Für jeden Einzelfall das passende Verfahren
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Für jeden Einzelfall das passende Verfahren
KUNSTSTOFF XTRA COMPOSITES SPEZIAL Effiziente Fertigung von Faserverbundbauteilen Für jeden Einzelfall das passende Verfahren Zur Herstellung von Faserverbundbauteilen stehen zahlreiche Verfahrensvarianten zur Auswahl. Dieser Beitrag gibt einen Überblick, mit welchen Fertigungsverfahren sich die unterschiedlichen Anforderungsprofile der Bauteile effizient erfüllen lassen. Erich Fries1, Josef Renkl2 , Sebastian Schmidhuber3, Markus Betsche4 Faserverstärkte Kunststoffbauteile zeichnen sich durch ein sehr geringes Gewicht bei hoher Festigkeit aus. Welches Fertigungsverfahren für ein bestimmtes Bauteil geeignet ist, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Dazu gehören die Bauteilgeometrie, der Matrixwerkstoff sowie die benötigte Stückzahl. Weitere entscheidende Kriterien sind das Anforderungsprofil und die Herstellungskosten des Bauteils. In Abhängigkeit von diesen Kriterien kommen verschiedene Lösungsansätze und Herstellverfahren in Betracht. HD-RTM mit schnell reagierenden Harzsystemen Das HD-RTM-Verfahren (Hochdruck Resin Transfer Molding) eignet sich für die Grossserien-Herstellung von leichten und hochfesten Strukturbauteilen aus Epoxidharzen. Als Matrixwerkstoffe können aber auch PUR oder andere Reaktionsharze zum Einsatz kommen. Beim HD-RTM erfolgt der Harzeintrag in das geschlossene Werkzeug mit einem selbstreinigenden Hochdruckmischkopf, dessen Bauweise aus der PUR-Verarbeitung abgeleitet ist. Die Komponenten Harz und Härter werden über separate Düsen in die Mischkammer eingetragen und dort schnell und intensiv vermischt. Diese Der RTM-Hochdruckmischkopf mit Dosiermodul für internes Trennmittel sichert gleichbleibende Durchflussmengen und Materialrezepturen. Verfahrenstechnik erlaubt es, schnell reagierende Harzsysteme mit kurzen Reaktionszeiten zu verarbeiten. Durch die Hochdruckinjektion benetzt das Matrixharz die Fasern schneller, intensiver und vollständi- ger als bei der bisher verwendeten Niederdrucktechnik. Der Mischkopf reinigt sich nach jedem Schuss automatisch selbst, so dass keine zusätzlichen Reinigungsschritte erforderlich sind. Das Werkzeug kann evakuiert und mit Innendrücken von bis zu ca. 100 bar betrieben werden. Dadurch werden auch komplexe, dreidimensionale Kavitäten schneller gefüllt und die darin befindlichen Fasergelege durchtränkt. Gleichzeitig wird vermieden, dass sich Lufteinschlüsse bilden. Um die Entformung der fertigen Bauteile zu ermöglichen, wird ein internes Trennmittel automatisch und wiederholgenau direkt am Mischkopf zudosiert. KraussMaffei bietet seit kurzem mit Compression-RTM (C-RTM) und Wetmolding zwei neuartige HD-RTM-Varianten an. Beim C-RTM wird das Werkzeug zunächst nicht vollständig, sondern nur auf ein defi niertes Spaltmass geschlossen. Anschliessend wird das Harzgemisch ohne oder mit geringem Forminnendruck in das Werkzeug eingetragen. Teilweise wird das Fasergelege Erich Fries ist Produktmanager Composites bei der KraussMaffei Technologies GmbH in München. 2 Josef Renkl ist Leiter Forschung und Entwicklung Reaktionstechnik bei KraussMaffei. 3 Sebastian Schmidhuber ist Gruppenleiter Entwicklung im Bereich Reaktionstechnik bei KraussMaffei. 4 Markus Betsche ist Pressesprecher der Marke KraussMaffei. 9 /2012 Bilder: KraussMaf fei 1 Schematischer Prozessablauf des HD-RTM Verfahrens. 33 COMPOSITES SPEZIAL FiberForm Technologieträger aus Organoblech, hinterspritzt mit faserverstärktem Polyamid. dabei schon vom Harz durchtränkt, der grössere Teil der Harzmenge befindet sich jedoch gewissermassen «schwimmend» oben auf dem Fasergelege. Nun erfolgt ein Kompressionshub, der dazu führt, dass das Werkzeug vollständig bis auf Nullauflage geschlossen wird und die Kavität der Form des endgültigen Bauteils entspricht. Der Kompressionshub bewirkt, dass das Harz in Z-Richtung durch das Fasergelege hindurch gedrückt wird und die Fasern dabei vollständig benetzt. Mit dem Wetmolding-Verfahren bietet KraussMaffei eine weitere Alternative für die automatisierte Serienproduktion faserverstärkter Leichtbauteile. Hier wird ein Faserstapel ohne Vorformung in flachem Zustand fi xiert. Der Mischkopf befindet sich beim Wetmolding – im Gegensatz zu den anderen RTM-Verfahrensvarianten – nicht direkt am Werkzeug, sondern ist an einer Verfahreinheit befestigt. Am Mischkopf ist eine Austragsvorrichtung angebracht, mit der eine dünne Harzschicht laminar auf den Faserstapel aufgetragen wird, während sich der Mischkopf bahnförmig über den Faserstapel bewegt. Sobald die Fasern mit Harz bedeckt sind, wird der Faserstapel mit der Harzschicht in ein Werkzeug transportiert und dort verpresst. Das Preforming der Fasern findet beim Wetmolding also erst durch die Schliessbewegung des Werkzeugs statt. Ein wichtiger Vorteil des Wetmoldings besteht darin, dass auch Recyclingfasern zur Bauteilverstärkung verwendet werden können. te verarbeitet werden, die Kurz- oder Langglasfasern enthalten. Als Alternative steht die Direktcompoundierung mit dem lnjection Molding Compounder (IMC) zur Verfügung. Das Verfahren kombiniert die kontinuierliche Extrusion eines Compounds mit dem diskontinuierlichen Spritzgiessen. Dazu wird das Matrixpolymer zunächst in einem gleichlaufenden Doppelschneckenextruder aufgeschmolzen und gegebenenfalls mit Additiven vermischt. Die Fasern werden im Extruder mit der aufgeschmolzenen Thermoplastmatrix imprägniert, dabei gekürzt und anschliessend in einen Spritzkolben überführt. Zu den Vorteilen des IMC-Verfahrens zählt neben der geringeren Faserschädigung insbesondere die schonende Verarbeitung der Schmelze in einer Wärme. Dadurch lassen sich die Energie- und Materialkosten deutlich reduzieren. Das Festigkeitsniveau faserverstärkter Spritzgiessteile lässt sich mit dem FiberForm-Verfahren noch weiter steigern. Dabei wird das Thermoformen von Geweben aus Endlosfasern in einer thermoplastischen Matrix (Organobleche) mit dem Spritzgiessen kombiniert wird. Die Organobleche werden separat aufgeheizt, im Spritzgiesswerkzeug zunächst umgeformt und anschliessend hinterspritzt. Dieses Verfahren eignet sich ideal zur Grossserienherstellung leichter Strukturbauteile. KUNSTSTOFF XTRA Statt aus Thermoplasten können faserverstärkte Spritzgiessteile auch aus Reaktionsharzen hergestellt werden. So eignen sich Sheet Molding Compounds (SMC) sowie Bulk Molding Compounds (BMC) zur Produktion sehr steifer, dimensionsgenauer Bauteile für Einsatztemperaturen bis etwa 180 °C. Die Ausgangsstoffe sind glasfaserverstärkte Polyester- oder Vinylesterharze, die mit speziell ausgestatteten Spritzgiessmaschinen verarbeitet werden. Nach dem Einspritzen reagiert das Material unter Temperatureinfluss im heissen Werkzeug zum fertigen Bauteil aus. Verarbeitung von PUR-Systemen Für die Produktion faserverstärkter PURBauteile stehen mehrere Verfahrensvarianten zur Verfügung. Beim Reinforced Reaction lnjection Moulding (R-RIM) werden die Kurzfasern oder andere Füllstoffe direkt in eine der PUR-Komponenten – in der Regel dem Polyol – zugemischt. Das gefüllte Polyol und das lsocyanat werden im Mischkopf unter hohem Druck nach dem Gegenstromprinzip miteinander vermischt. Danach wird das Reaktivgemisch in das geschlossene Werkzeug ausgetragen, wo es exotherm in kurzer Zeit ausreagiert. Aufgrund der exzellenten Materialeigenschaften und wegen Spritzgiessen von Thermoplasten und Reaktionsharzen Um thermoplastische Spritzgiessbauteile mit Fasern zu verstärken, können Granula34 Die kompakte FiberForm Fertigungszelle zum Um- und Hinterspritzen von Organoblechen kommt mit einem Linearroboter aus und liefert einbaufertige Strukturbauteile. 9 /2012 KUNSTSTOFF XTRA Beim LFI werden die Glasfaserrovings direkt am Mischkopf geschnitten und mit dem PURGemisch in das offene Werkzeug eingebracht. der wirtschaftlichen Verarbeitungstechnik bewährt sich das R-RIM Verfahren bereits in der Grossserienfertigung. Mit hochreaktiven PUR-Systemen lassen sich dabei Zykluszeiten von weniger als 90 s erreichen. Das Fiber Composite Spraying (FCS) ist ein flexibles Verfahren, um mit geringen Investitionskosten biegesteife PUR-Bauteile in Kleinserie zu produzieren. Im einfachsten Fall genügen ein 2K-Sprühmischkopf mit entsprechender Misch- und Dosiermaschine sowie eine einfache Negativform, die auch auf einem Dreh- oder Kipptisch montiert sein kann. Mit dem Mischkopf werden verschiedene Schichten in das offene Werkzeug gesprüht. Das Aushärten erfolgt an der Luft, gegebenenfalls unterstützt von einer Heizung in der Form. Die einzelnen Lagen können aus kompaktem oder geschäumtem Material bestehen und in nahezu beliebiger Schichtdicke aufgesprüht werden. Die Faserzudosierung erfolgt immer koaxial zum PUR-Sprühstrahl, so dass die Fasern optimal benetzt werden. Hochwertige Oberfläche erhalten die Bauteile durch tiefgezogene Folien, die in das Werkzeug eingelegt werden, oder durch das InMold-Painting. Beim LFI-Verfahren (Long Fiber lnjection) werden Glasfaserrovings (Endlosfasern) direkt am Mischkopf von einem Schneidwerk geschnitten und mit Druckluft in einzelne Filamente aufgelöst. Unmittelbar hinter dem Schneidwerk werden die Fasern im Mischkopf mit dem PUR zusammenge9 /2012 führt und benetzt. Das PUR-Glasfasergemisch wird anschliessend mit Hilfe eines Roboters in das offene Werkzeug eingebracht. Das Aushärten erfolgt hingegen im geschlossenen Werkzeug. Während das Material ausgetragen wird, kann die Faserlänge und der Fasergehalt kontinuierlich variiert werden. Das Verfahren gestattet es somit, die Eigenschaften innerhalb eines Bauteils gezielt anzupassen. In Kombination mit den geometrischen Freiheiten und der Vielfalt der PUR-Systeme eröffnet sich so ein sehr breites Anwendungsspektrum. Das Structural Component Spraying (SCS) ist die Weiterentwicklung der LFI-Wabentechnik. Hier wird ein Sandwich aus Fasermatten und dazwischen liegenden Wabenkernen beidseitig mit unverstärktem PUR besprüht, in ein Werkzeug eingelegt und verpresst. Die Fasermatten werden beim Pressen mit PUR imprägniert und verkleben beim Aushärten mit dem Kernmaterial. Mit aufeinander abgestimmten Trag- und Kernschichten sowie mit einer entsprechenden Geometrie lassen sich auf diese Weise extrem leichte Bauteile mit hoher Steifigkeit und Biegefestigkeit herstellen. Um attraktive Oberflächen zu erhalten, können vor dem Pressen Dekore in die beiden Werkzeughälften eingelegt werden. Fazit Welches Verfahren für welche Anwendung geeignet ist, hängt vom Einzelfall ab. Geometrie, Losgrösse, Herstellungskosten sowie die mechanischen Anforderungen geben dabei den Hauptausschlag. Auch die Eignung eines Verfahrens für einen automatisierten Fertigungsprozess spielt eine wichtige Rolle. Durch Verfahrenskombinationen können zusätzliche Funktionselemente prozesstechnisch integriert werden, um den Montageaufwand zu reduzieren. Kontakt KraussMaffei (Schweiz) AG Grundstrasse 3 CH-6343 Rotkreuz Telefon +41 (0)41 799 71 80 info-ch@kraussmaffei.com www.kraussmaffei.com Innovative Ideen vieler Köpfe – aus einer Hand. 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