Coaching als Perspektive – vom Umgang mit Modellen im Coaching

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Coaching als Perspektive – vom Umgang mit Modellen im Coaching
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Coaching als Perspektive
– vom Umgang mit Modellen im Coaching
Die im Coaching verwendeten Modelle und das Verständnis, was Coaching ist oder sein kann, stehen in
engem Zusammenhang. Modelle organisieren Wahrnehmungen und Handlungen. Und sie haben Konsequenzen. Daher kann eine Metaperspektive auf die im
Coaching verwendeten Modelle die Selbstreflexion als
Coach unterstützen.
■ Der pragmatische Ansatz: Wie kann man nach Persönlichkeit so fragen, dass man etwas bewirken kann?
Hier liegt näher mitzubedenken: Wer fragt? Was will der
Frager mit den Antworten anfangen? Der Beobachter
und sein Interesse kommen also ins Blickfeld, zum Beispiel sein Berufsverständnis, die Verantwortlichkeiten,
denen er sich gegenüber sieht, die Dienstleistungen,
die er konfigurieren möchte.
Vom Kontext der Kontexte
Im Coaching werden Methoden und Modelle im pragmatischen Sinne benutzt. Sie bewähren sich also nicht an der
Wahrheit, die man glaubt, gefunden zu haben, sondern
an der Wirklichkeit, die sie erzeugen, am Nutzen, den sie
stiften.
Modelle und Methoden organisieren Wahrnehmungen und
Handlungen. Somit transportieren sie Wirklichkeitsvorstellungen. Sie haben Implikationen und Konsequenzen, schaffen demnach auch Wirklichkeiten. Modelle sind schematisierende Beschreibungen von Wirklichkeitsvorstellungen. Zwei Ansatzpunkte lassen sich unterscheiden:
■ Der erklärende Ansatz: Wie ist der Mensch? Hier gibt
es Antworten, wie wir sie zum Beispiel von den verschiedenen Psychotherapieschulen kennen. Diese Modelle kleiden sich oft als Aussagen über das Wesen des
Menschen.
Stärker als bei einem Welterklärungsmodell liegt es bei einem Werkzeug nahe, beispielsweise folgende Fragen zu
stellen:
■ Was leistet das Werkzeug?
■ Ist es flexibel und doch spezifisch verwendbar?
■ Wie gut ist es mit anderen Werkzeugen und Entwicklungen kombinierbar?
■ Welche weiteren Ressourcen verbraucht sein Einsatz?
■ Braucht man dauerhaft Spezialisten oder ist es
integrierbar?
Ohne solche Fragen, die nur von einem Metastandpunkt
aus und mit Kontextbewusstsein qualifiziert beantwortet
werden können, werden auch gute Konzepte leicht zu
Scheuklappen. Als Scheuklappen genutzte Konzepte
schaffen durchaus Übersichtlichkeit, tun dies aber, indem sie irritierende Wirklichkeit ausblenden, meist ohne
das deutlich zu machen. Natürlich brauchen wir Übersichtlichkeit und Handlungsfähigkeit, aber nicht um den Preis
solcher Behinderungen. Kein Modell und erst recht keine
Methode sollte heute zum unverzichtbaren Bestandteil
einer beruflichen Identität werden. Den Kaminfeger erkennt
man heute auch nicht mehr unbedingt am Ruß im Gesicht.
Dr. Bernd Schmid, Leiter des
Instituts für systemische
Beratung, Wiesloch
schmid@systemischeprofessionalitaet.de
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Professionelle im Bereich Humanressourcen sollten sich
eher über Professionskultur, Haltungen oder Perspektiven
definieren. Wer sich über bestimmte Modelle, Methoden
oder gar Settings wie etwa Aufstellungen definiert, schränkt
sich unnötig ein oder muss gar die Kunden mit Arbeitsformen beglücken, die oft nur wenig zu passen scheinen.
Wirtschaftspsychologie aktuell 2/2004