Augustus - Klassische Archäologie

Transcription

Augustus - Klassische Archäologie
Institut für Klassische Archäologie
Augustus – Adoptivsohn, Kaiser, Gott
Vorgestellt werden folgende Porträttypen:
1. Octavian-Typus
2. Primaporta-Typus
3. Forbes-Typus
Augustus erlangte während seiner Regierungszeit, durch seine Leistungen als militärischer
Sieger, Friedensbringer und standhafter Vertreter römischer Traditionen, eine große Zahl an
Ehrungen und Würdigungen. Er war der würdige
Nachfolger Caesars, verwandelte die republikanische in eine monarchische Verfassung, wurde
der erste Kaiser und förderte dadurch den Staat
Roms auf erstaunliche Weise.
Am 23. September 63 v. Chr. wurde Augustus
als Gaius Octavianus geboren. Seine Mutter war
Attia, die Nichte des Julius Caesar. Diese Nähe
zu Caesar gab ihm schon früh eine gute Einführung in das öffentliche Leben. In Caesars Testament aus dem Jahre 44 v. Chr. adoptierte
dieser den 19-jährigen Großneffen und setzte
ihn als politischen Erben ein, wodurch Octavian
erst Konsul und dann Statthalter wurde. Von da
an wird er Gaius Julius Caesar Octavianus genannt. Am 1. Januar 42 v. Chr. wurde Caesar
vergöttlicht. Damit wird Octavian divi filius (Sohn
des Gottes). 31 v. Chr. besiegte er in einer Seeschlacht bei Actium, an der Westküste Griechenlands, Antonius und Kleopatra und beseitigte somit seine letzten politisch-militärischen
Gegner. Am 16. Januar 27 v. Chr. erhält er den
Ehrennamen Augustus (= der Erhabene). Er
selbst benutzte nie seinen ‚Titel’.
Da er auch die Zukunft, wie auch schon die
Gegenwart Roms, gestalten wollte, entwickelte
sich in ihm geradezu eine Besessenheit nach
einem männlichen Nachkommen. Da keine
Söhne oder Enkel zur Verfügung standen, adoptierte er schließlich den Sohn des ersten Mannes seiner zweiten Frau: Tiberius. 12 v. Chr.
wurde Augustus zum pontifex maximus (Oberpriester) Roms ernannt. Somit ist er von da an
nicht nur Oberhaupt des Staates, sondern auch
der Religion. 2 v. Chr. erhielt er den Titel pater
patriae (Vater des Vaterlandes). Am 9. August
14 n. Chr. verstarb Augustus in Nola (Süditalien). Kurz danach wurde er vom Senat zum Gott
ausgerufen.
Augustus war der erste römische Herrscher, der
die Kunst für seine politische Propaganda voll
auszunutzen wusste. Daraus ist besonders hervorzuheben, dass er im Porträt immer als Jüngling dargestellt wurde. Seine Bildnisse brachen
in Stil und Motivik vollkommen mit den Porträts
der Republik (509 v.- 31 v. Chr.). Während dieser Zeit waren Männer mit Einfluss immer alte
und erfahrene Männer (siehe Führungsblatt
Cicero). Dies entstand dadurch, dass damals
junge Leute nicht in einem solchen Maße am
sozialen und vor allem politischen Leben teil-
Statue des Augustus aus Primaporta bei Rom
nahmen. Mit dem jungen Herrscher Augustus
änderte sich dies radikal. Sogar noch bis zu
seinem Tod im Alter von 76 Jahren ließ er sich
stets relativ jung und hübsch darstellen. Jedoch
gibt es literarische Quellen, insbesondere Sueton, in denen Augustus im Alter nur als bedingt
schön beschrieben wurde. Seine Zähne seien
klein und verfallen, seine Haare gelblich und
kaum gelockt, die Augenbrauen zusammengewachsen gewesen.
Die über 250 erhaltenen Augustusbildnisse kann
man drei Haupttypen zuordnen. Zu welchem
dieser Typen ein Bildnis gehört, erkennt man am
besten an den Locken über der Stirn. Jeder
Typus besitzt noch viele Varianten.
1. Octavian-Typus
a) Replik des um 40 v. Chr., am Beginn der
politischen Karriere des Augustus entstandenen
Porträttypus.
Rom, Musei Capitolini.
Erhaltungszustand: Ergänzt wurden die untere
Hälfte der Nase, Kinn, linker Wangenknochen,
linker Ohrrand, oberer Teil des rechten Ohrrandes gebrochen.
Kennzeichnend ist eine leicht aufgeworfene
Frisur, mit drei von links nach rechts verlaufenden Strähnen über der Stirnmitte. Das Gesicht
ist jugendlich und leicht bewegt. Die Züge dieses Kopfes sind fleischiger als die des Kopfes
aus La Alcudia (siehe unten). Dieser Typus war
der erste weit verbreitete und zeigt den jungen
Octavian zu Beginn seiner politischen Laufbahn.
b) Weitere Replik des Octavian-Typus.
Privatbesitz in La Alcudia, Mallorca.
Erhaltungszustand: Nase und Oberlippe abgeschlagen, Augenbrauen bestoßen, Schleier auf
Höhe der Ohrenmitte waagrecht abgeschnitten.
Das kennzeichnende Schema der Locken über
der Stirn entspricht ganz dem Octavian-Typus.
Der Kopf ist durch einen Teil der Toga verhüllt
(velatio), als Zeichen der Teilnahme an einer
religiösen Zeremonie. Dies ist allerdings nur bei
dem Kopf in La Alcudia der Fall und nicht für
den Typus bestimmend. Das Gesicht ist dünn
und knochig. Die Augen sind sehr klein und
schmal. Die Wangenknochen werden durch die
leicht eingefallenen Wangen hervorgehoben.
2. Primaporta-Typus (Haupttypus)
Posthume Replik des wohl nach 27 v. Chr. geschaffenen Porträttypus.
Rom, Musei Capitolini.
Erhaltungszustand: Fehlender hinterer Teil des
Schädels war antik angesetzt. Teile der Ohren
und Nasenspitze fehlen. Teils bestoßen. Der
Hals ist vorne, unten abgebrochen.
Die Frisur dieses Typus zeichnet sich durch die
einzelne Sichellocke über der Stirnmitte aus. Die
restlichen Haare bestehen aus zahlreichen kleinen Strähnen. Das Gesicht ist breiter und besitzt
eine ruhige Mimik sowie eine gewölbte Form.
Brauen und Mund sind kantig herausgearbeitet.
3. Forbes-Typus
Replik des spätestens etwa 10. v. Chr. geschaffenen Porträttypus.
Rom, Musei Capitolini.
Erhaltungszustand: Ergänzt sind der vorderste
Teil der Nasenspitze und der Büstenfuß. Das
linke Ohr und der Rand des rechten fehlen.
Diese Replik des Typus Forbes trägt einen
Kranz. Die Stirnlocken sind von links nach
rechts gestrichen und biegen sich leicht. Die
Stirn ist knochig und leicht zusammengezogen.
Die kleinen Augen stehen nahe zusammen. Die
kräftige Nase besitzt im Profil einen markanten
Buckel. Der Kranz wird als corona triumphalis
(Kranz des Triumphes) gedeutet und spielt auf
Augustus’ zahlreiche Siege an.
Anders als bei den nachfolgenden Kaisern haben sich alle drei Bildnistypen niemals abgelöst,
sondern wurden nebeneinander verwendet,
auch nach seinem Tod. Augustus zeigte in all
seinen Porträts nach römischer Auffassung
Würde (gravitas) und Frömmigkeit (pietas). Diese Züge soll er als Kaiser auch öffentlich zur
Schau gestellt haben. Des Weiteren finden sie
sich auch in seinem Namen „Augustus“ (=der
Erhabene) wieder. In dem Wandel der einzelnen
Porträttypen kann man erkennen, wie Augustus
jeweils dargestellt und gesehen werden wollte.
So wird etwa beim Wechsel vom ersten- zum
Primaporta-Typus: der jugendliche Draufgänger
Octavian zum souveränen Herrscher Augustus.
Aufgrund seiner erstaunlichen Taten während
seiner langen Regierungszeit wurde er schließlich zum Gott erhoben und blieb ein Beispiel für
viele Nachkommenden. Die meisten Menschen
assoziieren mit ihm einen jungen, dynamischen
und gut aussehenden Herrscher. Sein größter
Wunsch, auch die Zukunft Roms zu gestalten,
ging somit doch in Erfüllung.
LITERATUR:
K. Vierneisel – P. Zanker, Die Bildnisse des Augustus. Ausst.-Kat. München (1979); P. Zanker, Augustus und die Macht der Bilder (1987) 46-52; 103-106;
D. Boschung, Die Bildnisse des Augustus (1993) Nr.
6; 23; 45; 162.
ALBERT DIETZ