10 Jahre Deutsches Verpackungs-Museum - neue

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10 Jahre Deutsches Verpackungs-Museum - neue
Neue Verpackung 2006 11/2007, S. 40, 17.10.2007, 14:57, SB
PACKMITTEL
Lebensmittel
Pharma
Kosmetik
Chemie
Non Food
10 Jahre Deutsches
Verpackungs-Museum
Verpackungen schaffen Werte | Wie kommt es, dass Milliarden Menschen eine Coca-Cola-Flasche
an der Silhouette erkennen? Was macht Nivea zu einer Jahrhundertmarke? Warum ist das eine
ein Kultgetränk und das andere kalter Kaffee? Seit zehn Jahren beantwortet das Deutsche Verpackungs-Museum, Heidelberg, diese und ähnliche Fragen. Zehntausenden von Besuchern wurde
auf diese Weise vermittelt, wie Verpackung Werte schafft.
D
ie Geschäfte gehen gut, was spielt
es da für eine Rolle, wenn in der
Öffentlichkeit von den Millionenumsätzen des eigenen Unternehmens
oder gar von den Milliardengeschäften
der Branche kaum die Rede ist. So hat
manch ein Verpackungsunternehmer gedacht, der in den wirtschaftlichen Boomjahren der Republik mit guten Ideen und
viel Tatkraft einen florierenden Betrieb
aufbaute.
In den 70er Jahren kam vielleicht der
eine oder andere ins Grübeln, als eine
Umweltbewegung entstand, die merklichen Einfluss auf die politische Willensbildung nahm. Die Vehemenz jedoch, mit
der die Verpackung dann in den späten
80er Jahren pauschal als Sinnbild der
Umweltverschmutzung
angefeindet
wurde, hat viele trotzdem überrascht.
Schließlich hatte man als internationaler
Technologieführer und Motor des Exports einiges an Selbstbewusstsein.
Differenziertere Urteile ermöglichen
Spätestens mit Umsetzung der Verpackungsnovelle 1991 wurde aber vielen
Akteuren bewusst: Es muss etwas getan
werden, damit in der allgemeinen Öffentlichkeit und bei den politischen Entscheidungsträgern ein differenzierteres
Bild von der Bedeutung der Verpackung
entsteht. Nicht zuletzt diese Situation bildet den Hintergrund für die Entstehung
des Deutschen Verpackungs-Museums in
Heidelberg.
Ende der 80er Jahre hatten sich Professor Dieter Berndt, Peter Haberstolz, Helmut Kücherer und Collin Weber in einer
Projektgruppe zusammen getan. Ihre Vision fand Ausdruck in der Gründung des
Vereins „Förderverein Deutsches Verpackungsmuseum e.V.“, der 1993 zunächst in Leipzig eingetragen wurde.
Man suchte nun nach Mitstreitern, die
helfen, diese Vision zu verwirklichen:
Verpackungsenthusiasten, die sich persönlich engagieren und Unternehmen,
die als Kuratoriumsmitglied oder als Mitglied im Förderverein einen finanziellen
Beitrag leisten.
Unternehmen mit Weitsicht
Die Anfänge waren schwierig. 1995 hatte
das Kuratorium neun Mitglieder und der
Förderverein sechs. Darunter aber mit
Unilever im Kuratorium und Henkel im
Förderverein bereits prominente Markenartikler. Von der Verpackungsbranche waren unter anderem Edelmann,
SIG und IZW im Kuratorium sowie
AssiDomän Frövi im Förderverein. Der
Hüthig Verlag und BASF unterstützten
das Projekt ebenfalls im Kuratorium. Die
Mitgliedsliste des Kuratoriums verzeichnet außerdem Schott Relations, die Kommunikationsagentur von Peter Jochen
Schott, der seit 1998 Vorstandsvorsitzenden des Vereins ist.
Mit vereinten Kräften und viel Engagement ging es bergauf. Im Jahr der Eröffnung 1997 verzeichnet der Verein, dessen Sitz nach Heidelberg verlegt wurde,
bereits 45 Mitgliedsfirmen, darunter jetzt
auch Coca Cola GmbH, Nestlé Deutschland AG, Werner & Mertz GmbH und der
Markenverband. Das Kuratorium zählte
18 Mitglieder. Dazu gekommen waren
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Mitstreiter und Unterstützer
gesucht
Der Förderverein Deutsches Verpackungs-Museum hat 230 Mitglieder.
Unternehmen der Markenartikelindustrie, des Handels, Unternehmen der
Verpackungsbranche und Agenturen
ermöglichen die erfolgreiche Arbeit der
rein privat finanzierten Kultureinrichtung. Informationen über eine Mitgliedschaft im Förderverein oder im
Kuratorium unter info@verpackungsmuseum.de
zum Beispiel Oberland Glas AG, Optima
Maschinenfabrik Dr. Bühler GmbH &
Co., die Gerhard Schubert GmbH und der
Markenverband. Im selben Jahr traten
Peter Jochen Schott, Peter Huth und
Theo Rothenbach in den Vorstand ein.
Verpackung als Kulturgut
Mit einem Festakt im August 1997 öffnete das Deutsche Verpackungs-Museum
seine Pforten. Die erste Ausstellung war
ein großer Besuchererfolg, der durch die
breite Berichterstattung, mit Präsenz
auch in Funk und Fernsehen, multipli-
ziert wurde. Im Jahr der Eröffnung wurde mit Berichten in der Fach- und Publikumspresse eine Auflagenhöhe von weit
über 20 Millionen erreicht.
Wertvolle Verpackungen illustrieren,
wie Verpackungen Werte schaffen. Mit
dieser Strategie hat sich das Museum in
den zehn Jahren seit der Eröffnung als
bekannte und beliebte Kultureinrichtung
etabliert, die Besucher nicht nur aus dem
Rhein-Neckar-Dreieck, sondern aus ganz
Deutschland und dem näheren und ferneren Ausland anzieht. In Fachkreisen ist
das Museum als führende Einrichtung
für Marke, Verpackung und Design anerkannt. Dazu beigetragen hat der Deutsche Verpackungsdialog, der in diesem
Jahr zum zehnten Mal stattfindet. Die im
Museum gebündelte Kompetenz im Bereich Verpackungsdesign und Marke drücken sich auch im langjährigen Engagement beim Deutschen Verpackungsdesign-Wettbewerb sowie aktuell beim
globe packaging award aus. Wahrhaftig: Eine Kirche als Verpackungstempel
Berlin, Heidelberg, Leipzig: Wo soll das Deutsche Verpackungs-Museum verwirklicht
werden? 1995 fiel die Entscheidung für Heidelberg. Dort befindet sich ein Bauwerk
mit ungewöhnlicher Geschichte, das heute die Ausstellungen des Museums beherbergt. Es ist eine ehemalige Nothkirche. Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte:
In diesem Fall waren dies die Heidelberger Altkatholiken,
die es dem so genannten „Kulturkampf“ zwischen dem
preußischen Staat und dem Vatikan verdankten, dass sie
eine eigentlich römisch-katholische Kirche zeitweise alleine nutzen konnten. Die Gläubigen der römisch-katholischen Kirche, die zur gemeinsamen Nutzung gezwungen
werden sollten, zogen unter Protest aus. Sie suchten Quartier in einem Salzlager, das von einem Bauunternehmer
zur Nothkirche umgebaut wurde. Ende der 70er Jahre des
19. Jahrhunderts wurde die Kirche eingeweiht. 1995 mietete der Förderverein das Gebäude, das vorher als Lager genutzt und stark renovierungsbedürftig war und baute es
zum Standort für das Deutsche Verpackungs-Museum um.
Zeugnis der Nutzung als
„Nothkirche“.
Vorstände und Kuratoriumsmitglieder bei
einem Ortstermin auf der Baustelle (v. li.)
Collin Weber, Professor Dieter Berndt, Peter
Jochen Schott, Erich Heuberger, Helmut
Kücherer und Hartmut Gahmann.
Die Kirche vor der Renovierung 1995.
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Interview mit Peter Jochen Schott und Hans-Georg Böcher
Leidenschaft Verpackung
Leidenschaft für Verpackung und Marke | Das verbindet Peter Jochen Schott und Hans-Georg
Böcher nun schon seit über 10 Jahren. Schott, Vorsitzender des Fördervereins, und Böcher,
Museumsdirektor, gehören zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Verpackungsmuseums.
Im Interview gewähren sie Einblicke in die Gründungsjahre des Museums, aber auch Ausblicke
darauf, was das Museum in Zukunft leisten wird.
neue verpackung: Herr Schott, was hat Sie an der Idee fasziniert,
maßgeblich dabei mitzuwirken, ein Museum für Verpackungen auf
den Weg zu bringen?
Peter Jochen Schott: Da sind Hobby und Beruf zusammen gekommen. Als Augenmensch haben mich historische Verpackungen schon immer fasziniert. Nicht zuletzt Grund für meine ausufernde Sammelleidenschaft. Auch beruflich war ich
nach meinem Studium zum Kommunikations-Designer unter
anderem an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart mit
dem Thema befasst. In den 70er und 80er Jahren habe ich unzählige Verpackungen für Markenartikler und vor allem Handelskonzerne mit Schwerpunkt Kosmetika sowie Wasch- und
Reinigungsmittel gestaltet. Dazu kommt, dass ich seit den siebziger Jahren etliche Unternehmen der Verpackungsbranche betreue. Zu den ersten Kunden zählten Edelmann, Schubert, allpack, IWKA u. v. m.
neue verpackung: Wie kam Ihr Kontakt zu dem Förderverein zustande?
Peter Jochen Schott: Ich war seinerzeit bereits im DVI aktiv und
Professor Berndt, einer der Initiatoren der ersten Stunde, hatte
mich für die Idee des Verpackungsmuseums begeistert. Wie Sie
wissen, spielte Verpackung zu jenem Zeitpunkt in der öffentlichen Wahrnehmung keine oder, als Ergebnis der Umweltdebatte, eine eher negative Rolle. Über die Darstellung der Ver-
Zur Person: Peter Jochen Schott
Zur Person: Hans-Georg Böcher
쐍 Volontariat bei Design-Prof.
Herbert Kapitzki
쐍 Studium in Wuppertal und
Stuttgart, u. a. an der Akademie
der bildenden Künste
쐍 Selbstständig seit 1969
쐍 1969 Gründung der Werbeagentur Schott GmbH
쐍 1985 Gründung der Schott Relations Group mit Standorten in
Stuttgart, Hamburg, Berlin
쐍 2000 Gründung Markenwerke
AG, Hamburg und Stuttgart
쐍 Viele Auszeichnungen und Veröffentlichungen
쐍 Referent und Gastdozent (eingeschränkt durch Hörverlust)
쐍 Berufenes Mitglied DGPh Deutsche Gesellschaft der Photographie
쐍 Berufenes Mitglied des Dienstleistungsausschusses IHK
Stuttgart
쐍 Zehn Jahre Vorstand des dvi Deutsches Verpackungsinstitut,
Berlin
쐍 verantwortlich u. a. für den Deutschen Verpackungswettbewerb
쐍 Kuratoriumsmitglied und Vorstandsvorsitzender des Fördervereins Deutsches Verpackungs-Museum e. V., Heidelberg seit 1998
쐍 Initiierung des globe packaging award im Rahmen des iF
Produktdesign award / Designcenter Hannover
쐍 Mitglied zahlreicher Verbände wie BFF, MCS, G.E.M, u. a. seit
1980 des DJV Deutscher Journalistenverband
쐍 Berufung in namhafte Design- und Foto-Jurys
쐍 Aktiv tätig als Markenexperte, Kommunikations-Designer
und Journalist
쐍 Direktor des Deutschen Verpackungs-Museums
쐍 Design-Experte und Mitglied verschiedener Design-Jurys
(z. B. Deutscher Verpackungs-Designwettbewerb, Deutscher
Parfüm-Preis, Red-Bull-Kreativpreis, Mission Marke etc.)
쐍 zahlreiche Publikationen, schwerpunktmäßig zu den Themen Markenführung, Branding und Markendesign
쐍 Herausgeber der Buchreihen “Klassiker des modernen Verpackungs-Designs”, „Verpackung und Technik“
쐍 unterhält mit “Brand
and Package Design Collection” eine der größten
privaten Sammlungen
zum Marken- und Verpackungsdesign weltweit
쐍 leitet und moderiert Marketing-Events und DesignWorkshops für Kunden wie Wella AG,
Heidelberger
Druckmaschinen
AG, Axel Springer
Verlag, Klosterfrau Vertriebsgesellschaft,
Merck KGaA,
Procter &
Gamble,
Schwan-STABILO oder
Siemens AG
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PACKMITTEL
packung und ihrer Leistung das Image der Branche generell zu
verbessern, das war ein Ziel, dem ich mich aus Überzeugung
verschreiben konnte.
neue verpackung: Herr Böcher, welche Berührungspunkte gab es für
Sie als Kunsthistoriker zum damaligen Zeitpunkt mit der Geschichte der Verpackung?
Hans-Georg Böcher: Ich hatte eine eigene Sammlung und meine
Beschäftigung mit dem Thema bereits in Buchform zusammengefasst: „Die Welt auf Reisen“. Mein Verleger machte mich dann
darauf aufmerksam, dass es einen Zusammenschluss von Leuten gibt, die ein Museum zum Thema Verpackung gründen wollen. Über den Kontakt meines Verlegers zu Herrn Schott ist es
gekommen, dass „Die Welt auf Reisen“ die erste Ausstellung des
neu eröffneten Museums wurde. Das Buch wurde zum Ausstellungskatalog. In Folge übernahm ich dann die Stelle als Leiter
des Museums.
neue verpackung: Mitte der 90er Jahre, wie weit war das Projekt
Museum damals fortgeschritten?
Peter Jochen Schott: Es gab noch kein Museum. Es gab eine Vision, für die sich eine kleine Gruppe von Personen eingesetzt hat.
Das größte Hindernis war, dass viel Idealismus da war – aber
kein Geld. Vielleicht wäre sogar das Geld da gewesen. Aber vom
Idealismus zur Realität bzw. zur Verwirklichung ist es oft ein
weiter Weg. Um uns handlungsfähig zu machen, war es das
Wichtigste, Unternehmen und Mitstreiter zu gewinnen, die sich
im Kuratorium engagieren oder dem Förderverein beitreten. In
diesem Sinne habe ich kräftig mitgeholfen.
neue verpackung: Hatten Sie zuvor schon Erfahrung in der Mittelbeschaffung, Herr Böcher?
Hans-Georg Böcher: Nicht in dem Sinne, dass ganz grundlegend
für eine Finanzierung zu sorgen ist. Ich habe das aber positiv gesehen, denn unter dem Druck des Wirtschaftens konnte ich
meine Kenntnisse als Museumsdirektor um die Marketingkompetenz erweitern.
neue verpackung: Wie sind Sie in diese Aufgabe gestartet?
Hans-Georg Böcher: Meine erste Aufgabe hatte genau damit zu
tun, Kulturarbeit und Geschäftsstrategie so zusammenzubringen, dass wir das Museum auf den Weg bringen können. Als ich
anfing, war geplant eine Dauerausstellung zu installieren. Das
hieße aber: Damit Besucher mehr als nur einmal kommen, müssen immer wieder spektakuläre Exponate beschafft werden. Die
Ausstellungsfläche wird mehr und mehr zugestellt. So ein Ansatz
führt zur totalen Kommerzialisierung. In England kenne ich Beispiele, wo dann Jazz-Musik im Endlosband als Beschallung läuft.
Wenn Sie da einmal drin waren, reicht das eigentlich. So ein Haus
ist letztlich nur für Tagestouristen interessant.
neue verpackung: Und wie sah der Gegenentwurf aus?
Hans-Georg Böcher: Das Museum war von Anfang an gedacht als
Einrichtung, die von Unternehmen der Branche unterhalten
wird, weil sie etwas für die Branche bewirkt. Dem wollten wir mit
einem flexiblen Konzept Rechnung tragen. Wir haben eine Konzeption entwickelt, in der das Deutsche Verpackungs-Museum
sich immer wieder neu erfinden kann. Dazu gibt es Sonderausstellungen, für die Zweidrittel der Fläche reserviert sind. Das Museum bleibt im Gespräch, und es lohnt sich, die dort geleistete Arbeit über den einmaligen Besuch hinaus zu verfolgen. Das ergibt
Anknüpfungspunkte für einen permanenten Austausch mit den
Unternehmen und für die notwendige Netzwerkarbeit.
neue verpackung: Noch gab es aber das Museum nicht, und auch
keine Sonderausstellung. Wie haben Sie bei Ihrer Akquise neue
Mitglieder für das Projekt geworben?
Peter Jochen Schott: Da Unternehmer bzw. Entscheider letztlich
auch Verbraucher sind, rufen Verpackungen und Marken auch
bei ihnen Erinnerungen, Anekdoten und Emotionen wach. Es
Die Ausstellungen des Museums: Menschen für Verpackung begeistern
Graue Pappe oder Wegwerfprodukt? Das
Besucherbuch des Deutschen Verpackungs-Museums zeugt davon, dass
die Gäste, selbst wenn sie mit dieser Einstellung gekommen sein mögen, das
Haus wieder „bekehrt“ verlassen. Der
Grund: Sie haben das Kulturgut Verpackung erlebt.
Zu erfolgreichen Markenausstellungen
des Deutschen Verpackungs-Museums
gehören neben anderen 2001 die Designgeschichte der Marke Beck’s, im folgenden Jahr ein Projekt mit dem Titel
„Tetra Pak – Inspiration für die Kunst“,
2002 die Ausstellung zum 125-jährigen
Firmenjubiläum von Henkel und 2004
das Projekt „Marken – Mythen – Meilensteine“ zum 100. Jubiläum des Markenverbands. „150 Jahre Schwan STABILO –
Schreiben im Zeichen des Schwans“ dokumentierte 2005 mit den gezeigten Exponaten ebenfalls die Frühgeschichte
des Markenartikels.
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Der Kunsthistoriker Hans-Georg Böcher, der
seit 1996 für das Museum tätig ist, führt
persönlich durch die Ausstellung.
„Vom Gerstensaft
zum Spitzenpilsener
von Welt: die Designgeschichte der
Marke Becks“ war
2001 das Motto, unter dem die traditionsreiche Getränkemarke ihre Markenwelt im Museum
inszenierte.
Verpackung interpretiert von zeitgenössischen Künstlern, dieses Experiment unternahm
Tetra Pak 2002 mit
sehr positiver Resonanz bei den Besuchern.
Persil durfte nicht fehlen bei der Ausstellung „Marken-Mythen-Meilensteine“ aus
Anlass des 100. Jubiläums des Markenverbandes 2003.
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war also möglich zu vermitteln, was wir mit dem Museum erreichen können: Über die Sympathien, die historischen Verpackungen entgegen gebracht werden, wächst die Wertschätzung für die Verpackung generell. Und damit für die Branche.
Da der Vereinsvorstand, die ersten Kuratoriumsmitglieder und
Mitglieder allesamt „Überzeugungstäter“ waren, haben wir unser eigenes Netzwerk genützt und dort die ersten wichtigen
Neuzugänge gewonnen.
neue verpackung: Und darüber hinaus, wie ist die Erweiterung der
Netzwerkarbeit gelungen?
Hans-Georg Böcher: Sie scheint gelungen zu sein, denn der Verein hat heute weit über 200 Mitglieder. Aber ein Problem begleitet uns dennoch: Weil die Verpackungsbranche sich ihres Branchencharakters nur unzureichend bewusst ist, gibt es eine starke Diskrepanz zwischen der Bedeutung der Branche und ihrer
Selbstdarstellung. Ihre „Produkte“, so relevant sie für das
eigene Auskommen sein mögen, besitzen in den Augen der
Bevölkerung „null Valenz“. Solange Verpackungen nicht als
gesellschaftlich wichtig dargestellt werden, muss die Verpackungsindustrie damit leben,
dass die Politik so mit ihr umgeht, wie sie das in der Vergangenheit getan hat. Ich behaupte, so etwas wie das Dosenpfand
hätte man mit der Automobilindustrie so ohne weiteres nicht
gemacht. Man ist bei der Verpackung noch immer nicht – kulturell „gefühlt“ – auf Augenhöhe mit anderen Branchen. Bei
allem, was bereits erreicht wurde: Das Deutsche VerpackungsMuseum wie es heute ist, kann
nur der Anfang sein von etwas,
was noch kommen muss.
Deutschland ist Verpackungsweltmeister, und dem muss
Ausdruck verliehen werden.
Wir müssen zu höheren Aufwendungen in der Lage sein,
um die Ausstattung, das Auftreten und die Wahrnehmung des
Museums zu verbessern.
Umbauten und Renovierungsarbeiten, auch dank großzügiger
Vermieter, geschafft waren, verzögerten die Kosten für die notwendige Ausstattung den Start. Wir zahlten zwar Miete, gleichzeitig aber fehlte uns das Geld, um Vitrinen, Beleuchtung etc. zu
kaufen und so mit der Eröffnung erste Einnahmen zu schaffen.
Aber auch das Problem wurde mit guten Ideen, vielen Arbeitsstunden und viel Improvisation aus der Welt geschafft.
Hans-Georg Böcher: Irgendwann sind wir mit Gewalt über die finanzielle Lücke gesprungen. Dazu gehörte, dass wir sehr hart
verhandelt haben. Zum Beispiel mit der Firma, die die von innen beleuchtete Vitrinenwand umgesetzt hat. Und wir haben
fast schon wie ein Hasardeur Dinge in Auftrag gegeben, die wir
erst im Nachhinein bezahlen konnten.
Peter Jochen Schott: Dazu kam auch, dass das Netzwerk von Unterstützern zu diesem Zeitpunkt schon recht gut funktionierte.
neue verpackung: Was waren die
größten Hindernisse vor der
Eröffnung des Museums?
Peter Jochen Schott: Als die Entscheidung für den Standort Heidelberg gefallen war, ich durfte
dabei als Zünglein an der Waage
fungieren, mussten wir dort erst
mal aus den dunklen, verdreckten Lagerräumlichkeiten der
historischen „Nothkirche“ das
besondere Ambiente herausschälen, das die Besucher heute
so sehr schätzen. Nachdem die
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PACKMITTEL
Einige Firmen spendeten zum Beispiel Vitrinen oder Teile ihrer
Messeausstattung. Und es dauerte nicht lange, dass ich mir immer wieder wie ein Bettler in Museumssachen vorkam.
neue verpackung: Wie hat man es geschafft, die breite Öffentlichkeit für das Thema Verpackung zu interessieren?
Hans-Georg Böcher: Damals herrschte das Bild vor: Verpackung,
das ist „braune Wellpappe“, also unbedruckt, was soll es da zu
sehen geben, das ist langweilig. Um das Publikum der näheren
und weiteren Region zu gewinnen, haben wir viele Aktionen im
Bereich Öffentlichkeitsarbeit auf den Weg gebracht. Bestehende
Vorurteile haben wir auf die Spitze getrieben und dann das Gegenteil bewiesen. Die Besucher haben erlebt, dass es bei uns
wertvolle, attraktive Exponate zu sehen gibt, die Aspekte der
Designgeschichte, der Markengeschichte und der Geschichte
der Werbung vermitteln. Dazu kommt dieser emotionale
Aspekt, von dem auch Peter Jochen Schott gesprochen hat, der
dafür sorgt, dass die Besucher das Museum sehr positiv erleben.
Für Interessierte war die überregionale Presse- und Kommunikationsarbeit, durch Herrn Schotts Agenturen von Anfang an
ehrenamtlich durchgeführt, von ganz zentraler Bedeutung.
neue verpackung: Gab es ein Konzept, wie man das Interesse von
Journalisten über die Fachpresse hinaus weckt?
Peter Jochen Schott: Wir haben gezeigt, dass es Verpackungen
gibt, die kulturell so bedeutsam sein können wie ein Gemälde
oder eine Skulptur – was übrigens durch heutige Sammlerwerte unterstrichen wird. Und dies mit den Mitteln professioneller
Pressearbeit. Da wurde ein Aufwand betrieben, der üblicherweise im Jahr gut an die 50.000 Euro kosten würde. Zudem: Mit
Hans-Georg Böcher war ein idealer Gesprächspartner für die
Presse da, der mit seinem Fachwissen als Kunsthistoriker viel
dazu beigetragen hat, dass das Thema in der Presse immer wichtiger wurde. So haben wir für das relativ kleine Museum eine
Medienresonanz, die so manches große Haus gerne hätte.
neue verpackung: Was schätzen Sie, wie viele Besucher das
Museum in den letzten zehn Jahren hatte?
Hans-Georg Böcher: Das ist ganz schwer zu schätzen. Pro Sonderausstellung können das schon mal 20.000 Besucher gewesen
sein. Dazu kamen immer wieder viele Gruppen, und dazu
kommt dann seit einigen Jahren die „Lange Nacht der Museen“,
da haben wir noch mal 7.000 bis 8.000 Gäste und sind eines der
meist besuchtesten Museen in der Region.
neue verpackung: Wie ist die Idee zum Deutschen Verpackungsdialog entstanden?
Peter Jochen Schott: Die Idee zu einer Veranstaltung ähnlich dem
Deutschen Verpackungsdialog war eigentlich von Anfang an da.
Ich habe mich innerhalb des Vorstands für eine solche Veranstaltung stark gemacht, weil ich überzeugt war, dass wir damit wichtige Wegmarken in der Außenkommunikation und in
Sachen Fachkompetenz setzen.
neue verpackung: Was wollten Sie bewirken?
Peter Jochen Schott: Der Fachwelt sollte vermittelt werden: Das
Museum ist kein pittoresker Folklore-Ort zum Abstellen hübscher Verpackungen. Sondern da findet ein aktueller Diskurs
zum Thema Verpackung und Marke statt. Da muss man hin,
weil das eigene Netzwerk dort mit Kontakten auf höchstem Niveau gestärkt werden kann. Wir bieten in einem persönlichen,
informellen und auf jeden Fall nicht kommerziellen Umfeld,
Hier trifft sich die Branche: Der Deutsche Verpackungsdialog
In der Geschichte des Deutschen Verpackungs-Museums spielt der Deutsche
Verpackungsdialog eine zentrale Rolle.
Mit Referenten der allerersten Kategorie
– vom Unternehmensinhaber, über ausgesuchte Experten aus Praxis und Wissenschaft bis hin zum Vorstandsvorsitzenden internationaler Konzerne, quasi
„zum Anfassen“ – erfährt die Fachöffentlichkeit hautnah Authentisches
und Hintergrundwissen über Themen
wie Verpackung, reale und imaginäre
Marken, Markenführung oder Verpackungsdesign. 1998 startete die Reihe,
die sich seither als herbstlicher Jour fixe
etabliert hat.
Ihren Stellenwert verdankt die Veranstaltung, die in diesem Jahr zum
zehnten mal stattfindet, der konsequenten Netzwerkarbeit des Museums – und
der Großzügigkeit der Referenten. Denn
anders als kommerzielle Veranstalter
konnte das Museum den hochkarätigen
Rednern kein Honorar zahlen. Unternehmer, Markenfachleute, Designer – für
das Museum sind sie ehrenamtlich ans
Rednerpult getreten. Zum Verpackungs-
46]neue verpackung 11.2007
dialog kommt man indes nicht nur, weil
hier prominente Branchenvertreter Hochinteressantes zu Theorie und Praxis von
Marke und Verpackung berichten. Es hat
sich auch gezeigt, dass das Publikum aus
der Entscheidungsebene der Unternehmen
kommt. Der Verpackungsdialog und das
beliebte Get Together am Vorabend werden gerne genutzt, um bestehende Kontakte zu pflegen und neue zu knüpfen. Die
Veranstaltung wird ihrem Titel gerecht: Sie
ist eine Einladung zum Dialog.
Helmut Thoma, Ex-RTL-Chef.
Rolf Kunisch,
Ex-Chef der
Beiersdorf
AG.
Uli Mayer-Johanssen,
Chief Design Officer bei
MetaDesign, Berlin.
Neue Verpackung 2006 11/2007, S. 47, 17.10.2007, 15:02, SB
hochkarätige Redner, die Markenwissen aus erster Hand vermitteln. Auf diese Weise fühlen sich auch auf Seiten der Gäste
bevorzugt Entscheider angesprochen.
neue verpackung: Zunächst konnten Sie aber bei Rednern und
Gästen keine Referenzen vorweisen, wie konnten Sie da so erfolgreich sein?
Hans-Georg Böcher: Der Clou war, dass wir frech genug waren,
den Verpackungsdialog ganz hoch aufzuhängen: als die führende Veranstaltung zum Thema Packaging und Marke. Das bedeutete für uns: Wir wollen Firmenführer und Konzernlenker als
Referenten, nicht die operative Ebene. Und gleich vom Start
weg haben wir das geschafft. Herr Wiezorek, Aufsichtsrat von
Coca-Cola, Herr Werner, Inhaber der dm-Drogeriemärkte oder
Herr Dr. Kunisch, der Vorstandsvorsitzende von Beiersdorf, mit
Persönlichkeiten dieser Güte sind wir gestartet. Damit war die
Benchmark für alle weiteren Veranstaltungen gesetzt.
neue verpackung: Auch in diesem Jahr haben Sie wieder prominente Referenten wie z. B. Dr. Oetker gewonnen. Wer steht denn noch
auf Ihrer Wunschliste?
Peter Jochen Schott: Auf unserer Wunschliste stehen Unternehmensinhaber und -chefs, die als glaubwürdige Identifikationsfigur für Marken stehen. Die ihre Marke bestenfalls auch mit ihrer Person repräsentieren: so wie ein Emil Underberg für Underberg steht. Oder eben Konzernlenker, die „global brands“ zu
verantworten haben. Markenexperten und Designer, die wegweisende Konzepte formulieren.
Hans-Georg Böcher: Eine Person können wir von der Wunschliste streichen, weil wir bereits für 2008 eine Zusage haben: Wir
freuen uns, dass wir Herrn Neukirch, den Vorstandsvorsitzenden von Klosterfrau, als Referenten ankündigen können.
neue verpackung: Wo sehen Sie gegenwärtig die größten Herausforderungen für das Museum?
Peter Jochen Schott: Wir dürfen nicht auf der Stelle treten. Für
das Verpackungs-Museum hat sich schon heute fast automatisch die Zusatzrolle eines Markenmuseums ergeben: Weil
Verpackung gleich Marke ist. Die Themen gehören untrennbar
zusammen. Um den nächsten Schritt zu tun, braucht es aber ein
Plus an personeller Unterstützung. Und Voraussetzung dafür ist
ein solides finanzielles Fundament. Wir arbeiten weiterhin ohne
jede Unterstützung der öffentlichen Hand. Im Moment gibt es
mit Herrn Böcher einen Festangestellten, alle anderen Tätigkeiten werden von Teilzeitkräften, Aushilfen und ehrenamtlich Tätigen erbracht – sonst wäre vieles nicht möglich.
Hans-Georg Böcher: Es gibt viele Herausforderungen, denen
man sich nicht gleichzeitig stellen kann. Eine ist inhaltlicher
Art: Die Rolle der Verpackung als Kulturträger ist noch nicht
annähernd ausgeschöpft. Es gibt viele Themen, die mir Spaß
machen würden. Ich gebe mal ein Beispiel: eine werbegeschichtliche Ausstellung über die Rolle von exotischen
Kulturen in der Werbung, z. B. „Negroismus“. Die Verpackungsgeschichte ist ja immer eigentlich Werbegeschichte,
Verpackung ist die Urform der Werbung. Und zum anderen gilt
es auf der Marketingebene des Museums, die Netzwerkfunktion noch weiter zu stärken. Also zum Beispiel noch internationaler, europäischer zu werden.
neue verpackung: Mit welchen Argumenten sprechen Sie Unternehmen an, die Sie für eine Mitgliedschaft gewinnen wollen?
Peter Jochen Schott: Anders als vor Eröffnung des Museums können wir heute auf die bisherigen Erfolge verweisen. Auf die
Sonderausstellungen, auf mittlerweile zehn Verpackungsdialoge, auf das positive Feedback aus der Pressearbeit und auf die
Öffentlichkeitsarbeit in der Region, zum Beispiel mit dem Beitrag zur „Langen Nacht der Museen“.
Hans-Georg Böcher: Unter unseren Mitgliedern sind Unternehmen, die direkt in der Verpackungsbranche tätig sind oder in
diese Branche liefern, wie Designagenturen oder Hersteller von
Druckfarben, Karton, Folien oder anderen Materialien. Genauso trifft man bei uns auf wichtige Markenartikelunternehmen,
die Verpackungen brauchen, um den Inhalt und den Charakter
ihrer Marken zu kommunizieren. Die Verbindung zwischen abfüllender Industrie und der Zuliefererwirtschaft ist für die Netzwerkarbeit beider Seiten interessant.
neue verpackung: Welche Ausstellungen sind zur Zeit geplant?
Hans-Georg Böcher: Im Augenblick bereiten wir die Ausstellung
„10 Jahre Deutsches Verpackungs-Museum: Top-Brands – Marken, die die Märkte prägten“ vor.
neue verpackung: Was ist Ihre Vision für die Zukunft des Museums?
Hans-Georg Böcher: Eine Vision sieht so aus, das Museum eines
Tages aus dem Kirchengebäude zu lösen. Der bisherige Standort
hat sich mit vielen, vielen positiven Eigenschaften für uns gut
ausgewirkt. Das aufzugeben ist natürlich ein Risiko. Auf der anderen Seite befreit uns ein neuer oder eventueller zusätzlicher
Standort in einer erweiterten Lage und Immobilie von manchen
Einschränkungen und eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Das
setzt voraus, dass sich die Verpackungswirtschaft in einer viel
größeren Weise als bisher als Sponsor definieren müsste.
쐽
neue verpackung 11.2007]47