Sprache in Arbeit - Susanne Fasbender
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Sprache in Arbeit - Susanne Fasbender
1 Herzlich Willkommen zum Kunstfilmtag 2012 Ich freue mich sehr, Ihnen das diesjährige Programm unter dem Titel "Die Sprache ist das Haus in dem wir leben" vorstellen zu dürfen. Die Sprache ist unser alltägliches Werkzeug der Verständigung. Sie bildet unser Haus der Worte mit vielen Etagen, an das viele Straßen münden. Wir haben dieses Thema - um im System der Straßen zu bleiben - als Richtgeschwindigkeit genommen. Doch darf man nicht erwarten, dass sich auch alle daran halten. Die Fragen was ist Sprache und w as ist ein Kunstfilm haben uns hierbei stets begleitet. Die verschiedenen Formen des Verstehens und Sehens zu diskutieren, zu analysieren und schließlich zu Wort kommen zu lassen. Die Diskrepanz zwischen Bild und Wort. Das Bild steht für sich und das Wort tut es auch. das Bild sieht und das Wort spricht das Bild erzählt und die Sprache ist still das Bild bewegt und der Ton schreit das Bild täuscht und die Stimme lockt Die Erzählungen verlassen nun das Haus und kehren zurück. Sie verlassen das Blickfeld und werden zu Taten. Sie spielen mit Worten und formen sich neu. Sie berichten und interpretieren, sie werden zur Vision, zur Fiktion und kehren zurück zu den Tatsachen. Um mit einer kleinen sprachlichen Anekdote diesen Begrüßungstext abzuschließen, möchte ich kurz erzählen, wie es zu dem Titel kam. Susanne Fasbender war auf der Suche nach einem Titel für den diesjährigen Kunstfilmtag. Der Titel sollte sich auf die Sprache beziehen. Die Suche gestaltete sich ähnlich, wie bei dem Spiel "Stille Post", bei dem am Ende ein neuer oder auch kein Sinn entsteht. Susanne erinnerte sich an den Satz, aus dem berühmten Film "Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß" von Jean-Luc Godard: "Die Sprache ist das Haus in dem wir leben". Das Zitat aus dem Film lautet jedoch: "Die Sprache ist das Haus, in dem der Mensch wohnt". Dieses wurde wiederum von Godard abgewandelt, der dem historischen Satz aus dem Brief Über den Humanismus von Martin Heidegger zugrunde liegt: "Die Sprache ist das Haus des Seins. In ihrer Behausung wohnt der Mensch". Deshalb ist es um so schöner, dass das Finden eines Titels bezüglich der Sprache einen traditionellen Aspekt der Sprache beinhaltet - die Überlieferung. Die Filme sind anregend, unterschiedlich und in dem dramaturgisch angelegten Tagesprogramm so platziert worden, dass sie in einen Dialog treten können. Fühlen Sie sich willkommen mit Fremden und Vertrauten ihre Sicht der Dinge sprachlich auszutauschen. Für diesen Anlass ist nicht nur unser Foyer mit Getränken und Köstlichkeiten gedacht, sondern auch das Parkhaus im Malkastenpark, das heute ein Café der Sprache sein wird, in welchem wir das Gesehene und Gehörte des heutigen Tages ausklingen lassen wollen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen erlebnisreichen Tag in unserem Haus mit den sprachlichen Etagen. Herzlichst, Katharina Schmitt 2 kunstfilmtag012 DIE SPRACHE IST DAS HAUS IN DEM WIR LEBEN 10. 11. 2012, 12: 00 - 24: 00 im Theatersaal und Appendix des Künstlerverein Malkasten und Parkhaus im Malkastenpark, Jacobistraße 6a, 40211 Düsseldorf Leitung, Organisation, Programm: Susanne Fasbender, Katharina Schmitt Jury: Susanne Fasbender, Emmanuel Mir, Stefanie Pürschler, Katharina Schmitt Mitarbeit: Malwina Steinhoff Künstler für die Illustration 2012: Heinz Hausmann Trailer: Frauke Berg DTP: Axel Ganz Presse: Paula Schneider Technik: Romano Granderath, Jimmi Di Io Vorführtechnik: Denis Rosen Säulentische im Foyer: Patrick Moser Verköstigung: Florabar, Matthias Böttger Veranstaltungsfotos: Saskia Zeller, Christof Wolf Sprechakt zur Eröffnung: Eine Inszenierung des Kunstfilmtages mit Moritz Führmann, Mitglied des Ensembles des Düsseldorfer Schauspielhauses Moderation: Giulia Bowinkel, Michael Jonas Programm-Kooperationen: Can you Tell me a Story: Evanna Ratner, Ein Hod und Künstlerverein Onomato e.V. Amerikan Kinetics: Alexander Lorenz, Nicholas Petrus 10.11.12 kunstfilmtag Die Sprache ist das Haus in dem wir leben gefördert durch: das Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf unterstützt durch: Künstlerverein Malkasten e.V. veranstaltet durch: Projektebasis filmundformate/Susanne Fasbender www.kunstfilmtag.de / info@kunstfilmtag.de Die Synopsen der Filme im Programmkatalog wurden von den KünstlerInnen verfasst und liegen in deren Verantwortung. Trailer des Kunstfilmtages 2012: Die Sprache ist das Haus in dem wir leben Trailer: Frauke Berg 2012 01:20 min Immer wieder geht es in Frauke Bergs Arbeiten um die Vielfalt von Sprachen, um Möglichkeit und Unmöglichkeit von Verständigung, um das Verlieren von Sprache. In ihren Klangstücken experimentiert sie mit künstlicher Sprache, die man versteht und nicht versteht - äquivalent zu ihren Zeichnungen, die zwar begreifbar sind, sich aber einer Analyse entziehen. Im Trailer für den Kunstfilmtag 2012 verknüpft Frauke Berg den Schlüsselsatz “Die Sprache, das ist das Haus in dem der Mensch wohnt” aus dem Film von Jean-Luc Godard “Zwei oder drei Dinge die ich von ihr weiß” mit eigenen Texten und Bildern. 5 Inhalt 16:40 Die Rose der Interaktion Ute Reeh, Kohyo Hong, Hamish Steele, Matt Willis-Jones, Melissa Hopson, Jan Soldat, Karin Hochstatter, Jungwoon Kim, Anna Cady/Louisa Makolski, Birgitta Thaysen, Andrea Isa 56 Willkommen Credits Inhaltsverzeichnis 3 5 6 It Works Both Ways: Anna Cady und Louisa Makolski 59 Art Which Speaks to Us: Jenny Chamarette 60 Foyer: Georgie Grace 8 18:05 Amerikan Kinetics Alejandra Delgado, alonso+craciun, Nastio Mosquito, Juanjo Herrera, Claudia Joskowicz, Regina Jose Galindo, Nicholas Petrus, Lorena Cardona/Sebastian Pinciroli/Taller Danza, Gustavo Galuppo, Tamara Kuselman, kuratiert von Alexander Lorenz und Nicholas Petrus 62 Sprache in Arbeit (Fortsetzung): Susanne Fasbender 66 No. 9 from Not Drowning, Just Waving: Sally Grizzell Larson 67 Sprache und Film (Fortsetzung): Frauke Tomczak 69 19:15 Erinnerung in Bilder setzen Aki Nakazawa, Süleyman Demirel, Eli Souaiby, Bakary Diallo, Dennis Stein-Schomburg, Günter Baumann, Nesha Nikolic, Faiyaz Jafri, Tobias Bieseke, Ertan Erdogan, Cian Donnelly, Jisoo Kim 70 Hütchenspieler 01 - 08 / Ich habe es satt: Philipp Röcker 74 Sprache in Arbeit: Susanne Fasbender 10 Ausstellung im Appendix: Übersetzen und Besprechen Matthias van Baaren, Oliver Ressler, Verena Friedrich, Paula Roush/Maria Lusitano, Marion Kellmann, Reza Abeyat, Sinead Aldridge, Veronika Peddinghaus 14 Die Falten des Königs: Matthias van Baaren 20 Haus: Moritz Wegwerth 26 12:00 Denken an Sätze Nesha Nikolic, Muriel Montini, Sally Grizzell Larson, Anna-Lena Meisenberg, Marcantonio Lunardi, Alexander Lorenz, Susanne Troesser, Magdalena von Rudy, Thyra Schmidt 28 Fön: Ursula Ströbele 30 13:20 Reden als Handlung Max Hoffs, Renee Del Missier, Anti Naulainen/Ando Naulainen, Bjørn Melhus, Anja Wiese, Susanna Flock, Julia van Koolwijk, Ursula Ströbele, John Dunn, Annebarbe Kau 20:35 Wider und wieder sagen Joachim Rüsenberg, Marcantonio Lunardi, Frauke Dannert, Weisser Westen, Florian Meisenberg, Sally Grizzell Larson, Susanne Fasbender, Giulia Bowinkel/Friedemann Banz, Jan Ijäs, Dominik Dusek, Otto Müller, Kenneth Keen 76 32 Hemd: Julia van Koolwijk 34 Two Islands: Jan Ijäs 80 Man kann ein Buch wie einen Bach in die Hände nehmen: Gundi Feyrer 35 killing: Lars Breuer 83 14:15 Dichten zum Ort Gudrun Kemsa, Claire Walka, Maximilian Schmötzer, Roderick Steel, Anna-Lena Gremme, Tanja Goethe, Pablo Mazzolo, Nocoma, Rainer Komers 38 21:35 Tonfall der Differenz Vicki Bennett, Julia Charlotte Richter, Enis Vardar, Mina Bellack, Jeannette Schnüttgen/Jessica Prentzel, Stefan Lux, Markus Herse, Jan Ijäs, Christian Deckert 84 fight: Frauke Berg 40 Buchstabensuppe: Mechthild Hagemann 86 Ausklang: Birgit Borsutzky 41 Versi / Stimmen Fragment: Stephen Reader 88 15:10 Can you tell me a story Evanna Ratner, Hubert Schober, Elisabeth Luchesi, Jürgen Staack, Susanne Troesser, Charly Müller, Wilfried H.G.Neuse, Anne Schülke 42 22:25 Die Stimme aus dem Off Philipp Künzli, Stine Gonsholt, Katharina Schmitt, Bojan Ljubomir Jugovic, Hasan Kilic, Miya Ando 90 Stiller: Natscha Engelmann Sprich mich: Elisabeth Luchesi 92 44 NUN - Gelände ohne Rand: Jens Stittgen Weg nach Babel: Emmanuel Mir 46 23:05 Schlusswort der Akteure Chiqueria, Kohyo Hong, Salome Sagaradze/Luka Chkhaidze, Antoinette Zwirchmayr, Eberhard Kranemann, Claus Stoermer, Fabian Daub/Claire Walka, Gul Ramani, Jan Verbeek, Alexander Wissel/Jan Bonny, Stefan Ettlinger 94 45 Zeichnungen zu Friedrich Nietzsches “Unzeitgemäßen Betrachtungen”: Herbert Willems 48 Die Dächer brennen: Tanja Goethe 96 15:45 Aus Sicht der Frage Petter Napstad, Holger Lang, Stefanie Pürschler, David Fonjallaz/Kathrin Yvonne Bigler, Angelo Ricciardi, Renee Del Missier, Jörg Steinmann, Max Erbacher, Robert Brümmerhoff 50 Danksagung 98 Georgie Grace: Behalte das Bild im Auge 99 Wer nichts wird wird virtuell: Thorsten Ebeling und Heinz Hausmann 52 Sprache und Film: Frauke Tomczak 54 6 100 104 Autorenverzeichnis Index 7 Foyer Lies etwas hier Georgie Grace 2012 02:07 min „Lies etwas hier“ wurde für den Kunstfilmtag 2012 von Georgie Grace, ausgehend von der eingereichten Ursprungsfassung „Read something here“ neu deutschsprachig produziert und übersetzt von Lisa Wilkens. „Read something here“ attempts to activate the sensory dimensions of language and its power to create imagined experience. The text is transcribed from speech, fragmented and edited to remove its original contexts and references, transforming it into a series of ambiguous imperatives, incomplete scenes, and sensory evocations. The viewers become active readers who generate their own images, contexts, and imagined actions in response to the words on screen. Georgie Grace‘s practice spans the disciplines of writing, installation and film. She studied philosophy and social anthropology before completing her MFA in 2012. *Cambridge, UK Bereitschaft zu erhalten, dasjenige mehrfache nicht zu übersehen, das sich in jedem Gesprochenen gleichzeitig mitteilt. Sprache in Arbeit von Susanne Fasbender Die Sprache ist das Haus in dem wir leben. Mit diesem Satz fing alles an. Er entstand aus der Idee, den Kunstfilmtag mit dem Nachdenken über Sprache zu verknüpfen. Anfangs wurde dieser Satz gefunden, dann gesagt und aufgeschrieben. Das Veröffentlichen und Lautbarmachen über die Medien ist eine sprachliche Handlung. Der Satz begann virtuell zu wandern und an verschiedenen Stellen geschrieben zu stehen. Verknüpft mit einer Einladung an andere KünstlerInnen, mit einem Film zu antworten, versprach er, dass aus ihm etwas werden könne. Etwas, das sich vielleicht auf dem Kunstfilmtag verdeutlichen kann. Andere geben etwas dazu, um mit zu erhellen, was es mit diesem Haus auf sich hat. Nur die Sprache ermöglicht uns diese Art des planvollen Zusammenkommens. Der Satz, durch das “ist”, tritt auf wie eine Behauptung. Etwas ist etwas Bestimmtes. Eine Art von Aussage, die einem Denken in Relativität nicht geheuer ist. Doch das Wider wirkt mit: Der Satz entzieht sich zugleich einem Verständnis durch das Bild von einem Haus, in dem wir leben. Denn wir leben nicht alle in einem Haus, sondern in vielen verschiedenen Häusern und Arten von Häusern, oder auch in gar keinem Haus. Das Unzugängliche des Satzes liegt in einem Haus, das es nicht gibt. Das “ist” ist damit aufgehoben und ist doch schön. Denn vielleicht gibt es das Haus ja doch. Die Begriffe Sprache, Haus, wir, leben sind essentiell, aber, ob man dieses Essentielle will, ist nicht unbedingt gesagt. Der Satz, als Behauptung aufgestellt, lässt uns die Freiheit, selbst zu entscheiden, mit welcher Art von Haus man sich befassen will. Das Bild von Heinz Hausmann Heinz Hausmann wurde eingeladen, den Satz, der in der Zwischenzeit zu Tatsachen, dem Ansehen von Filmen, dem Austausch von Daten und e-mails usw. geführt hat, zu illustrieren. Dabei hat er ihn in ein Schriftbild verwandelt. So gab er ihm in dessen seltsam zwiespältiger Bedeutung Konstanz, ohne ihn groß zu machen, grafisch aufzublähen, massiv in die Fläche zu spannen, wie eine grafische Zeichensetzung es als Auftritt und Beanspruchung von Aufmerksamkeit auch hätte tun können. Er hat diesem Satz einen Zauber gegeben, den er tragen kann. Es geht mir nicht um eine viel bemühte Verschwindensrhetorik, wenn ich schreibe, dass Heinz Hausmann dem Satz das mögliche Definitorische nimmt. Dadurch erhält sich der Titel 10 das Einladende, Aussagen zu machen. Er hat ihn ummantelt und geschützt. Die Buchstaben sind mehrfarbig und die Abstände zwischen den Buchstaben so gering, dass kein Deut dazwischen kommt. Der gemaltgeschriebene Satz bleibt ein offenes Geheimnis. Und darf bleiben. Dieses Buch ist ein Korpus, eingemantelt in das Bild. Es schließt das Buch ein und öffnet es, wie eben ein Buch. Das Bild hat viele Ebenen ohne beliebig zu sein. Es hat zur Sprache eine Art von Vielhaftigkeit, die in einer Freiheit ruht. Aber eine Art von Freiheit, die nur geträumt ist. Und hier an das Fliegen im Traum erinnert. Vorne auf dem Bild eine irreale Welt, die Utopie des Traumes und hinten die Dystopie der „realen“ Entmenschlichung. Aber die Rückseite des Bildes kommt erst noch. Dem Schriftbild hat Heinz Hausmann ein seltsames Gehäuse hinzugesellt. Ein dreifaches Haus, in das Alice im Wunderland nach seiner Erzählung oben hinein- und nach unten hindurchfällt. Das oberste Dach ist ein Zelt. In den Zirkus tritt man ganz und gar ein. “Hier wird die reale Welt verzaubert!” ruft der Zirkusdirektor. “Hier geht es um die wirklichen Dinge, die echt verwandelt werden! Fliegende Menschen und verzauberte Kaninchen, hier können Sie staunen.” Weiter mit Walther Benjamin: “... Man interessierte sich für die wirklichen, die nicht gespielten Dinge, die im Inneren einer Arena, der ältesten Form, in der je Publikum ist angeordnet worden, vor sich gingen... ...Der spanische Romancier Gomez de la Serna hat ein Buch mit Notizen über den Zirkus erscheinen lassen, das dies erneuerte Interesse dokumentarisch bezeugt, aber auch dessen Herkunft aus der prekären Situation der Massen..., ... ihrer zunehmenden Skepsis gegen Anstalten der Vergeistigung und der Verdummung sehr deutlich macht. ... Sein Publikum ist weit respektvoller als das irgend welcher Theater oder Konzertsäle. Das hängt damit zusammen, dass im Zirkus die Wirklichkeit das Wort hat, nicht der Schein. Es ist immer noch eher denkbar, dass während Hamlet den Polonius totsticht, ein Herr im Publikum den Nachbar um das Programm bittet als während der Akrobat von der Kuppel den doppelten Salto mortale macht.” [1] Als Bild für Sprache verstanden, mag man darin lesen, Wörter auf konkrete Wirklichkeit zurückzuführen. Hat die Dif- ferenz des einen zum anderen die Anschauung, so hat die Verwandeltheit des einen den Zauber. Im Fallen kann Alice im Zirkus nicht bleiben. Aus dem Zirkus, wo Dinge und Wörter die “echte” Täuschung kennen, fällt sie in das Labyrinth der Verwirrung, wo diese Unterscheidungen schwieriger werden. Unkenntnis des Weges, den Faden verloren oder verworren in den vielen Verständnissen? Nur der Ariadnefaden führt sicher hinaus. Ist er die sichere Anbindung an die Springquelle des Eigenen? Die Intuition über den “richtigen” Weg? Ohne den Ariadnefaden findet man schwer hinaus, also käme es im Bild des Labyrinthischen auf diesen roten Faden an. Doch Alice fällt, und das Labyrinth hat kein Dach, keinen Boden, denn sie fällt hindurch in das Theater The Rose, gebaut zu Shakespeares Zeiten. “And all the world’s a stage” flüstert die Souffleuse in www,wv (Hausmann/Ebeling s.S. 52). Und das schwebende oder fliegende oder Explosionshaus, wie Heinz Hausmann es nennt, gezeichnet auf geweißtem Grund, schwebt im Außersprachlichen, im Bereich der Spekulation. In diesen Heinz’schen Häusern der Sprache wird nicht gewohnt. Hier wird noch im Keller des Labyrinthes durchgelüftet und ineinandergestapelt. Springt man hinein in das Bild, nimmt man Fahrt auf durch das Unbewusste. “Nimm es nicht zu ernst” sagt er. “Es ist doch nur ein Hütchenspiel”. Zugang zur Sprache als Thema Ein Haus ist gebaut und nicht gewirkt wie ein Stoff. Dann wäre es ein Gewebe, das beweglich ist. Man würde es in die Hand nehmen und weglegen können. Sprache kann man nicht weglegen, sie ist Teil von uns. So ist auch der Zugang zur Sprache als Thema nicht so unumwunden zu finden. Ich möchte mich in diesem Text der Sprache tatsächlich nähern, ich habe dabei vor, auch anzukommen. Das Thema nach und nach zu konkretisieren, aber seine Verschlossenheit nachempfinden. Nicht um einer Vieldeutigkeit oder Absenz das Wort zu reden, sondern aus dem Grunde, dass ich in der Verschlossenheit ein Vermögen sehe, zu wissen, das Sprache in Aspekten, aber nicht vollständig zu erfassen ist. So erhält sich ein Zugang zu ihr die Beweglichkeit, sie weiterhin zu entdecken und mir dabei die fragende Filme als Abbilder von Sprachlichem Filme haben ebenfalls diese Gleichzeitigkeit von Mitteilungen. Ein Text ist, in einem Film gesprochen, mit demselben Inhalt ein anderer als vom Blatt gelesen. Er wird durch die Bilder verändert und tritt auf wie ein Akteur. Filme lassen uns Sprachliches konzentriert und aus der Distanz betrachten. Die bekannten Gleichzeitigkeiten des Filmischen ermöglichen das Beobachten einer Ähnlichkeit von Sprachzusammenhängen, die synchron existieren. Dazu gehören die Fragen danach, was die Bestandteile einer Mitteilung sind, nach der Vergangenheit des Begriffes, seinem Gedächtnis oder auch nach seiner zugewiesenen Bedeutung. Und in der Untersuchung der Praxis die Frage nach der sozialen Struktur, die jedem sprachlichen Austausch innewohnt, d.h. wer (Person/Institution) - wie - was - zu wem spricht. Wie Wortsprache sich im Film artikuliert: Stimme, Sprecher, Körperlichkeit oder wie Filmsprache als Sprechakt, als Artikulation zu verstehen sein kann. Was drückt sich in dem systemischen Verständnis von Benennungen aus und wie verhält sich die Differenz gegenüber einer Behauptung? Vermutlich wurden die meisten der in diesem Programm gezeigten Arbeiten nicht explizit zum Thema “Sprache” gemacht. Sie sind künstlerische Sprache und verwenden Text oder auch nicht. Wir sehen die Künstlerfilme als das, was sie sind und suchen darüber hinaus in ihnen Aspekte der Sprache und im Besonderen der Wortsprache. Sprache als Haus der Welt Es ist also das Konstruierende der Sprache, das auf das Haus hinweist. Die Sprache baut und konstruiert Wirklichkeit. Für mich hat sich durch meine Suche nach einem Verständnis der Sprache ergeben, dass die gesamte Welt um uns aus den Begriffen besteht, die wir von ihr haben. Die Welt existiert für uns durch ihre Benennung. Indem ich benenne: Das ist ein Stein habe ich den Stein für mich geschaffen, er existiert erst jetzt und ich habe ihn “begriffen”. Mit Erkennen und Benennen bewältige ich die Welt. In letzter Konsequenz des Gedankens ist für mich Sprache alles, in dem wir uns befinden. Nichts, das wir benennen können, sehe ich außerhalb der Sprache. Dieses Haus in dem wir leben ist in meiner Ansicht die Gesamtheit der durch die Begriffe konstruierten und für uns existenten Welt. Im Vermögen der Sprache sehe ich das Vermögen, das in ihr liegt, die Welt und ihre Beschaffenheit durch Sprache zu erzeugen. Die Welt anders sprechen So, wie die Welt mit ihren Strukturen und Lebensbedingungen, in denen der Mensch lebt, aussieht, erkenne ich im Sichtbaren und Lebbaren das als abgebildet, was durch Sprache geschaffen wurde. So, wie wir sie leben und sehen, dazu gehören auch die Bilder, die Teil der Benennungen der Welt sind, sieht für mich die Ausführung, der Gebrauch, die Verwendung des Vermögens der Sprache aus, wie der Mensch sie spricht. Wer hier mehr oder weniger „zu sagen“ hat, ist in dem Konzept natürlich relevant. Doch im Gedanken dieses Vermögens erkenne ich für mich eine Möglichkeit, die Welt anders zu sprechen. In einem Bewusstsein eines erzeugenden und durch Be-Nennung konstituierenden Vermögens der Sprache ergibt sich eine Verantwortung und Neubewertung des eigenen Sprechens. Als Einzelne/r die Welt anders sprechen scheint möglich. Anders als so, wie die Sprache unsere Welt und die Lebensbedingungen baut, in denen der Mensch lebt. Der Gedanke fordert auf zu einer gewissenhaften und beharrlichen Analyse, die mir vielversprechend scheint. Herauszufinden, was der Gedanke bedeutet und in welchen Bezügen es ein „gleiches“ und ein „anderes“ gäbe? Wie sähe das aus? Ist ein die-Weltanders-Sprechen jenseits des Besitzes von zugewiesener legitimer Sprachkompetenz, (Pierre Bourdieu), die die Wirkmacht im Sozialen ausmacht, möglich? Jahrhundert der Sprache Wenn man heute über Sprache nachdenkt und verstehen will, was Sprache ist, so sieht man sich einem gewaltigen Textvolumen allein aus dem 20. Jahrhundert gegenüber, das in Linguistik, Philosophie, und auch Sozialwissenschaft von einer langen Reihe berühmter PhilosophInnen verarbeitet wurde. Ferdinand de Saussure, Ludwig Wittgenstein, Noam Chomsky, John Longshaw Austin, Roland Barthes, Jürgen Habermas, Judith Butler, Jacques Derrida, Pierre Bourdieu, um nur einige wenige der vielen berühmten Namen zu nennen, haben die Sprache als System, als Kompetenz, als Sprechakt, als Performanz oder in der Schrift untersucht. Zu Beginn des Jahrhunderts wurde die Sprache als System definiert, wobei Sprache nicht mehr etwas repräsentierte, das außerhalb von ihr lag, also eine Idee, eine Wahrheit, eine Bedeutung. Zu dieser Zeit fand eine Wende statt von einem Wahrheitsbegriff, der bis dahin außerhalb der sprachlichen Erkenntnis derselben vorgelagert war, hin zur Vorstellung von Wahrheit als einer Eigenschaft der Sprache. Strukturalismus Dabei kommt es mir um zwei ordnende Punkte an: Zum einen: Es wurde zu dieser Zeit eine Unterscheidung der Sprache getroffen in zwei getrennt voneinander untersuchte Bereiche. Die Sprache als System und der Gebrauch der Sprache. Und: Die Bedeutung der Zeichen. Ferdinand de Saussure, der als Mitbegründer des Strukturalismus gilt, erklärt die Bedeutung der Zeichen mit dem Begriff der Arbitrarität und deren Entstehung mit der Differentialität der Zeichen. Die Arbitrarität weist darauf hin, dass die Bedeutung des Zeichens zufällig sei, „In der Tat beruht das ganze System der Sprache auf dem irrationalen Prinzip der Beliebigkeit des Zeichens“ [2]. Es entsteht in keiner anderen Weise als in der Differenz zum anderen Zeichen: „Es ist von absoluter, sogar apriorischer Evidenz, dass es niemals ein einzelnes/einziges Sprachfragment geben wird, das auf etwas anderes gegründet sein kann ... als auf seinem Nichtzusammenfallen oder auf dem Grad seines Nichtzusammen- fallens mit dem Rest“ [3] Sprache wurde zu einem zentralen Begriff der Philosophie des 20. Jahrhunderts und das Systemische der Sprache wurde, ursprünglich auf der Basis des Strukturalismus, die Grundlage des nach meinem Verständnis in das Zentrum jeglicher Prozesse geratenen Begriffes des Systems. Wenn auch in äußerster Kürze hier dargestellt, so ist das Konzept des Strukturalismus als Vorläufer weiterer Entwicklungen der Sprachwissenschaft bis zu seiner avanciertesten Verarbeitung im Poststrukturalismus in einer Weise relevant geworden, die in unserem zeitgenössischen Denken Ausdruck bis in die Alltagswelt hinein findet. Ausführendes „Organ“ aller gesellschaftlichen Prozesse ist in diesem Sinne, kurz gesagt, nicht mehr der Mensch, sondern das System. Was in der langfristigen Entwicklung aus meiner Sicht gesehen, gewissermassen zur Folge hat, dass sich der Einzelne als definiertes Pünktchen in diesem System nicht mehr in der Lage sieht, jenes zu erfassen und zu überblicken, geschweige denn verändernd wirken zu wollen. „Da auch die Alltagspraxis im Risikokapitalismus wenig Anlass für optimistische Zukunftserwartungen bot, ließ man sich von der Behauptung, es gebe «keinen Emanzipations horizont mehr» (Lyotard), gerne überzeugen. Zumal der postmoderne Diskurs die zivilisatorischen Widersprüche, die soziokulturellen Paradoxien und Pathologien ja nicht leugnet. Ja, er generiert sich geradezu als kritisches Gewissen einer aus den Fugen geratenen «Moderne». Doch erhalten in der postmodernen Vorstellungswelt diese Widersprüche eine Aura des Unvermeidlichen.“ [5] Name der Dinge Walther Benjamin hatte in seinem Aufsatz “Über Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen” aus dem Jahr 1916, der ungefähr zur selben Zeit entstand, wie der als Vortrag gehaltene und von zwei seiner Studenten i.J. 1917 veröffentlichte „Cours“ des Ferdinand de Saussure, widersprochen: Die Sprache sei eine Übersetzungsleistung des Menschen der Sprache der Dinge und Sachverhalte, in die Sprache des Menschen. So ginge dem Finden der Begriffe ein Vernehmen voraus: „Die Sprache teilt das sprachliche Wesen der Dinge mit. ... Denn in der Sprache verhält es sich so: Das sprachliche Wesen der Dinge ist ihre Sprache. Das Verständnis der Sprachtheorie hängt davon ab, diesen Satz zu einer Klarheit zu bringen“ und an anderer Stelle: „Durch das Wort ist der Mensch mit der Sprache der Dinge verbunden. Das menschliche Wort ist der Name der Dinge. Damit kann die Vorstellung nicht mehr aufkommen, die der bürgerlichen Ansicht der Sprache entspricht, dass das Wort zur Sache sich zufällig verhalte, dass es ein durch irgendwelche Konvention gesetztes Zeichen der Dinge (oder ihrer Erkenntnis) sei. Die Sprache gibt niemals bloße Zeichen.“[4] Sprache im Gebrauch Der französische Soziologe Pierre Bourdieu kritisiert in der Trennung der Sprache vom Sprechen, dass die die Sprache konstitu11 ierenden soziohistorischen Bedingungen der Sprache ausgeblendet werden. Für ihn ist die Sprache selbst ein soziohistorisches Phänomen, das nicht losgelöst von den sozialen Bedingungen, in der sie entsteht und gebraucht wird, betrachtet werden kann. „Was Saussure angeht, so dürfte klar sein, dass das Sprechen nicht, wie er meint, als bloße Realisierung oder „Ausführung“ eines bereits bestehenden Sprachsystems gedacht werden kann“.[6] Im Vorzug der Sprache vor der Wirklichkeit des Sprechens erkennt Bourdieu eine Verwechslung von Ideal und Wirklichkeit. Dieser kurze Abriss spiegelt die Konzentrationspunkte wieder, zwischen denen ich in meiner Sicht das zeitgenössische Denken aufspanne, um die Werte auszutarieren, die für mich Bestand haben. Diese Arbeit ist von meiner Seite erst begonnen, so dass sich dies einem nur deutlich erschließen wird, wenn man selbst die Lektüre dazu vertieft. Zurück zum Haus Es ist also für mich ganz wesentlich auch die Philosophie, die das Haus der Sprache so baut, wie die Welt aussieht durch ihre Benennungen und Begriffe. Ein individuell empfundenes Verständnis, mit den Dingen und der Welt umzugehen kann offensichtlich durch die etablierten Theorien der Philosophie bis in die Wirklichkeit des Einzelnen hinein geprägt und geformt werden. Hierzu möchte ich überlegen als philosophischer Laie gegenüber dem großen Jahrhundert: Hätte sich eine Differentialität (s. Strukturalismus i. d. Text) nicht auch etablieren können innerhalb einer Sinnhaftigkeit? Ein wertvolles Bewusstsein der Differenz, die das jeweils andere teilhabende im einen bedenkt, wo das Nichtbestimmbare nicht Fundament, das Zufällige nicht ein Axiom ist, sondern beide wären ebenfalls, so wie die künstlerische Praxis es im Sinne des Differenten umsetzt, schöpferisches Potential? Ein Denken, das sich der eindeutigen Identität eines Dings widersetzt, nicht weil das Zeichen keine, sondern zu viele Bedeutungen hat, die gleichzeitig auf verschiedenen Ebenen sich widersprechend und doch parallel stattfinden. Zur gleichen Zeit. Hätte man die Welt philosophisch auch „anders sprechen“, anders benennen und erkennen können? Vieles fällt mir ein dazu, denn auch in den Gedanken können doch kleine, ich meine im Sinne eines minimalen Winkels gedacht, Richtungsänderungen in der fortlaufenden Entwicklung zu anderen Wegen führen. Diesen Überlegungen möchte ich folgen, doch das wird wohl einen anderen Ort finden als dieses Buch. Ansprache Lange habe ich überlegt, mit welchem Film beginnen und ich entschied mich, vielleicht im Sinne der letzten Sätze für „Ansprache“ von Ursula Ströbele. Da ist dieses eigenartige Wesen, das man nicht kennt, es nennt sich die Maus, die plötzlich auftaucht aus dem Nichts und in ihrer ganzen Gesamtheit da steht. Sie spricht, oder ruft sie? Nein, ich denke sie spricht in der Art einer Teilhabe an etwas, das um sie ist. Ganz urplötzlich steht sie da, ohne die üblichen sozialen Bezüge, die einem helfen, sie in ein Verständnis einzuordnen. Sie ist weder Tierreich noch Men12 schenreich, sie ist gar betroffen, man denkt, sie nimmt teil an der Welt, geradezu mit Belang. Als ginge es um etwas, das man für sich selbst übersetzen wird. Sie polarisiert, manche Menschen wurden aggressiv, die sie trafen, andere lieben sie. Sie ist definitiv fremd und manchen irgendwie vertraut. Sie als das Unbewusste zu deuten, wäre mir zu einfach. Ein sprechendes Wesen, das keine Begriffe hat, die wir kennen. So fehlt mir die Chance, mich zu beziehen, das geht offensichtlich nur mit Sprache, ohne Sprachgemeinschaft, der sie angehört, ohne irgendeine Zugehörigkeit bleibt sie eigenartig unzeithaft. Above Ganz anders der Schrei von Nesha Nicolic. Ein nackter Mann klettert in einen Baum in Entfernung, akustisch nah das Kichern einiger Frauen. Dann ein langer, intensiver, anhaltender Schrei, das Lachen verstummt, und sogleich ein Grölen aus dem Publikum als Antwort. Die ungebrochene Behauptung des Schreis von erhöhtem Standpunkt im Baum aus fordert sogleich die spontane Gegenbehauptung heraus, ein prompter Ausdruck des Kampfes, der Behauptung des Anderen sich entgegenzustellen. Da wird nicht lange überlegt, es könnte ja gefährlich sein, das Stammhirn funktioniert. Und es wird ein unmittelbarer Austausch von Selbstbehauptungen. Er folgt seinem Schrei mit einer Flöte, ein Vogel. Ein urtümlicher Eindruck im Rahmen einer Ausstellungssituation, die Nesha Nikolic in ein archaisches vorsprachliches Geschehen verwandelt. Als Film das Dokument einer Performance. Eine ganz andere Art der „Behauptung“ spielt sich in dem Film he who had liberated his mind still has to purify himself von Florian Meisenberg ab. Hier liegt zwischen der Behauptung und ihrer Entgegnung ein Jahrhundert. Denn der Künstler bearbeitet das Schwarze Quadrat des Kasimir Malewitsch unter dem lapidaren Klickgeräusch der Computermaus in Photoshop mit dem „Stempelwerkzeug“ zu einem rudimentären Klumpen. Der Titel macht den Film zu einem Sprachspiel, in dem das „purify“, das ebenso die Bereinigung des Suprematismus repräsentiert als Purifizierung auf Kasimir Malewitsch als Person und Künstler „himself “ oder vielleicht auch selbstironisch auf Meisenberg selbst angewendet wird. Er hebt ihn mit Maschine und Geschwindigkeit, denen Malewitsch die Erneuerung der Zeit zuschrieb in einer bildsprachlichen Handlung vom Sockel der Kunstgeschichte, weist nochmals auf das Ende des auratisch erhöhten Künstlers hin und belegt das einstmals ideale, die „Ikone der Moderne“ das „Absolute“ mit der Geste einer belanglosen digitalen Entfernung. Eine sprachliche Entmächtigung der Kollegen, die er mit einer gewissen Konsequenz und Leichtigkeit betreibt um sich über Definitionen des Kunstbetriebs hinwegzusetzen. Der Witz liegt hier in der Umnutzung des Begriffes „purify“ im Kontext der epochemachenden kunstgeschichtlichen Bereinigung der Malerei vom Sujet. Auf das, was mit dem Blick auf das kommende 20. Jahrhundert revolutionär und antispießig und im damaligen Stil pathetisch auftrat, greift 100 Jahre später Florian Meisenberg mit genialisch-belangloser Geste zurück. Er weiß dabei vermutlich dennoch, dass auch Malewitsch für seinen heutigen postmodernen Status einen ordentlichen Beitrag in seiner Zeit geleistet hat. Ein bisschen dolle Künstlerfigur ist Florian Meisenberg ja, aber er arbeitet dran, „he still has to purify himself “. eher hinter „Fassaden“ verbirgt. Ein Wollen zum Anderen ist verletzbar und in dem Sinne eine „Schwäche“, die man meistens hinter „Fassaden“ verbirgt. Die Stimme aus dem Off, der Text und das Bild, gehen die Verbindung einer Innerlichkeit ein. Es hat das Stille in der Sprache des fühlenden Ichs, dem das Filmische einen Raum gibt in das stumme Geheimnis hinter den Fenstern. Zur Vertiefung des Rückblicks einige Zitate vom Kasimir Malewitsch: Paragraph 3 Susanne Troesser filmt mit einer Handykamera eine Aktion von Anne Sievert, in der jene den Absatz 3 des Paragraphen 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 mit Kreide auf den Fahrradweg an der Werdener Strasse vor das Landgericht in Düsseldorf schreibt: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Die in Schreibschrift wie auf eine Schultafel geschriebenen Buchstaben sind metergroß. Die Kamera folgt langsam den Buchstaben, erst am Ende sieht man die Künstlerin Anne Sievert, schreibend. Begleitet ist das Handyvideo von einem klaren und deutlichen Tongefüge aus metallen schwingenden Schlaggeräuschen, die (ich habe mich bei Axel Ganz, der den Sound gemacht hat, erkundigt), durch ein Klopfen auf vorstehend angebrachte Steinplatten des o.g. Gebäudes entstanden sind. Der mahnende musikalische Ton untermalt einzelne Stimmen, die den Text nacheinander einzeln aufsagen. Kein Geräusch der Strasse. „... Das ist dann möglich, wenn wir alle unsere Künste vom Sujet befreien, dieser spießbürgerlichen Vorstellung und das Bewusstsein lehren, alle Naturdinge nicht als reale Gegenstände und Formen, sondern als Material zu betrachten, aus dessen Massen Formen zu bilden sind, die mit der Natur nichts zu tun haben. Dann wird die Angewohnheit verschwinden, in Bildern Madonnen und Venusgestalten mit herumspielenden verfetteten Cupidos zu sehen. Die Formen des Suprematismus, des neuen Realismus in der Malerei, bilden bereits den Beweis für den Aufbau von Formen aus dem Nichts, die von der Intuitiven Vernunft gefunden wurden. Ich habe die Knoten der Weisheit gelöst und das Farbbewußtsein befreit! Entledigt euch ganz schnell eurer verhärteten Haut der Jahrhunderte, damit ihr uns leichter einholen könnt. Ich habe das Unmögliche bezwungen und mit meinem Atem Abgründe geschaffen. Ihr hängt wie Fische in den Netzen des Horizonts. Wir, die Suprematisten, machen euch den Weg frei, Beeilt euch! Denn schon morgen werdet ihr uns nicht mehr erkennen.“ [7] Du in meinem Leben oder irgendwo in ... In diesem videografischen Poem von Thyra Schmidt folgt die Künstlerin einer Spur der beziehungsvollen und gleichzeitig fragenden, suchenden Hinwendung an einen Anderen, einem Du. Mit dem Blick auf ihre fotografischen Stativaufnahmen von Hausfassaden hört man eine Sprecherin, Thyra Schmidt selbst, deren Sätze wie „Steht still da und schaut dich an“, „Nebel auf der anderen Seite der Straße“, „Was ist, wenn ich irgendwo hingehen muss, und du es nicht verstehen wirst“ einen gedanklichen Lebensraum öffnen, den man hinter die fremden geschlossenen, gardinenbehangenen Fenster des Wohnens lokalisiert. Sie schafft mit diesem nachdenklichen Video und ihrer sinnenden Stimme und Sprechweise, die natürlich das Um und Auf des Gelingens dieses Videos ist, eine Atmosphäre der Bindung an einen Anderen, der erholsamerweise das stete wiedergekäute ironisch-stilisierte ewige Scheitern von Beziehungen fehlt, ohne irgendetwas Gegenteiliges zu beschwören. Das Video ist so schön, weil es Wert legt auf etwas und dem uns allen vertrauten steten drängenden und leidhaften Sich-Beziehen mit Wunsch und Wollen eine Stimmung der Nachgiebigkeit und Milde verleiht. Etwas, das sich Wer kann sich wie und in welcher Form auf dieses Recht berufen? Denn es geht um ein Gesetz, das Menschen betrifft, die im Allgemeinen keine soziale Macht haben und dementsprechend keine Macht, sich Gehör zu verschaffen. Auf die unterste Ebene der Erdoberfläche, auf die Platten des Strassenbodens in Kreideschrift ein Grundrecht zu ermahnen, das beim nächsten Regen zerfließen wird, zeigt sich mir angesichts der Realität einzelner Schicksale, für die eine Ausführung des Verbotes von Benachteiligung lebenserhaltend sein könnte, als eine gelungene Verbildlichung der Machtlosigkeit derjenigen, für die das Recht immer gelten sollte. Es finden Abschiebungen von Heimatlosen und in ihren Ländern Verfolgten in solch grauenhafter Durchführung auch in diesem Lande statt, dem man sich gesondert widmen muss, um es zu erfahren, dass das Sprechen vom Grundrecht ebenso leer erscheint wie das Sprechen des Grundrechtes durch die Legislative geschweige denn Exekutive. Was sagt uns dieser Film nun zur Sprache? In meiner Lesart verbildlicht er und schafft eine hierarchische Sprachsituation. Er weist darauf hin, dass die Macht der Sprache immer abhängig ist von der Macht und Institution des Sprechers. Solange ein solches Grundgesetz nicht von der Justiz selbst eingefordert wird, ist es auch nicht von irgend jemandem einforderbar. „Eine Institution ist nicht unbedingt eine bestimmte Institution - diese oder jene Familie oder Fabrik zum Beispiel -, sondern jedes einigermaßen dauerhafte Ensemble von sozialen Beziehungen, das Individuen Macht, Status und Ressourcen verschiedenster Art verleiht. Somit ist es die - so verstandene Institution, die dem Sprecher die Autorität verleiht, den Akt auszuführen, den seine Äußerung performativ zu vollziehen behauptet. Nicht jeder kann sich vor ein neues Schiff stellen, eine Flasche an dessen Bug schleudern, die Worte aussprechen: „Ich taufe dieses Schiff auf den Namen ‚Queen Elisabeth‘“ [zitiert im Zusammenhang mit der Sprechakttheorie von John Longshaw Austin] und das Schiff damit taufen: Die Person muss hierzu befugt sein, bekleidet mit der zur Ausführung dieses Aktes erforderlichen Autorität. Daher setzt die Wirksamkeit der performativen Äußerung bestimmte soziale Verhältnisse voraus, eine Institution, die bewirkt, dass ein bestimmtes Individuum, das zum Sprechen befugt ist, und von anderen als solches anerkannt wird.“ [8] Indem im Film die Aktion mit dem wiederholten Sprechen des Satzes von unbekannt bleibenden Stimmen zusammengebracht wird, erkenne ich in dem Video zwar die moralische Einforderung einer Gleichbehandlung und zugleich eine bewußt als „sinnlos“ im Sinne ihrer Umsetzung dargestellte Artikulation. Zur Sprache gehört auch das Vernehmen, das Hören und die Gültigkeit des Gesprochenen, wobei ein Gesetz nicht einfach ein Gesprochenes ist, vielmehr ein ehern und weihevoll festgeschriebener Satz, dessen Gültigkeit eigentlich in seiner Existenz als Gesetz verankert ist. Es gibt also einen Unterschied in der Mitteilung des Satzes des Paragraphen selbst, und der Mitteilung, die die sich hier in der Exekutive mitteilt. What is democracy Der Film von Oliver Ressler befasst sich mit dem Begriff der Demokratie, die Beschreibung des Films selbst ist auf S. 15 zu finden. Das Beeindruckende dieses Films ist die Informationsfülle, die durch die vielen global verstreuten SprecherInnen vermittelt wird. Es ist aber auch das Zuhören den SprecherInnen selbst, die jeweils an einem für die Demokratie in dem jeweiligen Land symbolträchtigen Ort oder repräsentativen Gebäude stehen. Der Art, in der sie sprechen, ihrem Artikulieren komplexer Sachverhalte nicht nur zuzuhören, sondern auch zuzusehen, vermittelt das Gesagte auf so natürliche Weise, dass die Inhalte als klare und überlegene Analyse auftreten. Überlegen gegenüber dem Gebrauch des Begriffes im Sinne seiner politischen Praxis. Der Begriff wird in diesem Film ausführlich von jener gelöst, so dass der Film eine überzeugende und intelligente Dekonstruktion der Praxis dieses Begriffes ist. Lin Chalozin Dovrat aus Jaffa sei hier (in der Übersetzung) zitiert: „Demokratie beruht auf der Voraussetzung, dass es eine Regierungsform gibt, die für ein faires Spiel sorgen kann. Sie verspricht, dass am Anfang oder am Ausgangspunkt des politischen Spiels alle Teilnehmer gleich sind. Diese Gleichheit beruht auf Identität. („Allgemein verliert ein Mensch dann seine Identität, wenn er sich so verändert bzw. von außen beeinflusst wird, dass wesentliche Kriterien entfallen, anhand derer er identifiziert wird und sich identifiziert, oder wenn wesentliche Instanzen, welche die Identifizierung vornehmen, entfallen oder wesentliche Kriterien der Identifizierung geändert werden (z.B. Verlust einer Staatszugehörigkeit), Quelle Wikipedia). Und das bedeutet, dass jeder, der (von seiner Identität her, Anm. SF) nicht hineinpasst, keinen gleichen Ausgangspunkt zugebilligt bekommt. Die Idee, die für soziale Mobilität steht, geht nicht auf. Wie ein System schaffen, das Gleichheit zwischen dem Ungleichen erreicht. Denn es geht um die tatsächliche effektive Bewegungsgfreiheit aller TeilnehmerInnen.“ Our School Von Reza Abeyat. Dies ist einer der längeren Filme zur Sprache, die im Appendix angesehen werden können. Der aus Teheran stammende Filmemacher Reza Abeyat zeigt in seinem Dokumentarfilm den Alltag in einer Schule eines Dorfes in einem arabischsprechenden Gebiet im Iran. Obwohl 70% der Bevölkerung, wie er sagt, ursprünglich nicht Farsi sprechen, werden alle Kinder in Farsi unterrichtet. Er zeigt in seinem sensiblen Film die Schwierigkeiten der Kinder, einfache Inhalte auf Farsi zu lernen. Eine schöne Beschreibung aus Italien über die Veränderung von Sprachverhalten durch die Vorschrift einer Hochsprache, die nicht als auf diesen Film angewendet verstanden sein soll, sondern als Zugabe zum Thema der Sprache in diesem Kontext, fand ich in den „Freibeuterschriften“ von Pier Paolo Pasolini: „Alle mittel- und süditalienischen Städte und Regionen hatten früher einmal eigene Sprachtraditionen, lebendige Sprachen, Dialekte, die sich durch Sprachschöpfungen ständig erneuerten. Innerhalb dieser Dialekte gab es dann noch lokale Sondersprachen, die überreich an oft geradezu poetischen Wortbildungen waren und zu denen jeder, Tag für Tag, neues beitrug: Jeden Abend eine neue Redewendung, ein Bonmot, ein frisch erfundenes Schlagwort - überall herrschte eine wunderbare Sprachvitalität. Das Sprachverhalten dagegen, das heute von der herrschenden Klasse vorgegeben wird, hat die Menschen mundtot gemacht. In Rom z.B. sind die Leute nicht mehr imstande, etwas zu erfinden, sie sind entweder von einer neurotischen Sprachhemmung oder sie sprechen eine völlig artifizielle Sprache, ohne Schwierigkeiten und Widerstände, so als ob alles leichthin sagbar wäre - sie sprechen „wie gedruckt“ - oder sie landen schlichtweg in der Sprachunfähigkeit im klinischen Sinn; die Menschen können keine lebendigen Bilder und Rhythmen mehr finden, sie jaulen mehr als sie sprechen und geben sich entweder Kniffe oder grinsen höhnisch, weil sie weiter nichts zu sagen haben“.[9] Fortsetzung auf Seite 66 13 Ausstellung im Appendix: Übersetzen und Besprechen Die Falten des Königs Matthias van Baaren 2011 30:00 min What Is Democracy? Oliver Ressler 2009 118 min „Die Falten des Königs” ist ein Dokumentarfilm über Simultandolmetscher. Zwei Dolmetscherinnen sitzen in einer Kabine. Über Kopfhörer werden ihnen vorab aufgenommene, englischsprachige Interview-Passagen (für den Zuseher sind diese „Originale” nicht hörbar) zugespielt, die sie simultan ins Deutsche übertragen. Bei den ursprünglichen Interviews handelt es sich um Gespräche mit Übersetzern, Translatologen, Dolmetschern, Politikern, Sprachphilosophen, Neurolinguisten usw. Aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln erfährt der Betrachter so vom Prozeß des Dolmetschens und ist gleichzeitig Teil dessen. Als ich mit den Recherchen für "Die Falten des Königs" begann, war ich fasziniert, mich einerseits an ein unendlich komplexes und letztlich nicht begreifbares Thema wie das der Sprache heranzuwagen und andererseits einen Film zu machen, der im kleinstmöglichen Rahmen spielt. Zwei Personen in einer Kabine, nicht viel größer als eine Telefonzelle, in einem leeren Studio. Keine Musik, keine Erklärungen, kein Fragesteller. Ein Film über und vom Verstehen. „What is democracy?“ („Was ist Demokratie?“) ist nicht eine Frage, sondern sind eigentlich zwei Fragen. Es ist zum einen die Frage nach der dominierenden Form der Demokratie, der parlamentarisch repräsentativen Demokratie, die im Film kritisch diskutiert wird. Zum anderen ist es die Frage, wie ein demokratischeres System aussehen könnte und welche organisatorische Form es annehmen könnte. Im Rahmen des Projekts wurde die Frage „Was ist Demokratie?“ zahlreichen AktivistInnen und politischen AnalystInnen in 15 Städten in der Welt gestellt; in Amsterdam, Berkeley, Berlin, Bern, Budapest, Kopenhagen, Moskau, New York, Rostock, San Francisco, Sydney, Taipeh, Tel Aviv, Thessaloniki und Warschau. Die Interviews wurden seit dem Januar 2007 auf Video aufgenommen. Obwohl allen GesprächspartnerInnen dieselbe Frage gestellt wurde, ist das Resultat eine Vielfalt unterschiedlicher Perspektiven und Ansichten von Menschen, die in Staaten leben, die üblicherweise als „Demokratien“ bezeichnet werden. Dieser Pool an Interviews bildet die Basis für einen Film in acht Abschnitten, der eine Art globale Analyse über die tiefe politische Krise des westlichen Demokratiemodells (re)präsentiert. In einem der Videos erläutert Adam Ostolski (Warschau), dass „der moderne Demokratiebegriff von Anfang an mit dem Fortschrittsgedanken verbunden“ war und parlamentarische Staaten „eine Tendenz [zeigten] immer demokratischer zu werden, indem immer neue Typen politischer Akteure, neue Gruppen wie Arbeiterschaft und Frauen usw. usf. miteinbezogen wurden. […] Doch seit den 1980ern, seit dem Aufkommen des neoliberalen Trends in Politik und Wirtschaft, bildet sich die Demokratie zurück.“ Für Lize Mogel (New York) hat sich die Situation so geändert, dass, wenn man heute „an repräsentative Demokratie” denkt, man nicht zwangsläufig an Individuen [denkt], die repräsentiert werden, sondern eher an Kapital, das repräsentiert wird.“ Nikos Panagos (Thessaloniki) argumentiert sogar, „dass Repräsentation und Demokratie zwei miteinander unvereinbare Begriffe sind. Daher kann man das gegenwärtige System unter keinen Umständen eine Demokratie nennen. Es ist bloß eine raffinierte Form der Oligarchie.“ Während in den Videos Ideen von direkter Demokratie oder die Entscheidungsfindungsprozesse in indigenen Gesellschaften ausgeführt werden, wirft David McNeill (Sydney) die Frage auf, ob es denn überhaupt Sinn mache, „weiterhin um das Recht [zu kämpfen], den Begriff (Matthias van Baaren) Studium an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Seit 2007 Freier Filmemacher. Festivalteilnahmen von "Die Falten des Königs": Diagonale 2011 - Festival des Österreichischen Films, Graz (A) Visions du Réel - Festival International de cinéma, Nyon (CH) Uppsala International Short Film Festival, Uppsala (SWE) Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest, Kassel (D)Leeds International Film Festival, Leeds (UK) *Wien 14 Demokratie für sich zu beanspruchen und definieren zu dürfen“, oder ob er „von den Konservativen, die ihn für sich beansprucht haben, schon so korrumpiert und beschmutzt worden [ist], dass es besser sei, sich geschlagen zu geben und sich auf die Suche nach geeigneteren Formen der Beschreibung dessen zu machen, wie wir uns unsere Zukunft vorstellen.“ Der Film diskutiert den umkämpften Begriff der „Demokratie“, der von den Machthabern für die Aufrechterhaltung der Ordnung missbraucht wird, während „Demokratie“ zugleich jenes Ideal repräsentiert, das hunderte Millionen Menschen im globalen Süden verzweifelt zu erreichen versuchen. Heute scheint es daher fast unmöglich zu sein, gegen „Demokratie“ zu sein, obgleich sie immer leerer wird. Eine mögliche Strategie könnte es daher sein, den Begriff „Demokratie“ mit neuer Bedeutung zu füllen. In diesem Sinne präsentiert der Film einen vielschichtigen Diskurs über Demokratie, der ein breites Spektrum von Meinungen zum Ausdruck bringt, die über die Grenzen von Nationalstaaten oder Kontinenten hinausgehen. Bauer, Zanny Begg, Karen Bennett, Christine Boehler, Paul Chatterton, Amy Cheng, Eyal Danon, Hilla Dayan, Miklos Erhardt, Takis Fotopoulos, Frédérique Gautier, Peter Grabher, Hou Hanru, Laila Huber, Manray Hsu, Jens Kastner, Caroline Lensing-Hebben, Geert Lovink, Margarethe Makovec, Davor Miskovic, Nikos Panagos, Ted Purves, Gerald Raunig, Natalia Romik, Walter Seidl, Katharina Schlieben, Gregory Sholette, Kuba Szreder, Nora Theiss, Dmitry Vilensky, Tom Waibel Übersetzung für englische Untertitel: Harold Otto Übersetzung für deutsche Untertitel: Otmar Lichtenwörther Übersetzung für französische Untertitel: Lucile Gourraud-Beyron Förderungen: ERSTE Stiftung, Kulturamt der Steiermärkischen Landesregierung, Kulturamt Stadt Graz, Otto-Mauer-Fonds, Biennale de Lyon, 2009 *Wien Der Film ist in acht Abschnitte gegliedert: „Repräsentation überdenken“, „Ausschließungspolitiken“, „Geheimhaltung anstelle von demokratischer Transparenz“, „Neue Demokratien?“, „Ist die repräsentative Demokratie überhaupt eine Demokratie?“, „Direkte Demokratie“, „Indigene Politiken wiedergewinnen“ und „Sollten wir das westliche Demokratiemodell dem Müllhaufen der Geschichte überantworten?“. Konzept, Interviews, Kamera und Tonaufnahme: Oliver Ressler GesprächspartnerInnen: Kuan-Hsing Chen, Noortje Marres, Lin Chalozin Dovrat, Thanasis Triaridis, Tone Olaf Nielsen, Jo van der Spek, Cheikh Papa Sakho, Wolf Dieter Narr, Tiny a.k.a. Lisa Gray-Garcia, Joanna Erbel, Yvonne Riano, Trevor Paglen, Tadeusz Kowalik, Adam Ostolski, Boris Kagarlitsky, Michal Kozlowski, Lize Mogel, Rick Ayers, Nikos Panagos, Macha Kurzina, Gabor Csillag, Zachary Running Wolf, Jenny Munroe, David McNeill Schnitt und Produktion: Oliver Ressler Bildbearbeitung und Untertitel: David Grohe Animation: Zanny Begg Komposition und Tonbearbeitung: Rudi Gottsberger Footage: Sierpien 80 (© Telewizja Polska S.A.) Besonderer Dank gilt Louisa Avgita, Kai 15 Cellular Performance Verena Friedrich 2012 09:00 min “Cellular Performance” untersucht die wechselseitigen Beziehungen von Sprache und Materialität im Zeitalter der Biowissenschaften. Zur Vermarktung von auf den Körper abzielenden Konsumgütern kommt heutzutage oft eine pseudo-wissenschaftliche Sprache zum Einsatz, die an biotechnologische Machbarkeitsphantasien anknüpft. Die zellulären und subzellulären Dimensionen des Körpers in den Blick nehmend, beschwört sie dessen Leistungsfähigkeit, Manipulation und Verbesserung. “Cellular Performance” schließt diese Sprache kurz mit dem biologischen “Material”, auf das sie sich bezieht. Hautzellen wurden im Labor manipuliert, so dass sie lesbare Texte formen und so die Bestrebungen der Fortschritts- und Leistungsgesellschaft visuell “reinkarnieren”. Seit einigen Jahrzehnten ist ein gewisser Trend im Hinblick auf Körper- und Pflegeprodukte zu beobachten. Waren diese einst vor allem darauf ausgerichtet, den Körper zu schützen, zu pflegen und instand zu halten, werden sie heute oft in der Nähe von pharmazeutischen Produkten positioniert. In Marketing und Werbung ist die Rede von »Cosmeceuticals« mit »bioaktiven« Inhaltsstoffen – Hybridprodukte zwischen Kosmetik und Arznei, welche die potentielle Manipulation, Verjüngung und Verbesserung des Körpers in Aussicht stellen. Beworben werden diese Produkte mit einer Sprache, die sich pseudo-wissenschaftlicher und -fachsprachlicher Formulierungen bedient. Die Kontrolle biologischer Prozesse beschwörend, zielen diese Produkte nicht auf den Körper als Ganzes, sondern viel mehr auf seine zellulären und molekularen Dimensionen. Aktuelle biowissenschaftliche und -medizinische Entwicklungen haben zur Entstehung eines neuen Körperbilds beigetragen. Der Körper erscheint nicht mehr als »individuell« (lat.: unteilbar), sondern als »Dividuum« – er kann in seine kleinsten Bestandteile zerlegt werden. Neben Körperteilen, Organen und Blut können Zellen vom Körper isoliert werden und zwischen Körpern zirkulieren. Im Zuge der Verschaltung von Ökonomie und Biowissenschaften werden sie zur Ware – zum tradierbaren »Wertstoff« – und im weiteren gesellschaftlichen Kontext auch zum Träger von Hoffnung auf Gesundheit, Heilung und mehr Lebenszeit; vielleicht sogar auf einen todlosen Körper. Sprache beschreibt nicht nur, sondern hat 16 A field (of interconnected realities) Paula Roush / Maria Lusitano 2012 34:45 min Handlungscharakter und kann gewisse Transformationen in der materiellen Welt bewirken (wie den Konsumenten zum Kauf anzuregen, oder eine erfassbare und machbare Zukunft ins Leben zu rufen). Die Tatsache, dass Sprache eine Form von Handlung ist, bedeutet allerdings nicht, dass sie auch tut, was sie sagt. Sprache ist ständig »im Werden«. Sie verändert ihre Bedeutung im Akt des Sprechens, ist abhängig vom situativen Kontext und Trägerin von Geschichte. So trägt sie immer bereits Bedeutungen in sich, die aus vergangenen Semantisierungsprozessen stammen und die im Akt des Sprechens aufgerufen werden. Ihre Effekte lassen sich daher nie vollständig antizipieren und kontrollieren. Ähnlich der Sprache changiert auch das »Zellmaterial« zwischen seiner instrumentellen Nutzung einerseits und seinen performativen Qualitäten andererseits. Im Kontext der Biowissenschaften wird versucht, das zelluläre »Material« unter Kontrolle zu bringen, um an und mit ihm zu arbeiten. Als Objekt der Forschung wird »die Zelle« verdinglicht und so zum Träger von Kodierungen und Bedeutungen. Nur durch bestimmte Stabilisierungsprozesse im Labor kann sie überhaupt als Werkzeug verwendet werden. Auch Zellen sind ständig »im Werden« – sie verändern sich dauernd in ihrer aktuellen Daseinsweise. Im Grenzbereich zwischen Leben und Tod, zwischen Autonomie und Abhängigkeit, zwischen Stabilität und Fragilität, hat das Zellmaterial etwas Unvorhersehbares an sich, das sich der vollständigen Kontrolle entzieht. »Cellular Performance« will der instrumentellen Anwendung von Sprache und Zellmaterial ein künstlerisch-poetisches Modell entgegenstellen. Durch Verfahren der Aneignung und Überhöhung von Technik sowie der ReKontextualisierung und Re-Kombination des Materials entsteht ein kritischer Moment, der festgefahrene Strukturen aufsprengen kann, indem er performative Spielräume sichtbar macht und neue Handlungsräume eröffnet. Doch sowohl die Sprache als auch das zelluläre Material behaupten eine gewisse Eigenständigkeit, deren poetische und transformatorische Effekte über eine rein instrumentelle Anwendung hinausgehen. In Zusammenarbeit mit: SymbioticA - Centre of Excellence in Biological Arts, University of Western Australia, Perth, Australien / Laboratory of Stem Cell Bioengineering, EPF Lausanne, Schweiz / Hackteria Förderungen: Nachwuchsförderung der Kunststiftung NRW / Förderpreis der Kunstministerin des Sächsisches Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst 2010 / Goethe-Institut Australien / Kunsthochschule für Medien Köln Verena Friedrich, geboren in Hanau, studierte Kunst und Medien an der Hochschule für Gestaltung Offenbach, der Akademie der Bildenden Künste Wien sowie seit 2009 an der Kunsthochschule für Medien Köln. Seit 2004 Teilnahme an Medienkunstfestivals, Ausstellungen und Konferenzen im Inund Ausland. 2005 Auszeichnung mit dem Internationalen Medienpreis für Wissenschaft und Kunst des ZKM Karlsruhe; 2008 Nominierung für den Transmediale Award. 2009 Lehrauftrag an der Hochschule für Gestaltung Offenbach. 2010 Förderpreis der Kunstministerin des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst; 2011 lobende Erwähnung bei den VIDA 13.2 Art & Artificial Life Awards. Verena Friedrich lebt zurzeit in Köln. *Köln A field (of interconnected realities) or The week of mash-up goodness | Romanpaula Roush and Maria Lusitano 5 newsprint volumes, colour, digital print, 29cm x 38 cm, in a grey-board folio with DVD, HD, 3445” colour, sound | The project started in 2010 as the re-enactment of the artists book “Une Semaine de Bonté” (A Week of Goodness, 1934) by Max Ernst. This was the first collagenovel to explore the unconscious as a series of traumatic tableaux in the book format, and a pioneering work in the ontology of the artists book. The new publication and accompanying video piece (2012) extend our ongoing research onto the study of the modernist collage-novel. The main subject of the work is now Valentine Penrose and her book “Dons des Féminines” (1951). This pioneering collage-poem is both a reenactment of “Une Semaine de Bonté” and a critique of “patriarchal hegemony” evoked in Ernsts work. Its poetic depiction of female friendship, combining elements of neo-gothic and surrealist verse and collage make it into an early precedent of the écriture feminine with its claim for a language of female desire and transgression. Valentine Penroses relationship to Max Ernst, Anthony Penrose and particularly to Alice Rahon - to whom it is speculated that “Dons des Féminines” refers to - have all been scrutinised by art historians and literary critics alike, with the rigor of detectives when dealing with the scene of a crime. Whilst this attention has made “Dons des Féminines” into one of the most intriguing feminist and queer publishing case studies, there are still many gaps that we found the most stimulating and decided to look closer into. The resulting work combines historical archive and speculative fiction, intertextuality and collage. The newsprint publication uses Max Ernsts feuilleton “Une Semaine de Bonté” as a structuring device to serialise the 5 volumes following the days of the week. The video essay that is part of this project is a 36-minute narrative collaged with fragments of film, painting, illustration and literature relating to the female gothic. Its departure point is “Dons des Féminines” and the backdrop story is Valentines travels in India in the company of Alice Rahon. The visual essay narrates the way through which the apparitional female monster has been depicted in visual and literary representations, and how these have influenced and contributed to current discourses regarding gender and the construction of queer identity. Paula Roush and Maria Lusitano are Portuguese London-based visual artists interested in the historiographies of genders and sexualities. A field (of interconnected realities) is an extended visual essay that integrates publications and projections. The work was shown at BOOKLIVE! London June 2012 and Kaleid 2012 European Artists book event, London July 2012. It will be presented as a solo show in the Museum of Electricidade, Lisbon, April 2013. *Lisbon/ London 17 Die siderische Nacht Marion Kellmann 2012 18:07 min Our School Reza Abeyat 2012 30:00 min Deutsch als Fremdsprache Sinead Aldridge 2012 15:30 min “Wenn jemand spricht wird es hell” (Freud, um 1905). Ein Photocollagenfilm über Sprache und Licht, montiert aus Bildern der frühen Photographie. Die Geschichte beginnt, als die Erde aufhörte sich zu drehen. Photos aus dem 19. Jahrhundert bilden die Grundlage der Geschichte “Die siderische Nacht”. Als konstruierte Collagen sind sie Beweisstücke, Zeugen des fiktionalen Ereignisses, welches in dem Film rekonstruiert wird. Eine Seite der Erde liegt in dauerhaftem Schatten. Die Bewohner dieses Erdteils haben einen Weg gefunden, die Sonne zu ersetzen. Durch laut ausgesprochene Worte entsteht Licht. Fortwährend kreieren die Bürger immer neue Wortkombinationen um die Lichtquelle zu erhalten, bis eines Tages eine Fremde, der Sonne vergleichbar, in die Stadt kommt. The vast country of Iran contains people with various languages. The official language of this country is Persian (Farsi). All the people in Iran have to study and learn at school in Persian. 70 percent of the people in Iran speak another language than Persian. This film is made in the South-West of Iran, in a district where Arabs live. The village is called Hor. The native language of this village is Arabic. Among living beings, only man has language. The voice is the sign of pain and pleasure, and this is why it belongs to other living beings (since their nature has developed to the point of having the sensations of pain and pleasure and of signifying the two). But language is for manifesting the fitting and the unfitting and the just and the unjust. To have the sensation of the good and the bad and of the just and the unjust is what is proper to men as opposed to other living beings, and the community of these things makes dwelling and the city. (1253a, 10-18) Aristotle Politics “Any interpretation of the political meaning of the term people ought to start from the peculiar fact that in modern European languages this term always indicates also the poor, the underprivileged, and the excluded.” IndieLisboa 9th International Independent Film Festival - Portugal 14 Festival Internacional de Curtas de Belo Horizonte Brasilien *Köln 18 Born in 1982. I studied at Cinematography University. In 2001 I started to work in documentary cinematography. *Tehran what is a people Man without content. Giorgo Agamben “Language skills are an essential prerequisite for successful integration”, so that “.. people can participate in social life.” The federal Ministry for Migration and Refugees.The ‘Deutsch als Fremdsprache / German as a foreign language’ project has evolved from my own experience of studying the german language over the past year at the Volkshochschule in Berlin. It involves researching and interviewing individuals who have moved recently to Berlin from neighbouring european states i.e Greece, Spain, Italy, Ireland and further afield i.e Korea, Columbia, Cuba and Kazakhstan. These people I have met in German language courses at the Volkshochschule. These are people who are attempting to learn the german language in order to intergrate properly into German society. I am interested in this transitional period, what must be forfitted and what can be retained. The interviews were specifically conducted in german ( I have chosen not to use subtitles), making it clear to the viewer that these individuals are foreign and that the German language is not their mother tongue. I am initialy interested in the lippages, the accented words or meaning created in what Jean Luc Nancy describes as a place where“ ‘perhaps everything happens between loss and appropriation’. Interview mit Robert Marcault Veronika Peddinghaus 2012 45:00 min The interview simply asked three questions. Where do you come from? Why are you studying the German language? and What are your hopes or aspirations for the future? For Kunstfilmtag “Die Sprache ist das Haus in dem wir leben”, exhibition 2012, edited versions of five interviews have been brought together, presenting the work for single screening. References: Giorgo Agamben: Man Without Content. Stanford University press 1999 english. Jean Luc Nancy: Being Singular Plural, Stanford University Press 2000 english. Sinead Aldridge August 2012. *Berlin “Da ich noch lebe erzähle ich Ihnen von meinem Leben, damit diese Geschichte nicht vergessen wird.” Robert Marcault berichtet als einer der wenigen Überlebenden der Shoah, was er als 15-Jähriger erleiden musste. Das Interview ist während eines Aufenthaltes in Toulouse/Südfrankreich im Jahr 2009 entstanden. Es ist Teil des Projektes “Back from Toulouse” Video, Portfolios von künstlerischen Arbeiten, Interviews, Recherchematerial. Das Projekt „Back from Toulouse“ beschäftigt sich mit Verfolgung und Widerstand während der Besetzung durch das nationalsozialistische Deutschland 1943-45 in Südfrankreich. Ausgangspunkt war ein Aufenthalt der Künstlerin in Toulouse im Jahr 2009. Die umfangreiche Recherche umfasst u.a. Interviews mit ZeitzeugInnen und die Dokumentation historischer Orte. Im Rahmen des Kunstfilmtages wird erstmalig das „Interview mit Robert Marcault“ in endgültiger Fassung zu sehen sein (45 min, 2012). Zudem werden Interviews mit Annie Beck und Jeanne Rogalle in schriftlicher Form ausliegen. Ergänzend sind Portfolios mit Installationen, Zeichnungen und Fotos sowie Recherchematerial einsehbar. Arbeiten des Projektes wurden bisher u.a. in den Ausstellungen „Que reste-t-il?“ in Toulouse 2010, in der Ausstellung „Back from Toulouse“ und im Rahmen des Onomato Werkstipendiums gezeigt. *Düsseldorf 19 Die Falten des Königs Sprachwege, Matthias van Baaren Auszüge aus den Transkriptionen des gleichnamigen Films (s.Ausstellung im Appendix) Originalinterview auf Englisch geführt Simultaneous interpreting is probably one of the most complex language processing tasks imaginable. No other language task combines the need to comprehend and produce speech simultaneously, and to simultanously command and control two languages. Understanding simultaneous interpreting may be of great interest to cognitive psychologists and psycholinguists because of the demanding nature of simultaneous interpreting in terms of online processing and control. Simultan-Dolmetschung ins Deutsche Simultandolmetschen gehört vermutlich zu den komplexesten Sprachverarbeitungsaufgaben, die wir uns vorstellen können. Keine andere Sprachaufgabe vereinigt auf diese Art und Weise gleichzeitig Verständnis und Sprachproduktion und gleichzeitiges Steuern von zwei Sprachen. Unser Verstehen in diesem Bereich ist vielleicht ... ist ... kann sehr wichtig sein für kognitive und psycholinguistische Forschungen auf Grund der Anforderungen des Prozesses innerhalb der ... des Empfangs der Sprache und der Wiedergabe der Sprache. Englische Untertitel Simultaneous interpreting is probably one of the most complex language-processing tasks we can imagine. No other linguistic task combines comprehension and simultaneous linguistic production in this fashion. And simultaneous navigation of two languages. Our comprehension in this field is perhaps … is … can be very important for cognitive and psycholinguistic research on the basis of the requirements for the process within the … the reception of language and the reproduction of language. * Originalinterview auf Englisch geführt Sometimes it’s very pleasant. Sometimes you have speakers who are good, that you feel like your own quality ... you feel really clever translating that because it’s ... well, they have such a clear structure of thoughts and normally you can’t speak like that ... you know ... and when you translate them you sound really intelligent because you ... you sound like a book, you know, but it’s because they are so well structured because 20 ... certainly they have such a carefully crafted sentence. Mostly we just ... well we run after speakers, you know. But sometimes we really ride them as we say, and then ... really on top of them and you feel like you making the speech yourself and that’s really elating. That can be actually ... not stressful at all. That can be very ... very good ... you feel very good after that. You walk out like you are the Master of the Universe, you know. Simultan-Dolmetschung ins Deutsche Manchmal ist es sehr schön. Manchmal sind die Vortragenden so gut, dann hat man den Eindruck, dass man selber ganz gescheit ist, wenn man das übersetzt. Wenn klar strukturierte Gedanken zu dolmetschen sind, dann klingt das auch intelligent. Man klingt als ... man spricht wie ein Buch, weil der Vortragende aber so gut strukturiert. Und weil die Sätze so schön formuliert sind. Meistens laufen wir ja irgendwie dem Vortragenden nur nach, aber manchmal funktioniert es auch wirklich gut, und man surft irgendwie auf dieser Welle, und das ist wirklich erhebend. Das ist manchmal dann gar nicht mehr stressig, sondern da fühlt man sich auch gut. Man fühlt sich wirklich wie einer der „Masters of the Universe“. Englische Untertitel Sometimes it is very nice. Sometimes the speakers are so good, then you get the impression that you yourself are very smart when you translate it. When there are clearly structured ideas to be interpreted, it’ll also sound intelligent. You sound as though … you talk like a book, but that’s because the speaker structures it so well. And because the sentences are so nicely phrased. Most of the time, after all, we just somehow try to keep up with the speaker, but sometimes it does really work out well, and you somehow ride this wave, and that is really uplifting, it is then sometimes not stressful at all anymore—to the contrary, you feel good too. You really feel like you’re one of the “masters of the universe.” * Originalinterview auf Deutsch geführt Aber ich glaube, dass Sprache – und oft auch gerade die Übersetzung – den Inhalt klärt, klarer macht. Weil man sich genauer überlegen muss: was sag ich jetzt. Weil ich denke mir, bei einem Satz, den ich in meiner Muttersprache sagen möchte, und der übersetzt werden soll, muss ich möglichst klar zum Ausdruck bringen, was ich sagen möchte. Das hängt jetzt nicht mit Grammatik zusammen. sondern mit der Sinngebung; das ist das Entscheidende. [...] Also ich muss da wirklich versuchen sehr präzise zu sein, in der Hoffnung, dass das dann eben so präzise rüberkommt. Und ein guter Übersetzer, ein guter Dolmetscher merkt das auch. Allein schon von der Artikulation, von der Konzentration, vom Gestus usw.; dieses „OK, dass ist jetzt sehr wichtig“, das mit schwingt. Ich glaube, dass es unbewusst vielleicht dann den Dolmetscher noch stärker motiviert, das präzise zu machen. Übersetzung ins Englische But I believe that language, and often translation in particular, clarifies the substance. Makes it clearer because you have to think more precisely, now what am I going to say. Because I think that with a sentence I want to say, in my native language, and it is intended for translation, I have to express as clearly as possible what I want to say. Now this has nothing to do with grammar and everything with the communication of meaning, that is what is decisive. […] So there I really have to try to be very precise, hoping that it will then get across just as precisely. And a good translator, a good interpreter also notices that. Even simply on the basis of my articulation, my focus, my demeanor, etc. This undertone of “OK, now this is really important” that, I think, perhaps then unconsciously also motivates the interpreter even more to make it precise. Simultan-Dolmetschung ins Deutsche Ich glaube aber, dass Sprache und insbesondere Übersetzung oft auch die Inhalte klären kann. Denn man muss präzise denken: „Was möchte ich wirklich sagen?“, wenn ich etwas in meiner Muttersprache sagen möchte und ... aber weiß, das ist intendiert für die Übersetzung. Dann muss ich mich so klar wie möglich, so präzise wie möglich ausdrücken. Das hat nichts mit Grammatik zu tun, aber alles mit der Vermittlung der Bedeutung des Sinns – das ist das Entscheidende! Hier muss ich mich wirklich bemühen extrem präzise zu sein und muss darauf hoffen, dass es genauso präzise übertragen wird. Und ein guter Übersetzter, ein guter Dolmetscher bemerkt das auch ... nur durch die Art und 21 Weise wie ich spreche, meinen Sprechgestus, mein Verhalten, dieser Unterton der sagt: „Das ist jetzt wirklich wichtig.“ Das motiviert unbewusst vielleicht sogar die Dolmetscher selbst, auch extrem präzise zu sprechen. Englische Untertitel But I believe that language, and translation in particular, can often also clarify the substance. Because you have to think with precision: “What is it really I want to say?” when I want to say something in my mother tongue and … but know that this is intended for translation, then I have to express myself as clearly as possible, as precisely as possible. That has nothing to do with grammar but everything with communication, of the meaning, of the import - that is what is decisive! Here I really have to strive to be extremely precise, and have to hope that it will be conveyed with the same precision. And a good translator, a good interpreter will notice that as well … merely by virtue of the manner in which I speak, my demeanor in speaking, my behavior, this undertone that says, “Now this is really important.” That may perhaps even unconsciously motivate the translators to speak with the same extreme precision as well. * Originalinterview auf Englisch geführt I mean, you get in this message that’s maybe not ideally formulated or ideally worded or whatever and what you do in your brain before you put it out again is, you have to analyze it anyway and once you have analyzed it you can’t do anything but maybe reproduce it in a slightly better or more ... I don’t know ... regular way. So I think it’s not an additional effort necessarily because you yourself already, before you say something, are trying to understand it ... and while you trying to understand it you are analyzing it in your head and then it’s already there ... and these, you know, nicely ... put phrases ideally ... and that’s what you tell your audience. But I think it’s also ... I think ... it’s also a bit tricky because in theory you are betraying your audience a bit. Because in that way not telling them that the speaker is crap. Because maybe that’s important information they would like to have, that he can’t form a proper phrase or whatever. But I think it’s just not ... it wouldn’t be possible to ... you know ... to start to ... completely mimic the speaker because it ... it’s not feasible, I think. Simultan-Dolmetschung ins Deutsche Man bekommt dies Botschaft herein, die vielleicht nicht ideal formuliert ist, und was man macht, bevor man sie wieder rausschickt, ist sie ohnedies zu analysieren. Und sobald man sie analysiert hat, kann man ja nichts anderes tun als sie quasi, vielleicht etwas besser oder regelkonformer zu reproduzieren. Das ist also nicht unbedingt eine zusätzliche Anstrengung, sondern bevor man etwas sagt, versucht man ja schon es zu verstehen und während man versucht zu verstehen, analysiert man’s im Kopf, und dann liegt das schon schön in Sätze verpackt vor. Und das ist dann das, was man den Zuhörern mitteilt. Aber ich halte das auch 22 für relativ trickreich, denn in gewisser Weise, in der Theorie könnte man auch sagen man betrügt die Zuhörer. Denn man sagt ihnen nicht „Dieser Vortragende ist mies“, und das ist vielleicht eine wichtige Information, die die Teilnehmer gerne hätten, dass der Vortragende da oben keinen geraden Satz formulieren kann. Aber das ist nicht möglich, also man kann nicht den Vortragenden Wort für Wort nachahmen. Englische Untertitel You have this message coming in that may not be ideally phrased, and what you do before you send it back out is you analyze it anyway, and once you have analyzed it there is nothing you can do other than, as it were, reproduce it, perhaps a little better or more conforming to the rules. So that does not necessarily require additional exertion; to the contrary, before you say something you already try to understand it, and while trying to understand you analyze it in your mind and then it is already present to you nicely packaged into sentences. And that is then what you communicate to the listeners. But I also think that it is a fairly tricky issue, because in a certain way, in theory you might also say that you deceive the listeners, because you don’t tell them, “This is a rotten speaker,” and that may be an important piece of information the participants might want to have, that the speaker up there cannot put a straightforward sentence together. But that is impossible. So you cannot imitate the speaker word for word. * Originalinterview auf Englisch geführt There is such a thing called „professional distance“ of course that works for therapists and doctors probably, and if you do this on a regular bases you probably have developed some sense of professional distance so that you are not immediately affected by all the stories and illnesses and the narrations you hear ... but even though or ... and this is the big ongoing controversy in interpretingstudies, even though you read in all codes of ethics that you are bound by the principal of impartiality or even neutrality, that you are sort of not affected, you are just a channel – you are not! You are a human being in there and you are affected by emotions and situations. Yes, you are affected and in some cases it may show up in what interpreters do or say. If they feel that there is great imbalance and one side is not getting the message, you might ask back or paraphrase or make sure that you can establish communication if you sense that is going right. But it’s a very tricky thing in terms of the interpreter role because not every ... each side might want the interpreter to help one side if there is a case of miscomprehension, and that always depends what the role expectations and the license granted to the interpreter is in a certain environment. So here you have to study every setting from police interviewing to asylum-hearings, court room-lawyerclient-conferences ... the expectations and the dynamics are maybe different in every case. And it’s probably the whole mark of a true professional if you work in all these settings that you can access what the rules of the game are here, what the expectations are and then make your decisions accordingly, but ultimately ... and this is what the discourse on interpreting has come to in recent years – ultimately there is no neutrality, no impartiality because human being ... interpreters are involved in this situation as human beings. Simultan-Dolmetschung ins Deutsche Es gibt so etwas wie eine professionelle Distanz, das brauchen auch Ärzte, Therapeuten... Und man muss irgendeine Art von beruflicher Distanz entwickeln, damit man nicht sofort von allem so betroffen ist, das man hört – als Arzt nicht von den Krankheiten betroffen ist, von den Schicksalen, über die man erfährt. Es gibt hier eine gewisse Kontroverse in der Dolmetschwissenschaft, auch wenn man überall liest, in allen Regelwerken, dass man an das Prinzip der Unparteilichkeit gebunden ist, dass man neutral sein muss, dass man einfach nur Kanal sein soll – das ist man einfach nicht. Man ist ein menschliches Wesen und man ist ... man hat Emotionen in gewissen Situationen ... ja natürlich ist man betroffen. Und in einigen Fällen, zeigt sich das vielleicht auch in der Arbeit der Dolmetscher, wenn sie das Gefühl haben, dass es sehr ungerecht zugeht, dass einer Seite nicht Recht geschieht, dann wird ... werden die Dinge vielleicht umformuliert damit man bessere Kommunikation herstellen kann, wenn man das Gefühl hat, die Dinge gehen nicht in die richtige Richtung. Aber das ist sehr kompliziert und sehr komplex. Denn auch wenn der Dolmetscher der einen Seite helfen möchte, wenn er das Gefühl hat, es gibt hier Missverständnisse, da gibt es doch gewisse vorgeschriebene Erwartungen an die Rolle des Dolmetschers. Hier müssen wir sehr die verschiedenen Kontexte ansehen: Polizeiliche Vernehmungen, Gerichtsprozesse, ... Anwalt und Klienten Gespräche, ... hier ist die Dynamik oft eine ganz unterschiedliche und es ist wahrscheinlich das Zeichen eines wirklichen Profis, dass der in allen Kontexten genau weiß was, worum es hier geht, welche Erwartungen an den Dolmetscher gestellt werden und dann die Entscheidungen demgemäß trifft. Und darum geht es auch bei unserem Dolmetschstudium. In den letzten Jahren hat es sich dahin entwickelt, dass man anerkennt, es gibt keine wahre Neutralität, keine wahre Unparteilichkeit, denn es geht hier um Menschen, und Dolmetscher sind auch Menschen. Englische Untertitel There is a professional distance of sorts, something doctors need as well, therapists … you have to develop some kind of specialist’s distance so that you’re not too directly affected by everything you hear—as a doctor, not affected by the illnesses, by the difficult lives you learn about. There is a certain controversy over this point in interpreting studies, even though you read everywhere, in all books of rules and standards, that you’re bound by the principle of impartiality, that you have to beneutral, that you’re supposed to be simply a mere channel—you simply aren’t. You are a human being, and you are … you have emotions in certain situations … yes, of course you’re affected. And in some cases that may also be apparent in the work of interpreters, when they have the feeling that the way the situation is going is very unfair, that one side is being treated in a way that’s not right, then things … things may be rephrased in a way that enables you to establish better communication, when you have the feeling that things are not moving in the right direction. But that is very complicated and very complex. Because even when the interpreter wants to help one side, when he has the feeling that there are misunderstandings happening, there are still certain prescribed expectations regarding the translator’s role. Here we have to look at the very different contexts: police interrogations, law proceedings … conversations between lawyer and client … the dynamic is here often very different, and it is probably the mark of a true professional that he knows exactly in any context what … what is at issue, which expectations people harbor toward the interpreter, and then makes his decisions accordingly. And that is also what our training as interpreters is about. In the past few years it has developed in the direction where it is generally acknowledged that there is no true neutrality, no true impartiality, because it is human beings we are talking about, and interpreters are also human beings. * Originalinterview auf Englisch geführt I think it’s harder to say something you completely disagree with. It might get quite difficult to actually say really horrible things. That hasn’t happened to me so far so I’m quite happy, but I’ve heard from colleagues who ... who worked at the European Parliament that they sometimes had to say things that they totally disagreed with. And I think that’s quite hard ... and I think some people then say: „The speaker says“. I mean they even switched to this mode of ... of ... you know, emphasizing that it’s not yourself ... I don’t know ... it’s a kind of self-protection I guess to say:“ It’s not me who is saying...“ ... you know ... I don’t know. Simultan-Dolmetschung ins Deutsche Ich glaube es ist schwerer, wenn man etwas zu sagen hat, dem man absolut nicht zustimmen kann. Das ist vielleicht wirklich sehr schwer etwas ganz Schreckliches sagen zu müssen. Mir ist das bisher noch nicht untergekommen, aber ich habe schon von Kollegen gehört zum Beispiel im europäischen Parlament, die manchmal Dinge sagen müssen, die ihnen absolut widerstreben. Das ist sicher schwierig. Und ich glaube manche sagen dann solche Dinge wie „der Vortragende sagt“. Das heißt sie betonen, dass sie da nicht selbst reden. Sie distanzieren sich in einer Art von Selbstschutz und sagen „das bin gar nicht ich, wer da spricht“. Englische Untertitel I think it is harder when you have to say something that you absolutely cannot agree with. That is perhaps really very difficult, having to say something completely horrible. It hasn’t happened to me yet, but I have heard about colleagues, for example at the European Parliament, who sometimes have 23 to say things that are absolutely repugnant to them, that is certainly difficult. And I think some of them then say things like “the speaker is saying”. In other words, they emphasize that it is not they themselves who are speaking. They distance themselves, as a sort of self-protection, saying, “It isn’t I who is speaking here”. * Originalinterview auf Deutsch geführt Also es findet – auch das vielleicht ein absurder Gedanke – genau in dem Moment ein Enteignungsprozess statt. Also gerade dieses Phantasma, ich könnte über Sprache verfügen und „ich“ spreche hier, kippt scheinbar in der Situation ins Gegenteil. Dass das aber die eigentliche, originär sprachliche Situation wäre, nämlich, dass die Sprache dieses Subjekt entwirft. Und in dem Moment wo man sich radikal mit ihr identifiziert, das Subjekt als solches verloren geht und quasi von der Sprache, die es spricht, absorbiert wird. Übersetzung ins Englische So - and this, too, is perhaps an absurd notion - a process of expropriation is taking place at precisely this moment. That is, this very phantasm that I have language at my command, that “I” am speaking here, seems to revert in this situation into its opposite, which would be the true, the originary linguistic situation: that language conceives this subject. And at the moment where we radically identify with it, the subject as such is lost and absorbed, as it were, by the language it speaks. Simultan-Dolmetschung ins Deutsche Und auch das ist vielleicht ein etwas absurder Gedanke, ein Prozess der Enteignung findet hier statt, genau zu diesem Moment... Dieses Phantasma, dass ich die Sprache beherrsche, dass ich hier spreche. Und das scheint sich ins Gegenteil zu verkehren, das Gegenteil dieser sprachlichen Situation. Die Sprache entwirft das Subjekt, und sobald wir uns damit identifizieren, ist das Subjekt verloren, wird es absorbiert. Englische Untertitel And that, too, is perhaps a slightly absurd idea, a process of expropriation is taking place here, at this exact moment. This … this phantasm that I control the language, that it is me who is speaking here. And that seems to turn into its opposite, the opposite of this linguistic situation. Language conceives the subject, and once we identify with that the subject is lost, it is absorbed. * Originalinterview auf Deutsch geführt Martin Heidegger versucht aufzuzeigen, dass es eben nicht um das Übersetzen als solches geht, sondern er betont die Vorsilbe „ÜBER-setzen“ also „HINÜBER-setzen“. Und dieses „Hinübersetzen“ ist immer ein gewagtes Unterfangen, welches auch Schiffbruch erleiden kann, und dass dieses „Hinübersetzen“ das Entscheidende sei. Es 24 handelt sich dabei also um keinen sicheren Transfer ins „Eigene“, sondern eben um einen Aufbruch ins „Andere“ ohne auf ein sicheres Fundament zurückzugreifen. maybe and less benign. Even if we don’t find them, I think the effect is there. You take a stance, but you try not to let this come through in your output. Übersetzung ins Englische Martin Heidegger attempts to demonstrate that what is at issue is precisely not translation as such; instead he emphasizes the prefix “ÜBER-setzen”, that is to say, “HINÜBERsetzen.” And this “hinübersetzen” is always a hazardous undertaking that can also founder; and that this “hinübersetzen” is the decisive issue. This is then no safe transfer into “one’s own” but precisely a departure toward the “other,” without drawing on a safe foundation. Simultan-Dolmetschung ins Deutsche Ich denke eine emotionale Einstellung dem gegenüber, was man hört, hat man immer. Wir sind nicht Maschinen und einfache Informationskanäle. Wir sind denkende, fühlende, menschliche Wesen, und wir verstehen auch mit unserem ganzen Körper. Dieses Element gibt es. Es ist noch nicht studiert worden, und es ist auch sehr schwer zu messen in welchem Maß diese emotionale Involvierung eine Rolle spielt. Aber es gibt es sicher. Zum Beispiel Dolmetscher, die für das internationale Strafgericht für das ehemalige Jugoslawien arbeiten. Der Dolmetscher … die Dolmetscherin, die für Herrn Karadzic gearbeitet hat, hat sicherlich eine gewisse emotionale Einstellung. Und es gab sogar bereits eine Studie um herauszufinden, ob es hier subtile, wahrnehmbare Anzeichen dafür gibt, dass die Dolmetschung anders ist wenn die Geschichte eines Opfers gedolmetscht wird oder wenn der Täter gedolmetscht wird. Das ist zwar schwer herauszufinden, wir haben keine linguistischen Merkmale gefunden, aber es gab doch ganz subtile Änderungen bei den Konnotationen, die den Täter vielleicht ein bisschen skrupelloser erscheinen ließen. Auch wenn es schwer zu messen ist, diesen Effekt gibt es. Man hat eine Haltung, aber man versucht diese Haltung nicht ganz durchkommen zu lassen in dem, was man sagt. Simultan-Dolmetschung ins Deutsche Martin Heidegger versucht uns zu zeigen, dass das, worum es geht, nicht die Übersetzung als solche ist. Er betont das ... die Vorsilbe „ÜBER“ im „ÜBER-setzen“. Und spricht vom „Hinübersetzen“, und dieses „Hinübersetzen“ ist immer eine risikoreiche Unternehmung, die auch scheitern kann. Und das „Hinübersetzen“ ist das, worum es geht. Es ist nicht eine sichtbare Übertragung in etwas Eigenes, sondern ein Aufbruch zu etwas Anderem, ohne dass man auf festem Grund stehen könnte. Englische Untertitel Martin Heidegger tries to show us that the issue is not the translation as such. He emphasizes the … the prefix “über” [across] in “über-setzen” [“to set over,” to translate]. And speaks of “hinübersetzen” [“to set across,” to ferry across], and this “hinübersetzen” is always a risky endeavor, one in which we can fail as well. And this “hinübersetzen” is the issue. This is not a visible transposition into something that is our own, but a departure toward some other, without firm ground on which we could stand. * Originalinterview auf Englisch geführt No ... I think an immediate, emotional, affective attitude towards what is heard is there right away ... is not displaced ... we are not conduits, we are not machines, we are really comprehending human beings. And you do comprehend with your whole body ... so you ... it’s there ... certainly there ... it hasn’t be studied, it’s very difficult to measure to what extent these emotional states or taking a stance on what the speaker is saying is there ... but it’s certainly there ... think of interpreters working for The International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia ... I would think that the conference-interpreters interpreting for Mr. Karadzic when he stands trial will have a certain attitude, an emotional attitude ... and there was even a study trying to gauche subtle manifestations of these attitudes in the output. Whether it would make a difference if one and the same interpreter interprets the story of a victim or ... the story as told by the perpetrator. Very difficult to study. But even if we did not find any linguistic manifestations, settle changes and shifts in meaning and connotation to make the perpetrator appear more ruthless Englische Untertitel I think you will always have an emotional attitude toward what you hear. We are not machines and simple channels of information. We are thinking, feeling human beings, and we also understand with our entire bodies. This element exists. It has not yet been studied, and it is indeed very difficult to measure the degree to which this emotional involvement plays a role. But it certainly exists. Simultaneous translators, for example, who work for the International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia. The translator who worked for Mr. Karadzic will certainly have a certain emotional attitude. And there has even already been a study aiming to find out whether there are at this point subtle perceptible indications that the interpreting is different when the story of a victim is being interpreted or when it is the perpetrator who is being interpreted. That may be difficult to find out, we have not found linguistic markers, but there were very subtle modifications in the connotations, which maybe made the perpetrator look a little more ruthless. Even if it is difficult to measure, this effect exists. You have an attitude, but you try not to let this attitude show through entirely in what you say. deutschen Wort „Teilung“ steckt ja auch so schön dieses Moment der Partizipation, also dieses einander Mitteilen, einander an einem Geschehnis teilnehmen lassen. Aber auch das Moment der Division, dieses Trennende. Ich glaube, dass genau diese beiden Momente unauflösbar zusammen gehören, und dass man die Spannung eben nicht auseinander reißen darf. Sobald das passiert, verkennt man das Phänomen. Genau deswegen ist ja die Übersetzung so interessant. Übersetzung ins Englische Language is always open for others. If it weren’t, if I were capable of reserving words exclusively for myself, this would mean the loss precisely of this aspect of “Mitteilung.” The German word “Teilung” very nicely contains this aspect of participation, that is, of communication or communion, of letting each other participate in something that takes place. But also the aspect of division, of separation. I think that exactly these two aspects are inseparable, and that we must not tear this tension apart. Once that happens, we misapprehend the phenomenon. And that is precisely why translation is so interesting. Simultan-Dolmetschung ins Deutsche Sprache ist immer offen für Andere. Wenn das nicht so wäre, wenn ich mir Worte exklusiv reservieren könnte, dann wäre das der Verlust dieses Aspekts der Mitteilung. Das deutsche Wort „Teilung“ hat ja sehr schön diese beiden Aspekte – einerseits der Teilhabe, der Kommunikation, der Kommunion, dass man einander erlaubt an etwas Teil zu haben das geschieht – aber auch den Aspekt des Teilens im Sinne einer Trennung, einer ... eines Auseinanderdividierens. Und ich halte diese beiden Aspekte für zueinander gehörig. Ich glaube wir dürfen diese Spannung nicht versuchen auseinanderzureißen. Weil dann missverstehen wir das Phänomen. Und genau deshalb ist Übersetzung so ein interessantes Phänomen. Englische Untertitel Language is always open to others. If that weren’t the case, if I could reserve words exclusively for myself, that would amount to losing this aspect of communication. The German word “Teilung” [partition] very nicely has these two aspects - on the one hand that of participation, of communication, of communion, that you allow one another to take part in something that is happening - but also the aspect of parting in the sense of a separation, of an … of a dividing-apart. And I think these two aspects belong to each other. I believe we must not attempt to tear this tension apart. Because then we misunderstand the phenomenon. And that is precisely why translation is such an interesting phenomenon. * Originalinterview auf Deutsch geführt Sprache ist immer offen für Andere. Ansonsten, wenn ich in der Lage wäre Worte nur für mich zu reklamieren, dann wäre genau dieses „Mitteilende“ verloren gegangen. Im 25 Haus Moritz Wegwerth, 2011, VG Bildkunst 26 27 Denken an Sätze 12:00 Spokane USA 2011/3rd annual West Virginia Mountaineer Short Film Festival 2012 *Paris ABOVE III Nesha Nikolic 2006 04:21 min Future Anterior / Instants d’après Muriel Montini 2006 06:00 min A woman emerges from the shadows in slow motion. While approaching, we hear echoes of a story. It might seem insignificant, but it is the sort of story that haunts your thoughts for the rest of your life. Festival OUSFF Lausanne 2007 / Instants Vidéo Marseille 2007 / Traverse Vidéo Toulouse 2008 Streaming festival La Haye 2008 / PSilo Festival Images Contre Nature Marseille 2009 / Video Art Festival Miden Kalamata2009 / Flexiff 2002-2022 Australia 2009 / namaTRE.ba project, Independent platform for contemporary art, Trebinje, Bosnia & Herzegovina, 2009 / V.I.P. Art Gallery (SKC) Belgrade 2010 / Videolab Coimbra Portugal 2010 / Dresdner Schmalfilmtage Dresden 2010 / Back-up festival Weimar 2010 / Moving Frames festival Mytilène Grèce 2010 / One Take Film Festival Zagreb 2010/ Exploding Cinema Londres 2011 / Eye AM: Another Experiment by Women Anthology Film Archives New York 2011 / Flicker Spokane Film Festival 28 Ich lehre euch Alexander Lorenz 2008 07:00 min Medusa Magdalena von Rudy 2004 03:50 min “It was fairly shit in my opinion. Although people who can’t get real jobs do stuff like this and call it modern art, when in reality they just can’t deal with society. And anyone who calls their stuff shit is either a philostine or not ‘’chic’’ enough. Bunch of losers. Try full time employment and see if your “modern art” has any real value!” “Ich lehre euch” greift aus dem Meer alltäglicher TV-Massenproduktionen einzelne Worte und Impressionen heraus, so dass diese in völlig neuer Zusammensetzung den Text der Vorrede zu Friedrich Nietzsches “Also sprach Zarathustra” bilden. Die Arbeit ist ein Kommentar zum aktuellen Mediengeschehen und reduziert es auf Form, Oberfläche und Funktion im eigenen Sinne. Eine Frau, glamourös gekleidet und frisiert wie David Lynchs Dorothy aus Blue Velvet, erscheint vor schwarzem Hintergrund in einem runden Rahmen und spricht mit expressiver, theatralischer Mimik lippensynchron Jack Nicholsons Part aus der atavistischen Ansprache über Ehre und Verantwortung aus „Eine Frage der Ehre“ (A Few Good Men) von Rob Reiner. *Wuppertal Anna-Lena Meisenberg, geboren am 02.08.1989 in Berlin, Studentin der Video/Filmklasse an der Kunstakademie Düsseldorf bei Marcel Odenbach *Düsseldorf Dokumentation der Performance “Above III” 2006, Internationales Performance Festival ”Art Action” in Reillanne, Frankreich 2011 - The Postcard, Rosenberg Gallery, New York, “The Hades Trilogy”, Nacht der Museen, Düsseldorf, “Digital Jesus”, Foyer Düsseldorf *Köln ohne titel Anna-Lena Meisenberg 2012 01:46 min Der Film wurde international auf Filmfestivals und in Ausstellungen präsentiert. U.a. bei EMAF in Osnabrück, SIART in Bolivien und bei PACT Zollverein in Essen. *Düsseldorf AXIOM Sally Grizzell Larson 2010 01:00 min Manufactured forms are geometric and we respond to geometry because geometry communicates to us a feeling that some higher dispensation is being subserved which thus becomes a pleasure of the mind and a feeling that we are satisfying the laws that govern our being The rhythm of clapping hands, the repetition of images in equally timed segments: We are lulled and seduced. Like any other high-functioning receptor, the human brain is indiscriminate about what it picks up. How then do we resist the seemingly benign when we’re mesmerized by it in spite of our better judgment? Sally Grizzell Larson is an independent visual artist. Screenings of her video works include 11° FILE (Electronic Language International Festival), São Paulo; Berlin International Directors Lounge; Rencontres Internationales Paris/Berlin/Madrid; Alternative Film/ Video Festival, Belgrade; Big Screen Project, New York; Smack Mellon Gallery, Brooklyn; NewFilmmakers NY, Anthology Film Archives; and the National Museum of Women in the Arts Festival of Film and Media Arts. Her video CERTAIN WOMEN was awarded “Best of FestivalExperimental” at the Berkeley Video and Film Festival in 2006. AXIOM was awarded “Best in Category: The Medium is the Message” and Third Place overall at the Toronto Urban Film Festival in 2010. *Philadelphia Du in meinem Leben oder irgendwo in ... Thyra Schmidt 2012 03:06 min Suspension Marcantonio Lunardi 2012 02:24 min “Suspension” expresses the authors mood squeezed between the social condition and the political situation around him. This work is based on a waiting condition: For a long time the Italian citizens are expecting a change. Today each home, each family has one or, many times, more TVs. But TV, since the late 80, has become a sounding-board of a culture full of superficiality, degrade, destruction of ethic form. At the beginning the voice of the leader is clear but quickly becomes distorted, chaotic, incomprehensible and changes in a continuous background noise that accompanies the daily life of all Italian families. The meaning of his words become unimportant because citizens experience his speech like a disharmonic interference with their lives. Each protagonist observes the viewer with an attitude of expectation and an underlying question: “Will anything change?” But change seems impossible because TV gets the upper hand. The final epiphany of the leader, dominates the viewer, transforming him to a player of the drama on the screen. Director, cameraman, documentarist, Marcantonio Lunardi has practiced, since the beginning of his experience, a contamination of visual techniques, which is the most significant feature of his work. *Bagni di Lucca Paragraph 3 Susanne Troesser 2012 04:10 min Aktion von Anne Sievert am 29.07.2011, Oberbilker Markt Düsseldorf; spontanes Video mit Sony Ericsson C901 mit 2 Tonspuren nachbearbeitet im Onomato e.V. 2012. www.mitohne.de *Düsseldorf Erzähl mir Lügen. / Ich versuche, dir zu glauben. / da da dadadadada ... [Melodie] / Steht still da und schaut dich an. / Nebel auf der anderen Seite der Straße. / Was ist, wenn ich irgendwo hingehen muss, und du es nicht verstehen wirst. / [Zugrauschen] / Wollen wir das Gleiche? / da da dadadadada ... dadadadadadada [Melodie] / Überrasche mich. / Regnet es auch in deinen Träumen? / Hör nicht auf, mir zu folgen. / Kann man zu sehr lieben? / Kann man zu lange lieben? / Wann? / Warum? / Ich spüre deinen Blick. / Eigentlich weiß ich nicht, wer du bist. / Der Unterschied zwischen uns. / dadadadada [Melodie] / Darin unterscheiden wir uns. Thyra Schmidt, Künstlerin *Düsseldorf 29 Fön von Ursula Ströbele Das was als feuchter Dreck an einem hängenbleibt – das hat man. Mehr kriegt man nicht von dieser Welt. Sobald der Dreck trocknet, bröselt er ab. Wenn feuchter Dreck an jemandem hängenbleibt, geht das die anderen Leute nichts an. Denn das ist SEIN Dreck. Der gehört einfach ihm. So ist es wirklich. Der Uwe kann ein Lied davon singen. Der steht manchmal da – völlig überrascht von einer Situation mit Rita. Rita hat sich ihm anvertraut. Ohne Hintergedanke womöglich. Aber der Hintergedanke entsteht wie eine Wolke am Himmel. Es entsteht ein Gewitter und die Außenstehenden erahnen es schon. Am Uwe haftet die Sache wie feuchter Dreck. Jetzt muß er mit seiner Frau erstmal alleine sein. Seine Frau wird ihn anfönen – um den feuchten Dreck runterblättern zu lassen. Anblasen mit dem Fön. 30 31 Reden als Handlung um sie benutzen zu können. Beobachte nicht um zu intrigieren oder zu verführen. Mache dir immer deine Motive klar und halte dich ruhig. Denn du bist auch kein Engel! Als Teil der Installation “Quengelterror” zeigt dieses Video einen haarlosen Kopf in Nahaufnahme der in motorischer Stereotypie zügig vor und zurück schaukelt. Seine Augen fixieren die Kamera während eine verzerrt atemlose Stimme aus dem Off anklagend und empört die Schieflagen des Alltags beklagt. Ausstellung der siebenteiligen Videoinstallation 2011 *Düsseldorf 13:20 Die wandernden Bananen des Tim Eiag Max Hoffs 2007 08:30 min Parrot Peeter Aurelius Anti und Ando Naulainen 2011 01:32 min Im Jahr 2005 schenkte Tim Eiag den Oberbürgermeistern der Städte Köln und Düsseldorf in 2 identischen Kisten zwei junge Bananen desselben Ursprungs. Im Jahr 2007 besuchten wir die Bürgermeisterbüros der beiden Städte, um zu sehen, wie es denn den Bananen ergangen sei. Die Ergebnisse waren überraschend. Der Film errang nach einem spannendem Kopf-an-Kopf-Rennen den zweiten Preis bei dem online Filmfestival der goldenen Melone 2007. *Düsseldorf / Köln To get your point across it is probably the best to listen to those you are trying to reach first. Baltic Film & Media School of Tallinn University *Estonia Das Badezimmer Bjørn Melhus 2011 05:15 min Fliege Renée Del Missier 2010 00:05 min Im 5 Sekunden langen Film ‘Fliege’ bringt scheinbar eine Fliege einen Haufen von Zitronen aus dem Gleichgewicht. Der Film ist 100% original und nicht manipuliert. Seit dem Jahr 2010 produziert Renée Del Missier immer neue Wortspielvideos. ‘Fliege’ erreichte den 3. Platz beim Filmfestival 5-1020 von 2011 Kategorie 5 Sekunden. Bisher veröffentlicht: infoscreens Österreich für das 5-10-20 Filmfestival *Wien 32 In Referenz an die von Alfred Hitchcock selbst deutsch eingesprochene Fassung des Trailers zu Psycho (USA 1960), führt uns ein Gärtner mit Kettensäge 51 Jahre später durch das Anwesen der Herbert-Gerisch-Stiftung in Schleswig-Holstein. Der Besuch endet, wie auch schon im Original-Trailer, in einem Badezimmer. Filme, Videos und Installationen seit 1986. Seitdem zahlreiche Ausstellungen und Festivalbeteiligungen weltweit. Seit 2003 Professur an der Kunsthochschule Kassel, lebt und arbeitet in Berlin *Berlin Ausganspunkt sind Nietzsches „Unzeitgemäße Betrachtungen“ Kapitel: „Vom Nutzen und Nachteil der Materie“. In einem hingebungsvollen, fast naiven, wie auch freiem Betrachten und Durchdringen bezwingt Herbert Willems die Schriften Nietzsches mit Wort, Zeichnung, Natur und seiner Körperlichkeit. Er verschafft sich auf diese Weise Zugang in die Welt des geschriebenen Wortes. Quengelterror 1 aus Quengelterror 1-7 Anja Wiese 2011 03:17 min Vom Umgang mit den Worten zu mir selbst. Wenn die Anderen etwas nicht richtig machen und trotzdem Erfolg haben – sei nicht neidisch, kümmere dich um dich und dein Leben, deine Aufgaben. Sieh nicht so viel auf die Anderen. Achte auf dich! Pass auf, dass du dich nicht in Aufruhr versetzt oder versetzen lässt. Dein innerer Zustand der Ausgeglichenheit ist wichtig! Lass dich nicht davon abbringen, lass dich nicht manipulieren. Du weißt wie es ist im inneren Krieg zu leben. Es ist nicht schön. Kämpfe nicht gegen Windmühlen. Betätige und sieh dich nicht als Retterin oder Rächerin der Gerechten. Du hast auch dann einen Wert, wenn du nicht diese Rolle spielst. Sei nicht traurig und verzweifle nicht, hab´ keine Angst. Ich weiß, du hast Angst allein und das ist der Grund, warum du dich auflehnst. Du willst dich selber schützen – aber wer will dir wirklich was? Der Kampf ist nicht mehr der richtige Weg für dich. Im Gegenteil sollst du die Waffen niederlegen und jetzt aufhören zu kämpfen. Denn du treibst dich selbst in Verzweiflung, wenn du allein gegen alle kämpfst. Auch gutwillige Menschen werden zu Gegnern, wenn du sie beständig angreifst. Versuche dich nicht mehr als einsame Kämpferin. Du bist klug und gewahr, natürlich siehst du, wenn etwas falsch läuft. Aber die Anderen wollen das nicht von dir wissen! Sie wollen nicht belehrt und bevormundet werden, vor allem wollen sie nicht auf ihre Fehler hingewiesen werden, erst recht nicht öffentlich – das ist allzu menschlich. Und außerdem erreichst du wahrscheinlich mehr, wenn du ruhig bleibst, wenn du deine Argumente vorbringst. Lass dich nicht von den äußeren Umständen und von deinen jeweiligen Gefühlen der Empörung werfen! Mache dir klar, warum du etwas willst oder - in diesem Fall wo es um die Empörung geht oder die Rebellion, dem Kampf gegen „das System“ - warum du etwas nicht willst. Sind es persönliche Motive, ist es Konkurrenz, Neid, ein Schmerz? Warum lässt du die Anderen nicht das machen was sie wollen, wenn sie dich nicht dabei stören das zu tun, was du gerne tust. Achte auf die Anderen, höre ihnen zu und beobachte sie, um sie kennen zu lernen. Beobachte sie nicht, „Mir ist verhasst , was mich bloß belehrt ..“ Julia van Koolwijk / Herbert Willems 2012 09:00 min Stronger Susanna Flock 2011 01:43 min Ausgehend von der Annahme, dass beim Hören von Popmusik nicht auf den semantischen Teil der Sprache, sondern vordergründig auf die Stimme geachtet wird, versucht diese Arbeit das Verhältnis von Text und Musik im Mainstream-Pop auszuloten. Der häufig fehlenden Denotation bestimmter MainstreamPophits wird entgegengearbeitet, indem die Texte ohne ihre musikalische Untermalung gesprochen werden. Die Texte werden somit in den Vordergrund der Rezeption gestellt. Die Rolle der Sprecherin nimmt eine wichtige Komponente der Arbeit ein, denn jegliche Artikulation steht immer in einem bestimmten Kontext. Das heißt, dass die Position, von der aus eine Person spricht, ausschlaggebend ist für die Rezeption des formulierten Inhaltes. In der Arbeit “Stronger“ ist die Sprecherin Teilnehmerin eines Englischkurses. Sie spricht den Text des gleichnamigen Songs von Britney Spears. Das Gesprochene betont die Rhythmik, die Abfolge von Strophe und Refrain und die permanenten, “unüblichen” Wiederholungen des Textes. Inhaltlich findet sich jener in einem emanzipatorischen Feld: “There is the leaves all in place doing what leaves do, collecting sun energy and they’re connected to the tree - here the trunk of the tree. If you go down to the bottom of the trunk of the tree, there is a lot of leaves down there - some of them are in the wrong place. So, we have here our leaf-replacement-stick, here it is. You can see here: This is the leaf, that’s out of place - and you get a hold of it and once you got a hold of it, you bring it up and you shake it at the sky first and you say: This leaf is out of place. You don’t have to say that - you can say anything you want. You can say: Go to downtown Seattle and shake your booties. You don’t have to. You can also say: This leaf is out of place. And when leaves are out of place, they get put back in the place. See you later leaf. Bye-bye. Bye leaf, that is brown - bye leaf that is brown - its going to town in Seattle to shake its booty - the leaf, that is brown. See you later leaf - see you later mouse. Here we go. Okay. It’s time for another commercial. *Düsseldorf Julia van Koolwijk beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Protrait in Foto und Video, wie auch mit Skulptur. Austellungen und Lehrtätigkeiten an verschiedenen Orten und Kontinenten und unterschiedlichsten Kontexten. Herbert Willems, freier Künstler, Lehrtätigkeit Kunstakademie Düsseldorf *Düsseldorf Undine Annebarbe Kau 1986 09:00 min Ansprache Ursula Ströbele 2009 02:20 min *Düsseldorf Die Figur der Undine ist ambivalent: mal Nähe suchend, und mal Nähe meidend, zieht sie sich immer wieder in ihr eigenstes nicht fassbares Medium, das Wasser, zurück. Aufnahmen der Figur wechseln sich ab und werden überblendet mit denen einer Saxophonspielerin. Immer wieder der Blick auf fliessendes Wasser aus einem alten Wasserhahn. Jene ambivalente Gefühlsund Gedankenwelten der Undine werden optisch wie akustisch mit schwimmenden Bewegungen - ohne Anfang, ohne Ende assoziiert und verschränkt mit Zitaten von Ingeborg Bachmann. Einzelausstellungen (seit 1998) letzte Ausstellungen: 2012 Zum Greifen nah, Kunstverein Tiergarten Berlin (mit F. Wilken), (K) 2011 Gegen den Strich, Künstlerhaus Saarbrücken, (K) Rose, Fieldinstitut, Raketenstation, Kulturraum Hombroich *Köln Stronger than yesterday Now it’s nothing but my way My lonelyness ain’t killing me no more Im stronger Studiert experimentelle Gestaltung und Videoinstallation in Linz und Wien. Arbeitet in unterschiedlichen Medien an den Themenschwerpunkten Sprache und Kommunikation *Linz / Wien Leaf out of Space John William Dunn/Ursula Ströbele 2009 02:39 min 33 Man kann ein Buch wie einen Bach in die Hände nehmen von Gundi Feyrer Man kann ein Buch wie einen Bach in die Hände nehmen, dessen Strömen nie aufhört und kein Ende, aber einen Anfang hat: eine Richtung geschoben werden, gemacht. Jedes Buch macht ein Geräusch, um seine eigene Achse drehen und mit Pfeilen aus Licht ganz umfassen, während alles, Blatt für Blatt, über die eigene Haut und durch die Finger rinnt: Diesen Anfang schlage ich mit den Augen in das Buch, indem ich einen Stein in einen Bach schlage: wenn ich es öffne wie eine Tür und seine vom Wind vorangetriebenen Wellen mit den Händen durcheinanderbringe, als schlage ich einen Bach mit den Augen an einer Stelle auf, sodass es spritzt. Ich stecke meine Hand in einen Bach, in strömende Haut leuchtender Oberfläche, während sich die Drehung meiner Hand, trudelnd und gefleckt, zu einer Stelle ausdehnt, in die ich sie, meine Hand stecke, dann, wenn ich sie in einen Bach stecke, ich meine Hand zwischen Pfeile flüssigen Lichts schieben kann, sie zwischen eilende Tafeln flüssiger Richtungen schieben kann, um meine Hand in einen Bach eintreten zu lassen, um ihn ganz zu umfassen und all seine Achsen hin- und herzudrehen. Meine Hand, zum gefleckten Lauf eines Bachs geworden, zum Strom eines Buchs selbst geworden, den ich fest in der Hand halte, während er mir zwischen allen Häuten und Fingern zerrinnt. Blatt für Blatt, trage ich ein Buch mit dem Strömen eines Bachs ab, durch ganze Wälder und Pflanzen hindurch, während er stetig an mir vorbeiläuft, ja, vor mir davonläuft, indem er sich immer weiter durch die Erde, auf der ich stehe, gräbt, indem er sich immer weiter von mir entfernt. Ich nehme ein Buch in die Hand so wie ein Bach meine Hand in die Hand nimmt, um sie mit sich fortzuführen, Auge für Auge und Blatt für Blatt, fliesst er immer weiter an mir vorbei, Achse für Achse schiebt er meine Haut immer weiter an mir vorbei, Himmel, sind meine Gedanken zum Eigentum eines Bachs geworden: sie lösen sich auf, während ich von dem Tisch, an dem ich sitze, festgehalten werde, während ich von aufgelöster Hand und eigener Achsen von dem Ufer festgehalten werde, durch das er sich gräbt und sich seine eigene Form unerlässlich schafft. Er, der Bach, und es, das Buch, sind immer vollgefüllt bis an den Rand und sie werden immer voller. Beide haben sie mir ihr Ziel voraus, beiden laufe ich beständig nach, während ich doch still und stumm am Ufer ihrer Wege stehe. Vor mir auf dem Tisch liegt ein Buch, voll und bis an den Rand eines Bachs gefüllt, Hemd Julia van Koolwijk 34 Ich schlage ein Buch mit den Händen und den Augen auf, sodass es knirscht. Ich schlage Pfeile leuchtender und summender Oberfläche mit einem Stein auf, ich klappe einen gewichtigen Fächer aus Haut, Pflanzen und Lumpen mit meinen Händen auf, sodass er sich verbiegt und vor mir ein- und ausfaltet, bis er mit einem Mal ganz aufspringt wie eine Tür, die sich vor mir öffnet und ich, mitgerissen vom rauschenden Strom eines Bachs, mitten durch sie, die offene Tür, hindurchgehen kann. Ein Buch ist ein Körper, an dem Gewicht hängt, eine Stange federnden und nassen Tons, der knirscht, rauscht und singt, wenn ich ihn aufschlage. Ein Bach rauscht, wenn ein Buch rauscht, wenn ich einen Fächer aus gefleckter Haut knirschend auf- und einfalte wie Pflanzen, Haut und Lumpen, die mir über die Finger rinnen und singen, wenn ich meine Hand in sie stecke. Endlose Achsen loser Tropfen rinnen mir über die Augen, wenn ich einen Stein in einen Bach schlage, sodass ein Loch aus seinem Strömen herausspringt und mir direkt ins Gesicht und in die Augen. Dann sinkt der Stein in den Bach und das springende Loch, das er geschlagen hat, sinkt ihm nach und nimmt meine Augen mit, sodass auch sie dem Loch nach, auf eine bestimmte Stelle in einem Buch auf den Grund des Bachs sinken: ich bohre meine Hände und Augen, zusammen mit einem Stein in den Grund von Licht, Ton, Stein und Pflanzen, um mich zu verankern: das Loch zieht Kreise, und die Ränder, die ich mit dem Stein geschlagen habe, machen meinen Augen Platz. Ein Bach rauscht, wenn ich ihn mit den Händen und den Augen aufschlage, ein Buch rauscht, wenn ich seinen Fächer aus Haut auf- und einfalte, als sei er aus wässrigen Wellen, die vom Wind in Sein Deckel, der der Himmel eines Bachs ist, dreht sich um seine eigene Achse und seinen eigenen Rücken herum und kommt auf dem Kopf zum Liegen, mit dem er auf dem Tisch aufschlägt, sodass sein Inhalt, sein Inneres anfängt zu rauschen, als knirsche strömendes Wasser über Steine auf dem Grund eines Bachs hinweg, getrieben von dem einzigen Ziel, an ihnen, den Steinen, haften zu bleiben. Dann werfen sich mir Wände aus laut spritzendem und sich verbiegendem Ton entgegen: Häutiges und lautes Rufen, gestriges Singen und immerwährendes Tönemachen, ein lappiger Laut an endlosen Rufen aufgehängt und zu Wänden aus Pflanzen und Lumpen aufgehäuft, hängen Tropfen aus Buchstaben, einer am andern und immer im Begriff herunterzufallen, während sie es doch nie tun. Das, an was sie hängend aufgehängt sind, sind Ideen und Bilder, ganz mit Buchstaben, Tropfen und feuchten Wänden verschmolzen, sodass sie nichts tun als hängen und nie auf die Erde fallen. Schreiende Tropfen, knirschend an Blatt und Bäumen haftend, singender Strom aus Stein, Mühlsteine abwetzend: mir rauscht das Innere eines Bachs in alle Richtungen und entgegen, eingebunden in einen auf dem Kopf stehenden Himmel, der ein Deckel aus Pflanzen und Lumpen ist und wegen seines Gewichts und der Anziehung der Erde vor mir auf dem Tisch liegen bleibt, weil all meine Augen und Hände ein Buch festhalten, damit es mir nur nicht davonfliege. Sein Inneres, sein Inhalt gleitet immer weiter in sein Vorne hinein und kreist doch immer weiter auf ein- und derselben Stelle weite Felder meiner Gedanken ein und aus und schlägt sich auf noch jedem an mir vorbeitreibenden Blatt wie reifes Wasser nieder: rohe Enden verwischter und nass gewordener Buchstaben, in der Mitte von Wäldern hängend und seit Ewigkeiten von Wasser gezeichnet. Einer hängt am andern und kreist meine 35 Gedanken mit Windstößen ein. immer wiederholten So liegt vor mir ein tönender Kasten, ein Buch, offen und dabei geschlossen wie ein Bach von einem Stein geöffnet wird und sich immer wieder von selber schliesst, während sein Inneres in alle Richtungen wie Regen springender Tusche strömt, und dessen Himmel, der Deckel eines Buchs, mit dem Kopf auf einem Tisch liegt. Sein Inneres, flüssig, feiernd und gewichtig, schlägt sich auf jedem an mir vorbeitreibenden Blatt wie Gedanken nieder – unzählige Buchstaben hängen aneinander, während sie von losen Seilen auf einer Linie am Schweben gehalten werden: verschmolzen mit dem, was sie trägt und was ihr Grund ist. Ich blicke der Länge eines Bachs nach und solange ich kann, bis zum Ende seines Laufs, bis zum Ende des Rahmens meiner Augen, der mal links, mal rechts aufscheint. Ich reite auf den Stromschnellen eines Bachs, indem ich losen Seilen aus Linien folge und kehre doch immer wieder zu ihrem Anfang zurück. Der Besen meiner Wimpern blinkt und setzt mir Schranken: immer wieder muss ich von vorne beginnen, um auf seinem Lauf weiterreiten zu können. In manchen Gegenden läuft er von rechts nach links, in anderen kommt er mir von selbst entgegen. Blätter, die meine in den Bach gefallenen Gedanken zu ganz neuen und kreiselnden Sätzen ausziehen. Vielleicht sind das alles auch nur die Umrisse und Schatten meiner eigenen Gedanken, all diese Fische, Insekten und kreisförmigen Sätze, die ich aber nur sehe, weil sie mir das Strömen des Bachs eingibt, mich der Bach selbst mit seinem Vorwärtsreiten durch Papier und geschmeidige Erde anregt, dem Lauf eines Schimmels aus Buchstaben zu folgen, um über meine Haut eine Brücke zur Haut der Oberfläche eines Bachs zu schlagen. wieder zu dem wird, was es eigentlich ist: ein Haufen Pflanzen, Wasser, steinige Buchstaben und Fische aus Sonne und Lumpen gemacht. jeder Bach voll ist bis an den Rand. Ich blättere in einem Buch und Die Blätter eines Buchs bauen das Bett, in dem sich die Buchstaben dauernd ein- und vorwärtsdrücken. ein Bach strömt mir entgegen, als kühlte ich meine Haut mit einem Fächer federnder Töne: er läuft mir mit all seinen Inhalten und reitenden Schimmeln über die Finger und zwischen ihnen hindurch und davon. Ich kann in einem Bach nach hinten und nach vorne blättern und sein strömendes Wasser mit meiner Hand, aus Buchstaben gemacht, aufschlagen: Ich fische ein Blatt aus dem Fliessen eines Bach heraus, der Bach läuft unermüdlich und ohne jemals müde zu werden; immer bietet er mir etwas. ich halte das Papier der am Ufer stehenden Bäume in der Hand und rolle es zwischen meinen Fingern zu einer Zigarette aus Papier und Blättern; ich halte das Rauschen eines Bachs fest, während seine Regen- und Wassertropfen Buchstaben in ein Buch schlagen, indem sie es nassmachen, sodass ich das Blatt, das von einem Baum in den Bach gefallen ist, schnell zwischen meinen Fingern hin- und herrolle, um es in den Mund zu stecken, um ein- und ausatmend seine Vertiefungen, Gewölbe und Narben zu spüren: Der Bach strömt an meinen Augen vorbei, während meine Augen über die scheinbar unbewegten Buchstaben eines Buchs strömen und sie in Bewegung versetzen, sodass meine Gedanken anfangen zu laufen und zu strömen. es hat einen Geschmack und es riecht. Das Blatt, das ich im Mund habe, hat seinen ganz eigenen Geschmack und seinen ganz eigenen Geruch und verbindet mein Leben mit dem seinen. Ich, der Bach, ein Buch: ein einziges Strömen, das sich ausbreitet, springend, und im Graben des Laufs eines Bachs: Fahre ich mit dem Finger über den Purpur des Steins einer Pyramide, fahre ich über sein Leben und das der Menschen, die ihn bearbeitet und begriffen haben, hinweg. um ihn an die Wand eines alten Walds zu hängen, ich kann ihn von der Sonne trocknen lassen, während er meine Hand nässt, indem er sie putzt und ich zum ersten Mal sehe, dass meine Hände jetzt keine Arbeit verrichten, sondern sinnlos über die Oberfläche eines Bachs streichen, geradeso, als wolle ich ihn bemalen. am Ufer eines Bachs und folge seinem Vorwärtstreiben: mal rechts, mal links werde ich von seinen wechselnden Geschwindigkeiten zu immer neuen Gedanken angetrieben: sie sehen aus wie Fische, die aus einem Bach herausspringen und Bögen zu Strahlen aus Sonne in die Luft schlagen; Insekten, die die Oberfläche eines Bachs rennend und zu Fuss überqueren und von einem Wort zum andern unsichtbare Fäden ziehen; 36 ein neues Buch in der Hand, halte ich ein kurzes Leben fest und gefangen in der Höhle meiner Augen, meiner Hände und meines Munds: von jetzt an wird es sich mit meinem ganz eigenen Leben zu einem ganz neuen Bach verbinden. Alle Bücher nützen sich ab; je älter sie werden, umso wertvoller sind sie: als handle es sich um einen altgewordenen Wald. Die Leben der Bücher sind lang wie ein Bach und immer in Gefahr: fällt mir ein Buch in den Bach, muss ich es herausfischen wie einen Fisch, da es sonst wie die Erde den Bach und schiebt sich blätternd weiter, indem es das Buch zu einem ganzen Fächer aufschiebt. nichts weiter als mein Bild eines Bachs, an dessen Ufer ich stehe, um nichts weiter zu tun als einen Bach zu sehen. ist ganze Leben im Mund haben: unzählige Leben von Buchstaben, deren Form vor Tausenden von Jahren erfunden wurde und die vor Tausenden von Jahren wie ein Stein in alte Sonne und weichen Lehm gefallen sind. Sprudelnde Räusche, rufende Menschen, Brocken aus Lautmacherei und leinengewebter Tonnen, gefüllt mit Weizen wie Säcke und Töpfen aus Bier: mit einem Mal und unzähligen Handbewegungen sind sie selbst zu Stein und Sonne geworden. Ich stehe in der Mitte der Sonne, Das Papier trägt die Buchstaben Jeder Buchstabe und jede Narbe eines Blatts ist aus Haut gemacht, die ein Gewicht hat, das ich essen kann. an anderen wird er gebremst von Steinen, Lumpen und sich übereinander schiebenden Blättern; seine Oberfläche besteht aus den sich übereinander schiebenden Schichten eines auf- und zuklappbaren Fächers, dessen Inneres immer auch sein Äusseres ist. Halte ich ein junges und frisches Blatt, Kein Buch ohne Tropfen, kein Bach ohne treibende Blätter, kein Buchstabe ohne Papier. Gekrönt mit Himmeln, Innen- Aussen, Unter- und Oberflächen, die sich ständig um sich selbst wie die Sonne drehen: Ich kann ihn in die Hand nehmen, immer hat er mir seine unendlichen Innenund Aussenflächen voraus, die, eine um die andere gedreht, immer der Spiegel sind, in dem ich mich hin- und herdrehe, selbst. ihre Anhäufung spuckt den Inhalt eines Buchs aus und in meine Augen, mitten in den Kopf und die Füsse, die alles tragen. ich sehe einen Bach. Ein Blatt eines Bachs im Mund haben, wie ich einen Bach hin- und herdrehe: Das Innere der Buchstaben ist in ihrem Lauf selbst enthalten: Das Papier eines Buchs in der Hand halten, ist sein ganzes Leben in der Hand halten. Mit all seinen Unebenheiten, Vertiefungen und Erhöhungen, die narbengleich in den Samt seiner Haut eingeritzt sind. An manchen Stellen fliesst er schneller, Gleichgültig, Und darüber hinaus: Hände verrichten immer Arbeit, ausser, wenn sie über die Fläche eines Bachs, der einem Buch über die Blätter läuft, streichen. Stecke ich meine Hände in einen Bach, werden sie von seinem Fliessen umspült, geputzt und gewaschen, damit ich sie besser sehen kann, das heisst: ich sehe sie so gut wie ich sie vorher niemals gesehen habe. Schütte ich einen Bach auf einem Tisch aus, bleibt er dennoch in seinen Grenzen und rinnt nicht über seine Ufer und überschwemmt auch den Tisch nicht. Und sogar seine Bäume, die seine Ufer mit Linien und Pinselstrichen versäumen, bleiben stehen, während sich ihre Blätter im Wind bewegen. Jedes Buch ist voll bis an den Rand so wie Fahre ich über das lose Seil, an dem die auf dem Papier dahinströmenden Buchstaben an den Wänden eines Bachs aufgehängt sind, fahre ich über die Geschichte der Buchstaben hinweg. Sie sehen anders aus als die der Phönizier, Hebräer oder Griechen, aber der lange Weg, den sie in der Zeit zurückgelegt haben, schwimmt in ihnen wie das Alter jedes Wassertropfens im Gewebe meines Blicks: bestimmt ist es um vieles höher als das jedweden Buchstabens, den wir in einem Bach auch nur auftreiben können. Ein Buch: Kopf, Baum, Mund und Linie: Jeder Bach schiebt sich unaufhörlich und zu jeder Zeit durch tönende Erde, Lehm und Sonne hindurch, indem er sich seine Form und sein Bett zurechtgräbt, selbst. Rauschend, bewegt und von seiner Quelle getrieben. Die Quelle entspringt dem Mittelpunkt der Erde: das ist mein Kopf, der einen Baum im Mund hat. Die Tropfen eines Buchs und sein Wasser, aus Buchstaben gemacht, schieben sich unaufhörlich und zu jeder Zeit durch die vom Wind der Gedanken vorwärtsgetriebenen Wellen aus Pflanzen, Lumpen und Bäumen aus Papier hindurch, indem sie sich ihre Form, das, was sie trägt und ausmacht, auf langem Weg zurechtgegraben haben, selbst. Das Treiben der Menschen springt aus dem Mittelpunkt der Erde heraus: durch meinen Mund, der mit meiner Zunge Linien in die Luft zieht. Die Buchstaben, die meinen Mund sprengen und meine Zunge reiten, verändern sich dauernd, während sie die Luft mit meinen Rufen, meinem Stottern, Zählen und Denken ein und ausdrücken wie das Licht. Das Papier eines Buches ist das Bett, in dem die Buchstaben laufen, um sich unaufhörlich weiter- und vorwärtszuschieben wie das Wasser eines Bachs durch Lumpen und ganze Himmel aus Blättern hindurch, um sich und mich zu verankern und festzumachen. Jeder Buchstabe ist aus etwas gemacht und hat seinen ganz eigenen Körper. Dick, gelb wie ein Blatt, dünn wie der Wind oder nach Wein riechend. gefüllt mit einer Unendlichkeit aus Zeit, durch lehmige Erde dauernd vorwärtsgeschoben. Ein Buch ist die Höhle meiner Gedanken, gefüllt mit einer Unendlichkeit aus Augenblicken, durch meine Augen und meinen Kopf geschoben. Ich kann in Augenblicke treten wie ich in ein Buch treten kann. Die Höhle eines Buchs ist mit Augenblicken, in der Form von Buchstaben angefüllt und umspült meine Füsse, leistet mir Widerstand und dreht meinen Kopf im Kreis. Der Bach, der in einem Buch fliesst, dreht meine Hände und Gedanken im Kreis, dann, wenn ich über seine Buchstaben fahre, dann, wenn ich sie greife und ein Buch in der Höhle meiner Hände im Kreis drehe. Ich habe sie in der Hand, wenn ich mich im Kreis drehe, dann, wenn ich Pflanzen, Papier und Bäume in meiner Hand im Kreis drehe und sie umfasse, dann, wenn ich meine eigenen Gedanken im Kreis drehe und umfasse, dann, wenn ich aus einem Bach herausspringe und ein Buch zuschlage. Sagen hängt ab von dem was es trägt: es ist nicht gleich, ob ein Bach grün wie Lava oder rot wie die Sonne ist. Das Papier trägt die Gedanken wie das Bett, die Erde, den Bach. Jeder Gedanke besteht aus Buchstaben und ist sie selbst. Kein Gedanke ohne Buchstaben. Die Bewegung eines Bachs, sein Gerichtetsein und sein Vorwärts, in denen er geborgen ist, erzeugt die Gedanken und Bilder, die sich an etwas festmachen müssen, um zu existieren. Meist laufen sie an den Augen und zwischen den Fingern entlang. Denken ist eine Bewegung, die in sich selber läuft wie Wasser und Buchstaben und Wörter: im Bett eines Bachs, im Bach aller Wasser, die ich in die Hand nehmen kann und sie aber nie besitze. Später lief mir das Buch wie ein Bach durch ganze Wälder und Felder davon, während es sich vor mir ausbreitete und ich versuchte, ihm und meiner Erinnerung zu folgen, als hätte ich nichts anderes zu tun. Aber: da ein Bach nichts anderes tut als fliessen, bin ich immer wieder die erste, die ein Buch und einen Bach in der Hand und zwischen den Fingern hält, um als erste über seine immerneue Oberfläche zu fahren, um meine Hand und meine Sonne zu waschen, um das Innere von Wasser mit den Fingerkuppen einzudrücken, um Inhalte und Aussagen zu greifen und zu essen, damit sie über meine Haut Eingang finden, um auf meine Gedanken durch eine Tür hindurch zuzugehen. Wellen aus Buchstaben, Papier und Lumpen Das Denken muss treiben und laufen wie es ihm gefällt. bauen die Brücke mit meiner Haut, um mich auf die Seite des Denkens hinüberzusetzen: In einem Bach liegt es da, in der Mitte sich aufbäumender Blätter und Papier und dreht sich unaufhörlich um sich selbst: auf dieser Brücke bewege ich mich, fischend und blätternd, während ich ein Auge vor das andere setze. die Sonne und meine Arme. Ich brauche diesen Halt, eine Stelle aus Papier und Lumpen, um mich zu verankern, um Bilder und Gedanken schwimmen zu lassen, um mit meiner Haut immerneue Gedanken bauen zu können. Ich nehme die Bewegung eines Bachs, der die Bewegung meiner Gedanken ist, in die Hand, durch die mir all seine Oberflächen, schaukelnd wie das Bett eines Bachs, rinnen; ich lege mich mit den Augen und den Händen mitten in ein Buch wie in einen Bach hinein. Beides findet in der Höhle meiner Gedanken Platz. Ein Bach ist ein Augenblick, Veröffentlicht in: “Seitenweise-was das Buch ist”; Bundespressedienst der Republik Österreich/Edition Atelier, Wien; hrgg.v.Th. Eder, S,Kobenter, P.Plener;, 2010 37 Dichten zum Ort 14:15 Mein Marktplatz Anna-Lena Gremme 2009 06:30 min Brooklyn Gudrun Kemsa 2012 06:50 min O Maxilian Schmötzer 2012 03:43 min A dynamic camera ride in two temporally displaced projections shows the route of the N-Train between Astoria Boulevard and Broadway. The viewers look at distant buildings, then they reach the platform with people which are imaged apparitional in fast motion. At several points both projections merge to one image. Static architectural elements are set in motion, time and space are changed. O steht für offen und ehrlich, ohne Gewähr, ohne den geringsten Zweifel, ohnehin, ohne zu 2007: Folkwang university of arts Essen, 2011: Kunstakademie Düsseldorf and Folkwang university of arts since 2012: University of arts Berlin and Folkwang university of arts *Berlin 2012 Urban Stage, Kunstmuseum Ahlen 2012 Quartier/Stadt/Erfahrung, Stadtgalerie Salzburg *Düsseldorf Transfiguration: A Telematic Triptych Roderick Steel 2012 03:00 min Kleine Reise Claire Walka 2003 01:30 min Beim Einkaufen im Supermarkt tut sich eine neue Welt auf. Ein Gedicht aus Markennamen zusammengesetzt. *Hamburg Passanten werden gebeten, den Ort zu beschreiben, an dem sie sich befinden, indem sie in Worte fassen, was sie unmittelbar sehen. Der Bildausschnitt ist dabei so gewählt, dass der Betrachter nur die Personen, nicht aber den Ort sehen kann. Also kann er sich nur durch die Beschreibung der verschiedenen Personen ein Bild von diesem machen. Obwohl alle den gleichen Ort beschreiben, ist jede Beschreibung einzigartig. Jeder Gefragte nimmt den Ort anders wahr, hat andere Bezugspunkte, andere Wichtigkeiten. Es ergibt sich so eine Reihe von 6 Portraits, in denen Aussehen, Gestik, Mimik und vor allem die Wahrnehmung jedes Einzelnen im Vergleich zu den Anderen zu beobachten ist. Passersby are asked to describe the locality around them by putting into words what they spot instantaneously.The image detail of the video is thereby chosen so that the viewer isn’t able to watch the described situation. Thus he can only picture it by the description of the different persons. Even though all of them describe the same place, every description is unique. Everybody perceives the place differently, has different points of reference, different interests. Altogether a serial of portraits has resulted in which appearance, gesture, mimic and personal perception can be observed - also in comparison to the others. Festivalbeteiligungen des Films: 4th Festival for Young Art, Beijing, 2011 Traverse Video “Faut Voir”, Goethe Institut, Toulouse, 2012 *Mainz Triptych of a telematic intervention in a Cathedral in Brazil. Documentary and theatrical documentations blur the border between actual and virtual worlds in fluid frames-within-frames. The cellphone’s itinerant gaze maps the cathedral-body within another body, in communion with mobile modes of communication. Roderick’s work is concerned with the journey of images within other images, and how images behave in different media and technologies, using photography and cinema as references. *São Paulo Reside Tanja Goethe 2011 02:00 min Die “4D-Ebene“ als der Dreh- und Angelpunkt in einer Videoperformance. In einem leeren Schwimmbecken wird dem Modell eine transparente Außenhaut angelegt. Im Anschluss wird das Modell für und 38 vor der Videokamera bewohnt, und wird so temporär ein Rückzugsort. Es geht auch um die Frage nach den minimalen Bedingungen, um in einem entstandenen Vakuum einen individuellen Schutzraum zu erzeugen: sei es ein leeres Schwimmbad, ein Notlager für Flüchtlinge, die nach politischen Unruhen, Naturkatastrophen und atomaren Reaktorunfällen Schutz suchen. In dem Splitscreen-Video kann der Betrachter die verschiedenen Stadien im Prozess des Wandels vom offenen zum geschlossenen Raum, der durch Folie eine transparente, farbige Hülle erhält, nachvollziehen.*Düsseldorf El Quilpo Sueña Catartas Pablo Mazzolo 2012 08:50 min According to the Comechingones natives, Quilpo river dreams of big falls at least once a year. Whoever is near the river at the time will be part of its dreams forever. “This is a diary of my days at the Quilpo River. I shot with my Super 8 camera in an area of the Quilpo river in Cordoba, considered to be sacred by the Comechingones aborigins. The Quilpo doesnt have waterfalls, so these were shot quite more to the south, near Mallín Ahogado in Rio Negro. Then I intervened the undeveloped celluloid with light through different kinds of glass and masks. When I developed the film, I reprinted with light different positive frames over a new virgin celluloid. Material creating material. The river feeding itself. The film implodes. I try generating extreme conditions for the unexpected to appear. Pablo Mazzolo studied Image and Sound Design at the University of Buenos Aires. He has made several short films exploring different film formats like Diego la Silla (2001), Hoy (2006), Fábrica de Pizzas (2010), Oaxaca Tohoku (2012) that have participated in festivals such as Rotterdam film festival, London Film Festival, Hamburg Kurzfilmfestival, BAFICI (Buenos Aires). He was also invited to attend in various film performances in museums like MOCANOMI, MAMBA. In the year 2011 his feature film script AM1019 has participated in the Oaxaca Screenwriter Lab (SundanceToscano). Nowadays he works actively in A.R.C.A. wich is dedicated to the preservation of amateur films and home movies. *Buenos Aires, Argentina Metro Cross Culture Project Group “NOCOMA” 2010 03:34 min Die Bilder und Töne, die von 5 Künstlern aus 5 Ländern in ihrer eigenen Heimatstadt aufgenommen worden sind, wurden ohne Reihenfolge unabhängig von der Zeit und dem Raum, gemischt und zusammengeschnitten. Die Künstler zeigen alltägliche Lebensbilder von U-Bahnstationen aus verschieden Städten von 5 Ländern, in denen die Zeiten aufgrund der Zeitverschiebung unterschiedlich sind. Den Zeitunterschied verdeutlichen diese 5 Bilder mit Hilfe von Video-Diagrammen und Video-Panoramen, die aus 5 verschiedenen Bildern ein Ganzes ergeben. Das Kunstwerk zeigt Menschen ohne festen Wohnsitz, die in diverse Länder ein- und ausreisen. Die Künstler reflektieren mit dem Kunstwerk ihre eigene Lebensweise. Evaporation 1’ - Cross Culture Group NOCOMA, alternative Space VASELINE, Düsseldorf, Germany. Evaporation 2’ - Cross Culture Group NOCOMA Bongsan Artcenter, Daegu, Korea (Member of NOCOMA: Atit Sornsongkram, Johannes Benzulla, Hyojin Jeong, Wonsik Ha, Miryeon Kim, Youngdeuk Son) *Daegu, South Korea Seseke classic Rainer Komers 2010 05:06 min Ein Trichter aus Gras, Beton und Wasser, einst von Menschen und Maschinen geformt. Aus diesem Abwasser-Kanal soll ein «Naturwasserlauf für die Naherholung» werden. Planierraupen formen naturnahe Uferböschungen, eine Bronzebüste wartet im Gras, Wind kommt auf. «Naturalisierte» Industriegeschichte: «Wir leben jetzt in einer Zeit, in der wir unseren Abfall liebevoll bedenken müssen, um uns selbst vor der Vernichtung durch Abstraktion zu bewahren», so Mark Elijah Rosenberg im Abspanntext. Rainer Komers - Filmstudium an der Kunstakademie Düsseldorf. Film-projekte in Indien, Japan, Jemen, Lettland und USA. Deutscher Kurzfilmpreis für »Nome Road System«. Ferner: Texte, Word Art und Filmseminare. *Mülheim an der Ruhr 39 Ausklang Sie haben nicht geklingelt. Sie sind durch die Straßen geschlichen wie Katzen und haben sich die Finger geleckt. Sie haben Karten auseinander und zusammengefaltet, wieder auseinander und zusammen, auseinander. Sie haben ihre Arme in die Luft gestreckt und unsere Stadt in Rechtecke und Kreise zerlegt. Dann haben sie gesprochen. Zuerst leise wie ein Knurren. Überall krochen die Wörter hervor. Wir näherten uns vorsichtig. Sie sprachen immer über dieselben Dinge, drehten und kneteten sie. Am nächsten Morgen haben sie ein Loch gegraben. Sie haben gegraben, bis es dunkel war. Drei Tage lang haben sie den großen Platz gesperrt und einen Zaun gebaut, hinter dem sie Geräusche machten. Unsere Knie wurden weich, sobald die Finger über das glatte Holz strichen. Wir feierten ein Fest. Wir suchten einen Namen für das Ding hinter dem Zaun. Wir wussten es, wir wagten ein Spiel, als wir durch unsere Straßen taumelten, über unsere Plätze, vorbei an unseren Häusern. Die Melodie raste. Wir konnten schließlich nur noch auf der Stelle treten und mit dem Kopf nicken. Dann, als nichts mehr schneller aufeinander folgen konnte, erstarrten wir. Eine seltsame Dichte lag auf der Stadt, in der wir die Stimmen nur noch als dumpfes Echo hörten. Als hätte jemand unsere Straßen und Plätze mit Watte gefüttert. Wir wussten nicht, wann sie gegangen waren. Der Gesang wurde leiser, versickerte im Boden. Wir bemerkten das kaum. Es war kein Platz für Stille. Auch nicht für das, was hinter dem Zaun stehen würde. Wir haben nicht gesehen, was es war. Wir überquerten den Platz, als wäre nichts gewesen. Birgit Borsutzky fight Frauke Berg 40 41 Can you tell me a story 15:10 “Some things I have lerned about you” Evanna Ratner 2011 01:49 min Can you tell me a Story "Dialogue Trough Cinema" Düsseldorf, summer 2011 A Digital Project of artists in Düsseldorf, simply asked "Can you tell me a story"? A video clip project initiated and produced by Evanna Ratner, Ein Hod, Israel, during her stay in Düsseldorf as guest artist, Ein Hod Düsseldorf artists exchange, summer 2011. Artists were invited to produce short clips introducing important issues of their choice. The clips are composed from still photographes and text read by the artists. Filmmaking and Cinema bring people together. this common goal – to create and produce a film that will be screened for the Düsseldorf community was my secondary motivation. My first goal was: to get to know people. In order to achieve this goal, I spent time meeting amazing artists from Düsseldorf in "Onomato" as part of the exchange of artists from Ein Hod – Israel and DüsseldorfGermany. They told me their story, they created their story. An open window to a world of recognition and welcoming is the first step to breaking down the wall of alienation. It is intended that this project will become a model for other groups as for the exchange of stories from Ein Hod to Düsseldorf. Activities are broken down into sections: narration telling, conflict resolution workshops for participants; and coming together to create a movie. The film as a coexistence tool, can be used, as a role model for artists and educators in their communities. The project is an initiative for a mutual creation. Through media, communication education and cinema, compassionate listening, critical thinking and empathic communication is the output of this project. Workshop participants gained experience in dialogue and story telling. They address issues of identity, stereotypes, mutual respect, equality in a democratic society, as well as cultural similarities and differences. Producing, filming, and writing together are among the numerous tools used to facilitate learning by doing. The project wishes to use cinema to establish the basis for dialogue. Cinema as a way of investigating the other's society. Its people, their fears, needs, troubles, feelings, hopes, etc. thereby laying the basis for mutual understanding and the belief that talking and knowing the other is a reasonable option. The project can be a model for exchange of students with Israel's education system, particularly in the communication and cinema departments were i come from. I want to thank my host from Düsseldorf Mrs. Karin Rauers – Head of team fine arts Katharina Mayer & Friedrich Bonnmann from Onamato and Margol Gutman - Director artists exchange Ein Hod - Düsseldorf Evanna Ratner Cinema and communication coordinator Haifa University, Research Center for Peace Education *Ein Hod - Israel Raw Cut Elisabeth Luchesi 2011 02:00 min Europa-Ring Susanne Troesser 2011 02:00 Min Face in the crowd Wilfred H.G. Neuse 2011/2012 03:30 min Der kommentierte Bilderbogen besteht aus einer Kombination von digital bearbeiteten Fotos und gemalten Bildern. In diesem biografischen Kurzabriss einer Malerexistenz geht es um das subjektive Verhältnis von Bild, Klang und Wort. „Ich bin 1954 in Deutschland geboren. Das war die Ära der Nieren: Nierenmuster überall- auf Tapeten und Vorhängen, Nierentische und Nieren in der Pfanne.“ Eines von vielen atmosphärischen Grundmustern, die durch die Alphabetisierung durchkreuzt wurden. Schreibbare Namen, Begriffe und Grammatik führten nicht nur zur Beherrschung der schriftlosen Materie, sondern auch zu neuen Echoverhältnissen in der Wahrnehmung. Die Vorgabe von Evanna war: Gib 20 Fotos in eine Reihenfolge und erzähle innerhalb von 2 Minuten eine Geschichte in englischer Sprache; wurde im Onomato e.V. produziert und gezeigt *Düsseldorf Wo kommen wir her, wo gehen wir hin? Sind wir nicht alle nur ein Sandkorn im Lauf der Zeit? Anhand von privaten, historischen Bildern aus dem alten Familienalbum der verstorbenen Mutter und neu erstellten Fotografien wird in groben Zügen das eigene Leben des Autors rückblickend durchschritten. Nichts bleibt zurück, bis auf die Spuren, die ein jeder von sich zurücklässt. WHG Neuse - photography & more photographische-künstlerische Arbeit u. Reflexion m. d. Begriff Realität, Künstlerporträts & experimentelles Crossover zur Malerei *Düsseldorf Studium der Ethnologie, FU Berlin, Studium Freie Malerei, HdK Berlin *Düsseldorf Normannic Experience Hubert Schober 2011 03:27 min Maus Fotografien Charly Müller 2011 02:57 min *Düsseldorf *Düsseldorf Blue Trousers Anne Schülke 2011 02:14 min pictures left behind Jürgen Staack 2011 02:15 min Anne Schülke ist Autorin und beschäftigt sich mit Auto/Fiktion und der Form des Essays in Literatur und Bildender Kunst. *Düsseldorf *Düsseldorf 42 43 NUN - gelände ohne Rand nun geht diese einzelne person spaziert von buchstabe zu buchstabe zu dem rasch näher kommenden rand des von all den verschiedenen buchstaben verdeckten und balanciert auf seinen lippen gerade nur soviel von dem was er auszusprechen zögert dass es unvernommen bleibt das ist es was hier nun geschieht auf der frage liegt unschwer das wenige das zu antworten wäre wenn nicht schon längst unten am boden das was davon noch übrig ist hast du diese tätigkeit vor augen? und wer sollte sie ausüben? dass diese person von da oben dass er es ist der von all dem nichts weiss oder nichts zu wissen nur vorgibt das wäre typisch für diese stunde vor dunkelnden fenstern aber innen oder aussen das lässt sich nicht sagen kalt ist nichts ungewöhnliches denn klar ist es und so hell diese sterne nacht gestirnübersät da hängen die vielen aus der dunkelheit herab ohne worte auch ganz kleine rinnsale sind hier nirgends zu erkennen schon gar nicht auszumachen da sie nirgendwo anfangen die schlauen am boden entlang dessen vertiefungen nutzend bleiben sie unbemerkt während unten im lichtlosen grab lustig die mäuse spielen (klarinettentöne) gelände ohne rand (1956) Jens Stittgen Stiller Natascha Engelmann 44 45 hinzuweisen – und dies am Anfang des 21. Jahrhunderts – ist kalter Kaffee. Dennoch: Wie bewusst sind wir uns eigentlich über das Potenzial dieses fantastischen Instrumentes? Unser alltäglicher, meist intuitiver und unreflektierter Gebrauch der Sprache grenzt an Fahrlässigkeit, im besten Fall an Dilettantismus. Wir haben einen genialen Multigenerator an der Hand und nutzen ihn als Dosenöffner und Schubladenabsperrung. Wir könnten Schlösser und gigantische Türme errichten, wir könnten Städte über den Wolken gründen. Stattdessen reden wir alle vom Wetter. Das Trauma von Babel haben wir immer noch nicht verarbeitet. Quelle: Wikimedia Commons Weg nach Babel Ungeordnete Gedanken zur Sprache für den Kunstfilmtag 2012 von Emmanuel Mir „Sich ein Bild von etwas machen“. Der Ausdruck ist weit verbreitet und bei den meisten Menschen sofort verständlich. Er fungiert als Synonym von „begreifen“ und „erfassen“ und macht aus dem Bild ein primäres Erkenntnismittel. Als ob die Konstruktion eines visuellen Zeichensystems zur geeigneten Methode der Weltaneignung erklärt werden könnte. Als ob Sehen schon Wissen wäre. Müsste es eigentlich nicht „Sich ein Wort von etwas machen“ heißen? Ist das Wort doch nicht die vorrangige Instanz der Welterfassung und -gestaltung? Das Bild ist zwar in der Lage, komplexe Zusammenhänge in geraffter Form zu vermitteln oder Heterogenes und Vielschichtiges zu fixieren. Aber die Dinge, die das Bild meint, diese Dinge, die das Bild zitiert, ausführt, reduziert, verwandelt, verknüpft und sinnstiftend neu montiert, sind zunächst getauft worden. Bevor man sich ein Bild davon gemacht hat, haben diese Dinge einen Namen bekommen. Der Akt der Namensgebung ist ein (relativ) seltenes Privileg. Es ist das Privileg des Erzeugers. Eltern, Künstler und Erfinder haben die Namenswahl. Sie koppeln ihre Schöpfung an ein Wort an und produzieren damit eine künstliche Korrespondenz zwischen Lebewesen / Ding und Wort. Auch wenn diese Korrespondenz eine willkürliche, konstruiert-normative Angelegenheit ist, bestimmt sie fortan die grundsätzliche Beziehung des Lebewesens / Dings zu seiner Umwelt und wird nie wieder infrage gestellt. Der Signifikant ist einfach da und verschmilzt mit dem Signifikat. Wir, die Namensverbraucher, nehmen diese Tatsache einfach hin. Die Legitimität des einen oder anderen Namens interessiert uns nicht. Denn der Name gibt uns Halt und Sicherheit im Alltag. Er ermöglicht den zwischenmenschlichen Austausch, sorgt für ein Mindestmaß an störungsfreier Übereinkunft und trägt somit zur Stabilität unserer Existenz bei. In dieser Hinsicht gleicht die Hinterfragung des Namens einem Akt der Selbstzerstörung. Das muss der Hauptprotagonist des Films von David Fonjallaz am eigenen Leib erfahren. Wie wir alle, ist er in eine Welt hinein geboren worden, die bereits durch und durch getauft ist. Jedem Ding seinen Namen, und 46 das Universum ist in Ordnung. Urplötzlich aber wird der Mann von einem furchtbaren Zweifel ergriffen: Wer sagt denn, dass die alltäglichen Begriffe, die wir im großen sozialen Konsens teilen, die richtigen sind? Ist ein Tisch wirklich ein Tisch – könnte er auch ein Teich sein? Wer bestimmt es, wer ist Herr der Namen? Diese Fragen sind der Ausgangspunkt eines Reflexionsprozesses, in dem jede gemütliche Selbstverständlichkeit zerstört wird und die bisher zuverlässige Welt ins Wanken kommt. Fonjallaz‘ Protagonist hält sich an der Korrespondenz zwischen Wort und Lebewesen / Ding fest wie ein Schiffbrüchiger an einer Boje. Das Wort ist sein letzter Halt, um an die Konstruktion namens „Realität“ noch ein wenig zu glauben. Denn, schließlich, ist doch alles eine Frage des Glaubens, nicht wahr? Die Realität nimmt Gestalt an durch unseren Glauben an sie – und unser Glaube manifestiert sich in erster Linie durch die Sprache. Vorstellung und Wort sind weltkonstituierend. Die Vorstellung produziert Phänomene, das Wort fixiert sie. Man sagt: „An etwas fest glauben“. Und man kann es so fest glauben, bis das Geglaubte eine feste Form erhält. Wie die Weiße Frau, jenes rätselhafte Wesen, das Durchfahrenden in einem Schweizer Autobahntunnel erscheint. Philipp Künzli konnte keinen Beweis für die Existenz dieses Geistes, der plötzlich auf der Rückbank sitzt und sich mit dem Fahrer unterhält, erbringen. Aber auf seiner Spurensuche stellt er fest: „Im Prinzip ist alles klar. Die Geschichte wird durch das Erzählen am Leben erhalten. Und wenn du in den Tunnel fährst und ganz fest an sie denkst, sitzt sie schon im Auto hinter dir“. Während wir weiter fahren, den Blick fixiert auf die Straße, sitzt die Geschichte – der Geist – auf der Rückbank und wird durch das Erzählen am Leben erhalten. Gibt es eine schönere Metapher für unseren Umgang mit der Vergangenheit? Die Erzählung des Vergangenen, wie romantisiert, verfremdet und lückenhaft sie auch sei, bildet ein wichtiges Puzzleteil in der Erzählung des Gegenwärtigen. Die Sprache verbindet Gestern und Heute, sie webt einen vitalen Strang zwischen Zeiten, die sich ignorieren wollen. Und, so pathetisch es auch klingen mag, ist dies unser Heil. So lange, wie die Zeugen historischer Katastrophen ihre Stimme nicht verlieren, so lange, wie ihre Worte eingefangen und weiter gegeben werden, können wir hoffen, lernfähig zu bleiben. Dennis Stein-Schomburg hat eine solche Stimme eingefangen. Die Protagonistin seines Filmes hat nichts vergessen und ihre Lehre aus damaligen Erlebnissen gezogen. Das Wort (sowie die Bilder des Regisseurs) bringt diese Lehre ins Zirkulieren, macht daraus ein Allgemeingut. Gleiches gilt übrigens für das im Appendix präsentierte Interview mit Robert Marcault von Veronika Peddinghaus: Auch da wirkt das gesprochene und eingefangene Wort der oral history – das Wort als Auslese – als entscheidender Träger des Gedächtnisses und als mahnendes Instrument. Als Medium der Erinnerung ist die Sprache sogar in der Lage, gestrige Wunden, die sich im Laufe der Jahre tief in Körper und Seele eingebrannt haben, zu heilen. Jede Therapie hat ihren Ursprung in der Artikulierung des Namens der Krankheit. Das verstörte Mantra, das den Beitrag von Muriel Montini („Instants d’après“) rhythmisiert, ist ein Versuch, dem Teufelskreis einer vergangenen, fatalen Kränkung zu brechen. Die barsche Zurückweisung des Vaters wird dank des Wortes, das immer und immer wieder wiederholt wird, fassbar, manipulierbar – und dadurch überwindbar – gemacht. Die Sprache transportiert eine alte Verletzung bis in die Jetzt-Zeit und macht aus einem vagen, unausgesprochenen Gefühl eine Handlungsoberfläche, die in eine neue Realität überführt werden kann. Die Sprache ist also das Medium der Transformation des Subjekts. Darüber hinaus ist die Sprache das Medium, wodurch das Unvorstellbare (oder noch nicht Vorgestellte) erfahrbar gemacht wird. Die Sprache ist das Medium, das das Ungeborene ans Licht holt. Gott erschuf die Welt, indem er ihren Namen aussprach; eine vergleichbare Leistung bringen übrigens alle Atheisten dieser Welt jeden Tag fertig. Kabbalisten versuchen ihrerseits, das Geheimnis der göttlichen Kreation zu lüften, indem sie die Heiligen Schriften in ihren kleinsten Details entziffern. Sprechen ist (wie schreiben) eine Übung der Weltschöpfung und Weltaneignung. Das ist die große Macht der Sprache. Zugegeben: Auf diese konstitutive Funktion der Sprache Man kann leicht, unbekümmert und mit einer vorgetäuschten Naivität an dieses Trauma herangehen. Man kann so tun, als ob es ein Spiel wäre. Die simple, unspektakuläre Arbeit von Kohyo Hong sagt nichts und bringt alles auf dem Punkt. Auch wenn die Körpersprache der zwei jungen Frauen, die sich in ihrer jeweiligen Muttersprache unterhalten, eine Nähe, ja gar eine gewisse Intimität vorgibt, reden da zwei Menschen freundlich und beharrlich aneinander vorbei. Keine versteht die Andere. Hier wieder: Babel und die endlosen Konsequenzen. Wobei der Schein eines harmonischen Austauschs gewahrt bleibt. Die Zwei setzen sich einfach über die Katastrophe der Entfremdung und der Isolierung, die Sprache bewirken kann, hinweg und plappern weiter. Wenn man sich auf ihre rein verbale Form konzentriert, ist uns das Scheitern der Sprache übrigens allgegenwärtig. Gerade ihr Gebrauch in der Tagespolitik, wo sie nur noch als schlecht geschmierte Schraube einer rhetorischen Nebelmaschine eingesetzt wird, erinnert daran, dass die Sprache sich selbst neutralisieren und annullieren kann – oder weniger dramatisch: zum verhängnisvollen Hilfsmittel der Mittelmäßigkeit und der Korruption werden kann. In diesem Sinne sind die zwei Beiträge von Marcantonio Lunardi – der Kalauer sei erlaubt – vielsagend. Silvio Berlusconi war während seiner Amtszeit als italienischer Ministerpräsident ein Spezialist der Falschaussage und des Wortbruchs. Er missbrauchte (und missbraucht immer noch) die Sprache grob, entleerte das Wort von seiner weltkonstituierenden Funktion und verwandelte es in eine operative Hülse. Mit Berlusconi mutierte die politische Rede zur autoimmunen Krankheit der Sprache und infizierte diese langfristig. Vielleicht ist Schweigen der einzig effiziente Impfstoff gegen diese Plage. Die beharrliche Ablehnung des Verbs, die Lunardis Protagonisten in Suspension dem Wortschwall von Berlusconi entgegenhalten, ist vielleicht die einzig würdige Antwort und die adäquate Form des Widerstandes gegen eine Abwertung der Sprache. In einem völlig anderen Register und aus einer nicht vergleichbaren Perspektive inszeniert Anja Wiese einen konfusen, hysterischen und nervenzermürbenden Missbrauch der Sprache. Ihr „Quengelkopf “ behandelt das gesprochene Wort wie ein Überschussmaterial, das sinnlos und ohne Bewusstsein für Ökonomie oder Ökologie in den Raum geworfen wird. Der unerträgliche verbale Erguss von Wieses Kreatur kommt uns dabei irgendwie nicht unbekannt vor; Umweltver- schmutzungen dieser Art erfahren wir – wir, Stadtneurotiker und Kommunikationsextremisten – allzu oft. Unsere Generation ist ja gekennzeichnet von diesem eigenartigen, zwanghaften Mitteilungsdrang, der paradoxerweise in eine Neutralisierung der Kommunikation führt. Die Diagnose heißt Communication overload. Und das Übel beweist, dass das Wort zwar heilen, aber auch krank machen kann. Gelangt er in die Kanäle der Massenmedien, potenziert sich der erwähnte Mitteilungsdrang zu monströsen Ausmaßen. Ein Blick in die Nachmittagsprogramme von privaten Fernsehsendern gibt reichlich Auskunft darüber. Diese Programme sind übrigens Ausgangspunkt für die postmoderne Collage von Alexander Lorenz, die ich als verzweifelten und zynischen Kommentar zur Tragfähigkeit der Sprache interpretieren möchte. „Ich lehre euch“ ist insofern eine Feststellung des Scheiterns aller Kommunikationsutopien, als sie eine indirekte Verbindung zu den Träumen einer offenen, bürgerverbindenden Weltsprache herstellt. Zur Erinnerung: Vor vierzig Jahren formulierten Fluxus-Künstler das Programm eines partizipativen Fernsehens, das das einseitige Broadcast-System und seiner linearen Machtstruktur ersetzen sollte. In der hypersaturierten Mediengesellschaft, in der wir heute leben, hat diese hehre Idee der Partizipation die Form von Talk-Shows, Doku-Soaps und Gerichtstheatern bekommen. Was dort artikuliert wird, ist das Gegenteil einer Emanzipation. Das Instrument der Partizipation entfremdet mehr denn je. Ob man diesen Menschen die Vulgarität der Boulevardblätter oder die Bekundungen des Nietzsche in den Mund legt, ist einerlei: Sie bleiben sich fremd und finden keine eigene Sprache. Interessanterweise gehen zahlreiche Filmbeiträge des Kunstfilmtages auf das Scheitern der Sprache ein – oder thematisieren zumindest die inhärenten Probleme von manchen kommunikativen Situationen. Die Grade dieses Scheiterns sind höchst unterschiedlich; die Gründe dafür ebenso mannigfaltig; aber die Menge an Künstlern, die besonders auf Funktionsstörungen der Sprache blickt, ist auffällig groß. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, können wir zu den höher erwähnten Filmemachern noch Anna-Lena Gremme hinzufügen. Auch wenn ihr Film eigentlich mehr mit der Heterogenität der subjektiven Wahrnehmungsmodi zu tun hat als mit irgendwelchen sprachbedingten Defiziten, werden die Diskrepanz zwischen einer (einzigen?) Realität und ihren unendlichen, z.T. widersprüchlichen sprachlichen Erfassungen deutlich. Trotz der hypothetischen Überwindung von Babel, würde die Sprache genug Anlässe finden, um Menschen weiterhin voneinander zu trennen. Die Unfähigkeit der Sprache, überkomplexe Phänomen adäquat zu übersetzen (wie z.B. die Doppelfrage: „Was ist eigentlich Kunst und was macht das Leben eines Künstlers aus?“), behandelt Petter Napstad in einem ironischen und intelligenten Beitrag, der die Bedingungen einer Fragestellung hinterfragt und in einen selbstreflexiven kleinen Tour de Force eine universelle Antwort auf seine persönliche Frage findet – Fazit: In der Kunst bleibt das Fragen immer die richtige Antwort auf eine Frage. In der Galerie der entlarvenden „Fil- me zur Sprache“ müsste hier noch Markus Herse Erwähnung finden. Herse greift auf die Mittel der Satire zurück und lässt seine einsilbigen Protagonisten (Karikaturen des archetypischen Intellektuellen) auf groteske Weise in verschiedenen Umgebungen diskutieren und gestikulieren. Die sicherlich erbaulichen Inhalte ihrer Aussagen erschöpfen sich allerdings in einem repetitiven Stottern und Lallen, das die Nichtigkeit mancher vergeistigt daher kommenden Kommentare aufs Korn nimmt. Angesichts der Bissigkeit von Herses Ansatz fühlt sich der Verfasser der vorliegenden Linie ein wenig auf den Schlips getreten und muss über seine Rolle als Kritiker und Vermittler, der Sprache verpflichtet aber möglicherweise nur heiße Luft produzierend, zwei Mal nachdenken. Der Weg nach Babel – von hierhin bis dorthin. Von der Fähigkeit des Wortes, Welten zu konstituieren und zu erfassen, bis zum Zustand der sprachlichen Desorientierung und Verwirrung. Von der Errichtung eines Traumes bis zu seinem Platzen. Dies ist die Struktur, die wir für diesen / kurzen Kommentar zum Kunstfilmtag 2012 gewählt haben. Es ist ein subjektiver Blick auf diese Veranstaltung und wir hätten andere Perspektive wählen, andere Wege beschreiten können. Evolutionstheoretisch konform, hätten wir uns beispielsweise vom brachialen Urschrei des wilden Menschen in der Natur (s. „Above“ von Nesha Nikolic) zum selbstreflexiven, raffinierten und gewundenen Sprechakt eines Melancholikers in einem nie endenden Fin de Siècle (s. „Thank You Mr. Oldenburg“ von Holger Lang) bewegen können. Als Zwischenstationen auf dieser linearen Entwicklung hätten wir die primären Artikulationen eines Eberhard Kranemann platziert, der das A und O der Sprache sucht, oder, deutlich weiter in der Skala der Ausdrucksdifferenziertheit, die informative und sachliche Erzählung von Julia Charlotte Richter, die einen stilistischen Balanceakt zwischen Fiktion und Dokumentation sucht und dabei ein unfassbares Gleichgewicht zwischen Eros und Thanatos findet. Oder aber hätten wir die unzähligen Brücken, die Wortsprache und Bildsprache verbinden, vertieft behandeln können. Und zum Beispiel anhand der Beiträge von Sally Grizzel Larson oder Maximilian Schmötzer Strategien aufgezeigt, in denen verschiedene Sprachen verschmelzen. Wir hätten, wir hätten… Genug der Konditionalform! Um das bisherige Ungeordnete irgendwie doch rund zu machen, eine kleine Anmerkung zum Schluss: „Sich ein Bild von etwas machen“ heißt auf Englisch „to get an idea of “, auf Französisch „se faire une idée de“ und auf Spanisch „hacerse una idea“. Während ein Teil unserer europäischen Nachbarn also eine Idee bekommt oder sich eine Idee von etwas „macht“, benötigen oder wollen die Deutschen ein Bild. Der persönliche Bezug zur Ergreifung und zum Begreifen eines Phänomens läuft nicht über eine nicht weiter bestimmte, möglicherweise abstrakte Vorstellung, sondern über ein Bild. Handelt es sich hier nur um ein beliebiges Sprachspiel oder ist diese Unterscheidung doch bedeutungsschwanger? Ich gebe zu, nicht wirklich im Bilde zu sein. 47 Zeichnungen zu Friedrich Nietsches “Unzeitgemäße Betrachtungen Herbert Willems 48 49 Aus Sicht der Frage 1980-90 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf bei Prof. Kricke und Prof. Rabinowtich. 1985 Ernennung zum Meisterschüler. Lebt und arbeitet in Düsseldorf *Düsseldorf ein Schild auffällt, auf dem «Park» steht. Ein Film über einen Mann, der Missverständnisse vermeiden will und erst dadurch welche schafft. Frei adaptiert nach der gleichnamigen Kurzgeschichte von Arthur Schnitzler. 15:45 Festivalteilnahmen (Auswahl): 51. Krakow Film Festival, 26. Odense International Film Festival, 16. International Short Film Festival 2ANNAS [Jury Special Mention] *Bern Löffel Renée Del Missier 2010 00:28 min The Field of Fine Arts Petter Napstad 2011 09:45 min Ich bin’s Stefanie Pürschler 2012 01:45 min In 2010 the Oslo National Academy of Fine Art was moved to a bigger institution, with other art disciplines, such as theatre and opera. A student decided to make a documentary about the situation. The result shows the lack of direction in the life of an art student. The film has been shown in the director’s bachelor show at the Oslo National Academy of Fine Art. *Oslo Ich Ich bin’s Ich bin ein Anderer Ich spreche mit der Stimme eines Anderen Eine fremde Stimme spricht durch mich Ich werde überstimmt Ich Ich bin’s Bestimmt bin ich’s Ich gebe euch meine Stimme Ihr gebt mir eure In mir Ich bin’s und ihr seid in mir Die Vielzahl von euch in mir Ich Wo bin ich? Eines stimmt: Ich bin’s. Thank You Mr. Oldenburg Holger Lang 2012 04:00 min Studium Bildende Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf bei Prof. Kneidl und Prof. Ruff. 2004 Gründung und Organisation von Atelier Interim Arbeits- und Präsentationsort junger Kulturschaffender. 2006 Ernennung zur Meisterschülerin von Prof. Ruff, Akademiebrief; 2009 Stipendium an der school of photographie in Moskau *Düsseldorf A juxtaposition of images of a Claes Oldenburg exhibition and of the world outside. Written and recorded on March 1st 2012. The personal world and the world of memories are mixed in a reflection about the question of doing the things that we do. Lebt und arbeitet in Wien. Künstlerische Arbeiten seit über 30 Jahren in verschieden Medien mit dem Schwerpunkt experimentelle Filme und Animationen. Präsentationen in Ausstellungen, Screenings, Vorträgen etc. Seit 1995 unterrichtet er im Art Department der Webster Universität in Missouri, seit 2003 auch am Campus dieser Institution in Wien. MA in “Studio Art” und MA in “Film & TV Produktion”, seit 2007 Assistenzprofessor mit Forschungsschwerpunkt in experimentellen medialen Arbeiten *Wien 50 Ich David Fonjallaz/Kathrin Yvonne Bigler 2011 12:00 min Der Mann lebt ein schlichtes, zufriedenes Leben. Bis zu dem Sonntag, als ihm im Park Words from Twentieth Century (Le) parole del Novecento Angelo Ricciardi 2007 02:36 min The film is made like a graphik intervention, published in L’origine è la meta / curator Vincenzo Cuomo. - Firenze : Morgana Edizioni, 2006. Man sieht eine Frau, vielleicht ist sie eine Sekretärin oder Kassierin. Um sie herum hängen und liegen jede Menge Löffel unterschiedlichster Art. Sie füllt gelangweilt Rätsel aus bis sich ein Mann nähert. Dieser greift in seine Jackentasche, zieht einen großen, silbernen Löffel hervor und legt ihn mit einem leichten Bedauern auf den Tisch. Die Frau hängt ihn routiniert zu den anderen vielen Löffeln hinter ihr an die Wand und widmet sich wieder ihrem Rätsel. Der Mann öffnet eine Türe und verlässt den Raum ins Dunkle. ‘Löffel’ ist Teil einer wachsenden Reihe von Wortspielfilmen. Seit dem Jahr 2010 produziert Renée Del Missier Wortspielvideos. Löffel blieb bisher unveröffentlicht. *Wien (Le) parole del Novecento tries to narrate the past century - in form of the alphabet - a word for each letter. The soundtrack, a centrifuge movement of a washing machine, shows the difficulty of elaboration of speech. And at same time the ability to digest the given information. Each word is extremely evocative for immediate associations. Angelo Ricciardi lives and works in Napoli where he was born. His study is based on the relation between writing and the configuration of contemporary society, with particular interest in the exchange between verbal and visual communication. His most recent projects are often realized in collaboration with other artists and placed in various cities around the world. Leafletting (2002), The New Little Red Book (2003), Art Line Do Not Cross (2004), Happy Birthday, Mister Johns! (2005), Desktops (2006), walkabout (2006), Achtung Bitte Kunst Kann Eine Falle Sein (2009). He is author of numerous artist’s books, many present in important public and private collections (MoMA Library, Printed Matter, Liliana Dematteis Collection, Archivio del ‘900 Mart of Trento and Rovereto, MU.SP.A.C., Alessandro Gori Collection, CLA Centre de Livres d’Artistes Bruxelles, etc.). Angelo Ricciardi is co-founder of CODICE EAN, an independent laboratory focusing on the contemporary. In 2011 Riccardi published the book “1999-2010” for Martano Editore, Torino, Italy, a tale in which, through images and words, the artist tries to bring the reader into a context of his artistic activity.*Napoli, Italy Heute bin ich dein Freund Maximilian Erbacher 2010 02:00 min „Heute bin ich dein Freund“ ist eine international ausgerichtete intermediale Performance im öffentlich urbanen Raum, mit der ich seit 2009 in Kontakt mit Menschen trete. Die verheißungsvoll kryptische Nachricht eines Freundschaftsangebots, ohne erklärende Verweise, auf Aushängen in der Stadt, plus einer Telefonnummer zum Abreißen bilden den Ausgangspunkt für den Kommunikationsprozess. 2009-2010 München, Pècs / Ungarn, Shanghai *Köln Strangers on a Train Part 1 Jörg Steinmann 2011 06:26 min Datum: Sonntag, 21. November 2010, 14.00 bis 17.00 Uhr Ort: Regional-Express zwischen Düsseldorf Hbf und Duisburg Hbf ‘Strangers on a Train’ ist eine zweiteilige Performance. Teil 1 beinhaltet eine Recherche, bei der Bahnreisende interviewt werden. Teil 2 findet zu einem späteren Datum statt und verarbeitet die Interviews zu einer klingenden Collage. Strangers on a Train (Part 1)’ wurde inspiriert durch den gleichnamigen Hitchcock-Film nach einem Roman von Patricia Highsmith: Zwei einander unbekannte Personen lernen sich in einem Zug kennen und vereinbaren einen grotesken Handel: Jeder der beiden Fremden soll im Auftrag des anderen einen Mord begehen. Da die Opfer den Mördern jeweils völlig fremd seien, gäbe es für die Polizei keinerlei nachvollziehbare, logische Motive. In der Performance werden Reisende in Nahverkehrszügen zwischen Düsseldorf und Duisburg nach ihren Vorstellungen von einem perfekten Mord befragt. Die mitgeschnittenen Kommentare wurden im zweiten Teil der Performance in einer Klangcollage öffentlich aufgeführt. no where now here Robert Brümmerhoff 2007 02:49 min Einige persönliche Fragen, die zwischen zwei Reisen in das Geburtsland aufkamen. Kunstakademie Düsseldorf *Düsseldorf 51 (Pause) Fragen Sie jetzt? Oder soll ich gleich antworten? Heinz Hausmann: Jeder gute Journalist würde jetzt damit beginnen, das Buch, um das es in diesem Interview geht, durch Fragen nach dem Titel usw. vorzustellen... Thorsten Ebeling: Moment, Heinz... lass ihn... also, Ihre Frage... Journalist: Ja, schon... Thorsten Ebeling: Na dann los! Journalist: Äh... jetzt hat es mir aber ein bisschen die Sprache verschlagen... Heinz Hausmann: Damit wären Sie beim Thema! Thorsten Ebeling: Kommen Sie uns jetzt aber nicht damit, dass sich unser Buch „wer nichts wird, wird virtuell“ zu sehr auf sprachliche Formalismen beschränkt. Viel interessanter wäre es doch, herauszubekommen, ob für dieses komplexe Bauwerk, das zur Zeit von uns beiden errichtet wird, eine bestimmte Stilrichtung maßgeblich ist. (Pause) Journalist: Haben Sie mal ein Glas Wasser? Heinz Hausmann: 52 Journalist: Herr Hausmann, würden Sie zustimmen, wenn ich den von Ihnen verfassten Part dieses Buches als „Beat-Literatur“ bezeichne? Heinz Hausmann: Ich bin mir nicht sicher, ob man sich so weit aus dem Fenster lehnen sollte, dieses Etikett auf diese Schublade zu kleben. Aber ich weiss, was Sie meinen. Es ist nicht verboten, in diese Richtung zu denken. Journalist: Herr Ebeling, in welchem Verhältnis steht die von Ihnen gewählte Form des Poetischen zum Ganzen dieses Buches: ist es Rahmen oder Bild? Thorsten Ebeling: Sie sind keine Pfeife... Heinz Hausmann: Wissen Sie... die ganze Zeit denke ich darüber nach, ob es nicht eine spannende Frage wäre, in welcher Abteilung einer Bibliothek man unser Buch wohl suchen würde. (Pause) 53 Sprache und Film von Frauke Tomczak Die Sprache als Haus „Die Sprache ist das Haus, in dem wir leben.“so ist der Kunstfilmtag 2012 überschrieben – ein mehrdeutiges Motto. Die Metapher des Hauses suggeriert vorderhand Schutz und Geborgenheit gegen Bedrohungen von „Außen“. Nicht von irgendeinem Haus ist die Rede, sondern von dem, „in dem wir leben“. Das Haus, „in dem wir leben“, ist unser Zuhause und ruft damit zugleich Bilder liebgewonnener Gewohnheiten, einer alltäglichen Normalität, einer wohlgeordneten Vertrautheit auf den Plan der Vorstellung. Als wäre die Sprache ein Schutzort, eine Umhüllung, die Sorge für uns trägt, ein Ort der Verlässlichkeit, ja der Gemütlichkeit. In welchem Haus leben wir denn? Leben wir in Hütten oder Palästen? Im Keller, auf dem Dachboden oder in der Belle Etage? Und wenn das Haus, in dem wir leben, eine Kaserne mit Befehlston, ein Erziehungsheim mit drastischen, nicht zu übertretenden Regeln oder ein Gefängnis ist: lebenslänglich hinter Gittern, in der immer gleichen Tretmühle desselben Reglements? Womöglich ein starres, undurchlässiges „stählernes Gehäuse“ oder zeitgemäßer: ein riesiges Flimmerfeld mit zahlreichen, permanent bespielten Bildschirmen, ohne wirklichen Außenblick oder Außenblick ins Wirkliche, ohne spürbare sinnliche Kontakte und Erfahrungen – das Haus, ob aus Stahl oder dem Glas der Monitore, ein undurchdringlicher Panzer, eine spektralfarbige Umhüllung in Bewegung? „Die Sprache ist kein Gefän gnis.“1 (Maurice Merleau-Ponty) In welchen Wortbildern wir uns auch immer die Sprache (in Sprache) imaginieren, fest steht: 1. Sprache stellt ein von Menschen gemachtes, geschichtlich gewordenes Regelwerk dar, auf das wir alle beim Sprechen zurückgreifen und zurückgreifen müssen, um uns mitteilen zu können. 2. Sprache ist veränderbar und insofern prinzipiell unabschließbar, als sie je nach der individuellen Form ihres Gebrauchs erweitert und verändert werden kann. Das sind die beiden Fundamente des Sprachhauses, die elementar gelten. Mindestens diese beiden Basisbestimmungen bilden das Doppelfundament für die Sprache als Haus, in dem wir alle leben. Doch wenn dieses Gebäude beweglich ist, wo kommt die Bewegung her? Kann sie zum Stillstand kommen, erstarren? Schicht der Erfahrung, welche die Worte zu denen der Menschen machte, ist abgegraben und in der prompten Aneignung nimmt die Sprache die Kälte an, die ihr bislang nur an Litfaßsäulen und im Annoncenteil der Zeitungen eigen war.“2 Indem sie von der konkreten sinnlichen Erfahrung abgekoppelt ist, kann Sprache kein Ausdruck mehr sein und tendiert als Schlagwort dazu, genau das Vermögen zu besetzen, was als „individueller Gebrauch“ der Sprache die Anstrengung erfordert, ein sprachliches Äquivalent für die eigenen Beobachtungen, Empfindungen und Gedanken zu finden. Doch genau diese Anstrengung trägt zur Beweglichkeit des allgemeinen Hauses der Sprache bei. Möglicherweise hatte auch Merleau-Ponty diese Bedrohung im Blick, wenn er schreibt: „Wir leben in einer Welt, in der die Sprache instituiert ist.“3. Adorno / Horkheimer meinen allerdings an dieser Stelle nicht das bekannte Theorem, dass die konventionalisierte Alltagssprache die kreativen Potenzen, die die Sprache bietet, nicht ausschöpft, dass diese Potentiale erst durch das sprachliche Kunstwerk zum Tragen und zu Bewusstsein kommen. Sie meinen eine neue Qualität der allgemeinen sprachlichen, verhaltenssteuernden, ja psychischen Zurichtung. Technik werde zur „Psychotechnik, zum Verfahren der Menschenbehandlung“4. Die flächendeckende Wirksamkeit dieser Zurichtung ist nicht nur aber auch den technischen Bedingungen der Massenkultur und der Kulturindustrie geschuldet: ihrer Schnelligkeit, ihrer Allgegenwart, ihrer Standardisierung und der vermeintlichen Griffigkeit einer Sprache, die alles, was fremd, seltsam oder verstörend erscheint, nicht zulässt, weil sie sich gar nicht erst die Mühe macht, es zur Sprache zu bringen. Die Phänomenologie Merleau-Pontys und die Kritische Theorie von Adorno und Horkheimer treffen sich in ihrem Beharren auf der Individualität der sinnlich-konkreten Erfahrung und einer Sprachauffassung, die Sprache nicht nur als Welt- und Wirklichkeitserschließung oder aber Verstellung begreift, sondern auch als Möglichkeit, den anderen Menschen in seiner Individualität zu verstehen und bestehen zu lassen. Und sie wissen darum, dass die Sprachen der Kunst Bewegungsspielräume eröffnen. Aus beiden Gründen stärken sie in ihren Theorien das Vermögen des sprachlichen Ausdrucks. Das bedrohte Haus der Sprache Adorno / Horkheimer haben im „Kulturindustrie“ - Kapitel ihrer „Dialektik der Aufklärung“ darauf hingewiesen, dass die Massenkultur auch die Sprache verändert. Das Wort bringt den Gegenstand nicht mehr zur Erfahrung, sondern erstarrt zur „Formel“, zum abstrakten „Pattern“, das sich anbietet, fraglos übernommen zu werden. “Die Der Film als Sprache Mit dem Motto „Die Sprache ist das Haus, in dem wir leben“ ist der Kunstfilmtag 2012 überschrieben. Ist der Film eine Sprache? Funktioniert er wie eine Sprache? Bis zu Beginn der 20iger Jahre war es üblich, den Film analog des Dramas in Akte einzuteilen und die Akte über Schrifttafeln einzublenden. Das gilt noch für Eisensteins 54 „Panzerkreuzer Potemkin“, SU 1925. Diese demonstrative Analogie zum Drama und also zum Theater, dem privilegierten und etablierten Ort bürgerlichen Kunstgenusses, ist filmgeschichtlich der frühen Phase des Films und seiner Durchsetzung zur Kunst geschuldet. Darüber hinaus gilt eine Dramaturgie besonders für den narrativen und den fiktionalen Film nicht nur historisch, sondern systematisch. Für den Film werden wie für das Drama eben dramaturgische Gesetzmäßigkeiten für seine Handlungsverläufe, für seine Erzählung geltend gemacht: Er beginnt mit der Eröffnung, der Eingangssequenz, dann die Introduktion, die Vorstellung oder Ankündigung, worum es geht im sogenannten „plot“, gefolgt von der Entwicklung der unterschiedlichen Handlungsfäden und ihrer Ausführung bis zur Peripetie oder der Klimax, dem dramaturgischen Höhepunkt der Handlung. Der kann zugleich ihr Umschlagspunkt sein und die Handlungsfäden glücklich, tragisch oder dramatisch in einem plötzlichen und unerwarteten Schluss abkappen (offenes Ende), in einem lapidaren sang- und klanglos fallen lassen, in einem elegischen lang auslaufen lassen oder in einem knapp bündigen Ende schlicht verknoten. Die Gesetzmäßigkeiten der Dramaturgie beziehen sich auf die Filmerzählung, seine Narration. Sie hat wie die gesprochene (geschriebene Sprache) – die Begriffe variieren: „natürliche Sprache“, Verbalsprache, meinen aber das gleiche - eine Syntax und eine Semantik. Syntax meint in der Sprache: die Reihung der Worte zu Sätzen. Übertragen auf die Filmsyntax heißt das: so wie die Worte zu Sätzen, die Sätze zu dem Abschnitt einer Erzählung oder zu einer Szene in einem Roman oder Drama gereiht werden, reihen sich die Filmbilder zu Sequenzen, die Sequenzen zu Szenen und Handlungseinheiten in der Filmerzählung. Die Mittel, mit denen der Film das Voranschreiten auf der Zeitachse, die temporale Kontinuität gestaltet, sind die Formen der Montage: Parallelschnitt, Plansequenz, Ellipse (Auslassung), matchcut (Schnitt in der Bewegung, der zwei völlig verschiedene Zeiträume verbindet), jump-cut. Für die Semantik, die Bedeutungsgenerierung des bewegten Bildes stellt sich die Analogie Sprache-Film etwas schwieriger dar. Denn die „natürlichen Sprachen“ sind so alt wie die Menschheit. Über Jahrtausende hat sich in ihnen ein Sprachreservoir an Ausdrucksmöglichkeiten und Regelwerk gesammelt. In dem 2-Achsen-Modell der Sprache (Roman Jakobson) – einem Koordinatenkreuz – wird diese Kumulation des gesamten Sprachbestandes der vertikalen, der paradigmatischen Achse zugeordnet. Wenn wir sprechen, wenn wir Sätze bilden, bewegen wir uns auf der horizontalen, der syntagmatischen Achse (Syntax) im Zeitraum voran, indem wir nach bestimmten grammatischen Regeln aus der paradigmatischen, der vertikalen Achse, der Achse der Wortarten, Zeitarten, Modalarten, Wortfamilien und Wortgruppen eine Auswahl treffen. Diese paradigmatische Achse gibt es für den Film nicht. Es existiert kein Lexikon für Bewegtbilder beispielsweise zu Verliebtheit und Liebe. „Der Film ist eine visuelle (Stummfilm) bzw. eine audiovisuelle (Tonfilm) Reproduktion der Realität. (...) Was der Film reproduziert, ist schon eine `Zeichenwelt`; der Film reproduziert und `spricht` die `Sprachen der Realität`“5. Mit dem Pasolini-Zitat „Sprachen der Realität“ springt diese erste Bestimmung von Möller-Naß mitten hinein in die Semiotik6. Die zweite, erweiternde Bestimmung gibt den entscheidenden Aufschluss zur Filmsemantik: „Der Film ist mehr als nur Reproduktion: die Apparatur greift aktiv in das, was sie reproduziert ein. Sie ermöglicht die Konstruktion neuer Bedeutungen (...).“7 Der „Eingriff der Apparatur“ umfasst das gesamte Arsenal filmischer, aber auch filmtechnischer Gestaltungsmittel, die speziell die Bedeutungsgenerierungen im und durch das Medium Film ausmachen: angefangen beim Bildausschnitt, der Kadrierung: was ist im / was außerhalb des Bildes? dann die Positionierung und Bewegung der Kamera: Annäherung, Schwenk, Parallelfahrt, Kranfahrt – Augenhöhe, Untersicht, Aufsicht, schließlich die Raumgestaltung: Innen/Außenraum, Kultur/Naturraum, urbaner Raum – Vorder/ Mittel/Hintergrund – Tiefenschärfe vs. Flächigkeit – Perspektivierungen, die Personen: ihre Positionierung/Bewegung im Raum, das Raumdekor, Bildvertikale, -horizontale, -diagonale, die Lichtgestaltung, die Farbsymbolik, das Bild – Ton – Verhältnis usw., usf. Diese dem Medium Film zur Verfügung stehenden Mittel der Bedeutungsgenerierung, also der Semantik, bilden zwar keine paradigmatische Achse wie in der Sprache, aber sie sind ihr insofern vergleichbar, als sie vielfältige Auswahlund Gestaltungsmöglichkeiten bieten, auf der syntagmatischen Achse der Zeit und der Entwicklung der Filmerzählung voranzuschreiten. Wie in der Sprache gilt auch hier die „Kontextabhängigkeit“(3. Bestimmung von Möller-Nass), d.h. eine Einstellung wird nicht nur durch das bestimmt, was sie zeigt, sondern auch durch die vorausgehende und die nachfolgende Einstellung: „Das bedeutet, dass die Semantik der Einstellung nicht unabhängig ist von der syntaktischen Struktur der Sequenz.“ Filmsprache Nun wäre der abstrakte Schluss, Sprache und Filmsprache verfahren beide nach den Prinzipien der Selektion und Kombination, banal und viel zu dürr, um aussagekräftig zu sein. Denn, dass der Film eine Syntax und eine Semantik hat, dass er darin ähnlich wie die Sprache funktioniert, dürfte inzwischen deutlich geworden sein. Was sie jeweils und mit welchen Mitteln auswählen – für die Sprache müsste es heißen: nach welchen Gesichtspunkten die Worte gewählt werden, - wie sie sowohl die Auswahl, als auch die Kombination gestalten und welche Ausdrucksvaleurs dabei ins Spiel kommen, macht einen Vergleich erst spannend und sinnvoll. Denn was wird hier verhandelt, wenn von Film die Rede ist? Wir sprechen weder über einen Filmbeitrag zu den Tagesthemen, noch über eine Fußballübertragung oder eine Telenovela. Alle diese Filmformen sind audiovisuelle Reproduktionen der Realität, in die die „Apparatur“ eingreift. D.h. natürlich haben sie eine Syntax und eine Semantik. Fußballfans wissen das genau, denn es macht einen Unterschied, ob sie die Übertragung des Senders der eigenen oder der „gegnerischen“ Mannschaft sehen (welche Sequenzen, Fouls z.B., werden wiederholt, welche Spieler in Nahaufnahme eingeblendet, welche Prominenz aus dem Publikum, von welcher Kameraposition aus das Tor beobachtet, vom Bild/Ton-Verhältnis, sprich vom SpielKommentar ganz zu schweigen). „Die Sprache ist das Haus, in dem wir leben“ – mit diesem Motto ist ein Kunstfilmtag überschrieben. Es geht um den Film, um die Sprache als Kunstwerk. Wie erzeugt die Sprache, wie erzeugt der Film Ausdruck und Atmosphären, wie vermitteln beide eine sinnliche Form der Erkenntnis über die Wirklichkeit? Wie kommt ihre Poesie zustande? Filmsprache in diesem Sinne verstanden, meint die Analyse und Benennung des ästhetischen Filmstils. Erst wenn dieser ästhetische Gehalt im Sinne einer Taxonomie der filmischen Mittel herausgearbeitet ist, kann „Filmsprache“ zu einer Kategorie werden, die die Spezifik eines individuellen Gesamtwerkes oder ganzer Filmschulen oder Filmrichtungen kennzeichnet. Lotte Eisner ist das in hervorragender Weise mit „Die dämonische Leinwand“ für den deutschen expressionistischen Film gelungen. Die Textur des Filmbildes Eisensteins „Panzerkreuzer Potemkin“, SU 1925 An einigen Filmsequenzen aus Eisensteins „Potemkin“ werde ich im Folgenden zeigen, was konkret mit dieser filmsprachlichen Konstruktion (Produktion) und Lesart (Rezeption) des Films gemeint ist. Mit dem Bespiel wird das „Theoriemotiv“ Filmsprache an dem Ort exponiert, an dem es entstanden ist, in der Russischen Filmavantgarde, die sich ihre Filmpraxis in ständiger begleitender Reflexion bewusst machte: das sind Vertov, Pudowkin und Eisenstein, um nur die drei größten Namen zu nennen, gefolgt von den sogenannten „Formalisten“ Eichenbaum, Tynjanov, Sklovskij. Alle Genannten haben das Verhältnis des Films zu anderen Künsten, besonders zur Sprache grundlegend reflektiert und darüber geschrieben. An bekannten Filmsequenzen aus „Potemkin“ wird verdeutlicht, dass die Konstruktion und Lesart des Films als Sprache bis zu rhetorischen Figuren, also Figuren aus der Sprachkunst reicht. Von den aufmarschierenden Offizieren und Soldaten nach den ersten Matrosenprotesten sehen wir ihre Soldatenstiefel in Großaufnahme, so wie später in der berühmten Treppenszene die Stiefel der im Gleichschritt gegen das diffus in Panik auf- und abstürzende Volk marschierenden zaristischen Soldateska. Beide Bildsequenzen (Schiff und Treppe) sind eine Synekdoche, in der ein Teil – die Stiefel – für das Ganze der Herrschaft steht (ähnlich in der sprachlichen Formulierung: Die Krone hat verfügt). Das vom Schiffspriester, der sich auf die Seite der Offiziere schlägt, als Waffe geschleuderte Kruzifix, das federnd in den Schiffsplanken stecken bleibt, ist als travestiertes religiöses Symbol lesbar, das Monokel des Arztes, mit dem zuvor die Maden im Fleisch gar vergrößert wurden, die er sieht und zugleich leugnet, sinkt auf den Meeresgrund (Großaufnahme), ebenfalls eine Metonymie oder Synekdoche (ein Teil steht fürs Ganze). Der in der Schiffstagelage sterbende Anführer des Matrosenaufstandes Wakulin - auf der syntagmatischen Achse (Filmsyntax) ein versetztes Echo auf das travestierte religiöse Symbol des Kruzifix wird als Opfersymbol und als säkularisierte „imitatio christi“ (ähnlich dem Schlussbild in Pasolinis „Accatone“, I 1961) lesbar. Zugleich ist er durch seine hängende tote Gestalt als „Pietà“ dargestellt. Ihr sprachliches Echo findet diese Filmsequenz in der eingeblendeten Schrifttafel: „Einer für alle. Alle für einen“. Die drei steinernen Löwen – der schlafende, der erwachende, der brüllende Löwe – an der Stelle der Filmes platziert, an der die Schiffsrebellion auf die Bevölkerung von Odessa übergreift, gilt als eine der berühmtesten Metaphern der Filmgeschichte. In der Metapher findet im Gegensatz zur Metonymie und der Synekdoche, die als Teilverhältnis von einem Ganzen funktionieren, eine Ersetzung statt: anstelle der erwachenden und rebellierenden Massen tritt der Löwe. Nun könnte man fragen: was ist über den Nachweis, dass Filmsequenzen äußerst bewusst und mittels eines expressiven Gestaltungsvermögens wie sprachliche Figuren gebaut seien können, der Nutzen dieser Analyse? Wir haben erkannt, wie sie funktionieren. Wir sind nicht nur schlicht von der Filmsequenz eingenommen, sondern wissen warum. Darüber hinaus transportiert dieses Verstehen eine Ahnung der Erkenntnis, dass in der Sprache selbst, in der Art wie sie organisiert ist, Hierarchien, Überund Unterordnungsverhältnisse bestehen (Synekdoche). Auch diese Entdeckung gibt zu denken. Mit Textur ist aber noch mehr gemeint. In seinem Filmessay „`E!` Zur Reinheit der Kinosprache“ (1934) formuliert Eisenstein mit dem Selbstanspruch „dass die Qualität von Montage, Kinosyntax und Kinosprache der Qualität früherer Arbeiten nicht nachstehe, sondern dass sie jene übertreffe und überhole“8 nochmals eindeutig das Theoriemotiv Filmsprache. Im selben Essay findet sich eine lange, Einstellung für Einstellung durchgehende Beschreibung der sog. „Jollensequenz“, also der Filmsequenz aus dem „Potemkin“, in der von der Solidarität der Bevölkerung von Odessa nach der Schiffsrebellion und vor dem Ausbruch der Revolution erzählt wird: auf unzähligen kleinen Jollen, kleinen Segelschiffen, wird den Matrosen auf dem Panzerkreuzer Essen gebracht. In dieser nachträglichen Beschreibung Eisensteins wird deutlich, wie präzise er die Sequenz Kader für Kader angelegt hat. Entscheidend für ihn dabei ist der Wechsel von Horizontale und Vertikale Fortsetzung auf Seite 69 55 Die Rose der Interaktion 16:40 Ich Du Programmed Typographical Film Ute Reeh 2004 05:00 min Programmierter typografischer Film. 30 Worte ziehen vorüber, immer wieder anders gemischt, manche schneller, manche langsamer, eines verliert sich und seine Buchstaben vermischen sich mit denen eines anderen. Der Film ist nie gleich, ein Zufallsgenerator, der die Worte dieses Gedichts mischt. Produziert für “Liebesraumbar” 2004, Ute Reeh studierte Biologie an der GHK in Kassel; Kunst mit den Schwerpunkten Performance, Skulptur und Video an der HbK Kassel bei Harry Kramer und Alf Schuler sowie an der Kunstakademie in Düsseldorf bei David Rabinowitch und Nam June Paik. Sie ist Meisterschülerin von Nam June Paik. 2010 Stadtbeziehung, Stadtraum und Abtei, Meschede, 2011 Dezentral, Passagen, Köln 2012, therapeutical sculptures, Wewerkapavillon, Münster, 2012/13 Kritische Masse, Labor Münsterland, Galerie Münsterland Emsdetten und Kloster Gravenhorst *Düsseldorf Kommunizieren Kohyo Hong 2011 04:11 min Es gibt zahlreiche Sprachen in der Welt und die meisten Länder haben ihre eigene Sprache. Englisch dient weit verbreitet als Verkehrssprache in der heutigen Gesellschaft. Dennoch kommt es auch hierbei zu Verständigungsschwierigkeiten. Ich frage 56 mich, ob Verständigungsschwierigkeiten nur auftreten, wenn nicht die gleiche Sprache gesprochen wird. Oder wie könnte man beweisen, dass eine Verständigung schwierig ist, selbst wenn man die gleiche Sprache spricht? Meiner Ansicht nach sind die Faktoren, die zu mangelnder Verständigung führen, nicht nur in der Verschiedenheit der Sprachen, Kulturen, im Aussehen und unserer Hautfarbe zu suchen. Eine Entfremdung des Menschen, seelische Einsamkeit, das unbefriedigte Bedürfnis, in Kontakt zu anderen Personen zu stehen und Existenzängste in der menschlichen Gesellschaft wären höchstwahrscheinlich die Folgen eines Mangels an Verständigung. Die Bibel erzählt in der Genesis von der Babylonischen Sprachverwirrung. Vor diesem Ereignis hatte es für alle Menschen der Welt nur eine Sprache gegeben. Wäre dies so geblieben, hätten wir heute weniger Konflikte zu lösen, die auf Probleme in der Verständigung basieren? Das Video beantwortet diese Frage nicht unbedingt, vielmehr versucht es eine mögliche Situation nachzustellen, in der die Menschen nach dem Turmbau zu Babel anfingen, in unterschiedlichen Sprachen zueinander zu sprechen, so wie es sich nach einer Überlieferung im Alten Testament ereignet haben soll. Die Arbeit experimentiert damit, ob eine Verständigung zwischen Menschen rein von der Sprache abhängt bzw., wenn Verständigung nicht funktioniert, dies lediglich auf mangelnde Sprachkenntnis zurückzuführen ist. Im Video unterhalten sich zwei Akteure von unterschiedlicher Sprache, Kultur und Aussehen über dasselbe Thema. Um die dargestellte Situation so wenig wie möglich zu manipulieren, hatten beide vor Beginn der Aufnahme nur eine Minute, um sich über den Gegenstand der Unterhaltung zu verständigen. Während der Aufzeichnung sollte frei improvisiert werden. Die Einstellung der Kamera ist neutral gewählt, beide Akteure haben keine klare Vorstellung vom Thema und können nicht voraussehen, wie die Unterhaltung verlaufen wird. Ohne Absicht bezogen beide sich in ihrer Rede dennoch auf Sprache. In der Unterhaltung sind die Verständigungsprobleme zu erkennen, obwohl die Schauspielerinnen in ihrer jeweils eigenen Sprache kommunizieren. Da sie sich tatsächlich nicht verstanden haben, befanden sie sich in einem Zustand, in dem rein sprachliche Verständigung nicht möglich war. Das ist so, als ob man einer Wand gegenüber seine persönliche Geschichte im Monolog erzählte. Durch Untertitel können die Zuschauer dann feststellen, dass auch ohne dieselbe Sprache zu sprechen Kommunikation im Gespräch möglich wäre. 1984 ist Kohyo Hong in Südkorea geboren. Sie studierte an der Seoul National University of Technology, wo sie den Bachelor-Abschluss machte. (Bachelor of Design Art). Danach arbeitete sie beim Rundfunk MTV Korea als Motiongrafik- und Videodesignerin. 2008 beendete sie die Arbeit bei MTV, um in Deutschland zu studieren. Seit 2011 ist sie an der Hfbk bei Prof. Faust als Masterstudentin und ihr Studienschwerpunkt ist Zeitbezogene Medien. Sie beschäftigt sich momentan mit Videos und Installation in Hamburg. *Hamburg The Right Time Hamish Steele 2012 01:19 min “The Right Time” is an animated short detailing a coming out story to a best friend. However, the film is really about keeping secrets, how they affect people and finding the right time to tell someone. *United Kingdom The Beginning Melissa Hopson 2008 01:10 min Hinter den Rufen Karin Hochstatter 2004/05 02:09 min This 70 second video, made in 2008 by visual artist Melissa Hopson, documents a brief moment in China Town, Manhattan. “The Beginning” recorded on the first day Hopson moved to New York is one of several 60 second videos the artist makes of her everyday life encounters. This recording of a group of Chinese seniors celebrating a warm Summer day also reveals the many layers a moment in Manhattan can have. Zwei Frauen treten aus dem Haus auf den Balkon. Ungerichtet und ungelenk halten sie Ausschau, möglicherweise, ohne zu bemerken, dass sie von einer zaghaften Stimme angerufen werden. Die Situation des Unverständnisses schreitet voran. Das Ignorieren des Hörbaren spielt mit dem Sichim-eigenen-Film-Bewegen und überträgt sich in die Frage nach dem Ruf. Hopson is a multi media artist and received the OPEKTA ateliers residency in Cologne in 2012 while organizing an artist symposium called “SUMMIT”. She exhibits in Germany and the U.S.. She graduated from the Kunstakademie Duesseldorf in 2008 and currently lives and works in Indianapolis, Indiana. *Indianapolis, Indiana, USA Zucht und Ordnung Jan Soldat 2012 09:00 min A Short Film on Conformity Matt Willis-Jones 2012 09.59 min Carl is no longer seeing eye to eye with his colleagues. Matt Willis-Jones worked in post-production for over 10 years before quitting his job to concentrate on making his own films. This is one of them. *Oslo Ein kurzer Dokumentarfilm über die Natürlichkeit des Körpers und die Sexualität im Alter. Berlinale 2012, 1984 in Karl-MarxStadt geboren *Berlin Studium an der Kunstakademie Düsseldorf / Skulptur, Installation, Video / Screenings u.a. Kurzfilmtage Oberhausen / Kurzfilmfestivals in Osnabrück, Berlin, Hamburg, Amsterdam, Rotterdam / Kunstmuseum Düsseldorf / Wilhelm-Lehmbruck-Museum, Duisburg / Villa Zanders, Bergisch-Gladbach *Köln Ohne Titel Jungwoon Kim 2011 03:36 min Die Partitur in der Animation hat keine Noten und kein Pausenzeichen. Sie ist für mich wie ein Raum, in dem alle still stehen bleiben, und in dem niemand spricht. Wenn das Lied beginnt, fangen die Notenlinien an, sich zu bewegen und zu tanzen. Die Bewegung der Notenlinien orientiert sich am Lied, so entsteht ein Dialog zwischen dem Lied und den Linien. Die Musik wurde durch die Choreographie der Linien neu visualisiert. Screening: 2012 Filmabend, Black Box in Filmmuseum Düsseldorf, Ausstellungen 2012 “5x3 2012 Rheihe 4”, Kunstraum Düsseldorf “Kuckucksnest”, ArToll Kunstlabor e.V., Bedburg-Hau 2010 “Playstation-Imaginary stage”, Galerie Fons Welters, Amsterdam “Wir sehen was, was du nicht siehst” Zusammen mit Klara Paterok, KulturdrogeK Kulturdrogerie, Wien *Düsseldorf 57 It Works Both Ways - Out of Space / Pathway Anna Cady / Louisa Makolski 2009 05:30 min se ma yesh Birgitta Thaysen 2003/2011 11:54 min Arbeiterdenkmal Andrea Isa 2012 05:02 min Out of Space: this short film expresses the tension and danger associated with water combined with the beauty of a haunting, weightless dance embodied in the free floating buckles and straps of Louisas chair. The non-verbal female voice echoes Louisas own sounds. Rhythmic. Piercing. Wordlessly communicative. Parallel to this lies the imagery of her body, unable to respond to her own desire, which is to return to her chair. She speaks to the viewer of the film as if to reassure - I am OK - its just my body. In der Originalfassung des 32min. Videos sind 31 Sprichwörter zitiert und 20 Personen zusehen. Die Aufnahmen, aus den Privatumfeld der Personen sind kombiniert mit Landschaften aus dem biblischen Karmel Gebirge. Mit den durch sie hindurch führenden Wegen, sind sie Sinnbild für die Grenzenlosigkeit von Sprache. Dem Betrachter fallen vertraute, fremde Sprichwörter auf, humorvolle und belehrende. Und die Personen erscheinen den Betrachter als ein Vermittler einer Sprache und Kultur, die zum einen vertraut und doch so fremd ist. Und die jiddische Sprache ist keine vergangene, verlorene Sprache mehr, sondern sie wird wieder in Schulen gelehrt. “Arbeiterdenkmal” ist ein Kompliment an meine Kolleginnen in der Düsseldorfer Unimensa, sowie eine Hommage an die emsige, tapfere und vielsprachige Küchenfrau, die in den Großküchen dieser Welt ihr Brot verdient. Jede Figur basiert auf einer wirklichen Person. Ton- und Sprachaufnahmen sind original. Der Film ist eine Scherenschnittanimation im Stil von Lotte Reiniger. Pathway: Louisa held, and dropped, the camera whilst being driven recklessly and joyfully down a narrow path by a river to a bridge across which her chair could not go. This film truly gives Louisas point of view. She told Anna, Doing this has given me an imaginative mind. Anna and Louisa collaborated for 2 years making pinhole photographs and films. ‘It Works Both Ways’ - when installed as an exhibition - becomes a conversation. Since Louisa’s death, Jenny and Anna continue to bring this conversation to a wider public. *Winchester UK 1985 -92 Studium Fotografie und Video an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Bernd Becher & Nan Hoover. Meisterschülerin.Seit 1997 Fotografische Lehrtätigkeit an verschiedenen Weiterbildungseinrichtungen. *Düsseldorf Kunststudium 1999 bis 2002, Israel, lebt und arbeitet seitdem in Düsseldorf, Mitglied Produzentengalerie plan.d, Teilnehmerin der Jahresklassen für künstlerische Fotografie bei Katharina Mayer und Birgitta Thaysen *Düsseldorf Louisa and Anna in pool during filming ‘It Works Both Ways’ By Anna Cady and Louisa Makolski (video in this programme: page 58) Background information: Louisa Makolski - who died in Aug 2010 aged 28 years - was a charismatic, intelligent young woman. She had cerebral palsy and could not control her body movements or speak orally. Louisa used eye movements and a wordboard to communicate. Anna is an artist who uses film and various forms of photography and text. It was Anna’s daughter Sarah, who was caring for Louisa, who introduced them. Outline of the project: Louisa and Anna worked together over two years to produce pinhole photographs and films. Louisa wanted to ‘show people what I think and feel’ ….. She said ‘when I am by water I feel love, how can we do that in film?’ Anna simply wanted to explore the extraordinary experience of what it was to work with Louisa, and to investigate what the word ‘Conversation’ means when somebody cannot speak. She said, ‘I set out to give Louisa a voice, but in the process I found mine.’ It Works Both Ways: The English phrase ‘it works both ways’ refers to something which has positive attributes when you look at it from different points of view. 58 If we cycle from this direction the wind is blowing behind us AND the sun won’t be in our eyes… so it works both ways. The title ‘It Works Both Ways’ in this case refers to multiple aspects of the work Louisa and Anna made together the black and white / colour images the still image / moving image conventional cameras / point of view camera / pinhole the spoken / unspoken word the mind / the body More significantly ‘it works both ways’ refers to the effect they had on one another. There is a general expectation within society that a person who lives inside a body which does not fit into the category of ‘normal’ will always be the recipient of help and support and that an artist working with someone like Louisa will be the ‘giver’. Whereas Anna and Louisa discovered, and reveal to us, a relationship in which they enabled and empowered each other in totally unexpected ways. The Films: Presenting the two films, Out of Space and Pathway together like this draws attention to the energy, trust and spark that can exist between two people without recourse to verbal communication. Out of Space: this short film expresses the tension and danger associated with water combined with the beauty of a haunting, weightless dance embodied in the free floating buckles and straps of Louisa’s chair. The non-verbal female voice echoes Louisa’s own sounds. Rhythmic. Piercing. Wordlessly communicative. Parallel to this lies the imagery of her body, unable to respond to her own desire, which is to return to her chair. She speaks to the viewer of the film as if to reassure - ‘I am OK - it’s just my body ….’ Pathway: Louisa held, and dropped, the camera whilst being driven recklessly and joyfully down a narrow path by a river to a bridge across which her chair could not go. This film truly gives Louisa’s point of view. She told Anna, ‘Doing this has given me an imaginative mind.’ The Conversation: Since Louisa died Jenny Chamarette and Anna Cady have continued this conversation in order to explore and unravel what ‘It Works Both Ways’ reveals about the nature of communication in real life and through the media of visual art, film and the written word. Funded by Arts Council England 59 “Art Which Speaks for Us” Anna Cady and Louisa Makolski’s It Works Both Ways Project By Jenny Chamarette In my past conversations with Anna, it has become apparent that we ‘speak’ differently through our work. What I mean by that is that we use different modes of expression to reflect on our participation in the world – art is Anna’s form of expression, mine is theory and interpretation. Louisa’s ‘speech’ is also very different again – her speech in fact begins as eye movement, transcribed into words that emerge in Anna and Louisa’s collaborative films as titles and subtitles, or into speech in everyday conversation. Even though we all ‘speak’ differently, there are nonetheless shared, or perhaps transcribable conversations that we can have, and it is around the notion of conversation, of speech and of the bodies through which we make our speech visible, that I want to discuss Anna and Louisa’s work in this thought piece. As an art and film theorist, one of the ways I try to speak about the It Works Both Ways Project is by working to understand a different mode of speaking. I do this while also being aware of the fact that interpretation – this thought piece – always runs the risk of speaking over the voices that are so apparent in Anna and Louisa’s collaborations. Therefore, this conversation with Louisa and Anna’s work is also about attempting to respond to Louisa and Anna in person. I am addressing them, while I address the works – attending to their voices in the conversation between artistic practice and art interpretation. This ‘thought piece’, then, runs parallel with the films, and tries to bring ways of thinking about them to light, but it doesn’t – and shouldn’t – claim an overriding interpretation for them. When I first viewed ‘Out of Space’, I was struck by the extraordinary proximity of my eyes to Louisa’s body on camera. I felt like I was watching something that I shouldn’t be, as if I was being made aware of my own voyeurism as I watched. I felt somehow willingly compelled to watch the most intensely intimate shots of Louisa’s body. And yet, what I was looking at was also very beautiful – a kind of dance with water, light, and song, where Louisa’s body was sometimes in the foreground, and at other times slipped into the background when the Velcro straps and the plastic of the chair flow toward the foreground. Initially I am caught, rather uncomfortably, between a sense of admiration at the beauty of those images, the extraordinary translucency of the light casting rippling patterns on Louisa’s skin underwater, and alarm at the intimate boundaries I may have accidentally transgressed, just by watching. I struggle to make sense of what it is I am looking at – it is clear to me that I have over60 stepped a boundary, but whose boundary is this? Have I set it myself? What is this body showing me that creates such discomfort in my own aesthetic appreciation of it? When the titles float up slowly into the centre of the screen – ‘I am OK, it’s just my body doesn’t want to go back in the chair. But I do’, I become aware that I’m being reassured about my discomfort. Later I find out that these words are Louisa’s, carefully expressed via eye movement, and painstakingly transcribed by Anna, who then inserts them into the film as intertitles. There is a slippage between the body I am confronted with on film – the translucence of the underwater colour, the patterns of light on skin, the silky movements of arms through water – and the individual who is ‘speaking’ through those titles. The film allows me to touch upon a world collaboratively created through Anna’s filming, Louisa’s body and Louisa’s speech – to somehow enter into an interpretative ‘conversation’ with the space between Louisa and Louisa’s body, between Anna’s hugely evocative, intimate portrayal of Louisa’s struggle to get back into her chair, and my own subjective sensations as I encounter the moving images and sound in front of me. first see. Language is not just the house we live in. It is our body too. We make a language out of our bodies, and the conversations we have are not just made with words, but with our eyes, our ears, our touch, our senses, and our flesh. Of course, this doesn’t mean that I can ‘feel’ what it is to be in Louisa’s body, but it strikes me that this is not the central question of the It Works Both Ways project. As a viewer I marvel at the beauty and I work hard to understand, but I also think about the boundaries of my own intimacy, as well as those of Anna and Louisa. The conversation between Louisa’s thoughts on texture and on images, and Anna’s translation of those images is enacted poignantly in ‘Pathway’, where Louisa herself films, holding a point of view camera as Anna pushes her fast along a woodland path. Neither ‘Pathway’ nor ‘Out of Space’ make us ‘feel’ Louisa’s bodily experience, nor do they fully speak for it. The films challenge us to start up a conversation about how we see bodies, how we think about those bodies when we make contact with them. We become participants in a conversation with Louisa, and her body, which is not the sole site of where Louisa is, and with Anna and Louisa’s collaboration; a conversation which, once started, takes us somewhere we do not fully know. In my own conversations with Anna and Louisa’s project, I get a sense of that ongoing power of the conversation working both ways, through the films and beyond the films. In that conversation between collaborators, filmmaker, film and writer, we flesh out images so that we can make sense of them, and make contact with them, beyond what we Louisa’s wordboard 61 Amerikan Kinetics 18:05 Identitätskonstruktion und Reflektion der Vergangenheit Die Zusammenstellung „Amerikan Kinetics“ zeigt eine Auswahl von Künstlerfilmen aus verschiedenen Ländern Lateinamerikas, verfolgt dabei jedoch nicht den Anspruch, einen Überblick über lateinamerikanische Videopraxis abzugeben, sondern setzt Arbeiten in Beziehung, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der kulturellen und sozialen Identität in ihren Ländern beschäftigen. Entgegen der Erwartung, die sich aus der Tatsache der Bezeichnung „Lateinamerika“ für einen Großteil der Länder Amerikas südlich der USA ergibt, ist dieses Lateinamerika ein soziokultureller Raum, der sich bei näherer Betrachtung als ausgesprochen heterogen erweist. Gemeinsamkeiten lassen sich natürlich trotzdem feststellen, insbesondere in den ähnlichen historischen Erfahrungen, die annähernd alle Länder der Region teilen (Kolonialismus und Sprache z.B.). Die kritische Betrachtung der Geschichte ist deshalb der formale Verbindungspunkt zwischen den ausgewählten Videos. Mit der Geschichte als Diskurs (im Gegensatz zu einem absoluten Wahrheitsanspruch) beschäftigt sich Claudia Joskowicz in ihrem Video „Round and Round and Consumed by Fire“. Sie verweist zugleich auf ein reales Ereignis (einen Schusswechsel zwischen Butch Cassidy und Sundance Kid und der bolivianischen Polizei) und die Umsetzung dieses Ereignisses in einen dramatischen Stoff (in der Komödie „Zwei Banditen“ von 1969). Es wird klar, dass Geschichtsschreibung immer mit einer Perspektive verbunden ist und dass sich oftmals Ereignisse auf eine Art in das öffentliche Bewusstsein einschreiben, die wenig mit der Realität zu tun hat. Eine andere Art von Einschreibung beschäftigt alonso+craciun in ihrem Video über Lateinamerika als Versuchslabor für moderne Architektur. Wie bei Joskowicz, handelt es sich hier um eine historisch geprägte Betrachtung, denn schon lange finden die großen archtitektonischen Innovationen in anderen Weltregionen statt. Dennoch oder gerade deshalb, so die in dem Video enthaltene Forderung, sollte in Amerika eine Auseinandersetzung mit der Lösung der Probleme stattfinden, die sich aus dem Konflikt zwischen der Architektur des letzten Jahrhunderts und den veränderten Realitäten unserer Zeit ergeben. Nicht nur architektonisch, sondern vor allen Dingen hinsichtlich der Immigration hatte das Ausland, insbesondere natürlich das europäische Ausland, starken Einfluss auf Lateinamerika. Und längst 62 nicht alle Einwanderer sind freiwillig nach Amerika gekommen. An die gewaltsame Verschleppung unzähliger Afrikaner als Sklaven und die sich daraus ergebenden Verwerfungen bis in die heutige Zeit, erinnert Nastio Mosquito mit seinem Video „My African Mind“. Eine der prägendsten Erfahrungen, die alle Länder Lateinamerikas teilen ist die Zeit der Militärdiktaturen während des zwanzigsten Jahrhunderts. Es gilt als erwiesen, dass die Mehrheit dieser Diktaturen direkt oder indirekt von den USA unterstützt wurden, die Lateinamerika als ihren „Hinterhof “ betrachteten und sich während des kalten Krieges weltweit im Kampf gegen den Kommunismus wähnten. Zusammen mit dem allgemeinen weltweiten kulturellen Einfluss der USA, findet sich darin einer der Gründe, dass der Bezug und die Abgrenzung zu den USA sich in vielen Arbeiten der vorliegenden Auswahl finden lassen. So verwundert es nicht, dass Regina Jose Galindo, die in ihren Performances bewusst den eigenen Körper als Medium zur Auseinandersetzung mit Fragen internationaler poltischer und sozialer Machtverhältnisse verwendet, nach Bekanntwerden der Verwendung von Folter (Waterboarding) in Guantanamo durch das US-Militär, diesen Umstand in der Performance „Confesión“ explizit auf sich selbst bezieht und damit auch die Rolle der USA in der Vergangenheit in Ländern Lateinamerikas thematisiert. Die meisten Künstler der Auswahl sind, wie Galindo auch, nach Ende der jeweiligen Militärdiktatur bzw. während der Übergangszeit sozialisiert worden. In den nachfolgenden Generationen werden die Erfahrungen der Diktatur nur noch eine untergeordnete Rolle spielen und es lässt sich bereits heute eine zunehmende Abkehr von politischen Themen beobachten. Trotzdem oder gerade deshalb scheinen politisch und gesellschaftliche Themen für viele junge Künstler Lateinamerikas eine Inspirationsquelle zu sein, anhand derer sie die eigene kulturelle Identität erforschen und verändern können. Reflujo Histórico / Historical reflux Alejandra Delgado 2008 07:50 América sur South America | Labor für Architektur unter Standardbedingungen” Taller Danza und alonso+craciun 2009 09:20 My African Mind Nástio Mosquito 2009 06:12 Asteroide / Asteroid Juanjo Herrera 2012 00:20 In „Reflujo Histórico“ stellt Alejandra Delgado einem Selbstportrait Dokumentarfilmaufnahmen aus dem Jahr 1942 gegenüber. In dem Dokumentarfilm wird die Stadt La Paz, Hauptstadt Boliviens, als aufstrebende Stadt dargestellt, mit geradezu utopischen Zukunftsaussichten. Das Portrait Delgados zeigt die Künstlerin vor einer anonymen Großstadtkulisse mit Graffiti an den Wänden. Der kleine Teil der Stadt, bei der es sich ebenfalls um La Paz handelt, die im Hintergrund zu sehen ist, scheint sich eher im Verfall zu befinden als in einem Zustand des hoffnungsvollen Blicks auf die Zukunft. “América sur” ist ein dokumentarischer Film in vier Teilen, der am Beispiel Montevideos, der Hauptstadt Uruguays, ein filmisches Portrait Amerikas zeichnet. Bestandteile des Portraits sind Beispiele architektonischer und städtebaulicher Praxis, sowie die dazugehörigen Konzepte, vom Beginn der Moderne in der Architektur am Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. “My African Mind” des angolanischen Künstlers Nastio Mosquito ist ein Animationsfilm, der in ironischem bis sarkastischem Ton über die Situation und Geschichte Afrikas und der Afrikaner spricht. Die Kolonialgeschichte und Verschleppung unzähliger Afrikaner als Sklaven nach Amerika spielt dabei eine entscheidende Rolle. Auch rassistische Vorurteile, die den Blick auf Menschen afrikanischer Herkunft in aller Welt sowie deren Selbstbild bewusst oder unbewusst bis heute mitprägen, werden nicht ausgespart. Das Video handelt von der Ambivalenz des Subjekts. Der digital erzeugte Asteroid kann als Symbol der Zerstörung, als Vorbote eines Weltuntergangs gesehen werden. Seine Herkunft aus den Weiten des Universums öffnet aber auch neue Horizonte und spielt auf Themen wie den Ursprung des Lebens, die Unendlichkeit des Raumes und die Einzigartigkeit des Menschen an. Das damit verbundene, nicht eingelöste Versprechen aus der Vergangenheit „löst in mir eine Reflex aus, ein Sodbrennen (Reflujo gastrico), ein physiologischer Zustand, an dem ich schon seit vielen Jahren leide“ (Delgado über das Video). Geboren 1977 in La Paz, Bolivien. Lebt und arbeitet in Lima, Peru. Abschluss an der Academia Nacional de Bellas Artes “Hernando Siles”, Bolivien, Master in Fotografie an der Escuela de Fotografía Centro de Imagen EFTI, Madrid. Teilnahme an Residenzprogrammen in Bolivien und Spanien. Preis für Videokunst, Biennale SIART, 2009, sowie den zweiten Platz beim Kunstwettbewerb der Weltbank in Bolivien, 2008. Ausstellungen in Bolivien, Ecuador, Spanien, USA, Uruguay, Paraguay, Chile, Deutschland und Peru. Die Bezeichnung Amerikas als „Labor für Architektur“ ist der Geschichte des theoretischen Architekturdiskurses entnommen. Der Begriff taucht heute als Konzept wieder auf, das es erlaubt, den derzeitigen Zustand der Architektur und der Städte auf dem amerikanischen Kontinent kritisch zu untersuchen. Regie und Schnitt: alonso+craciun (Sebastian Alonso und Martin Craciun), Off-Sprecher: Marcelo Danza. “América Sur | Laboratorios de Arquitectura a presión y temperatura normal” wurde auf der XII Bienal Internacional de Arquitectura de Buenos Aires präsentiert. alonso+craciun und TALLER DANZA (Workshop für Architektur an der Universidad de la Republica, Uruguay) haben es sich zur Aufgabe gemacht, innerhalb der Institutionen, in denen sie arbeiten, den Austausch über Fragen der Schaffung und Veränderung ihres “Studiengegenstandes” mit anderen Personen, Arbeiten, Bildern und Texten anzuregen. Mehr Informationen zur Arbeit der Gruppe: www.alonso-craciun.net Nachdem das Video im Rahmen der Biennale in São Paulo im Jahr 2010 präsentiert wurde, hat es einige Aufmerksamkeit in diesem Land erfahren, in dessen kulturellem Bewusstsein die Kolonialgeschichte und die Geschichte der Afrobrasilianer eine große Rolle spielen. In diesem, wie auch in anderen Videos Nastio Mosquitos, fallen der humorvolle Umgang mit schwierigen Themen und der selbstbewusste, positive Blick auf die Zukunft ins Auge. Auf der Tonebene fügt der Künstler dem virtuellen Gegenstand persönliche Gedanken und Wünsche hinzu, die er in englischer Sprache formuliert. Geboren 1973 in Mexiko, lebt und arbeitet in Monterrey, Mexiko. Teilnahme an zahlreichen Gruppenausstellungen und Festivals in Mexiko, Amerika und Europa. Einzelausstellungen Fototeca, Monterrey 2010, The other Gallery, Banff, Kanada 2005. Masterabschluss in Kommunikation. Hochschuldozent für Digitale Medien und Fotografie. Geboren 1981 in Luanda, Angola. Schriftsteller, Künstler und Musiker. Hat an der American International School in Lissabon studiert, Diplom in Film- und Fernsehproduktion, Theater und Radio. Ausstellungen u.a.: Bienal de São Paulo 2010, Fundação Memorial da América Latina 2011, Manifesta 8, 2010. Düsseldorf / Sao Paulo, September 2012 Nicholas Petrus und Alexander Lorenz 63 Round and Round and Consumed by Fire Claudia Joskowicz 2009 08:00 Confesión / Confession Regina José Galindo 2007 02:22 The Fall of America Nicholas Petrus 2012 07:22 First Man On The Moon 2 Lorena Cardona and Sebastian Pinciroli 2009 03:42 The remote possibility of love Gustavo Galuppo 2010/11 07:00 Ten in a line Tamara Kuselman 2009 02:54 “Round and Round and Consumed by Fire” ist Teil einer Trilogie, die sich mit Ereignissen der bolivianischen Geschichte und ihren Auswirkungen auf die mythologischhistorische Landschaft des Landes beschäftigt. Das Video ist ein Reenactment des Schusswechsels bei dem Butch Cassidy und Sundance Kid in San Vicente in Bolivien umgekommen sein sollen. Beide waren bekannte US-amerikanische Gesetzlose des 19. Jahrhunderts. Den historischen Fakten zufolge kam es in San Vicente zu einer Schießerei, nachdem die beiden Outlaws die Löhne der Aramayo Mining Co. gestohlen hatten und sich auf der Flucht befanden. Die Geschichte wurde in der Komödie „Zwei Banditen“ von 1969 verfilmt, wobei das Drehbuch eher lose auf den historischen Fakten beruhte, die die Geschichte populär gemacht hatten. Das Video besteht aus einer langsamen Kreisfahrt, die die Hauptstraße einer typischen bolivianischen Kleinstadt während des gespielten Schusswechsels zeigt. Das Video bezieht sich seinerseits lose auf den genannten Spielfilm, die nachgestellte Schlussszene zeigt eine eigene Version des tatsächlichen Schusswechsels, bei dem unklar bleibt, ob er jemals stattgefunden hat. „Confesión“ dokumentiert eine Performance aus dem Jahr 2007, die bei Galindos erster Einzelaustellung in Spanien, in Palma de Mallorca entstanden ist. Das Video ist inspiriert von US-amerikanischen Verhörprotokollen, die zu der Zeit veröffentlicht wurden und bei denen unter anderem von den Techniken berichtet wird, die an Gefangenen angewandt wurden. Ein Freiwilliger führt an der Künstlerin die Foltertechnik des Waterboardings durch und drückt dabei ihren Kopf mehrmals hintereinander in das Wasser einer randvollen Tonne. Found-Footage Video aus verschiedenen Quellen, von alten Super8-Aufnahmen bis hin zu Internetfotos. Fortsetzung einer Reihe von Videos des Künstlers unter dem Titel „Liquid Essay“, die sich mit den Auswirkungen der Globalisierung unter besonderer Berücksichtigung der USA als ausschlaggebendem Faktor der selbigen beschäftigen. „The Fall of America“ verwendet Tonaufnahmen Allen Ginsbergs, der sein Gedicht „America“ von 1956 vorträgt. „First Man on the Moon 2“ beschäftigt sich mit Fragen der Krise, Veränderung und des kulturellen Abdriftens. Das Video zeigt die Rückkehr der Menschen zum Mond. Im Gegensatz zu früheren Mondmissionen, die mit der Hoheitsgeste des Setzens der USFahne auf der Mondoberfläche einhergingen, wird diese Geste nun umgedreht, indem die Fahne aus dem Boden gehoben und in die unendliche Weite des Weltraums geworfen wird. Ein unmögliches Portrait und Selbstportrait zugleich. Beide Bestrebungen erscheinen als diffuse Geste. Naive und unschuldige Bilder, aufgenommen von einem jungen Mädchen und eine Text-/Klangwelt, die die Bilder hintergeht und ihnen neue Bedeutung gibt. Der soziale Raum einer Wohnung wird dargestellt in Beziehung zum eigenen Selbst (und zu anderen). Das Video und der Film. Und dazwischen die Übersättigung und die unwahrscheinliche Entscheidung, den eingeschlagenen Kurs zu ändern. “Ten in a line” zeigt 10 Personen, die in einem leeren Innenraum nebeneinander aufgereiht stehen. Aus dem Off spricht eine Stimme über die anwesenden Personen und über ihre vermeintlichen geheimen Wünsche und Beziehungen, die zwischen ihnen bestehen. Die äußerst neutral und emotionslos gehaltene Stimme steht in Kontrast zu der emotionalen Thematik der zugeschriebenen Gedanken sowie zu der langsam aufkommenden Lebendigkeit der Protagonisten. Geboren 1971 in Rosario, Argentinien, wo er bis heute lebt und arbeitet. Seine experimentellen Videos werden regelmäßig in verschiedenen Ausstellungen im Zusammenhang mit Videokunst und Film gezeigt. Er arbeitet außerdem im Bereich der Forschung zu Theorie und Geschichte des Kinos und veröffentlicht Texte zu diesen Themen in Büchern und Fachzeitschriften. Er ist Hochschuldozent und Rockmusiker. Geboren 1980 in Buenos Aires, Argentinien. Lebt und arbeitet in Barcelona und Amsterdam. Premi Miquel Casablancas, C.C. Sant Andreu, Barcelona, 2011; Injuve. Premio Artes Visuales, Madrid, 2010. Zahlreiche Gruppen- und Einzelausstellungen in Argentinien, Spanien und den Niederlanden. Studien an der Escola Massana, Barcelona, Universitat de Barcelona, Kunstakademie Karlsruhe. Studiert aktuell im Masterstudiengang MA in Fine Arts am Sandberg Instituut in Amsterdam. Geboren 1968 in Santa Cruz de la Sierra, Bolivien. Lebt und arbeitet in New York und Santa Cruz de la Sierra. Guggenheim Fellowship in Film-Video, 2011, Artist Residency Prize, Videobrasil, 2011, Fulbright Stipendium 2009. Hat an der New York University, University of Houston und am Ecole D’Architecture-Paris Villemin studiert. 64 Galindo verwendet in ihren Arbeiten ihren Körper als Medium um gesellschaftliche Themen wie Ungleichheit und Gewalt zu thematisieren. Geboren 1974 in Guatemala, lebt und arbeitet in Guatemala. Goldener Löwe für „Künstler unter 30“ 2005, 51. Bienale, Venedig, Premio Unico de Poesía, Guatemala, 1998. Teilnahme an der Biennale in Venedig 2001 und 2011, Einzelaustellungen u.a. im Modern Art, Oxford, Rubin Center for the Visual Arts, Texas, Museum voor Moderne Kunst Arnhem. Geboren 1978 in São Paulo, Brasilien. Künstler und Kurator. Lebt und arbeitet in São Paulo. Gruppenausstellungen u.a.: Biennale SIART, Bolivien 2009 und 2011, Museu da Fotografia Cidade de Curitiba, Brasilien 2012, Museu de Arte Moderna – MAM, São Paulo, Brasilien 2011. Bei der technischen Umsetzung kommen digitales Compositing, Video und 3D-Animation zum Einsatz, um ein Erlebnis aus Sicht des Astronauten, also aus der ersten Person zu ermöglichen (wie in einem First Person Shooter, in dem der Zuschauer sich im Mittelpunkt der Aktion befindet). Das Video endet mit einem visuellen Verweis auf Bildschirmschoner. Gemeinschaftsprojekt von Lorena Cardona und Sebastian Piciroli. Lorena Cardona, geboren 1974, lebt und arbeitet in Rosario, Argentinien. Abgeschlossenes Kunststudium, lehrt an der Escuela Superior de Diseño de Rosario. Seit 2004 leitet sie El Levante, einen Raum, der als Künstlerresidenz, Labor und Werkstatt für zeitgenössische Kunst fungiert. Sie wurde als Künstlerin zu Videofestivals in Irland, Argentinien, Brasilien, Chile und Paraguay eingeladen. Sebastian Pinciroli, geboren 1976, lebt und arbeitet in Rosario, Argentinen. Gründer des Studios DURDEN Digital Works, spezialisiert auf Videopostproduktion. Hat Kunst an der Universität von Rosario studiert. Einzelausstellungen u.a. im Museo de Arte Contemporáne in Rosario. Diverse Videoausstellungen u.a. in Argentinien (z.B. Monster!, Nuevo Video Argentino und Videodrome). 65 Sprache in Arbeit von Susannne Fasbender Fortsetzung von Seite 13 Differenz und Behauptung Unter diesen Titel möchte ich die Besprechung von drei Filmen stellen, von denen ich einen der „Differenz“ und zwei der „Behauptung“ zuordnen möchte, um sie unter diesen Aspekten zu betrachten. Alle drei Filme befinden sich in dem Block „Erinnerung zu Bildern setzen“. Es geht dabei um „Müphem“ von Süleyman Demirel, um „Tomo“ von Bakary Diallo und „familienvideo“ von Günter Baumann. Ein Denken in Differenzen ist für uns und besonders in der Praxis für KünstlerInnen gewissermassen zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Es liegt dem ein Wissen um die Unmöglichkeit einer objektiven Erkenntnis zugrunde. Es zeigt sich in der Kunst als Freiheit, Möglichkeitswelten zu schaffen, oder Ausdruck zu schaffen durch Kombinate von Widersinnigem. Oder auch in einem Sinne von Zeigen ohne zu offenbaren oder freizulegen, was in eine Art Schutzzone gehört. familienvideo von Günter Baumann. Ausschnitte von, so wie es aussieht, alten VHS-Aufnahmen, in einem Wechsel mit Bildschrift, die sich mit schwarz und wieder Bild und dem Wort, das sich einblendet in einem sich an den Rändern überlappendem Ablauf auftreten, so als wolle der Filmemacher sich an etwas herantasten, stumm, ohne Ton, man denkt an das Erinnern der stummen Fotografie. Bilder, die zur Erinnerung des Filmemachers gehören. Wir sehen vor allem das Rückblicken selbst, da ist die VHS-Oberfläche, sogar die durch Eindigitalisierung sichtbaren schwarzen Ränder werden zum Bild, das wir wiedererkennen. Erst nach einiger Zeit Ton, erst links dann rechts, Rauschen, Lachen, Musiksekunde, dabei lässt Günter Baumann „seine“ Bilder so im persönlichen unerkannt, das sie für das „Familienvideo“ an sich stehen können, für unser eigenes Familienvideo, das so vieles aufwirft, wenn man sich darauf einlässt. Es ist ihm mit „eigenen“ Bildern gelungen, ein Video über das Erinnern des Homevideos zu machen, zu dem auch die Materialität des Bandes gehört, dieses Zeithafte das allein schon in der visuellen Haptik des VHSBandes liegt. Das Erinnern der Videobilder, in denen solche erinnerte Räumlichkeit und Weite aufgeht, und doch das Schauen in die gewissermaßene Statik, zu der das Vergangene, Gelebte, zu der geliebte andere werden, was dem Vergangenen mehr einen Verlust im Unumkehrbaren und Unberührbaren gibt, den man im inneren Erinnern gar nicht so hat. Es ist einfach eine verdammte Täuschung, ein erst durch das Video zu absolut verloren Werdendem, diese sich bewegende und sprechende Rückschau. Wie schön und real sind dagegen die im alten Band entstandenen Bildstörungen, die einfach manches verschwinden lassen, wieder wegnehmen aus der Konservierung. Erst ganz am Ende des Videos die Geschichte, seine Erinnerung an den Vater, an eine Kommunikation mit ihm, die etwas offen gelassen hat, etwas unerfüllt 66 gelassen, an dem sich womöglich die ganze Liebe zum Vater oder die ganz eigene Beziehung anknüpft. Dieses Video ist durch seinen Schnitt und den Wechsel von Bild, Rauschbild, Ton, Schwarzbild und Bildschriften, Worten, zu einem sensiblen und differenzierten Werk über das Sujet des Films, und im besonderen des Zeigens und Schauens, des Machens von Lebensaufnahmen, an denen die TeilnehmerInnen mit immer einem Stück Leben beteiligt sind. Die Differenz in diesem Film muss nicht näher erklärt werden, liegt im Schnitt und dem bereits erwähnten Zusammenfügen und Auseinanderlassen der genannten Materien des Videos. In diesem Video ist kein Zeichen bedeutungslos und bedeutet mehr als es selbst und doch lässt es die Betrachter ihr eigenes Familienvideo verstehen. Müphem von Süleyman Demirel. Müphem ist schwer, farbenschwer, symbolhaft. Ich sehe in dem Film ein Bemühen darum, ein Bemühen um die Bebilderung einer Gewalt, die durch die türkische Armee ausgeübt wurde, zu finden. Dabei wurde nicht Bezug auf konkrete Geschehnisse hergestellt. Ein Bild für den Tod und den Verlust eines Kindes durch den Krieg zu finden und anderen verständlich zu machen, was es bedeutet, sein Kind zu beerdigen. Man will ergreifen und Betroffenheit erreichen. Der Film behauptet Schuldigkeit und Opfer und bebildert die Behauptung metaphorisch, symbolisch, um sie zu verstärken. Die Hände der Eltern, die sich über dem Grab verschränken, ein gemachtes Bild, aber es erzählt von etwas, dem wir meines Erachtens zuhören müssen. Er gibt einen Fühlweg fast vor, er will etwas bestimmtes sagen und ich als Betrachterin will es wissen, will dem Weg bereitwillig folgen, lasse mich auf die Gefühle ein, denn es passiert ja nichts. Gefühle sind ohnehin in gewisser Hinsicht nichts Wahres. Vielmehr ist real und „wahr“ eine Erfahrung von Gewalt. Hier geht es für mich nicht allein um Geschmack und um Einschätzung der Ästhetik. Nicht allein um die Reflexion des Mediums Film und die Frage, ob eine direktive filmische Fährte eine Sicht „vorschreibt“. Ich denke, es geht nicht um ein nur-in-Differenzen sprechen. Ich will einem Film folgen, ohne sogleich im Erkennen einer bedeutungsgeladenenen Bildsprache mein Urteil zu fällen. Erkenne ich z.B. ein Anliegen, etwas Drängendes auszudrücken, interessiert dieses mich, so betrachte ich einen Film unter dem Aspekt, dass nicht nur mein eigenes ästhetisches Verständnis Gültigkeit hat. Sich auf die dargestellte Fährte einlassen, und dabei eine Achtung vor dem Bildverständnis eines anderen entwickeln, denn die Bilder dieses Films sind für mich verständlich: Der Vater, der sein Kind im Arm hält. Ein wunderschönes Bild, das von Liebe und Verlust erzählt und man weiß, dass es Aktualität hat, für so viele Menschen. Dies ist genug für mich, um dieses Bild zu lieben, da ich dem Anliegen gegenüber kein Recht zu urteilen empfinde. Es geht eben nicht nur um den Austausch und das Betrachten innerhalb einer Übereinkunft des Ästhetischen, sondern auch darum, etwas zu Wort kommen zu lassen. Zumal ein Film jeweils auch vor seinem ganz speziellen historischen Hintergrund verstanden werden muss. Tomo von Bakary Diallo. Dieser Film ist die Darstellung eines durch Gewalterfahrung verstörten und in Panik geratenen, traumatisierten Mannes, der in seiner traumatisch psychischen Verwirrung in einem durch Krieg verwüstetes Gebiet in Südafrika ein von Geistern bevölkertes ehemaliges Dorf wahrnimmt. In Feuern lodernde Geister verrichten die eigentlich verstummten alltäglichen Tätigkeiten des verloren gegangenen Dorflebens. Auch hier geht es darum, Gewalt und der Zerstörung von Körper und Leben unbedingten Ausdruck zu verleihen. Es ist in meinen Augen gerade für die Kunst eines der schwierigsten Sujets, da die Frage von Schuld immer erstmal beteiligt ist. Ein Grundverständnis gegenüber bestehenden Gewaltverhältnissen liegt zugrunde, dass ich mich bei diesem Film wie auch bei Müphem angesprochen fühle als eine/r der vielen BetrachterInnnen, der als EmpfängerIn der „Botschaft“ diese Erzählung erzählt werden soll. Man will es an die weitergeben, die davon nichts wissen. Leider habe ich bis jetzt keine weiteren Hintergründe über Tomo gefunden, denn der geschichtliche Hintergrund wäre hier interessant. Mit den drei eben angesprochenen Filmen ging es mir um einen Versuch, die Unterschiedlichkeit von „Differenz“ und „Behauptung“ als Begriffsmerkmale auf die Betrachtung der Filme anzuwenden. Wenn die Begriffe vielleicht auch nicht ganz vollständig greifen. Es blieb in der Beschreibung und vielleicht sogar ein moralischer Appell, nicht eine eigene Wahrnehmungserfahrung in den Mittelpunkt zu stellen, sondern Filmisches auch als Sprache zwischen Kulturen zu verstehen, in denen etwas mit Bildern ausgedrückt werden will. Interview mit Robert Marcault von Veronika Peddinghaus. Robert Marcault erzählt von der Ergreifung seiner Familie im Jahr 1944, dem Transport in ein KZ und von dem, was er während seines Aufenthaltes in verschiedenen Lagern erlebt hat. Er spricht mit ruhiger Sachlichkeit. Er erzählt die Hölle. In Beschreibung der Vorgänge ein Tatsachenbericht aus der Hölle. Eine apokalyptische Erzählung der äußersten, Handlung für Handlung stattgefundenen, Entmenschlichung, die sich mit jedem neuen Tag, Tag für Tag an seinem wie er sagt „transparenten“ Körper und vor seinen Augen ereignet hat. Es ist so eine unglaubliche Erzählung, der man einfach zuhören muss. Es ist nicht allein die Gaskammer, die er nicht erlebt hat, wohl aber starben seine Eltern und Geschwister. Es ist die tagtägliche Arbeit in den unterschiedlichen Kommandos, bei denen tatgtäglich gestorben, gemordet, Körper zerhackt, zerquetscht, erschossen, immer alles neben der Arbeit, neben dem Fußmarsch, verhungert und wasserlos, bei -28 Grad mit wenig Kleidung arbeitend, sterbend, erfrierend, anderen nicht helfen dürfend, Lebende mit Gestorbenen auf Menschenhaufen lagen. Es ist die Erzählung von der lebenden Hölle unter der Sonne des Tages, die sich Minuten des Tages und der Nacht um ihn und an ihm No. 9 from Not Drowning, Just Waving Sally Grizzell Larson 67 ereignete. Er sprach davon, dass sich viele Überlebende danach das Leben genommen haben, weil niemand ihnen zuhörte und beendet seine Erzählung mit den Worten: “Ich widme Ihnen meine Zeit, weil ich befürchte, Sie könnten das Gleiche erleben, egal, ob Sie Jüdin sind oder nicht. So einfach ist das. Wie ich vorhin gesagt habe: in meinen Augen sind Sie das Licht der Welt. (zu Veronika Peddinghaus, weil sie ihm zuhört und die Geschichte durch den Film weitergibt. Anm. SF) In Zukunft müssen wir in Brüderlichkeit leben. Das Reden vom Frieden darf kein Traum bleiben, sondern muss eine Wirklichkeit werden, eine greifbare Wirklichkeit für alle Erdenbewohner. Man braucht den Anderen und der Andere braucht einen auch. Unterschiedlichkeit ist eine Bereicherung. Es wurden kluge Leute ermordet. ... Gucken Sie sich die Friedensnobelpreisträger an. Das hätte auch ich sein können. Damit möchte ich sagen: Den Anderen als anders zu betrachten, ist fatal. Fremde als anders zu betrachten, ist auch ein Verbrechen. Der Andere ist immer eine Bereicherung.” Was für ein wunderbares Fazit! Diesem wertvollen Film von Veronika Peddinghaus entnehme ich über Sprache nicht nur, wie bedeutsam und unersetzbar die mündliche Erzählung ist. Es sagt mir auch etwas über den Gebrauch der Sprache, die einem Vergessen dient, indem sie oft das Gegenteil beschwört. Wie unglaublich traurig ist es, dass trotz des Nie-wieder ein Dennoch, anders, weniger sichtbar, weniger verdichtet, etwas weniger sichtbar industriell und logistisch, weniger massenpsychologisch, eben ein anderes, über den Globus verbreitetes Töten der Anderen geschehen kann. Von der Totalität des Tötens zum fragmentierten Töten und Sterben lassen. Wären wir doch nicht nur symbolisch, sondern auch historisch auf die Knie gegangen, und hätten wir doch alles getan, dass nie wieder legitim getötet werden darf. Philosophie und Leben Zurück zum Denken. Die Philosophie ist eine Disziplin, wie andere auch, die Regeln folgt, die akademisch erlernt werden. Ihre Sujets begegnen mir als solche, die unser aller Existenz betreffen. Sie betreffen die Welt, die Zeithaftigkeit, die Räume, in denen wir leben. Das Erkennen der Welt, Vernunft, Ethik und Irrationalität, die Frage nach der Existenz und nach Un/Sinn des Lebens, nach der Bedeutung der Dinge, der Sprache, der Zeichen. Die Frage nach Wahrheit in den Begriffen, den Dingen und Sachverhalten, die Frage der Wahrnehmung, nach der Existenz des Subjektes und ohne Vermögen und Anspruch, Vollständigkeit zu leisten, zu guter Letzt, sehe ich in der Folge davon, die Frage danach, ob die Welt veränderbar ist. Und darum geht es mir. Es wurde erkannt, das wir nichts erkennen können. Das ist ja auch leicht zu verstehen. Unlogisch erscheint mir, dass sich praktisch ein Gültigkeitsanspruch vermittelt, der mit der Nichtwahrheit der Dinge und mit dem wertvollen und unbedingt notwendigen Dasein des Differenten und Vielgestalten eine unbedingte „Wahrheit“ beansprucht. Ich persönlich nehme einen Gültigkeitsanspruch 68 wahr, der der Idee der Vielheit von Wahrheit widerspricht - in Gesprächen, Berurteilungen, Konzepten und Artikeln. Gerade das entwickelte Bewusstsein von Nichtwahrheit und Widersprüchlichkeit der Dinge beinhaltet logischereise die Fähigkeit dazu, ein anderes Denken zu verarbeiten und mit anderem, das sich weniger vielgestalt ausdrückt innerhalb des Differenten umzugehen. Ich wünsche mir eine sprachliche Autonomie des Einzelnen, so dass er z.B. als relevant zu verstehende, wertende, ethische Ansprüche erheben kann. Mir scheint, als sei durch die Verortung der Tatsächlichkeit in das Systemimmanente und durch die theoretische Abschaffung der Identität des Subjektes das Sprechen in Form einer beharrlichen, eindeutigen Kritik an den bestehenden Verhältnissen diskreditiert worden, als würde man bei jenem Sprechen immer einem Bären aufliegen, in dem Glauben, dieses Reden wäre relevant gegenüber der “tatsächlichen”, von dem großen Prozessor namens System gesteuerten Macht. Es wäre doch eine wunderbare Bereicherung, würden wir wieder mehr in „echte“ Aussagen und Thesen verfallen, uns ihnen ernsthaft widmen, auch wissend, das sie sich einem Widerspruch aussetzen, der wiederum schöpferisch ausgetragen werden könnte. Es bleibt mir fremd, dass das Unbestimmte, Undefinierbare gegenüber einem Schrei der Wut, der einer Wirklichkeit, einem Erleben entspringt, sich so sicher wähnt und auf intellektuelle Überlegenheit pocht. betrachten, wenn es auch schwer ist. Es wäre ein Beitrag zur Sprache als das Haus in dem wir leben. Mit Blick auf prekäre Entscheidungen, wie z.B. der Änderung des Grundgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland in diesem Jahr, das den Einsatz des Militärs im Inneren erlaubt, auf das Erstarken der Bundeswehr, die im Jugendfernsehen dauernde Präsenz erhält und eine heile Welt propagiert, auf Rüstungsexporte, um nur einen minimalen Ausschnitt z.B. aus dem Bereich des Militärischen zu formulieren, ist doch eigentlich ein Unbehagen angebracht. Von Seiten der Universitäten höre und lese ich keinen Aufschrei des Widerspruchs gegen die Aufrüstung oder den politischen Zugriff auf die Subjektivität des Einzelnen. Man bleibt im intellektuellen Diskurs und kreist in den Problemen, die sich jenseits der politischen Wirklichkeit situieren. Es ist tatsächlich entmutigend, wie wenig besorgte Reaktion zu hören ist auch im Hinblick auf die Gewaltverhältnisse, die in Europa stattfinden. Denn es hat sich die Philosophie auf der eben beschriebenen Ebene, zugestandenermassen aus Laiensicht artikuliert, doch theoretisch beteiligt. Es läge in ihrer Verantwortung, Ergebnisse eigener Theorien zu erkennen. Vielleicht liegt es doch in einem bestimmten und theoretisch untermauerten Denken, das die Unmöglichkeit der Erkenntnis auf einer Ebene lokalisiert, die ein Nichtteilhaben begründet. So gesehen ist die fehlende Kritik aus Welt der DenkerInnen in Deutschland für mich eine riesige Leerstelle. Der Nachmittag des gleichen Tages. Leichthin bewegst du dich, und leicht bewegen sich Sand und Meer. Wir bewundern die Ordnung der Dinge, die Ordnung der Steine, die Ordnung der Helligkeiten, die Ordnung der Stunden. Aber dieser verschwindende Schatten und dies schmerzliche Element, das verschwindet. Abends ist der Adel Teil dieses Himmels. Hier duckt sich alles in ein erlöschendes Feuer. Abends. Das Meer ist lichtlos geworden, und wie in alten Zeiten könntest du im Meer schlafen. Dort wo Denkweisen über das Leben, das ich teile, wirkmächtig sind, möchte ich deren Potential ebenso wie das der anderen wirkenden Kräfte der Welt aus einer Verantwortung gegenüber einer Selbstbestimmung Die Hauptstadt der Schmerzen Eigentlich wollte ich ja am Ende des Textes wieder auf die Rückseite des Bildes von Heinz Hausmann zurückkommen. Mit seinen Zeichnungen von Filmstills, in denen es um Sprache geht: Es sind „Große Vögel, kleine Vögel“ von Pier Paolo Pasolini, „Made in USA“ und „Alphaville“ von Jean-Luc Godard, um den es nun noch einige Sätze geht. Um wieder zurückzukehren in das Schöne, Hoffnungsvolle und die Aussicht auf eine Weite: Die Dichtung als Zugang zum Außersprachlichen, zu dem, das das Leben spürt, erahnt, sich ihm auf unsprachliche Weise und doch durch Worte nähert: Ein Staat in der Milchstrasse, die Hauptstadt heißt Alphaville, die Sprache ist Wort für Wort vorgeschrieben. Anna Karina in der Rolle der jungen Natascha von Braun ist natürlich ganz darin gefangen. Das Schönste an dem Film ist die berühmte Szene, in der sie aus dem Gedichtband „Capitale de la Douleur“ (Hauptstadt der Schmerzen) von Paul Eluard liest und dabei „zurückkommt“. Ist das auch ein recht großer Sprung von Alphaville aus, so ist die „Hauptstadt der Schmerzen“ vielleicht eine Brücke zu etwas, das ich meine. Deshalb möchte ich diesen Text mit einem Gedicht von Paul Eluard aus „Capitale de la douleur“ beenden: [1]Walther Benjamin: „Kritiken und Rezensionen“ 1912 ? 1931, Gesammelte Schriften III, Frankfurt/M.: Suhrkamp Taschenbuch, 1991, [2],[3]: Ferdinand de Saussure: „Cours“, in: Sybille Krämer: „Sprache, Sprechakt, Kommunikation“, Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2001, S. 30, 33 [4] Walter Benjamin, “Über Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen”, in Gesammelte Schriften, Vol. II-1, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1991, pp. 140-157. [5] Hermann Kopp und Werner Seppmann, Hrsg.:„Gescheiterte Moderne? Zur Ideologiekritik des Postmodernismus“, Essen: Neue Impulse Verlag, 2002 [6] John B. Thompson in Pierre Bourdieu: „Was heißt Sprechen“, Wien: Braumüller, 2005, S.8 [7] Kasimir Malewitsch: „Vom Kubismus und Futurismus zum Suprematismus: Der neue Realismus in der Malerei“, in: Kunsttheorie im 20. Jahrhundert, hrsg. v. Charles Harrison und Paul Wood, Bd I, Ostfildern-Ruit: Verlag Gerd Hatje, 1998, S. 211, 215, 220 [8] John B. Thompson in Pierre Bourdieu: „Was heißt Sprechen“, Wien: Braumüller, 2005, S.10 [9] Pier Paolo Pasolini: „Freibeuterschriften“, Berlin: Klaus Wagenbach Verlag, 1978 [10] Paul Eluard: Hauptstadt der Schmerzen, Berlin: Karl H. Henssel Verlag, 1959, Titel der Originalausgabe: Capitale de la douleur, deutsch von Gerd Henninger Film und Sprache von Frauke Tomczak Fortsetzung von S. 55 hin zum „plastischen Bogen“. Das gleiche Motiv wiederholt sich in der Bildsequenz der immer größer werdenden Menschenmasse, die sich vorwärts bewegt und in ihrer Bewegung ihrerseits einen Bogen beschreibt, der mit Spiralbewegungen derselben Masse (auf einer Brücke) unterschnitten ist: der Bogen entwickelt sich zur Spirale. Diese Bildsequenz ist eine filmsprachliche Figuration für die dialektische Entwicklung der Menschheitsgeschichte! Jenseits jeder politischen Positionierung zur Einschätzung revolutionärer Bewegungen kann diese Übersetzung einer abstrakten Idee, der Idee der Gesetzmäßigkeit der menschlichen Geschichte als dialektische Bewegungsfigur, in die sinnlich anschauliche Präsenz filmischer Bilder als eine der kühnsten ästhetischen Herausforderungen an das Me-dium Film überhaupt gelten. Der Frage, ob sie gelungen ist, sollte die Frage vorausgehen, ob sie filmgeschichtlich jemals wieder in Angriff genommen wurde. Eisensteins Essay spricht weder diese Idee noch seinen Versuch einer ästhetischen Umsetzung an. Seine Beschreibung beschränkt sich auf die Jollensequenz und verfährt dabei betont filmtechnisch. Doch es sollte der Hintergrund der ästhetischen Dimensionierung, vor der die Frage nach der Textur des filmischen Bildes hier steht, zumindest angedeutet werden. Denn auch jenseits der Beschreibung Eisensteins sprechen beide Bildsequenzen von sich aus. Sie fallen eben auf durch ihre Textur, gemeint als Evokation einer wie sinnlich-spührbaren Atmosphäre: die glitzernde, in kleinen Wellen bewegte See bei Sonnenschein, die unzähligen schaukelnden Schiffchen, die gebauschten Segel – das ist ihre Textur, die beinah sensuelle Qualitäten entwickelt. Ähnliches gilt für die Sequenz der Massenbewegung. Auch ohne Voroder Hintergrundwissen fällt sie heraus aus dem Kontinuum der Bilder. Sie evoziert unmittelbare Aufmerksamkeit, weil sie rätselhaft ist, weil schon im Sehen die Frage entsteht, warum sie gezeigt wird. Das gilt besonders für den bis an den Horizont reichenden Bogen dicht gedrängter voranschreitender Menschen in Aufsicht. Zuletzt die Löwenmetapher: durch ihre Kürze springt sie den Zuschauer geradezu an. Das eigentlich Frappierende an ihr ist aber wiederum ihre Textur: die Löwen aus Stein. Das zweifache Haus der Sprache: Film und Sprache Der Semiotiker Georg Seeßlen beschreibt in seinem Internetblog9 am Beispiel der Filmpraxis von Jean Luc Godard, wie sich die „Codes“ – oder die Prozesse der Bedeutungsgenerierung – von Bild und Sprache / Schrift immer wieder abwechseln oder sich gegenseitig überlagern: der eine Code kommentiert den anderen, beleuchtet ihn oder leuchtet ihn kritisch aus. Auf diese Weise wird dem Zuschauer nicht nur die Möglichkeit gegeben, eine Distanz zum jeweiligen Medium und seiner Art der Signifikation zu gewinnen, sondern auch das Gesehene / Gehörte / Gelesene kritisch zu reflektieren. Eben das ist eine sinnliche Form der Erkenntnis: Ein Spatium des Erkennens wird geöffnet. Der Frage warum, ob bei Vertow, Eisenstein oder Godard, dieses Spatium, dieser Zwischenraum so kurz gestaltet ist, dass nur blitzartige Erkenntnissplitter möglich sind, kann hier nicht mehr nachgegangen werden. Wie atemlos ist die sinnliche Form des Erkennens? Oder sachlicher formuliert, welche Rhythmisierungen hat die Sprache, welche das bewegte Bild? Sowohl ihre Analogie als auch ihre Wechselwirkung waren Gegenstand dieses Textes. Der Kunstfilmtag wird, so steht zu erwarten, die gegenseitige Ausleuchtung und Widerständigkeit, in jedem Fall aber die Reflexion der Relation Filmsprache – Sprache / Schrift um eine Vielfalt an Gestaltungsvarianten bereichern. (Endnotes) (1) Zitierte Literatur: Maurice Merleau-Ponty, „Phänomenologie der Wahrnehmung“, übersetzt von Rudolf Boehm, Berlin 1966, S. 217. (2) Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, „Dialektik der Aufklärung“, darin: „Kulturindustrie. Aufklärung als Massenbetrug“, bes. S. 189 – 196, S. 194, in: Max Horkheimer, „Gesammelte Schriften“, Bd 5, hg G. Schmid Noerr, Ffm 1987. (3) M. Merleau-Ponty, a.a.O., S. 218. (4) Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, a.a.o., S. 192. (5) Karl-Dieter Möller-Naß, „Filmsprache. Eine kritische Theoriegeschichte“, Münster 1986, S. 5 (6) Die Semiotik entwickelte sich Mitte der 60iger Jahre aus der Linguistik, im Besonderen aus dem binären Zeichenbegriff Saussures, der das Zeichen in Signifikant (Bezeichnendes) und Signifikat (Bezeichnetes) unterteilt und damit zunächst das Wort in der Sprache meinte, die Sprache wiederum als System begriff. Die Semiotik dehnte diesen Zeichenbegriff aus, indem sie die gesamte menschliche Kultur als Kommunikation definierte. Umberto Eco bestimmt den Begriff Semiotik also folgendermaßen: Die Semiotik untersucht „alle kulturellen Vorgänge (d.h. wenn handelnde Menschen ins Spiel kommen, die aufgrund gesellschaftlicher Konventionen zueinander in Kontakt treten) als Kommunikationsprozesse“. (ders. „Einführung in die Semiotik“, 9 München 2003, S. 32). D.h. für die Semiotik sind das Essen, die Kleidung (Mode), die Architektur, die Reklame, ja auch die Liebe Systeme der Kommunikation und also Zeichensysteme, auch Codes genannt, die sie auf ihre Bedeutungen hin befragen kann. Herausragende Vertreter der Semiotik sind Roland Barthes, Umberto Eco und für die Filmsemiotik Christian Metz. Die Kurzschlüsse seiner Filmsemiotik, die zum Klassiker der Filmtheorie geworden ist, aufzuzeigen, darum geht es Möller –Naß in seinem oben zitierten Buch. (7) K. D. Möller-Naß, ebd. (8) Eisenstein „È!`Zur Reinheit der Kinosprache“, in „Texte zur Theorie des Films“, hg. Hans Josef Albersmeier, Stuttgart 1995, S. 62 und 66. (9) vgl. www.seesslen-blog.de 69 Erinnerung in Bilder setzen 18:55 Land of Neon Aki Nakazawa 2011 05:20 min Wired Eli Souaiby 2011 05:19 min I was back in Tokyo on 8th of April, 2011 to attend my grandmother’s funeral. While mass media reported about the catastrophe and radioactive contamination, there were scenes directly in my eyes. Laughing people in the slightly darken city, a big demonstration and my family under cherry blossoms....The vague weirdness and fear in the daily life are invisible but sensible now in the land of neon. ‘Wired’ is an investigation about the power of collective denial in one of the most overpopulated cities in Lebanon and the Middle-East. It questions the domination of denial in regards to the aesthetics of life and the connotation of living in a specific society. The idea of looking up into the wires connected to buildings on both sides and striping the open space brings out the history of the society woes and illustrates the background of people living in this particular space. Whether the cables are for Internet, electricity power or satellite the question remains: are we connected or just wired? Yamagata International Documetary Film Festival 2011, Aichi Art Festival (Japan), 28. Kasseler Dokumentarfilm und Video Fest, European Media Art Festival Osnabrück, International Film Festival Rotterdam *Köln 2012 Festival Sceening Clermont Ferrand, France *Beirut Bakary Diallo began the practice of visual arts and film at the conservatory of arts and multimedia, Balla Kouyate Fasseke Bamako where he directed the film ‘The Light’ (2010) which sets itself up against the dictatorship and staged people represented by the lemons that is struggling to achieve democracy. ‘The leaves of a time’ (2010) is a tribute to the woman, filigree, around the theme of childhood memories. In 2010, Bakary Diallo returned to Fresnoy National Studio of Contemporary Arts to realize the films ‘Dankumba’ (2011) and ‘Tomo’ (2012). Tomo: deserted territory because of the war (in Bambara), it addresses in a symbolic way the violence of war and psychological problems associated with it. With both films he earned the degree of Fresnoy with honors unanimously. *France andersartig Dennis Stein-Schomburg 2011 04:30 min Ein Kind ist anders als die anderen. Durch ihre Verträumtheit und verspielte Art passt das Mädchen nicht in das allgemein gültige Muster der angepasst lebenden Waisenkinder. Ihre Andersartigkeit macht das Mädchen zunehmend einsam, rettet sie jedoch letztendlich. familienvideo Günter Baumann 2012 06:45 min Hello Bambi Faiyaz Jafri 2011 06:09 min da ist etwas, das mein vater mir zeigen will ob er die kamera hält oder meine mutter kann ich nicht mehr sagen er zeigt auf einen vogel oder einen berg oder ähnliches er sieht etwas und will mich dazu auffordern es auch zu sehen aber ich scheine irgendwie nicht bei der sache will nicht sehen und plötzlich verändert sich etwas in seinem tonfall alles was ich jetzt noch erinnere ist dass er (der tonfall) irgendwie weicher wird, verletztlicher jedoch auch schärfer und eindringlicher und dann habe ich den clip längst beendet vor seinem eigentlichen schluss Snow White’s final dream on her way to the emergency room. Film: Günter Baumann, Material: Dietrich Baumann, Gudrun Schoebert-Baumann entstanden im Rahmen des szenischen Projekts “Wo Bilder denken und Worte sehen”, Film-Essay, Radio-Essay, Text-Essay von Georg Seßlen und Markus Metz am Institut für angewandte Theaterwissenschaft 2012 *Gießen Awards: Winner Best Animation, Big Apple Film Festival (2011) Third Price Animated Film, The Los Angeles New Wave International Film Festival (2011) Best Edited Animated Film, The Los Angeles New Wave International Film Festival (2011) Honorable Mention, Queens World Film Festival (2012) Finalist, Los Angeles Animation Festival (2012) Official Selection: The Bornshorts Film Festival (2011) Atlanta Shortfest (2011) Atlanta Underground Film Festival (2011) Animest (2011) Banjaluka International Animated Film Festival (2011) Big Apple Film Festival (2011) The Los Angeles New Wave International Film Festival (2011) Leeds International Film Festival (2011) Queens World Film Festival (2012) Los Angeles Animation Festival (2012) Pictoplasma (2012) AniFest (2012) Chile Monos (2012) The Pineapple Underground Film Festival (2012) Scratch International Animation Film Festival (2012) The British Animation Film Festival (2012) New Filmmakers (2012) Fantasia (2012) Priverno (2012) Mumia (2012) Animaldicoados (2012) Klik! (2012) *New York Goldener Herkules 2011, Deutscher Nachwuchsfilmpreis 2011, Short Tiger Award 2012 über 40 nationale und internationale Festivalteilnahmen *Memmingen Müphem Süleyman Demirel 2012 05:31 min In Turkey, the future is vague, but it is determined by birth. Turkey’s militarist history is a part of Turkish citizen’s future. In Turkey, there is a phrase: “Every Turk is born a soldier.” Born in 1988, Kirikkale / Turkey. Interested in short films since 2009. He graduated from Middle East Technical University Foreign Language Education Department in 2010. He is now a graduate student at Ankara University, studying journalism and filmmaking. He works at Gisam (Audio Visual Systems Research and Production Center). He has directed two short films: Normal (2010) and Müphem / Vague (2012) *Ankara 70 Tomo Bakary Diallo 2012 07:00 min Tomo is an imaginary tale, it evokes the literal word of Bambara: a deserted territory because of the war. Conflict either armed or in mind. This is the story of a psychologically disturbed character by his experience of violence. He leaves his room and moves through a village ravaged, abandoned. It is inhabited by the spirits of those who lived there. They are represented by ghosts, specters in flame and smoke. They perform the everyday movements closer to reality. Macht-Unmacht Nesha Nikolic 2012 02:14 min Ein Video von einer Kunst-Performance mit eigener Poesie. 2011 The Postcard, Rosen-berg Gallery, New York, “The Hades Trilogy”, Nacht der Museen, Düsseldorf, “Digital Jesus”, Foyer, Düsseldorf *Köln 71 Ä.I. - Äusseres Innen Tobias Bieseke 2011 08:00 min Elias hat sich in der Zwischenwelt verloren. Er folgt Helen in die Träume und verlässt seinen Körper. In der Virtualität ist er nun gefangen. Obwohl er die Zeit überwunden hat, wird er als Zeitreisender durch die Träume irren, aber er sehnt sich nach den Freuden der Vergänglichkeit. Eine surreale Reise durch mehrere mediale Schichten: Videospiel, Video, Film und Internet. Zeit, die nach Bewußtsein sucht, während der medialen Entkörperlichung. Der Film entstand in einem Experimentalfilmkurs an der FH-Dortmund unter Harald Opel. Die Kamera und das Filmmaterial wurden von der FH-Dortmund gestellt. Ausserdem erhielt der Film Materialunterstützung von der Firma Bernsau und Partner (Werbedesign Büro). Das Konzept war es, Film-, Videospiel-, Foto-, Fernsehen- und Computermaterial zu sammeln, wobei jedes Medium auf seine spezifischen Fehler aufmerksam macht. Videospiele mit Fehlberechnungen, Film mit Kratzern und Verwaschungen, Fernsehen mit Bildstörungen bzw. Sendefehlern und Computermaterial mit fehlerhaften Streams. Diese sollten die Basis für mediale Verbindungen sein. Diese Materialen wurden zusammen inszeniert mit den Schauspielern und final auf 16mm Farbfilm gedreht und am Schneidetisch geschnitten. So entstehen die zahlreichen Bild-im-Bild-Welten. Dabei gab es Frames, die so oft abgefilmt wurden, dass sie in der Tiefe nur noch Weiss waren und in der Summe all ihrer Informationen nichts mehr sind. Ein Materialfetischismus, bei dem der Filmstreifen direkt am Ende noch behandelt wurde mit Farben, Schleifpapier und Ätzmitteln. Ein haptischer Umgang mit den Filmmaterialien. ihn in ein Gefängnis der Bedürfnisslosigkeit. Äusseres Innen ist wie ein binärer Code, bei dem 0 Aussen ist, ein abgeschlossener Kreis ohne Anfang und Ende, und 1 ist Innen, eine endliche Linie die sich zwischen zwei Werten befindet. Existenz und Nichtexistenz. Das Streben des Menschen, durch seine Bilder der Ewigkeit zu widerstehen, um sich mit seinen Ideen zu konservieren, um dem Tod zu trotzen. Die Filmlichter werden zu Geistern seiner Zeit. Tobias Bieseke ist ein junger Filmmemacher, der seinen Platz in der Filmwelt noch sucht. Er befasst sich intensiv mit Experimental-, Spiel- aber auch Animationsfilm. Seine Inhalte versuchen oft neue Sichtweisen zu bauen, aber auch Unsichtbares sichtbar zu machen. Zwischen Publikum und Kunst stellt er Verbindungen her, um Zugänge zu schaffen. Er arbeitete an zahlreichen Projekten der Kunsthochschule Kassel mit, drehte experimentelle Dokumentationen bei Action Pantingactionen in Galerien und arbeitete mit klassischen Erzählmustern in Kurzfilmen. Seit 2009 studiert er an der FHDortmund unter Adolf Winkelmann, Fosco Dubini und Harald Opel. *Dortmund ein käfig ging einen vogel suchen Ertan Erdogan 1994 09:00 min River Clowns Cian Donnelly 2012 02:46 min Leere Jisoo Kim 2011 04:36 min Ein Junge befindet sich auf der Spurensuche nach einem Mann, dessen Existenz unentrinnbar mit seinem Schicksal verbunden ist... *Düsseldorf ‘River Clowns’ is a short, experimental video I made, using my artist’s studio as a set. My paintings, sculptures, and drawings are absorbed as props within the fictional space this video creates. I was interested in bringing to life the ambiguous charge of my works on paper; as moving image and performance to camera. This involved the use of masks, hand-made costume, and the consideration of the principal character’s movement. The digital file is graded to appear aged. Ein Tauber, der Angst vor Leuten hat, die sprechen können, will von der Angst befreit werden. Eines Tages angelt er am Flüßchen, aber er leert seine Schale, die mit Fischen gefüllt ist. Dann schlägt er die leere Schale und die Schale schallt. Am nächsten Tag wird die leere Schale von ihm auf dem Flüsschen losgelassen. Performer: Alessandra Giacinti Score: Cian Donnelly, Camera: Cian Donnelly; Cian Donnelly is an artist working with drawing, painting, sculpture, song, performance and video. Recent exhibitions of work have been shown at CCA, Derry, Northern Ireland, Five Years, London, and Gallery North, Newcastle, U.K. He has exhibited both nationally and internationally, with work shown at The British School at Rome, Italy, The Katzen Centre, Washington D.C., U.S.A, the R.H.A., Dublin, Ireland and The Ormeau Baths Gallery, Belfast, N. Ireland *Dublin Die Arbeit ist noch nicht außerhalb der Akademie (Kunstakademie Düsseldorf Anm. d. Red.) ausgestellt worden. *Düsseldorf Der Film will die mediale Entkörperlichung des Menschen durch die digitale Revolution thematisieren. Sinnverlust durch Avatare erschaffen ein gestörtes Verhältniss zur Realität und erzeugen Bildverwechslungen in der Wahrnehmung. Der Protagonist Elias verliert den Bezug zu seinem Körper und sucht in den elektronischen Bildern nach der schönen Helene, die wie ein Phantom durch seine Träume schleicht. Doch ist Helene wie ein gespiegelter Gegenpol, eine Fiktion, die Elias’ Vorstellung von etwas Perfektem verkörpert. Umso weiter Elias in die Bilder geht, umso realer wird Helene. Jedoch geht er zu weit, wodurch er nicht mehr zurück aus den Bildern kommt. So wird Elias ein verirrter Traum, der sich von dem perfekten Ideal seiner Vorstellung nicht frei machen konnte. Die Suche nach dem Vollkommenem hat ihn von der Welt abgeschnitten und sperrt 72 73 Ich habe es satt… …den Leuten zu erklären, was ich in näherer Zukunft vorhabe und wie ich später meinen Lebensunterhalt verdienen werde. …mit manchen Menschen über „brotlose Kunst“ zu diskutieren und Spekulationen über Möglichkeiten sein Geld zu verdienen. …darüber zu sprechen welcher Weg denn der Bessere sei, der der Vernunft oder der der Leidenschaft. …mich gegenüber Menschen zu beugen, welche nichts von der Kunst wissen wollen und darüber hinaus Dinge als nichtig zu erklären, welchen ich in meiner Wirklichkeit eine hohe Bedeutung zukommen lasse. Kurzum in Lügen zu sprechen. von Philipp Röcker Hütchenspieler 01-08 Philipp Röcker 74 75 Wider und wieder sagen zu dem die smax-Kuratoren Carla Donauer und Alexandra Landré die Künstlerin Frauke Dannert eingeladen haben. 20:35 Fama Joachim Rüsenberg 2012 07:00 min Italy Laboratory Marcantonio Lunardi 2011 02:16 min Co-Produktion mit dem Künstlerverein Onomato; In dem HÖR-Stück beziehe ich mich einerseits auf das gleichnamige Bild in Ovids Metamorphosen - andererseits auf eine Reihe von Tonaufnahmen, die ich vor 20 Jahren im KVM im Zusammenhang mit der Bewegung “Rettet den Malkasten“ und meinem Arte-Film INVENTUR gemacht habe. Bindeglied ist das Motto: Sprache sei das Haus, in dem wir leben. Bei Ovid ist dieses Haus eher eine Ruine, in der alles auf Durchzug (von Stimmen) gestellt ist: “Tausend Zugänge gab sie dem Haus und unzählige Luken, keine der Schwellen schloss sie mit Türen; bei Nacht und bei Tage steht es offen, ist ganz aus klingendem Erz...“ Dem KVM bin ich zunächst begegnet als einem Haus voller ganz unterschiedlicher Interieurs, und aus gegebenem Anlass wurde sehr viel gesprochen in den Sälen, Kabinetten, auf den Treppen, in Küche und Keller. Auch Fama zog wohl nicht selten durch das Gemäuer. “...und das Ganze tönt, gibt wieder die Stimmen, und was es hört, wiederholt es. Nirgends ist Ruhe darin und nirgends Schweigen im Hause...“ A voice in control, an image in black and white. An aseptic, scientific environment, similar to the object on the foreground. The main characters in this work by Marcantonio Lunardi are three small worms which fight in order to avoid falling down a vial placed below them. However, they are not alone, as there is also the strong, charismatic voice of a politician who has been omnipresent on the parliamentary life in Italy for the past twenty years: Silvio Berlusconi. The artist has chosen not to show his face. His voice, his discourse is all that remains. The delay between what is heard and what is seen creates a short circuit which helps us in understanding the meaning of what the politician is saying; the animals, thus, become a metaphor for the Italian people. “Laboratoire Italie” is the strong image of a Country that struggles against an economic but mostly moral crisis where art seems to be the only way to assert disagreement. Director, documentarist, Marcantonio Lunardi has practiced, since the beginning of his experience, a contamination of visual techniques, which is the most significant feature of his work. *Bagni di Lucca Studium Malerei und Film an der Kunstakademie Düsseldorf. Seit 1979 Produktion von Fernsehdokumentationen mit LERM-FILM; verschiedene Filme als Autor, Regisseur und Kameramann für ZDF, WDR, NDR, arte und 3sat. u.a.: 1993 “INVENTUR“, ein Film über den Künstlerverein Malkasten. 1989 Adolf-Grimme-Preis für Regie. Seit 1992 Beschäftigung mit Klangkunst und Arbeit an AKUSTISCHEN PROJEKTIONEN. Aufführungen an öffentlichen Orten, Galerien und Museen *Düsseldorf Kataster Frauke Dannert 2012 03:46 min Es ist zumeist der alltägliche, sprichwörtlich beiläufige Blick, der uns eine Stadt erschließt. Treffen individuelle Wahrnehmung und tatsächlicher urbaner Bestand aufeinander, mag ein Bild entstehen, das die Komplexität städtischer Systeme zu einem handhabbaren Vorstellungsgut schrumpft. Diese Bilder sind vielfältig kommunizierbar und dienen gleichsam der ganz persönlichen Aneignung von Lebenswelt. Ausgangspunkt der künstlerischen Arbeit ist das leerstehende Rathaus an der Meerstrasse, dessen Zukunft ungewiss scheint. Gleichwohl das Gebäude nach wie vor im Stadtkontext präsent und in seiner vormaligen Funktion für die Einwohner von Moers vertraut ist, weist es sich gegenwärtig als faktisch nutzloser Raumkörper aus. Aber hat sich damit auch das Bild von dem alten Rathaus in den Köpfen der Menschen gewandelt? Findet das Gebäude eine neue Identität oder bleibt es eine Hülle der Erinnerung? Zielen die Arbeiten von Frauke Dannert auf die Dialektik von Architektur und Raum, die häufig aus gesampelten und collagierten Versatzstücken der modernen und postmodernen Architektur zu abstrakten Bildkompositionen zusammengefügt werden, begreift sie das alte Rathaus als ein StadtObjekt, in dem sich Architekturkonzepte, Nutzungszusammenhänge und der planerische Umgang mit urbanem Raum gleichermaßen manifestieren. Diesem realen Gefüge setzt Frauke Dannert mit dem Film Kataster ein bewegtes Bild gegenüber, das gewonnen wurde aus ungewöhnlichen Perspektiven auf das Gebäude. Mit einer ferngesteuerten Drohne konnte das gesamte Bauwerk abgeflogen und überquert, gewissermaßen visuell vermessen werden. Ergebnis ist eine dreidimensionale Dokumentation des Rathauses, die dann im künstlerischen Prozess verändert wurde, so dass die Architektur sich letztlich transformiert in ein Modell. Damit siedelt der Film in der spekulativen Lücke zwischen architektonischer Idee und realer Erfahrung des Ortes. Denn entspricht der Bau in seinen Materialien und der verschachtelten Geometrie weitestgehend den Vorstellungen des Modernismus, so erschloss er sich in seiner Betrachtung (und Nutzung) nie als Ganzes, sondern immer fragmentarisch. Kataster verschiebt mit der künstlerischen Aneignung des Gebäudes die Verhältnisse und bietet eine neue Perspektive, die ein überraschendes Bild hervorzurufen vermag. Ein Bild, das ganz gegenwärtig nachdenken lässt über Geschichte, Funktion und Bedeutung des ehemaligen Rathauses. Frauke Dannert (Herdeke, 1979) studierte an der Kunstakademie in Münster, der Kunstakademie Düsseldorf und am Goldsmith College in London. In ihren Arbeiten verwendet sie Collagetechniken, um unser Verständnis von Raum und Bild zu verstören und somit zu hinterfragen. Lebt und arbeitet in London und Düsseldorf, 2001-04 Studium der Freien Kunst, Kunstakademie Münster, 2004 -10 Studium der Freien Kunst, Kunstakademie Düsseldorf, 2009-11 Master of Fine Arts, Goldsmiths College, London *Düsseldorf / London Der Leviathan Weisser Westen 2012 04:18 min Der Leviathan sagt: meine Musik sollst du hören, ich gebiete es! Gib mir dein Geld, Ich gebiete es, gib mir deinen Glauben ich gebiete es! Sie nennen ihre Band “Weisser Westen”... (Zitat Helga Meister). Weisser Westen, die Mischung aus Weisser Weste, Wilden Westen und anderen Himmelsrichtungen. Weisser Westen sind Angela Fette und Phillip Schulze. Kamera: Johannes Hahn Schnitt: Phillip Schulze, Raumgestaltung: Jan Kämmerling, Hannes Norberg, Karsten Weber, Support: Jan Bonny, Guido Münch, Alexander Wissel www.weisserwesten.com *Düsseldorf he who had liberated his mind still has to purify himself Florian Meisenberg 2012 05:03 min Der Film ist eine Computerbildschirmaufnahme, die mich dabei zeigt, wie ich im Programm Photoshop das berühmte Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch mit dem Stempelwerkzeug in einen Kreis verändere. Born in Berlin, Weltmeisterschüler von Peter Doig *Brooklyn Den Zusammenhang von Stadt und visueller Rezeption im Prozess individueller Bildfindung exemplarisch zu erproben, ist Grundlage für ein Kunstprojekt in Moers, 76 77 AXIOM Sally Grizzell Larson 2010 01:00 min Textprobe zu Ricardas Lament Susanne Fasbender 2012 05:01 min Two Islands Jan Ijäs 2012 05:15 min Now, Listen! Dominik Dusek 2011 03:00 min UT Otto Müller 2012 00:32 min The Pharma-Industry Kenneth Keen 2012 03:03 min Manufactured forms are geometric and we respond to geometry because geometry communicates to us a feeling that some higher dispensation is being subserved which thus becomes a pleasure of the mind and a feeling that we are satisfying the laws that govern our being Einige Gedanken über das Denken. Textprobe zu dem Film: “Vom Anderen / Ricardas Lament” (Arbeitstitel) 2012. Der Film wird realisiert im Rahmen des Filmlaboratorium Düsseldorf „Fresh Kills“ auf der Insel Staten Island ist eine gigantische Mülldeponie. Auf der Insel Hart Island befindet sich ein Armenfriedhof („Potter’s Field“ heißen die Armenfriedhöfe im englischen Sprachraum) mit mehr als 800.000 Leichen. Beide Inseln liegen unmittelbar vor New York. “Compassion is sometimes the fatal capacity for feeling what it is like to live inside somebody else’s skin. It is the knowledge that there can never really be any peace and joy for me until there is peace and joy finally for you too.” (Frederick Buechner). Auf den Bierdosen ist als Wahrzeichen der Canaren ein Canarischer Hund. Die meisten Hunde liegen hier in Ketten, frisch von der Leine *Mala ES This is an art video combining video and super 8 formats. With music composed and sung by Gigi, a young musician who styles himself much on the late Michael Jackson and blended with film material from the “Art From The World” archive. It follows the journey across the whole of USA beginning in the far west, Hawaii with scenes of lavaflows over streets. Moving on to Los Angeles it shows the large skyscrapers owned by pharmaceutical research companies and graphics appear echoing the words sung by Gigi asking the viewer to think again about trusting the doctors who prescribe us all drugs. The scenes vary from ghettos to motorways with graffitti walls and other everyday symbols of modern life. Gigi’s face is seen through the fast collage of these varied scenes, singing with conviction and also charm - he appears emotionally involved in what he sings about and both the graphics and background scenes complement his words visually forcing the viewer to take this matter seriously. Letzte Ausstellungen: iraqimemorial.org at Works/San José, California, USA, The Elizabeth Foundation for the arts, NYC, Im Sucher / Wahrnehmung III / Hochbunker, Köln, Grosse Kunstausstellung NRW 2012, Museum Kunst Palast Düsseldorf *Düsseldorf The rhythm of clapping hands, the repetition of images in equally timed segments: We are lulled and seduced. Like any other highfunctioning receptor, the human brain is indiscriminate about what it picks up. How then do we resist the seemingly benign when we’re mesmerized by it in spite of our better judgment? Sally Grizzell Larson is an independent visual artist. Screenings of her video works include 11° FILE (Electronic Language International Festival), São Paulo; Berlin International Directors Lounge; Rencontres Internationales Paris/Berlin/Madrid; Alternative Film/Video Festival, Belgrade; Big Screen Project, New York; Smack Mellon Gallery, Brooklyn; NewFilmmakers NY, Anthology Film Archives; and the National Museum of Women in the Arts Festival of Film and Media Arts. Her video CERTAIN WOMEN was awarded “Best of FestivalExperimental” at the Berkeley Video and Film Festival in 2006. AXIOM was awarded “Best in Category: The Medium is the Message” and Third Place overall at the Toronto Urban Film Festival in 2010. *Philadelphia J14 Friedemann Banz/ Giulia Bowinkel 2012 11:51 min “J14” ist eine Collage von Interviews, die während der sozialen Proteste 2011 auf dem Rothschild Boulevard in Tel Aviv, Israel aufgenommen wurden. Dort hatten zuletzt 400 000 Menschen ihrer gemeinsamen Vision von einer sozialeren Zukunft Ausdruck verliehen. Für einen kurzen Moment wurde auf dem Rothschild Boulevard Gesellschaft nicht gelebt, sondern gespielt. Die Teilnehmer berichten. Two Islands - (Staten Island & Hart Island, NYC) is a film about two enormous waste dumps in NYC, the first one is now a closed ordinary waste dump, which at one point was the largest in the world, the other is a cemetery of unknowns, still in use. Two Islands bluntly asks: what does the existence of these two huge mountains of economic and social waste and rejected surplus tell about our civilization and about the ‘richest nation in the world’, and what kind of legacy will the archaeologists see in them when they are studying these a few centuries from now? Lives and works in Helsinki, Finland, Aalto University Helsinki, School of Art and Design, Jyväskylä University, Art education and Creative Writing; Awards: 2012 Jury award, Spring Exhibition 2012, Charlottenborg Kunsthal, Denmark 2011, Risto Jarva-Prize, Tampere International Film Festival, Finland, 2010 Best Documentary Film, AFF (Artova Film Festival), Helsinki, Finland 2009, Grand Prix, Kratkofil, Bosnia and Herzegovina International Short Film Festival *Helsinki Filmmaker, fencer, photograph... Even if I am young, my creative potential was demonstrated in many competitions and I received some awards. My interest leads also on the new mediums and technologies, in the social environment. I am strongly interested in film creating as well as in theatre and cinema projects and in various artistic areas. *Luxembourg (LU) / Hradec Králové (CZ) Making films for British, German, American, and Japanese markets since 1986 in all formats from Super 8 through 16mm and Beta etc. important is the creation - selling can be taken care of by others. *Düsseldorf Gruppenausstellungen (Auswahl): 2012 “Bronner Residency - Die Stipendiaten”, KIT - Kunst im Tunnel, Düsseldorf 2012 “BYOB”, NRW Forum, Düsseldorf 2012 “W1111”, Transmission, Düsseldorf *Düsseldorf 78 79 Two Islands von Jan Ijäs „Two Islands“ ist eine Kurzfassung des sich noch in Arbeit befindenden Films „Three Islands“ von Jan Ijäs. Dies ist der vollständige Text der Voice Overstimme aus dem Skript des Films. s. S. 78 Hart Island New York is the only major American city to maintain a separate public burial ground for its strangers, for those who die alone and unclaimed or for whom nobody is willing or able to afford a private funeral - a potter’s field. (Im englischen Sprachraum bezeichnet der Begriff potter‘s field (Töpfersacker) allgemein Armenfriedhöfe und Grabstätten, auf denen Unbekannte, Selbstmörder und ungetauft verstorbene Kinder beigesetzt wurden. Ein bekannter Friedhof dieser Art befindet sich auf Hart Island, einer zum New Yorker Stadtbezirk Bronx gehörigen Insel im Long-Island-Sund. Anm. d. Red. Quelle: Wikipedia) Since 1869, lonely, homeless, nameless and poor inhabitants of New York have been buried on the Potter‘s Field of Hart Island. In the 18-hectare mass grave, approximately one million people have been buried. Four times a week, from Monday to Thurday, a ferry sails here from the penintentiary island, Riker‘s Island. The ferry transports prisoners who carry out burials. They call themselves the Death Patrol. The pay is 50 cents per hour. The burial is done in holes that the convicts have dug with tractors. The holes are 6 meters wide, 20 meters long and 2 meters deep. Babies and newly-born infants are buried in wooden bo80 xes the size of a shoe box, five on top of each other, twenty in a row, one thousand children in the same grave. lization. It is more significant than the Valley of the Kings, the Tikal Temples or the ruins of Pompeii. On the sides of the small boxes there are pink tags, with names written on some of them: Liz, Eileen, Sam... In some, the only text is F/C – Female Child – or M/C – Male Child. It is claimed that the Long Wall is the only human construct that can be seen from space with the bare eye... This landfill is equally visible in space. On each small box the age is marked down – two hours, newly born, five days... ”Baby Gonzalez, age 5 minutes.”, ”Unknown male, white, noticed floating on the Hudson at 254th Street.” The adults are buried in 54-dollar pine tree boxes made of raw planks, three on top of each other, 50 in a row, in mass graves of 150 corpses. In the same holes, also amputated body parts are buried. These boxes have the text: ”refuse”. Fresh Kills Staten Island, New York… The highest spot of the North American East Coast, the largest human-built monument in the United States. And the biggest landfill in the history of humanity. Archeologists say that Fresh Kills is the most important archeological treasure of our civi- The name ”Fresh Kills” comes from the Flemish language and it means ”Fresh Stream”. The Fresh Kills landfill was founded on Staten Island in 1948. It is 890 hectares in area, 3 cubic meters in volume and weighs approximately 100 million tons. Still at the end of the 1990‘s waste was transported on boats and trucks through the five gates, 13,000 tons per day, 4.5 million tons per year... Typewriters, dolls, cigarrette stumps, lawnmowers, tampons, yoghurt cans, office chairs, potato peels, nail clippers, dead rabbits, halfeaten hamburgers... 24 hours a day, million stories from all over New York. Fresh Kills produces 3% of all methane gas produced on earth and it leaks four million liters of polluted water per day into the New York City harbour. A major part of the industry on Staten Island receives its energy from Fresh Kills, for example the jail situated nearby. By the turn of the millennium, the landfill had grown too big. Aeroplanes could no longer approach the international Newark airport in New Jersey safely. Fresh Kills was closed down in 2001. Three months after closing down of Fresh Kills, the gates of the landfill were opened once more in September 2001. 1.2 million tons of demolished ruins of the World Trade Center were brought in. The towers were buried on a 70-hectare area. Fresh Kills became the biggest burial monument in world history. It is 25 times the size of the Khufu pyramid in Giza, and forty times the size of the Teotihuaca Sun temple in Mexico. In our times of recycling, no archeological treasure of this kind can ever be created again. Landfills such as Fresh Kills will never fully decompose. It will be the last monument of this size left of our times. 81 killing Lars Breuer 82 83 Tonfall der Differenz 21:35 4’33” The Movie Vicki Bennett 2012 04:59 min You Hear Something Julia Charlotte Richter 2011 07:45 min If something is boring after two minutes, try it for four. Inmitten einer Wohnsiedlung sitzt ein junges Mädchen in einem Garten am üppigen Teich. Immer wieder spricht sie zum Betrachter und erzählt, was mit dem Körper passiert, wenn ein Mensch stirbt. Zwischendurch werden die Pflanzen- und Blumenbeete gegossen. “you hear something” hinterfragt, wann Erfahrungen mit dem Tod als gesellschaftlich nachvollziehbar empfunden werden, und wann unsere Akzeptanz vom Sterben-Sehen irritiert wird. *Berlin Since 1991 British artist Vicki Bennett has been an influential figure in the field of audio visual collage, through her innovative sampling and appropriating of found footage and archives. Using collage as her main form of expression, she creates audio recordings, A/V performances, films and radio shows that communicate a humorous, dark and often surreal view on life. These collages mix, manipulate and rework original sources from both the experimental and popular worlds of music, film and radio. People Like Us believe in open access to archives for creative use. In 2006 she was the first artist to be given unrestricted access to the entire BBC Archive. People Like Us have previously shown work at Tate Modern, The Barbican, Sydney Opera House, Centre Pompidou, Maxxi in Rome and Sonar, and performed radio sessions for John Peel and Mixing It. The ongoing sound art radio show ‘DO or DIY’ on WFMU has had over a million “listen again” downloads since 2003. The People Like Us back catalogue is available for free download hosted by UbuWeb. *London Eine Passage Mina Bellack 2012 02:30 min That Fatal Sneeze Familionär Stefan Lux 2012 01:02 min Solitude in Year Zero Jan Ijäs 2012 01:15 min aus: “Der Spaziergang” von Robert Walser, 1917; ein Avatar spricht eine Passage aus dem Text von Robert Walser. Der Ich-Erzähler beobachtet, analysiert und beschwert sich “über Prahlerei”, über die goldene Firmeninschrift eines Bäckermeisters: “... abscheuliche Großtuerei haben an irgend einer Ecke, in irgend einem Winkel der Welt, zu irgend einer Stunde angefangen ...” “That Fatal Sneeze Familionär” ist eine kurze Sequenz von zwei repititiv in schnellem Wechsel in die Kamera gehaltenen Ausdrucken und einem Stück beschädigter Wand, das zwischendurch sichtbar wird. Auf dem einen Ausdruck ist eine Textstelle aus der Abhandlung “Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten” von Sigmund Freud zu sehen, in der Freud einen Wortwitz aus den “Reisebildern” von Heinrich Heine analysiert und die Synthese der beiden Wörter “familiär” und “Millionär” grafisch wie eine mathematischez Gleichung umsetzt. Der andere Druck zeigt ein Filmstill aus “That Fatal Sneeze”, ein britischer Stummfilm von Lewin Fitzhamon aus dem Jahr 1907. Zu sehen ist hier der Ausschnitt aus einem Zimmer mit Fenster und Vorhang. Die Motive der beschädigten Wand und des Zimmers setzen das im Textbild begonnene assoziative Spiel fort und werden zu Elementen eines rythmischen Lichtspiels. *Berlin / Wien Technology is connecting us and we can communicate via smart phones over seas, but sometimes this same technology seems to separate us. Solitude is an ”update” film and it is shot in Mexico by smart phone. 1992-98 Kunstakademie Münster, Hochschule für Bildende Künste 1998 Meisterschülerin von Timm Ulrichs *Düsseldorf Lives and works in Helsinki, Finland Aalto University Helsinki, School of Art and Design, Jyväskylä University, Art education and Creative Writing Awards: 2012 Jury award, Spring Exhibition 2012, Charlottenborg Kunsthal, Denmark 2011 Risto Jarva-Prize, Tampere International Film Festival, Finland 2010 Best Documentary Film, AFF (Artova Film Festival), Helsinki, Finland 2009 Grand Prix, Kratkofil, Bosnia and Herzegovina International Short Film Festival *Helsinki Wenn und Aber - Ein Gedankendiktat Jeannette Schnüttgen / Jessica Prentzel 2012 08:00 min Eine kurze Vision von Einwänden, Vorbehalten und Zweifeln. Echos Enis Vardar /Andre Möller 2011 04:27 min Linien und Sinustöne kreuzen, verbinden, trennen und stoßen sich ab im offenen Raum. Filmemacher *Düsseldorf Die beiden Künstlerinnen finden sich seit und nach ihrem Studium an der Kunstakademie Düsseldorf von Zeit zu Zeit für gemeinsames Arbeiten zusammen. *Düsseldorf Strom Christian Deckert 2011 07:36 min Unter dem wir stehen. Gegen den wir schwimmen. Den wir brauchen. Was, wenn er fehlt? Kaa Marcus Herse 2011 03:00 min HD Video mit Angela Fette und Christian Jendreiko, 2012 Screening im Rahmen der Ausstellung Corridor Plateau, Kunstverein Schwerte, Schwerte, Germany 2011 Marcus Herse - KAA, Schnaky White, Düsseldorf, Germany *Berchtesgaden / Düsseldorf / Los Angeles Studierte an der Kunstakademie Düsseldorf bei Alfonso Hüppi. Der Film wurde gefördert durch das Filmlaboratorium der Filmwerkstatt Düsseldorf *Düsseldorf Abbildung Seiten 86-87: Buchstabensuppe Mechthild Hagemann 84 85 86 87 Versi / Stimmen Fragment von Stephen Reader So little worse the old man and child. (…) Not worsen yet the rift. Save for some after nohow somehow worser on. ((nicht gesprochen:)) (Samuel Beckett, Worstward Ho, 1983) Andere Zeit. Draussen durch das offene Fenster – ins Staubigblaue, immerhin Blaue, hantiert jemand an einer Kurbel. Metall auf Metall, ts-äää ts-äää ts-äää ts-äää? nach A. verwirrenderweise wo dasselbe Geräusch mit stimmhafterem ächzendem ts einer Vogelkehle tönen konnte. – Ts-äää ts-äää? tsäää? pumpt es kopfnickend sein Lied heraus. Ähnlicher Widerhall. Als ich es zum ersten Mal hörte, dachte ich es sei ein Flaschenzug, jemand an der Arbeit. Wie war es? Viel,dicht,schön ? Schwindelerregend Und? (Was hätte Beckett wohl nicht gegeben, um „nicht“ aufs Wort zu kommen). War immer ein Weg[wegg] – war fort, away, immer schon gewesen. Nicht eben ein Wéeg, a way. Fort konntest Du nie. Ein da-abwesend. Man stelle sich also vor ein Ankommen an Fort und Zurück. Zurückkehren ist nur hin zum Zurück? Kein Schritt voran? Kein einziger weiter? Jahrzehnt weiter. ((Gehen: eine enge Kurve als Spiralabschnitt. Ende mit dem Zuschauerraum zugewandtem Rücken. Grafiktablett: DREAM RUN)) Rückkehr immer nur retro? ((Erneut kehren (wenden), langsam, dem Zuschauerraum zu)) Kein gleicher Ort. Kein gleiches Ich. Ein anderer Besuch. Schau, Mama, Ohne Hände. (Nur noch meine). Freilaufend. Frei rückkehrend. Diesmal hineinsegeln. Da der Traum des Nachgehens. Der Traumgang – Traum begangen Stimmen Stimmen Take die erste. ((hier Würgerkrähen-/Flötenvogel-Flötschreie rufen)) So vorgefunden – Eine Vielfaltsschar der Stimmen allesamt das Rufen eines Vogels und sei´s weiterhin, Vaters geänderte Rollen (und war´s weiterhin) – nebeneinander frühe Sichten spitz und stark und im Erwachsenen Begegnung voll halbes Leben weiter, sein nahezu ganzes. Not worsen yet the rift.“ Einzig Schillern bis auf „terra nullius“. Neun. Einstweilen. Vater geflogen. Dann besucht – Durchtrenntes Real, dem ich gelernt hatte, keinen Glauben einzuräumen, obdoch reale Menschen gelegentlich von dort heraus anriefen, einen Besuch abstatteten beziehungsweise man hörte ihre Herkunft heraus beiläufig. Lernt‘s, das Tote in der Hand zu fassen. Nun real ich dort unreal vierzig und er beinahe das Doppelte. Hände über den Abgrund. Unmöglich hin wie vor Zeiten allmählich hin unversehens nicht hin – umsoweniger abgetan. Das banale skurril. Innewohnend nirgendwo immer präsent. *********** Take die dritte. Schau Mama Ohne Hände. Schau, Es Ist In Ordnung als ob zehrende Stase ungeschehen zu machen und immerfort das Begrabensein wie das mit Erbse und Matraze. ((In anderer Stimme, à-la mit-allen-Wässern-gewaschen:)) Verdammt abgestandene Erbse was. ((Eigenstimme)) Schau, schaukel, geschaukelt, das hier bin ich der diesmal dahinSEGELT in eigener Sache selbständig die ganze schale Flaute hindurch. ((Weitere Stimme… )) Jaja gut – ((Jene Stimme des Yorkshire Komikers 1930er - 50er)) Mutter siehst Du mich? ((diese Stimme verlassen)) Nein: das nicht. „Ruh‘ Dich aus, es ist in Ordnung“, ungeachtet des ganzen innegehaltenen Atmens bis dahin, zeitlangs bis dahin. Den Balg spielen Gott der Balg der keine Wahl sah ausser spielen, neun, zehn, elf, zwölf unter Arrest des Atems. Nicht vorzustellen Aufhebung aufgehoben Bewährung. Dreizehn, - um die Dreizehn. Etwas, was Sally Morgan ansprach. Terra nullius corpus nullius. Ist dieses Ich also nun das Trauern? ((½-Atemzugs-Pause)) ((Der Filmatelierruf)) Take die erste! Ich sag‘ Dir, was das ist: der Bammel. Du kennst doch die Regeln. Kein Hingelangen.Unter Androhung von Schwindel. Vertigo. Lesen über deinen Ort. Träumen von Vogelstimme die Du beschreibst. Wird nicht deine gewesen sein. Für deine lese nun in zweiter Person meine. Wünschte es wahrscheinlich dorthin und hörte etwas, das nicht meins sein darf in Gestalt des Vogels. ((in Dozentenmanier:)) ich schweife ab. ((Überschrift, gedruckt, kann unausgesprochen bleiben:)) Du vernebeltest ganz schön freundlich. In für mich allerdings fern flau schmerzlicher Weise unbeholfen. Aus heiterem Himmel, er als wir uns zuletzt begegneten ah der Unterhalter von dem die Rede war. Bühnenfarce ahoi und alles drum herum. Das also war das Wie ihrer Verblüffung. Könnte ich, ungewöhnlich oder umständlich wie die Bitte ist, so nett sein sagen, ich hätte sein Buch gelesen. Du wusstest nicht, ich hatte es gelesen. Wolltest von mir, ich spiele, in Deinem jeden Sinn, jedes Empfinden jeden Schmerz alles tilgenden Timbre. Wie ich meine, die Stimme, die hab‘ ich. Turm von Babel kein wilder Überfluss nur Wellen des Vagen. (Take all.) Sprache verloren sie gehen zu lassen Polyglottismus Die Glossolalie oder <<Zungenrede>> kann heissen eine Rede, trotz der eigenen. Stimmhaft werden überhaupt. Sagen. At most analogous. Es bleibt analog. Rede in Zungen oder ersticke. Was gewonnen? – Obacht. MIND THE GAP VORSICHT DIFFERENZ 88 i Currawong– Würgerkrähe, Flötenvogel, verbreitung Australien bis Neuguinea, hier Strepera versicolor, Würgerkrähe bzw. Strepera graculina, Würgerkrähe. Magpie, Elster hier: das australische Gegenpart, Australian Magpie, Gymnorhina tibicen, Flötenvogel, der gleichen Familie der Cracticidae. ii „Mutter, siehst Du mich?“ - eigtl. „Mutter, hörst Du mich?“ - Can You Hear Me, Mother? Schlagwort des Albert („Sandy“) Powell, brit. Music-Hall-/Bühnen-/ v. A. Rundfunk-Komiker, 1900-1982. Aus einer Radiosendung, 1930er ff. und Filmtitel, 1935. Die Phrase ist heute vermutl., zumind. auf breiter Ebene, im engl.-sprachigen Raum – z.B. - aus Rückblick-Sendungen - geläufiger als sein Name bzw. seine Werke, so populär er bis weit in die Nachkriegszeit offenbar war. Den Generationen der beiden Weltkriege, zu denen meine brit. Großeltern und deren Söhne gehörten, war er ein Topos.- http://en.wikipedia.org/wiki/Sandy_Powell_%28comedian%29 iii Sally Morgan, My Place(Fremantle 1987/8), dt. v. Gabriele Yin, Ich hörte den Vogel rufen (Berlin: Orlanda Frauenverlag, & Zürich: Unionsverlag, beide 1991) 89 Die Stimme aus dem Off 22:25 «die weisse Frau...» Philipp Künzli / Jan Mühlethaler 2011/12 06:17 min White Horse Stine Gonsholt 2010 02:58 min Ich habe keine Ahnung, wie viele Male ich durch den Belchen gefahren bin. Ob in der Nacht oder am Tag, für mich ist die Sage omnipräsent. Vielleicht bin ich auch geprägt von meiner Kindheit und Jugend. Sei es durch unseren Vater oder die Mutter eines Kollegen, welche uns durch den Belchen an ein „Tschutiturnier“ fuhr und wieder später von den Kollegen selbst. Sobald es die Belchenrampe hochging, wurde ich durch wilde Erzählungen in den entsprechenden Vorsichts- und Respektzustand versetzt. Es sind wunderbare Erinnerungen gespickt von Neugierde und Unsicherheit. Das Auto hat etwas Faszinierendes. Es ist ein Innenraum, welcher zu ganz eigenen Stimmungen führt. Immer wieder fällt mir auf, wie intim Fahrten in einem Auto sind. Selten halte ich mit Kollegen solch offene Gespräche wie in einem fahrenden Wagen. Und selten finde ich, bin ich so ehrlich mit mir selbst. Wie entsteht jedoch solch eine Sage? Vielleicht ist es die Kombination, von diesem ehrlichen und persönlichen Zustand in der Enge des Tunnels. Ein Moment verborgen genug, um unsere tiefsten Wünsche, Ängste und Phantasien an die Oberfläche zu bringen. Ich finde diese Vorstellung phantastisch. Der Unterschied zwischen einer Sage und einem Märchen ist, dass ersteres den Anspruch auf einen Wahrheitsteil erhebt. So gesehen die Anerkennung des Übernatürlichen? Oder ist doch alles viel einfacher? Wird die Legende nicht bereits mit der Auseinandersetzung genährt und am Leben erhalten? Und macht uns dies wiederum nicht alle zum Teil davon? Wo also hört die Realität auf und wo beginnt die Sage? In a dreamlike sequence, a white horse is resting in harsh sunlight. “White Horse” poses questions about the conditions, possibilities and limits of human activity. The work points to the ambivalence between responsibility, indifference and resignation. 9th Festival international Signes de Nuit, Paris / France *Skien, NO One frying pan has a right to be as popular as Greta Garbo - Bojan Ljubomir Jugovic 2010 05:00 min katalepsi Hasan Kilic 2012 04:23 min Return of Gratitude of the Crane Miya Ando 2010 05:28 min In an unknown state, at an unknown place, two uncanny afterlife beings, male and female, fooling around and talking about mundane things, pop culture, love etc. while swinging nearby a foggy river. Even though it’s filmed in Bosnia and Herzegovina the language spoken in the film is not Serbian, nor Croatian nor the laguage of Bosniaks. It’s a completly imagined uncanny language. Title of the film represents quotation by Zivojin Pavlovic [1933-1998] well known filmmaker and writer. We no longer have the power of will and the will to want. Our inability to dream and to create ideas are fetters restraining us. Others are thinking and deciding instead of us. We are chasing for their ideas. This shall make us similar to them. If there is a world where everyone is similar to the other, all colors will turn into black and white... Falling pieces of silver leaf against Miya Ando Steel work, a retelling (in Japanese and English) of a traditional Japanese Fairy Tale. Voice/Concept: Miya Ando, Filming, Editing: Thomas Kruesselmann Bojan Ljubomir studied architecture at Faculty of Architecture and civil engineering in Banja Luka. He composed music and played in several alternative rock bands and he writes, directs and produces short films and music videos within his unformal Studio Maht based in Banja Luka. Works as freelance graphic designer and ocassional writes and translates film and culture related texts as VIP author at Blog B92 *Banja Luka Student at Kocaeli University, studying photography. Short films for national and international competitions. Filmography: Catalepsy (2012), Psychosis (2012), Integral (2011) assistant director, Oasis (2012) Director of Photography * Kocaeli, TR Miya Ando is an artist who works with light and metals. Half Japanese and half Russian, Ando was raised in a Buddhist temple in Japan by swords smith turned Buddhist priests. *NYC Nocturne Katharina Schmitt 2012 01:48 min *Düsseldorf Premiere the Art foundation Award Solothurn 2012 Screened at the International Cinematographer Film Festival, Ostrava Czech Rep. *Olten / Solothurn 90 91 Sprich mich s gibt, scheint mir, eine bleibende Spur, die E ausgehend von den frühkindlichen lautlichen Entäußerungen als klanglicher Nebeneffekt das Sprechen begleitet. Die anfänglichen „Lallmonologe“, mit denen wir vor dem endgültigen Spracherwerb mit Lauten und Satzteilen akustisch jonglieren, bilden die Ausgangserfahrungen für den Umgang mit Worten und ihrer Wirkung im Raum. Mit Rhythmisierungen, Wiederholungen, Nachahmungen von Geräuschen, verschiedenen Lautstärkeregelungen und Intonationen loten wir unsere lautliche Präsenz und unseren Echoraum aus: Wo ist wer? Wie klingt was? Was klingt in mir wieder? Diese Forschungsphase geht bald vorüber, aber es bleibt im Weiteren das Gefühl für die unterschiedlichen Sprech-Melodien, die immer dann besonders hervortreten, wenn man nicht ausschließlich auf den grammatischen Sinn der Aussage achtet. Spürt man diesen LAUTMALEREIEN eine Weile nach, kann sich auch beim Erwachsenen ein seltsames Schwebegefühl einstellen. Dazu taucht bei mir unversehens eine lang zurück liegende Episode auf, wobei es allerdings kein Mensch war, mit dem ich redete oder ein einsamer Monolog, sondern ich sprach ein Feuer an, das mir eigenartig zu antworten schien. Die Szene ist folgende: Ich war circa sieben Jahre alt, und wir spielten in einer Gruppe von Mädchen. Das Spiel hieß „Ofen anbeten“. Dies war allerdings eine Performance, der man sich als Verliererin in einem Ratespiel zu unterziehen hatte, und zwar dergestalt, dass man sich vor dem Ofen nieder kniete und ein, zwei oder mehrmals, je nach Höhe des Strafkontos, rezitierten musste: “Lieber Ofen, ich bete dich an. Du brauchst Kohlen und ich einen Mann.“ Ganz nahe beim Ofen war ich dabei mit der Stirn, ich fühlte mich von da aus selbst glühen, und die Flamme, die hinter einer kleinen Glasscheibe zuckte und sich rhythmisch in verschiedene hoch aufragende Spiralzeiger aufspaltete, schien eine stumme Lautmalerei aufzuführen oder eine Art Gebärdensprache des Feuers. Rhythmisch las ich etwas wie: go - s – po – di –n. Oder habe ich das geträumt? Von den hinteren Räumen der Wohnung drangen jedenfalls gleichzeitig aufgebrachte Stimmen hervor, und je lauter sie wurden, 92 umso weniger verstand ich, worum es ging. Es war offenbar kein Deutsch, das da gesprochen bzw. geschrieen wurde. Aber was war es dann? Es waren zwar eindeutig meine Großeltern, die da hinten tobten, - das erkannte ich am Klang der Stimmen. Alles andere blieb mir ein Rätsel, auch dann, als ich erfuhr, dass sie mehrere Sprachen sprechen konnten: Ungarisch, Österreichisch, Serbokroatisch und nicht zuletzt „Schwowisch“ bzw. Deitsch, wie das Idiom der Donauschwaben auch genannt wird. Dazu muss man wissen, dass die wichtigsten so genannten „Kontaktsprachen“ des Donauschwäbischen Kroatisch/Serbisch, Rumänisch, Ungarisch, Französisch und Türkisch waren und daher auch zahlreiche Wörter der Alltagssprache daraus entlehnt wurden. Dieser Zusammenhang war mir unbekannt, der Klang stellte nun aber in meinen Ohren eine ganz eigene magische Mischung oder „Melantsch“ dar. Zudem hielt ich es – eben auch mit höchst gemischten Gefühlen - für eine Privatsprache oder eine Laune meiner Verwandten, da ich diese Flickensprache sonst nirgendwo hörte. Es schien mir wie ein Gewebe aus halbwegs verständlichem Deutsch - obwohl die Aussprache doch sehr von der mir sonst bekannten abwich - mit willkürlichen Einsprengseln, die mir oft wie unvorhersehbare sprachliche Einschlüsse- oder -schüsse vorkamen. Mit der Zeit habe ich mich aber dann doch wohl da hineingehört und verstehe bis heute einiges, das ich aber selbst gar nicht aussprechen könnte. Warum sich aber das Wort „gospodin“ (serbokroatisch: „Herr“) damals im Feuer beim „Ofen anbeten“ entfacht hat, ist mir zwar buchstäblich schleierhaft, aber auch nicht weiter verwunderlich, zumal ich bis heute solche Effekte erlebe. Manchmal betrachte ich die Dinge um mich und lausche auf ihr Echo. Sind sie so, wie ich sie sehe? Oder ist es umgekehrt? Lauschen wir in träumerischen Momenten den Dingen ihre Befindlichkeit ab? Versuchen wir, mit ihnen in einen Dialog zu kommen, indem wir ihre Eigenschaften mit allen Sinnen streifen und diesen Aromen Wortfolgen entlocken? Elisabeth Luchesi 18.07. 2012 93 Schlusswort der Akteure Studiert Zeitbasierte Künste an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle an der Saale *Halle an der Saale 23:05 Düsseldorf – Du Stadt der Wunder Chiqueria 2012 03:00 min Suchen der Instrumente Kohyo HONG 2011 01:11 min Inspiriert vom Leben, interessiert an Stil, Inszenierung, Poesie und Musik tritt Nora Hansen mit Camillo Grewe als Chiqueria auf. Liebe, Sehnsucht, Magie, Wahrheit, Glamour, Passion – ein Ausschnitt des Live Auftrittes am Ebertplatz, Köln im Rahmen des Single Club April. „Das war euer bestes Konzert - Ich hatte eine Gänsehaut!“ (Alex Wissel, Single Club) „Ein großartiges Konzert darüber, wie wertvoll unsere Träume sind.“ (S. Riess, Passantin) „Neben uns war Chiqueria mit ihrer visionären, kraftvollen, ekstatischen Inszenierung die prägende künstlerische Kraft des Single Clubs am Ebertplatz.“ (Riccardo Paratore und Sami Schlichting, Künstler) Motiv: Im Alltag habe ich Dinge gefunden, die Instrumenten sehr ähnlich sehen, und ich habe mir häufig vorgestellt, dass es echte Instrumente wären und wie sie wohl klingen würden. Aus diesem Motiv habe ich diese Arbeit gemacht. Die Regel für gute Kommunikation: Ich habe jedem Ding, dass ich ausgewählt habe, einen bestimmten Klang zugeordnet. Sie ergeben zusammen als Gruppe eine Melodie. Ich würde gerne experimentieren, wie bestimmte Dinge zwischen Bildern und Musik funktionieren. Komposition / Gesang: Nora Hansen, Klavier / Arrangement: Camillo Grewe, Kamera / Schnitt: Katharina Schmitt, Ton: Alexander Bornschein *Düseldorf 1984 ist Kohyo Hong in Südkorea geboren. Sie studierte an der Seoul National University of Technology. Dort machte sie den Bachelor-Abschluss machte. (Bachelor of Design Art).Danach arbeitete sie beim Rundfunk MTV Korea als Motiongrafikund Videodesignerin. 2008 beendete sie die Arbeit bei MTV, um in Deutschland zu studieren. Seit 2011 ist sie an der Hfbk bei Prof. Faust als Masterstudentin und ihr Studienschwerpunkt ist Zeitbezogene Medien. Sie beschäftigt sich momentan mit Videos und Installation in Hamburg. *Hamburg Trockenshampoo Antoinette Zwirchmayr 2011 03:00 min Exercise Jan Verbeek 2007 01:45 min Trockenshampoo für zwischendurch, Trockenshampoo, die ideale Trockenwäsche zwischen den normalen Haarwäschen. Die Frisur bleibt dabei erhalten, ist von Grund auf erfrischt und hat wieder Fülle. Am besten nicht warten, bis das Haar strähnig ist. Die Zeichensprache der Schiedsrichterin in einem Turnier junger Kampfsportler beeinflusst die Wahrnehmung des Geschehens. The judge’s sign language at a martial arts tournament affects the percep-tion of the event. Antoinette Zwirchmayr lebt und arbeitet in Wien und studiert an der Akademie der bildenden Künste. *Wien Voice Eberhard Kranemann 2011 03:00 min Scharrenhausers auf Tour Fabian Daub/ Claire Walka 2011 05:35 min Peter Scharrenhauser und Katahrina Zipse machen einen Ausflug nach Bremen. Und da darf die Video-Kamera natürlich nicht fehlen. Sie geben sich Mühe, den Ausflug inklusive Zugfahrt, Snacks und Bremens Sehenswürdigkeiten im besten Licht zu zeigen, aber ob ihnen das wohl gelingt? Ein Städteportrait der etwas anderen Art. Jan Verbeek, geb. 1966. Kunstakademie Düsseldorf u. KHM Köln. Zahlreiche internationale Ausstellungen u. Preise. Letzte Ausstellung in Düsseldorf: KIT - Bilder gegen die Dunkelheit *Köln Claire Walka studierte Film und Gestaltung in Offenbach und Barcelona. Sie drehte zahlreiche Kurzfilme, Clips und Musikvideos und schreibt außerdem kurze Texte, die sie bei performativen Lesungen präsentiert. Sie arbeitet freiberuflich als Regisseurin und Cutterin in Berlin und Hamburg. Fabian Daub studierte in Hamburg und Genf Regie und Produktion für Dokumentarfilm. *Hamburg Single Trailer Alexander Wissel / Jan Bonny 2011/2012 02:00 min Am Ende der Sprache Trailer des Films “single” “Musik, Freundschaft und grenzenlose Inkompetenz” ( Filmplakattext) *Düsseldorf/ Köln Meisterschüler der Kunstakademie Düsseldorf, Performance mit Joseph Beuys, Kraftwerkmitbegründer, Documentateilnehmer 2012 *Wuppertal Senioren Gul Ramani 1990 03:46 min *Düsseldorf Carrot Soup Salome Sagaradze / Luka Chkhaidze 2012 06.00 min Abbildung Seiten 96-97: Die Dächer brennen, Videostill Tanja Goethe 94 Carrot soup, crisis of relationship of two under the same ceiling and expressive dance in the kitchen. Has not yet participated in any festival. *Tbilisi acting Claus Stoermer 2011 01:14 min Visuelle Komposition zu einem Soundstück von Johannes Krause. In diesem Musikvideo werden Deutungen von Film und Sound zusammengebracht und mit einer Handlung vermischt. bild Stefan Ettlinger 2012 03:01 min “also, im text geht es um bild, im bild jetzt um text, insofern es jedenfalls daraus besteht” geb. 1958. 1980-88 Studium an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf bei Alfonso Hüppi (Malerei). Musik, Performance, Film etc. u.a. auch als Mitglied der Anarchistischen Gummizelle *Düsseldorf 95 96 97 Danksagung Ein ganz großer Dank geht an alle beteiligten KünstlerInnen Emmanuel Mir Paula Schneider Stefanie Pürschler Robert Hartmann Annette Schubert Marianne Schirge Karin Rauers Moritz Führmann Giulia Bowinkel Michael Jonas Heinz Hausmann Malwina Steinhoff Alexander Lorenz Nicholas Petrus Evanna Rathner Frauke Berg Matthias Böttger Axel Ganz Denis Rosen Romano Granderath Jimmi Di Io Patrick Moser Saskia Zeller Christof Wolf Karlheinz Rummeny Lisa Kuschmann Krunoslav Stipesevic Volker Schraeger-Enkirch Christian Blaschke Ursula Ströbele Frauke Tomczak Anna Mirbach Helmut Schweizer Nora Hansen Simone Letto Andreas Techler Durstbunker Schauspielhaus Düsseldorf Dorothea Stiegemann Alexandra Buchetmann Dr. Jürgen und Petra Schmitt Katharina Busch Friedrich Bonnmann Mirian Schwedt Alexander Wissel Nils Bleibtreu Bettina Mayer Ruslan Daskalov Wanda Growe Jana Lina Berkenbusch Sascha Herrmann Robert Brambora Raphaela Simon Paul Maciejowski Joe Sarcic 98 99 Autorenverzeichnis Texte und Bilder S. 10 Sprache in Arbeit Susanne Fasbender 1980-89 ausgebildet zur Malerei bei dem Wiener Aktionisten Otto Muehl Video bei Prof. Nan Hoover 1994-95 an der Kunstakademie Düsseldorf arbeitet mit Video, Installationen, Fotocollagen Gründerin des Kunstfilmtages, Autorin des Programmtitels 2012 S. 20 Die Falten des Königs Sprachwege Matthias van Baaren Studium an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Seit 2007 Freier Filmemacher. S. 26 Haus 2010, VG Bildkunst, Bonn 2012 Moritz Wegwerth Geboren 1981 in Ilbeshausen, Kunstakademie Düsseldorf, Prof. Andreas Gursky lebt und arbeitet in Düsseldorf S. 30 Fön Ursula Ströbele Studium an der Kunstakademie Düsseldorf von 1985-1993 Meisterschülerin von Nam June Paik. S. 34 Hemd Julia van Koolwijk bildende Künstlerin, Kunstakademie Düsseldorf Meisterschülerin bei Prof. Fritz Schwegler S. 35 Man kann ein Buch wie einen Bach in die Hand nehmen Gundi Feyrer 1977/78 Kunstakademie München, 1978 - 83 HfbK, Hamburg. Arbeiten mit Wort, Bild und Ton. Seit 1990 in Rom, Paris, Graz, Berlin, Madrid, Córdoba, Köln, Wien. S. 40 fight Frauke Berg Visuelle Kommunikation: Fachhochschule Düsseldorf Freie Kunst: Ecole régionale des Beaux Arts de Besançon/Frankreich 100 S. 41 Ausklang Birgit Borsutzky Studium der Philosophie, Master of Arts, University of Leeds, UK, Magister Artium, Universität Bielefeld, freie Autorin, Konzeptionerin und Filmemacherin. www.birgit-borsutzky.de S. 44 Stiller Natascha Engelmann Scan eines von N.E. zum Thema des Kunstfilmtages spontan aufgeschriebenes Zitat aus „Stiller“ von Max Frisch Studium der Philosophie und Germanistik, Düsseldorf und Berlin 1984-86 Meisterschülerin von Nan Hoover, Kunstakademie Düsseldorf, 19 1991-95 Berlin/NYC S. 45 NUN- Gelände ohne Rand Jens Stittgen geb. 1956 in Karlsruhe, Studium Kunstakademie Düsseldorf, Meisterschüler, lebt und arbeitet in Düsseldorf S. 46 Weg nach Babel Emmanuel Mir Selbstständiger Kunstwissenschaftler, Autor und Kurator, Dozent an der FADBK Essen, Studium der Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf; Meisterschüler von D. Rabinowitch, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Literaturwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Promotion 2012 S. 48 Zeichnungen zu Friedrich Nietzsches „Unzeitgemäßen Betrachtungen“ Herbert Willlems freier Künstler, Lehrtätigkeit Kunstakademie Düsseldorf. 100 Zeichnungen zu Friedrich Nietzsches „Unzeitgemäßen Betrachtungen“. Beim Lesen der „Hermeneutik des Subjekts“ von M.Foucault und dem immer wieder nicht verstehen, tauchte Nietzsche auf und die Frage , welche Krankheit Sokrates befallen hat: „Die Gesundheit des Verstehens“. 5 Monate später in Wuppertal lasen wir in einem Philosophieseminar die „Unzeitgemäßen Betrachtungen“, die auch kein Sprechen in mir auslösten, aber ein Zeichnen. Jetzt rede ich über die Zeichnungen, weil ich das Verstehen biegen will. Ein Zeichenfilm, der den Nutzen und Nachteil der Historie bespricht und uns belebt, wäre eine gute Zange. S. 52 wer nichts wird, wird virtuell Thorsten Ebeling & Heinz Hausmann „wer nichts wird, wird virtuell“ („wnw,wv“) ist der Titel eines von Thorsten Ebeling und Heinz Hausmann gemeinsam verfassten Buches. Es wird im Dezember 2012 erscheinen. Hier als Abbildungen zwei Seiten aus diesem Buch, in Originalgröße. Das Buch ist in Arbeit - möglicherweise werden die Seiten noch überarbeitet und verändert. Aber der Eindruck hier kommt der endgültigen Form des Buches schon recht nahe, so wird es aussehen. www.heinzhausmann.de www.t-ebeling.de http://www.t-ebeling.de/mobile/wer-nichtswird-wird-virtuell.html die Edition zum Buch: „Tageskarte“ Subskriptionsedition 4 farbige Buchumschläge (Papier) Tintenstrahldruck Thorsten Ebeling & Heinz Hausmann Auflage: 50 www.halberliterverlag.de S.54 Film und Sprache Frauke Tomczak Dr. phil. 1989, freie Autorin und Dozentin, Lehraufträge an unterschiedlichen Hochschulen und an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (1995-2006), Arbeitsschwerpunkte: literarische Moderne, historische Avantgarden und punktuell Gegenwartsliteratur, seit 1998 erweitert um das Medium Film (Filmseminare, Vorträge und Filmreihen), sie schreibt Lyrik, lebt in Düsseldorf. Zahlreiche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, im Rundfunk und im Feuilleton. S. 59 It Works Both Ways Anna Cady Anna: I often make work with people who have different ways of communicating - or something to communicate which is difficult to put into words. Louisa: Doing this work with Anna has given me an imaginative mind. I am able to tell people what I think and feel about different things. S. 60 Art Which Speaks To Us Jenny Chamarette Jenny Chamarette is a Lecturer in Film Studies at Queen Mary, University of London. She writes on theorisations of the moving image, particularly to do with issues of embodiment. She has curated short film festivals since 2007, including film programming at the Cambridge Film Festival and a curatorial project at the Bonington Gallery in Nottingham. Jenny enjoys collaborating with moving image artists, such as Anna Cady, who is featured in this programme. S. 66 Sprache in Arbeit / Fortsetzung Susanne Fasbender S. 67 No. 9 from Not Drowning, Just Waving chromogenic print, 12 x 9 in. Sally Grizzell Larson lives in Philadelphia. Screenings of her video works is described on page ... Her photographic work has been published in Monochrom (#26-34, Vienna, 2010); ITCH Magazine (Johannesburg, 2009); “Photography Reborn” (Abrams, 2005); “Writing the World: On Globalization” (M.I.T., 2005); “Digital Art Revolution” (Random House/WatsonGuptill, 2010); and Rethinking Marxism, among others. Exhibition venues include the National Centre of Contemporary Art, Moscow; SIGGRAPH; Brooklyn Museum; Yale University Art Gallery; and Kunstraum B/2, Leipzig. S.69 Film und Sprache / Fortsetzung Frauke Tomczak S. 74 Hütchenspieler 1-8 S. 75 Ich habe es satt Philipp Röcker *1984 in Aalen, lebt und arbeitet in Berlin, Leipzig und Düsseldorf 2006 HS München, experimentelle und visuelle Kommunikation mit Prof. Thomas August Günther 2010 HGB Leipzig, Klasse für Bildende Kunst bei Prof. Astrid Klein seit 2012 Kunstakademie Düsseldorf, Klasse für Bildhauerei bei Didier Vermeiren S. 80 Two Islands Jan Ijäs Lives and works in Helsinki, Finland Aalto University Helsinki, School of Art and Design Jyväskylä University, Art education and Creative Writing S. 83 Killing 2001 Lars Breuer Geboren 1974 in Aachen, lebt und arbeitet in Köln 1995-1996 Staatliche Kunstakademie Münster 1996-2001 Staatliche Kunstakademie Düsseldorf (Freie Kunst: Malerei) 19972003 Heinrich-Heine Universität Düsseldorf (Philosophie, Kunstgeschichte) seit 2004 Ausstellungsraum Konsortium, Düsseldorf Permanente öffentliche Arbeiten: Tiefgarage der Kunsthalle Düsseldorf, seit 2007 Eingang / Restaurant und Tiefgarage des Museum Folkwang, Essen, seit 2010 Sammlung Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen letzte Einzelausstellungen: 2012 „Esplosione Esplosione Esplosione“ Galerie SchauOrt Christiane Büntgen, Zürich „Revolution / Restauration“ Galleri Kant, Kopenhagen „Ideologie“ Panatom Gallery, Berlin „Spaceinvader“ Karst, Plymouth (Konsortium) „Gegenentwurf “ Kunstverein Paderborn www.larsbreuer.dez S. 86 Buchstabensuppe, Mai 2012 Mechthild Hagemann geb. 1960 in Münster Meisterschülerin der Kunstakademie Düsseldorf lebt und arbeitet in Düsseldorf S. 88 Versi / Stimmen fragment Stephen Reader Geboren 1950 in Zürich; B.A. (Hons) Freie Kunst & Germanistik, University of Wales; Kunstakademie Düsseldorf (Meisterschüler/ Prof. Rolf Sackenheim), lebt und arbeitet in Düsseldorf, Grafisches einschl. Sprache/ Schreiben, ins Plastische/Räumliche und Konzeptuelle, was unweigerlich wenn auch selten, ins Performative führt. Wie auch umgekehrt: Arbeiten an den Übergängen S. 92 Sprich mich Elisabeth Luchesi ab 1972 Ethnologiestudium in Mainz und Berlin (MA) Studienreisen nach Lateinamerika, Afrika (Tanzania, Kenia, Benin, Togo, Nigeria), Indien; Vorträge und Diskussionsveranstaltungen zu internationaler Kunst (u.a. evang. Akademie Loccum, Kunsthalle Basel, Ludwig Forum für internationale Kunst); Mitarbeit bei den Berliner Festspielen, Publikationen zu ikonographischen Themen 1981-85 Studium an der Hochschule d. Künste Berlin: Freie Malerei, Prof. Marwan (Meisterschülerin 1985) 1991 Symposium „Terms of Art“. Neue Kunst aus Afrika, Kunstsammlung NRW gefördert v. Kultusministerium NRW u. Auswärt. Amt 1998-2002 Weiterbildung an der Kölner Schule für Kunsttherapie seit 2003 Workshops zur Thematik Gestaltung und Wahrnehmung (u.a. an der Kunstsammlung NRW (K20), an der Akademie Steinfeld) seit 2007 Redaktionsassistenz bei Kunst & Therapie, Claus Richter Verlag, Köln Künstlerische Projekte, Gruppen-und Einzelausstellungen seit 1984 S. 96 Die Dächer brennen Videostill Tanja Goethe 2007, Video, 6:33 min, Farbe, Ton, 4:3 PAL geb.1981 2005-2011 Studium der Freien Kunst an der Städelschule Frankfurt und Kunstakademie Düsseldorf, Meisterschülerin Prof. Rosemarie Trockel S. 99 Behalte das Bild im Auge Videostill aus „Lies etwas hier“ Georgie Grace s.S. 101 filmlaboratorium filmwerkstatt düsseldorf Studio für zeitgenössische Film- und Videokunst | Projektförderung für AbsolventInnen der Kunst- und Filmschulen / Hochschulen, FilmemacherInnen und VideokünstlerInnen | filmlab festival 8. / 9. Dezember 2012 | Anmeldeschluss neues Semester: 15. Juli 2013 | Bewerbungsunterlagen und Informationen unter www.filmlaboratorium.de 102 103 Index A Abeyat Reza Aldridge Sinead Alonso Sebastian Ando Miya 13, 18 19 63 91 B Banz Friedemann Baumann Günter Bellack Mina Bennett Vicki Benzulla Johannes Berg Frauke Bieseke Tobias Bigler Kathrin Yvonne Bowinkel Giulia Bonny Jan Borsutzky Birgit Breuer Lars Brümmerhoff Robert 78 66, 71 85 84 39 5, 40 72 50 78 95 41 83 51 C Cady Anna Cardona Lorena Chkhaidze Luka Chamarette Jenny Chiqueria Craciun Martin 58, 59 65 94 60 94 63 D Dannert Frauke Danza Taller Daub Fabian Deckert Christian Del Missier Renee Delgado Alejandra Demirel Süleyman Diallo Bakary Donnelly Cian Dunn John Dusek Dominik 77 63 95 85 32, 51 62 66, 70 66, 70 73 33 79 E Ebeling Thorsten Eiag Tim Engelmann Natascha Erbacher Max Erdogan Ertan Ettlinger Stefan F Fasbender Susanne Fette Angela Feyrer Gundi Flock Susanna Fonjallaz David Friedrich Verena G Galindo Regina Jose Galuppo Gustavo Ganz Axel Goethe Tanja Gonsholt Stine Grace Georgie Gremme Anna-Lena Grewe Camillo 104 52 32 44 51 72 95 10, 66, 78 77 35 33 46, 50 16 64 65 13 39, 96 90 8, 99 39, 47 94 H Ha Wonsik Hansen Nora Hagemann Mechthild Hausmann Heinz Herrera Juanjo Herse Markus Hochstatter Karin Hoffs Max Hong Kohyo Hopson Melissa 39 94 86 10, 52, 69 63 47, 85 57 32 47, 56, 94 57 I Ijäs Jan Isa Andrea 78, 80, 85 58 J Jafri Faiyaz Jeong Hyojin Joskowicz Claudia Jugovic Bojan Ljubomir 71 39 64 91 K Kau Annebarbe Keen Kenneth Kellmann Marion Kemsa Gudrun Kilic Hasan Kim Jisoo Kim Jungwoon Kim Miryeon Komers Rainer Koolwijk Julia van Kranemannn Eberhard Künzli Philipp Kuselman Tamara 33 79 18 38 91 73 57 39 39 33, 34 47, 95 46, 90 65 L Lang Holger Larson Sally Grizzell Lorenz Alexander Luchesi Elisabeth Lunardi Marcantonio Lusitano Maria Lux Stefan M Makolski Louisa Mazzolo Pablo Meisenberg Anna-Lena Meisenberg Florian Melhus Bjørn Mir Emmanuel Möller André Montini Muriel Mosquito Nastio Mühlethaler Jan Müller Charly Müller Otto N Nakazawa Aki Napstad Petter Naulainen Ando Naulainen Anti Neuse Wilfried Nikolic Nesha Nocoma 47, 50 28, 47, 67, 78 29, 47, 62 43, 92 29, 47, 77 17 85 58, 59 39 29 12, 77 32 46 84 28, 46 63 90 43 79 70 50 32 32 43 12, 28, 47, 71 39 P Peddinghaus Veronika Petrus Nicholas Pinciroli Sebastian Prentzel Jessica Pürschler Stefanie 19, 46, 66 62, 64 65 85 50 R Ramani Gul Ratner Evanna Reader Stephen Reeh Ute Ressler Oliver Ricciardi Angelo Richter Julia Charlotte Röcker Philipp Roush Paula Rüsenberg Joachim 95 42 88 56 13, 15 51 47, 89 74 17 76 S Sagaradze Salome Schmidt Thyra Schmitt Katharina Schmötzer Maximilian Schnüttgen Jeannette Schober Hubert Schülke Anne Schulze Phillip Sievert Anne Soldat Jan Son Youngdeuk Sornsongkram Atit Souaiby Eli Staack Jürgen Steel Roderick Steele Hamish Steinmann Jörg Stein-Schomburg Dennis Stittgen Jens Stoermer Claus Ströbele Ursula 94 12, 29 90 38, 47 85 42 43 77 29 57 39 39 70 43 38 57 51 46, 71 45 95 12, 30, 33 T Thaysen Birgitta Tomczak Frauke Troesser, Susanne 58 54, 69 13, 29, 43 V van Baaren Matthias Vardar Enis Verbeek Jan von Rudy Magdalena 14, 20 84 95 29 W Walka Claire Wegwerth Moritz Weisser Westen Wiese Anja Wilkens Lisa Willis-Jones Matt Willems Herbert Wissel Alexander 38, 95 26 77 32, 47 8 57 33, 48 95 Z Zwirchmayr Antoinette 95