Rems-Murr
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KREISREDAKTION TELEFON FAX E-MAIL ONLINE Rems-Murr 07151 566 -275 07151 566 -402 kreis@zvw.de www.zvw.de Rundschlag EXTRA: C 1 Nummer 290 – RMR1 Samstag, 14. Dezember 2013 RUNDSCHAU „Christentum heute“, Teil 27 – die Bibel als Friedensbuch Von Joscha Klüppel Das Reptil des Jahres Das unbedingte Nein zum Krieg achdem man es gefühlt die letzten Monate jeden Tag mindestens viermal lesen und hören musste, hat sich GroKo seinen zweiten Titel abgeholt. Nach „größter Albtraum für die Herren Gysi und Trittin“ ist es auch zum Wort des Jahres 2013 gewählt worden. Es sei eine interessante, sprachspielerische Wortbildung, wurde die Wahl von der Gesellschaft für die deutsche Sprache begründet. Nun, spannend ist die Neuschöpfung allemal. Zwar lässt sich nicht verhindern, dass beim Aufschnappen dieses Wortes immer ein vierbeiniges Reptil in meinen Gedanken auftaucht, aber das charakterisiert doch die Teilnehmer dieser Bündnisschmiede vortrefflich. Während Frau Merkel sich mit Äußerungen zu jeglichen Themen immer schön im Wasser bedeckt hält und nur an Land kommt, wenn das Fressen auch ja nicht mehr zurückschlagen kann, ähnelt Sigmar Gabriel nicht nur von den Maßen einem Kroko. Wenn Sigmar Gabriel eine Chance sieht, ins Fettnäpfchen zu treten, dann macht er das so schnell, wie ein Kroko aus dem Wasser auf die Beutejagd kommen kann. Das hat er erst kürzlich in seiner Unterstützungsbekundung der Autorenschrift gegen die NSA bewiesen. Einzig bei der Geschwindigkeit ist der Sigmar noch ein paar Schritte voraus. Während der Vierbeiner zwischen 20 und maximal 40 km/h rennen kann, kann sich der liebe Sigmar auf vier Rädern gut 180 km/h schnell fahren lassen. Und was der Krokodilwächter für das Kroko ist, ist die neue Vogelgattung namens oppo sition für die GroKo. Natürlich werden die zu dieser Gattung gehörenden Vögelchen Gysi, Wagenknecht und Hofreiter kaum der GroKo die Zähne putzen, sondern eher versuchen, mit Hämmerchen und Meißelchen winzige Löchlein zu machen. Diese Verhaltensänderung muss wohl aufgrund der Evolution sein. Ach ja, sollte die gewollte Zwangsehe von Schwarz und Rot nichts werden, kann man immer noch eine zweifarbige GroKo-Ledertasche draus machen. Der unbeugsame Theologe und Pazifist Werner Dierlamm aus Schorndorf N Kompakt Vollbremsung an Blitzer – schwer verletzt Fellbach. Nachdem ein 56 Jahre alter Motorradfahrer, der am Donnerstag gegen 13.10 Uhr auf der B 14 Richtung Stuttgart unterwegs war, eine mobile Geschwindigkeitsmessanlage erkannte hatte, vollzog er eine Vollbremsung. Beide Räder blockierten. Er verlor danach schlagartig die Kontrolle über sein Fahrzeug und stürzte. Hierbei zog er sich schwere Verletzung zu und kam zur stationären Behandlung ins Krankenhaus. Gewinnzahlen des Leo-Adventskalenders Waiblingen. Die Gewinnzahlen des Adventskalenders des Leo-Clubs Waiblingen für den 14. Dezember lauten: 636 und 1329 und 766 und 1203 (jeweils ein Kinogutschein der Kreissparkasse Waiblingen) sowie 570 und 1177 und 998 (jeweils ein Einkaufsgutschein der Goldschmiede Weinbracht). Die Gewinnzahlen für den 15. Dezember lauten: 1607 und 1580 und 408 und 350 und 941 und 1636 und 1391 und 1172 und 1182 und 12 (jeweils ein Einkaufsgutschein, Werner Maurer GmbH). Wirtschaftsjunioren spenden 1000 Euro Waiblingen/Stuttgart. Einen Scheck über 1000 Euro haben Wirtschaftsjunioren Rems-Murr (WJ) vergangenen Mittwoch an den Förderverein krebskranke Kinder überreicht. „Mit dem Geld kann der Verein ein halbes Jahr lang einen Nachhilfelehrer bezahlen“, sagt Sven Scholz, WJ-Vorstand aus Schorndorf. Hintergrund ist, dass Kinder, die an einem Gehirntumor oder Leukämie erkrankt sind und stationär im Stuttgarter „Olgäle“ behandelt werden, Unterrichtsstoff aus der Schule nachholen können. Zusammengebracht hat den Förderverein krebskranke Kinder und die Junioren aus dem Rems-Murr-Kreis Pascal Dollé. Der DJ, Produzent und Musiker aus dem Rems-Murr-Kreis ist Initiator von Kunst für Kinderträume. Die Initiative, zu der auch Paten wie Kabarettist Christoph Sonntag und das „Pur“- Gründungsmitglied Roland Bless gehören, sammelt Geld für Kinderprojekte ein. Gesammelt hatten die Wirtschaftsjunioren das Geld über eine Tombola während ihrer Weihnachtsfeier, an der 35 Personen teilgenommen hatten, heißt es in einer Mitteilung. Von unserem Redaktionsmitglied Peter Schwarz Schorndorf. Nichts Verhärtetes ist an diesem sanften Herrn, nie fällt er einem ins Wort – sein Anliegen aber ist von unbeugsamer Radikalität. Das Christentum ist eine Religion des Friedens, und die Folgerung, die sich daraus ergibt, ist entschlossenster Pazifismus, konsequenteste Ablehnung von Rüstung und Militär: Dafür steht Werner Dierlamm, 86, aus Schorndorf. Ohne Rüstung Eine Mutlanger Urszene Im Herbst 1985 stand Werner Dierlamm als Angeklagter vor Gericht. Er hatte sich vor das Tor zum amerikanischen Raketendepot in Mutlangen gesetzt, um den Transport von Vernichtungswaffen zu blockieren. Die Polizei nahm ihn fest. In seiner Rede im Amtsgericht Gmünd sagte Dierlamm, es sei ihm „unmöglich, dem Befehl irdischer Regierungen Folge zu leisten, die von mir fordern, dass ich bereit sein muss, das Blut meiner Feinde zu vergießen“, es sei seine Pflicht als Pfarrer, Jesus Christus zu verkündigen, den „Herrscher, der ohne Soldaten, ohne Rüstung regiert“. Das Urteil: 1600 Mark Geldstrafe. Ende der 70er Jahre war Dierlamm Mitgründer der Initiative „Ohne Rüstung leben“, er formulierte mit an einer Selbstverpflichtung: „Ich bin bereit, ohne den Schutz militärischer Rüstung zu leben. Ich will in unserem Staat dafür eintreten, dass Frieden ohne Waffen politisch entwickelt wird.” Er lehnt Rüstungsexporte ab, Waffenhandel, Umtriebe, die das Kriegshandwerk zur Geschäftsgrundlage machen; streitet friedlich dafür, dass die Menschen „den Krieg nicht mehr lernen“ und Regierungen Geld aufbringen für zivile Friedensdienste statt Bomben. In immer neuen Aktionen, Predigten und Schriften hat er für sein Lebensthema geworben. Dass er diesen Weg gegangen ist, liegt in der Bibel begründet; und in seiner Biografie. Werner Dierlamm, Pfarrer im Ruhestand und christliche Leitfigur der Friedensbewegung. vor ein einfaches Volk ausersehen worden ist, so tritt nun der Sohn eines schlichten Zimmermanns auf. Kein Feldherr, kein Potentat wird zum „Träger der Hoffnung“, nicht der gängigen Machtlogik gehorcht diese Geschichte – sie kündet von einem, der fordert, „die Feinde zu lieben“. Daraus ergibt sich die biblische Botschaft: „dass die Völker in Frieden zusammenleben“ mögen. „Diese Hoffnung“ hat das Christentum am Leben zu halten, „trotz aller Enttäuschungen, trotz der Wirklichkeit der Welt, die dagegenspricht“. Mach sie staunen Die Antwort Die Herausforderung Pazifismus Todeserfahrung und Bibellektüre Natürlich, er kennt sie alle, die klassischen Einwände gegen den Pazifismus, das ganze Argumentationsgemisch aus wohlwollender Herablassung und kaum verhohlenem Spott: Recht schön sei diese Friedenssäuselei, aller Ehren wert, sicher gut gemeint – aber hätte man Hitler begegnen sollen, indem man ihm Friedenskränze wand? Man wird sich ja wohl noch wehren dürfen. Wer nicht zum Krieg bereit ist, kann sich auch schuldig machen durch unterlassene Hilfeleistung. Und so weiter. Aber Moment, wenn Pazifismus, der radikale Verzicht also auf Militärgewalt unter allen Umständen, naiv ist – ist dann dieses Sichfügen in die kriegerischen Verhältnisse nicht bequemster Zynismus? Ist das ein Naturgesetz, dass wir einen irrsinnigen wissenschaftlichen, technologischen und finanziellen Aufwand betreiben für den Krieg und uns so traurig wenig Gedanken machen über Umsetzungsschritte hin zum Frieden? „Die Völker werden bedroht durch ihr eigenes Militär seit Jahrtausenden. Die Erkenntnis muss entstehen, dass das Militär nicht gut ist, keine Hilfe, sondern eine große Gefahr für alle.“ „Wenn die Krieger kommen“, schrieb Hanns Dieter Hüsch in seinem „Eine Frie- Sie zählten sechs in der Familie Dierlamm, als der Krieg begann. Ein Bruder musste gegen Russland ziehen, die Nachrichten von ihm wurden seltener und versiegten, „es ist eine meiner schmerzlichsten Erinnerungen, dass meine Mutter immer geweint hat, laut geweint“. Der Bruder fiel 1942. Gegen Ende 1944 verbrachte der erst wenige Tage zuvor 17 Jahre alt gewordene Flakhelfer Werner Dierlamm einen kurzen Urlaub bei der Familie in Heilbronn. In der Nacht zum 4. Dezember verabschiedete er sich, am Abend darauf sah er von Kornwestheim aus die brennende Heimatstadt, der Feuerhimmel leuchtete über 50 Kilometer hinweg. Werner Dierlamm machte sich auf ins von Bomben in eine Ruinenstätte verwandelte Heilbronn, um nach seinen Angehörigen zu suchen; sah am Hauptbahnhof die Leichen in langen Reihen, zum Abtransport bereitgelegt; stieg hinab in den Keller des Elternhauses; fand die erstickten Leiber einer Frau und ihrer Tochter, die dort „mit uns gewohnt hatten“; von seinen Eltern und seiner Schwester aber keine Spur. „Ich weiß überhaupt nicht, wie sie ums Leben gekommen sind.“ Der zweite Bruder kämpfte zu jener Zeit in Italien und wurde verwundet, „wir haben Weihnachten 1944 miteinander verbracht. Ich weiß noch sehr genau, wie wir uns verabschiedet haben am Bahnhof in Heilbronn, er fuhr zurück nach Italien. Ich habe auch ihn nie wiedergesehen.“ Die Kriegserfahrung „hat mir eine bestimmte Perspektive eröffnet für das Verständnis der Bibel“: Diese Geschichte „beginnt mit der Erwählung Israels“ – das ist nicht „als Bevorzugung“ zu verstehen, sondern als „Beauftragung: Sie sollen den Frieden in die Welt bringen.“ Gott, so heißt es im ersten Buch Mose, sprach zu Abraham: „Du sollst ein Segen sein“ für „alle Geschlechter auf Erden“. Nicht an die Großen und Gewaltigen ihrer Zeit erging dieser Auftrag, sondern an ein randständiges Völkchen, gegen alle herrschenden Regeln der weltlichen Bedeutung. Die Friedensvision hat sich nicht erfüllt am Ende es Alten Testaments – aber wie zu- Nächste Folge Der CDU-Mann Joachim Pfeiffer im Porträt: Mittwoch, 18. Dezember. @ Die ganze Serie im Internet unter www.zvw.de/christentum Zur Person t Werner Dierlamm, geboren 1927 in Rutesheim, machte in den 80er Jahren als führendes Mitglied der Aktion „Ohne Rüstung leben“ bundesweit von sich reden. Er war evangelischer Pfarrer in Kirchheim/Teck, Ulm und Fellbach und lebt heute mit seiner Frau in Schorndorf. dens-Phantasie“ betitelten Gedicht, „geh ihnen entgegen mit offenen Händen / Voll Brot und Salz, Obst und Wein / Dass sie sich verlaufen im Knüppelholz / Deiner Tugenden / Dass sie sich verirren / Im Labyrinth deiner Freundlichkeiten / Mach sie staunen / Beschäme ihre Generäle und Präsidenten / Lass ihre Handlanger ins Leere laufen“ . . . naiv? Gegenfrage: Ist der Glaube, dass die Welt sich befrieden lässt, wenn wir nur alle genug Waffen zu bedienen wissen, nicht erst recht mörderisch naiv, gemessen am Lauf der Weltgeschichte? „Kriege haben so ungeheuer viel Unglück bewirkt, dass ein Verzicht auf dieses ganze Instrument der Armee nur gut sein könnte im Blick auf die Völker.“ Der Amerikaner Matthew White hat errechnet, dass in den Kriegen der vergangenen 2500 Jahre fast eine halbe Milliarde Menschen umkamen. „Wenn Menschen immer auf die gleiche Weise auf einen Diktator antworten und die Waffen benutzen, die mittlerweile entwickelt sind, dann wird die Menschheit untergehen. Wenn ich daran denke, wie die Alliierten Hitlers fürchterliche Verbrechen beantwortet haben, indem sie eine Stadt nach der anderen eingeäschert haben – wenn dieses Prinzip der Vergeltung immer weiter angewandt wird, hat die Menschheit keine Zukunft.“ Es geht nicht ohne Krieg? „Man hat die Atomkraft auch lang als alternativlos gesehen, und dann kam plötzlich die Energiewende. Nichts ist alternativlos. Die Institu- Bild: Schneider tion des Militärs ist nicht alternativlos. Es muss eine Sicherheitswende geben, wie es eine Energiewende gibt.“ Der Auftrag Was die Kirchen leisten können Das Christentum war im Laufe seiner Geschichte oft genug eine waffenstarrende Front, und Pfaffen haben Schlächtern ihren Segen gespendet. „Zu lange“ haben sich die christlichen Kirchen „an den Kriegen der Mächtigen beteiligt“, schrieb Werner Dierlamm einmal. Er sagt: „Man darf nicht vergessen, dass eine christliche Nation als Erste zwei Atombomben abgeworfen hat.“ Und „die mächtigsten Industriestaaten“, die sich hochzivilisiert nennen und ihr christliches Kulturerbe wie eine Standarte vor sich hertragen, „sind zugleich die, die am meisten Waffen produzieren und exportieren, um ihre Interessen durchzusetzen und ihre Macht aufrechtzuerhalten“. Und doch „sehe ich in der christlichen Kirche die stärkste Kraft des Friedens, wenn sie sich auf ihren Auftrag besinnt. Weil sie die am besten organisierte Nichtregierungsorganisation weltweit ist. Überall in der Welt gibt es christliche Gemeinden und Zehntausende von hauptamtlichen Mitarbeitern, die als zentrale Aufgabe haben, den Willen Gottes zu tun. Jesus sagt, ihr sollt eure Feinde lieben – wenn die Kirchen sich dieses Auftrags bewusst werden, ist das ein wichtiger Schritt, der zur Hoffnung berechtigt.“ Und dann, sagt der Protestant Dierlamm, betritt da unversehens ein Papst die Bühne, steht da „plötzlich wider Erwarten an der Spitze der größten Glaubensfamilie ein Mann, der sich radikal gegen die Unterdrückung der Armen durch die Reichen einsetzt – und er hat gesagt: Jeder Krieg ist kainitisch, ist Mord, wie Kain seinen Bruder Abel ermordet hat.“ Liebespolitik Eine universale Vision Friedliche Belagerung Ein weltbekannter Symbolort der Friedensbewegung wurde in den 80er Jahren die Gemeinde Mutlangen, wo die Amerikaner von 1983 bis 1990 Mittelstreckenraketen des Typs Pershing II stationierten, um im Kriegsfall von hier aus Ziele in der westlichen UdSSR mit Nuklearsprengköpfen zu be- schießen. Im Lauf der Jahre wurden rund 3000 Leute, die sich dort zu Sitzblockaden niedergelassen hatten, festgenommen und in der Regel wegen Nötigung zu Geldstrafen verurteilt. Das Bundesverfassungsgericht hob die Verurteilungen später als verfassungswidrig auf. Archivbild: Schneider Wo endet die Theologie, wo beginnt die Politik? Für Werner Dierlamm gibt es da keine Trennung. Jesu Botschaft „hat die Funktion, politisch wirksam zu sein in dieser Welt“, das wichtigste Gebet der Christenheit lässt daran keinerlei Zweifel: „Dein Reich komme, Dein Wille geschehe“, so heißt es im Vater unser, „wie im Himmel so auf Erden. Im Himmel wie auf Erden. Hier! Das ist politisch gedacht!“ Und „da, wo Gottes Wille geschieht, ist sein Reich. Da, wo Menschen den Willen Gottes tun, ob sie es wissen oder nicht“, ob sie dabei „seinen Namen anrufen oder nicht“, ob sie an die heilige Dreifaltigkeit glauben oder an Allah oder an überhaupt keinen Gott, überall da, „wo Menschen sich Gedanken machen, was ist Unrecht in der Welt, was ist Recht, da ist Gott gegenwärtig und ist das Heil mitten in der Welt da“. Auf keinen Fall, sagt Werner Dierlamm, gehe es im Christentum darum, dass der Mensch an dies oder das glauben müsse, „sonst droht dir die Hölle. Das ist ja das Schlimmste, was man sagen kann!“ Das Wesen des Christentums ist doch gerade das Gegenteil: „Die Liebe Gottes zu allen Menschen; dass Gott dich und mich und nicht nur seine Kirche, sondern alle Menschen liebt, das kann man der Bibel entnehmen.“