Abschlussbericht
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Forschungsbericht I. Gehrke | F. Groß | I. Bettermann | S. Evers | F. Bartels | M. Kremer Nanobeschichtung von mikrostrukturierten und mikroskaligen Bauteilen zur Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz Ergebnisbericht des BMBF-Verbundprojekts Nanoefficiency Nanoefficiency |Nanoefficiency| Nanobeschichtung von mikrostrukturierten und mikroskaligen Bauteilen zur Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT | NANO-X GmbH | CUT Membrane Technology GmbH & Co. KG | EVERS e.K. WASSERTECHNIK und ANTHRAZITVEREDELUNG | Bartels Mikrotechnik GmbH ”Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmenkonzept „Forschung für die Produktion von morgen“ (02PO24-90 bis -94) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.” 2 Inhalt 1 Ausgangssituation............................................................................................................4 2 Ziele .................................................................................................................................6 3 Stand von Wissenschaft und Technik ..............................................................................8 4 Aufgabenstellung ........................................................................................................... 11 5 Ergebnisse ..................................................................................................................... 12 5.1 Herstellung von Mikrosieben ................................................................................... 12 5.2 Entwicklung neuer TiO2-Nanopartikel zur Beschichtung ......................................... 17 5.3 Entwicklung des Beschichtungsverfahrens ............................................................. 18 5.3.1 Methoden zur Charakterisierung der Beschichtung ......................................... 18 5.3.2 Beschichtungsverfahren für Mikrosiebe ........................................................... 19 5.3.3 Beschichtungsverfahren für mikrofluidische Bauteile ....................................... 32 5.4 Experimentelle Untersuchung der modifizierten Mikrosiebe .................................... 35 5.5 Entwicklung und Umsetzung eines Mikrosiebmoduls .............................................. 39 5.5.1 Entwicklung eines geeigneten Moduldesigns ................................................... 39 5.5.2 Prüfung und Auswahl geeigneter Modulkomponenten ..................................... 40 5.5.3 Konstruktion des Mikrosiebdemonstrators ...................................................... 41 5.5.4 Bau des Mikrosiebdemonstrators..................................................................... 42 5.6 Anwendung des Mikrosiebmoduls........................................................................... 44 5.7 Charakterisierung und Anwendung der beschichteten Mikrobauteile ...................... 49 5.7.1 Elektrowetting-Systeme ................................................................................... 51 5.7.2 Mikropumpen ................................................................................................... 51 5.8 Abschätzung der Ressourceneinsparung und Effekte auf die Umwelt .................... 54 5.8.1 Abschätzung der Effekte von TiO2-Nanopartikeln auf die Umwelt.................... 54 5.8.2 Abschätzung des Energie- und Ressourcenverbrauchs .................................. 57 6 Fazit und Ausblick .......................................................................................................... 60 7 Literatur.......................................................................................................................... 63 3 1 Ausgangssituation Rohstoffe zur Energie- und Materialgewinnung werden knapper. Öl- und Gaspreise steigen exponentiell an. Zwischen- und Endprodukte werden immer teurer und die Nachfrage der Konsumenten immer geringer. Wie lässt sich dieses Dilemma lösen? Die Produktion muss effizienter und die Produkte höherwertiger und langlebiger werden. Neue Produktionswege sind nur vereinzelt möglich, so dass zwangsläufig traditionelle Herstellprozesse intensiviert werden müssen. Außerdem ergeben sich Einsparmöglichkeiten durch die Prozess-, Abwasser- und Abfallminimierung. Die Schließung von Kreisläufen trägt erheblich zur Schonung von Ressourcen bei. Eine kostbare, endliche Ressource ist Wasser. Schon jetzt leiden die Hälfte aller europäischen Länder (ca. 70 % der Bevölkerung) unter Wasserknappheit /1/. In China mangelt es 550 von 600 der größten Städte an Wasser. Die stark verschmutzten großen Flüsse sind nicht zur Bewässerung geeignet. Membrantrennverfahren können durch die gezielte Trennung von Stoffströmen in wiederverwertbare Komponenten Wasserkreisläufe schließen, Abwasser reinigen und Wasser in Trinkwasserqualität überführen. Sie sind wesentliche Prozessschritte in nahezu allen größeren Produktionsketten, bei denen flüssige Chemikalien oder Wasser in hohem Maß verwendet werden. Etabliert sind sie in der chemischen Industrie, Lebensmitteltechnik, Papierindustrie und (Ab)Wassertechnik. Fraunhofer UMSICHT ist es gelungen, einen neuartigen Mikrofilter für die Entfernung von Partikeln und Keimen aus Wasser und Abwasser zu entwickeln, der sich durch Milliarden von winzigen Löchern in der Größe von 0,5 bis 10 µm auf einer Fläche von 15 cm² auszeichnet. Diese sogenannten high-flux Mikrosiebe können bei entsprechend hoher Anzahl von Löchern pro Fläche mit Wasser enorme Filtratflüsse erzeugen. Die Filtratleistung nimmt jedoch exponentiell ab, sobald partikelbelastete Medien filtriert werden sollen. In wenigen Minuten bildet sich eine Deckschicht aus, die im ungünstigsten Fall den Filter vollständig verstopft, selbst die Filterfunktion übernimmt und damit die hohe Durchlässigkeit des Mikrosiebs vollständig aufhebt. Abbildung 1 zeigt exemplarisch einen Filterversuch mit einem partikelbelastetem Prozesswasser. Die Filterleistung nahm in ca. 20 min. um 80 % ab. 4 Abbildung 1: Relative Abnahme der Filtratleistung von Mikrosieben im Betrieb mit praxisrelevanten Medien (links oben: Mikrosieb, rechts unten: Beispiel einer verblockten Polymermembran) Da eine Annäherung von Schmutzpartikeln und gegebenenfalls Bakterien durch Diffusion und Konvektion an durchströmten Oberflächen nicht verhindert werden kann, muss die Bildung geschlossener Deckschichten vermieden werden. Oberflächlich wirkende Strömungsscherkräfte tragen zur Reduzierung von Deckschichten bei (cross flow Effekt), können aber lediglich die Wachstumsgeschwindigkeit der Foulingschichten verringern. Aufwändige chemische Reinigungsverfahren (CIP1) zur Entfernung der Foulingschicht müssen periodisch ein- oder sogar mehrfach am Tag durchgeführt werden, was jedes Mal stundenlangen Stillstand der Anlagen zur Folge hat. Üblicherweise wird zu Reinigungszwecken das gesamte Feed abgepumpt und das komplette Bauteil mit einer Reinigungslösung durchströmt, obwohl die Verschmutzung lokal begrenzt an den Wänden haftet. Die Reinigungslösung wird infolge der chemischen Reaktionen verbraucht und anschließend verworfen. Dieser Prozess ist zeit- und energieaufwändig und verbraucht Ressourcen in Form von Reinigungschemikalien und Wasser. Außerdem werden Rückspülungen durchgeführt, die ca. 5 % der Betriebszeit in Anspruch nehmen. Der spezifische Energieverbrauch bezogen auf die Prozessausbeute sinkt. Der Filtrationsprozess könnte erheblich effizienter werden, wenn die Partikel direkt und kontinuierlich chemisch an dem Filter zersetzt werden. Der Chemikalienverbrauch würde deutlich 1 CIP clean in place 5 reduziert und Reinigungsintervalle würden entfallen, so dass die gesamte Energie für den Betrieb der Anlage zur Herstellung des Produkts genutzt werden kann. Auch in der Mikrotechnik können viele Entwicklungen nur schwer industriell umgesetzt werden, da trotz Vorfilter die winzigen Bauteile zur Verstopfung neigen. Eine besondere Herausforderung stellt die Beschichtung durchströmter Oberflächen von Bauteilen dar, die Mikrostrukturen aufweisen wie Mikrosiebe oder selbst mikroskalig sind, wie z. B. Mikromischer, Mikropumpen oder Mikrowärmetauscher. Das Beschichtungsverfahren sowie die verwendeten Beschichtungsmaterialien müssen die Aufbringung sehr gleichmäßiger, ebener Schichten kleiner ein Mikrometer mit Toleranzen im Nanometerbereich gewährleisten, damit die Mikrogeometrie und damit Funktion der Bauteile erhalten bleibt und nicht z. B. die Löcher bei den Mikrosieben durch die Beschichtung geschlossen werden. Über die Mikrotechnik hinaus tritt in sämtlichen Industriebereichen, in denen Oberflächen längerfristig in Kontakt mit wässrigen, partikelbelasteten Lösungen stehen, Korrosion auf, werden Strömungswiderstände erhöht und Bauteile verstopft. Als Beispiele sind neben der Filtertechnik, die Schifffahrt, Sanitärbereich, Rohr- und Kanaltechnik sowie Pumpentechnik zu nennen. Wenn es gelingt, effektive Deckschicht abweisende Beschichtungen (Antifoulingschichten) zu entwickeln, die großflächig aufgebracht werden können und preiswerter als chemische Reinigungsverfahren sind, eröffnet sich ein riesiger Markt für die neue Beschichtungstechnologie über die Filter- und Mikrotechnik hinaus. 2 Ziele Ziel des beantragten Forschungsvorhabens ist die Entwicklung eines neuartigen Beschichtungsverfahrens, das nanoskalige Titandioxid-Partikel verwendet, um Schichten zu erzeugen, die • Antifoulingwirkung besitzen, • antikorrosiv sind, • dauerhaft haften, • nicht verbraucht werden und • nicht dicker als ein Mikrometer sind. Alle diese Kriterien erfüllen photokatalytische Schichten aus TiO2 in Kombination mit einer Lichtquelle. 6 Das Beschichtungsverfahren soll Ressourcen und Energie schonen, damit die angestrebte Effizienzsteigerung durch Antifoulingschichten nicht kompensiert wird. Von anderen Beschichtungsverfahren unterscheidet es sich durch die Aufbringung nanofeiner Coatings auf Mikrostrukturen und Mikrobauteilen, ohne die Mikrogeometrie und Funktion der Bauteile zu zerstören. In Nanoefficiency sollen lokal an den Bauteiloberflächen reaktive Antifoulingschichten aufgebracht werden. Die chemischen Zersetzungsreaktionen laufen somit in einem kleinen, begrenzten Bereich nahe der Oberfläche ab, ohne das Feed negativ zu beeinträchtigen. Durch die Verwendung von TiO2 als Katalysator wird das Antifouling-Coating nicht verbraucht. Zudem soll die Antifoulingschicht zur Vermeidung von Korrosion beitragen, da sie Mikroorganismen eliminiert, deren Ausscheidungen über einen längeren Zeitraum die Oberfläche angreifen. Die beschichteten Bauteile erhalten so neben ihrer eigentlichen Funktion katalytische, schmutzabweisende und antikorrosive Eigenschaften. Beispielhaft soll das neue Beschichtungsverfahren zur Herstellung von Antifoulingschichten auf Mikrosieben umgesetzt werden. Ziel ist es, den Mikrosieben über ihren klassierenden und filtrierenden Effekt hinaus weitere Funktion zu verschaffen, die die Mikrosiebfiltration intensivieren. Mikrosieb-Demonstratoren sollen gefertigt werden. Das Beschichtungsverfahren soll anschließend auf mikrofluidische Syseme übertragen werden. Durch die funktionalisierte Oberfläche der mikroskaligen Bauteile mit Antifoulingwirkung wird eine signifikante Energie- und Ressourceneinsparung im Vergleich zum Betrieb herkömmlicher Membranverfahren erwartet. Die erforderliche Pumpenleistung nimmt mit höheren Filtratflüssen ab. Reinigungsintervalle sollen deutlich verlängert werden. Ein Membranersatz ist in Zeiträumen von Jahren und nicht wie sonst üblich viertel- bis halbjährlich vorgesehen. VAN RIJN /2/ gibt für Wafer-Mikrosiebe (Abschnitt 3) eine um 100fach höhere Leistung für Wasser im Vergleich zu üblichen polymeren Mikrofiltrationsmembranen an. Aufgrund des hohen Leistungspotentials von Mikrosieben im Vergleich zu herkömmlichen Membranen können gemessen an dem Trinkwasserbedarf in Afrika mit einer Anlage bestehend aus 100 funktionalisierten, Deckschicht abweisenden Mikrosieben ca. 17 500 Personen mit Trinkwasser versorgt werden, mindestens doppelt so viel wie mit üblichen Membranverfahren. 377 Tonnen Brennholz zum Abkochen von Rohwasser könnten eingespart werden. Auch im Wasserrecycling ergeben sich durch neue effiziente Aufbereitungsverfahren wie die Mikrosiebfiltration allein in Deutschland Einsparpotentiale von 3,8 Mrd. m³ Wasser pro Jahr 7 3 Stand von Wissenschaft und Technik Photokatalytisches TiO2 wird im Umweltsektor vorrangig als schmutzabweisende Schicht (Antifoulingschicht) auf Fassaden und Fenstern aufgebracht. Die photokatalytische Wirkung wird unmittelbar durch das Sonnenlicht induziert. Radikale werden gebildet, die organische und anorganische Verschmutzungen abbauen (Abbildung 2) /3/. Es ist als nanoskaliges Pulver auf dem Markt verfügbar, transparent und wird von UV-Licht im Wellenlängenbereich um 390 nm energetisch angeregt. Die erforderliche Anregungsenergie ergibt sich gemäß E = h*ν mit h als Planck’sches Wirkungsquantum (6,6*10 34 Js) und ν als Frequenz (ca. 1019 bis 1021 Hz) zu 6,6*10-15 bis 6,6*10-13 Ws. Elektronen werden vom Valenzband in das Leitungsband gehoben. Positive und negative Elektronen/Loch-Paare entstehen, die die Bildung höchst reaktiver OH-Radikalen einleiten. Diese zersetzen organische und anorganische Komponenten. Bei starker Lichtintensität oder z. B. durch den Einsatz von UV-Quellen wird der Prozess beschleunigt. TiO2 ist ein Katalysator und geht unverändert aus der Reaktion heraus, d.h. kein TiO2 wird verbraucht. Es leitet die effiziente Zersetzung von Foulingschichten ein und ist in dieser Funktion bereits erfolgreich auf mehr als einer Millionen Dachziegeln aufgebracht (ERLUS Lotus, Fa. ERLUS AG). Bekannteste Anwendung von TiO2 in wässrigen Medien sind photokatalytische Reaktoren (AOP, Advanced Oxidation Process) /4-10/. Feinste TiO2-Partikel werden im Wasser dispergiert und erreichen in Kombination mit einer UV-Lampe oder Sonnenlicht hohe Abbaugrade. Neuste Entwicklungen zielen darauf ab, TiO2-Partikel zu immobilisieren, um eine leichtere Abtrennung der Partikel zu erreichen /11-20/. Aufgrund der geringen Zersetzungsrate mit Sonnenlicht sind solche Verfahren mit unmodifiziertem TiO2 gegenwärtig noch nicht wirtschaftlich. Dennoch werden neue Nanomaterialien wie photokatalytisches TiO2 auch in einschlägigen, aktuellen Literaturstellen als zielführender Lösungsansatz für die Zukunft dargestellt /21/. 8 Abbildung 2: Prinzip der Photokatalyse mit TiO2 /www.chemiedidaktik.uni-wuppertal.de/ Als Antifoulingschicht im Wasser mit biozider Wirkung waren Lacke mit Tribatylzinn (TBT) weit verbreitet, bis der Gesetzgeber die Verwendung dieser toxischen Beschichtungen verboten hat. Auch Lacke mit Kupfer als Biozid sind aufgrund ihrer Giftigkeit stark umstritten. Mit kupferhaltigen Lacken beschichteten Schiffe wurde die Fahrt durch viele Gewässern bereits verboten. Deshalb werden gegenwärtige Forschungsaktivitäten auf die Entwicklung physikalisch wirksamer Antifoulingschichten fokussiert. Nach dem Vorbild der Haifischhaut werden mikrostrukturierte Antihaft-Oberflächen erzeugt. Ein Beispiel für solche schmutzabweisenden Oberflächen ist die Ribletfolie. Ihre Verwendung stellte sich allerdings als zu teuer heraus, da sie per Hand aufgeklebt werden musste. Neueste Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit der Entwicklung von Lacken, die einen Haifischhaut-Effekt besitzen. Die Foulingproblematik in Wasser ist so gravierend, die Energieverluste so hoch, dass die EU ein internationales Forschungsprojekt zur Verhinderung von Foulingschichten mit 12 Millionen Euro über 5 Jahre gefördert hat. Allerdings adressierten die Forschungsarbeiten vorwiegend die Beschichtung großer Flächen (> 1 m²), wie z. B. Schiffsrümpfe oder Bojen. Zudem bestand das Interesse vorrangig in der Vermeidung biologischer Ablagerungen wie Algen und Muscheln als in dem Abbau von Schmutzpartikeln. Antifoulingschichten für mikrostrukturierte und mikroskalige Bauteile sind nicht bekannt. Die entwickelten Lackschichten oder Folien sind zu dickschichtig, um sie als Antifouling-Coating für Mikrobauteile zu verwenden. Antifoulingschichten aus Titandioxid lassen sich mittels Sol-Gel-Technologie erzeugen. Diese Technik ermöglicht einerseits die in-situ Herstellung von Nanopartikeln oder von nanoskaligen Bindemittelstrukturen. Andererseits können über die Sol-Gel-Technologie bzw. über die Silantechnologie kommerziell erhältliche Nanopartikel oberflächenmodifiziert werden. Mittels dieser Technik können die Nanopartikel stabil in eine Beschichtungslösung eingearbeitet werden (Abbildung 3). 9 R R Hydrolyse + H2O Si OR RO OR Si HO + TiO2 OH OH R Si RO Ti O Ti Ti Ti O O Ti O Ti O Ti Ti Ti Modifizierte TiO2-Nanopartikel in Beschichtungslösung OH HO Ti O OH HO 50 nm O O Titandioxidnanopartikel Quelle: Evonik (Degussa) Abbildung 3: Sol-Gel-Prozess zur Einarbeitung von Nanopartikeln in eine Beschichtungslösung am Beispiel von kommerziellen TiO2-Nanopartikeln (NANO-X) Eine weitere interessante Ausgangsbasis zur Herstellung von nanokompositen Beschichtungen sind „SiliXane“ (Abbildung 4) - eine neue zum Patent /22/ angemeldete Bindemittelklasse der NANO-X. Bei dieser neuen Bindemittelklasse existiert ein bereits vollständig vorvernetztes organisches Prepolymer, welches rein anorganisch über Silanfunktionen unter Verwendung von geeigneten Katalysatoren vernetzt wird. Darüber hinaus können diese Silanköpfe genutzt werden, um Nanopartikel stabil und in Primärteilchenform in geeignete Bindemittelmatrices einzubringen, wie analog für den Sol-Gel-Prozess in Abbildung 3 dargestellt. F = funktionelle Gruppe RO RO RO Si H HO H OH H C NC O C OC N C H x H y H x OR OR Si OR F O H Urethan O C N O H Amid C N Urea N C N O H H Thio O H S C N Abbildung 4: SiliXane als neue Bindemittelklasse (NANO-X) Insbesondere mittels der SiliXan-Technologie sind Beschichtungsmaterialien zugänglich, die einerseits eine gute Haftung auf Metalluntergründen wie (Edel-)Stahl und Aluminium zeigen. Andererseits lassen sich in diese Materialien sehr gut Nanopartikel einarbeiten und stabilisieren. 10 Mikrosiebe wurden vor ca. 13 Jahren erstmals von der Fa. Aquamarijn, NL entwickelt. Jedoch scheitert Aquamarijn herstellungsbedingt (Mikrolithographie) an der Umsetzung großflächiger, stabiler und preiswerter Filtersheets, so dass die großen Filtermärkte für Aquamarijn vorerst verschlossen bleiben /23/. Auch der Fa. Fluxxion, die Mikrosiebe mit Größen von ca. 0,1 m² vertrieb, gelang aufgrund der hohen Kosten der Mikrosiebe, starker Schwankungen der Permeatleistungen und Sprödigkeit der Siliciumnitrid Platten, in denen die Lochstruktur gefertigt wird, bisher noch nicht der breite Marktzugang /24/. Erst eine Anlage wurde im Bereich Lebensmitteltechnik installiert, die pulsierend überströmt wird, um die Deckschichtbildung im Prozess zu reduzieren /25,26/. Fluxxion hat den Geschäftsbetrieb 2010 eingestellt. 4 Aufgabenstellung Unter Berücksichtigung der Vorarbeiten sollen theoretische und praktische Forschungsarbeiten durchgeführt werden, um sowohl ein Beschichtungsverfahren als auch Produkte zu entwickeln, die energie- und ressourceneffizient sind. Dazu werden den zu beschichtenden Bauteilen durch ein Antifoulingcoating zusätzliche Funktionen verliehen (Abbildung 5). Der technische Lösungsweg besteht aus der Herstellung geeigneter mikroskaliger Bauteile (hier: Mikrosiebe), Entwicklung photokatalytischer TiO2-Nanopartikeln und eines Beschichtungsverfahrens sowie der Umsetzung von Mikrosieb-Demonstratoren in Module und technische Anwendungen. Zudem wird die Übertragbarkeit des neuen Coating-Verfahrens zur Beschichtung weiterer Bauteile im Mikromaßstab geprüft. Beschichtete Mikropumpen und Elektrowetting-Strukturen werden als Demonstrator umgesetzt. In einem eigenen Arbeitspunkt werden die Gefährdungen, die von der photokatalytischen Reaktion im Wasser und den Nanopartikeln ausgehen, betrachtet. Abschließend wird der Energie- und Materialverbrauch abgeschätzt. 11 Abbildung 5: Lösungsweg von Nanoefficiency entlang der Wertschöpfungskette 5 Ergebnisse Die Ergebnisse werden in chronologischer Abfolge entlang der Wertschöpfungskette dargestellt. 5.1 Herstellung von Mikrosieben Insgesamt wurden im Verlaufe des Projekts mehr als 200 glatte Mikrosiebe mit homogener Porenverteilung mittels eines galvanischen Abformprozesses gefertigt und für die Herstellung von Modulen und zur Beschichtung bereitgestellt. Zur Abformung der Mikrosiebe wurde eine Parameterstudie unter Variation von Abscheideprogrammen durchgeführt. Da die Qualität der Mikrosiebe im relevanten Parameterraum unabhängig von der Abscheidegeschwindigkeit blieb, wurde in den folgenden Versuchen immer das schnellere Abscheideprogramm bei höheren Stromstärken gewählt. Die Zeiten für die Mikrosieberzeugung wurden halbiert und betrugen je nach gewünschter Schichtdicke zwischen 20 und 40 Minuten. Die Mikrosiebe werden bisher durch Abformung einer strukturierten Matrize hergestellt (Abbildung 6). Bei diesem Verfahren sind Porenweite, Porenabstand und Siebdicke nicht unabhängig variierbar. Je kleiner die Mikrolöcher werden, desto geringer werden auch die Lochdichte und damit die flächenbezogene Permeatleistung. Eine neue Abformmethode unter Verwendung von Matrizen mit Mikronoppen wurde untersucht (Abbildung 6). Bei diesem Verfahren sind die geometrischen Mikrosiebparameter unabhängig voneinander einstellbar. Nickel wird so lange auf der Matrize abgeschieden, bis die 12 Räume zwischen den Noppen ausgefüllt sind, ohne die Noppen zu überwachsen. Sechs verschieden leitfähige Matrizen mit einer Beschichtung aus Titan, ITO und Chrom wurden vergleichend abgeformt. Bei ausreichend kleinen elektrischen Widerständen der leitfähigen Schichten gelang es, eine gleichmäßige Nickelschicht abzuscheiden. Abbildung 6: Links: Abformmatrize, rechts: Chrom-Maske mit Mikronoppen Das Problem, das Mikrosieb abschließend von der Matrize ohne Zerstörung der Noppenstruktur abzulösen, konnte nicht gelöst werden. Deshalb wurde eine erweiterte Parameterstudie gestartet, um den bisherigen Prozess zu optimieren und Defekte an den Abformmatrizen zu minimieren. In ca. 80 Versuchen wurden systematisch die Betriebs- und Badparameter variiert (pH-Wert, Temperatur, Ni-Konzentration, Stromprogramm), um die Sensitivität der Parameter festzustellen. Der Prozess ist sehr robust. Höhere pH-Werte sowie eine Steigerung der Tensiddosis zeigten einen leichten Einfluss auf die Qualität der Lochgeometrie hin zu größeren Löchern. Außerdem ergaben die REM-Untersuchungen von verschiedenen unbeschichteten Mikrosieben, dass ein zeitoptimiertes Abscheideprogramme kaum einen Einfluss auf die Kristallbildung und damit auf die Qualität der Mikrosiebe hat (Abbildung 7, matte Seite). Ohne Qualitätseinbußen gelang es, die Prozessdauer zur Herstellung der Mikrosiebe mit dem neuen Programm zu halbieren. Die Rauigkeit der Filtratseite (glänzend) der Mikrosiebe ist unabhängig vom Abscheideprogramm kleiner 50 nm. 13 Abbildung 7: links: Mikrosieb nach Programm 5.1 (matte Seite, 40 Minuten); rechts: Mikrosieb nach Programm 5.3 (matte Seite, 20 Minuten) Standardgemäß werden die geometrischen Parameter sämtlicher Mikrosiebe mit einem 3-DKonfokalmikroskop und/oder konventionellem Auflichtmikroskop bestimmt. Die Porengrößenverteilung einzelner, repräsentativer Mikrosiebe wird statistisch ausgewertet. Durch Auswertung einer Vielzahl solcher statistischen Untersuchungen wurde die relative Standardabweichung in Abhängigkeit der Porengröße ermittelt (Abbildung 8). Abbildung 8: Relative Standardabweichung der Mikrosiebe in Abhängigkeit der mittleren Porengröße, Beispiel für eine Porengrößenverteilung (MS5) im Vergleich zu einer polymeren Mikrofiltrationsmembran (grüne Kurve, schematisch) Je kleiner die Porengrößen werden, desto stärker wirken sich Randeffekte aus. Nickelkristalle im Größenbereich von bis zu 1 µm, die in die Pore hineinwachsen, können z. B. in Einzelfällen eine Abweichung von der mittleren Porengröße von bis zu 50 % bewirken. Trotzdem ist 14 die Porengrößenverteilung selbst bei Mikrosieben mit Porengrößen kleiner fünf Mikrometer deutlich homogener als bei den herkömmlichen schwammartigen Polymermembranen (Abbildung 8). Eine neue Abformmethode unter Verwendung von Matrizen mit Mikrokanälen wurde untersucht. Diese neuen Matrizen erlauben die Herstellung von Mikrosieben mit einer höheren Porosität im Vergleich zu solchen mit runden Löchern (Abbildung 9). Partikel und sonstige Kontaminanten werden ebenso effektiv zurückgehalten wie mit den üblichen Mikrosieben mit kreisrunden Löchern. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein längliches Partikel sich parallel zum Langloch ausrichtet und das Loch passiert, wird als sehr gering eingeschätzt. Abbildung 9: Mikroskopische Aufnahme eines Mikrosiebs mit Langlöchern (links: 500 fach, rechts: 2000 fach vergrößert) Um die Mikrosiebe mechanisch zu stabilisieren und die Integration in ein Mikrosiebmodul zu unterstützen, wurden verschiedene Verfahren zur galvanischen Abscheidung von Stützstrukturen auf den Mikrosieben entwickelt und umgesetzt. Die Verfahren basieren auf der selektiven Abdeckung quadratischer Siebbereiche und dem Aussparen von quadratisch angeordneten Stegen mit anschließender galvanischer Abformung. Folgende Verfahren wurden umgesetzt: • Abdeckung freibleibender Bereiche mit einer Teflonschablone (Abbildung 10). • Selektive Belackung freibleibender Bereiche mit handelsüblichen Lacken (Abbildung 10). 15 Abbildung 10: Mikrosieb mit Stützstruktur mittels Teflonschablone hergestellt (links) und Mikrosieb mit Stützstruktur mittels Belackung mit Sprühlack erzeugt (rechts) Die beiden Verfahren lieferten Mikrosiebe mit quadratischen Stützstrukturen, die allerdings umso ungenauer wurden, je kleiner die angestrebte Stegbreite war. Die Deckungseigenschaften verschiedener Sprühlacke wurden untersucht. Für die weitere Stabilisierung der Mikrosiebe wurde ein sehr fein verstäubter Sprühlack verwendet, der die Herstellung schmaler Stege mit hoher Präzision erlaubt. Abbildung 11: Mikrosieb mit Stützstruktur mittels Belackung mit fein zu verstäubendem Sprühlack Außerdem wurden parallel neue Entwicklungsmethoden für Mikrosiebe auf Basis der Lasertechnik untersucht. Ende März 2012 wurde bei UMSICHT eine Laseranlage mit einem Ultrakurzpulslaser in Betrieb genommen. Erste Mikrosiebe in Edelstahl auf Flächen von 70x70 mm² wurden bereits hergestellt (Abbildung 12). 16 Abbildung 12: Laser-Mikrosieb aus Edelstahl mit einer Porengröße von 40 µm auf einer Fläche von 70x70 mm² 5.2 Entwicklung neuer TiO2-Nanopartikel zur Beschichtung Die Firma Sachtleben als assoziierter Projektpartner hat Titandioxid-Nanopartikel (Hombikat UV-100) zur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse der Photoaktivitätstests werden in Abschnitt 5.3.2 dargestellt. Zudem wurden photokatalytisch aktive Titandioxid-Pulver (KRONOclean) der Fa. Kronos auf ihre Photoneneffizienz und Haftbarkeit auf den Mikrosieben getestet. Die Photoneneffizienz wird durch Abbautests mit Methylenblau als Indikatorsubstanz nach DIN 52980 ermittelt (Abschnitt 5.3.1). Sie ist ein Maß für die Selektivität der eingestrahlten Photonen zur Methylenblau-Entfärbung, angegeben in Prozent der eingestrahlten Photonen. Während mit dem reinen Titandioxid-Pulver relativ hohe Photoneneffizienzen auf Mikrosieben reproduzierbar erzielt wurden, waren Beschichtungen aus vorgefertigten Dispersionen unabhängig vom Mahlgrad des KRONOcleans photokatalytisch nahezu inaktiv (Abbildung 13). 17 Abbildung 13: Abbau von Methylenblau und Photoneneffizienz verschiedener TitandioxidBeschichtungen auf Basis von TiO2-Pulvern und –Dispersionen der Fa. Kronos (DIN 52980) Die Beschichtungsversuche mit KRONOclean wurden mangels Haftung der Pulver auf den Mikrosieben trotz relativ hoher Photoaktivität nicht fortgeführt. Mikrosiebe mit anderen Beschichtungssystemen wurden bemustert (Abschnitt 5.3.2), die bei höherer Photoaktivität eine deutlich bessere Haftung aufwiesen und deshalb bevorzugt weiterentwickelt wurden. Mit sichtbarem Licht aktivierbare Titandioxid-Nanopartikel, z. B. KRONOClean 7000, besitzen gegenwärtig eine zu geringe Photoaktivität für die in Nanoefficiency angestrebten Anwendungen. 5.3 Entwicklung des Beschichtungsverfahrens 5.3.1 Methoden zur Charakterisierung der Beschichtung Die angefertigten Muster wurden in Bezug auf folgende Grundanforderungen charakterisiert: • Haftung (Gitterschnitt-/Tapetest) • Abriebbeständigkeit (qualitative Prüfung mit Stahlwolle oder einer Polyproylenbürste sowie quantitative Prüfungen mit einem Crockmeter oder einem Wasch-undScheuerbeständigkeitstester) • Schichtdicke und Schichthomogenität (Verlauf, Haftung, Benetzung, Risse, Offenheit der Poren usw.) mit einem Mikroskop 18 Die Trockenschichtdicke bzw. die aufgebrachte Nassbeschichtungsmenge wurde über den Feststoffgehalt bzw. die Applikationsparameter (Rückziehgeschwindigkeit, Viskosität usw.) eingestellt. Folgende Analysemethoden zur Charakterisierung der Beschichtung wurden verwendet: Bakterizid-Test: Der Test wurde in Anlehnung an DIN EN ISO 8199 und DIN 10113-1 entwickelt. Er wird verwendet, um die bakterizide Wirkung einer mit UV-Licht bestrahlten und mit Titandioxid beschichteten Oberfläche zu bestimmen. Im Becherglasversuch wurde eine Probe eines beschichteten Mikrosiebs (2 x 2 cm) in 50 ml homogenisierte e-coli-Lösung getaucht. Im Zeitraum von 200 min wurden jeweils 4 Proben entnommen, die Abnahme der Keimzahlen im Plattiertest (DIN 8199) bestimmt und mit einer Blindprobe verglichen. Dieser Test wurde im Verlauf des Projekts für eigene Messungen modifiziert (Abschnitt 5.3.2). Methylenblau-Test: Der Test wurde in Anlehnung an DIN 52980 entwickelt. Er wird verwendet, um die photokatalytische Aktivität einer mit UV-Licht bestrahlten beschichteten Oberfläche aus Titandioxid zu bestimmen, indem die Abbaurate des organischen Farbstoffs Methylenblau photometrisch über einen Zeitraum von drei Stunden ermittelt wird. Radiergummi-Test: Der Test wurde nach allgemein bekannten Standards durchgeführt. Er wird verwendet, um die Widerstandsfähigkeit einer Beschichtung gegen Abrasion zu bestimmen. Tape-Test: Der Test wurde nach allgemein bekannten Standards durchgeführt. Er wird verwendet, um die Widerstandsfähigkeit einer Beschichtung gegen Abreißen eines aufgeklebten Prüfkörpers zu bestimmen. 5.3.2 Beschichtungsverfahren für Mikrosiebe Etwa 60 Mikrosiebe mit Porenweiten im Bereich von 5 bis 9 µm wurden zur Beschichtung bereitgestellt. Zunächst wurde für das Nickel-Substrat eine optimale Vorreinigungsmethode erarbeitet, um Rückstände aus Herstellung, Lagerung und Handhabung zu entfernen, die sich nachteilig auf die Benetzung mit dem Beschichtungsmaterial und damit auf die Schichthomogenität und Schichthaftung auswirken. Während sich die Reinigung mit Lösungsmitteln als nicht vorteilhaft herausstellte, wurde eine optimale Vorbehandlung der Nickel-Mikrosiebe durch einen kombinierten Waschvorgang mit einem neutralen Tensidreiniger und anschließendem „thermischen Ausheizen“ der klargespülten Substrate erzielt. Die Mikrosiebe mussten direkt vor der Applikation vorbehandelt werden, da sich ansonsten die Oberfläche erneut verändert und somit hydrophob wurde, was für eine Beschichtung nachteilig ist. 19 Zu Beginn des Projekts wurden die ersten Siebe im Flutverfahren beschichtet. Die Methode erbrachte aber nur eine klar abgegrenzte Beschichtung in der Mitte des quadratischen Substrats. Die Tauchbeschichtung (Dipcoating) führte dazu, dass sich ähnlich wie auch beim Fluten überschüssiges Beschichtungsmaterial in den Vertiefungen (Wellen und Knicke im Sieb) sammelte, was nach thermischer Trocknung zu Rissbildung und teilweise Abplatzung von Schichtbestandteilen führte. Des Weiteren wurden Mikrosiebe über eine Art Vakuumverfahren beschichtet, wobei das Mikrosieb auf einem Büchnertrichter (d = 11cm) auflag, der über eine Saugflasche mit einem Wasserstrahlpumpe (Vakuum) verbunden war (Abbildung 14). Abbildung 14: Schichtapplikation mittels Vakuumfiltration eines Mikrosiebs Diese Methode führte zu vergleichsweise guten Beschichtungsergebnissen. Um den Applikationsprozess weiter zu verbessern, wurden die Mikrosiebe mit Hilfe einer magnetischen Folie stabilisiert und im Trichter beschichtet. In weiteren Optimierungsversuchen stellte sich heraus, dass bei Verwendung der gleichen Magnetfolienträgerung im Flutverfahren sogar noch bessere Ergebnisse als bei dem „Filtrationsverfahren“ erzielt werden konnten. Als Ergebnis der Versuche wurde das Flutverfahren für die Applikation als Standardmethode festgeschrieben. Die Flutbeschichtung selbst größerer Mikrosiebe wie auch Mehrfachbeschichtungen konnten problemlos bewerkstelligt werden. Die flutbeschichteten Mikrosiebe wurden zunächst bei 150°C im Umluftofen für 15 min vorgetrocknet und danach für 60 min bei 300°C gehärtet. In der folgenden Abbildung 15 sind die REM-Aufnahmen von beschichteten Mikrosieben im Vergleich zu dem unbeschichteten Nickelsubstrat abgebildet. 20 Abbildung 15: REM-Aufnahme eines mit einer photokatalytischen Beschichtung (xclean PK 1245) versehenen Mikrosiebs (matte Vorderseite in Bildmitte und glatte Rückseite in rechtem Bild) im Vergleich mit einem unbeschichteten Nickel-Mikrosieb (links) Die Beschichtung hatte aufgrund von Kapillareffekten teilweise die Siebe zunächst ganz verschlossen. Durch eine angepasste Beschichtungs- und Prozessführung konnte das Verschließen entweder sogar komplett verhindert werden, oder es bildeten sich lediglich Häutchen auf den Poren aus, die im Filterbetrieb durch einen anfänglichen Druckstoß oder Ultraschall mechanisch zerstört werden und keinen negativen Einfluss auf die Filterwirkung ausüben. An Mustern wurden qualitative Messungen zur photokatalytischen Aktivität durchgeführt. Es wurden die Standardsysteme VP PK 1442 und VP PK 1521 auf Glas, Edelstahl und Nickelsubstrate appliziert und 15 min bei 150°C vorgetrocknet und danach für eine Stunde bei 300°C endgetrocknet. Die Proben wurden mit blauer Stempelkissenfarbe bestrichen und unter einem handelsüblichen Gesichtsbräuner für 15 min gelagert. Dabei wurde das folgende Ergebnis erzielt (Abbildung 16). 21 VP PK 1442 Edelstahl VP PK 1521 VP PK 1442 Glas Glas Edelstahl VP PK 1521 Vor Bestrahlung Nach Bestrahlung Abbildung 16: Edelstahl- und Glassubstrate mit VP PK 1521 (jeweils links) und mit VP PK 1442 (jeweils rechts) nach Bestreichen mit blauer Tinte (Stempelkissenfarbe, links) und nach 15 min UV-Bestrahlung mit einem Gesichtsbräuner (rechtes Bild) Das VP PK 1442 zeigte eine gute Aktivität und einen schnellen Abbau des blauen Farbstoffs bevorzugt auf Glas, während das VP PK 1521 eine deutlich geringere Photoaktivität aufwies. In beiden Matrixsystemen wurden die enthaltenen Nanotitandioxidpartikel gewichtsmäßig gegen Alternativrohstoffe ausgetauscht und erneut Proben auf Nickel, Glas und Edelstahl Glas Edelstahl „projektfremdes“ Nickel XXS 100 Edelstahl Nach Bestrahlung Glas „projektfremdes“ Nickel XXS 100 Vor Bestrahlung angefertigt. Nach Durchführung der Schnelltests ergab sich folgendes Bild (Abbildung 17). Abbildung 17: Nickel-, Glas und Edelstahlsubstrate mit Photokatalysebeschichtung VP PK 1442, in der einerseits die Nanotitandioxidpartikel (Reihe oben) gegen das Alternativprodukt XXS100 (Reihe unten) ersetzt wurden. Auf dem linken Bild sind in der farblichen Darstellung blaue Kreuze auf dem metallischen Mikrosieb zu erkennen, die in der rechten Darstellung fast vollständig verblasst sind. 22 Demnach sind beide Sorten an TiO2-Partikeln annähernd gleich in der Photoaktivität. Die Aktivität ist deutlich abhängig von der Art des Substrats und nimmt in der Reihenfolge Glas > Edelstahl > Nickel ab. Eine identische Reihenfolge erhält man auch bei der Verlängerung der Temperierung der Proben bei 300°C für eine weitere Stunde. Es wurden quantitative Messungen zur Photokatalyse im Methylenblau-Abbautest (DIN 52980) und im Methanol-Abbautest durchgeführt (im Durchflussverfahren massenspektrometrisch bestimmt). In diesem Test zeigte sich ein messbarer Unterschied in der photokatalytischen Effizienz (Abbildung 18). VP PK 1442 mit XXS 100 TiO2-Nanopartikeln VP PK 1442 (Standard: projektfremde TiO2-Partikel) Substrat: Glas Photoaktivität Abbildung 18: Glassubstrat mit Photokatalysebeschichtung VP PK 1442, in der die StandardTiO2-Nanopartikel (links) gegen das Alternativprodukt XXS100 (Messkurven rechts) ersetzt wurde. Das Standardmaterial VP PK 1442 zeigte beim Einschalten der UV-Lampe (26 W/m² Leistung) eine Methanolabbaurate von 2,1 mmol/(h*m²) unter CO2-Bildung und somit eine sehr gute Photoaktivität. Das Beschichtungssystem, in dem XXS100-Partikel gewichtsmäßig ersetzt wurden, zeigte eine noch messbare Abbauwirkung von < 0,1 mmol/(h*m²). Die Ursachen für die geringere Aktivität der Photokatalysesysteme auf Edelstahl und Nickelsieben (Abbildung 17) wurde näher untersucht. Die beiden Photokatalysesysteme xclean PK 1245 und VP PK 1442 zeigten auf Glas eine ähnlich gute Photoaktivität. Das VP PK 1442 zeigte jedoch auf Nickel-Mikrosieben Vorteile bezüglich der Haftung und Haltbarkeit, weshalb mit diesem System eine systematische Grundlagenuntersuchung auf Edelstahl und Nickel durchgeführt wurde. Die metallischen Bestandteile des Substrats beeinträchtigen anscheinend die Photoaktivität, während auf dem Kalk-Natron-Glas keine Störungen auftreten. Auf die beiden unterschiedlichen Metallsubstrate wurden daher verschiedene 23 Unterschichten als möglicher Schutz appliziert, bevor die eigentliche Photokatalyseschicht aufgetragen wurde. Als Unterschicht wurden folgende Systeme untersucht: • x-tec HP 4015 (anorganisches Hydrophilsystem) • VP CO 7964 (Korrosionsschutzsystem, glasartig) • x-tec CO 4005 (Korrosionsschutzsystem, glasartig) • VP PK 1442 (Photokatalysesystem selbst) Die Unterschichten wurden jeweils bei 150°C vorgetrocknet. Danach wurde das Photokatalysesystem VP PK 1442 aufgetragen und bei 300°C getrocknet. An den so angefertigten Proben wurde zunächst die Photoaktivität qualitativ mit einer Stempelkissenfarbe untersucht (Tabelle 1). Tabelle 1: Ranking im Photokatalyseschnelltest mit blauer Pelikanstempelkissenfarbe: nach UV-Bestrahlung wird der Grad der Entfärbung visuell beurteilt (qualitativer Test) Nr. VP PK 1442 auf Nickelsieb plus VP PK 1442 auf Edelstahlplatte plus 1. VP CO 7964 VP CO 7964 2. x-tec HP 4015 x-tec CO 4005 3. 2 x VP PK 1442 (zweimal appliziert) 2 x VP PK 1442 (zweimal appliziert) 4. VP PK 1442 (einmal appliziert) x-tec HP 4015 5. x-tec CO 4005 VP PK 1442 (einmal appliziert) 6. ohne Unterschicht ohne Unterschicht Die glasartige Korrosionsschutzschicht VP CO 7964 bzw. in diesem Fall Sperrschicht führte sowohl auf Nickel als auch auf Edelstahl zu guten Ergebnissen in der gemessenen Photoaktivität, während VP PK 1442 ohne Schutzschicht auf beiden Metalluntergründen im Ranking die geringste Photoaktivität lieferte. Da dieser Test nur qualitative Aussagen zuließ, wurden Muster angefertigt, deren Photoaktivität charakterisiert wurde. Zur Messung der Photoaktivität wurde ein neuer UV-Filterteststand aufgebaut. In eine UVundurchlässige Einhausung wurden UV-Lampen mit einer mittleren Wellenlänge von 365 nm integriert, um die beschichteten Mikrosiebe zu aktivieren. Zur Messung der Photoaktivität wurde eine Mehrfachrührplatte in den Teststand für Versuche im Becherglas eingebaut (Abbildung 19). 24 Abbildung 19: Versuchsstand zur Durchführung von Methylenblau-Abbautests (DIN 52980) Die Methylenblau-Abbautests werden gemäß DIN 52980 bei einer Bestrahlungsstärke von 10 W/m², die über den Abstand der Probe zur UV-Lampe eingestellt wird, durchgeführt. Eine Verringerung des Abstands und resultierend höhere Intensität bewirkte keine Steigerung der Photoaktivität. Vermutlich tritt ein Sättigungseffekt auf, d. h. bei der gewählten Bestrahlungsstärke von 10 W/m² sind mehr Photonen vorhanden als zur Aktivierung der gesamten Oberfläche erforderlich wären. Die Ergebnisse zur Photoaktivität gemäß Methanol- und Methylenblau-Abbautest sind in den nachfolgenden Tabellen dargestellt (Tabelle 2, Tabelle 3). Tabelle 2: Methanolabbauraten an beschichteten Edelstahl- und Nickelmustern System Unterschicht wie folgt plus VP PK 1442 Oberschicht Substrat Härtung Spezifische Methanolabbaurate [mmol/(h*m2)] Tangentialverfahren x-tec HP 4015 Nickelmikrosieb 15min/150°C 1,1 VP CO 7964 Nickelmikrosieb 15min/150°C 0,88 Ohne Nickelmikrosieb 15min/150°C nicht messbar VP CO 7964 Edelstahl 15min/150°C 1,7 x-tec CO 4005 Edelstahl 15min/150°C 0,25 Ohne Edelstahl 15min/150°C nicht messbar Hombikat UV 100 Pulver keine / Referenz 23,0 25 Tabelle 3: Methylenblauabbau an beschichteten Edelstahl- und Nickelmustern (DIN 52980) System Substrat Härtung Methylenblau- Unterschicht wie Abbaurate folgt [mmol/(h*m2)] plus VP PK 1442 Oberschicht x-tec HP 4015 Nickelmikrosieb 15min/150°C 3,18 VP CO 7964 Nickelmikrosieb 15min/150°C 1,72 Ohne Nickelmikrosieb 15min/150°C nicht gemessen VP CO 7964 Edelstahl 15min/150°C 0,85 x-tec CO 4005 Edelstahl 15min/150°C 0,95 Ohne Edelstahl 15min/150°C nicht gemessen Die Nickel-Mikrosiebe zeigten bei beiden quantitativen Tests (Methanolabbautest, Methylenblauabbautest) die besten Ergebnisse mit x-tec HP 4015 als Schutz- bzw. Unterschicht. Die Ergebnisse auf Edelstahl waren dagegen widersprüchlich und konnten auf Schwankungen insbesondere bei der Methylenblaumethode zurückgeführt werden. Die Ergebnisse mit der Unterschicht VP CO 7964 sind nicht signifikant schlechter. Das auf Siliciumdioxid basierende Unterschichtsystem VP CO 7964 ebenso wie das SiO2-basierte x-tec HP 4015 eignen sich daher als Schutzschicht für Nickelmikrosiebe, um die Photoaktivität der folgenden Photokatalyseschicht zu verbessern. Um die bakterizide Wirkung analytisch nachzuweisen, wurden zuerst Bakterizidtests in Bechergläsern durchgeführt ( Abbildung 20). 26 Fehler ? X X Abbildung 20: Ergebnisse des Bakterizidtests an Nickel-Mikrosieben mit Unterschicht xtec HP 4015 bzw. VP CO 7964 und Oberschicht VP PK 1442 (DIN 8199) Bei Vernachlässigung der bei den Bakterizidtests üblichen Schwankungen lässt sich feststellen, dass die Probe mit der optimalen Unterschicht VP CO 7964 eine tendenziell sehr gute und die Probe mit der Unterschicht x-tec HP 4015 eine gute bakterizide Wirkung besitzen. Die beiden als Fehler markierten Werte waren vermutlich auf eine unbeabsichtigte NeuVerkeimung während der Probenahme zurückzuführen, wie eine Kontrollmessung ergab. Aufgrund schlechter Reproduzierbarkeit der Versuche bedingt durch die schwierig zu kontrollierenden Wachstumsmechanismen der Bakterienpopulation wurden neue Bakterizidtests entwickelt. Bei diesen Tests wurden die Bakterien direkt auf der Oberfläche des Mikrosiebs aufgetragen, um die Flächenbeladung zu erhöhen. In Abständen von 50 min wurden 4 Proben entnommen und die enthaltene Keimzahl bestimmt. In Abbildung 21 ist die Anzahl der Kolonien bildenden Einheiten (KBE) über der Versuchsdauer nach einer Bebrütungszeit von 72 h für das Beschichtungssystem x-tec HP 4015 und VP PK 1442 dargestellt. 27 2,5E+04 Blindprobe MS54b 2,0E+04 KBE/ml 1,5E+04 1,0E+04 5,0E+03 0,0E+00 0 50 100 150 200 t, min Abbildung 21: KBE über einen Versuchszeitraum von 200 min nach einer Bebrütung der Nährböden von 72 h (MS54b: x-tec HP 4015 und Oberschicht VP PK 1442, Photoneneffizienz von 0,15 %, DIN 8199) Die Anzahl der Keime in der Nährlösung werden um etwa 4-log-Stufen verringert. Zur Verbesserung der Photoaktivität der Schichten auf den Nickel-Mikrosieben wurden noch weitere kommerzielle nanoskalige Titandioxid-Rohstoffe untersucht und verglichen. Die TiO2Feststoffe bzw. Dispersionen der Fa. Kronos wurden in das Beschichtungssystem VP PK 1442 eingearbeitet und die Stabilität der Beschichtungslösung optimiert. Nickel- Mikrosiebe wurden mit diesen Systemen beschichtet und bezüglich der Haftung und mechanischen Abriebbeständigkeit eingestellt sowie Messungen der Photoneneffizienz durchgeführt ( Abbildung 22). Die Probe MS22 mit einem KRONOclean-Nanotitandioxid ( Abbildung 22, links) zeigte 0,022 % Photoneneffizienz, während an einer entsprechenden Probe MS18 mit einem Evonik-Rohstoff ( Abbildung 22, rechts) ein Photoneneffizienz von 0,133 % ermittelt wurde. 28 Abbildung 22: Vergleich der Photoneneffizienz von Photokatalyse-Proben mit guter Haftung auf Nickel. Die Probe MS 22 mit KRONOclean 7050 ist links und die gute Probe MS18 mit TiO2-Rohstoff SAN003 von Evonik in der rechten Messkurve. Darüber hinaus zeigte auch der Titandioxid-Rohstoff SAN002 eine verhältnismäßig gute Aktivität mit 0,147 % (Abbildung 23), jedoch haftet das Material unzureichend auf der Unterbzw. Schutzschicht VP CO 7964. Die Photoaktivität nahm nach dem Gitterschnitt-Tape- Haftungstests merklich auf 0,034 % ab. Nach Tapetest Photoneneffizienz nach Tapetest 0,034% Photoneneffizienz vor Tapetest 0,147% Abbildung 23: Photoneneffizienz der Probe MS15 Unterschicht VP CO 7964 + Photokatalyse-Oberschicht SAN002 auf Nickelmikrosieb. Mit dem Tapetest wird die Schicht leider fast abgelöst (rechts). Im Hinblick auf die Anfertigung eines Prototyps wurde daher ein Kompromiss zwischen Wirkungsgrad und Haftung sowie mechanischer Beständigkeit auf dem Nickelträger bzw. der Unterschicht eingegangen. 29 Für eine Prototypenfertigung wurde nach Durchführung von Vergleichsuntersuchungen an verschiedenen Unterschicht-Oberschichtkombinationen in Bezug auf Haftung bzw. Langlebigkeit in einem Filtermodul sowie den Photokatalyseeigenschaften (Photoneneffizienz bzw. Wirkungsgrad) die Systempaarung aus der hydrophilen Unterschicht x-tec HP 4015 und der Photokatalyseoberschicht VP PK 1442 ausgewählt. Um möglichst gute Beschichtungsergebnisse beim Auftragen des Zweischichters zu erzielen, wurde das System bezüglich der Lösemittelzusammensetzung zum Auftragen auf die Unterschicht x-tec HP 4015 optimiert. Die Mikrosiebe für den Prototyp eines MIkrosiebmoduls wurden zunächst mit der der Unterschicht x-tec HP 4015 flutbeschichtet und für 15 min bei 150°C im Umluftofen getrocknet. Die lösungsmittelmodifizierte Oberschicht VP PK 10173 (=“VP PK 1442 MOD“) wurde ebenfalls unter Zuhilfenahme der Magnetträgerung geflutet und erst 15 min bei 150°C vorgetrocknet und nach Entfernung der Trägerung 15 min bei 300°C endgetrocknet. Das Ergebnis der Systemoptimierung und ein Vergleich zum Ausgangssystem VP PK 1442 ist in Abbildung 24 zu sehen. VP PK 1442 VP PK 10173 (= VP PK 1442 MOD) Nach UV-Bestrahlung VP PK 10173 Vor Bestrahlung (= VP PK 1442 MOD) VP PK 1442 Abbildung 24: Nickel- Mikrosiebe jeweils ausgerüstet mit Unterschicht x-tec HP 4015 und der optimierten „Prototypenformulierung“ VP PK 10173 sowie dem Ausgangssystem VP PK 1442. In der rechten Bildhälfte ist der Abbau des aufgestrichenen Farbstoffs nach Bestrahlung mit einem Gesichtsbräuner dargestellt. Durch die Änderung der Lösungsmittelzusammensetzung von VP PK 1442 konnte ein deutlich besserer Verlauf mit der „Prototypenformulierung“ VP PK 10173 erzielt werden. Es wurden mehr als 30 beschichtete Nickel-Mikrosiebe mit diesem festgeschriebenen Beschichtungsprozess hergestellt und für den Aufbau und Betrieb des Demonstrators bereitgestellt. Eine exemplarische Darstellung einer solchen Photokatalysebeschichtung (ohne Unterschicht) auf Edelstahl ist in folgenden REM-Aufnahmen gezeigt (Abbildung 25). 30 Abbildung 25: REM-Aufnahme von einer optimierten Photokatalysebeschichtung auf Edelstahl Die gute Homogenität der Photokalysebeschichtung lässt sich erkennen. Es sind keine Entmischungen oder (Re-)Agglomerationen von TiO2-Nanoteilchen in dem Querschnitt zu erkennen. Die Schicht haftet sehr gut auf dem Metall. An der mechanisch aufgebrachten Bruchkante zum Substrat sind keine Ablösungen oder Hohlräume zu sehen. Die Schichtdicke liegt bei ca. 0,8 µm. Die Photoneneffizienzen dieser Muster lagen mit 0,10 % auf einem hervorragenden Niveau. In einem mehrwöchigen Versuch erwiesen sich derart beschichtete und unbeschichtete Mikrosiebe als chemisch stabil gegen Meer- und Brackwasser sowie Natronlauge (10 %-ig), verdünnte Salzsäure und Fe-(III)-Chlorid, das in der (Ab)Wassertechnik oft als Fällungsmittel eingesetzt wird. Lediglich bei einer Temperatur von 80 °C werden leichte Masseverluste von weniger als 5 % festgestellt. Da ab ca. 200 h Versuchsdauer die Masse gleich bleibt, ist die Gewichtsabnahme vermutlich auf Restverschmutzungen auf dem Sieb zurückzuführen, die sich im Verlauf des Versuchs abgelöst haben. 31 Abbildung 26: Ergebnisse der Korrosionstests mit Eisen-II-Chlorid 5.3.3 Beschichtungsverfahren für mikrofluidische Bauteile Neben der Beschichtung der Filterfolien aus Nickel wurde auch die Möglichkeit einer funktionellen Beschichtung von komplexen mikrofluidischen Bauteilen mit gleichmäßiger Bedeckung untersucht, ohne dass die Komponenten ihre Funktionalität infolge Verblockung verlieren. Betrachtet wurden beispielsweise Mikromischer oder Verbindungsteile und –leitungen sowie Displaykomponenten, deren Funktionsweise auf dem Elektrowetting-Effekt basiert. Diese Bauteile werden aus Kunststoffen wie Polycarbonat (PC), Polymethylmethacrylat (PMMA) oder Polyphenylensulfoxid (PPSU) gearbeitet. Es wurden zwei unterschiedliche Ansätze zur Funktionalisierung dieser Kunststoffe untersucht. In Abhängigkeit der Zielparameter wurden hydrophobe und hydrophile Beschichtungen untersucht. Das Anforderungsprofil an die zu erarbeitenden hydrophoben Beschichtungen war wie folgt: • Kontaktwinkel 115° (Wasser und Propylencarbonat) • Grenzwinkel 10° (Wasser und Propylencarbonat) • Schichtdicke < 1µm • bevorzugte Schichtdicke 100 nm • homogene, pinholefreie Schicht; transparent • mechanisch stabil (mindestens Q-Tipp) 32 • chemisch stabil gegenüber Propylencarbonat, Decan, Nonan, Tween 20 (Tensid) Die hydrophobe Beschichtung soll die Elektrowetting-Eigenschaften von mikrofluidischen Displays (Elektrowettingzelle) verbessern. Abbildung 27 zeigt den schematischen Aufbau einer Elektrowettingzelle der Firma Bartels. Hydrophobe Schicht Dielektrikum Elektroden ITO-Glas Kunststoffpixelkammer Decan or Nonan Mikrofluidisches Kanalsystem Abbildung 27: Schematische Darstellung einer Elektrowettingzelle mit mikrofluidischem Kanalsystem Stellvertretend für die Elektrowettingzelle wurden Substrate aus Floatglas sowie aus Polyethylenterephthalat (PET) beschichtet. Auf diesen wurden in einem Screening drei fluorhaltige und ein fluorfreies Hydrophobsystem appliziert und thermisch getrocknet. Die Grundeigenschaften Haftung, Abriebbeständigkeit, Oberflächenenergie und Kontaktwinkel wurden bestimmt. Die Proben wiesen gute Kontaktwinkel für Wasser und das Lösungsmittel Propylencarbonat auf. Haftungsprobleme auf dem PET wurden durch Anpassung des verwendeten Härtungskatalysators eliminiert. Jedoch musste zur Verbesserung der ElektrowettingEigenschaften der Neigungs- bzw. Grenzwinkel weiter verringert werden, jener Winkel, bei dem ein Tropfen definierter Größe von selbst anfängt, von dem geneigten beschichteten Substrat abzulaufen. In einem Screening wurden 20 unterschiedliche Hydrophobsysteme zunächst auf das Mustersubstrat Glas appliziert und 15 min bei 120°C im Umluftofen getrocknet und visuell bzgl. des Ablaufverhaltens (Grenzwinkel) beurteilt. Es wurde ein fluorhaltiges System VP EC 10051 (thu 3330) herausgearbeitet, das einen hohen Kontaktwinkel und ein gutes Ablaufverhalten (niedriger Grenzwinkel) auf Glas zeigte, jedoch das gestellte Anforderungsprofil zur Beschichtung von Elektrowettingzellen nicht vollständig erfüllte. Hydrophile Beschichtungssysteme können beispielsweise in mikrofluidischen Pumpensystemen zum Einsatz kommen, um die Energie zum Pumpen von Flüssigkeiten zu verringern. Das Anforderungsprofil an die hydrophile Beschichtung war wie folgt: 33 • Kontaktwinkel < 20° (Wasser) • gute Haftung auf Kunststofffolie (PPSU, PET, PC, PP,...) • UV-stabil • wasserlagerungsbeständig Zunächst wurden prinzipielle Untersuchungen zu den Grundeigenschaften von dem Hydrophilsystem x-tec HP 4015 auf einer PPSU-Folie (Polyphenylensulfoxid) durchgeführt, das gute hydrophile Grundeigenschaften zeigt. Die Haftung der Hydrophilbeschichtung auf der PPSU-Folie stellte sich jedoch als nicht ausreichend heraus. Eine Aktivierung der Folie mittels Beflammung führte zu keiner Haftungsverbesserung. Zudem wurden 15 verschiedene Unterschichtsysteme als Haftvermittler untersucht. Die Haftung ließ sich jedoch nicht signifikant verbessern. Die chemische Stabilität und die UVStabilität des Verbundes, d.h. die Haltbarkeit auf PPSU waren nicht ausreichend. Die mangelnde UV-Beständigkeit rührte nicht von der Beschichtung sondern von den aromatischen Bestandteilen der jeweiligen Folienmatrix her, die instabil gegen UV-Licht sind. Die aufgebrachte Hydrophilschicht enthielt in den Versuchen keine UV-Absorber, die die Folie vor UVDegradation schützen konnten, wäre aber entsprechend modifizierbar. Untersuchungen zur Haftung von x-tec HP 4015 auf alternativen Folienmaterialien wie Polycarbonat (PC) oder Polyethylenterephthalat (PET) ergaben, dass eine Primerung (haftungsverbessernde Unterschicht) für eine gute Haftung erforderlich ist. PPSU wird wegen der besseren Basiseigenschaften in mikrofluidischen Pumpen bevorzugt als Werkstoff eingesetzt. Daher wurden mit zehn weiteren potentiellen Primersystemen in Kombination mit der hydrophilen Oberschicht x-tec HP 4015 Proben auf PPSU hergestellt. Die Muster wurden bezüglich Optik, Haftung und Hydrophilie charakterisiert. Dabei wurde eine aussichtsreiche Kombination eines Primers VP PR 30074 (thu3377) und der Hydrophilschicht x-tec HP 4015 für PPSU-Folie herausgearbeitet. Die Haftung und Widerstandsfähigkeit dieser Beschichtungskombination auf der PPSU-Folien war sehr gut, aber die Hydrophilie mit einem Kontaktwinkel von 35° noch oberhalb der Anforderung von < 20°. Um den Kontaktwinkel des Aufbaus auf PPSU noch weiter zu erniedrigen, wurden in die xtec HP 4015 Basis fest angebundene tensidische Gruppen bei der Synthese integriert. Die Optik und Haftung der so optimierten Hydrophilschicht VP AB 3995 war weiterhin gut, ebenso wie die Haftung auf PPSU in Kombination mit dem Primer VP TP 30074. Mit diesem neuen System gelang es bei unverändert guten Eigenschaften, die geforderten Anforderungen an die Benetzung einzuhalten 34 5.4 Experimentelle Untersuchung der modifizierten Mikrosiebe Zwei kontinuierliche und ein diskontinuierlich betriebener Versuchsstand wurden im Labormaßstab zur Durchführung von Filtrationsversuchen für Mikrosiebe aufgebaut. Alle Versuchsstände ermöglichen die Einstellung einer Querüberströmung und die Variation des Betriebsdrucks. Die diskontinuierliche Testzelle für das Mikrosieb-Screening und die Foulingversuche besitzt ein Fassungsvermögen von 400 ml. Ein Rührer bewirkt die Homogenisierung des Feedgemischs und Ablösung von Deckschichten. Zwei neue Cross-Flow-Testzellen wurden gebaut und in den UV-Filterteststand integriert, die im kontinuierlichen Betrieb die UV-Exposition der Mikrosiebe ermöglichen. Gleichzeitig können kontinuierlich vier dieser Cross-Flow-Testzellen betrieben werden. In den Deckeln der Testzellen ist einseitig ein Quarzglas eingefasst, das für UV-Strahlung durchlässig ist (Abbildung 28). Abbildung 28: UV-Teststand mit UV-Testzelle und 3-D Zeichnung der UV-Testzelle Der maximal einstellbare Volumenstrom beträgt bei Drücken bis zu 5 bar 100 l/h. Die Versuche können je nach gewünschtem Stoffaustauschverhalten im laminaren und turbulenten Bereich bis zu einer Reynoldszahl von 7000 bei einer Überströmung von 1,4 m/s durchgeführt werden. Ein Fließbild des UV-Teststands für den Betrieb von zwei UV-Testzellen ist in Abbildung 29 dargestellt. 35 Testzelle 1 Testzelle 2 P P F F F P V1.1 V1.2 P1 F V2.1 P V2.2 P2 Permeat 1 Vorratstank 1 Retentat 1 Permeat 2 Retentat 2 Vorratstank 2 Abbildung 29: Fließbild des UV-Filterteststands (Ausschnitt: 2 von 4 Testzellen) In der Testzelle wurden mit (sehr) haftstabilen Mikrosieben Abrasionstests unter Verwendung von Quarzmehlsuspensionen durchgeführt (Tabelle 4). Die Körnung des Quarzmehls und die Konzentration in der Lösung wurden variiert, um verschiedene praktische Szenarien nachzustellen. Möglichst hohe Belastungen wurden erreicht, indem eine turbulente Strömung eingestellt wurde (Re 5600, v = 1,12 m/s). Tabelle 4: Kontinuierliche Abrasionstests mit der UV-Testzelle mit leicht zur Abrasion neigenden und im Tape- sowie Radiergummi-Test positiv getesteten Mikrosieben Da die Ergebnisse der kontinuierlichen Abrasionstests qualitativ mit den standardmäßen Tape- und Radiergummi-Tests übereinstimmen, wurden sie aufgrund ihres mehrstündigen Zeitaufwands nur stichprobenartig und nicht für alle eingesetzten Mikrosiebe durchgeführt. Auf Grundlage der im Methylenblau-Abbautest ermittelten Photoneneffizienzen und der Abrasionstests werden für die Versuche in der Cross-Flow-Zelle Mikrosiebe mit dem Beschichtungssystem VP PK 1442 in Kombination mit den Barriereschichten VP CO 7964 und xtec HP 4015 ausgewählt (Tabelle 5). Da es nicht gelungen ist, das einmalig haftstabile Be- 36 schichtungssystem san002 (MS11) zu reproduzieren, wurden die Versuche mit diesem System trotz hervorragender Photoaktivität nicht weiter fortgeführt. Tabelle 5: Photoneneffizienzen von Mikrosieben mit verschiedenen Beschichtungssystemen Abbildung 30 zeigt Ergebnisse aus einem Filtrationsversuche mit einer Hefesuspension. Die Beschichtung hat trotz der veränderten Benetzung und leicht erhöhten Rauigkeit keinen signifikanten Einfluss auf das Durchflussverhalten. Durch eine vorgeschaltete Ultraschallreinigung lassen sich die teilweise verschlossenen Poren öffnen und die Permeatleistungen im dritten Versuch im Vergleich zu den ersten beiden Experimenten etwa verzehnfachen. Der Filtratfluss erreicht nach einer Vorbehandlung das Leistungsniveau vergleichbarer unbeschichteter Mikrosiebe. Abbildung 30: Versuche zum Permeatfluss und Rückhalt von Mikrosieben mit einer Hefesuspension mit und ohne Vorbehandlung (Hefekonzentration 0,1 %, MS112: Porengröße 5 µm, Beschichtungssystem x-tec HP 4015 und VP PK 10173, Photoneneffizienz 0,10 %) 37 Versuche zum Nachweis der Antifoulingwirkung von beschichteten Mikrosieben wurden mit dem Beschichtungssystem VP CO 7964 + VP PK 1442 und praxisrelevanten Prozessmedien durchgeführt. Mittels mehrfachen Filtrierens eines verdünnten Belebtschlamms (TS = 6 %) aus einer kommunalen Kläranlage durch ein beschichtetes Mikrosieb (MS10) bzw. unbeschichtetes Mikrosieb gleicher Geometrie wurde ein dichter Filterkuchen auf der Oberfläche des Mikrosiebs aufgebaut (Abbildung 31). Abbildung 31: Rührzelle zum Filterkuchenaufbau und Mikrosieb mit Filterkuchen Die beiden Proben wurden während einer kontinuierlichen Exposition von UV-Licht über 12 Tage im Mikroskop auf Veränderungen ihrer Foulingschichten untersucht. Um ein Austrocknen des Filterkuchens zu verhindern und Wasser als Elektronenakzeptor zur Verfügung zu stellen, wurden die Proben ständig feucht gehalten. Da es messtechnisch schwierig ist, den Abbau kompakter Deckschichten zu analysieren, wurde die Ausbreitung der Foulingschicht an den Rändern durch Bakterienwachstum untersucht. Abbildung 32 zeigt, dass nach 12 Tagen bei dem unbeschichteten Mikrosieb zahlreiche neue „Foulingherde“ entstanden sind, die durch die schwarzen punktförmigen Ablagerungen gekennzeichnet sind. Das beschichtete System ist frei von solchen neuen Verunreinigungen, was zeigt, dass die Mikroorganismen im Randbereich durch die photokatalytische Wirkung abgetötet wurden. Abbildung 32: Randbereich des Filterkuchens (Belebtschlamm, TS 6 %) auf einem unbeschichteten Mikrosieb (links) und beschichteten Mikrosieb (MS10, rechts) nach 12 Tagen kontinuierlicher UV-Bestrahlung 38 Sowohl der Antifouling- als auch der Bakterizidtest belegen die Fähigkeit der photokatalytisch wirksamen Mikrosiebe, Biofouling an der Filteroberfläche zu reduzieren. 5.5 Entwicklung und Umsetzung eines Mikrosiebmoduls 5.5.1 Entwicklung eines geeigneten Moduldesigns Die gängigen Modulbauformen wurden für ihre Eignung als Mikrosiebmodul bewertet und das Rohrmodul als aussichtsreichste Bauform ausgewählt. Zunächst wurden zwei verschiedene Arten des Moduldesigns entwickelt, die sich in ihrer gegensätzlichen Anströmrichtung unterscheiden. Eine schematische Darstellung gibt Abbildung 33. UV-Lampe Mikrosieb in Rohrform UV-Lampe Mikrosieb in Rohrform Abbildung 33: Schematische Darstellung des Moduldesigns, links: Anströmrichtung von außen nach innen; rechts: Anströmrichtung von innen nach außen. Bei dem einen Moduldesign können die Membranen von dem Prozessmedium von außen angeströmt werden, so dass das Filtrat im Inneren der Mikrosiebrohre abgeleitet wird. Dies hat den Vorteil, dass bei der Fertigung der Mikrosiebe in Rohrform geringe Durchmesser realisiert und damit bei gegebener Modulgröße hohe Membranoberflächen erzeugt werden können. Voraussetzung für dieses Moduldesign ist jedoch, dass die Mikrosiebe gleichmäßig von den UV-Lampen beleuchtet werden und keine Deformation der Mikrosiebe durch das von außen anströmende Prozessmedium auftritt. Es wurden daher Versuche zur Membranintegrität sowohl mit als auch ohne eingebrachte Stabilisierung durchgeführt. Durch den Entwurf und den Bau einer UV-Kammer wurde die Strahlungsverteilung auf der Oberfläche der Mikrosiebrohre getestet. 39 Bei dem anderen Moduldesign werden die Mikrosiebrohre innen mit dem Prozessmedium angeströmt und das Filtrat außen abgeführt. Die UV-Lampen befinden sich hier im Lumen der Mikrosiebe, wodurch sichergestellt wird, dass die gesamte Oberfläche des jeweiligen Mikrosiebrohres gleichmäßig bestrahlt wird. Der Nachteil dieser Bauform ist der notwendige große Durchmesser der Rohre, da die Lampen innen Platz haben müssen. Dadurch werden auf gegebenem Modulvolumen vergleichsweise geringe Quadratmeter Membranfläche verbaut. Für erste Untersuchungen eines Mikrosiebmoduls wurde eine vereinfachte Mikrosiebkonstruktion entwickelt, welche mittelfristig in ein transportables Trinkwasseraufbereitungssystem integriert werden kann. 5.5.2 Prüfung und Auswahl geeigneter Modulkomponenten Da die Mikrosiebe als Flachware hergestellt wurden, war das Verkleben/Verschweißen in eine Rohrform notwendig. Um die Eignung verschiedener Klebstoffsysteme zu testen, wurden Vorversuche durchgeführt. Dabei kamen diverse Epoxidharz-Systeme und verschiedene zusammengesetzte Kleber auf Polydimethylsiloxan-Basis zum Einsatz, wobei sich insbesondere letztere durch hohe UV-Beständigkeit auszeichnen. Sowohl die unbeschichteten als auch die beschichteten Mikrosiebe lassen sich mit Silikonklebern und Epoxid-Harz verkleben. Da die Mikrosiebe als Rohrmembranen eingesetzt werden sollten, mussten sie mit dem Gehäusematerial durch Verpotten abgedichtet werden. Versuchsweise wurde ein gefertigtes Mikrosiebrohr mit einem Pottingmaterial (Epoxidharz) eingegossen. Wie aus Abbildung 34 ersichtlich ist, konnte eine stabile und dichte Verbindung zwischen dem Harz und dem Sieb erreicht werden. Abbildung 34: Verpottung eines Mikrosiebrohres mit Epoxidharz Für den Einsatz der Mikrosiebe in Rohrform war eine Stabilisierung erforderlich, um eine hinreichende Druckstabilität im Filtrationsprozess gewährleisten zu können. Als geeignete 40 Materialien wurden kalandrierte Gitter aus Edelstahldrahtgewebe für den späteren Modulbau ausgewählt. 5.5.3 Konstruktion des Mikrosiebdemonstrators Auf Grund der großen Flussleistungen der Mikrosiebe sollte in den Demonstrator zunächst nur ein Mikrosiebrohr mit großem Durchmesser implementiert werden. Die Anströmung der Mikrosiebe sollte von innen nach außen erfolgen, so dass die photoaktive Schicht der Mikrosiebe im Lumen des Rohres und die Verstärkung in Form eines kalandrierten Edelstahlgitterrohres an der Außenseite der Mikrosiebe realisiert wurden. Die UV-Lampe konnte dabei in den Lumen des Siebrohres eingebracht werden und die Mikrosiebe gleichmäßig bestrahlen. Der Deckel des Mikrosiebmoduls wurde demontierbar ausgelegt, so dass zu jeder Zeit die UV-Lampe gewechselt oder gereinigt werden kann. Die Maße des Mikrosiebmoduls wurden so angepasst, dass genug Filtrat für den Betrieb eines transportablen Trinkwasseraufbereitungssystems generiert und ein ausreichender Abstand zwischen Lampe und Mikrosieb realisiert werden kann. In Abbildung 35 ist die Konstruktion des Mikrosiebmoduls im Querschnitt dargestellt. Abbildung 35: Querschnitt und Maße des entwickelten Mikrosiebdemonstrators 41 Die sich aus der Konstruktion ergebende Membranfläche betrug 0,08 m2. Unter der Annahme mit den Mikrosieben einen maximalen Fluss von 10.000 l/m2h (Porengröße 5 µm, 0,1 bar) zu erreichen, wurde eine zu erwartende Flussleistung von 13 l/min kalkuliert. Eine eisendotierte Mitteldruck-Metalldampflampe wurde als UV-Lampe ausgewählt. Die Leistungsdichte des nutzbaren Wellenlängenbereichs an dem Mikrosieb wurde auf Basis des Lampenspektrums zu 2500 W/m2 berechnet. Diese verhältnismäßig leistungsstarke Lampe wurde ausgewählt, da möglicherweise im späteren Einsatz durch trübes Wasser die Leistungsdichte an der Mikrosieboberfläche beeinträchtigt werden kann. In Abbildung 36 ist die eingesetzte UV-Lampe abgebildet. Abbildung 36: Eisendotierte Mitteldruck-Metalldampflampe 5.5.4 Bau des Mikrosiebdemonstrators Beim Bau des Mikrosieb-Demonstrators wurden die Einzelteile des Modulgehäuses (Abdichtdeckel, Lampendeckel, gelochte Bodenplatte, Gehäuserohr) aus PVC-U angefertigt (Abbildung 37). Abbildung 37: Einzelteile des Modulgehäuses 42 Um die beschichteten Mikrosiebe in die notwendige zylindrische Form zu überführen, wurde eine Form mit den gewünschten Maßen des späteren Mikrosiebzylinders maßgeschneidert. In einer speziellen Prozedur wurde der Verbund aus Mikrosieb, Edelstahldrahtgewebe und Kleber aufgebracht und zum Rohr geformt. Der so entstandene Zylinder sollte zum einen durch das Edelstahldrahtgewebe und zum anderen durch die ausgehärteten Klebenähte versteift und gegen mechanische Einflüsse stabilisiert werden (Abbildung 38). Der Mikrosiebzylinder wurde mit der Bodenplatte und dem Lampendeckel fest verbunden. Alle anderen Bauteile, wie das Gehäuserohr, die UV-Lampe oder der Abdichtdeckel sind flexibel lösbar und können nach Bedarf zusammen- oder auseinandergebaut werden. Die Dichtigkeit der Steckverbindungen wurde mittels mehrstündigen Wässerns untersucht. Es wurde keine Leckage festgestellt. Abbildung 38: Mikrosiebzylinder mit gelochter Bodenplatte Bei den Inbetriebnahmen des Mikrosiebdemonstrators zeigten sich jedoch immer wieder Schwachstellen in der Modulkonstruktion bzw. der mechanischen Integrität der Mikrosiebe. So war beispielsweise bei der ersten Generation des Demonstrators beim Zusammenstecken der Einzelteile eine zu hohe Krafteinwirkung notwendig, so dass der Mikrosiebzylinder beim Zusammenbau gestaucht wurde und die Mikrosiebe somit irreversibel Schaden nahmen. Bei der zweiten Generation verhinderten metallische Abstandshalter das Stauchen des Mikrosiebzylinders beim Zusammenbau des Moduls. Eine Lage Vliesgewebe zwischen Mikrosieben und Edelstahldrahtgewebe verminderten zudem das Eindrücken der Drahtgewebestruktur in das Mikrosieb (Abbildung 39). 43 Abbildung 39: Mikrosiebmodul der 2. Generation mit fest verbundener Bodenplatte, Lampendeckel und Abstandshalter Weitere Optimierungsarbeiten in der 3. bzw. 4. Generation betrafen die eingesetzten Kleber sowie die mechanische Integrität des Rohres. So zeigte sich in der 2. Generation, dass das verwendete Epoxidharz zum Verkleben der Mikrosiebe untereinander im ausgehärteten Zustand zu hart und scharfkantig war. Dies führte im Filtrationsbetrieb an den Schnittstellen Epoxidharz/Mikrosieb zu Rissbildungen. Durch den Einsatz des weitaus weicheren und flexibleren Silikonklebers in der 3. Generation konnte dies behoben werden. Weiterhin zeigte das aus Flachmaterialien gefertigte Rohr im Betrieb keine hinreichende Formstabilität. Um nicht durch eine größere Überlappung der Klebeflächen zu viel aktive Filterfläche zu verlieren, wurde bei der Produktion der 4. Generation eine zusätzlich Verstärkung in die Klebefläche integriert und ein sehr grobes Edelstahldraht-Gewebe als mechanischer Schutz um das bestehende Mikrosiebrohr gelegt. Weiterhin wurde ein neu entwickeltes, stabilisiertes Mikrosieb zum Bau verwendet, welches das Einreißen der fragilen Nickelfolien im Modulbetrieb verhinderte. 5.6 Anwendung des Mikrosiebmoduls Um die künftigen Anforderungen der modifizierten Mikrosiebe für den Einsatz in einem Trinkwasseraufbereitungssystem definieren zu können, wurden erste vergleichende Versuche zur Vorfiltration mit granuliertem Basalt Filtermaterial (EVERZIT® BB) in der Körnung 0,4-0,8 mm, sowie mit Gewebefiltern unterschiedlicher Porenweiten (1 µm bis 10 µm) durchgeführt. 44 Bei konstantem Vordruck wurde der Volumenstrom bzw. das Gesamtvolumen an Filtrat bestimmt. Die Ergebnisse sind in Abbildung 40 dargestellt. Abbildung 40: Graphische Darstellung des Volumenstroms und der Gesamtmenge an Filtrat mit unterschiedlichen Vorfiltersystemen Zu Beginn der Filtration beträgt der Volumenstrom zwischen 7–8 l/min. Mit der Zeit bzw. mit der Menge an gefiltertem Wasser nimmt der Volumenstrom ab. Dieser typische Verlauf wird für alle Arten von Membranfiltern beobachtet. Am effektivsten zeigte sich hierbei die Vorfiltration mit dem Basalt-Filtermaterial. Zu erklären ist dies durch die langsamere Filtergeschwindigkeit mit der das Wasser durch das Filtermaterial fließt. Im Gegensatz zu den Kartuschen, die mit einem Vordruck von ca. 1-2 bar betrieben werden und lediglich eine Wandstärke von 2 cm haben, fließt das Wasser durch das Basalt-Filtermaterial nur mit der Schwerkraft deutlich langsamer. Obwohl das Filterkorn mit ca. 0,4-0,8 mm deutlich gröber ist als die Porenweite der Filterkartuschen mit 1-10 µm, ist der Rückhalt an Schmutzpartikeln besser. Die Erklärung dafür ist, dass die Filterkartuschen im Grunde wie ein Sieb funktionieren. Alles was kleiner als die Porenweite ist, passiert den Filter. Bei der Filtration mit granulierten Filtermaterialien hingegen werden die Schmutzpartikel nicht ausgesiebt, sondern haften durch physikalische Kräfte und Wechselwirkungen am Filterkorn an. Die ersten Versuche belegen, dass sich mit einem Vorfilter die Aufbereitungsleistung von Filterpatronen in transportablen Systemen zur Trinkwassergewinnung steigern lässt. Aufbauend auf diesen Versuchen erfolgten weitere Untersuchungen mit einem modifizierten Mikrosieb. 45 Das entwickelte Mikrosiebmodul wurde in seinem Aufbau und Abmessungen auf das transportable Filtersystem EVERS WATER WONDER®mobil angepasst. Dazu wurde das Modul so aufgebaut, dass die Mikrosiebe als äußerer Mantel um die UV Lampe auf einem Gitterträger angeordnet sind. Die Abmessungen entsprechen in etwa denen konventioneller Filterpatronen, so dass dieses Mikrosiebmodul in das bestehende Filtersystem passt. Um das Modul zu untersuchen, wurde eine Anlage im Technikumsmaßstab (Abbildung 41) aufgebaut. Diese Anlage ermöglicht die Durchführung von Experimenten unter Verwendung verschiedener industrieller (Ab)Wässer und Prozesslösungen. Abbildung 41: Anlage im Technikumsmaßstab Das Fließschema in Abbildung 42 verdeutlicht die Prozessführung. Über eine Pumpe wird das Feed aus einem Vorlagebehälter zum Mikrosiebmodul gepumpt. Wenn das Feed nicht im Kreislauf geführt wird, wird ein weiterer Vorlagebehälter benötigt. In Tabelle 5.3 sind die einzelnen Elemente der Prozessführung aufgelistet. 46 Abbildung 42: Fließschema Prozessführung Tabelle 6: Fließschemaelemente 1 Vorlagebehälter [40 Liter] 9 Durchflussmesser 2 Auslassventil Zulauf 10 Einlauftrichter 3 Bypassrückführung 11 Filtermodul mit UV-Einheit 4 Regelventil Bypass 12 Thermometer 5 Kreiselpumpe 13 Auslaufventil Ablauf und Entlüftung 6 Regelventil Zulauf 14 Ventil Rückführung 7 Manometer 15 Vorlagebehälter ohne Rückführung 8 Auslassventil Entleerung Die Vorlagebehälter (1 und 15) haben ein Fassungsvermögen von 40 l und beinhalten einen Füllstandssensor, der ein Trockenlaufen der Pumpe verhindert, falls eine Leckage auftritt. Bei der Pumpe (5) handelt es sich um eine Kreiselpumpe, die einen maximalen Förderstrom von 3,6 m³/h bei einem maximalen Förderdruck von 5 bar erreicht Die Pumpe wird im Bypass betrieben, da das Mikrosiebmodul (11) einen geschätzten Durchfluss von einem Kubikmeter pro Stunde leistet. Vor dem Mikrosiebmodul ist ein Einlauftrichter vorgeschaltet, der den 47 Feedstrom vom Rohr- bzw. Schlauchdurchmesser auf den des Moduls erweitert. Im Mikrosiebmodul ist die UV-Lampe integriert. Am Auslass wird mit einen Thermometer (12) in Form eines PT-100 Sensors die Temperatur gemessen. Zudem sind mehrere Regelventile verbaut, die u.a. den Volumenstrom regulieren sowie absperren können. Die Anlage ist so gesteuert, dass sie bei 55 °C abschaltet, um zu verhindern, dass sich das Modul aus PVC-U durch die Temperatureinwirkung verformt. Bei Unterschreitung eines bestimmten Füllstands werden sowohl die Pumpe als auch die UV-Lampe ausgeschaltet. Diese Einrichtung ermöglicht den Betrieb ohne Aufsicht führendes Personal. Bei der erstmaligen Inbetriebnahme wurde darauf geachtet, dass das Mikrosiebmodul mit äußerster Sorgfalt befüllt und durchströmt wird. Der Volumenstrom wurde langsam bis zur maximalen Leistung gesteigert. Nach dem ersten Anfahren wurde das Modul wieder demontiert und auf Schäden am Mikrosieb untersucht. Aufgrund des gewählten Materials des Moduls sowie des Durchflussmessers (PVC-U), welches bei 60 °C an Festigkeit verliert und der hohen Eigenleistung der UV-Lampe wurde die Erwärmung des Systems überprüft. Dabei war die Anlage einmal mit eingeschalteter bzw. ohne UV-Lampe eine Stunde in Betrieb. In Tabelle 7 sind die jeweiligen Temperaturen und Drücke aufgelistet. Tabelle 7: Temperatur- und Druckverlauf beim Betrieb der Technikumsanlage mit Leitungswasser Ohne UV-Lampe Mit UV-Lampe Zeit [min] Temperatur [°C] Druck [bar] Temperatur [°C] Druck [bar] 0 17,2 0,15 17,2 0,15 15 18,2 0,15 21 0,15 30 19 0,15 23,3 0,15 45 19,8 0,15 25,7 0,15 60 20,6 0,15 27,8 0,15 Bei ausgeschalteter UV-Lampe stieg die Temperatur um rund 3°C an, was auf die Reibung im System zurückzuführen ist. Währenddessen stieg bei Betrieb der UV-Lampe die Temperatur um rund 10 °C an. In beiden Fällen blieb der Druck bei 0,15 bar konstant. Der Vorlagebehälter ist für die Überprüfung mit 40 l Wasser gefüllt gewesen. In Filtrationsversuchen mit leicht verschmutztem Rohwasser bei einem Betriebsdruck von 1 bar stellte sich ein stabiler Permeatfluss des Mikrosiebmoduls von 100 l/h ein. 48 Abbildung 43: Durchflussleistung des Mikrosiebmoduls (aktivierte UV-Bestrahlung, Druck 1 bar) Da der Betrieb der Anlage aufgrund der leicht instabilen Modulkonfiguration nur über einen beschränkten Zeitraum möglich war, konnte zwar die grundsätzliche Eignung des Filtermoduls demonstriert, die technische Umsetzung des modifizierten Mikrosiebs als Vorfilter in das EVERS WATER WONDER® System jedoch noch nicht abgeschlossen werden. Die Projektpartner führen ihre Arbeiten zur Umsetzung des transportablen Gesamtsystems aus eigenen Mitteln über die Projektlaufzeit hinaus fort, da wesentliche Vorteile durch den kombinierten Einsatz beider Module erwartet werden. So können zum Beispiel die Standzeiten deutlich erhöht werden. Des Weiteren ist das Mikrosiebmodul so aufgebaut, dass das Mikrosieb entnommen und die Deckschicht einfach durch Abwischen entfernt werden kann. Eine langjährige Standzeit der beschichteten Mikrosiebe ist somit sichergestellt und Ressourcen werden gespart. 5.7 Charakterisierung und Anwendung der beschichteten Mikrobauteile Im Rahmen des Projekts wurden Mikropumpen (mp5 und mp6, Fa. Bartels) hydrophil und Grundmaterialien von Elektrowetting-Systemen hydrophob beschichtet. Die Mikropumpen mp5 und mp6 stehen als Serienprodukte zur Verfügung. Einzelteile der Mikropumpen sind als Spritzgussteile vorhanden, so dass die internen Mikrostrukturen erreichbar für Beschichtungen sind. Trotzdem ist hier bereits zu bemerken, dass eine Beschichtung der assemblierten Mikropumpen durch eine Art Spülung zu bevorzugen wäre, da der Herstellungsprozess der Pumpen recht komplex ist und die Einzelteile ansonsten alle gesondert behandelt werden müssen. 49 Übliche Mikropumpen besitzen keine Beschichtung, so dass die internen Kunststoffoberflächen nur mäßig von wässrigen Medien benetzt werden. Luftblasen können sich bilden, die zu einer partiellen Blockade führen. Hydrophil veränderte Oberflächen verbessern dieses Verhalten, da die wässrigen Medien die Oberflächen benetzen können und sich Luftblasen von der Oberfläche lösen bzw. vom wässrigen Medium „unterwandert“ werden. Bekannte hydrophile Veränderungen wie Plasmabehandlung oder Korona-Behandlung sind nicht dauerhaft und verlieren den Effekt schon nach wenigen Tagen. Beschichtungen, die bereits getestet wurden, sind entweder nicht tauglich für die Kunststoffe (Haftung) oder sehr teuer und/oder ungeeignet. Beispielsweise sind Beschichtungen für Endoskopie-Schläuche zur Erhöhung der Gleiteigenschaften üblicherweise auch hydrophil, aber teuer, mehrere Mikrometer stark und aufwändig herzustellen. Eine andere Mikrostruktur befindet sich in einem zurzeit in Entwicklung befindlichen neuen Displaytyp, bei dem die Pixel durch Mikro-Farb-Tröpfchen realisiert werden, die mittels des sogenannten Elektrowetting-Effektes aus einer nicht sichtbaren Position in eine sichtbare Position bewegt werden. Der große Vorteil solcher Systeme ist der extrem geringe Energiebedarf, da Energie nur bei der Verlagerung des Tropfens, nicht aber bei der Betrachtung – ebenso wie bei einem Ausdruck eines Tintenstrahldruckers - notwendig ist. Zum Elektrowetting-Effekt gehört zwingend ein hochgradig hydrophober Schichtaufbau innerhalb der Mikrokanäle, damit sich die Flüssigkeitstropfen bilden und bewegt werden können. Die Systeme können in verschiedenartigen Formen, d.h. Aufbauvarianten, vorkommen, so dass sich die zu beschichtenden Flächen sehr unterscheiden können. Im Prinzip sind diese Flächen stets eben, d.h. eine flache Glas- oder Kunststoffoberfläche, und bilden den Abschluss eines funktionellen Mehrschichtsystems. In komplexeren Systemen müssen allerdings auch angrenzende Flächen wie Kanalwände oder anderer Strukturen hydrophob beschichtet sein, damit Flüssigkeiten nicht haften bleiben. Bekannte und getestete Beschichtungen sind u.a. fluorhaltige Materialien wie Teflon mit Kontaktwinkeln von 126° und Grenzwinkeln von 8°, keramische Beschichtungen (SiOC) mit Kontaktwinkeln von ca. 110° und Grenzwinkeln von ca. 4°, diverse organische und anorganische (Nano-) Beschichtungen und Plasmabehandlungen. Die Beschichtungen können mit sehr unterschiedlichen Herstellungsverfahren wie CEVD, PEVD, ALD, SAM, Dip-Coating, SpinCoating, Sprühbeschichtung u.v.m. hergestellt sein. Viele dieser Beschichtungen wirken auf bestimmten Materialen recht vorteilhaft und auf anderen eher schlecht. Oft sind die Parameter der Herstellungsverfahren ungeeignet für Mehrschichtsysteme aus verschiedenen Materialien. Zum Beispiel ist die Prozesstemperatur höher als die Schmelztemperatur der Schicht (Kunststoff oder Klebstoff). 50 Bei den betrachteten Bauteilen sind die Lebensdauer sowie die Problematik des Schutzes vor aggressiven Medien Gegenstand der Untersuchungen. Die beschichteten Proben wurden in ihrem Verhalten vor und nach der Beschichtung mit unterschiedlichen praxisrelevanten Medien evaluiert. 5.7.1 Elektrowetting-Systeme Beschichtungen wurden auf Elektrowetting-Systemen mit PET-, PC-Folien und Glasträgern erzeugt. Die beschichteten Objekte waren flache Ebenen ohne Kanalwände oder ähnliches. Die Kontakt- und Grenzwinkel der Proben wurden vermessen. In den meisten Fällen wurde mit den Lacken ein hoher Kontaktwinkel von ca. 110° erreicht. Die Grenzwinkel sollten möglichst klein sein und im Bereich von ca. 10° liegen. Die erzeugten Schichten zeigten einen deutlich höheren Grenzwinkel und lagen im Bereich von 20° bis 27°. Somit sind diese Schichten für die gedachte Anwendung bisher nicht geeignet. Eine Übersicht der Ergebnisse ist in Abbildung 44 dargestellt. Der Fokus der Arbeiten zur Beschichtung der Mikrobauteile wurde auf die Herstellung hydrophiler Beschichtungen für die Mikropumpen verschoben Anforderungen der Beschichtung Vergleichswert Wunsch (Glas/ITO und PET-Folie) Fai286, Fai330 und Fai347 Material der Beschichtung Kontakwinkel Grenzwinkel Elektrowetting Funktion mechanische Stabilität chemische Stabilität Transparenz Anforderung der Beschichtung erfüllt? Iteration #4 - 7 Iteration #1 - 3 Iteration #8 110-126° > 110° 4-8° < 8° ja ja nicht kratzfest kratzfest sehr gut > gut ja ja 83-106° 23-49° nein ja ja ja (Glas/ITO und PET- und PC-Folie) (Glas) VP KR 3880 (Fai 392-02), VP EC 10051 NE027, NE038, NE032 ~110° 22-25° nein - wenig ja ja ja ~110° 20-27° nein - wenig ja ja ja Legende schlecht ungenügend noch nicht optimal gut Abbildung 44: Übersicht der Ergebnisse zur hydrophoben Beschichtung der ElektrowettingSysteme 5.7.2 Mikropumpen Bevor die Mikropumpe mp6 beschichtet wurde, erfolgten mehrere Iterationen von beschichteten Polyphenylsulfon (PPSU) Folien. PPSU ist das Material der Mikropumpe, mit dem die Flüssigkeiten in Kontakt treten. Dabei zeigte sich, dass es zwingend notwendig war, einen Haftvermittler vor der eigentlichen Beschichtung aufzubringen. Ohne Haftvermittler blieb das hydrophile Beschichtungsmaterial nicht dauerhaft auf dem Kunststoffmaterial. Auch die Eigenschaften der Beschichtung waren nicht reproduzierbar. Zum Beispiel waren die aufge51 brachte Schichten dicker als eigentlich vorgesehen, da diese anscheinend quollen oder sich abschälten. Demzufolge ist die Beschichtung stark auf den richtigen Haftvermittler angewiesen. Der Ablauf der Iterationen ist in Abbildung 45 dargestellt. Die Experimente mit der Beschichtung, Lagerung bei Temperaturen (0°C, 70°C, 150°C), Lösemittelkontakt, Belastung durch UV Licht, verschiedene Klebstoffe (auch UV-Kleber) sowie Farbveränderungen (Spektrometer) und Schichtdickenmessung (Mikrometerschraube), wurden bei jeder Iteration durchgeführt. Die finale Beschichtung zeigte die besten Ergebnisse. Die Kontaktwinkel der Beschichtung konnten durch die Lösemittel nicht beeinträchtigt werden. Obwohl bei einer späteren Wiederholung erhöhte Kontaktwinkel (~20°) gemessen wurden, konnte nicht genau bestimmt werden, ob es wirklich am genutzten Reinigungsschritt mit Isopropanol gelegen hat. Für den Erstkontakt mit den hier getesteten Lösemitteln war der Kontaktwinkel aber durchweg hervorragend, d.h. kleiner 1°. Bei den UV- und Klebstoffversuchen wurden keine signifikanten Änderungen zu vorherigen Chargen festgestellt, wobei die unbeschichtete raue Seite wie erwartet andere Werte hervorbringt als die raue beschichtete Seite aus früheren Versuchen. 52 Anforderungen der Beschichtung min erweitert 1.te Beschichtung (PPSU) Anforderung der Beschichtung erfüllt? 2.te Beschichtung 3.te Beschichtung (Glas) (PPSU) 4.te Beschichtung (PPSU) x-tec HP4015 (Charge NXP 4562) x-tec HP4015 (Charge NXP 6069) x-clean PK 1245 (Charge Moe 848) x-tec HP4015 (Charge NXP 6069) VP AB 3995 (Charge NXP 8472) - - - VP PR 30074 (Charge thu 3337) VP PR 30074 (Charge thu 3698) x ~20-75° x 30-35° wahrscheinlich da Lagerung keinen Effekt hatte ja (~1-20°) langlebig - d.h. die Beschichtung darf nicht altern 1 27-29° wahrscheinlich da Lagerung keinen Effekt hatte nein (50-90°) nein, nach 8 Wochen Lagerung an Luft: Kontaktwinkel auf 80° nicht getestet wahrscheinlich, aber finaler Test in mp6 steht noch aus. gute Haftung auf Oberflächen - hauptsächlich Kunststoffe 2 x ungenügend und Lösemitteleinfluss ja ja ja ja dünne Schicht 3 x nein, 17-23 µm 3,86 µm 3,88 µm 5-10 µm 5-7 µm, muss mit mp6 getestet werden mechanisch stabil - Stöße, Reibungen etc. x ungenügend und Lösemitteleinfluss ja ja ja ja Material der Beschichtung Materil für Primer hydrophil - Kontaktwinkel: <<20° transluzent, beige-farben transluzent, beige-farben und etwas wolkige und etwas wolkige Erscheinung Erscheinung transparent x ja ja ja einfache Beschichtung - Spülen des Systems, Tauchen etc., geringe Prozesstemperatur 4 x unbekannt unbekannt unbekannt unbekannt unbekannt 0 -70 °C ja ja ja ja, auf glatter Seite ja, auf glatter Seite ja, auf glatter Seite Temperatur stabil 0 - 150 °C nein ja ja Lösemittel stabil (Isopropanol, Ethanol, Methanol, Mucasol+Di-Wasser) x nein ja ja Norm konform - USP VI und DIN EN ISO 10993 UV stabil zu verkleben (Epoxid-, Silikon-, Acrylat- und UV-Klebstoffe) x x x unbekannt ja nicht getestet unbekannt ja nicht getestet zu verschweißen (Laser);PPSU-Schmelze bei ca. 220 °C x unbekannt nein nicht getestet ja aber die Festigkeit ist verringert ja, auf glatter Seite im Erstkontakt ja Dauerbelastung unbekannt unbekannt ja sehr unterschiedlich nicht getestet nicht getestet nicht getestet 1 altern……. Haftung… dünn..…… 4 einfach…. 2 3 im Erstkontakt ja Dauerbelastung unbekannt unbekannt ja sehr unterschiedlich nicht getestet Auch wenn das System mit dieser Beschichtung einige Zeit (eventuell Jahre) im Lager liegt, darf die Beschichtung nicht die Funktion verlieren. Die Beschichtung schält sich nicht nach einiger Zeit ab oder bekommt Löcher. maximal im einstelligen Mikrometerbereich Spülen eines Systems mit einer Flüssigkeit mit anschließender Reinigungsspülung und/oder einem Trocknungsschritt wäre ideal. Abbildung 45: Übersicht der Ergebnisse der hydrophilen Beschichtungen Legende schlecht ungenügend noch nicht optimal gut Bei der finalen Beschichtung der Mikropumpe mp6 (4. Beschichtung aus Abbildung 45) wurden die Einzelteile der Mikropumpe beschichtet. Es stellte sich heraus, dass die Produktion der Mikropumpe mp6 mit beschichteten Pumpenteilen nicht sehr gut reproduzierbar ist, da die Beschichtung einen recht hohen Einfluss auf das Laserschweißen hat. Anscheinend absorbiert oder streut die Beschichtung einen Teil des Laserlichts (1065 nm), was entweder am Material vom Haftvermittler oder der hydrophilen Schicht liegt oder daran, dass die Beschichtung sehr inhomogen in der Stärke ist. Befüllung- und Förderratenexperimente mit den hydrophil beschichteten Pumpen zeigten im Vergleich zur Standard mp6 eine leicht bessere und reproduzierbare Befüllung sowie eine ruhigeres konstantes Pumpverhalten. Trotzdem war die Förderrate um ca. ¼ kleiner als die der Standard mp6, was entweder an den Schichtdicken von 5-7 µm liegt oder an dem durch die Beschichtung ausgelösten verschlechterten Herstellungsprozess. 5.8 Abschätzung der Ressourceneinsparung und Effekte auf die Umwelt 5.8.1 Abschätzung der Effekte von TiO2-Nanopartikeln auf die Umwelt Die Umwelteffekte von Titandioxid-Nanopartikeln wurden auf Grundlage aktueller Forschungsergebnisse abgeschätzt /27/. Für die Ökotoxizitätsbetrachtung allgemein von Nanopartikeln sind folgende Aspekte von Bedeutung /28/. • Aufstellung von Struktur-Wirkungs-Beziehungen (Leitstrukturbestimmung), Erforschung von Wirkmechanismen und relevanten Wirkschwellen zur ökotoxikologischen Bewertung • Parameterbestimmung (z. B. Größe/Oberfläche, Kristallstruktur, Agglomerationsverhalten, Suspendierbarkeit) auch unter Berücksichtigung der natürlichen Hintergrundbelastung (Unterscheidung synthetische/nicht synthetische Partikel) • Erarbeitung von Basistechniken und Standardtestverfahren sowie Etablierung von Referenzmaterialien • Untersuchungen zur Stabilität der Funktionalität und zum Eintrag der Partikel in die Umwelt (z. B. Analyse von Aufnahmemechanismen, Eintragsmengen, Eintragsformen, Abbauprodukten und Bioakkumulation) • Mobilität und Transformation der Partikel (z. B. Bioverfügbarkeit, Persistenz, Metamorphose, Multigenerationseffekte, Mischungstoxizität, Transporteffekte, Langzeiteffekte) • Risikoabschätzung (z. B. Bestätigung der Ergebnisse durch umweltrelevante Untersuchungen, Ableitung und Übertragbarkeit von Gesetzmäßigkeiten) Weil Nanopartikel noch nicht ausreichend erforscht sind, ergeben sich in der Ökotoxizitätsbetrachtung noch einige Lücken. Als Indikator der Toxizität können Mikroorganismen hinzugezogen werden (Abbildung 46). Abbildung 46: Toxizität von Nanopartikeln auf Mikroorganismen im Überblick /29/ Abbildung 46 gibt einen Überblick der Toxizität von Nanopartikeln. Erst bei einer sehr hohen TiO2 Partikeldosis von ca. 12 µg/ml ist eine Zellen-Sterbewahrscheinlichkeit von ca. 50 % zu erkennen. Auch bei der Ökotoxizitätsbetrachtung sind TiO2, Nano-Ag und CNTs die wichtigsten Substanzen. Für Titandioxid wurden bereits eine Reihe standardisierter Tests aufgestellt. Nano-TiO2 wirkt photokatalytisch, das heißt unter UV-Strahlung werden organische Materialien auf der Oberfläche zersetzt, beziehungsweise Zellmembran von Mikroorganismen beschädigt /30/. Photokatalysatoren lassen sich besonders effizient für die Entfernung von gasförmigen Verbindungen einsetzen, wenn diese ein hohes Gesundheitsrisiko darstellen und nur in geringer Konzentration auftreten /31/. Diese Eigenschaften werden vor allem durch die Einbringung von Titandioxid in Fassadenfarben genutzt. Tabelle 8 zeigt verschiedene Studien zu Titandioxid Nanopartikeln. 55 Tabelle 8: Studien zu Titandioxid Nanopartikeln Geißler,S. et.al. (2010): "Industrielle Selbstverpflichtung Parameter/Autoren und freiwillige Maßnahmen im Umgang mit Nanomaterialien" Institut für Technikfolgen-Abschätzung Nano-TiO2 in dauerhaften photokatalytischen Beschichtungen Einsatzgebiet Verhalten in der Umwelt Nano-TiO2 in dauerhaften photokatalytisch, d.h. unter UV-Strahlung entstehen reaktive Sauerstoffspezies (RO3), welche die Zellmembran von Mikroorganismen beschädigen können. Nano-TiO2 erwiest sich als doppelt so toxisch wie die größere Form. Bachmann, G. et.al (2011): "Nanotechnologie", VDl, Bundesministerium für Bildung und Forschung Nanoskaliges TiO2 lässt sich als Pulver oder granulares Medium herstellen und kann auch in Beschichtungen oder Membranen eingebracht werden. TiO2-beschichtete Bauelemente oder Kacheln dienen bereits heute in sanitären Bereichen oder in Krankenhäusern der Verbesserung der Sauberkeit und der Raumluft. Die Photokatalyse mit TiO2 kann auch zur Entfernung von Luftschadstoffen in Ballungsräumen eingesetzt werden. So wird z.B. NO2, einem Luftschadstoff, dem eine kritische Funktion bei der Entstehung von Ozon zukommt, an TiO2Photokatalysatoren oxidiert. Nano-Katalysatoren ermöglichen die Adsorption und Reduktion/ Oxidation von Schadstoffen und tragen so zu deren nachhaltiger Entfernung bei. Wirkung & Konzentration Charakterisierung & Klassifizierung Einsatz in der Elektronik-, Automobilbau-, Chemie-, Medizin- und Lichttechnik Branche TiO2 zählt zu der Stoffgruppe der: alveolengängige granuläre biobeständige Stäube ohne bekannte signifikante spezifische Toxizität keine siginifikante spezifische Toxizität bekannt es sei denn: Für TiO2 wird auch so genannte Photogentoxizität diskutiert, d.h. man postulliert, TiO2 könne Gentoxizität nur nach Aktivierung mit Licht oder UV-Strahlung entfalten Toxikologie Freisetzung Roller, M. (2010): "Krebserzeugende Wirkung von Nanomaterialien am Arbeitsplatz" Hans Böcker Stiftung / Größere wasserlebende Organismen wie etwa kleinere Krebstiere, die als Zooplankton große Bedeutung in der aquatischen Nahrungskette haben, werden nach vorläuigen Erkenntnissen nicht durch die photokatalytische Wirkung von Nano-TiO2 geschädigt. Allerdings können sich die Nanopartikel außen am Chitinpanzer der Tiere festsetzen und bei Jungtieren die zum Wachstum notwendige Häutung behindern, was zum Tod der Tiere führt. Dieser Effekt wurde bei Konzentrationen von 0,24 mg/Liter Wasser festgestellt. / Teststrategien Es gibt bereits eine Reihe von standardisierten Tests für Fische, Krebstiere und Algen Risiko Bislang wird davon ausgegangen, dass Nanomaterialien, die fest in eine Matrix eingebunden sind, kein oder nur ein geringes Umweltrisiko darstellen. / Ein für die Bereiche Wasser, Luft und Boden bedeutender Katalysator ist nanoskaliges Titandioxid (TiO2). Er fungiert als Photokatalysator ist Adsorbent und kann zur Wasserreinigung im Allgemeinen und für die in situ und ex situ Grundwassersanierung im Speziellen verwendet werden. Im Zusammenspiel mit Wasser, O2, UV-Strahlung und TiO2 entstehen reaktive freie Radikale, die Schadstoffe in harmlosere Substanzen umwandeln können. TiO2-Partikel ermöglichen die Adsorption und Reduktion/ Oxidation von Schadstoffen und tragen so zu deren nachhaltiger Entfernung bei. Experimentell sehr gut charakterisiert ist der Photokatalysator Titandioxid (TiO2), der unter Einfluss von Licht und Wasser reaktive Hydroxyl-Radikale erzeugt, die fast alle organischen Substanzen oxidieren können und auch lebende Organismen angreifen. In Tests konnte gezeigt werden, dass mit nanoskaligem TiO2 beschichtete Kacheln 99,9% der untersuchten (Penicilin-resistenten) BakterienStämme abtöten. / potentiell toxischen Wirkung nach Einatmen, ungefähr wie Dieselruß anzusehen / Atemluft Untersuchungen (Arbeitsplatz) Mittels Tierversuche / Es wurden dabei das Einsatzgebiet, das Verhalten in der Umwelt, die Toxikologie, das Freisetzungsvermögen, die Wirkung und die Konzentration in und auf die Umwelt sowie verschiedene Teststrategien und das Risiko für Mensch und Umwelt betrachtet. Ein besonderes Augenmerk wurde bei den TiO2-Partikeln auf die Gesundheit gefährdenden Eigenschaften geworfen. TiO2-Partikel sind für Menschen und Tiere nur im geringen Maße gesundheitsgefährdend. Sie dringen nicht über die Haut in den Körper ein. Durch ihre Vielschichtigkeit stellt die Haut eine gute Barriere dar. Auch bei beschädigter Haut verbleiben die Nanopartikel in den oberen Hautschichten (Epidermis) und gelangen nicht weiter in den Körper. Dieses Ergebnis bestätigte auch die amerikanische Gesellschaft Nanodermatology Society (NDS) in ihrem aktuellen Studienbericht. Bei inhalativer Aufnahme zeigten sich erst ab einer Dosis in Höhe von 50 µg/cm² erste Vitalitätsverluste. Allerdings lagern sich die TiO2-Partikel in den Lungen ab, was zu vorübergehenden Entzündungen führen kann. Bei der Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt treten bei hohen Dosen von 20-80 µg/cm² in einem Zeitraum von 24 Stunden Schäden an der Zellmembran auf. Die DNA wird dabei jedoch nicht beschädigt. Allgemein gilt, dass sich in Wasser verteilte Nanomaterialien ähnlich wie die in der Chemie gut beschriebenen Kolloide verhalten. Kolloide sind fein in einem Medium verteilte Tröpfchen oder Teilchen, die relativ instabil sind, da sie aufgrund von elektrostatischen Anziehungskräften rasch aneinander haften und als Folge der Schwerkraft absinken. Natürliche Gewässer enthalten zumeist gelöste oder verteilte Materialien einschließlich natürlicher Nanomaterialien. Erwartungsgemäß binden sich synthetische Nanomaterialien, die in natürliche Gewässer gelangen, an solche natürlichen Stoffe. Der Verbleib und das Verhalten von Nanomaterialien im Wasser werden allerdings von Faktoren wie dem pH-Wert, dem Salzgehalt (Ionenstärke) und der Anwesenheit von organischem Material beeinflusst /32/. 5.8.2 Abschätzung des Energie- und Ressourcenverbrauchs Der Energie- und Ressourcenverbrauch für die Mikrosiebfiltration ergibt sich aus dem Materialverbrauch für die Mikrosiebe inklusive Beschichtung und den Reinigungschemikalien sowie dem Energieaufwand zum Betrieb der Filtrationsanlage. Es wird angenommen, dass der Materialverbrauch für den Aufbau der Anlage bei herkömmlichen Filtrationsanlagen und Modulen im Vergleich zur Mikrosiebfiltration ungefähr gleich groß ist. Unterschiede bestehen in der verbauten Membranfläche, die von der Durchflussleistung bestimmt wird und dem Bedarf an neuem Membranmaterial in Abhängigkeit der Filterstandzeiten. Der Material- und Energieverbrauch zur Herstellung von Mikrosieben und Mikrosiebbeschichtungen sind nachfolgenden Tabellen zu entnehmen (Tabelle 9, Tabelle 10). 57 Tabelle 9: Material- und Energieverbrauch zur Herstellung von 1 m² Mikrosieb Berechnung des Material- und Energieverbrauchs für 1 m² Mikrosieb (MS) Einzugebende Parameter Feste Parameter Einheit Siebspezifische Parameter Lochdurchmesser Lochabstand Dicke des MS Bearbeitungszeit pro MS 40 50 15 0,5 µm µm µm h/MS Anzahl Mikrosiebanzahl im Jahr Anzahl Maskenbenutzung 4160 MS/a 500 mal (MS/Maske) Einheit Siebspezifische Parameter Höhe von 1 MS Breite von 1 MS Höhe Lochdurchsatz Breite Lochdurchsatz 0,15 0,15 0,125 0,125 m m m m Anlagenspezifische Parameter jährliche Betriebszeit jährliche Reinigungszeit jährliche Reparaturdauer elektrische Aufnahmeleistung der Anlage Filter innerhalb der Anlage Anzahl Filterwechsel im Jahr Filterwechseldauer pro Filter 8668 12 80 15 6 5 0,5 Materialspezifische Parameter Dichte von Nickel jährliche Menge Verbrauchsmaterialien 8900 kg/(m^3) 25 kg/a h/a h/a h/a kW Filter Stück/a h/Filter Resultierende Parameter für das MS Fläche von 1 MS Siebe pro m^2 durchlochte Fläche von 1 MS Randfläche ohne Löcher von 1 MS Fläche eines (Kreis-)Lochs Fläche, auf der sich durchschnittlich 2 Löcher befinden Fläche, auf der sich durchschnittlich 1 Loch befindet Löcher pro MS Nickelfläche Nickelvolumen Nickelmasse Materialverbrauch für 1m^2 MS (Mikrosiebmasse) Materialverbrauch für 1 m^2 MS (Reinigungsmittel) Energieverbrauch für 1m^2 MS (Anlagenbetrieb) 0,0225 44,444444 0,015625 0,006875 1,257E-09 4,33E-09 2,165E-09 7216878,4 0,013431 2,015E-07 0,001793 0,07969 kg/(m^2) 0,26709 kg/(m^2) 1389,1 kWh/(m^2) 58 Einheit m^2 MS/(m^2) m^2 m^2 m^2 m^2 m^2 Stück m^2 m^3 kg Tabelle 10: Material- und Energieverbrauch zur Herstellung der Beschichtung von 1 m² Mikrosieb Berechnung des Material- und Energieverbrauchs für die Beschichtung von 1 m² Mikrosiebs (MS) Einzugebende Parameter Feste Parameter Einheit Siebspezifische Parameter Lochdurchmesser Lochabstand Dicke der Beschichtung Titandioxid Bearbeitungszeit pro MS-Beschichtung Mikrosiebanzahl im Jahr 40 50 0,8 0,1 4160 µm µm µm h/MS MS/a Einheit Siebspezifische Parameter Höhe von 1 MS Breite von 1 MS Höhe Lochdurchsatz Breite Lochdurchsatz 0,15 0,15 0,125 0,125 m m m m Anlagenspezifische Parameter Ofenbetrieb elektrische Aufnahmeleistung der Anlage 2080 h/a 42 W Materialspezifische Parameter Dichte von Titandioxid 3900 kg/(m^3) Resultierende Parameter für das MS Fläche von 1 MS Siebe pro m^2 durchlochte Fläche von 1 MS Randfläche ohne Löcher von 1 MS Fläche eines (Kreis-)Lochs Fläche, auf der sich durchschnittlich 2 Löcher befinden Fläche, auf der sich durchschnittlich 1 Loch befindet Löcher pro MS Nickelfläche Titandioxidvolumen (dichte Schicht) Masse Titandioxid Materialverbrauch für 1m^2 MS (Beschichtung) Energieverbrauch für 1m^2 MS (Anlagenbetrieb) 0,0225 44,444444 0,015625 0,006875 1,257E-09 4,33E-09 2,165E-09 7216878,4 0,013431 1,074E-08 4,19E-05 0,00186 kg/(m^2) 933,33 kWh/(m^2) Aufgrund der geringen Dicke sowohl der Beschichtung (0,8 µm) als auch des Mikrosiebs (15 µm) ist der Materialverbrauch relativ zu Polymermembranen mit 50 bis 200 µm Dicke deutlich geringer. Die Verwendung eines Ofens zum Trocknen der Beschichtung und der dauerhafte Betrieb der Galvanik zur Mikrosiebfertigung bedingen gegenwärtig einen relativ hohen Energieverbrauch pro Quadratmeter, der aber überproportional mit den gefertigten bzw. beschichteten Mikrosiebflächen abnimmt. Das Modul wird in Standardbauweise ausgeführt. Bei dem Betrieb wird aufgrund der UVBelichtung zusätzlich Energie benötigt (Aufnahmeleistung 500 W), die bei der dezentralen Trinkwasseraufbereitung mittels Solarzellen erzeugt werden soll. Den Ergebnissen der Technikumsversuche zur Folge können mit dem Mikrosiebmodul in Abhängigkeit der Partikelbelastung doppelt so hohe modulspezifische Permeatflüsse erzieltt werden. Außerdem neigen die herkömmlichen Filtermaterialien zu irreversibler Verblockung und Verkeimung, was einen regelmäßigen Filterwechsel in halb- bis vierteljährlichen Abständen erfordert. Die Standzeiten der herkömmlichen Filtermodule können nur durch den Einsatz von Reinigungschemikalien gesteigert werden, was zumindest bei kleinen dezentralen Systemen zur Trinkwasserreinigung unüblich ist. Das Mikrosiebmodul ermöglicht aufgrund der Fouling abweisenden Oberfläche und der einfachen mechanischen Reinigung höhere 59 Einheit m^2 MS/(m^2) m^2 m^2 m^2 m^2 m^2 Stück m^2 m^3 kg Standzeiten. Ein Filterwechsel ist erst dann erforderlich, wenn stark abrasive oder mechanische Belastungen eine Zerstörung der Beschichtung oder Risse im Modul bewirken. Unter der Annahme, dass das Mikrosiebmodul in einem Jahr nicht gewechselt wird, wird die Anzahl benötigter Module zur Herstellung der gleichen Menge Filtrat pro Jahr im Verhältnis zu herkömmlichen Vorfiltern vergleichbarer Trenngrenze von vier bis acht auf ein Modul reduziert, was eine erhebliche Einsparung von Ressourcen bedeutet. Zudem fällt der Druckverlust und resultierend der Energieverbrauch im System deutlich mit abnehmender Anzahl von Filtermodulen. 6 Fazit und Ausblick Im Rahmen von Nanoefficiency wurden ca. 200 Mikrosiebe mit einer Größe von 15x15 cm² hergestellt. Sie besitzen auf der Filtratseite eine Rauigkeit von weniger als 50 nm. Die Mikrosiebe zeichnen sich im Vergleich zu herkömmlichen schwammartigen Mikrofiltrationsmembranen durch eine enge Porengrößenverteilung mit einer maximalen mittleren Standardabweichung von 50 % bei Porengrößen von 2 µm und einer minimalen Standardabweichung von 5 % bei Porengrößen von 10 µm aus. Das Herstellverfahren der Mikrosiebe wurde so optimiert, dass die Prozessdauer zur Erzeugung eines Mikrosiebs von 40 auf 20 min gesenkt werden konnte. Die produzierte Fläche an Mikrosieben pro Zeiteinheit kann kurzfristig durch die Verwendung größerer Abformmatrizen oder mittelfristig durch die Entwicklung eines roll-to-roll-Prozesses noch deutlich erhöht werden. Die Mikrosiebe wurden zur Umsetzung in das Modul durch die Aufbringung einfacher quadratischer Stützstrukturen stabilisiert. Die Robustheit der Mikrosiebe bei maximal freier Fläche kann durch komplexe wabenartige Strukturen verbessert werden, die sich zukünftig beispielsweise mittels einer Verfahrenskombination aus UV-Lithographie und Mikrogalvanik herstellen lassen. Erste Erfolg versprechende Versuche dazu wurden in Nanoefficiency durchgeführt aber wegen fehlender technischer Ausstattung nicht fortgeführt. Die hergestellten Mikrosiebe sind bei der Materialauswahl, der Lochgeometrie und Lochanzahl beschränkt. Deshalb wird bei UMSICHT gegenwärtig ein Prozess zur Herstellung neuer Laser-Mikrosiebe entwickelt, die aus beliebigen Materialien und in gewünschten Geometrien erzeugt werden können. Ein Verfahren zur Beschichtung von Mikrosieben wurde entwickelt, bei dem photoaktive Titandioxidschichten mit einer Dicke von ca. 800 µm aufgebracht wurden, ohne die Poren zu verblocken. Die höchsten Photoaktivitäten wurden mit Zweischichtsystemen aus einer Barriere- und photoaktiven Schicht erzielt. Mit der optimalen Photokatalysebeschichtung 60 VP PK 10173 wurden sehr hohe Photoneneffizienzen von 0,1 % erreicht. Die Schicht war haftstabil und unter extremen Testbedingungen wenig anfällig gegen Abrasion. Die Stabilität der Beschichtung gegen Reinigungschemikalien und übliche Fällungsmittel in der Wassertechnik wurde auch bei erhöhten Temperaturen nachgewiesen. In einem extra angepassten Bakterizidtest wurde eine Abnahme der Keimzahl um 4 log-Stufen festgestellt. Die beschichteten Mikrosiebe besitzen eine reduzierte Foulingneigung. Sie wurden als Ergebnis umfangreicher Optimierungsversuche in ein dichtes MikrosiebRohrmodul mit integrierter UV-Lampe umgesetzt, dass sich durch seine kompakte Bauweise und UV-Stabilität auszeichnet. Das Modul ist so ausgelegt, dass es als Vorfilter in transportablen Systemen zur Trinkwasseraufbereitung eingesetzt werden kann. Es wurde in einen Teststand im Technikumsmaßstab integriert, der eigens für die Versuche aufgebaut wurde. Erste Versuchsergebnisse belegen die Eignung des Mikrosiebmoduls als Vorfilter für transportable Trinkwassergewinnungssysteme. Die Umsetzung in das WaterWonder-System der Fa. EVERS konnte aufgrund der Anfälligkeit des Moduls gegen Druckschwankungen noch nicht abgeschlossen werden, wird aber im Anschluss an das Projekt aus eigenen Mitteln fortgesetzt. Titandioxid-Nanopartikel waren im Filtrat nicht nachweisbar. Eine Auswertung von verschiedenen Studien zu den Effekten von Titandioxid-Nanopartikeln deutet nicht auf ein unmittelbares Gefährdungspotential für Mensch und Umwelt im betrachteten Anwendungsfall hin. Die Ergebnisse zahlreicher medizinischer und ökotoxischer Untersuchungen verschiedener Fachgruppen zur Stützung der im Projekt durchgeführten Untersuchungen stehen noch aus. Unter der Annahme, dass das Mikrosiebmodul in einem Jahr nicht gewechselt wird, übliche Membranfilter aber zwei bis vier Mal pro Jahr und bei Berücksichtigung der gemessenen Verdopplung der Permeatleistung des Mikrosiebmoduls im Vergleich zu herkömmlichen Membranmodulen, wird die Anzahl benötigter Module zur Herstellung der gleichen Menge Filtrat pro Jahr im Verhältnis zu herkömmlichen Vorfiltern vergleichbarer Trenngrenze von vier bis acht auf ein Modul reduziert, was eine erhebliche Einsparung von Ressourcen bedeutet. Ein Ziel zukünftiger Forschungsarbeiten ist die Umsetzung von Mikrosieben mit größerer Material- und Geometrie-Flexibiltät, die idealerweise so kleine Poren besitzen, dass sie direkt zur Entkeimung eingesetzt werden können. Wenn es gelingt, Mikrosiebe in großer Stückzahl oder kontinuierlich auf großen Flächen herzustellen, können längerfristig auch Massenmärkte wie die Nachbehandlung von kommunalem Abwasser oder Filtration von Trinkwasser aus Wasserwerken erschlossen werden. Außerdem werden gespannt die Entwicklungen zur Herstellung von Titandioxid oder anderen Photokatalysatoren beobachtet, die mit Sonnen61 licht aktivierbar sind und vergleichbar hohe Photoaktivitäten liefern. Derart beschichtete Mikrosiebmodule könnten bei entsprechender baulicher Anpassung direkt mit Sonnenlicht ohne weiteren Aufwand für eine künstliche Belichtung betrieben werden. Grundsätzlich sind Mikrosiebe aufgrund ihrer chemischen, mechanischen und thermischen Stabilität vielfältig zu funktionalisieren und mit entsprechenden Beschichtungen zum Beispiel auch zur Katalyse in der chemischen Industrie einsetzbar. Im Rahmen des Projektes wurden Mikropumpen (mp5 und mp6, Fa. Bartels) hydrophil und Grundmaterialien von Elektrowetting-Systemen hydrophob beschichtet. Trotz mehrerer Iterationen und Konzentration der Experimente auf Elektrowetting-Systeme mit Glasträgern konnten die mit anderen Beschichtungen und Verfahren erzeugten hydrophoben Effekte nicht erreicht werden. Die Kontaktwinkel waren zwar relativ nah an den bekannten Werten aber die Grenzwinkel mit 20° bis 27° zu groß. Für die Mikropumpen wird mit der hydrophilen Beschichtung eine Verbesserung erreicht. Die Befüllung funktioniert besser, schneller und reproduzierbarer. Das Pumpverhalten ist ruhiger. Die Mittelwerte der Förderrate schwanken weniger. Trotzdem ist die Beschichtung noch nicht uneingeschränkt nutzbar, da die Laserschweißnähte bei der Herstellung der Pumpe qualitativ abfallen (undicht, unsauber) und die Förderraten der Pumpen ca. ¼ kleiner als bei der Standard mp6 sind. Vermutlich sind die Produktionsprobleme die Ursache der reduzierten Förderraten. Diese Probleme resultieren wahrscheinlich aus der Inhomogenität der Beschichtung mit Dickenvariationen auch auf einem Bauteil und der mit 7 µm hohen Dicke. Des Weiteren verlangt die Beschichtung der Einzelteile der Pumpen mehr Aufwand in der Vorbereitung, da einige Bauteile beidseitig und andere Bauteile nur einseitig beschichtet werden dürfen. Würde die Beschichtung homogen dünn – ca. 1 µm – sein, könnten die Produktionsprobleme wahrscheinlich beseitigt werden und die Förderrate unverändert bleiben. Optimal wäre allerdings die Beschichtung der bereits assemblierten Mikropumpe. Falls die Optimierung der Schichten kurzfristig gelingt, bringt dies zumindest für den Bereich der wässrigen Medien definitiv eine Wertsteigerung der Mikropumpen. 62 7 Literatur /1/ F. Macedonio et al., Chem. Eng. and Proc. 51 (2012) 2-17 /2/ S. Kuiper: Development and applications of very high flux microfiltration membranes, Journal of Membrane Science, 150 (1998) 1-8 /3/ R. P. 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