deutschsprachigen Raum, u.a. in Lübeck und Warnemünde, prägen sein künstlerisches Werk. © die LÜBECKER MUSEEN Munch und Dr. Linde Ab 1902 ist Munch häufiger Gast bei der Familie Dr. Max Linde (Augenarzt und Kunstmäzen). Dort lebte und arbeitete er bis 1907auch für längere Zeiten. Eines der Hauptwerke, das von der Freundschaft beider zeugt, ist das Porträt „Die Söhne des Dr. Linde“. Der letzte Besuch Munchs in Lübeck erfolgte 1926. Zur Dekoration des Kinderzimmers in der Linde’schen Villa schuf Munch den Linde-‐ Fries (eine Folge von Gemälden). Diesen lehnte der Auftraggeber ab, weil er erotische Szenen für ein Kinderzimmer für nicht geeignet hielt. Darüber kam es zu Unstimmigkeiten zwischen Künstler und Mäzen. Die meisten Bilder des so genannten Lindefries befinden sich heute im Munch-‐Museum Oslo. „Die Söhne des Dr. Linde“ (127) 1903, Öl auf Leinwand, 144 x 199,5 cm Das Bild ist eines der bekanntesten Werke Munchs und aufs Engste mit der Freundschaft zwischen Munch und seinem Mäzen Dr. Max Linde verbunden. Munchs druckgrafische Arbeiten, zusammengefasst in der Linde-‐Mappe, münden schließlich in dieser großformatigen Malerei. Munch charakterisiert in diesem Gemälde die vier Jungen jeden auf seine Weise. Das Werk bietet erstmals bei einem Kinderbild bis dahin nicht gekannten psychologischen Tiefblick eines Künstlers. So zählt das Bild zu den innovativsten des 20. Jahrhunderts. Dargestellt werden der neunjährige Herrmann, der links den Kopf an die Wand lehnt, der vierjährige Lothar, der fünfjährige Helmut und der siebenjährige Theodor. Letzterer füllt die rechte Bildhälfte jungenhaft unbefangen und zugleich selbstbewusst mit einem Strohhut in der Hand. Munch soll die Kinder nicht aufgestellt haben, sondern so, wie sie aus dem Garten vom Spielen hereingekommen sind, gemalt haben. Jedoch ist es kein ausgelassen fröhliches Kinderbildnis. Im Gegenteil: Die Kinder scheinen sehr ernst, insbesondere Theodor, der zweitälteste, dem die Last des Erbes förmlich anzusehen ist. Gestrafft in der Haltung schaut er geradeaus, in die Zukunft. Dagegen scheint das spielerische Element dem Jüngeren Helmut ins Gesicht geschrieben. Rotwangig strahlt das Gesicht Lebendigkeit und Lebensfreude aus. So lassen sich aus Mimik, Gestik und nicht zuletzt dem Einsatz von Farbe die sehr unterschiedlichen Charaktere der Jungen erschließen. © die LÜBECKER MUSEEN „Knabe mit roter Jacke“ (128) 1903, Öl auf Holz, 50 x 40 cm Der Junge auf dem, im Gegensatz zu dem zuvor beschriebenen Bild, sehr kleinformatigen Gemälde ist der Jüngste der Linde-‐Söhne Lothar. Hier aber im Garten laufend, springend festgehalten. Eingehüllt in einen leuchtend roten Mantel, dessen Lebendigkeit durch den saftig grünen Hintergrund noch gesteigert wird. (Komplementärkontrast) Dazu nahezu im Kontrast steht die, zumindest auf Schüler oftmals traurig wirkende Mimik. 1.8. Paula-Modersohn Becker (* 8.Februar 1876 in Dresden † 21. November 1907 in Worpswede) war eine der bedeutendsten Vertreterinnen des frühen Expressionismus. In den knapp vierzehn Jahren, in denen sie künstlerisch tätig war, schuf sie 750 Gemälde, etwa 1000 Zeichnungen und 13 Radierungen, die die bedeutendsten Aspekte der Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in sich vereinen. Eine ihrer zahlreichen Kinderdarstellungen befindet sich im Lübecker Museum für Kunst-‐ und Kulturgeschichte. Aufgewachsen ist Paula Modersohn-‐Becker in Dresden-‐Friedrichstadt. 1888 ziehen die Eltern mit ihr nach Bremen um. 1892 erhält sie in London ersten Zeichenunterricht. 1893-‐1895 nimmt sie am Malunterricht des Lehrerinnenseminars in Bremen teil. 1896 lernt sie an der Zeichen-‐ und Malschule des Vereins Berliner Künstlerinnen. 1898 kam sie in die Künstlerkolonie Worpswede. 1901 heiratet sie den Maler Otto Modersohn. 1906 weilt sie mehrere Monate in Paris. Sie starb kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes an einer Embolie. „Stehender und kniender Mädchenakt vor Mohnblumen II“ (126), Mai/Juni 1906, 106 x 56 cm Paula Modersohn-‐Beckers zahlreiche Kinderdarstellungen bewegten den Kunstkritiker Richard Hamann 1925 dazu, ihr Werk polemisch als „gemalten Schrei des Weibes nach dem Kinde“ abzuqualifizieren. Auch wenn Paula Modersohn-‐Beckers Leben von einem © die LÜBECKER MUSEEN großen Kinderwunsch geprägt war und sie Mutterschaft als unbedingten Teil einer erfüllten Weiblichkeit betrachtete, war Hamanns Urteil kurzsichtig und falsch, da es die künstlerische Qualität eines jeden Einzelwerkes überging, ebenso wie die künstlerische Entwicklung innerhalb des Sujets. Fast zwei Drittel der Figurenbilder Modersohn-‐Beckers stellt Kindern verschiedenster Altersgruppen und Figurenkonstellationen dar. Neben „klassischen“ Mutter-‐Kind-‐ Darstellungen finden sich Porträts ebenso wie Aktdarstellungen. Wobei die Nacktheit hier die Natürlichkeit des Kindes betont. Paula Modersohn-‐Becker widmet sich dem Kinderbild mit ganz besonderer Intensität -‐ es wir ihr Hauptthema. Der ausschlaggebende Grund dafür war ihre Faszination von der kindlichen Erlebniswelt. Dabei sind ihre Darstellungen stets einfühlsam nie sentimental, wie es Hamann unterstellt. Im streng konstruierten Bildganzen sind Einzelheiten zu dessen Gunsten stark vereinfacht. Es geht um eine klare Erfassung der Kindermodelle. Innerhalb einer herausragenden Anzahl an Kinderbildern nimmt Paula Modersohn-‐ Beckers „Stehender und kniender Mädchenakt vor Mohnblumen II“ einen wesentlichen Stellenwert ein. Im Bild taucht als Hintergrund ein weiteres Thema auf, das Blumenstück. Das Sujet reizte Künstler der Moderne zu Farb-‐ und Formexperimenten. Das Thema kam ihrer Naturverbundenheit und ihrem Hang zur Dekoration entgegen. Blumen waren für sie Sinnbilder. Die Verbindung von Figurenbildern vor floralem Hintergrund boten ihr neue Möglichkeiten des Ausdrucks. Während der vier Paris-‐Aufenthalte zwischen 1901 und 1907 sah die junge Künstlerin in Ausstellungen und in Verkaufsgalerien die Werke bedeutender Künstler wie Cézanne oder Gauguin. Zeitgenossen wie Rodin und Maillol lernte sie persönlich kennen. Die Begegnungen bestätigten die Malerin in ihrer höchst modernen Kunstauffassung und inspirierten sie auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Konsequent und eigenständig entwickelte sie eine Bildsprache jenseits von Impressionismus und Naturalismus. Sie verwendet leuchtende, flächig aufgetragene Farben und verstärkte den Bildausdruck durch eine große Einfachheit der Formensprache. 1.9. Karl Hofer (*11. Oktober 1878 in Karlsruhe, † 3. April 1955 in Berlin) hatte einen Drang zum expressive Arbeiten. Er schloss sich jedoch nicht der © die LÜBECKER MUSEEN Künstlervereinigung „Brücke“ an; wehrte sich sogar dagegen den Expressionisten zugeordnet zu werden. Sein Stil zeichnet sich durch vereinfachte Linienführung, breitflächige Kompositionen und klare Farbgebungen aus. Dabei ordnet er die Naturformen dem Ausdruck des Bildes unter (Deformationen). Die eingeschränkte Farbpalette entfaltet sich vom gedämpften Orange und Rot über Violett und Blau zu den vielfältigen Brauntönen. 1893 Lehre als Buchhändler 1896-‐1901 Karlsruher Akademie 1900 Parisaufenthalt 1902 Stuttgarter Akademie 1903 Heirat 1903-‐08 Rom 1907 Bildnis Theodor Reinhardt 1908-‐13 Parisaufenthalt (Studium von Cezannes Werk) 1909 / 11 Reisen nach Indien prägen sein Menschenbild (Mädchengestalten und Knaben werden sein bevorzugtes Motiv 1913 Umsiedlung nach Berlin 1914 Frankreichaufenthalt Ausbruch des I.WK (Lager für Zivilinternierte) 1917 nach Zürich entlassen 1918 Rückkehr nach Berlin 1919 Berufung an die Hochschule für Bildende Künste in Berlin 1936 Entziehung des Lehramtes (seine Bilder gelten als entartet) 1945 erhält er sein Lehramt zurück 1947 Präsident der Berliner Akademie 1948 Ehrendoktorwürde „Begegnung“ 1922 Auf dem Bild begegnet der Betrachter einer androgynen Gestalt, deren Alter ebenfalls schwer einzuschätzen ist. Da es sich sicher um einen jungen Menschen handelt und das Spektrum der expressiven Ausdrucksweise erweitert, passt sich das Gemälde gut in die Reihe der Kinderdarstellungen ein. Stellt es auf vielschichtigen Art und Weise einen Kontrast zu den Bildern von Munch und Modersohn-‐Becker. Zum einen hinsichtlich der © die LÜBECKER MUSEEN deutlich kantigeren und verfremdenden Formensprache und zum anderem bezüglich der düsteren, durch Brauntöne dominierte Farbigkeit. Darüber hinaus bzw. daraus folgend ergibt sich ein erweitertes Spektrum an Gefühlsdarstellungen. Das Gegenüber der „Begegnung“ bleibt für den Betrachter unsichtbar und bietet damit Gesprächs-‐ und Interpretationsansatz. © die LÜBECKER MUSEEN