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Crowdfunding Klassische Berufe Das Journal für die Region Hannover Karitativ Unternehmensnachfolge Das Journal für die Region Hannover Jetzt mit Brancheninformationen bereitgestellt durch Hannover Spezial. I/2015 2013 Unternehmensnachfolge Worauf es bei der Übergabe an die nächste Generation ankommt. RegJo im Expertengespräch. Klassische Berufe Es gibt sie noch, die alten traditionsreichen Handwerksberufe. Raritäten aus der Region. Crowdfunding Neue Finanzierungsmodelle und demokratische Kredite? Crowdfunding eröffnet neue Perspektiven. gültig bis März 2014 Jahr h: zer pro Als Buc Mio. Nut über 37 Monat : Im Web ucher pro Mio. Bes über 9 ds : Als App Mio. Downloa über eine Ausgabe I/2015 Nummer 22 | 5 € Als Buch, im Web, als App. Magazin REGIONah wichtige Themen und Tipps für Hannover II III IV V VI VII VIII IX X XI Das eigene Heim Baufinanzierung Gesund wohnen Energie sparen & Denkmalschutz Fort- und Weiterbildung Finanzämter Bürgerbüros Abfallentsorgung Auto Rund um Ihr Recht II - XII Branchenverzeichnis Adressen zu den Themen dieser REGJO-Ausgabe Bauen & Wohnen • Architektur • Baubedarf • Dachdeckereien • und mehr ab XIII www.regjo.de Logistik • Speditionen • Transporte • und mehr Bild: peshkova – Fotolia.com 38 Unternehmensnachfolge RegJo Hannover Unternehmensnachfolge 39 Unternehmensnachfolge: So gelingt der Führungswechsel Rund 300 Betriebe in der Region Hannover streben jedes Jahr eine Unternehmensübergabe an. Viele von ihnen werden es schwer haben, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Denn in Zeiten des Fachkräftemangels können potenzielle Kandidaten es sich leisten, wählerisch sein. Text Ingrid Lorbach Bild: peshkova – Fotolia.com 40 Unternehmensnachfolge RegJo Hannover „Wer eine Firma selbst aufgebaut und quasi wie ein Baby hochgepäppelt hat, kann oft nur schwer loslassen.“ Guido Langemann Unternehmensnachfolge 41 42 Unternehmensnachfolge Bild: Parfümerie Liebe heute in die Gründungsberatung kommt, verfolgt damit den Plan A. Die Beratungsgespräche sind momentan die reine Freude, weil wir es mit so motivierten Leuten zu tun haben.“ Viele Unternehmer können sich ein Leben ohne Betrieb gar nicht vorstellen und verdrängen das Thema Nachfolge. Einer dieser motivierten Gründer ist Arne Häsener, der Anfang des vergangenen Jahres mit seinem Geschäftspartner Holger Gross das Speditionsunternehmen Schütz übernommen hat, in dem er Ende der 1980er Jahre seine Ausbildung zum Speditionskaufmann begonnen hatte. Er habe schon immer das Ziel gehabt, selbständig ein Unternehmen zu führen, sagt Häsener: „Das war immer mein Plan A. In abhängiger Position stößt man einfach irgendwann an Grenzen.“ Nach Positionen im Management und Marketing verschiedener Unternehmen der Logistik- und Transportbranche kehrte er vor ein paar Jahren zur Firma Schütz zurück, um mit der Inhaberfamilie die Übernahme vorzubereiten. „Wir kannten uns ja persönlich und hatten uns nie aus den Augen verloren“, so Häsener. Andere Betriebe haben es schwerer, potenzielle Übernehmer für sich zu interessieren. Manche Unternehmer, so Guido Langemann, hätten es schlicht versäumt, ihre Betriebe über die Jahre in Form zu bringen. „Es gibt Betriebe, die haben keinen Nachfolger verdient“, lautet das Urteil des IHK-Abteilungsleiters, „da wurde oft seit Jahren nicht mehr investiert.“ Viel zu lange würden Unternehmer oft das Thema Nachfolge verdrängen, wobei oft psychologische Aspekte im Spiel seien, meint Langemann: „Wer eine Firma selbst aufgebaut hat und quasi wie ein Baby hochgepäppelt hat, kann oft nur schwer loslassen.“ Das beobachten auch Björn Ehrich und Dr. Peter Stieve, die als Unternehmensberater Übernahmeprozesse begleiten. „Es gibt Firmeninhaber, die noch kurz vor dem Verkauf, beim Notartermin, einen Rückzieher machen, weil ihnen bewusst wird, dass sie ja gar keine Hobbys haben und ohne ihre Firma nichts mit sich anfangen können“, erzählt der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Stieve. Es gibt aber auch materielle Gründe, warum Senior-Chefs selbst mit 65 bis 70 Jahren noch nicht abgeben wollen. Viele mittelständische Unternehmer haben keine ausreichende finanzielle Absicherung fürs Alter. In der Hoffnung, durch den Verkauf des Unternehmens die Altersvorsorge wenigstens ein bisschen aufstocken zu können, entwickeln sie dann oft völlig überzogene Preisvorstellungen. Guido Langemann rät deshalb allen Unternehmern dringend, sich bereits mit etwa 55 Jahren mit dem Thema Nachfolge zu beschäftigen: „Es gilt rechtzeitig zu klären: Kommt jemand in der Familie dafür infrage? Wie könnte man die Nachfolge gegebenenfalls unter mehreren Familienmitgliedern aufteilen? Oder, wenn es niemanden in der Familie gibt, könnte dann einer der Mitarbeiter den Betrieb übernehmen?“ Knapp die Hälfte aller zur Nachfolge stehenden Unternehmen werden nach Untersuchungen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn an Familienmitglieder übergeben, mit rückläufiger Tendenz. Gerade innerhalb der Familie spielen emotionale und psychologische Fragen eine große Rolle, auf Seiten der abgebenden wie der nachfolgenden Generation. Den Älteren fällt das Loslassen schwer, die Jungen wollen sich selber beweisen. Netzwerke helfen, wenn Nachfolger außerhalb der Familie oder des Unternehmens gesucht werden. Caroline Prenzler führt in fünfter Generation das Familienunternehmen Parfümerie Liebe. Bild: Parkhotel Bilm Eine Unternehmensnachfolge wird gern mit der Stabübergabe beim Staffellauf verglichen: Mühelos wechselt der Stab von einer Hand in die andere, ohne Unterbrechung geht der Lauf weiter. Nicht immer allerdings läuft es so glatt – weder im Sport noch bei der Unternehmensübergabe. Momentan scheint es, auf Unternehmen übertragen, immer mehr Läufer zu geben, die Runde um Runde vergeblich darauf warten, dass ihnen jemand den Stab abnimmt und mit frischer Kraft voran sprintet. Das legen aktuelle Zahlen des Deutschen Industrieund Handelskammertages (DIHK) zum Generationswechsel in deutschen Unternehmen nahe. Erstmalig gibt es mehr Inhaber, die ihren Betrieb abgeben wollen, als Übernahmekandidaten. Guido Langemann, Leiter der Abteilung Handel und Dienstleistungen bei der Industrie- und Handelskammer Hannover kann diesen Trend auch für die Region bestätigen. Mittelständische Betriebe haben es zusehends schwer, Nachfolger zu finden. „Gute potenzielle Gründer haben Alternativen“, so Langemann „oft nehmen sie dann doch lieber das attraktive Jobangebot an.“ Vor vier oder fünf Jahren seien noch häufig Fachkräfte aus dem mittleren Management in die Beratung gekommen, die ihre Arbeitsstelle verloren hatten und als „Plan B“ die Selbständigkeit in Betracht zogen. Das komme wegen des Fachkräftemangels inzwischen so gut wie gar nicht mehr vor: „Wer Unternehmensnachfolge 43 RegJo Hannover Für Caroline Prenzler war das Geschäft ihrer Eltern, die Hannoveraner „Parfümerie Liebe“, als Kind „so etwas wie ein zweites Wohnzimmer“. Schon früh war ihr klar, dass auch sie einmal in das über 140 Jahre alte Familienunternehmen einsteigen wollte. Doch nach der Ausbildung zur Sylvia und Mirco Hatesuer haben gemeinsam das Parkhotel Bilm im Glück übernommen. „In abhängiger Position stößt man einfach irgendwann an Grenzen.“ Arne Häsener Einzelhandelskauffrau und einem BWL-Studium ging sie zunächst für einige Jahre ins Personalbüro zu Volkswagen. „Ich wollte einmal einen Beruf unabhängig von den Eltern ausüben“, sagt Prenzler, die heute stolz darauf ist, gemeinsam mit ihrem Cousin Matthias Meyerhoff das Unternehmen in fünfter Generation zu führen. Die Eltern sind weiterhin aktiv am Unternehmen beteiligt, gönnen sich aber inzwischen mehr Zeit für Segeln und andere Hobbys. Kürzlich sind sie sogar in ein Konzert gegangen, während in der Parfümerie ein Kundenevent lief – die Tochter macht das schon! Wenn sich weder in der Familie noch im Unternehmen Kandidaten für die Übernahme finden, dann ist die bundesweite Unternehmensnachfolgebörse „nexxt“, initiiert vom Bundeswirtschaftsministerium, der KfW Bankengruppe, des DIHKT, dem Zentralverband des Deutschen Handwerks und von Bankenverbänden, eine Möglichkeit, mit Interessenten zusammenzufinden. Die IHK Hannover als regionaler Partner der Börse veröffentlicht Angebote von Firmen auf ihren Internetseiten. Daneben gibt es noch viele andere formelle oder informelle Netzwerke, über die Kontakte geknüpft werden können. Unternehmensberater Björn Ehrich beispielsweise ist gut in der Tourismusbranche vernetzt, was Klienten aus diesem Bereich zugute kommt. Ehrich und sein Kollege Dr. Stieve sehen ihre Rolle als Vermittler zwischen Unternehmer und Nachfolger. Oft zeige sich schon beim Erstkontakt, ob es zu einer Übernahme kommen könnte. „Die menschliche Ebene muss passen“, sagen die beiden. Was dann folgt, sind meistens mindestens ein bis anderthalb Jahre harter Arbeit für beide Seiten: Unternehmensbewertung, Kaufpreisverhandlungen, Regelung rechtlicher und steuerlicher Fragen, Finanzierung, Kauf- und Übergabeabwicklung. Für die Nachfolger stellt oft die Finanzierung die größte Hürde dar. Das gehe in der Regel nicht ohne Unterstützung, warnt Guido Langemann. Alles selber machen zu wollen und auf die Expertise von Rechts-, Steuer- und anderen Beratern zu verzichten, sei ein häufiges Käuferproblem. Bei der Übernahme müssen beide Seiten einen langen Atem haben, bis alle rechtlichen und finanziellen Frage geklärt sind. Als Sylvia und Mirco Hatesuer gefragt wurden, ob sie das Parkhotel Bilm im Glück in Sehnde übernehmen wollten, mussten sie nicht länger als eine Nacht über die Entscheidung schlafen. Hotelkauffrau Sylvia Hatesuer war schon seit vielen Jahren bei den Vorbesitzern, dem Ehepaar Budde, in die Geschäftsleitung integiert gewesen, und auch ihr Mann hatte als Küchenmeister vor einigen Jahren schon hier gearbeitet – sogar kennengelernt hatten sie sich im Parkhotel. Bis die Übernahme • 44 Unternehmensnachfolge Unternehmensnachfolge 45 Bild: Ehrich und Kollegen Consulting Bild: IHK Hannover RegJo Hannover Unternehmensnachfolge: DOs & DON‘Ts Abgebender Unternehmer – DOs • ab Alter 50+ an Nachfolge denken • mindestens 5 Jahre für gesamten Übergangsprozess einplanen • das Unternehmen in Form halten • rechtzeitig Lücken in der Altersvorsorge schließen • für Nachfolge geeignete Mitarbeiter einstellen, ausbilden DON‘Ts • Thema Nachfolge verdrängen • alles allein steuern wollen • automatisch von der Nachfolge der Kinder ausgehen • auf unrealistischem Kaufpreis beharren • Interessen außerhalb des Unternehmens vernachlässigen Björn Ehrich und Dr. Peter Stieve (Ehrich und Kollegen Consulting) beraten abgebende Unternehmer und ihre Nachfolger. Guido Langemann leitet bei der IHK Hannover die Abteilung Handel und Dienstleistungen. perfekt war, dauerte es allerdings noch zwei Jahre. Die größte Herausforderung war dabei die Finanzierung. „Da wir nun mal keine Lottogewinner sind“, so Sylvia Hatesuer, „mussten wir die Banken mit einem guten Konzept und unserer fachlichen wie persönlichen Kompetenz überzeugen.“ Ansätze im Traditionsunternehmen, das mittlerweile über 4.000 Fans auf Facebook hat. Eine neue Idee der Geschäftsführerin: Abendkurse in Parfümerie für Menschen, die sonst nur im Internet einkaufen – online kann man schöne Düfte ja gar nicht riechen. Die Berater Ehrich und Stieve bieten unter der Bezeichnung „Duales Nachfolge-Paket“ eine gemeinsame Beratung für abgebende und übernehmende Unternehmer an. Während des gesamten Übergabeprozesses inklusive Kaufabwicklung sind beide Parteien daran beteiligt. Daran schließt sich ein dreijähriges Coaching für den NeuInhaber an, das ihn in der heiklen Anfangsphase als Unternehmer unterstützen und vor Anfängerfehlern bewahren soll. Zu letzteren gehören neben mangelnder Liquiditätsplanung oder Risikovorsorge auch der Drang, in kurzer Zeit das gerade übernommene Unternehmen vollständig umkrempeln zu wollen, was Kunden verprellen und das Vertrauen der Mitarbeiter gefährden kann. Der allzu forsch agierende Jungunternehmer scheint – psychologisch gesehen – so etwas wie der Gegenpart zum Firmengründer, der nicht loslassen kann. Oder, um es noch einmal sportlich auszudrücken: Während der eine den Stab zu lange umklammert hält, prescht der andere schon los, bevor er ihn fest genug im Griff hat. So gelingt weder der Staffellauf noch Unternehmensführung. Arne Häsener hatte vor der Übernahme der Schütz Spedition bereits erste Erfahrungen als Mitgründer einer kleineren Firma gemacht. „Aber das Unternehmen Schütz ist schon ein paar Nummern größer“, sagt der neue Mitinhaber und Geschäftsführer. Die Finanzierung, erzählt er, sei nicht einfach gewesen, weil die Speditionsbranche wegen „schwarzer Schafe“ bei Kreditinstituten keinen guten Ruf habe. Umso wichtiger sei es, nun mit „solider Haushaltsführung und realistischem Blick“ die kritischen ersten Jahre zu meistern. Neue Firmenchefs wollen ihr Unternehmen verändern. Dabei sollten sie aber behutsam vorgehen. Bewährtes beibehalten und gleichzeitig neue Akzente setzen, das ist auch die Strategie der Hatesuers in ihrem Parkhotel Bilm im Glück. Mit Mirco Hatesuer als Küchenchef wird das gastronomische Angebot im „Restaurant im Glück“ ausgebaut. Sylvia Hatesuer findet es wichtig, sich regelmäßig, losgelöst vom Tagesgeschäft, Gedanken zur Zukunft des Hotels machen. Sehr froh ist sie über die Unterstützung des Teams von über 40 Mitarbeitern, die sie übernommen hat. Und wie fühlt es sich für sie an, nun Eigentümerin und Chefin zu sein? Die Antwort kommt ohne Zögern: „Fantastisch! Auch wenn es eine Riesenverantwortung ist.“ „Ein Fachgeschäft wie das unsere zu führen, ist nicht einfach heute, wo sich an jeder Ecke Filialen von Parfümerieketten finden“, erklärt Caroline Prenzler von „Parfümerie Liebe“. Doch sie ist von den Stärken des eigenen Unternehmens überzeugt: „Wir bieten den Kunden Beratung, in den Kaufhäusern werden sie hilflos stehen gelassen.“ Gleichzeitig setzt sie auf innovative Guido Langemann von der IHK wünscht sich, dass derartige Begeisterung für Unternehmensgründung auch an die nachfolgenden Generationen weitergegeben wird. „Der Fachkräftemangel wird uns erhalten bleiben“, ist er überzeugt, „deshalb brauchen wir viel Motivation und eine gute Gründerkultur, damit sich auch in Zukunft noch Unternehmensnachfolger finden.“ • Nachfolger – DOs • vorher fachliche und kaufmännische Kompetenzen prüfen und verbessern • Beratung (Recht, Steuern, Finanzierung) in Anspruch nehmen • ein bis zwei Jahre von der Entscheidung bis zur Übernahme einplanen • Zielvorstellung für das Unternehmen entwickeln • Für dem Notfall (Tod, Krankheit) planen DON‘Ts • Belastbarkeit (auch der Familie) falsch einschätzen • mit zu hoher Tilgungsbelastung finanzieren • keine Liquiditätsplanung • zu viel auf einmal verändern wollen • keine Alters- und Risikovorsorge Unternehmensnachfolge online www.nexxt-change.org Nachfolgebörse für Unternehmen und potenzielle Nachfolger www.existenzgruender.de Informationen für Gründer und Nachfolger www.hannover.ihk.de www.wirtschaftsfoerderung-hannover.de Infos und Beratungskontakte