Im Namen der Blume
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Im Namen der Blume
MAKRO-FOTOGRAFIE Fotos: Richard Fischer Text: Daniel Albrecht Portfolio: Richard Fischer Im Namen der Blume Mit seinen Blumenaufnahmen zelebriert Fotograf Richard Fischer die Vielfalt der Natur. Viele der Pflanzen sind vom Aussterben bedroht. Die Fotos sollen helfen, sie zu bewahren. Z wei alte Kastanienbäume, dazwischen eine Durchfahrt in einen gepflasterten Innenhof. Ganz hinten rechts befindet sich eine efeuumrankte Tür, daneben kaum zu sehen eine Klingel. Wer hier drückt erbittet Einlass in einen alten Bischofsitz. Eine Wendeltreppe nach oben, eine Stahltür, dann steht der Besucher in einem großzügigen Fotostudio. An der Wand lehnen großformatige Bilder von farbigen Blumenmotiven. Einige der Bilder sind gerade von einer Ausstellung in China zurückgekommen. Jazz-Klänge erfüllen den Raum. Hinten, in einer Ecke, hinter Blitzköpfen und Großformatkamera, steht Richard Fischer und winkt. „Ich habe heute Vormittag neue Blumen bekommen“, sagt er und lächelt. Die Pflanzen, darunter mehrere vom Aussterben bedrohte Orchideen-Arten, stehen in grünen Plastikschalen auf dem Boden. Einen einzelnen Blütenstiel hat Fischer abgetrennt und vor der Kamera mit einer Klemme befestigt. Die Blüte dreht sich leicht zur Seite, als wolle sie sich vor den Blitzköpfen verstecken, die der Fotograf um sie herum in Position gebracht hat. Noch erinnert hier kaum etwas an die für Fischer typischen Pflanzenbilder, die seit Jahren in Ausstellungen im In- und Ausland zu sehen sind: kraftvolle, farbintensive Blüten vor strahlend weißem Hintergrund. „Die Farben und Formen der Blüten sind wie ein Geschenk Gottes an mich“, sagt Fischer, der begeistert von der unglaublichen Vielfalt der Natur spricht. Der Fotograf Richard Fischer, 1951 in Manila geboren, wuchs auf den Philippinen und in Deutschland auf. Nach einer Ausbildung an der Akademie für Photographie in München arbeitete er unter anderem in Berlin, Hamburg und Wien. Sein erstes Studio gründete er 1978 in Hamburg, 1982 bezog er einen ehemaligen Bischofsitz bei Heidelberg und richtete dort ein Studio für Werbefotografie ein. Neben den kommerziellen Arbeiten widmet er sich seit einigen Jahren verstärkt der künstlerischen Blumen-Fotografie. Seine Bilder werden weltweit ausgestellt und gesammelt. Bei Edition Panorama ist sein Buch „Flowers“ erschienen. www.richardfischer.net 068 DigitalPHOTO 04/2009 Bei jeder Aufnahme spürt er der Seele der Pflanze nach. „Manchmal dauert es Stunden oder einen ganzen Tag, bis das Bild perfekt ist“, sagt der Fotograf, dem es mit seiner Arbeit nicht um die Dokumentation der Pflanzen geht. „Ich nehme mir die künstlerische Freiheit, die ich für eine möglichst ästhetische Wirkung meines Bildes benötige.“ Das bedeutet nicht, dass er seine Bilder nachträglich manipuliert, sondern dass er intensiv an der Komposition arbeitet. Nicht immer ordnet er Blatt und Blüte biologisch getreu zu, er erlaubt sich vielmehr ein Arrangement von Pflanzenteilen verschiedener Gattung. Das ist auch der Grund, weshalb seine Bilder keine Titel tragen, obwohl der Künstler häufig gefragt wird, wie der Name der Pflanzen laute, die dort abgebildet sind. Blumen sind die schönen Worte und Hieroglyphen der Natur, mit denen sie uns andeutet, wie lieb sie uns hat. Johann Wolfgang von Goethe Die Botaniker, die Richard Fischer kennen, sind trotzdem voll des Lobes. Der Leiter des Botanischen Gartens in Heidelberg, Professor Markus Koch, ist von den Bildern sogar so begeistert, dass er eine Kooperation mit dem Fotografen eingegangen ist: Aus den riesigen Sammlungen des Gartens stellt er Fischer regelmäßig seltene Pflanzen zur Fotografie zur Verfügung, im Gegenzug macht der Fotograf auf die Anliegen der Pflanzenschützer aufmerksam. So ist unter dem Titel „Endangered Species / Bedrohte Pflanzen“ ein ganzes Fotokunst-Konzept entstanden: Nach einem genau einzuhaltenden Zeitplan werden die empfindlichen Blüten in Fischers Studio transportiert und mit höchst auflösenden Digibacks von PhaseOne abgelichtet. Richard Fischer sitzt inzwischen am Computer und betrachtet die Aufnahme, die er soeben gemacht hat. Wenn er zu 100 Prozent in das Bild hereinzoomt, ist jedes Härchen auf den Stiehlen und jede Blattpore zu erkennen. „Diese Aufnahme ließe sich ohne Probleme auf eine Größe von drei Metern vergrößern“, sagt Fischer. Die Ausbelichtungen der Bilddaten lässt er in einem Frankfurter Fachlabor anfertigen. „Bei der Qualität gehe ich keine Kompromisse ein.“ Auf diesen Anspruch ist das gesamte Equipment im Studio zugeschnitten: PlaubelFachkameras, Schneider-Objektive, PhaseOne-Rückteile mit 39 Millionen Pixeln sowie Licht von Balcar sind für Richard Fischer die Werkzeuge der Wahl. „Im Grunde ist es belanglos, ob ich digital oder analog fotografiere. Wichtig ist allein das Ergebnis“, sagt Fischer. Dass seine Bilder ihre Wirkung nicht verfehlen, zeigte ihm vor Kurzem die Reaktion der Frau, die einmal in der Woche sein Studio reinemacht. Obwohl sie die Arbeit des Künstlers seit Jahren kennt, blieb sie ergriffen vor einer der Vergrößerungen stehen. Dann wendete sie sich dem Fotografen zu und sagte andachtig: „Diese Blüten sind das Parfum der Schöpfung.“ 04/2009 DigitalPHOTO 069 MAKRO-FOTOGRAFIE 070 DigitalPHOTO 04/2009 04/2009 DigitalPHOTO 071 MAKRO-FOTOGRAFIE 072 DigitalPHOTO 04/2009 04/2009 DigitalPHOTO 073 MAKRO-FOTOGRAFIE 074 DigitalPHOTO 04/2009 04/2009 DigitalPHOTO 075