Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt
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Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt
„Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase“ Praxis-Handreichung erstellt im Rahmen des Leitvorhabens „Zielgruppenorientiertes Übergangsmanagement“ durch das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) Thomas Freiling, Birgit Schulte September 2008 Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung .................................................................................................................... 3 2. Beschäftigung in der Nacherwerbsphase: Vertragliche Aspekte............................ 4 2.1 Vertragsarten ................................................................................................4 2.2 Beraterverträge .............................................................................................5 2.3 Altersbefristung des Arbeitsvertrages ..........................................................6 3. Zuverdienstgrenzen für Rentenempfänger ............................................................... 7 3.1 Kürzungen der Rente für Rentner unter 65 Jahren ........................................7 3.2 Überschreiten der Zuverdienstgrenzen und Änderung der Höhe des Zuverdienstes .........................................................................8 4. Sozialabgaben und Steuern....................................................................................... 8 4.1 Rentner .........................................................................................................9 4.2 Arbeitgeber ...................................................................................................9 5. Finanzielle Konsequenzen für den Arbeitnehmer bei vorzeitigem Renteneintritt (vor 65 Jahren) ....................................................... 10 5.1 Rentenabschläge ........................................................................................10 5.2 Vermeidung von Rentenabschlägen............................................................11 6. Zeitwertkonten als Instrument zum flexiblen Ausstieg.......................................... 11 6.1 Störfall ........................................................................................................13 6.2 Umwandlung von Zeitguthaben in betriebliche Altersvorsorge (bAV)..........13 6.3 Festschreibung der umgesetzten Arbeitszeitkonten in der Betriebsvereinbarung........................................................................13 7. Zusammenfassung und Ausblick ............................................................................ 14 Seite 2 von 15 Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase 1. Einleitung: Rechtliche Aspekte Die sich abzeichnende demografische Entwicklung stellt die betriebliche Personalpolitik vor vielfältige Herausforderungen. Auf dem Arbeitsmarkt stehen künftig weniger qualifizierte Nachwuchskräfte bereit – gleichzeitig stehen enorme Verrentungswellen bevor, da die sogenannte Baby-Boomer-Generation in den nächsten Jahren das Rentenalter erreichen wird. Die alternden Belegschaften mit ihrem Erfahrungswissen stellen für Unternehmen einen großen Wert dar. Ältere Mitarbeiter besitzen Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen, die einen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen darstellen. Neben wichtigem spezifischem Fachwissen verfügen sie über Kenntnisse zur Unternehmenskultur und sind somit Kenner wichtiger innerbetrieblicher Abläufe und betriebsspezifischer Kommunikationskulturen. Der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ist aktuell noch durch einen verhältnismäßig starken Bruch gekennzeichnet: Arbeitnehmer scheiden grundsätzlich zu einem festgelegten Datum irreversibel aus dem Betrieb aus. Mit einer Flexibilisierung des Übergangs, davon ist auszugehen, werden Härten abgeschwächt. Es entstehen zeitliche Spielräume durch die sowohl im Interesse der Betriebe als auch der einzelnen Arbeitnehmer passgenaue und vom Modell der Haupt- und Vollerwerbstätigkeit abweichende Modelle umgesetzt werden können. Für Unternehmen gehen so das Wissen und die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter nicht von einem Tag auf den anderen in Rente. Es können so Maßnahmen eingeleitet werden, um das ausscheidende Wissen der Mitarbeiter zu erfassen, es auf andere Mitarbeiter zu übertragen und so und für das Unternehmen zu erhalten. Für den ausscheidenden Mitarbeiter verliert sein Wissen mit dem Renteneintritt nicht mit einem Schlag an Bedeutung. Das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) untersucht im Leitvorhaben „Zielgruppenorientiertes Übergangsmanagement“ bereits bestehende Möglichkeiten, den Übergang in die Nacherwerbsphase, und auch die Nacherwerbsphase selbst, flexibel mit einer weiteren Beschäftigung zu gestalten. Die Erkenntnisse aus diesem Zusammenhang bilden die Basis für den nachfolgenden Text. Ziel ist es, einen Überblick über relevante rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen, sowie Anregungen für betriebsorganisatorische Gestaltung eines Übergangs in die Rentenphase zu geben. Für Unternehmen sollen so Hinweise zu bereits bestehenden Möglichkeiten zur flexiblen Gestaltung des Übergangs ihrer Mitarbeiter in die Rentenphase gegeben werden. Seite 3 von 15 Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase 2. Beschäftigung in der Nacherwerbsphase: Vertragliche Aspekte Der Renteneintritt ist durch das Ende der Haupterwerbstätigkeit gekennzeichnet. Der zentrale Arbeitsvertrag ist beendet und der Arbeitnehmer geht in das staatliche Bezugssystem der Rente über. Die Finanzierung des Einzelnen wird nun hauptsächlich aus dieser Quelle geleistet. Um einen Arbeitnehmer auch nach seinem Renteneintritt beschäftigen zu können und diesem so eine zusätzliche Finanzierungsquelle zu ermöglichen, bestehen unterschiedliche Vertragsvereinbarungen. Durch eine Beschäftigung wichtiger Mitarbeiter auch nach ihrem Übertritt in die Rente besteht für ein Unternehmen die Möglichkeit sein spezifisches Wissen zu Rate zu ziehen und seine Erfahrungen auch anderen Mitarbeitern zugänglich zu machen. In Abhängigkeit von der jeweiligen Tätigkeit, sei es als selbständiger Berater oder auch in abhängiger Beschäftigung, z.B. als Fahrer für einen Kurierdienst, kommen zur Beschäftigung von Rentnern in der Nacherwerbsphase verschiedene Vertragsarten in Betracht. 2.1 Vertragsarten Die Vertragsarten, die mit einem Rentner abgeschlossen werden können, unterscheiden sich nach ihrer Zielsetzung, ihrem Zeitrahmen sowie der Reichweite der Abhängigkeit des Vertragsnehmers und damit der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers. Beim Abschluss eines Vertrages gilt es daher, vorab Ziel und Rahmen genau abzustecken, um sich für die adäquate Vertragsform entscheiden zu können. Die folgende Auflistung soll dabei eine Hilfestellung geben. Der Dienstvertrag stellt ein Dauerschuldverhältnis dar, bei dem der Arbeitnehmer über einen Zeitraum an das Unternehmen gebunden wird. Er arbeitet dabei aber selbständig und ist dem Arbeitgeber gegenüber nicht weisungsgebunden. Der Arbeitsvertrag stellt eine Unterart des Dienstvertrages dar, bei der der Vertragsnehmer dem Arbeitgeber gegenüber weisungsgebunden ist und sich in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis befindet. Auch dieser Vertrag wird, wie der Dienstvertrag, über einen Zeitraum abgeschlossen. Der Werkvertrag wird über die Herstellung eines definierten Werkes geschlossen. Der Vertragnehmer arbeitet bei dieser Vertragsform selbständig und ist so nicht weisungsgebunden. Eine ähnliche Vertragsart wie der Werkvertrag, die sich aber durch die Art der ausgeübten Tätigkeit von diesem unterscheidet, ist der Geschäftsbesorgungsvertrag. Hierbei wird der Vertrag über die Besorgung einer Dienstleistung geschlossen. Seite 4 von 15 Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase Vertrag Besonderheit Gesetz Dienstvertrag Dauerschuldverhältnis, aber in Abgrenzung zum Arbeitsvertrag keine abhängige Beschäftigung; z.B. Beratervertrag, regelmäßige Fahrertätigkeit Unterart des Dienstvertrages: Persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber, Weisungsrecht des Arbeitgebers; z.B. Pförtner in abhängiger Beschäftigung, Fahrer für Kurierdienst Unternehmer schuldet dem Besteller die Herstellung eines Werkes, das heißt die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges körperlicher oder nichtkörperlicher Art und der Besteller als Gegenleistung dem Unternehmer den Werklohn; z.B. Bauvertrag, Anfertigung eines Möbelstückes Beauftragter verpflichtet sich zur entgeltlichen Besorgung eines ihm vom Auftraggeber übertragenen Geschäftes; z.B. Erstellung einer Steuererklärung, Beaufsichtigung eines Kindes §§ 611 ff BGB Arbeitsvertrag Werkvertrag Geschäftsbesorgungsvertrag §§ 611 ff BGB i. V. m. Arbeitsvertrag §§ 631 ff BGB § 675 BGB Abbildung 1: Vertragsverhältnisse nach Renteneintritt 2.2 Beraterverträge In der Praxis werden verrentete Mitarbeiter häufig über Beraterverträge für Unternehmen tätig. Die Berater setzen hierbei ihr fachliches Wissen mit unterschiedlichem Ziel und entsprechend unterschiedlichen Rechtsfolgen ein. Beraterverträge können in Form von Dienstverträgen oder Werkverträgen abgeschlossen werden. Bei einem Dienstvertrag wird das bloße Wirken, die Arbeitsleistung als solche geschuldet. Bei einem Werkvertrag wird ein bestimmtes Arbeitsergebnis geschuldet, das in der Regel gegenständlich fassbar ist. Die Übergänge zwischen den Vertragsformen sind fließend und weisen in der Praxis häufig Elemente aus beiden Grundformen auf. Häufig wird ein Beratervertrag aber schon deshalb ein Dienstvertrag sein, weil es sich um einen fortlaufenden Leistungsaustausch (Dauerschuldverhältnis) handelt, während beim Werkvertrag nur ein einmaliger Austausch von Leistung und Gegenleistung stattfindet (vgl. Abbildung 1: Vertragsverhältnisse nach Renteneintritt). Wichtig ist deshalb, dass Art und Umfang des Beratungsauftrages eindeutig formuliert werden, um Streit hierüber zu vermeiden. Seite 5 von 15 Dienstvertrag § 611 BGB Werkvertrag § 631 BGG Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase Zur Veranschaulichung werden hier noch einmal die zentralen Unterscheidungsmerkmale zwischen beiden Vertragsformen dargestellt: Abbildung 2: Beratervertrag 2.3 Altersbefristung des Arbeitsvertrages Wird ein Arbeitsvertrag zwischen Unternehmen und dem verrenteten Mitarbeiter geschlossen durch welchen der Arbeitnehmer in einem dauerhaften abhängigen Vertragsverhältnis steht, so liegt es meist im Interesse beider Seiten, diesen nicht unbefristet zu gestalten. Da sich die Prioritäten des Arbeitnehmers in der Rentenphase gängigerweise verschieben, liegt die Erwerbstätigkeit im Regelfall nicht mehr dauerhaft im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Befristung eines Arbeitsvertrages, als Ergänzung zu den oben genannten Vertragsformen, scheint also als willkommene Möglichkeit zur Umsetzung dieser veränderten Ansprüche. Grundsätzlich ist die befristete Beschäftigung eines Arbeitnehmers, mit dem zuvor bereits ein unbefristetes oder befristetes Beschäftigungsverhältnis bestanden hat, nur mit Sachgrund möglich. Bis 2006 gab es vom Gesetzgeber für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages ohne Sachgrund mit Personen, die das 52. Lebensjahr vollendet haben, erleichterte Voraussetzungen. Diese wurden allerdings geändert, nachdem der Europäische Gerichtshof diese Regelung als diskriminierend einstufte. Seite 6 von 15 Teilzeit- und Befristungsgesetz § 14 Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase 3. Zuverdienstgrenzen für Rentenempfänger Beim Abschluss eines Arbeitsverhältnisses mit einem verrenteten Mitarbeiter sind nicht nur Vertragsarten zu berücksichtigen. Für einen Rentner gelten Zuverdienstgrenzen. Mit dem Bezug der Rente scheiden Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben aus, ihr Einkommen wird nun nicht mehr über eine Erwerbstätigkeit, sondern zum Großteil aus der staatlichen Rentenversicherung finanziert. Der Erhalt der vollen Regelrente bei Ausübung einer Nebentätigkeit ist dabei vom Alter des Rentenempfängers und der Höhe des Nebenverdienstes abhängig. Für Personen über 65 Jahren, die das gesetzliche Renteneintrittsalter erreicht oder überschritten haben, gelten keine Zuverdienstgrenzen. Ein Zuverdienst hat für sie lediglich im Hinblick auf Steuern und Sozialabgaben Konsequenzen (vgl. Punkt 3). Altersrentner, die bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres eine Rente beziehen, haben die Möglichkeit monatlich bis zu 400 EUR brutto ohne Rentenkürzung hinzuzuverdienen1. 3.1 Kürzungen der Rente für Rentner unter 65 Jahren Vor Erreichen der Regelaltersgrenze ist die Höhe des jeweiligen Zuverdienstes ohne eine Kürzung des Rentenbezugs von der jeweiligen Rentenart (Altersrente, Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Hinterbliebenenrente) abhängig. Die Berechnung wird individuell vorgenommen. Dabei spielt der versicherten Gehalt der letzten drei Kalenderjahre vor Beginn der ersten Altersrente (umgerechnet in Entgeltpunkte) und der Beschäftigungsort (alte Bundesländer oder neue Bundesländer) eine Rolle. Ab einem Hinzuverdienst von 400 EUR monatlich, wird statt der Vollrente eine Teilrente gezahlt, die je nach der Höhe des Hinzuverdienstes als 2/3-Teilrente (= 2/3 der Vollrente), 1/2Teilrente (= 1/2 der Vollrente) oder 1/3-Teilrente (= 1/3 der Vollrente) geleistet wird. Je höher der Hinzuverdienst ist, desto niedriger ist die mögliche Teilrente. Wird die Hinzuverdienstgrenze für die 1/3-Teilrente überschritten, wird die Rente entzogen. Exemplarisch werden in Abbildung 3 die Zuverdienstgrenzen für den Durchschnittsverdiener mit einem Einkommen von 30.000 EUR in den letzten Erwerbsjahren, differenziert nach alten und neuen Bundesländern, dargestellt. 1 Die Erhöhung von vormals EUR 355 auf EUR 400 gilt rückwirkend zum 1.1.2008 seit dem 15.02.2008. Seite 7 von 15 HinzuverdienstGrenzen § 34 SGB VI Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase Mindesthinzuverdienstgrenzen eines Durchschnittverdieners (ca. 30.000 EUR / Jahr) bei Altersrenten und Rente wg. voller Erwerbsminderung seit dem 01.01.2008 Bezeichnung Alte Bundesländer in EUR Neue Bundesländer in EUR Vollrente 400,00 400,00 2/3-Teilrente 969,15 819,00 1/2-Teilrente 1.416,45 1.197,00 1/3-Teilrente 1.863,75 1.575,00 Abbildung 3: Mindesthinzuverdienstgrenzen Bei einem Hinzuverdienst von bis zu 969,15 EUR erhält demnach der Rentner mit einem jährlichen Einkommen von ca. 30.000 EUR während der letzten drei Arbeitsjahre eine 2/3 Teilrente, wenn sein Arbeitsort in den alten Bundesländern liegt. Bei einem monatlichen Einkommen von bis zu 1.416,45 EUR erhält er eine 1/2 Teilrente und ab einem Einkommen von 1.863,75 EUR wird seine Rente gestrichen. Liegt sein Arbeitsort in den neuen Bundesländern erhält der Rentner bis zu einem Zuverdienst von 819,00 EUR die 2/3 Teilrente. Bei einem Einkommen von bis zu von 1.197,00 EUR wird ihm die 1/2-Teilrente ausbezahlt. Übersteigt sein Einkommen die Grenze von 1.575 EUR wird ihm seine Rente gestrichen. 3.2 Überschreiten der Zuverdienstgrenzen und Änderung der Höhe des Zuverdienstes Die Hinzuverdienstgrenzen dürfen zweimal im Kalenderjahr bis zum Doppelten der jeweiligen Hinzuverdienst-Grenze überschritten werden. Davon profitieren Rentner beispielsweise, wenn der Arbeitgeber Urlaubs- oder Weihnachtsgeld zahlen möchte oder Überstunden vergütet. Hinweis: Hinzuverdienst-grenzen können zweimal im Jahr überschritten werden. Ändert sich die Höhe des Zuverdienstes dauerhaft, so kann der Rentner einen Antrag auf Neuberechnung seiner Rente stellen. Diese wird dann rückwirkend zum Zeitpunkt ab dem Erhalt des veränderten Einkommens gezahlt. 4. Sozialabgaben und Steuern Im Allgemeinen fallen mit einer (abhängigen) Beschäftigung Beitragsabgaben an die staatlichen Sicherungssysteme der Renten-, Kranken-, Pflege- und Sozialversicherung an. Diese Beiträge werden in der Regel zu gleichen Anteilen vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer entrichtet. Mit dem Renteneintritt wechselt der Arbeitnehmer vom Status her auf die Bezugsseite der Sicherungssysteme – er enthält Leistungen aus diesen Systemen. Mit diesem Statuswechsel verändern sich auch die Beitragspflichten, die im Falle einer Erwerbstätigkeit einsetzen. Diese Änderungen wirken sich sowohl auf die Arbeitgeberseite Seite 8 von 15 Sozialversicherung bei Beschäftigung SGB IV §7 Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherung SGB V §7 Befreiung von der Gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI §5 Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase als auch auf den Rentner aus und hängen wiederum vom Alter des Rentners und der Höhe des jeweiligen Einkommens ab. Ist das Vertragsverhältnis als selbstständige Tätigkeit gestaltet (z.B. als Werkvertrag) fallen außerdem Steuern an, die vom Arbeitnehmer entrichtet werden müssen, sobald im Jahr eine Höchstgrenze überschritten wird. 4.1 Rentner Wenn der Nebenverdienst die 400 EUR-Grenze eines Minijobs überschreitet, fallen für Altersrentner unter 65 Jahren Sozialversicherungsbeiträge im vollen Umfang an. Über 65 Jahren sind vom Rentner lediglich Beiträge zur Kranken ("KV")- und Pflegeversicherung ("PV") zu zahlen. Es handelt sich dabei um einen ermäßigten Beitragssatz. Steuerfreibetrag gemäß § 32 a EStG Zusätzliches Einkommen eines Rentners aus einer selbständigen Tätigkeit muss unabhängig vom Alter versteuert werden, sobald es den Freibetrag von 7.664 EUR pro Kalenderjahr übersteigt. 4.2 Arbeitgeber Für Tätigkeiten, die den Umfang eines Minijobs (400 EUR monatlich) übersteigen, fallen für den Arbeitgeber (unabhängig vom Alter des Rentners) die üblichen Sozialversicherungsabgaben an (jeweils die Hälfte der Rentenversicherung, Sozialversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung). Abbildung 4: Übersicht Sozialabgaben und Zuverdienst Seite 9 von 15 Geringfügige Beschäftigung SGB IV §8 Arbeitgeberanteil bei Versicherungsfreiheit SGB IV §172 Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase Die oben stehende Abbildung fasst die unter Punkt 3 und 4 dargestellten Aspekte noch einmal zusammen: Ein monatlicher Nebenverdienst von bis zu 400 EUR hat für den Rentenbezug keinerlei Auswirkungen. Ab einem Zuverdienst von 400 EUR hat der Gesetzgeber nach Alter unterschiedene Regelungen getroffen: Vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter (aktuell 65 Jahre) wird dem Rentner entsprechend seines monatlichen Zuverdienstes eine Teilrente ausbezahlt (vgl. Punkt 3). Zudem ist seine Tätigkeit in vollem Maße sozialversicherungspflichtig – sowohl für den Rentner als auch den Arbeitgeber. Hat der Rentner das gesetzliche Rentenalter vollendet, fällt für ihn ein ermäßigter Beitragssatz an – der Arbeitgeber zahlt nach wie vor den allgemeingültigen Satz. Ab einem Nebenverdienst von 7.665 EUR im Jahr fallen Steuern für den Rentner an. Diese Steuergrenze ist unabhängig vom Alter bemessen. 5. Finanzielle Konsequenzen für den Arbeitnehmer bei vorzeitigem Renteneintritt (vor 65 Jahren) Das gesetzliche Rentenalter liegt in Deutschland bei 65 Jahren. Nur wenige Arbeitnehmer sind jedoch bis zu diesem Alter beruflich aktiv. Das tatsächliche Renteneintrittsalter lag 2006 für Männer bei 63,3 Jahren, für Frauen lag es ein Monat darunter, bei 63,2 Jahren2. Die meisten Menschen treten also vor dem gesetzlichen Rentenalter aus dem Erwerbsleben aus und beziehen Rente. Der vorzeitige Rentenbezug wird vom Gesetzgeber gegenwärtig mit Abschlägen auf die Rentenhöhe belegt, das heißt – wer früher in Rente geht hat den Rest seines Lebens weniger Rente. Im Sinne der Flexibilisierung des Ausstiegs ist dies kontraproduktiv. 5.1 Rentenabschläge Konkret beziehen sich die Rentenabschläge auf alle Formen des vorgezogenen Rentenbezugs aus der Rentenversicherung. Das gilt also für Empfänger einer Erwerbsminderungsrente (z.B. im Falle von Krankheit), Empfänger von Arbeitslosengeld, die im Anschluss eine vorgezogene Altersrente beziehen, ebenso wie für Personen ab 63 Jahren, die nach 35 Erwerbsjahren die Möglichkeit haben, vorzeitig in Rente zu gehen. Alle Fälle führen zu einer Verringerung der Rentenhöhe, wodurch der Gesetzgeber versucht, die verkürzte Beitragszeit und die möglicherweise längere Bezugsdauer von Leistungen aus dem Rentensystem abzufedern. Es gilt dabei zu be- 2 www.sozialpolitik-aktuell.de/bilder/VIII/abb/abbVIII11.gif Seite 10 von 15 Voraussetzung für Rentenbezug SGB IV § 34 Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase rücksichtigen, dass die Abschläge auf den bis zum vorzeitigen Austritt erworbenen Anspruch bezogen werden. Grob lässt sich die Berechnung der Rentenabschläge in der Formel „pro Monat des vorzeitigen Bezugs eine Minderung um 0,3 Prozent“ zusammenfassen. Beispiel Frau H. geht aus der Arbeitslosigkeit heraus mit 64 Jahren vorzeitig in Rente. Ihr Rentenbeitrag sinkt dadurch monatlich um 3,6 Prozent (12 x 0,3 Prozent = 3,6 Prozent). 5.2 Vermeidung von Rentenabschlägen Möchte ein Arbeitnehmer vorzeitig in Rente gehen, hat er die Möglichkeit, den Abschlag durch eine finanzielle Kompensation an die Rentenkasse zu vermeiden. Der Versicherte entrichtet vor dem Rentenbeginn einen entsprechenden Zusatzbeitrag, mit dem er die Rentenabschläge quasi „zurückkauft“. Da dieser Beitrag aber vergleichsweise hoch ausfällt, wird von dieser Möglichkeit gegenwärtig relativ selten Gebrauch gemacht. Der Betrag zur Kompensation berechnet sich nach den oben beschriebenen Abschlägen. Zur Verdeutlichung dient das folgende Beispiel eines Durchschnittsverdieners, der vorzeitig in Rente gehen möchte: Zusatzbeitrag zur Kompensation von Abschlägen § 187 a SGB VI Beispiel Ein Durchschnittsverdiener, der nach 45 Versicherungsjahren fünf Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen möchte – und damit nach geltendem Recht einen Rentenabschlag von 18 Prozent hinnehmen müsste – hätte zur Vermeidung dieses Rentenabschlages einen einmaligen Betrag von mehr als 55.000 EUR zu entrichten. 6. Zeitwertkonten als Instrument zum flexiblen Ausstieg In den vorherigen Abschnitten wurden die Konsequenzen des vorzeitigen Übertritts in die Rente (Punkt 5), rechtliche Rahmenbedingungen, wie Vertragsgestaltung und Zuverdienstgrenzen (Punkt 2 und 3) und steuerliche Konsequenzen und Beitragspflichten (Punkt 4) im Falle der bereits vollzogenen Verrentung dargestellt. Mit dem Hinweis auf Zeitwertkonten verweisen wir nun auf eine Möglichkeit den Übergang in den Ruhestand zu vollziehen ohne in das Bezugssystem der Rentenempfänger überzuwechseln. Bei Zeitwertkonten handelt es sich um Arbeitszeitkonten, in die der Mitarbeiter Arbeitsentgelt oder Arbeitszeit einbringen kann, um damit eine bezahlte Freistellung zu finanzieren. Das Seite 11 von 15 Flexi-Gesetz § 7 Abs.1a SGB IV Dem versicherungspflichtigen Entgelt nicht zuzurechnende Zuwendungen z.B. Leistungen in einen Pensionsfonds SVeV §1 (Sozialversicherungsentgeltverordnung) Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen ("Flexigesetz") stellt den sozialversicherungsrechtlichen Rahmen dafür. In ein Zeitwertkonto kann der Mitarbeiter entweder Arbeitszeit oder Arbeitsentgelt einbringen oder beides zusammen. Konkret können so z.B. Überstundenvergütungen, Urlaubsabgeltungen, Weihnachts- und Urlaubsgeld, laufende Bezüge und Zeit (wie Urlaubstage oder Überstunden) eingebracht werden, wobei tarifvertragliche Beschränkungen zu beachten sind. Diese Beschränkungen beziehen sich auf die Höhe des Zeitguthabens, das eingebracht werden kann und auf den Zeitraum, in dem das Konto gegebenenfalls wieder ausgeglichen werden muss. Das Konto kann in Zeit oder in Geld geführt werden. Schematisch lässt sich das Prinzip von Zeitwertkonten folgendermaßen darstellen (vgl. Abbildung 5): Abbildung 5: Zeitwertkonto/Arbeitszeitkonto Laufendes Entgelt, Resturlaubstage, Einmalzahlungen, Mehrarbeit und Sonderzahlungen werden in das Konto eingebracht. Im Störfall (siehe Punkt 6.1) wird das Guthaben ausbezahlt. Den Regelfall stellt aber eine Entnahme in Form von Freistellung dar. Dies können ein vorzeitiger Ruhestand, die Reduzierung der Arbeitszeit bei gleichem Gehalt oder eine befristete Freistellung, beispielsweise in Form eines Sabbaticals sein. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das Zeitguthaben durch die Einbringung in die betriebliche Altersvorsorge (bAV) in Entgelt umzuwandeln (siehe Punkt 6.2). Seite 12 von 15 Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase 6.1 Störfall Ziel eines jeden Zeitwertkontos ist die (bezahlte) Freistellung von der Arbeit. Der Arbeitnehmer geht dabei in früheren Lebensphasen in Vorleistung und hat so die Möglichkeit in späteren Lebensphasen die Arbeitszeit bei gleichem Entgelt zu reduzieren. Es besteht jedoch die Eventualität, dass es nicht zum vereinbarten Entnahmemodus kommt – wenn ein so genannter Störfall eintritt. Störfälle sind beispielsweise das vorzeitige Ende der Arbeitsbeziehung, das vorzeitige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus Altersgründen, Invalidität oder Tod. Das Wertguthaben wird in diesen Fällen in einer Summe ausgezahlt. 6.2 Auszahlung in Störfällen Umwandlung von Zeitguthaben in betriebliche Altersvorsorge (bAV) Neben der einmaligen Auszahlung existiert im Störfall die Möglichkeit, Zeitguthaben in betriebliche Altersvorsorge (bAV) umzuwandeln. Sinnvoll ist diese Umwandlung von Zeitwertguthaben in die bAV dann, wenn keine Sozialversicherungsbeiträge auf das Guthaben entrichtet werden müssen. Um dies zu vermeiden, muss zum einen die Umwandlungsmöglichkeit bereits beim Abschluss der Zeitwertkontenvereinbarung in diese aufgenommen werden. Zum anderen darf die Umwandlung erst dann erfolgen, wenn das Arbeitsverhältnis wegen eines Versorgungsfalls beendet wird oder es sich um ohnehin beitragsfreies Wertguthaben handelt. Verknüpfung von Zeitwertguthaben mit bAV Zur Umwandlung kann auf ein bereits eingerichtetes Entgeltumwandlungsmodell der betrieblichen Altersversorgung zurückgegriffen werden. Dieses muss die Einzahlungen selbst, sowie die Höhe der Einzahlungen flexibel zulassen. Sollten diese Gegebenheiten nicht vorhanden sein, muss ein neues Versorgungsmodell speziell für diese Umwandlungsmöglichkeit in der betrieblichen Altersversorgung geschaffen werden. Damit wird das Modell Zeitwertkonto mit dem der betrieblichen Altersversorgung aufeinander zugeschnitten. 6.3 Festschreibung der umgesetzten Arbeitszeitkonten in der Betriebsvereinbarung Für Zeitwertkontenmodelle gibt es nur gesetzliche Rahmenregelungen auf allgemeiner Ebene. Die konkrete Ausgestaltung mit Regelungen über die Art des Guthabens, welches eingebracht werden kann und Ober- und Untergrenzen des Kontos sowie die Entnahmeregelungen, wird grundsätzlich in Form einer Betriebsvereinbarung festgelegt. Eine Betriebsvereinba- Seite 13 von 15 Sicherung durch Betriebsvereinbarungen Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase rung ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Rechte und Pflichten sowie verbindliche Normen für alle Arbeitnehmer eines Betriebes. 7. Zusammenfassung und Ausblick Der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand stellt Arbeitnehmer und das Unternehmen vor Herausforderungen, die längerfristig organisiert und bewältigt werden müssen. Die Flexibilisierung des Übergangs durch flexibel nutzbare Arbeitszeitkonten oder die Möglichkeit auch nach dem Renteneintritt zu arbeiten, kann dabei eine Hilfestellung geben. In rechtlicher Hinsicht existieren bereits Möglichkeiten der Überlappung von Arbeits- und Ruhestandsphase. Die zentralen Hinweise der vorliegenden Handreichung werden hier noch einmal zusammengefasst dargestellt. In der Rentenphase kann ein Unternehmen einen Rentner weiterhin beschäftigen. Es existieren dabei verschiedene Vertragsformen, die unter Punkt 2 dargestellt wurden. Sie unterscheiden sich nach der Weisungsgebundenheit des Vertragsnehmers sowie den konkreten Arbeitsinhalten des abgeschlossenen Vertrags. Es ist daher in jedem Falle ratsam, vor Abschluss des Vertrages Ziel, Umfang und Inhalt genau zu bestimmen um sich dann für die adäquate Vertragsart zu entscheiden und Missverständnisse zu vermeiden. Befristete (abhängige) Vertragsverhältnisse mit ehemaligen Beschäftigten können nur geschlossen werden, wenn ein Sachgrund vorliegt. Geht ein Rentner einer weiteren Beschäftigung nach, so gelten für ihn, bis er das gesetzliche Renteneintrittsalter vollendet hat (65 Jahre) Zuverdienstgrenzen (vgl. Punkt 3). Diese berechnen sich nach Lage des Beschäftigungsortes im Bundesgebiet West oder Ost und dem monatlichem Einkommen in den letzten drei Erwerbsjahren vor Renteneintritt. Je nach Höhe des Zuverdienstes wird die Rente als entsprechende Teilrente ausbezahlt. Die Zuverdienstgrenzen dürfen zwei Mal im Jahr um das Doppelte überschritten werden. Mit einer Beschäftigung, die das Volumen eines monatlichen Einkommen über 400 EUR überschreitet, fallen Abgaben an die Sozialversicherungssysteme und den Staat an (vgl. Punkt 4). Bis der Arbeitnehmer das gesetzliche Renteneintrittsalter vollendet hat, werden Abgaben mit dem vollen Satz zu gleichen Teilen vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer entrichtet. Ab einem Alter von 65. Jahren zahlt der Arbeitnehmer nur noch reduzierte Beiträge in die Renten- und Pflegeversicherung. Steuern fallen ab einem jährlichen Einkommen von 7.665 EUR an. Seite 14 von 15 Rechtliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten beim Übertritt in die Nacherwerbsphase Arbeitnehmer, die Rente vor dem Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalter Rente beziehen, müssen Rentenabschläge in Kauf nehmen. Sie können die Abschläge durch eine einmalige Zahlung einer finanziellen Kompensation an die Rentenkasse vermeiden (vgl. Punkt 5). Arbeitszeitkonten stellen eine Möglichkeit dar, noch vor dem Renteneintritt bei vollem Gehalt Arbeitsstunden zu reduzieren (Vgl. Punkt 6). Dabei bringt der Arbeitnehmer Zeit- oder Entgeltwerte auf einem betrieblichen Konto ein, die er zu einem späteren Zeitpunkt in Form von Freistellung entnehmen kann. Konkrete Entnahme- und Einzahlregelungen werden dazu in der Betriebsvereinbarung von Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretern festgelegt. Wichtig ist es in diesem Zusammenhang, konkrete Regelungen zur Entnahme im Falle eines Störfalls festzulegen. Seite 15 von 15