Interne Revision News
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Oktober 2014 Interne Revision News Projektrisiken – Generierung von Mehrwert durch die Interne Revision als unabhängiger Qualitätssicherer Risikoorientierter Ansatz oder: Die richtigen Projekte richtig begleiten I. Einleitung Die Anzahl von Großprojekten mit hohen Investitionsvolumina nimmt in der Praxis immer weiter zu. Damit zählt die erfolgreiche Umsetzung von Projekten vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbsdrucks zu den wesentlichen strategischen Erfolgsfaktoren. Dies ist insbesondere durch den beachtlichen Einfluss bedingt, den große und international angelegte Projekte auf den Erfolg und das wirtschaftliche Ergebnis eines Unternehmens haben können. Motive für die Durchführung von Projekten sind oft von strategischer Natur, aber auch Kostenreduktion, Effizienzsteigerungen und technische Modernisierung sind häufige Treiber. Insbesondere in der Bankenund Versicherungsbranche sind Projekte häufig durch neue regulatorische Anforderungen getrieben. Projekte, Projektmanagement und ein adäquates Projektrisikomanagement rücken daher nicht nur im Rahmen der Prüfungstätigkeit der Internen Revision, sondern auch in der Praxis im Allgemeinen immer mehr in den Fokus. Innerhalb der Finanzdienstleistungs- und Versicherungsbranche zeigt auch der Regulierer ein wachsendes Interesse an einer angemessenen Integration von Projektrisiken in das Risikomanagementsystem und an der Würdigung und Begleitung von Projekten durch die Interne Revision. Beispielsweise verlangt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk [BA]) von der Internen Revision, bei wesentlichen Projekten unter Wahrung ihrer Unabhängigkeit und unter Vermeidung von Interessenkonflikten begleitend tätig zu sein.i In den InvMaRisk stellt die BaFin ähnliche Anforderungen an die Interne Revision der Investmentgesellschaften mit dem Zusatz: „Die Wesentlichkeit EY Interne Revision News von Projekten ist anhand objektiver Kriterien von der Geschäftsleitung festzulegen.“ii Die MaRisk (VA) für Versicherungen beziehen sich nicht ausdrücklich auf Projekte. Jedoch schließen die Mindestanforderungen indirekt Projekte mit ein: „Die Prüfung der internen Revision hat sich auf alle wesentlichen Aktivitäten der gesamten Geschäftsorganisation zu beziehen, insbesondere auch das Risikomanagement.“iii Die Interne Revision fungiert als ein unabhängiges Überwachungsorgan im Auftrag der Geschäftsleitung. Im Rahmen der Durchführung von Projekten kann sie, insbesondere hinsichtlich des Projekt[risiko]managements, als unabhängiger Qualitätssicherer dienen und somit im Rahmen ihrer Aufgaben bei der erfolgreichen Umsetzung von wesentlichen Projekten mitwirken. Bereits in den EY Interne Revision News vom Juli 2013 wurde die projektbegleitende Prüfung durch die Interne Revision thematisiert. Der damalige Newsletter fokussierte sich auf die Grundlagen und die verschiedenen Phasen der projektbegleitenden Prüfung. Im aktuell vorliegenden Newsletter liegt der Fokus hingegen auf der risikoorientierten Vorgehensweise der Internen Revision bei der Projektbegleitung. Die Bestimmung der Wesentlichkeit von Projekten anhand einer gezielten Risikoanalyse wird hierbei besonders hervorgehoben. Unter Anwendung des risikoorientierten Ansatzes wird sichergestellt, dass risikoreiche Projekte des Unternehmens identifiziert werden und besondere Berücksichtigung in der Prüfungsplanung finden. Die Prüfungsintensität ist folglich abhängig vom jeweiligen Risikogehalt des Projekts. Diese Vorgehensweise ermöglicht es, Risiken frühzeitig aufzudecken und schon im Rahmen des Projektaufsatzes bzw. der Planungsphase präventiv Korrekturmöglichkeiten einzuleiten. II. Definition, Besonderheiten und Abgrenzung von Projekten und Projektrisiken (i) Projekte Für die wirkungsvolle Steuerung von Projekten im Allgemeinen und für die Informationsgewinnung durch die Interne Revision im Besonderen ist eine gruppenweit einheitliche Definition von Projekten unverzichtbar. Die einschlägige Literatur definiert Projekte wie folgt: „Ein ‚Projekt‘ ist ein komplexes Vorhaben, welches zeitlich durch einen definierten Anfangs- und Endtermin begrenzt sowie inhaltlich durch die Einmaligkeit seiner Bedingungen gekennzeichnet ist.“iv Typische Merkmale von Projekten:v ► Sie sind einmalig und verfügen über eine zeitlich befristete Aufbauund Ablauforganisation sowie über eine besondere Managementumgebung. ► Sie verfügen über ein gesondertes Budget und über eigens zugewiesene Ressourcen. ► Als Basis dient ein Business Case bzw. Projektauftrag. ► Anfangs- und Endzeitpunkt sowie das Endprodukt sind definiert. 2 ► Es besteht eine Abgrenzung zur Linie; nach Beendigung des Projekts erfolgt die Übergabe an die Linie. (ii) Projektrisiken/Risikouniversum in Projekten Die Grundlage für die Erreichung der Projektziele ist eine eindeutige Definition des Projektauftrags, der Projektergebnisse und der Qualität der fachlichen Anforderungen unter Berücksichtigung der gesetzlichen, regulatorischen und internen Vorgaben. Ferner sind klare Vorgaben zu den Projektzielen, der Rollenverteilung und der Projektplanung von Bedeutung. Ein angemessenes Projektmanagement und Projektcontrolling sollen die Zielerreichung sicherstellen und eine kontinuierliche Überwachung des Projektfortschritts zum geplanten Sollzustand gewährleisten. Die zentrale Zielsetzung eines Projekts ist es, die fachlichen Anforderungen in der im Projektauftrag definierten Qualität innerhalb des geplanten Budgets und der geplanten Laufzeit umzusetzen. Das Risiko eines Projekts ist demnach, dass die zentrale Zielsetzung in den Dimensionen Qualität, Budget und Zeit nicht erreicht wird. Das ist der Fall, wenn die fachlichen Anforderungen in unzureichender Qualität umgesetzt werden, der IstAufwand des Projekts das geplante Budget übersteigt oder sich bei der Überführung des Projekts in die Linie Verzögerungen ergeben. Die eigentlichen Ursachen für die Nichterreichung der zentralen Zielsetzung von Projekten können vielfältig sein, haben jedoch häufig einen operationellen Hintergrund bzw. beruhen auf operationellen Risiken.vi Das Management operationeller Risiken aus Projekten ist damit ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Umsetzung von Projekten. Denn der Erfolg von Projekten hängt vom Einsatz der richtigen Ressourcen, der angemessenen Integration in bestehende Arbeitsschritte bzw. der Einführung neuer Tätigkeiten und der Abbildung der fachlichen Anforderungen in der IT- und Prozesslandschaft ab. Externe Ereignisse wie z. B. Veränderungen der gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen oder des Wettbewerbsumfelds können die Umsetzung des Projekts zudem verzögern und gefährden. In der nachfolgenden Grafik sind Beispiele für operationelle Risiken aufgeführt, die die Zielerreichung (in den Dimensionen Qualität, Budget und Zeit) beeinträchtigen können. 3 Ferner ist zu beachten, dass Projekte auch Einfluss auf weitere Risikoarten eines Unternehmens zur Folge haben können. Im Rahmen der Risikoanalyse ist die Relevanz anderer wesentlicher Risikoarten für das Projekt zu beurteilen. Neben operationellen Risiken sind die wesentlichen Risikoarten nach den MaRisk (BA) und InvMaRisk Adressenausfallrisiken, Marktpreisrisiken und Liquiditätsrisiken. Auch beachtliche strategische Risiken und Konzentrationsrisiken können Projekten inhärent sein. Für Versicherungen im Speziellen können zusätzlich versicherungstechnische Risiken relevant sein. Abhängig vom Themengebiet kann ein Projekt Auswirkungen auf die verschiedenen Risikoarten haben. Dies ist der Fall, wenn das Projekt andere wesentliche Risikoarten behandelt bzw. deren Risikomanagementprozesse und Informationskanäle beeinflusst. Beispiele für die Relevanz dieser Risikoarten in Projekten sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt. Risikoart Beispiel für die Relevanz in Projekten Adressenausfallrisiko Projekt zur Anpassung von Ratingsystemen: Fehler bei der Bestimmung der Parameter im Ratingsystem können zur Unterschätzung des Kreditrisikos führen und einen nicht risikoadäquaten Darlehenszins zur Folge haben. Marktpreisrisiko Projekt zur Einführung neuer Risikomessmethoden für Marktpreisrisiken mit der Folge der Über- oder Unterschätzung des Risikos Operationelles Risiko Operationelle Risiken haben eine hohe Relevanz und können in den folgenden Kategorien auftreten: ► Personal (z. B. unzureichendes fachliches 4 Know-how) ► Prozesse (z. B. mangelhafte Planung) ► Informationstechnologie (z. B. Schnittstellenproblematik) ► Externe Einflussfaktoren (z. B. Änderung gesetzlicher Anforderungen) Liquiditätsrisiko Direkte Relevanz bei Projekten, die Auswirkungen auf die Liquiditätssteuerung und das Liquiditätsrisikomanagement haben. Ein indirekter Bezug kann bei Projekten zur Neuausrichtung des Unternehmens mit Folge einer Schieflage bestehen. Der daraus resultierende Vertrauensverlust der Gläubiger/Investoren kann den Zugang zu Refinanzierungsquellen erschweren. Reputationsrisiko Negative Presseberichte aufgrund des Scheiterns eines Großprojekts Strategisches Risiko Projekt zur Erschließung eines neuen Marktes und des damit einhergehenden Risikos der Veränderung der Marktbedingungen Konzentrationsrisiko Projekt zur Einführung eines Modells für Konzentrationsrisiken im Kreditgeschäft: Für die Modellierung der Abhängigkeiten zwischen privaten Kreditnehmern sind keine Marktdaten verfügbar. Es wird auf Daten zurückgegriffen, die für das Kreditportfolio nicht repräsentativ sind mit der Folge der Über- bzw. Unterschätzung des Risikos. Versicherungstechnische Risiken Projekt zur Einführung eines neuen Versicherungsprodukts: Das Zugrundelegen falscher Statistiken für die Kalkulation der Versicherungsprämie führt zu einem tatsächlich höheren Aufwand für Schäden und Leistungen als ursprünglich kalkuliert und damit zu Verlusten aus dem neuen Produkt. III. Kriterien zur risikoorientierten Auswahl von Projekten zur Prüfungsbegleitung (i) Kriterien Gemäß den MaRisk (BA), InvMaRisk und MaRisk (VA) hat sich die Tätigkeit der Internen Revision auf der Grundlage eines risikoorientierten Prüfungsanasatzes grundsätzlich auf alle Aktivitäten und Prozesse zu erstrecken.vii Der risikoorientierte Prüfungsansatz lässt sich demnach auf die Prüfung von Projekten übertragen. Die Basis für den risikoorientierten Ansatz bei der projektbegleitenden Prüfung durch die Interne Revision sollte daher eine intern festgelegte Definition für wesentliche Projekte sein. Für die Bestimmung der Wesentlichkeit sind Auswahlkriterien entscheidend, die individuell und nachvollziehbar vom Unternehmen auszuwählen sind. Hinsichtlich der Definition der Wesentlichkeit von Projekten besteht häufig Handlungsbedarf, da in der Praxis häufig keine Definition der Wesentlichkeit von Projekten aufzufinden ist.viii 5 Die Interne Revision kann eine Vielzahl von Kriterien für die risikoorientierte Auswahl zur Projektbegleitung heranziehen. Einige davon werden nachfolgend erläutert:ix International ausgerichtete Projekte: Solche Projekte sind länderübergreifend und betreffen häufig mehrere Organisationseinheiten einer Gruppe. Die Herausforderung bei solchen Projekten ist, dass die Risiken aus dem Projekt oft nicht eindeutig einer Einheit zugeordnet werden können. Dadurch entsteht häufig eine Fehleinschätzung des inhärenten Risikos des Projekts. Insbesondere die unzureichende Analyse von Wechselwirkungen und Abhängigkeiten innerhalb der Gruppe kann dazu führen, dass Risiken aus dem Projekt unterschätzt werden. Programme/Projekte, die aus mehreren Projekten/Teilprojekten bestehen: Aus der Bündelung mehrerer (Teil-)Projekte zu einem groß angelegten Projekt oder Programm kann regelmäßig ein wesentliches Risikopotenzial abgeleitet werden. Programme sind dadurch gekennzeichnet, dass sie oftmals bereichsübergreifend sind und ihre Größe daher für das Unternehmen eine hohe Relevanz aufweist. In einem solchen Fall ist es sinnvoll, eine projektübergreifende Risikoanalyse durchzuführen, die die Interdependenzen der Teilprojekte untereinander berücksichtigt. Projektgröße: Die Projektgröße orientiert sich an mehreren Messkriterien wie Budget, Zahl der Projektmitarbeiter, Zahl der Projektprodukte und involvierte Organisationseinheiten. Mit zunehmender Projektgröße nehmen regelmäßig auch die fachliche und die technische Komplexität zu. Ferner können die Abhängigkeiten von Schlüsselpersonal und anderen Projekten steigen. Die Projektgröße kann beispielsweise am Projektbudget (monetär oder auch in Personentagen) gemessen werden. Strategische Relevanz: Hier handelt es sich um Projekte mit strategischer Relevanz für die Unternehmensziele, z. B. Projekte zur Erschließung neuer Märkte oder zur Einführung neuer Produkte, Prozessoptimierung, Modernisierung der IT-Systeme oder zur Generierung von Kostensenkungspotenzialen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Aufsichtsrechtliche bzw. rechtliche Relevanz: Es ist zu beurteilen, ob durch das Projekt aufsichtsrechtliche Anforderungen sichergestellt werden und inwiefern folgenschwere Sanktionen durch die Aufsicht durch Nichterfüllung dieser Anforderungen verhängt werden können (z. B. Kapitalaufschläge, Strafzahlungen, Entzug der Banklizenz). Relevanz für den Jahresabschluss: Hierbei handelt es sich um Projekte, die Einfluss auf die korrekte Darstellung der Bilanzpositionen, der Aufwands- und Ertragspositionen sowie weiterer Offenlegungspflichten im Rahmen des Jahresabschlusses haben. Als Beispiel kann die Umsetzung neuer Rechnungslegungsstandards genannt werden. Öffentlichkeitswirkung: Diese Kategorie umfasst Projekte, die eine hohe Öffentlichkeitswirkung haben und sich im besonderen Maße negativ auf die Reputation des Unternehmens auswirken können. Als Beispiel ist ein Arbeitsplatzabbau durch Verlagerung von Backoffice-Tätigkeiten in ein Land mit günstiger Lohnstruktur zu nennen. Weitere Risikoindikatoren: Der Risikogehalt kann durch entsprechende Risikokennzahlen aus dem Projektrisikomanagement ermittelt werden. Daten für die Kennzahlen können beispielsweise anhand einer 6 Experteneinschätzung der Fachbereiche mithilfe eines Fragebogens eruiert werden. Ergänzend zu den bereits genannten Kriterien können weitere Aspekte aus einem bestehenden Projekt wie die Komplexität des Projekts (z. B. umfangreiche Änderungen an kritischen IT-Anwendungen), die Abhängigkeit von Dritten (z. B. Dienstleistern und Lieferanten) und/oder Rechtsrisiken im Fragebogen abgedeckt werden. Für das Projekt ist im Rahmen der Analyse auch die Relevanz potenziell schlagend werdender Risikoarten im Hinblick auf deren Wesentlichkeit zu beurteilen (vgl. Kapitel II). Des Weiteren kann die Interne Revision Erfahrungen und Prüfungsergebnisse aus ihren vergangenen Revisionsprüfungen als Kriterium heranziehen. Eine engere Projektbegleitung durch die Interne Revision kann z. B. bei Organisationseinheiten, die in der Vergangenheit wesentliche Feststellungen hatten, sinnvoll sein. Anhand der Kriterien wird deutlich, dass zur Informationsgewinnung ein umfassender Überblick über die aktuell laufenden Projekte notwendig ist. Die Informationsquellen, die die Interne Revision heranziehen kann, sind vielfältig: ► Vorstandsprotokolle mit Informationen/Beschlüssen über die Aufnahme/Genehmigung von Projekten ► Teilnahme des Leiters der Internen Revision an Lenkungsausschüssen und Gremiensitzungen ► Berichtswesen ► Systeme, die Informationen über Projekte enthalten, z. B. Projektdatenbanken, Projektauftragslisten und interne Prioritätenliste der Projekte ► Regelmäßiger Austausch mit dem Projektmanagement/Projektcontrolling ► Berichte und Auswertungen aus dem Projektcontrolling/risikomanagement und Projektportfoliomanagement (ii) Methoden zur Bewertung der Kriterien In der Praxis werden verschiedene Methoden zur Bewertung der definierten Kriterien im Rahmen der Risikoanalyse verwendet. Die Einstufung der Wesentlichkeit der Projekte erfolgt üblicherweise im Rahmen eines Expertenverfahrens durch die Interne Revision, bei dem die erlangten Informationen hinsichtlich der Kriterien ausgewertet werden. In der Revisionspraxis kann aus den Kriterien ein Bewertungsmodell abgeleitet werden. Die Projektrisiken werden anhand der Eintrittswahrscheinlichkeit und der potenziellen Schadenshöhe bewertet, um so eine Einteilung der Risiken in wesentliche und unwesentliche Risikoklassen durchführen zu können. Ein weiteres in der Praxis verbreitetes Verfahren ist die Verwendung eines Gewichtungsfaktors, was beispielsweise über ein Punktesystem umgesetzt werden kann. Die Projekte mit der höchsten Punktzahl können in die Jahresplanung als wesentliche Projekte aufgenommen werden. Weitere Methoden sind das Kriterientableau und das Ampelmodell. Im Kriterientableau findet eine Gewichtungsskala mit den Ausprägungen „hoch“, „mittel“ und „niedrig“ Anwendung, die den einzelnen Kriterien zugeordnet werden. Das Ampelmodell ordnet, abhängig von Schwellenwerten für die Ausprägung, dem Kriterium die Ampelfarben Rot, 7 Gelb und Grün zu: Grün für niedriges, Gelb für mittleres und Rot für hohes Risiko.x Ferner können mathematisch-statistische Methoden zur Bestimmung der Wesentlichkeit angewendet werden, die die Wahrscheinlichkeit und Schadenshöhe berechnen.xi (iii) Ableitung der Prüfungsintensität Die Prüfungsintensität der einzelnen Projekte ist abhängig vom Ergebnis der Risikoanalyse. Neben der transparenten Darstellung der Kriterien und der Methode für die Einstufung in wesentliche (risikorelevante) Projekte hat die Interne Revision auch ihren Prüfungsansatz zur Projektbegleitung und die Prüfungsintensität je nach Risikogehalt der Projekte nachvollziehbar schriftlich zu dokumentieren. 3 4 4 2 3 4 1 2 3 <25% Wahrscheinlichkeit >75% In der nachfolgenden Grafik sind vier Risikokategorien, anhand derer die Prüfungsintensität abgeleitet werden kann, exemplarisch in einer Risikomatrix dargestellt. In die Risikomatrix werden Projekte je nach Eintrittswahrscheinlichkeit und potenzieller Schadenshöhe eingetragen. Im Anschluss wird ein möglicher Ansatz zur Ableitung der Prüfungsintensität nach Eintrittswahrscheinlichkeit und potenzieller Schadenshöhe vorgestellt. gering Auswirkung auf das Projekt (Zeit, Kosten, Qualität) hoch Geringes Risiko (Risikoklasse 1): Wird das Risiko eines Projekts als gering eingestuft, erfolgt keine Projektbegleitung durch die Interne Revision. Geringes bis mittleres Risiko (Risikoklasse 2): Die Interne Revision ist Empfänger wesentlicher projektspezifischer Unterlagen und Dokumente, was durch die Zurverfügungstellung von Protokollen der Lenkungsausschusssitzungen, Kennzahlen sowie von Projekt- und Risikoberichten sichergestellt wird. Die Interne Revision entscheidet nach Sichtung der relevanten Dokumente einzelfallbezogen, inwiefern ihre Involvierung in das laufende Projekt sinnvoll erscheint. Nach Beendigung des Projekts erfolgt die Einsichtnahme in den Abschlussbericht des Projekts. Mittleres bis hohes Risiko (Risikoklasse 3): Bei Projekten mittleren bis hohen Risikos wird die Interne Revision partiell in ausgewählten Projektphasen bzw. ex post tätig. Beim Ex-post-Ansatz erfolgt eine Rückbetrachtung des Projekts, d. h., die Prüfung erfolgt nach Projektabschluss. Der Fokus liegt auf der Soll-Ist-Prüfung, bei der die Umsetzung der Sollvorgaben sowie die Ordnungsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Projekts geprüft werden.xii 8 Hohes Risiko (Risikoklasse 4): Bei Projekten mit hohem Risiko (wesentliche Projekte) verfolgt die Interne Revision einen Ex-ante-Ansatz. Sie begleitet das Projekt ab der Entstehungs- bzw. Planungsphase bis zum Abschluss im Rahmen der Realisierungsphase. Damit erfolgt eine echte Projektbegleitung während der einzelnen Projektphasen. Dies beinhaltet u. a. die Teilnahme an Lenkungsausschüssen und Gremiensitzungen, regelmäßige und anlassbezogene Besprechungen mit der Projektleitung sowie Freigabe/Abnahme von Unterlagen und Meilensteinen. Um klare Strukturen und ein effektives Projektmanagement sicherzustellen, sollte im Zeitraum der Projektplanung bzw. -initiierung insbesondere auch die Angemessenheit des Business Case (u. a. eindeutige Zielsetzung, klare Zielhierarchie, einheitliches Verständnis) in Kombination mit der Umsetzung von angemessenen Projektmanagementmethoden im Fokus der projektbegleitenden Prüfung stehen. Während der Realisierungsphase des Projekts ist zudem eine Fokussierung auf ein effizientes Projekt-Change-Management zum Abbau von Resistenzen hinsichtlich der mit dem Projekt einhergehenden Veränderungen bei den betroffenen Stakeholdern von essenzieller Bedeutung. Ein weiteres Augenmerk sollte auch auf materiellen Projekt-Changes liegen, da diese die Erreichung der drei bereits genannten Zieldimensionen (Qualität, Budget, Zeit) signifikant beeinflussen können. Ein Vorteil dieses Ansatzes ist, dass bereits während der Entstehungs- bzw. Planungsphase (z. B. bei der Entwicklung von neuen Prozessen und Produkten) Hinweise der Internen Revision aufgenommen und berücksichtigt werden können. Dies ermöglicht ein zeitnahes und dynamisches Agieren bei aus Risikosicht wesentlichen Veränderungsprozessen. Durch vorausschauendes Handeln und präventive Hinweise auf Schwächen im Projekt ist es möglich, Korrekturmaßnahmen frühzeitig einzuleiten. Dies verdeutlicht, welch wichtige Rolle die Interne Revision als unabhängiger Qualitätssicherer bei der Abfederung von Risiken aus wesentlichen Projekten spielen kann. Ferner können kontinuierliche Lerneffekte während des Projekts generiert und folglich revisionsinternes Know-how, insbesondere für zukünftige Prüfungen in dem jeweiligen Bereich, aufgebaut und vertieft werden.xiii IV. Herausforderungen in der Praxis Die Informationsbeschaffung als Grundlage für die Umsetzung des risikoorientierten Prüfungsansatzes und die Bestimmung der Wesentlichkeit ist in der Praxis alles andere als trivial. Bei kleinen Unternehmen stehen häufig keine oder nur sehr wenig Informationen über Projekte zur Verfügung. Bei großen und global agierenden Unternehmen gibt es häufig eine Masse von Informationen, die es zu berücksichtigen gilt. Informationen werden jedoch selten von einer zentralen Stelle und häufig ohne Berücksichtigung einheitlicher Standards gesammelt und ausgewertet, sodass ein strukturiertes und zentral gesteuertes Informationssystem zu Projekten meist nicht existiert. Vielmehr befinden sich die Informationen in unterschiedlichen Systemen und sind innerhalb des Unternehmens bzw. innerhalb der Gruppe zerstreut vorrätig. Zum Teil sind sie nur in Präsentationen oder Berichten vorhanden und müssen manuell zusammengestellt und aufbereitet werden. Daher lässt sich häufig feststellen, dass Projektdaten nicht in einer Form vorliegen, die eine automatisierte Auswertung ermöglicht, sondern dass die 9 Datenauswertungen vielmehr mit einem hohen manuellen Aufwand verbunden sind. Erschwerend kommt hinzu, dass vielfach keine einheitliche Projektdefinition innerhalb der Unternehmensgruppe angewendet wird. Die Folge ist, dass sich die Interne Revision bei der Informationssammlung zuerst einen Überblick über die unterschiedlichen Definitionen verschaffen und die entsprechenden Projekte und Aufgaben in eine einheitliche Definition überführen muss. Zudem besteht oftmals kein zentrales Projektmanagement und Projektrisikomanagement, weshalb Kennzahlen und Kriterien aus den unterschiedlichsten Quellen dezentral zusammengestellt werden müssen. Die Informationsquellen können vielfältig sein: ► ► ► ► ► ► ► ► ► Projektcontrolling Projektrisikomanagement Projektportfoliomanagement Risikomanagement Controlling OpRisk-Management IT-Risikomanagement IT-Projektmanagement Organisationsabteilung Ferner erfolgt die Umsetzung von Projekten häufig unter hohem Zeitdruck. Infolgedessen werden Projektinformationen nicht systematisch gesammelt und ausgewertet. Die Informationssammlung erfolgt lediglich neben der Umsetzung des Projekts ohne einheitliche Standards hinsichtlich der Datenqualität. Die genannten Punkte haben zur Folge, dass Daten im Unternehmen in unterschiedlichster bzw. geringer Qualität zur Verfügung stehen. Ferner besteht bei globalen Unternehmen die Herausforderung, insbesondere aufgrund womöglich unterschiedlicher Projektdefinitionen, der Internen Revision einen Überblick über das gesamte Projektportfolio zu ermöglichen. Die Interne Revision muss demnach die unterschiedlichen Informationsquellen finden und deren Zuverlässigkeit und Verwertbarkeit für die Risikoanalyse beurteilen. Sind die Informationen unstrukturiert und nur bedingt auswertbar, ist es aus Revisionssicht angebracht, den entsprechenden Organisationseinheiten Handlungsempfehlungen zu geben und auf ein einheitliches Vorgehen im Unternehmen hinzuwirken. V. Fazit Durch einen systematischen und strukturierten Ansatz bei der Begleitung von wesentlichen Projekten kann die Interne Revision unter Kosten-NutzenAspekten einen signifikanten Mehrwert generieren. Ein entscheidender Aspekt der Projektbegleitung ist es, die aus Risikogesichtspunkten wesentlichen Projekte auf der Grundlage einer Risikoanalyse zu identifizieren, um eine risikoorientierte und zugleich effiziente Allokation der zur Verfügung stehenden Ressourcen zu gewährleisten. Angesichts der Änderungsdynamik in vielen Unternehmen ist es aus unserer Sicht essenziell, dies individuell unter Berücksichtigung der Geschäfts- und risikostrategischen Prioritäten des jeweiligen Hauses zielgerichtet „top-down“ anzugehen. Eine systematische Verzahnung mit der 10 risikoorientierten Prüfungsplanung setzt allerdings voraus, dass einerseits eine Evidenz über alle potenziell relevanten bestehenden und vor allem geplanten Projekte besteht und andererseits die notwendigen Informationen zur Bewertung des Risikogehalts anhand der individuell festgelegten Kriterien beschafft werden können. Je komplexer und größer ein Projekt ausgerichtet ist, desto größere Bedeutung kommt den gewählten Schwerpunkten der Projektbegleitungsaktivitäten der Internen Revision zu. Einen wesentlichen Hebel der Revisionsbewertung bildet hier sicherlich die Angemessenheit des Business Case in Kombination mit der Umsetzung von angemessenen Projektmanagementmethoden im Zeitraum der Projektplanung bzw. initiierung. Während des Projekts ist eine Fokussierung auf das ProjektChange-Management und die materiellen Projekt-Changes ein kritischer Erfolgsfaktor im Sinne des effizienten Einsatzes knapper Revisionsressourcen, des präventiven fachlichen Mehrwerts und nicht zuletzt der Akzeptanz bei den relevanten Stakeholdern. In diesem Zusammenhang kann die Interne Revision insbesondere ihre Wahrnehmung bei (internen) Stakeholdern stärken und letztlich ihre eigene Reputation festigen. Somit stellt sie einen aktiven Werttreiber für das Unternehmen dar, weil Risiken oder mögliche Fehlentwicklungen aus wesentlichen Projekten, die den Unternehmenserfolg negativ beeinflussen oder gar gefährden könnten, frühzeitig erkannt und mögliche Mängel oder Schäden präventiv vermindert und/oder vermieden werden können. i Vgl. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin): Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk), Rundschreiben 10/2012 (BA) vom 14.12.2012 BT 2.1, Tz. 2. ii Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin): Mindestanforderungen an das Risikomanagement für Investmentgesellschaften ( InvMaRisk), Rundschreiben 5/2010 (WA) vom 30.06.2010, 12.2, Tz. 2. iii Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin): Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk VA), Rundschreiben 3/2009, 7.4, Tz. 2. iv Hannemann, R.; Schneider, A.; Weigl, T.: Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Kommentar unter Berücksichtigung der Instituts-Vergütungsverordnung (InstitutsVergV), 2013, 4. Auflage, Schäfer Pöschl, S. 1065. v Deutsches Institut für Interne Revision e. V. (DIIR): DIIR Prüfungsstandard Nr. 4, 2008, S. 5. vi Operationelle Risiken entstehen aufgrund des Versagens von Mitarbeitern, internen Prozessen, Informationstechnologie und aufgrund externer Ereignisse. vii Vgl. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin): MaRisk (BA) BT 2.1, Tz. 1; InvMaRisk, 12.2 Tz. 1; MaRisk VA, 7.4, Tz. 2. viii Vgl. Berndt, M.; Becker, A.; Klein, J.: Bearbeitungs- und Prüfungsleitfaden Risikoorientierte Projektbegleitung Interne Revision, 2011, Finanz Colloquium Heidelberg, S. 38. ix Zu den Kriterien vgl. Berndt, M.; Becker, A.; Klein, J.: a. a. O., S. 36 ff. und Deutsches Institut für Interne Revision e. V. (DIIR): Leitfaden zur Prüfung von Projekten. Erläuterungen und Empfehlungen zum DIIR Standard Nr. 4, 2010, S. 17–19. x Vgl. Berndt, M.; Becker, A.; Klein, J.: a. a. O., S. 43 ff. xi Vgl. Deutsches Institut für Interne Revision e. V. (DIIR): Leitfaden zur Prüfung von Projekten. Erläuterungen und Empfehlungen zum DIIR Standard Nr. 4, 2010, S. 23–25. xii Vgl. Berndt, M.; Becker, A.; Klein, J.: a. a. O., S. 49. xiii Vgl. Berndt, M.; Becker, A.; Klein, J.: a. a. O., S. 25, 49 f. 11 Ansprechpartner Herausgeber Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mergenthalerallee 3–5 65760 Eschborn EMEIA Financial Services Advisory Michael Plaumann-Ewerdwalbesloh Partner Telefon +49 6196 996 27706 michael.plaumann @de.ey.com Michael Berndt Partner Telefon +49 6196 996 27733 michael.berndt@de.ey.com André Prossner Senior Manager Telefon +49 40 36132 19845 andre.prossner@de.ey.com Christian Raspe Manager Telefon +49 6196 996 16601 christian.raspe@de.ey.com Anja Bohnenkamp Senior Consultant Telefon +49 6196 996 24080 anja.bohnenkamp@de.ey.com EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory Die globale EY-Organisation im Überblick Die globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen – für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“. Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com. In Deutschland ist EY an 22 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2014 Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft All Rights Reserved. JB 0414 Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und/oder anderer Mitgliedsunternehmen der globalen EY-Organisation wird ausgeschlossen. 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