Semesterplan
Transcription
Semesterplan
Universität Tübingen – Wintersemester 2007/08 Vorlesung: Griechische Gesellschafts- und Staatsentwürfe PD Dr. Klaus Geus Download als Pdf unter „Materialien“ auf: http://www.utopica.de/Klaus_Geus/klaus_geus.html Semesterplan 1. Einführung 2. Homer, Hesiod und die soziologischen Hintergründe der archaischen Welt 3. Hippodamos, Phaleas und die griechische Poliswirklichkeit 4. Spartanischer Kosmos und Große Rhetra 5. Die Fundamentaldemokratie Athens 6. Die politischen Ideen der Sophisten 7. Politisches und Utopisches bei Herodot 8. Die utopischen Elemente der Alten Komödie 9. Platons utopische Konzeption („Staat“; „Atlantis“-Mythos; „Gesetze“) 10. Aristoteles´ politische Vorstellungen 11. Die Staatskonzeptionen des Xenophon und des Isokrates 12. Die gesellschaftlichen Vorstellungen der Kyniker 13. Die politischen Anschauungen der Stoiker und Epikureer 14. Staatliche und utopische Vorstellungen in hellenistischer Zeit (Euhemeros und Iambulos) 15. Verfassung und Verfassungswirklichkeit der römischen Republik (16. Ciceros Staatskonzeption) 17. Die Grundlagen des römischen Principats 18. Die so genannte „stoische“ Opposition 19. Staat und Kirche unter Konstantin (20. Der „Gottesstaat“ des Augustinus) 21. Die Strukturen der spätantiken Gesellschaft und die Gründe für den Untergang des Römischen Reiches 22. Zusammenfassung und Ausblick (Die in Klammern stehenden Themen sind optional oder entfallen möglicherweise aus Zeit- mangel. Beachten Sie hierzu die aktuellen Ankündigungen) 1. Einführung Definitionen Utopie Eine Utopie ist eine literarische Denkform, in der Aufbau und Funktionieren idealer Gesellschaften und Staatsverfassungen eines räumlich und/oder zeitlich entrückten Ortes, oft in Form fiktiver Reiseberichte, konstruiert werden. Staatsentwurf Ein Staatsentwurf ist die systematische Beschreibung des Aufbaus und des Interagierens einer staatlichen Gesellschaft in deskriptiver Form. Drei Unterschiede: - Utopien sind meist in belletristischer („Roman“), Staatsentwürfe in wissenschaftlicher Form („Traktat“) verfasst - kontrafaktischer Ansatz der Utopien - Grad der Realisierbarkeit Literaturhinweise Allgemein: Peter Weber-Schäfer: Einführung in die antike politische Theorie. 2 Bde. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1976. Alexander Demandt: Der Idealstaat: Die politischen Theorien der Antike. 3. durchges. Aufl. Köln: Böhlau, 2000. Alexander Demandt: Antike Staatsformen: Eine vergleichende Verfassungsgeschichte der Alten Welt. Berlin: Akademie-Verlag, 1995. Reinhold Bichler: Von der Insel der Seligen zu Platons Staat: Geschichte der antiken Utopie. Teil 1. Wien; Köln; Weimar: Böhlau, 1995. Wilfried Nippel: Mischverfassungstheorie und Verfassungsrealität in Antike und früher Neuzeit. Stuttgart: Klett-Cotta, 1980. John Ferguson: Utopias of the Classical World. London: Thames and Hudson, 1975. Frank Kolb: Die Stadt im Altertum. Düsseldorf: Patmos, 2005. (Auctores varii): Cambridge History of Greek and Roman Political Thought. Cambridge: Cambridge University Press, 2000. Griechenland: Max Pohlenz: Staatsgedanke und Staatslehre der Griechen. Leipzig: Quelle und Meyer, 1923. Fritz Gschnitzer (Hrsg.): Zur griechischen Staatskunde. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1969 (Wege der Forschung; 96). Victor Ehrenberg: Der Staat der Griechen. 2., erw. Aufl. Zürich; Stuttgart: Artemis, 1965 (reiche Literaturanga- ben). Hans-Joachim Gehrke: Der siegreiche König: Überlegungen zur Hellenistischen Monarchie. In: Archiv für Kulturgeschichte 64 (1982). S. 247–77 (zum soziologischen und „charismatischen“ Charakter der Monarchie). Ulrich Kahrstedt: Griechisches Staatsrecht. Bd. 1: Sparta und seine Symmachie. Göttingen 1922 (juristisch). Karl-Wilhelm Welwei: Die griechische Polis: Verfassung und Gesellschaft in archaischer und klassischer Zeit. 2. Aufl. Stuttgart: Franz Steiner, 1998. Rom: Géza Alföldy: Römische Sozialgeschichte. 3. Aufl. Wiesbaden: Franz Steiner, 1984. Jochen Bleicken: Die Verfassung der römischen Republik: Grundlagen und Entwicklung. 7. Aufl. Paderborn; München: Schöningh, 1995 (moderner Klassiker). Joachim Marquardt: Römische Staatsverwaltung, 3 Bde., 2. Aufl. Leipzig: Hirzel, 1881–5 (mehrere Nachdrucke; als Ganzes immer noch nicht ersetzt). Ernst Meyer: Römischer Staat und Staatsgedanke. 4. Aufl. Zürich: Artemis, 1975. Theodor Mommsen: Römisches Staatsrecht, I u. II. 3. Aufl. Leipzig: Hirzel 1887; III, 1888 (mehrere Nachdrucke; klassisches Standardwerk). 1. Einführung Thomas Morus (More) Utopia < U-topos Libellus vere aureus nec minus salutaris quam festivus de optimo reipublicae statu deque nova insula Utopia („Wahrhaft goldenes und nicht weniger nutzbringendes als heiteres Büchlein über die beste Staatsverfassung und über die neue Insel Utopia“) udemia Eu-topos Utopia priscis dicta, ob infrequentiam, Nunc civitatis aemula Platonicae, Fortasse victrix, (nam quod illa literis Deliniavit, hoc ego una praestiti, Viris et opibus optimisque legibus) Eutopia merito sum vocanda nomine. „Von den Alten Utopia („Nirgendwoland“) genannt wegen meiner Isolation, bin ich jetzt eine Rivalin der Politeia Platons, vielleicht sogar ihre Bezwingerin. (Denn was sie nur in Worten skizzierte, das habe ich als einzige realisiert mit Männern, Mitteln und hervorragenden Gesetzen.) Verdientermaßen sollte ich mit dem Namen Eutopia („Glücksland“) bezeichnet werden.“ Scheria Hesiod Phäaken 2. Homer, Hesiod und die soziologischen Hintergründe der archaischen Welt 0. Literaturhinweise Joachim Latacz: Homer: Der erste Dichter des Abendlandes. 4. Aufl. Düsseldorf; Zürich: Artemis und Winkler, 2003. Eduard Meyer: Geschichte des Altertums. Bd. 5: Der Ausgang der altorientalischen Geschichte und der Aufstieg des Abendlandes bis zu den Perserkriegen. 9. Aufl. hrsg. v. Hans Erich Stier. Berlin: Cotta, 1952–8 (auch Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft). Hermann Strasburger: Der soziologische Aspekt der homerischen Epen. In: Gymnasium 60 (1953). S. 97–114. Homeros = Ehemann? Geißel? Vgl. auch „ho me horon“ Rhapsode Chios Homeriden Ilias Odyssee Batrachomyomachie Margites F. A. Wolf „Prolegomena ad Homerum“, 1795 Oral Poetry Ionisch, Äolisch Achill(eus) Agamemnon Briseis Patroklos Hektor Hephaistos Ithaka Penelope Telemach(os) Athene Askra Boiotien „Werke und Tage“ (erga kai hemerai) Pandora Theogonie Aioiden Eumaios Astoi (astos) Polis Geronten Mykene Phönizier (Phoiniker) Menelaos Nestor Priamos Ida Paris Kalypso „Und hier war beim Mahl der Sitz der phäakischen Fürsten, Wenn sie schmausten und zechten; stets hatten sie alles zur Genüge. Goldene Knaben standen auf schön gefertigten Sockeln Ringsherum und hielten in Händen brennende Fackeln, Um beim Mahl die Nächte hindurch das Haus zu erleuchten. Fünfzig dienende Frauen sind im Palaste beschäftigt; Ein Teil mahlt auf Mühlen die goldgelben Körner des Feldes, Ein anderer Teil sitzt da, in einer Reihe wie die Blätter der schlanken Pappel, und webt am Stuhl und dreht den Faden der Spindel; Feuchtes Öl fließt nieder von eng gewirkten Leinen. Denn wie die Phäaken vor allen Männern erfahren sind, Schnelle Schiffe übers Meer zu steuern, so sind ihre Frauen In der Kunst des Webens geübt, weil ihnen Athene Talent verlieh für köstliche Werke und edle Gesinnung. Außerhalb des Hofes liegt nahe am Tor ein geräumiger Garten, Etwa vier Morgen groß, umhegt in der Länge und in der Breite. Große Bäume stehen darin in üppiger Blüte, Apfelbäume, Granatäpfel und Birnen mit herrlichen Früchten Und auch die süße Feige und frische, grüne Oliven. Unverdorben bleiben die Früchte und finden kein Ende. Weder im Sommer noch im Winter, das ganze Jahr über, und ein lauer Westwind lässt stets die einen erblühen, die anderen reifen. Birne reift auf Birne, es folgt der Apfel dem Apfel, Auch die Traube der Traube, es folgt die Feige der Feige. ... Darin sind auch zwei Quellen, die eine berieselt den ganzen Garten, die andere indes fließt hinüber unter der Schwelle Des Hofes zum hohen Palast. Dort pflegen die Bürger zu schöpfen. Solche herrlichen Gaben verliehen die Götter dem König.“ Alkinoos Zusammenfassung: 1. Die Gesellschaft dieser Zeit zerfällt im Wesentlichen in zwei Schichten, eine Oberschicht, den Adel, hauptsächlich Großgrundbesitzern, und eine von ihm abhängigen Unterschicht, die für diesen Adel arbeitet. Zur letzteren gehören außer dem Sklaven auch der kleine Bauer, der Lohnarbeiter und der Handwerker. 2. Die soziale Stellung eines Sklaven in der archaischen Zeit schwankte zwischen gewaltigen Extremen und hing in erster Linie von der Gesinnung und der wirtschaftlichen Potenz seines Herrn ab. 3. Die natürliche Beschäftigung für jeden freien Menschen – dies gilt auch für den Adeligen – war die Landwirtschaft. Der Bauer versuchte nach Möglichkeit, in seinem Gutsbetrieb alle Güter selbst herzustellen. 4. Eine Stadt und damit eine städtische Gesellschaft und städtische Institutionen gibt es nur in Ansätzen. Eine Polis in homerischer Zeit ist kaum mehr als der Siedlungsmittelpunkt einer Sippengemeinschaft. 5. In der archaischen Zeit beginnen sich einzelne Berufe zu entwickeln, die dazu beitragen, dass später eine Art von Mittelschicht entsteht. Dazu gehören vor allem die sich spezialisierenden Handwerker und die Kauffahrer, die eine gewisse soziale Mobilität in die Gesellschaft bringen. 6. Die Epen Homer geben vor, die heroischen Verhältnisse der mykenischen Zeit (sagen wir: des 13. vorchristlichen Jahrhunderts) zu beschreiben, bilden aber in Wesentlichen nur die bäuerlichen Verhältnisse ihrer eigenen Zeit, also der zweiten Hälfte des 8. Jh., ab. 7. Bei genauerer Analyse der Gedichte zeigt es sich, dass die Oberschicht keine Feudalaristokratie ist, wie wir sie beispielsweise aus dem Mittelalter kennen, sondern eine mehr oder weniger idealisierte und ausdifferenzierte Schicht aus Gutsbesitzern. 8. Eine „ritterliche“ Gesinnung lässt sich nur in Ansätzen bei den Haupthelden – bei Achill, Hektor und Odysseus – feststellen. Sie erklärt sich als eine Übersteigerung der eigenen bäuerlichen Lebensumstände hin in eine heroische Sphäre. In der homerischen Beschreibung dieser heroischen Sphäre kommt jedoch keine echte Erinnerung an die Verhältnisse der mykenischen Zeit auf. Sie ist rein dichterische Fiktion und kann damit von den Althistorikern nicht für Schlüsse über die Gesellschaft der früheren Zeiten verwendet werden. 9. Die utopischen Vorstellungen, die wir in den Epen Homers vorfinden, entstammen aus der Vorstellungswelt des Adels und sind für den Adel geschrieben. Sie zielen nicht auf eine Umwertung von Idealen oder auf eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, sondern nur auf die Idealisierung der eigenen – in der Regel bäuerlichen – Lebenswirklichkeit. Es sind im Grunde erzkonservative Vorstellungen. 3. Hippodamos, Phaleas und die griechische Poliswirklichkeit Literaturhinweise Hans-Joachim Gehrke: Bemerkungen zu Hippodamos von Milet. In: Demokratie und Architektur: Wolfgang Schuler et al. (Hrsg.): Der hippodamische Städtebau und die Entstehung der Demokratie. München 1989. S. 58– 63. Joachim Szidat: Hippodamos von Milet: Seine Rolle in Theorie und Praxis der griechischen Stadtplanung. In: Bonner Jahrbücher 180 (1980). S. 31–44. Schütrumpf, Eckart: Aristoteles: Politik, Buch II/III. Übersetzt und erläutert. Berlin: Akademie-Verlag, 1991. (238 ff.: zu Phaleas; 259 ff.: zu Hippodamos). Volksversammlung (ekklesia; comitia, contio) Adels- oder Ältestenrat (gerusia; senatus) Beamte (Archonten; magistratus) Demokratie – Aristokratie – Monarchie Solon Aristoteles Hippodamisches System Ionien Milet Thurioi (Thurii) Pythagoras Chalkedon „Hippodamos, der Sohn des Euryphon aus Milet (der die Aufteilung der Städte erfand und den Piräus einteilte und aus Ehrgeiz auch sonst im Leben sehr auffällig war, so dass einige fanden, er lebe zu extravagant mit der Masse der Haare und kostbarem Schmuck, außerdem mit einem einfachen, aber warmen Kleid, das er nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer trug – und der außerdem als kundig in der Naturphilosophie gelten wollte), war der erste, der, ohne Politiker zu sein, etwas über den besten Staat zu sagen versuchte. Er nahm einen Staat an, der 10.000 Männer umfasste, und teilte ihn in drei Teile: einen der Handwerker, einen der Bauern und einen dritten Teil, der kämpfte und Waffen besaß. Auch das Land teilte er in drei Teile, heiliges, öffentliches und privates. Heilig sei das Land, aus welchem die Kosten für den Kultus bestritten würden, öffentlich dasjenige, von welchem die Krieger leben sollen, privat das Land der Bauern. Ebenso meinte er, es gebe auch nur drei Arten von Gesetzen: denn Prozesse gebe es nur über drei Gegenstände: Beleidigung, Schädigung, Totschlag. Er setzte auch ein oberstes Gericht ein, vor das alle Prozesse gebracht werden sollten, die nicht richtig entschieden zu sein schienen. Dieses setzte er aus einzelnen ausgewählten Greisen zusammen ... Er entwarf auch ein Gesetz über jene, die etwas für den Staat Förderliches ausgedacht hätten, damit sie zu ihrer Ehre kämen; ebenso sollten die Kinder der im Krieg Gefallenen auf Staatskosten aufgezogen werden, was damals noch nirgendwo sonst festgesetzt worden war. Inzwischen gibt es dieses Gesetz in Athen wie auch in anderen Staaten. Die Beamten sollen alle vom Volk gewählt werden. Als Volk bezeichnete er die drei genannten Abteilungen; die Gewählten sollten sich um die öffentlichen Dinge kümmern, um die Fremden und die Waisen. Damit ist das Wichtigste und am meisten Erwähnenswerte aus der Ordnung des Hippodamos gesagt.“ (Arist. Pol. II 18) Aristoteles, Politik, II 7 „Einige [Verfassungstheoretiker] meinen, es sei das Wichtigste, wenn die Vermögensverhältnisse gut geordnet sind. Denn nach ihrer Meinung drehen sich alle Revolutionen darum. Als erster hat Phaleas von Chalkedon solche Erwägungen angestellt. Er fordert, dass der Besitz der Bürger gleich sein solle. Dies hielt er nicht für schwer, wenn es gleich bei der Gründung von Staaten angeordnet würde; bei schon bestehenden Staaten sei es mühsamer; da würde der Ausgleich am raschesten geschehen, wenn die Reichen Mitgiften gäben, aber nicht nähmen, die Armen dagegen sie nähmen, aber nicht gäben ... Phaleas meint nämlich, dass in den Staaten in zwei Dingen Gleichheit bestehen solle, in Besitz und Erziehung ... Es zeigt sich ferner an seiner Gesetzgebung, dass er nur einen kleinen Staat einrichtet, wenn nämlich alle Handwerker Staatssklaven sein sollen und nicht im Staate mit umfasst werden. Denn wenn es schon Staatssklaven geben soll, so sollen es jene sein, die für die Öffentlichkeit arbeiten, so wie es in Epidamnos ist ...“ Dorisch Epidamnos/Dyrrhachion Zusammenfassung: 1. Die Polis, der Stadtstaat, ist die Form der politischen Organisation, die für von Griechen bewohnten Gegenden seit der archaischen Zeit typisch wurde. Zu den Merkmalen gehört, dass die Bürgerschaft der Politen nur aus dem männlichen, dem erwachsenen und dem über ein Mindestvermögen verfügende Bevölkerungsteil besteht. Die Mehrheit der Siedler innerhalb einer Polis gehörte also nicht zu den Bürgern. Frauen, Sklaven, ortsansässige Ausländer besaßen keine oder keine vollständigen Bürgerrechte. 2. Nur der Bürger hatte an den politischen Rechten (und den Pflichten) Anteil und konnte damit über sein Leben frei verfügen. Der Polite konnte in drei Institutionen tätig werden: der Ekklesia (Volksversammlung), der Bule (Adels- bzw. Ältestenrat) und als Beamter (Archont). 3. Nach einem Bericht des Aristoteles im 2. Buch seiner Politik war Hippodamos aus Milet (um 480 v. Chr.) der erste Theoretiker, der sich mit der Frage des besten Gemeinwesens beschäftigt hat. 4. Die Dreizahl spielte im System des Hippodamos eine entscheidende Rolle: ein Drittel des Bodens sollte Privateigentum sein, ein weiteres Drittel Tempelland und das letzte Drittel Staatsland. Auch wird die freie Bürgerschaft in drei Stände – Soldaten, Bauern und Handwerker – eingeteilt. 5. Phaleas von Chalkedon (um 400 v. Chr.?) sah die Ursache für alle Bürgerkriege und sozialen Unruhen in der ungerechten Verteilung des Besitzes, die wiederum ungleiche Erziehungs- und Bildungschancen nach sich ziehe. 6. In bereits bestehenden Städten könne man nach seiner Meinung die Gleichheit dadurch herbeiführen, dass man die Kinder von armen Leuten mit den Kindern von reichen Leuten verheiratet. Die reichen Kinder hätten die volle Mitgift in die Ehe mitzubringen und dürften selbst keine Mitgift annehmen. 4. Spartanischer Kosmos und Große Rhetra Literaturhinweise: E. N. Tigerstedt: The Legend of Sparta in Classical Antiquity. 2 Bde. Stockholm; Göteborg; Uppsala 1965. Klaus Bringmann: Die soziale und politische Verfassung Spartas – ein Sonderfall der griechischen Verfassungsgeschichte? In: Gymnasium 87 (1980). S. 465–84. Stephan Schmal: Sparta als politische Utopie. In: Bernd Funk (Hrsg.): Hellenismus: Beiträge zur Erforschung von Akkulturation und politischer Ordnung in den Staaten des hellenistischen Zeitalters; Akten des Internationalen Hellenismus-Kolloquiums 9.–14. März 1994 in Berlin: Tübigen 1996. S. 654–70. Elisabeth Herrmann-Otto: Verfassung und Gesellschaft Spartas in der Kritik des Aristoteles. In: Historia 47 (1998). S. 18–40. Tyrtaios Alkman Herodot Xenophon Polybios Cicero (De re publica) Plutarch Pausanias Xenelasie Große Rhetra „Denn solches ließ der weithin treffende Gott mit dem silbernen Bogen, Der goldgelockte Apollon, aus dem reichen Vorraum verlauten: „Regieren sollen durch ihren Rat die gottgeliebten Könige, Denen Sparta am Herzen liegen, die liebliche Polis. Regieren sollen die Ältesten, die Geronten, dann auch die Männer des Volkes, Jeweils gehorchend geraden Gesetzen. Reden sollen sie Gutes und vollbringen alles Gerechte, Und nicht Krummes raten dieser Polis; Der Menge des Volkes sollen daraus Sieg und Stärke erwachen.“ Phoibos Apollon hat so der Polis darüber solchermaßen Aufschluss gegeben.“ Gerusia (Geronten) Phylen Obai/Oben Ephoren „Nachdem man ein Heiligtum des Zeus Syllanios und der Athena Syllania errichtet hat, Phylen und Oben eingeteilt hat und dreißig Männer einschließlich der Anführer als Rat der Alten eingesetzt hat, soll man von Zeit zu Zeit Versammlungen zwischen Babyka und Knakion abhalten und so Anträge stellen und (die Versammlung) wieder auflösen.“ „Wenn aber das Volk krumme Willensäußerungen tut, sollen die Alten und die Anführer es abtreten lassen.“ Agiaden Eurypontiden Basileis Areopag probuleutisch Apella Demos / Damos Ephorenliste Heloten Periöken Plataiai Pausanias Agoge Eiren Syssitien lakonisch Zusammenfassung: 1. Trotz des großen Interesses der antiken und modernen Schriftsteller an Sparta ist gerade die Frühzeit dieser Polis schwer rekonstruierbar und mit zahlreichen Legenden überwuchert. 2. Spartas Verfassung – auch Große Rhetra oder Lykurgische Ordnung genannt – weist eine Reihe von Besonderheiten auf, die sich so in keiner anderen griechischen Polis finden. Dazu gehören u. a. das Doppelkönigtum, das Fehlen einer Adelsschicht und das Amt der Ephoren. 3. Die Macht der Könige war in klassischer Zeit vielfach begrenzt und ermöglichte nur in Ausnahmefällen charismatischen Persönlichkeiten die spartanische Politik zu dominieren. Im Wesentlichen legten Ephoren und Geronten die politischen Leitlinien fest. 4. Die geringe Bevölkerungszahl Sparta führte zu einer Ausrichtung des Lebens auf das Militärische und zu ständigem Misstrauen gegenüber den Staatssklaven, Umwohnern und Ausländern. 5. Die Rolle der Frau in Sparta ist gegenüber der Rolle der Frauen in anderen Poleis aufgewertet, aber von einer völligen Gleichberechtigung noch weit entfernt. 6. Eine Faszination für Sparta ist gerade in konservativen Kreisen zu beobachten, die die totalitären und imperialistischen Züge Spartas gerne verbrämen. 5. Die Fundamentaldemokratie Athens Literaturhinweise Jochen Bleicken: Die attische Demokratie. 2. Aufl. Paderborn 1994 (auch als Taschenbuch). Hans-Joachim Gehrke: Zwischen Freundschaft und Programm: Politische Parteiungen im Athen des 5. Jh. In: Historische Zeitschrift 239 (1984). S. 529–65. Russell Meiggs: The Athenian Empire. Oxford 1972. Meier, Christian: Die Entstehung des Politischen bei den Griechen. 2. Aufl. Frankfurt am Main 1989. Kurt Raaflaub: Beute, Vergeltung, Freiheit? Zur Zielsetzung des delisch-attischen Seebundes. In: Chiron 9 (1979). S. 1–22. Dorische Wanderung Phylen Phratrien Heros Demen Archonten Areopag Solon Aisymnetes Seisachtheia Horoi Timokratie Pentekosiamedimnoi Zeugiten Theten Medimnos (Scheffel) Peisistratos Periander Plutarch, Solon, 15 „Was nun die Jüngeren den Athener nachsagen, dass sie die negativen Seiten der Dinge mit positiven und angenehmen Worten verkleiden und auf großstädtische Weise beschönigen, indem sie die Huren Hetären, die Tribute Beiträge, die Besatzungstruppen der Städte Wachen und das Gefängnis Wohnung nennen, dies war, wie es scheint, ein Kunstgriff, den zuerst Solon angewendet hat, als er die Aufhebung der Schulden „Lastenabschüttelung“ nannte. Denn dies tat er als erste politische Amtsmaßnahme, dass er verfügte, dass einerseits die bestehenden Schulden aufgehoben werden, dass andererseits keiner in Zukunft mehr Darlehen auf seinen Leib aufnehmen dürfe. Manche freilich, unter ihnen Androtion, haben geschrieben, dass die Armen nicht durch die Aufhebung ihrer Schulden, sondern durch die Ermäßigung der Zinsen Erleichterung erhielten und damit zufrieden waren, und sie hätten diese menschenfreundliche Maßnahme und die gleichzeitig mit ihr erfolgte Heraufsetzung der Maße und des Geldwertes als Lastenabschüttelung bezeichnet. Denn er [Solon] setzte die Mine [436g Silber], die vorher 73 Drachmen wert war, zu 100 Drachmen fest, so dass die einen, da sie zahlenmäßig das Gleiche erstatteten, in Wirklichkeit aber weniger zurückzahlten, bei der Abzahlung einen großen Vorteil hatten, die Gläubiger (Empfänger) aber keinen Schaden erlitten. Die meisten aber sagen, dass die Lastenabschüttelung eine Aufhebung der gesamten Schuldenforderungen gewesen ist, und damit stimmen seine Gedichte besser überein.“ Polykrates Hieron Kleisthenes Isonomia Isegoria Perikles Kleruchien Drachme (4,36g) Trierarchie Choregie Leiturgie Eisphora Delisch-attischer Seebund Metöken Laureion Gymnasien Symposien Hetären Rat der 500 Isonomia Themistokles Salamis Aristeides Kimon Ephialtes Demagogen Ekklesia Pnyx Buleuterion (Bule) Prytanie Prytanen Probuleuma Tamiai Strategen Heliasten Heliaia Dikasterien Polypragmones Pseudo-Xenophon: Vom Staat der Athener Hetairien Kaloikagathoi Timé Areté Miltiades Homonoia Phoroi Oligoi Ostrakismos „... nur dem Namen nach eine Demokratie, in Wirklichkeit aber die Herrschaft des ersten Mannes“ (Thukydides, II 65) Zusammenfassung: 1. Die heute gut bekannte athenische Fundamentaldemokratie wurde nicht an einem Tag erschaffen. Die wichtigsten verfassungsmäßigen Reformen fanden in der Zeit des Solon, Kleisthenes und des Perikles statt. 2. Zu Beginn des 6. Jh. v. Chr. vermittelte Solon zwischen verschuldeten Kleinbauern und adeligen Großgrundbesitzern. Durch die so genannte Lastenabschüttelung (Seisachtheia), die Reform der Münze, Maße und Gewichte, die Kodifizierung des athenischen Rechts sowie die Einführung eines timokratischen Prinzips stellte er den athenischen Staat auf eine neue Grundlage. 3. Kurz nach 510 führten erneute Streitigkeiten zwischen Adel und Kleinbauern zur Errichtung der Demokratie. Kleisthenes beseitigte die Vorrechte des Adels und machte die Volksversammlung zur entscheidenden Institution der athenischen Verfassung. 4. Die freien Athener waren je nach ihrem Vermögen in Theten, Zeugiten, Ritter und Pentekosiamedimnoi eingeteilt. In der Gruppe der letzteren konzentrierte sich der alte Adel. Demokratischen Führern, insbesondere Perikles, gelang es, dessen Prestigedenken von individuellen Zielen auf staatliche Ziele umzudirigieren und für das Gemeinwohl nutzbar einzusetzen. 5. Die zum Teil sehr kostspieligen Aufwendungen für öffentliche Aufgaben wurden in Athen von privater Hand getragen. Die Leiturgien waren eine der wenigen verbliebenen Möglichkeiten für den Adel, individuelles Ansehen (Time) zu erlangen. 6. Parallel zu den gesellschaftlichen Veränderungen erlebten Athen und der Piräus einen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung, der viele Handwerker und Künstler nach Athen lockte. Es entstand ein einmaliges kulturelles Klima, das als die „klassische Zeit“ in die Geschichte einging. 7. Athen wurde im 5. Jh. v. Chr. zu einer Großstadt mit ca. 250.000 Einwohnern, darunter etwa 50.000 Bürgern und 100.000 Sklavinnen und Sklaven. Der Rest waren Nichtbürger, insbesondere ortsansässige Metöken. Die Frauen spielten im Stadtbild Athens eine untergeordnete Rolle. Allerdings ist die lange tradierte Vorstellung von einer Beschränkung der Frau auf das Haus eine Übertreibung. 8. Die wichtigste demokratische Institution in Athen war die Ekklesia, die Volksversammlung, an der alle athenischen Vollbürger teilnehmen durften. Sie fällte – nach probuleutischen Entschlüssen der Bule, des Rates – alle wichtigen innen- und außenpolitischen Entscheidungen. 9. Mit Ausnahme der Strategen und Tamiai wurden alle Ämter in Athen verlost. Dadurch verbreitete sich ein Leistungsoptimismus vor allem in den unteren Bevölkerungsschichten. Durch Zahlung von Diäten wurden im 5. Jh. jedem Bürger die Übernahme politischer Aufgaben und damit die aktive Teilnahme am politischen Willensbildungsprozess ermöglicht. 10. Zwischen den adeligen und den unteren Schichten herrschte ein Spannungspotenzial, das aber nie zu größeren sozialen Unruhen führte. Die außenpolitischen Ziele beider Gruppen waren weitgehend identisch, weshalb Athen im 5. Jh. seine größten außenpolitischen Erfolge feierte. 6. Die politischen Ideen der Sophisten Literaturhinweise Klaus Döring: Platons Darstellung der politischen Theorien des Thrasymachos und des Protagoras. In: Der altsprachliche Unterricht 36 (1993). S. 13–26. George B. Kerferd: The Sophistic Movement. Cambridge: Cambridge University Press, 1981. George B. Kerferd; Hellmut Flashar: Die Sophistik. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Die Philosophie der Antike. Bd. 2/1: Sophistik, Sokrates, Sokratik, Mathematik, Medizin. Basel: Schwabe, 1998. S. 1–137. Protagoras Abdera Gorgias Leontinoi Hippias Elis homo-mensura-Satz „... dass man im Stande ist, mit Worten zu überreden, vor Gericht die Richter, im Rat die Ratsherren, in der Volksversammlung die versammelten Bürger und ebenso bei jeder anderen Zusammenkunft, wo immer es eine politische Versammlung geben mag.“ „Wenn ich ihn im Ringkampf zu Boden werfe, bestreitet er [Perikles] es so geschickt, überhaupt gefallen zu sein, dass ihm schließlich sogar jene glauben, die ihn gerade erst mit eigenen Augen haben fallen sehen“ (Thukydides) Nomos Theaitetos „Was einer jeden Polis gerecht und gut erscheine, das ist es auch für sie, solange sie es dafür hält“ (Protagoras) Zusammenfassung: 1. Die Sophisten, unter ihnen besonders Protagoras und Gorgias, stellten das Individuum in den Mittelpunkt ihres Interesses und machten sich anheischig, es in allen Wissensbereichen durch individuelle Techniken gegen Bezahlung zu fördern. Dadurch veränderten sie insbesondere das geistige Klima in Athen. 2. Protagoras stellte die erste demokratische Theorie auf. Er übertrug seinen homo-mensura-Satz („Der Mensch ist das Maß aller Dinge“) vom Individuum auf das Kollektiv und forderte einen für alle gültigen und von allen getragenen Willensbildungsprozess. 7. Politisches und Utopisches bei Herodot Literaturhinweise: Felix Jacoby: Griechische Historiker. Stuttgart: Druckenmüller, 1954 [Zusammenstellung von RE-Artikeln]. Heinz-Günther Nesselrath: Herodot und die Grenzen der Erde. In: Museum Helveticum 52 (1995). S. 20–44. Herodot Historien Europa Phönizier Thurioi Hekataios von Milet Hybris Kroisos (Krösus) Polykrates Pindar Kambyses Dareios Fehling Herodot, Historien, III 106–116 (gekürzt) „Die äußersten Länder der Erde besitzen die kostbarsten Dinge; dafür hat Griechenland das bei weitem gleichmäßigste Klima ... Noch wunderlicher ist die Art, wie Kinamomon geerntet wird. Sie [die Araber] wissen selber nicht, wo es wächst und welches Land es hervorbringt. Einige meinen, es käme aus dem Land, in dem Dionysos aufgezogen wurde [Indien], was auch wahrscheinlich richtig ist. Große Vögel, heißt es, tragen die getrockneten Rindenstücke herbei, die bei uns mit phönizischem Namen Kinamomon heißen. Sie tragen sie in ihre Nester, die aus Lehm gebaut und an schroffen Felsen kleben, an denen kein Mensch emporklettern kann. Da haben die Araber sich nun das Folgende ausgedacht. Tote Ochsen, Esel und andere Zugtiere hacken sie in möglichst große Stücke und schleppen sie herbei. In der Nähe der Nester lassen sie sie liegen und gehen dann ziemlich weit fort. Die Vögel tragen die Fleischstücke ins Nest – das aber die Last nicht tragen kann und auf die Erde herabstürzt. Dann kommen die Leute zurück und sammeln das Kinamomon ein ... Das sind die äußersten Länder in Asien und in Libyen. Über die äußersten Länder in Europa, also nach Westen in, kann ich nichts Bestimmtes mitteilen. Ich glaube nicht an den Eridanos, wie die Barbaren einen Fluss bezeichnen sollen, der ins Nordmeer, aus dem der Bernstein kommen soll, fließe. Ich weiß auch nichts von den Zinninseln, von denen das Zinn her kommt. Schon der Name Eridanos erweist sich als griechisch, nicht barbarisch, und also als Erfindung eines Dichters ... Im Norden von Europa gibt es augenscheinlich sehr große Mengen Gold. Wie man es gewinnt, kann ich ebenfalls nicht mit Sicherheit sagen. Der Sage nach rauben es die einäugigen Arimaspen den Greifen. Ich glaube aber nicht, dass es überhaupt einäugige Menschen gibt, die im übrigen genau so aussehen wie andere Menschen. Jedenfalls sieht man, dass die äußersten Länder, die die übrigen rings umschließen, Dinge besitzen, die bei uns den höchsten Wert haben und sehr selten sind.“ Zusammenfassung: 1. Herodots Verfassungsdebatte im 3. Buch seiner Historien stellt die Monarchie und nicht die Demokratie an die Spitze der Verfassungen. Doch ist seine übertriebene Darstellung der negativen Seiten der Demokratie wohl in erster Linie aus der Einbindung der Diskussion in die historische Situation am Hofe der Perser zu erklären. 2. Die Kritik an der Glaubwürdigkeit von Herodot (vor allem an den utopisch-phantastischen Erzählungen im 3. und 4. Buch seiner Historien) sind übertrieben. Vieles lässt sich rational erklären oder durch Rationalisierungen auf „glaubliche Mirabilia“ zurückführen. 3. Da Herodot für die Ränder der Oikumene keine Autopsie durchführte bzw. durchführen konnte, war er auf zweifelhafte Berichte auf zweiter und dritter Hand angewiesen. Wie ein moderner Historiker bewertete er Quantität und Qualität der Quellen, doch war der von ihm angelegte Maßstab gezwungenermaßen sehr subjektiv. 8. Die utopischen Elemente der Alten Komödie Literaturhinweise Carlo Fernando Russo: Aristophanes: An Author for Stage. London: Routledge, 1994 (urspr. ital. 1962). Bernhard Zimmermann: Die griechische Komödie. 2., vollständig überarb. Aufl. Frankfurt am Main: Verlag Antike, 2006. Dionysos Komos-Lied Dionysien Nea (Neue Komödie) Kronien (Kronos) Saturnalien Lukian von Samosata Aristophanes Kydathenaion Anytos Meletos Acharner Dikaiopolis Lysistrate Ekklesiazusen Praxagora Blepyros „Alles wird künftig Gemeingut sein und allen wird alles gehören; sich ernähren wird sich künftig jeder wie alle anderen; weder wird es Reiche noch Arme geben. Nicht wird einer viel Tagwerk Land besitzen und der andere nicht einmal einen Platz für sein Grab haben; nicht wird der eine massenweise Sklaven halten, der andere aber nicht einen einzigen Diener ... Zuerst erkläre ich die Äcker für Gemeingut aller- auch Gold, Sil- ber und alles, was der Einzelne sein Eigentum nennt. Wenn dann die Güter vereinigt sind, sind wir, die Frauen, es, die euch ernähren und pflegen. Wir verwalten, sparen und rechnen, darauf bedacht, nur das Beste von allen zu fördern. Nie mehr wird ein Mensch aus Mangel umkommen; denn alles ist das Eigentum aller ... Auch die Frauen werden Gemeingut sein und jede wird sich zu jedem legen und sich von jedem, der will, schwängern lassen!“ Peithetairos Euelpides Plutos Zusammenfassung: 1. Das aus dem Dionysos-Kult entstandene Drama artikulierte Interessen und Wünsche der unteren Bevölkerungsschichten. Insofern enthalten die Komödien nicht nur Märchenmotive, sondern auch echte utopische Elemente. 2. Insbesondere in den Alten Komödien des Aristophanes finden sich Äußerungen, die die Verwerfungen innerhalb der athenischen Gesellschaft bloßlegen. Die „Rezepte“ des Aristophanes berühren sich allerdings nur teilweise mit den Vorstellungen von zeitgenössischen Sozialreformern und sind eher als Karikatur einer Utopie denn als echte Utopie zu verstehen. 9. Platons utopische Konzeption („Staat“; „Atlantis“-Mythos; „Gesetze“) Literaturhinweise Paul Friedländer: Platon. Bd. III: Die Platonischen Schriften; zweite und dritte Periode. 2. Aufl. Berlin: de Gruyter, 1960. Reinhart Klemens Maurer: Platons Staat und die Demokratie: Historisch-systematische Überlegungen zur politischen Ethik. Berlin: de Gruyter, 1970. Karl Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Bd. 1: Der Zauber Platons. Tübingen: Mohr Siebck, 1973 (orig. The Spell of Plato, 1947) (u. ö.). Christopher Bobonich: Plato´s Utopia Recast: His Later Ethics and Politics. Oxford: Clarendon Press, 2002. Timaios Kritias Thrasymachos Nomoi Aigina Kodros Heraklit(eer) Kratylos Sokrates Ion Protagoras Politeia Phaidon Dialektik Sophistes Politikos Akademie Agrapha Dogmata Glaukon Adeimantos Demiurgoi Phylakes Archontes Paideia Euripides Psyche logistikon thymoeides epithymetikon genaion pseudos („edle Täuschung“) Glaukon „... die Philosophen in den Staaten Könige werden oder die jetzt so genannten Könige und Herrscher echte und tüchtige Philosophen werden und dies in eines zusammenfällt, politische Macht und Philosophie ...“ „... gibt es kein Ende des Unglücks in den Staaten, ich glaube aber auch nicht für das menschliche Geschlecht, und auch diese Verfassung, die wir soeben in Gedanken entworfen haben, wird, soweit überhaupt möglich, nicht eher erstehen und das Licht der Sonne erblicken“ (473b4-e2). „Aber vielleicht ist er im Himmel aufgestellt als ein Musterbild für den, der ihn sehen will“ (IX, 592a7–b3) Dion Dionysios I. Timaios Kritias Hermokrates Lokroi Sais Säulen des Herakles (= Gibraltar) Tyrrhenien (Etrurien) Diogenes Laertios Philipp von Opus Kleinias Megillos Knossos Argos Messenien Zusammenfassung: 1. Platon ist der wichtigste utopische Schriftsteller der abendländischen Kultur. Seine idealpolitischen Vorstellungen hat er in mehreren Werken, der Politeia, dem Timaios und Kritias sowie den Nomoi niedergelegt. 2. Die Ideenlehre ist die Antwort Platons auf die Aporien der Dialoge der Frühzeit. Die geistige Schau der Ideen, insbesondere der Idee des Guten, erfolgt durch die Dialektik. 3. Platons Hauptwerk, die Politeia, rückt die Frage nach der Gerechtigkeit in den Mittelpunkt. Individuelle Gerechtigkeit und kollektive Gerechtigkeit fallen im Idealstaat zusammen. 4. Der „in Gedanken“ entworfene Musterstaat ist ein Idealstaat aus Arbeitern, Wächtern und Regenten. Die musische Erziehung, an der Mann und Frau gleichermaßen Anteil haben, bildet das zentrale Moment dieses Staates. 5. Den drei Ständen im Staat entsprechen die drei Seelenteile im Individuum: je nach Überwiegen des „Begehrlichen“, des „Muthaften“ oder des „Vernünftigen“ wird es einem der drei Ständen zugeordnet. 6. Zu den revolutionärsten und geschichtlich weit rei- chendsten Forderungen Platons gehören die Verstaatlichung des Besitzes sowie die Frauen- und Kindergemeinschaft. 7. Platons Atlantis-Mythos hat trotz zahlreicher antiker und moderner Gegenbehauptungen keinen historischen Kern, sondern sollte zur Erläuterung und Erweiterung seiner Vorstellungen in der Politeia dienen. 8. In vielen Punkten berühren sich die politischen Vorstellungen Platons in der Politeia mit denen in den Nomoi. An die Stelle der transzendenten Idee des Guten ist hier jedoch das empirisch begründete Gesetz getreten, das in aller Ausführlichkeit differenziert und erläutert wird. 10. Aristoteles´ politische Vorstellungen Literaturhinweise Primärliteratur: Aristoteles: Politik. Eingeleitet und übersetzt von Olof Gigon. Zürich: Buchclub Ex Libris, 1971. Aristoteles: Politik. Übersetzt und erläutert von Eckart Schütrumpf. 2 Bde. Berlin: Akademie-Verlag, 1991 Aristoteles: Nikomachische Ethik. Übersetzt, eingeleitet und kommentiert von Franz Dirlmeier. Frankfurt am Main: Fischer Bücherei, 1957 (später auch in der Reihe: Aristoteles Werke in Deutscher Übersetzung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1991, erschienen). Aristoteles: Die Nikomachische Ethik. Übersetzt und herausgegeben von Olof Gigon. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1972 (dtv; 6011) (u. ö.). Sekundärliteratur: Ingemar Düring: Aristoteles: Darstellung und Interpretation seines Denkens. Heidelberg: Winter, 1966 (2. unveränd. Aufl. ebd. 2005) [klassische Darstellung]. Friedrike Rese: Praxis und Logos bei Aristoteles: Handlung, Vernunft und Rede in Nikomachischer Ethik, Rhetorik und Politik. Tübingen: Mohr, 2003. Jill Frank: A Democracy of Distinction: Aristotle and the Work of Politics. Chicago: The University of Chicago Press, 2005. Stageira Pella (Gymnasium) Lykeion Peripatos Peripatetische Schule Athenaion poilteia („Verfassung Athens“) „Nicht schwierig ist dies, derartiges auszudenken, auszuführen aber sehr viel mehr: Reden ist Sache des Wünschens, Verwirklichung ist Sache des Glücks.“ eu zen Eudaimonia der Mensch ist „ein von Natur aus in der Polis lebendes Wesen“ (zoon politikon) Entelechie Physis Nikomachische Ethik Nikomachos Große Ethik (Ethnika megala) Eudemische Ethik (Ethika Eudemeia) Eudaimonia ist „ein Tätigsein der Seele [des Menschen] im Sinne vollkommener Tüchtigkeit (Arete).“ „Was dem einzelnen wesenseigen ist, das stellt für den einzelnen von Natur aus das Höchste und Lustvollste dar. Für den Menschen ist dies das Leben des Geistes, nachdem dieser vor allem das wahre Selbst des Menschen darstellt, und dieses Leben ist denn also auch das Glücklichste.“ (1178a). „Ist, mit dem Menschen verglichen, der Geist etwas Göttliches, so ist auch ein Leben im Geistigen, verglichen mit dem menschlichen Leben, etwas Göttliches“ (1177b). aretai logos Zusammenfassung: 1. Aristoteles und seine peripatetische Schule brachten die Wissenschaft dadurch auf einen bis heute gültigen Stand, dass sie durch Anwendung der induktiven Methode und durch intensive Sammeltätigkeit aus verschiedenen Beobachtungen allgemeine Schlüsse zogen. 2. Die Politika des Aristoteles sind eine Zusammenstellung seiner staatstheoretischen Überlegungen in acht Büchern. In den letzten beiden Büchern entwirft Aristoteles ähnlich wie sein Lehrer Platon einen abstrakten Idealstaat. 3. In der Vorstellung des Aristoteles ist die Polis die für den Menschen natürliche und einzige Form der Gemeinschaft. Ähnlich wie bei Platon ist der beste Staat auf dem Prinzip, gut zu leben, aufgebaut. Die Glückseligkeit (Eudaimonia) des Einzelnen ist mit der des Staates identisch. 4. Der Gesellschaftsentwurf des Aristoteles teilt die Gesellschaft in zwei Gruppen, in Arbeiter und Regenten, wobei Naturanlage“, „Gewöhnung“ und „Einsicht“ dem Bürger dessen jeweilige Rolle im Staat zuweisen. 5. Die Glückseligkeit (eudaimonia) ist das oberste Ziel des Bürgers und wird in der Nikomachischen Ethik als „ein Tätigsein der Seele [des Menschen] im Sinne vollkommener Tüchtigkeit“ definiert. Die Freundschaft zwischen den Bürgern und die geistige Betätigung des Einzelnen spielen dabei die entscheidenden Rollen für den Zusammenhalt der Gesellschaft und das Glück des Individuums. 6. Das aristotelische System der verschiedenen Tugenden ist empirisch aus Einzelbeobachtungen gewonnen. Es folgt dem Grundsatz, dass alle Extreme in der Ethik zu vermeiden sind. 7. Die in ihrer Verfasserfrage umstrittene Athenaion politeia (Verfassung der Athener) beschreibt die Ge- schichte und Mechanismen der athenischen Demokratie um das Jahr 325 v. Chr. Sie ist eine von 158 im Peripatos gesammelten Verfassungen und illustriert das demokratische Grundprinzip, jeden Bürger umfassend am Gemeinwesen zu beteiligen. 11. Die Staatskonzeptionen des Isokrates und des Xenophon Literaturhinweise Christoph Eucken: Isokrates: Seine Position in der Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Philosophen. Berlin; New York: de Gruyter, 1983. Klaus Bringmann: Studien zur den politischen Ideen des Isokrates. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1962 (Hypomnemata; 14). Klaus Döring: Sokrates, die Sokratiker und die von ihnen begründeten Traditionen. In: Flashar, Hellmut (Hrsg.): Die Philosophie der Antike. Bd. 2/1: Sophistik, Sokrates, Sokratik, Mathematik, Medizin. Basel: Schwabe, 1998. S. 139–364 (zu Xenophon). William E. Higgins: Xenophon the Athenian. The Problem of the Individual and the Society of the Polis. Al.bany, NY: State University of New York Press, 1977. Gorgias Logograph Panhellenisches Programm Demosthenes Philipp II. von Makedonien Das Denken ist ein „Mit-sich-selbst-zu-Rate-Gehen“ „So weit hat unsere Stadt die übrigen Menschen im Denken und Reden hinter sich gelassen, dass der Name Griechen nicht mehr nur die Bezeichnung für ein Volk, sondern für eine Denkweise zu sein scheint, und dass Griechen eher diejenigen genannt werden, die an un- serer Bildung teilhaben, als diejenigen, die gemeinsamer Herkunft mit uns sind.“ studium generale „Über den Vermögenstausch“ Eristik Busiris Hekataios v. Abdera Euhemeros von Messene Kyros (d. J.) Agesilaos Anabasis, Hellenika, Agesilaos, Apologia, Symposion, Memorabilien, Hipparchikos, Peri hippikes; Kynegitikos, Athenaion politeia, Kyrupädie „Ich behaupte, dass die Perser und ihre Bundesgenossen heutzutage den Göttern mit weniger Achtung begegnen, ihren Verwandten weniger Respekt bekunden, anderen gegenüber weniger Gerechtigkeit üben und im Krieg weniger tapfer sind als früher“ (VIII 27). Scipio d. Ä. Macchiavelli Hugo Grotius Zusammenfassung: 1. Aus der Identität von Denken und Sprechen – griechisch Logos – leitete Isokrates einen umfassenden Bildungsanspruch der Redekunst, der Rhetorik ab. Die Fähigkeit, gut zu sprechen, bilde das Charakteristikum von Kultur überhaupt. 2. Im Busiris entwickelt Isokrates in Auseinanderset- zung mit Platon ein monarchisches Idealbild, das er mit dem pharaonischen Ägypten identifiziert. 3. Xenophon von Athen war eher Pädagoge als Philosoph. Seine Leitsätze, die er vor allem in der Kyrupädie vorlegt, bewegen sich meist in einem allgemeinen Rahmen, so dass sie nicht nur für monarchische, sondern auch für aristokratische und demokratische Gesellschaften Gültigkeit haben und für das breite Interesse an seinen Schriften gesorgt haben. 12. Die gesellschaftlichen Vorstellungen der Kyniker Literaturhinweise Ragnar Höistadt: Cynic hero and Cynic King. Lund: Bloms, 1948. Klaus Döring: Die Kyniker. Bamberg: Buchner, 2006 (Faszination Philosophie). Diogenes Laertios Sinope „Er war gewohnt, alles in der Öffentlichkeit zu tun, sowohl die Dinge, die Demeter, als auch die, die Aphrodite betreffen“ (Diog. Laert. VI 69) „Könnte man doch so durch Reibung des Bauches auch seinen Hunger stillen!“ (Diog. Laert. VI 46; 60) „Weil ich die, die mir etwas geben, freundlich anwedele, die die mir nichts geben, anbelle und die Schurken beiße“ (Diog. Laert. VI 60) Kyniker (hoi kynikoi = „die Hündischen“) Antisthenes Dionysios II. von Syrakus „Dieser begrüßte ihn und fragte, ob er eine Bitte an ihn habe. Daraufhin entgegnete Diogenes: „Geh mir nur ein wenig aus der Sonne!“ Alexander soll davon [so] sehr beeindruckt ge- wesen sein, dass er, während seine Begleiter beim Weggehen lachten und spotteten, sagte: „Wahrhaftig, wenn ich nicht Alexander wäre, dann möchte ich wohl Diogenes sein!““ (Plutarch) Politeia Pera (Ranzen) Kambyses Atossa nomoi nomismata („Münzen“ bzw. „Bräuche“) Krates von Theben „Es gib ein Land Kreta mitten im weinfarbenen Meer, schön und fett, rings umflossen“ (Homer, Odyssee, 19, 1–2). „Es gibt eine Stadt Pera mitten im weinfarbenen Typhos, schön und fett, rings umflossen, ohne jeden Besitz“ (Variation des Krates). „In ihr landet weder ein törichter Schmarotzer noch ein geiler Lüstling, der sich etwas auf seinen Hintern einbildet. Sie bringt vielmehr Thymian und Knoblauch hervor und Feigen und schlichte Brote. Deshalb bekämpft man sich dort nicht wegen dieser Dinge, man greift nicht zu den Waffen um eines Cents oder um des Ruhmes willen.“ „Auch Hipparchia, die Schwester des Metrokles, fühlte sich durch die Lehren dieser Schule angezogen. Sie stammten beide aus Maro- neia. Sie schwärmte für die Lehren und Lebensweise des Krates, völlig unzugänglich für die Bewerbungen ihrer Freier und völlig gleichgültig gegen ihren Reichtum, ihre hohe Geburt, ihre Schönheit. Mit Leib und Seele gehörte sie nur dem Krates. Sie drohte sogar ihren Eltern, selbst Hand an sich zu legen, wenn man sie ihm nicht gäbe. Krates, von den Eltern aufgefordert, das Mädchen von ihrem Vorhaben abzubringen, gab sich die erdenklichste Mühe. Schließlich, als es ihm nicht gelang sie zu überreden, erhob er sich, legte alles, was er bei sich trug, vor ihren Füßen nieder und sagte: „Hier steht dein Bräutigam, dies ist sein Hab und Gut, fasse jetzt deinen Entschluss“, denn er würde nicht mit ihr in Gemeinschaft treten, wenn sie nicht seine Lebensweise völlig mit ihm teile. Das Mädchen entschied sich sogleich, legte die gleiche Kleidung an wie er, zog mit ihm herum, wohnte ihm im Freien bei und ging mit ihm zu den Mahlzeiten.“ Hipparchia Maroneis Monimos Onesikritos Metrokles Menippos Menedemos Diatribe „Und dies waren also die Biographien der einzelnen Kyniker. Dazu werden wir noch die ihnen gemeinsamen Lehren skizzieren; denn wir meinen, dass auch diese Philosophie (diese philosophische Richtung) eine Schule und nicht bloß – nach anderen – eine Lebensform (eine Lebenseinstellung). “ Von Logik und Physik wollen sie freilich nichts wissen ... ihr Ziel ist allein auf die Ethik gerichtet ... Sie verwerfen auch die üblichen Wissensfächer. Wer die Herrschaft über sich selbst gewonnen hat – so pflegte Antisthenes zu sagen –, der gibt sich nicht mit philologischen Künsten ab ... Auch verachteten sie die Mathematik und die Musik und alles dergleichen. So sagte Diogenes zu einem, der ihm eine Sonnenuhr zeigte: „Wahrlich eine nützliche Erfindung, um die Mahlzeiten nicht zu versäumen.“ ... Als Endziel stellen sie hin ein tugendhaftes Leben, wie Antisthenes in seinem Herakles sagte, ähnlich wie die Stoiker, wie denn überhaupt zwischen diesen beiden Schulen ein gewisser Zusammenhang besteht.“ (Diog. Laert. VI 103–5) hairesis, secta adiaphora agoge Scholarch (Schulvorsteher) Zusammenfassung v. Kapitel 12: 1. Der Begriff „Kyniker“ geht auf den „Hund“ (griech. kyon) Diogenes von Sinope zurück. Dieser provozierte bewusst durch schamloses Auftreten in der Öffentlichkeit seine Zeitgenossen und stellte gesellschaftliche Traditionen und Normen in Frage. 2. Das Ziel des Diogenes war es, die „Münzen umzuprägen“, womit er meinte, dass er die Menschen zu einem besseren Leben führen wollte. Gedacht ist in erster Linie daran, dass der Mensch sich so weit wie möglich von allen seinen unnötigen Bedürfnissen freimachen soll. 3. Mit gewissem Recht können die Kyniker als die antiken Anarchisten, „Grünen“ oder Kosmopoliten bezeichnet werden. 4. Der Schüler des Diogenes, Krates von Theben, setzte die Lehrtätigkeit seines Lehrers vor allem literarisch fort: er parodierte allgemein bekannte Verse, um kynische Gedanken eine gefällige Einkleidung zu geben und Resonanz bei seinen Zuhörern zu erzeugen. 5. Obwohl nur wenige Nachrichten über die kynische Philosophie überliefert sind, war sie in der hellenistischen und kaiserzeitlichen Epoche sehr populär. Und obwohl die Kyniker nur wenige allgemeine verbindliche Aussagen kannten, können sie als eine eigene philosophische Schule gelten. 13. Die politischen Anschauungen der Stoiker und Epikureer Literaturhinweise Max Pohlenz: Die Stoa: Geschichte einer geistigen Bewegung. 2 Bde. 3. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1971/72. Peter Scholz: Der Philosoph und die Politik: Die Ausbildung der philosophischen Lebensform und die Entwicklung des Verhältnisses von Philosophie und Politik im 4. und 3. Jh. v. Chr. Stuttgart: Franz Steiner, 1998 (Frankfurter Althistorische Studien; 2). Epikureismus stoa poikile (“bunte Halle”) Zenon von Kition Logos Pneuma homologoumenos zen Ekpyrosis (“Weltbrand”) Kleanthes Chrysipp Panaitios Poseidonios Seneca Epiktet Marc Aurel Eudaimonia arete/virtus „Alle, die nicht der Tugend teilhaftig wären, erklärte er für Leute, die zueinander in einem Verhältnis der Gehässigkeit, der Feindschaft, der Knechtschaft und der Entfremdung stünden ... Dementsprechend stellte er in seinem Staat nur die wirklich Tugendhaften als solche hin, die man als Mitbürger, Freunde, Verwandte und Freie bezeichnen dürfe.“ (Diog. Laert. VII 32–3) Epikuros Nausiphanes Demokrit Mytilene Kepos („Garten“) galene („Meeresstille“) „Lebe im Verborgenen“ Antipolitik (nicht: Apolitik) Zusammenfassung v. K. 13 1. Die Stoa sieht die Aufgabe des Menschen darin, seine Entscheidungen nach dem ihm innewohnenden Logos und der Natur zu treffen (homologoumenos zen). Ein „naturgemäßes“ Leben ist ein Leben in Vernunft und ein Leben gemäß der Tugend. 2. Das in allen Menschen wirkende Pneuma bedingt die Gleichheit aller Menschen, auch die von Sklaven und Barbaren. 3. Die Lehre Epikurs von der Lust darf nicht als Streben nach jeder Art von Lustgewinn missverstanden werden. Ziel ist vielmehr die „Seelenruhe“ (galene) und das Freisein von Unlustgefühlen und Ängsten. 4. Epikurs Forderung „Lebe im Verborgenen“ zielt nicht auf das Abschaffen der Politik ab. Vielmehr kommt in der antipolitischen Haltung der Epikureer das Bedenken zum Ausdruck, dass politisches Engagement von der Verwirklichung der individuellen Lebensziele abhält. 14. Staatliche und utopische Vorstellungen in hellenistischer Zeit (Euhemeros und Iambulos) Interessierten seien folgende Aufsätze empfohlen: Horst Braunert: Theorie, Ideologie und Utopie im griechisch-hellenistischen Staatsdenken [1963], jetzt in: Braunert, Horst: Politik, Recht und Gesellschaft in der griechisch-römischen Antike. Gesammelte Aufsätze und Reden. Hrsg. v. Kurt Telschow und Michael Zahrnt. Stuttgart: Klett-Cotta, 1980. S. 49–65. Widu-Wolfgang Ehlers: Mit dem Südwestmonsun nach Ceylon. Eine Interpretation der Iambul-Exzerpte Diodors. In: Würzburger Jahrbücher N. F. 11 (1985). S. 73– 84. Klaus Geus: Utopie und Geographie: Zum Weltbild der Griechen in frühhellenistischer Zeit. In: Orbis Terrarum. 6. Jg. (2000, ersch. 2001). 55–90. „Nicht darf man sich über Homer wundern; denn auch die, die jünger sind als er, wissen vieles nicht und erzählen Wunderdinge. So erwähnt Hesiod „Halbhunde“, „Riesenköpfe“ und „Däumlinge“, Alkman „Schirmfüßler“, Aischylos „Hundsköpfe“, „Brustäugige“ und „Einäugige“ und vieles andere. Von diesen geht Apollodor zu den Geschichtsschreibern über, die über das „Rhipäische Gebirge“ und den „ogyischen Berg“ sprechen, von der Behausung der Gorgonen und Hesperiden, vom „Meropischen Land“ bei Theopomp, der „Stadt Kimmeris“ bei Hekataios, vom Land „Panchaia“ bei Euhemeros.“ (Strab. VII 3, 6, C 299). Strabon Apollodor Theopomp Hekataios Euhemeros Eratosthenes Diodor Heilige Aufzeichnung ( ) Kassander Panchaier Panchaia Panara Zeus Triphilios Uranos Artemis Apollon “Weiterhin berichtete uns Euhemeros, Uranos sei der erste König gewesen, ein ehrenwerter und wohltätiger Mann, der sich auf den Sternenlauf verstand. Er war auch der erste, welcher die himmlischen Götter durch Opfer ehrte und daher den Namen Uranos erhielt. Als Söhne aber gebar ihm seine Frau Hestia den Titan und den Kronos, als Töchter die Rhea und Demeter. Kronos wurde nach Uranos König; er vermählte sich mit Rhea und zeugte den Zeus, die Hera und den Poseidon. Zeus aber, der in der Königswürde folgte, heiratete Hera, Demeter sowie Themis und hatte von ihnen Kinder und zwar von der ersten die Kureten, Persephone von der zweiten und von der dritten Athene. Nach seiner Ankunft in Babylon wurde er von Belos gastfreundlich aufgenommen; darauf begab er sich zur Insel Panchaia, die im Okeanos liegt, und errichtete hier einen Altar des Uranos, seines eigenen Ahnherrn. Von dort begab er sich durch Syrien zu dessen damaligen Herrscher Kasios, von dem der Berg seinen Namen hat. Schließlich kam Zeus auch nach Kilikien, bezwang in einem Krieg den Kilix, den Fürsten dieser Gegend, und suchte noch sehr viele andere Völker auf, von denen er allesamt geehrt und öffentlich zum Gott erklärt wurde." Lukian Tzetzes aram. nabal = „hinfällig sein“ Iamblichos Ernst Bloch Nabatäer Maurja-Dynastie (315-226 v.Chr.) von Pöhlmann Weinreich, Dihle, Schwarz, Oertel Samosata „Ktesias aus Knidos, der Sohn des Ktesiochos, beschrieb das Land der Inder und die dortigen Verhältnisse. Er hatte sie weder selber gesehen noch von einem anderen etwas darüber erfahren. Auch Iambulos schrieb über viele unfassbare Ereignisse auf dem großen Meer; er log seine Geschichte zusammen, wie allen klar war, führte aber die Handlung unterhaltsam durch. Viele andere haben sich das gleiche Thema gewählt und schrieben, wie wenn sie von eigenen Irrfahrten und Reisen berichteten, über riesige Tiere, wilde Menschen und neuartige Lebewesen. Ahnherr und Lehrer in solcher Aufschneiderei ist ihnen der homerische Odysseus mit seinen Erzählungen vor den Gästen des Alkinoos.“ (Lukian, Wahre Geschichten, I 3) Palibothra Zusammenfassung 1. Platons utopische Vorstellungen wurden in frühhellenistischer Zeit mehrfach aufgegriffen und weiterentwickelt. Zu den „Nachahmern“ gehörten Theopomp, Hekataios von Abdera, Euhemeros und Iambulos. 2. Euhemeros kleidete seine „Mythenkritik“ in eine utopische Reiseerzählung zu einer „Heiligen Insel“. Wie auch sonst, diente seine utopische, aber plausible Rahmenhandlung als Beglaubigungselement. 3. Der „Sonnenstaat“ des Iambulos ist in der Moderne sehr verschieden interpretiert worden. Wahrscheinlich hat ihn Lukian zu Recht als unterhaltsame Lügengeschichte charakterisiert, die weniger Stoff für eine ernsthafte staatsphilosophische Diskussion liefern als vielmehr den Leser mit Märchenmotiven unterhalten wollte. 15. Verfassung und Verfassungswirklichkeit der römischen Republik Literaturhinweise Werner, Robert: Der Beginn der römischen Republik: Historisch-chronologische Untersuchungen über die Anfangszeit der res publica libera. München: Oldenbourg, 1963. Bleicken, Jochen: Die Verfassung der römischen Republik: Grundlagen und Entwicklung. 7. Aufl. Paderborn: UTB, 1995. patricii plebs clientela Phalanx tribuni plebis concilium plebis aediles secessio plebis appellatio intercessio tribus der Tities, Ramnes und Luceres plebiscita populus Romanus Psephismata Nomoi (lat. leges) curulischen Aediln decemviri lex Canuleia de conubio conubium Servius Tullius Centurie Servianische Centurienverfassung gentes equites pedites 193 centuriae Die 18 centuriae der equites bestanden aus: - sex suffragia [„sechs Stimmabteilungen“] (Ramnes priores und posteriores; Tities priores und posteriores und Luceres priores und posteriores) - 12 centuriae equitum Die 175 centuriae der pedites bestanden aus: - 80 centuriae 1. classis - 20 centuriae 2. classis - 20 centuriae 3. classis - 20 centuriae 4. classis - 30 centuriae 5. classis -------------------------------------------------------- 2 centuriae der fabri (Pioniere/Handwerker) - 2 centuriae der cornicines tibicinesque (Hornbläser/Musikanten) - 1 centuria der proletarii armati velati lex Hortensia de plebiscitis Polybios magistratus potestas/imperium cursus honorum: Quaestor, (Aedil), Praetor, Consul praetores peregrini/ praetores urbani honores nobilis Quaestorier homo novus viri consulares auctoritas principes viri senatus consulta contio patroni Nobilität Zusammenfassung 1. Nach der Beseitigung der etruskischen Monarchie übernahmen die patricischen gentes die Macht in Rom. In dem darauf folgenden Ständekampf bildete die Plebs durch die Schaffung des Volkstribunats, der Volksversammlung und der plebeischen Ädiln eigene Organisationsformen aus, die im Laufe der Zeit in den gesamten römischen Staat eingegliedert wurden. 2. Der wichtigste Erfolg der unteren Schichten im Ständekampf war die Erlangung des aktiven und passiven Wahlrechts. Die so genannte Servianische Centurienordnung ist wohl erst im 4. Jh. v. Chr. geschaffen worden. Der Abstimmungsmodus folgte einem timokratischen Prinzip und bot dadurch erfolgreichen Plebeiern auch politische und soziale Aufstiegsmöglichkeiten. 3. In Rom hauptsächlich mittels zweier Institutionen regiert, des Senats und der Magistrate. Die Ämterlaufbahn (cursus honorum) reichte vom Quaestor über Aedil und Praetor zum Consul. 4. Der Senat war die entscheidende Institution in der römischen Verfassung, obwohl ihm in der Theorie kaum Entscheidungsbefugnis eingeräumt war. Doch die besonderen Verwandtschafts- und Treueverhältnisse in der römischen Gesellschaft führten dazu, dass die An- führer der großen Familien die römische Politik dominierten. 5. Die Nobilität war die herausragende Gruppe der römischen Bevölkerung. Zu ihr zählten diejenigen, die einen Consul unter ihren Vorfahren vorweisen konnten. Der Senat richtete sein Votum in der Regel nach den Stimmen der viri principes, der Anführer der Nobilität, aus. 6. Die römische Verfassung ist weniger eine Mischverfassung, wie der griechische Historiker Polybios meint, sondern eine Aristokratie, die die konservativen Strukturen der römischen Gesellschaft zum Machterhalt nutzte. 16. Ciceros Staatskonzeption (optional) 17. Die Grundlagen des römischen Principats Literaturhinweise Anton von Premerstein: Vom Werden und Wesen des Prinzipats (ABAW N. F. 1937, 15), hrsg. v. H. Volkmann. München 1937. Lothar Wickert: Princeps (civitatis). In: RE XXII 2 (1954). Sp. 1998–2296 [auch als Sonderdruck]. [Ergänzung]: Neue Forschungen zum römischen Principat. In: Principat: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt II 1, hrsg. v. Hildegard Temporini. Berlin; New York: de Gruyter, 1974. S. 3–76. Kunkel, Wolfgang: Über das Wesen des augusteischen Principats. In: Gymnasium 68 (1961). S. 353–70; auch in: Augustus, hrsg. v. Walter Schmitthenner. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1969. S. 311–35 (Wege der Forschung; 128). Res gestae 34: „Während meines sechsten und siebten Consulats (28 und 27 v. Chr.) habe ich, nachdem ich den Bürgerkriegen ein Ende gesetzt hatte, ich der ich mit Zustimmung der Allgemeinheit zur höchsten Gewalt gelangt war, den Staat aus meinem Machtbereich (entlassen und ihn wieder) der Entscheidungsbefugnis des Senats und des römischen Volks überlassen“ (... per consensum universorum potitus rerum omnium, rem publicam ex mea potestate in senatus populique Romani arbitrium transtuli) „Seit dieser Zeit überragte ich zwar alle an Ein- fluss und Ansehen, Macht aber besaß ich hinfort nicht mehr als diejenigen, die auch ich als Kollegen im Amt gehabt habe“ (post id tempus auctoritate omnibus praestiti, potestatis autem nihilo amplius habui quam ceteri, qui mihi quoque in magistratu conlegae fuerunt) imperium proconsulare / maius Dyarchie (Th. Mommsen) auctoritas E. Gibbon (1737–94) aes-Nominale (Bronze- und Kupfermünzen) sestertii, dupondii, asses, semisses, quadrantes S. C. = senatus consulto (?) denarii aurei K. Kraft „S(ENATUS) C(ONSULTO)“. In: JNG 12 (1962). S. 7–49 (auch in: „Augustus“, hrsg. v. Walter Schmitthenner. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1969. S. 336–401 [WdF 128]) corona civica ex s. c. ob cives servatos princeps = primus capiens princeps civium / civitatis gentes viri consulares virtus, dignitas, auctoritas patroni / clientela De oratore, De legibus, De re publica de optimo statu civitatis et de optimo cive Reitzenstein Ed. Meyer R. Heinze rector moderator, gubernator, tutor, procurator, summus vir rectores dictator rei publicae constituendae Walter Schmitthenner: Augustus' spanischer Feldzug und der Kampf um den Prinzipat, jetzt in: Walter Schmitthenner (Hrsg.): Augustus. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1969. S. 414 (WdF 128). ius auxilii tribunicia potestas cura / principatus W. Kunkel A. Terentius Varro Murena Fannius Caepio Cn. Calpurnius Piso rationarium imperii L. Sestius Quirinalis cursus honorum concilia plebis pro consule / pro praetore Premerstein homo privatus patronus – clientes „Über das Königtum“ (peri basileias) curia Iulia clipeus virtutum virtutes virtutis clement[iaeque e]t iustitiae et pieta[tis cau]sa pax Augusta Ianus-Tempel Zusammenfassung 1. Der von Augustus geschaffene Principat ist weder eine Restauration der alten Republik noch eine Dyarchie von Senat und Princeps, sondern eine verkappte Monarchie. Augustus griff in seinem über Jahrzehnte entwickelten Konzept weniger auf Ciceros idealtypische Konstruktion des princeps civitatum als auf die machtpolitischen Gegebenheiten zur Zeit des Pompeius und des Caesar zurück. 2. Die politischen Entscheidungen der Jahre 27 und 23 v. Chr. sind Kompromisse zwischen dem Senat und Augustus. Dadurch dass Augustus nicht mehr Ämter besetzte, sondern sich die aus Ämtern ergebenden Rechte zuerkennen ließ, konnte der den Anschein einer republikanischen Regierung wahren. 3. Die wichtigsten Machtbefugnisse, auf denen die Herrschaft des Augustus und die aller folgenden Kaiser beruhte, waren die tribunicia potestas und das imperium proconsulare maius. 4. Augustus erkannte früh das Potenzial der patronusclientes-Beziehung und versuchte es in der Folgezeit zu monopolisieren. 5. Ideologie und Propaganda des Augustus verstanden es, seinen Principat als wünschenswert und notwendig darzustellen. Dazu gehörten vor allem der Nachweis, dass er über die nötigen Tugenden (vgl. clipeus virtutum) verfügte und dass seine Person den Frieden (pax Augusta) garantierte. 18. Die so genannte "stoische" Opposition 0. Literaturhinweise Jocelyn M. C. Toynbee: Dictators and Philosophers in the First Century A. D. In: Greece and Rome 13 (1944). S. 43–58. Rudolf Schmich: Die Darstellung der sogenannten stoischen Senatsopposition bei Tacitus. Diss. Heidelberg 1960. Max Pohlenz: Die Stoa: Geschichte einer geistigen Bewegung. 2 Bde. 3. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1971/72. P. Clodius Thrasea Paetus Helvidius Priscus „Wir bringen dem Iuppiter Liberator ein Trankopfer dar.“ libertas dignitas parrhesia Zusammenfassung 1. Der Widerstand der so genannten stoischen Opposition gegen die Kaiser in der 2. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. war nicht philosophisch, sondern politisch motiviert. 19. Staat und Kirche unter Konstantin O. Literaturhinweise Alexander Demandt: München: C. H. Beck, 1989 (HdA III 6) Karen Piepenbrink: Konstantin der Große und seine Zeit. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2002 (Geschichte Kompakt). Heinrich Kraft (Hrsg.): Konstantin der Große. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1974 (Wege der Forschung 131) [mehrere grundlegende Aufsätze]. Schlacht an der Milvischen Brücke Jakob Burckhardt Eusebios Lactantius Christogramm XP (Chi/Rho) „in hoc signo vinces“ („unter diesem Zeichen wirst du siegen“) Sol invictus Maxentius Licinius Cäsaropapismus Donatus Caecilianus Synode von Arles (314) Arianus/Areios Athanasios Aurelian (270–275) dominus et deus Diadem pontifex maximus Tricennalienrede "heiliger Sprecher des Logos Gottes" Helena nobilissima femina Augusta Fausta Crispus Konstantin (II.), Constantius, Constantia, Constans und Helena Panegyriker Iulian Apostata Zosimos Dante, De monarchia Dörries Vogt Eduard Schwartz 4. Zusammenfassung 1. Eine christliche „Bekehrung“ des Kaisers Konstantin hat es in einem gewöhnlichen Sinn des Wortes nicht gegeben. Konstantins zweifellos vorhandene große Sympathie für das Christentum fand ihre Grenzen in den politischen Rücksichten, die er auf politische Machtgruppierungen und Machtträger zu nehmen hatte. 2. Konstantin widmete den innerchristlichen Streitigkeiten nicht immer die nötige Aufmerksamkeit. Dadurch war er gezwungen, Fehlentwicklungen im nachhinein mit Gewalt zu beseitigen. 3. Die herausragende Stellung des Kaisers Konstantin im gesellschaftlichen Bereich des Imperium Romanum hatte ihr Pendant in seiner herausragenden Stellung im kirchlichen Bereich. Das Gottkaisertum hat in ihm seinen Ursprung. 4. Burckhardts These von der Unreligiosität des Konstantin ist überzogen. Überhaupt wird eine isolierte Fragestellung „Konstantin und das Christentum“ der komplexen Persönlichkeit des Kaisers nicht gerecht. 20. Der „Gottesstaat“ des Augustinus (optional) 21. Die Strukturen der spätantiken Gesellschaft und die Gründe für den Untergang des Römischen Reiches 0. Literaturhinweis Alexander Demandt: Der Fall Roms: Die Auflösung d. römischen Reiches im Urteil der Nachwelt. München: C. H. Beck, 1984. Die gesellschaftliche Entwicklung im 4./5. Jahrhundert ist charakterisiert durch: - die Ausweitung der senatorischen Aristokratie; - die Konsolidierung der Macht der Großgrundbesitzer; - die Aufblähung der Bürokratie; - der Niedergang des Ritterstands; - die Besetzung militärischer Kommandostellen mit Nichtrömern; - die Überforderung der städtischen Führungsschicht (curiales); - die Verelendung großer Teile der unteren Bevölkerungsschicht; - die Ausbreitung des Colonats in vielen Regionen; - der Rückgang der Sklavenhaltung; - der wachsende Anteil von Nichtrömern innerhalb der römischen Armee. Dominat honestiores / humiliores potentes / plebei Synesios von Kyrene Valentinus von Selge Austurianer Prudentius Wandalen Donatisten Bagauden Salvianus von Massilia (ca. 400-468/70) „... diese Unglücklichen, ... die immer wieder einsetzendes, ja sogar ununterbrochenes Verderben durch die staatliche Steuereintreibung erleiden; die immer schwere, vollständige Gütereinziehung bedroht, die ihre Häuser verlassen, um nicht sogar im eigenen Heim gequält zu werden; die in die Verbannung gehen, um die Martern nicht aushalten zu müssen. Milder sind die Feinde gegen sie als die Steuereinnehmer. Die Tatsachen zeigen das: sie fliehen zu den Feinden, um gewalttätiger Enteignung zu entgehen; und sogar das wäre, obwohl hart und unmenschlich, doch weniger schwer und bitte, wenn alle es in gleicher Weise und gemeinsam zu ertragen hätten. Aber noch unwürdiger und verdammenswerter ist es, daß nicht alle die Last aller tragen, ja, daß sogar die Abgaben an die Reichen die Armen bedrängen und die Schwächeren die Lasten der Stärkeren tragen. Und der einzige Grund, warum sie es nicht mehr ertragen können, ist der , daß die Last der Unglücklichen größer ist als ihre Tragfähigkeit. Zwei verschiedene und einander ganz entgegengesetzte Leiden müssen sie erdulden: Neid und Armut. Der Neid erscheint bei dem, was sie zahlen müssen, die Armut bei dem, was sie zahlen können ... Wer kann die Größe dieser Ungerechtigkeit ermessen? Sie müssen zahlen wie Reiche und sind arm wie Bettler ... Sehr häufig kommen neue Boten, neue Geschäftsträger, von den höchsten Behörden geschickt ... Die Mächtigen entscheiden, was die Armen zahlen sollen; die "Gnade" der Reichen bestimmt, was eine Menge von Unglücklichen verlieren soll. ... Und so zahlen die unglücklichen Armen alles, wie wir gesagt haben, und wissen gar nicht, aus welchen Gründen oder zu welchem Zweck sie es zahlen.“ censorii, consulares, praetorii clarissimi illustres, spectabiles Zu den Spitzenpositionen gehörten die Ämter der Stadtpräfekten von Rom und von Konstantinopel, der Prätorianerpräfekten, der Proconsuln von Asia, Africa und Achaia, des Kanzlers (magister officiorum), des Kanzleichefs (quaestor sacri palatii), des Vorstehers der Sekretäre (primicerius notariorum), der Leiter der Finanzressorts (comes sacrarum largitionum, comes rei privatae) und des Heermeisters (magister militum). praefectus urbi collatio glebalis aurum oblatitium Symmachus principales curiales curatores defensores plebis tenuiores coloni collegia "... aput eosdem, aput quos et parentes eius fuisse videntur, firmiter permanebit" latio lustralis capitatio munera publica Gregor von Nazianz "Dein klein Vermögen dann zu wahren, welche Plagen! Du musst des Kaisers Last auf wunden Schultern tragen, anhören unbewegt des Steuerboten Schreien. Fürwahr die Steuer macht zum Sklaven heut´ den Freien, sie haftet am Besitz, aufsässig wie die Rache, sie jagt ihm rastlos nach, sie knebelt ihm die Sprache. Dann heißt es durch Gewühl des lauten Markts sich zwängen, sich zum erhabnen Sitz des irdischen Richters drängen, heißt zappeln in dem Netz der vielverschlungenen Rechte. Im Vorteil ist darin vorm Braven stets der Schlechte. Zwar beidseits käuflich sind die das Gesetz behüten, doch Recht bekommt der Schuft, denn er hat mehr zu bieten. In solcher Umwelt müßt ein wackrer Mann verkommen, riss Gottes Beistand nicht zum Sumpf heraus den Frommen. Kopfüber flieh, gib preis dem Bösewicht die Beute, sonst musst du noch gemein dich machen mit der Meute." Antonius Pachomios Rutilius Namatianus Orosius F. G. Maier Eduard Meyer Montesquieu Considérations sur les causes de la grandeur des Romains et de leur décadence (1734) Romulus (Augustulus) Iulius Nepos pars occidentis hesperium regnum Heitland Apolitie Gibbon: History of the Decline and Fall of the Roman Empire Momigliano von Liebig Simkhovitch Huntington Seeck Beloch Weber Westermann Boak Piganiol "La civilisation romaine n'est pas morte de sa belle mort. Elle a été assassinée." Jones Zusammenfassung 1. Die wichtigsten Elemente des gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses in 4. und 5. Jahrhunderts sind die Ausweitung der senatorischen Aristokratie; die Konsolidierung der Macht der Großgrundbesitzer; die Aufblähung der Bürokratie; der Niedergang des Ritterstands; die Besetzung militärischer Kommandostellen mit Nichtrömern; die Überforderung der städtischen Führungsschicht (curiales); die Verelendung großer Teile der unteren Bevölkerungsschicht; die Ausbreitung des Colonats in vielen Regionen; der Rückgang der Sklavenhaltung; und schließlich der wachsende Anteil von Nichtrömern innerhalb der römischen Armee. 2. Die Zweiteilung der Bevölkerung in humiliores und honestiores, in Arme und Reiche, blieb ebenso bestehen wie die politische Ordnung des Dominats, im Wesentlichen eine Militärmonarchie. 3. Besonders verheerend wirkte sich der Druck auf die Municipalaristokratie aus, die den wachsenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommen konnte, und auf die Kleinbauern aus, die mehr und mehr auf den Status der Halbfreiheit herabgedrängt wurden. Man kann von einer quasifeudalen Tendenz sprechen. 4. Es gibt nicht die eine Ursache für den Untergang des Imperium Romanum, sondern mehrere Ursachen. Zu den inneren Ursachen zählen vor allem der wirtschaftliche Niedergang, die politische und gesellschaftliche Apathie weiter Kreise der Bürger, einhergehend mit einer weltabgewandten Geisteshaltung, die Ausbeutung der curiales und der demographische Wandel und Rückgang der Bevölkerung und nicht zuletzt der immer stärker werdende Ansturm der barbarischen Völker.