Kurzer Bericht über die Kuba-Exkursion

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Kurzer Bericht über die Kuba-Exkursion
Bericht über die Kuba-Exkursion 2009
(KU Eichstätt-Ingolstadt, U Erlangen-Nürnberg)
Von Sven Schuster
23. Februar
Nachdem am Tag zuvor alle 28 ExkursionsteilnehmerInnen aus Eichstätt und Nürnberg in
Havanna eingetroffen sind, beginnt unsere Exkursion am Montag um 8:00 Uhr morgens. Zunächst besichtigen wir unter der Führung des erfahrenen Geografen Andrés Lazo, der uns bis
zum Ende der Reise begleiten wird, ein dreidimensionales Modell der Stadt und ihrer Außenbezirke, um so einen ersten Eindruck von der historischen Entwicklung der zweieinhalb Millionen Einwohner zählenden Metropole zu bekommen. Im Anschluss daran besuchen wir die
emblematischen Orte Havannas, wobei insbesondere die Plaza de la Revolución mit ihrem
gewaltigen Martí-Denkmal sowie die umfassend restaurierte Altstadt herausragen. Im Gegensatz dazu verdeutlicht uns ein kurzer Fußmarsch vom beeindruckenden Centro Histórico bis
zu unserer Residenz im Stadtteil Vedado, in welch schlechter baulicher Verfassung sich viele
der außerhalb des Zentrums gelegenen Viertel befinden. Zahlreiche Häuser sind bereits eingestürzt oder stehen kurz davor.
(Plaza de la Revolución, Havanna)
(Kathedrale von Havanna)
24. Februar
Im Instituto Nacional de Investigaciones Económicas hören wir am Morgen einen Vortrag des
in Deutschland ausgebildeten Ökonomen Ángel Bu. Dieser war an zahlreichen wirtschaftspolitischen Entscheidungen (v. a. an der Privatisierung im Agrarsektor) der letzten Jahre beteiligt und gibt uns einen tieferen Einblick in die wirtschaftliche Entwicklung Kubas, wobei er
auch die schwierigen Herausforderungen der Zukunft nicht ausspart. Dennoch lässt sein Vortrag viele Fragen offen, so dass es im Anschluss zu einer kritischen Diskussion kommt.
Nach der Mittagspause steht das Museo de la Revolución auf dem Programm, das im Herzen Havannas den Mythos der Revolution am Leben halten soll. In diesem Sinne spiegeln
sowohl die Exponate als auch die didaktische Aufbereitung die von der kubanischen Führung
verordnete Geschichtspolitik perfekt wider. Dank unserer intensiven Vorbereitung auf die
Exkursion setzen wir uns kritisch mit dem offiziellen „Revolutions-Diskurs“ auseinander.
Eine sehr interessante Erfahrung stellt weiterhin der Vortrag der bekannten Historikerin
Berta Álvarez in der Casa Humboldt zur kubanischen Geschichtsschreibung dar. Wie bereits
Ángel Bu am Morgen sieht auch sie sich mit den kritischen Fragen der ExkursionsteilnehmerInnen konfrontiert, die vor allem auf das schwierige Verhältnis von marxistisch-leninistischer
Geschichtsphilosophie und praktischer Geschichtsschreibung zielen.
Insgesamt zeigt sich bereits zu diesem Zeitpunkt, dass der „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ in Kuba wohl eher ethisches Prinzip als sozioökonomische Realität ist. Sowohl Bu als
auch Álvarez kommen in ihren Vorträgen nämlich nicht umhin, den zunehmenden Klassencharakter der kubanischen Gesellschaft anzusprechen. Schon in den ersten Tagen der Exkursion offenbart sich uns, dass längst nicht alle Kubaner Zugang zu den begehrten Devisen
(Zweitwährung CUC, an den US-Dollar gekoppelt) haben, die vor allem über im Exil lebende
Familienangehörige sowie ausländische Touristen nach Kuba strömen.
Am späten Nachmittag besuchen wir anschließend noch die altehrwürdige Universidad de
La Habana, deren historische Entwicklung uns Cornelia Saller in einem Kurzreferat näher
bringt. Darauf hin lassen wir den Tag an den ca. 20 km östlich von Havanna gelegen Playas
del Este ausklingen.
(Universidad de La Habana)
(50 Aniversario de la Revolución)
25. Februar
Aufbruch in die Provinz Pinar del Río, wo wir zunächst eine Tabakfabrik besichtigen und dort
den Arbeiterinnen im wörtlichen Sinne „auf die Finger“ schauen. Danach machen wir uns auf
den Weg in das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Valle de Viñales, dessen geo-
logische Formationen und ökologische Besonderheiten ebenfalls in zwei Referaten gewürdigt
werden (Rebecca Scholz, Kristina Bär). Zuvor hat uns der Beauftragte des Nationalparks, ein
Universitätsprofessor, auf der Aussichtsplattform des Hotels Los Jazmines mit der grundlegenden geologischen Entwicklung des Tals vertraut gemacht.
Nach der Mittagspause geht es zu Fuß weiter in die bescheidene Hütte eines Tabakbauern, der uns dort Einblicke in die traditionelle Herstellungsweise der puros gewährt. So
besichtigen wir unter anderem ein Gebäude zur Trocknung der Tabakblätter. Ein kurzer Vortrag über die Geheimnisse des Zigarrendrehens und die ökonomische Bedeutung des Tabaks
steht ebenfalls auf dem Programm (Elke Ackermann). Des Weiteren verdient das gigantomanische mural prehistórico Erwähnung, welches die Regierung kurz nach der Revolution im
heute geschützten Teil des Tals auf einen Karstfelsen malen ließ. Dieses besticht jedoch weniger durch seinen Informationsgehalt, als vielmehr durch seine groteske Hässlichkeit.
(Valle de Viñales)
(Trocknung der Tabakblätter)
26./27. Februar
Weiterfahrt nach Sancti Spíritus, von wo aus wir am nächsten Tag das für seine kolonialen
Bauwerke berühmte Trinidad besuchen. Auf dem Weg dorthin machen wir noch in der
Schweinebucht halt, genauer gesagt in der Ortschaft Playa Larga, wo uns Sebastian Dregger
vor dem Denkmal für die gefallen Revolutionäre über die historischen Hintergründe der CIAInvasion von 1961 aufklärt. Außerdem besuchen wir auf dem Hinweg die Krokodilfarm
Guamá auf der Halbinsel Zapata, die sich zwar den Erhalt dieser auf Kuba bedrohten Spezies
auf die Fahnen geschrieben hat, die Tiere seltsamerweise aber auch zum Verzehr anbietet.
In Trinidad nehmen alle TeilnehmerInnen an einer sehr informativen Stadtführung teil,
wobei wir neben dem historischen Stadtkern auch das Gelände einer ehemaligen Zuckerplantage samt Herrenhaus, Zuckermühle und Sklaven-Wachturm besichtigen.
Am Abend hören wir schließlich noch einen kurzen Vortrag von Anne Deremetz zum
Thema „Freimaurerei in Kuba“.
(Krokodilfarm von Guamá)
(Zentrum von Trinidad)
28. Februar/1. März
Nach einer mehr als zehnstündigen Busfahrt besuchen wir am folgenden Tag die zweitgrößte
Stadt Kubas: Santiago de Cuba, Zentrum des Ostens. Während einer kurzen Pause hören wir
auf dem Weg dorthin zwei Referate von Natascha Beck über den kubanischen Nationalhelden
José Martí, der in Santiago begraben liegt, sowie von Stephan Greßmann über die weltweit
bekannte Bloggerin Yoani Sánchez. Noch am Abend der Ankunft hält Benedikt Rieß einen
kurzen Vortrag über die Bedeutung des Rastafari-Kultes auf Kuba und in der Karibik. Dem
folgt ein ausführliches Referat der renommierten Historikerin Olga Portuondo zur Geschichte
des östlichen Landesteils.
Am nächsten Tag beschäftigen wir uns wiederum mit der Stadtentwicklung. Erneut beginnt unser Rundgang mit der Besichtigung eines dreidimensionalen Modells. In der Begleitung unseres fachkundigen Führers, des Stadthistorikers Héctor Ogaña, besuchen wir anschließend die wichtigsten Plätze im Zentrum von Santiago. Dazu gehören unter anderem die
Plaza de la Catedral, die Plaza de Céspedes, das Museo Bacardí sowie am Nachmittag die
legendäre Moncada-Kaserne und die Festungsanlage El Morro, vor deren Mauern im Jahre
1898 die entscheidende Seeschlacht im Spanisch-Amerikanischen Krieg geschlagen wurde.
Nach der Niederlage Spaniens geriet Kuba für die Dauer von über 60 Jahren in die Abhängigkeit der USA.
Gegen Abend endet unsere Rundfahrt einige Kilometer vor den Toren der Stadt, bei der
Wallfahrtskirche der barmherzigen Jungfrau von Cobre. An diesem heiligsten Ort Kubas hören wir drei Kurzreferate zur Bedeutung der katholischen Kirche in Kuba, zum synkretistischen Kult um die Jungfrau sowie zur Bedeutung der afro-kubanischen Religion, der so genannten Santería (Christian Krebs, René Eßer, María Lucía Barón Rodríguez).
(Festung El Morro)
(Barmherzige Jungfrau von Cobre)
2. März
Ankunft in Camagüey, der drittgrößten Stadt des Landes. Nach langer Fahrt besichtigen wir
am Nachmittag zunächst das Monument des regionalen Heroen und Freiheitskämpfers Ignacio Agramonte Loynaz, dessen Leben und Wirken uns die engagierte Stadthistorikerin Elda
Castro schildert. Im Anschluss an die Erkundung des Denkmals und seines integrierten Repräsentationssaales führt sie uns durch den historischen Stadtkern, welcher ebenso wie die Altstadt von Havanna, das Zentrum von Trinidad sowie das Valle de Viñales den Titel des
UNESCO-Weltkulturerbes trägt. Der Schwerpunkt der Führung liegt auf der Kolonialgeschichte sowie der Stadtentwicklung im 19. Jahrhundert (Zucker und Sklaven).
Am Abend gewährt uns Saskia Hertlein einen interessanten Einblick in das Werk eines
US-amerikanischen Poeten kubanischer Herkunft: Pablo Medina.
(Denkmal für Ignacio Agramonte Loynaz)
(Zentrum von Camagüey)
3./4./5. März
Fahrt nach Varadero mit Zwischenstopp in Santa Clara, wo wir das gigantische Che GuevaraDenkmal mitsamt Mausoleum und Museum besichtigen. Stephan Kroener hält auf den Stufen
des Monuments ein kurzes Referat über die Mythisierung der kubanischen Revolution und
das offizielle Geschichtsbild.
Im wichtigsten touristischen Zentrum Kubas, der 18 km langen Badehalbinsel Varadero,
endet unserer Reise schließlich am 4. März. Bevor der im Programm angekündigte „día de
descanso“ jedoch beginnen kann, stehen noch drei weitere Referate an, die sich mit den negativen und positiven Aspekten des Massentourismus befassen (Laura Wolf, Marianne Köstler)
sowie auf die damit verbundenen Umweltschäden verweisen (Michael Jedelhauser).
Am Abend wird außerdem der 50. Geburtstag unseres „máximo líder“ Prof. Dr. Thomas
Fischer zelebriert, welcher zufälligerweise mit dem 50. Jahrestag der kubanischen Revolution
korreliert.
Am 5. März endet die Exkursion hochoffiziell mit der Rückfahrt nach Havanna. Einige
TeilnehmerInnen forschen indes noch für mehrere Tage auf der Insel weiter.
(Che Guevara-Denkmal und Mausoleum, Santa Clara)
¡Hasta la victoria siempre!