Nietanlage fixiert Airbag-Scharnierbleche an
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Nietanlage fixiert Airbag-Scharnierbleche an
© 2006 Carl Hanser Verlag, München www.blechinform.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. BLECHPRAXIS Zuverlässig: Nietanlage zum Fügen von Scharnierblechen und Instrumententafel beim Automobil-Zulieferer Delphi Nietanlage fixiert Airbag-Scharnierbleche an Instrumententafeln aus Kunststoff DER AUTOMOBILZULIEFERER Delphi (www.delphi.com) wendet in seinem Werk in Gadsden im US-Bundesstaat Alabama die Niettechnik zum Fixieren von Scharnierblechen in Instrumententafeln an, und zwar für zwei unterschiedliche Fahrzeugmodelle eines süddeutschen Premiumherstellers. Für das Fixieren der Scharnierbleche werden 5-mm-Halbhohlniete (DIN 6791) verbaut. Bei einem Unfall, der den Beifahrerairbag auslöst, sprengt das Scharnierblech auf, durchbricht die an dieser Sollbruchstelle dünnere Wandstärke der Instrumententafel und gibt so dem Airbag den Weg frei. Es handelt sich um eine Sicherheitseinrichtung, die im Ernstfall zuverlässig funktionieren muss. Es dürfen sich keine Teile lösen, die umherfliegen und Insassen gefährden könnten. Die vom Sicherheitsaspekt her anspruchsvolle Fügeaufgabe wurde aufgrund einer von Delphi vorgegebenen Taktzeit von 15 s noch einmal erschwert. Im Rahmen einer Neuinvestition sollten zwei flexible Anlagen für diese ArBLECH InForm 5/2006 beitsschritte installiert werden. Die Anlagen sollten ausreichend flexibel sein, um einen Fertigungsprozess für Rechts- und Linkslenkerversionen realisieren zu können. Anspruchsvolle Zeitvorgaben beim Fügen und Umrüsten Die Wahl fiel auf zwei Nietanlagen ›231‹ der Constantin Hang GmbH aus Göppingen (www.hang.de) mit Nietunterstempeln und Nietwerkzeugen, die über sechs Achsen positioniert werden können und mit einer anspruchsvollen Sortier- und Zuführeinheit ergänzt sind. Je Instrumententafel wird ein Scharnierblech mit jeweils neun Nieten an der aus Spritzguss gefertigten Kunststoff-Instrumententafel befestigt. Hierzu fährt das Nietsetzwerkzeug nacheinander die einzelnen Nietpunkte ab. Die Nietanlagen arbeiten automatisch und werden manuell bestückt. Während des Nietvorgangs ist der Arbeitsbereich mithilfe eines Lichtvorhangs gegen Eingriffe gesichert. Die Niete wer- den außerhalb der Anlage befüllt und dann automatisch sortiert, ausgerichtet, vereinzelt und zugeführt. Ein Werker legt die zu verbindenden Scharnierbleche und Instrumententafeln Hersteller Hang ist ein weltweit tätiges Technologieunternehmen und ein Spezialist für technisch anspruchsvolle Verbindungslösungen. Das im Jahr 1869 vom Namensgeber Constantin Hang in Göppingen gegründete Familienunternehmen wird seit 1981 in vierter Generation von Eberhard Hang geführt. Mit einem Zweigwerk in Ungarn und insgesamt 85 Mitarbeitern wurden von Hang zuletzt 8,5 Millionen Euro Umsatz erzielt. Constantin Hang GmbH 73037 Göppingen Tel. 0 71 61/60 05-30 Fax 0 71 61/60 05-78 www.hang.de 123 © 2006 Carl Hanser Verlag, München www.blechinform.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. BLECHPRAXIS Fügetechnik Gute Lösung: Die Umformwerkzeuge für den Schließkopf der Niete befinden sich im Werkstückträger ein, bevor er den Nietvorgang mit einer Zweihandsteuerung auslöst. »Wir haben den Auftrag erhalten, weil wir das flexibelste Anlagenkonzept anbieten konnten«, schildert Geschäftsführer Eberhard Hang den Beginn der Zusammenarbeit mit einem der größten Automobilzulieferer der Welt. »Und natürlich konnten wir aufgrund unserer Erfahrung zeigen, dass das Konzept auch funktioniert«, ergänzt Hang, dessen ähnliche Anlagen bereits für zwei andere bedeutende deutsche Automobilhersteller Scharnierbleche für Beifahrerairbags montieren. »Gerade beim Verbinden zweier unterschiedlicher Werkstoffe wie Blech und Kunststoff kann die Niettechnik ihre Vorteile ausspielen.« Anlage sollte sich auch für weitere Fahrzeuge eignen Außer allgemeinen stellte der Auftraggeber noch eine ganze Reihe spezieller Anforderungen, die zu erfüllen waren. So sollte die Anlage möglichst viele verschiedene Nietbilder ausführen können (dazu wurde sie später in sechs Achsen frei programmierbar gestaltet, für den Antrieb verwendete man Servomotoren und der Niettisch wurde in der X-Y-Achse verfahrbar ausgeführt). Die Werkstückaufnahmen sollten für die Rechtslenker- und die Linkslenkerausführung schnell umzurüsten sein. Außerdem war vorzusehen, dass nicht nur Scharnierbleche für die aktuellen zwei Modelle zu montieren sind, sondern auch die für nachfolgende Fahrzeugtypen. Stillstandszeiten wegen fehlender Niete 124 sollten vermieden werden. Alle diese Anforderungen konnte Hang erfüllen. Die Anlagen arbeiten seit dem Serienanlauf 2005 nach nur sechsmonatiger Entwicklungs- und Bauzeit reibungslos. Vorher wurden bei Delphi in Wuppertal Versuchsreihen erfolgreich absolviert, es wurde die im Automotivebereich übliche Vorserie vor der Abnahme beim Hersteller gefertigt und die Inbetriebnahme beim Kunden in den USA durchgeführt. Die geforderte Taktzeit lässt sich genauso eingehalten wie die kurze Umrüstzeit. In der Nietzuführung werden die wahllos in den Speicher eingefüllten Niete sortiert, gerichtet und mithilfe von Schwerkraft und Luft zeitsparend vereinzelt. Nun übernimmt die Nietzange die Niete und fixiert sie, bevor sie mit einer Kraft von maximal 14 kN eingepresst werden. Die Anlage fährt nacheinander die frei programmierbaren Nietpunkte an und die nächsten Niete können gesetzt werden. Innerhalb der geforderten 15 s hat die Maschine alle neun Niete gesetzt und der Werker kann das Teil entnehmen. Der Nietnachschub wird über einen Steigbandförderer gesichert, der außerhalb des Arbeitsbereichs der Anlage befüllt wird. Anwender Delphi ist einer der weltweit größten Automobilzulieferer. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Troy, Michigan/USA, und weiteren Zentralen in Paris, Tokio und Sao Paulo stellt mit weltweit 177 000 Mitarbeitern in 34 Ländern eine große Palette an Automobilteilen her. Von Stoßdämpfern über Bremsen, Klimaanlagen, Elektronikkomponenten und Dieseleinspritzpumpen bis hin zu kompletten Systemen wie Instrumententafeln reicht das Portfolio. Das Unternehmen wurde 1999 als Spin off aus dem General-Motors-Konzern herausgelöst und ist seitdem eigenständig. Delphi Deutschland GmbH Product and Service Solutions 42119 Wuppertal Tel. 02 02/2 91-0 Fax 02 02/2 91 27 18 www.delphi.com Damit die Niete zuverlässig gesetzt werden können, posititoniert man die Bauteile zunächst. Die Werkstückaufnahme fungiert mit zunächst zwei Zentrierstiften als Positionierhilfe. Über eine komplexe Federtechnik in der Aufnahme werden Scharnierblech und Instrumententafel gegeneinander gepresst. Die Instrumententafel wird dadurch vorzentriert. Außerdem sorgt die Federnmechanik dafür, dass der Niet plan anliegt. Mit einem Fußschalter aktiviert, schnellen dann sieben weitere Positionierstifte hervor. Die Positionierstifte stellen sicher, dass alle Niete exakt durch die Werkstücke geführt werden und nach dem Verpressen ein korrektes Nietergebnis vorliegt. Eingebaute Sensoren prüfen die korrekte Lage aller Elemente. Erst dann fährt der Tisch mit dem Werkstück zum Nietkopf. Die Nietwerkzeuge zum Bördeln des Schließkopfes sind in der Werkstückaufnahme integriert und bewirken an der Unterseite der Niete die Umformung. Damit die Werkstückaufnahmen schnell gewechselt werden können, hat Hang die elektrischen und pneumatischen Versorgungsleitungen mit Schnellkupplungen versehen. Um alle Nietpositionen der Instrumententafel schnell und hoch genau abfahren zu können, sind schnell beschleunigende und schnell abbremsende Servomotoren eingebaut. Damit werden Nietsetzwerkzeug und Werkstückträger über sechs steuerbare Achsen bewegt. Der Werkstückträger ist in der X-YAchse horizontal verfahrbar. Die unterschiedliche Höhe der Bauteile wird über die Z-Achse angefahren und die beiden Schwenkachsen passen sich genau im rechten Winkel an die Bauteiloberfläche an. Die sechste Achse definiert die Vorschubbewegung des Nieteinpresswerkzeugs. »Wir haben die richtigen Vernietungen aufgrund unserer Erfahrung problemlos fertigen können«, versichert Eberhard Hang. »Sowohl die Vorabnahme bei uns im Haus als auch die Abnahme bei Delphi samt Inbetriebnahme verliefen sehr positiv«, fasst er als Fazit zusammen. Und weil die Anlage schon seit 2005 störungsfrei arbeitet, rechnet Hang damit, »dass das nicht das einzige Projekt sein wird, das wir für Delphi ausführen.« ■ © Carl Hanser Verlag, München BLECH InForm 5/2006