Motorschaden durch schlechten Dieselkraftstoff
Transcription
Motorschaden durch schlechten Dieselkraftstoff
Motorschaden durch schlechten Dieselkraftstoff Ein Kunde mit einem Ford Focus 1,8 TDCi hatte die Ford-Assistance in Anspruch genommen und sein Fahrzeug wegen eines Geräuschs im Motorraum in unsere Werkstatt abschleppen zu lassen. Bei der Überprüfung des Fahrzeugs wurde der Freilauf des Generators als Geräuschquelle diagnostiziert. Nachdem wir das Bauteil erneuert hatten, führte der Mechaniker noch eine Probefahrt durch. Dabei stellte er ein starkes Ruckeln im Teillastbereich fest. Zurück in der Werkstatt, wurde mit dem Diagnosegerät WDS nachgeprüft, ob ein Fehlercode vorlag. Weil kein Fehler abgespeichert war, entschloss er sich, die Rücklaufmenge der Injektoren zu messen. Dabei stellten er eine sehr hohe Kraftstoffrücklaufmenge und stark eingetrübten Kraftstoff fest. Bei der anschließenden Untersuchung des Kraftstofffilters fand er Wasserrückstände und etliche Metallspäne. Jetzt wurde der Kraftstofftank ausgebaut. Nachdem auch hier überall Metallspäne vorhanden waren, wurde der Kraftstofftank einschließlich der Zufuhrleitungen zur Hochdruckpumpe gründlich gereinigt. Weil sich die Metallspäne im gesamten System verteilt hatten, blieb uns nichts anderes übrig als alle Komponenten des Kraftstoffsystems (Hochdruckpumpe, Rail, Kraftstofffilter und Injektoren mit Hochdruckleitungen) zu erneuern. Nach Eingabe des Korrekturfaktors der Injektoren mit Hilfe des WDS ins Motorsteuergerät und dem Befüllung mit sauberem Dieselkraftstoff, waren wir uns ziemlich sicher, die Ursache für das Ruckeln im Teillastbereich gefunden zu haben. Als der Mechaniker von der zweiten Probefahrt zurückkam und mir von starkem Stottern zwischen 2.200 und 3.000 1/min. - begleitet von Weißrauch- berichtete, war ich ziemlich enttäuscht, hatte ich doch damit nicht gerechnet. Wir machten uns also erneut an die Arbeit. Ein kurzer Test bei stehendem Fahrzeug bestätigte den Weißrauch im Teillastbereich. Ein erneutes Auslesen der Fehlerspeichers brachte keine neuen Erkenntnisse. Daraufhin wurde über die Ablassschraube des Kraftstofffilters Kraftstoff in einen getrennten Behälter abgelassen, um ihn erneut auf das Vorhandensein von Spänen zu untersuchen. Weil wir keine Rückstände fanden, ließ ich kurzerhand die Injektoren noch einmal erneuern – ohne Erfolg. Während der dritten Probefahrt wurden jetzt im obenerwähnten Drehzahlbereich Kraftstoffdruck, Kraftstoffmenge, angesaugte Luftmasse und Ladedruck gemessen. Alle Werte waren normal. Bei stehendem Fahrzeug und bei etwa 2.400 1/min. fiel mir auf, dass sich die Leitradschaufeln des Turboladers dauernd hin und her bewegten. Weil ich in der Vergangenheit, schon mal einen ähnlichen Fall hatte, prüften wir die Spannungsversorgung und die Unterdruckleitungen vom Ladedruckregelventil und wechselten sogar probehalber das Ladedruckregelventil, MAP- und MAF-Sensor sowie das EGR-Magnetventil aus. Es änderte sich nichts. Um der wilden Tauschaktion von Bauteilen ein Ende zu bereiten, ließ ich die Motorkompression prüfen. Dabei stellten wir fest, dass drei Zylinder einen Wert von 26 bar hatten und ein Zylinder nur 24 bar Druck aufbaute. Der Kompressionswert bei diesem Motor liegt in der Regel bei 30 bar. Daraufhin beantragte ich bei Ford einen Austauschmotor. Weil das Fahrzeug erst 8 Monate alt war und eine Laufleistung von 75.000 km hatte, wurde ein Austauschmotor genehmigt. Nach Einbau des neuen Motors und anschließender Probefahrt konnten wir kein Ruckeln mehr im Teillastbereich feststellen, und der Kunde konnte endlich sein Fahrzeug wieder übernehmen. Für den Kunden hatte der Motorschaden dennoch kostenpflichtige Folgen: Weil die Späne im Kraftstoffsystem eindeutig auf den trüben Kraftstoff miserabler Qualität zurückzuführen waren, musste er einen nicht unbeachtlichen Teil der Reparaturkosten selbst tragen. Trotz alledem konnte ich mir nicht erklären, wie der Kompressionsmangel und die Druckdifferenz dieses Ruckeln und Stottern im Teillastbereich verursacht haben sollte. Mir war durchaus bewusst, dass die Motorregelung für den Weißrauch verantwortlich war, konnte mir aber keinen Reim darauf machen, weshalb im Drehzahlbereich zwischen 2.200 und 3.000 1/min. höchstwahrscheinlich der Förderbeginn in Richtung spät verstellt wurde. Deshalb entschloss ich mich den Motor zu öffnen. Als erstes wurde der Zylinderkopf abgebaut, um den Kolbenüberstand zu messen. Da die Zylinderkopfdichtung vier Kerben besaß, konnte man davon ausgehen, dass laut Werkstatthandbuch der Kolbenüberstand im Werk zwischen 0,651 und 0,700 mm betragen hatte. Bei der Messung stellten wir allerdings bei allen Kolben ein Untermaß fest! Der Kolben von Zylinder 1 lag 0,05 mm unterhalb der Oberkante des Zylinderblocks, die für Zylinder 2 und 3 hatten 0,50 mm und der für Zylinder 4 hatte 0,25 mm Untermaß. Das waren ungewöhnliche Unterschiede von insgesamt 1,2 mm! Um der Sache auf den Grund zu gehen, bauten wir anschließend die Kolben aus. Dabei konnten wir bei allen Pleuellagern feststellen, dass die oberen Lagerschalen starke Abnutzungserscheinungen hatten. Beim vierten Zylinder war die Abnutzung so stark, dass die Kupferschicht stellenweise freigelegt war. Messen des Kolbenüberstandes an Zylinder 4 Pleuellager mit Verschleiß bis auf die Kupferschicht Ein weiteres Zerlegen von Kolben und Pleuel zeigte uns den Grund für das gemessene Untermaß und den festgestellten Kompressionsmangel. Waren doch die Pleuel allesamt verbogen. Dabei konnten wir große Unterschiede zwischen den Pleueln von Zylinder 2 und 3 gegenüber den Pleuel von Zylinder 1 ausmachen. Pleuel von Zylinder 1 bei dem ein Untermaß von 0,05 mm gemessen wurde Pleuel von Zylinder 2 bei dem ein Untermaß von 0,50 mm gemessen wurde Jetzt endlich konnten ich mir einen Reim auf die Geschehnisse machen. Meines Erachtens nach war Folgendes passiert: Durch den schlechten Kraftstoff musste die Hochdruckpumpe mindestens eine Tankfüllung lang unter Mangelschmierung arbeiten. Dadurch wurde Material abgetragen und es kam zur Spanbildung, sodass die Injektoren den Kraftstoff nicht mehr fein zerstäuben konnten. Das wiederum führte zu erhöhten Verbrennungsdrücken und damit zur starken Druckbelastung der Pleuelstangen und Pleuellager die dem nicht gewachsen waren. Durch die beschädigten Pleuellager wird es im besagten Drehzahlbereich zu stärkeren Motorgeräuschen gekommen sein, die vom Klopfsensor erfasst wurden. Pflichtgemäß griff daraufhin die Motorregelung in die Steuerung ein, was Motoraussetzer und Ruckeln sowie den Weißrauch verursachte.