Skript zur Vorlesung
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Hochschule Trier Fachgebiet Vermessungstechnik Fachrichtung Bauingenieurwesen Prof. B. Lehmann Skript zur Vorlesung © Prof. B. Lehmann - 2014 Professor B. Lehmann -1- Vermessungskunde 1 Gliederung Seite Einführung ..............................................................................................................................................................3 Erdfigur...............................................................................................................................................................3 Erddimensionen ..................................................................................................................................................3 Maßsysteme ...........................................................................................................................................................4 Längenmaße:......................................................................................................................................................4 Winkelmaße:.......................................................................................................................................................4 Geodätisches Koordinatensystem............................................................................................................................4 Geodätische Hauptaufgaben ...............................................................................................................................5 1. Hauptaufgabe: ...............................................................................................................................................5 2. Hauptaufgabe: ...............................................................................................................................................5 Hinweise zum Führen eines Vermessungsrisses ......................................................................................................7 Hinweise zum Fertigen eines Lageplanes ................................................................................................................9 Lageberechnung ...................................................................................................................................................10 Kleinpunktberechnung.......................................................................................................................................10 Messungslinienberechnung......................................................................................................................11 Flächenbestimmung aus Feldmaßen .................................................................................................................12 Flächenbestimmung aus Koordinaten ................................................................................................................13 Aus Orthogonalkoordinaten:.............................................................................................................................13 Gauß'sche Trapezformel:.........................................................................................................................13 Gauß'sche Dreiecksformel: ......................................................................................................................13 Aus Polarkoordinaten:......................................................................................................................................13 Das Polarplanimeter..........................................................................................................................................13 Höhenfestpunkte...................................................................................................................................................14 Deutscher Normalhöhenpunkt von 1879 ............................................................................................................14 Deutsches Haupthöhennetz 1992 (DHHN 92) ....................................................................................................14 Höhenpunktfestlegungen...................................................................................................................................15 Instrumentenkunde................................................................................................................................................16 Einfache Höhenmessgeräte ..............................................................................................................................16 Bauarten von Nivellierinstrumenten ...................................................................................................................16 Gerätebauteile ..................................................................................................................................................17 Zubehör............................................................................................................................................................17 Nivellierlatten ....................................................................................................................................................18 Nivellementsarten .............................................................................................................................................18 Das einfache Nivellement ......................................................................................................................................19 Formularnotierung............................................................................................................................................19 Liniennivellement .............................................................................................................................................19 Ablaufschema eines Nivellements ....................................................................................................................20 Hinweise zum Ablauf eines Nivellements ...........................................................................................................20 Nivellierprobe nach NÄBAUER..........................................................................................................................21 Beispiel zur Fehlerrechnung und Abgleichung eines Doppelnivellements ............................................................21 Längs- und Querprofile ....................................................................................................................................22 Längsprofil...............................................................................................................................................22 Querprofile ..............................................................................................................................................25 Flächennivellement ...............................................................................................................................................25 Höhenrost.........................................................................................................................................................25 Höhenlinieninterpolation ....................................................................................................................................26 Erdmassenberechnung .........................................................................................................................................26 Erdmassenberechnung aus Querprofilen ...........................................................................................................26 Erdmassenberechnung aus Prismen .................................................................................................................28 Erdmassenberechnung aus Höhenlinien ............................................................................................................29 Grundlagen der Lagemessung...............................................................................................................................30 Geographisch Nord, Magnetisch Nord, Gitternord ..............................................................................................30 Kartennetzentwürfe ...........................................................................................................................................31 Mehrere geodätische Bezugssysteme................................................................................................................32 Gauß-Krüger-Koordinatensystem ......................................................................................................................32 UTM-System.....................................................................................................................................................33 Umstellung des geodätischen Bezugssystems ...................................................................................................34 Grundlagennetze ..............................................................................................................................................35 Horizontal-, Vertikal- und Positionswinkel...........................................................................................................36 Bauteile und Zubehör eines Theodolits ..............................................................................................................37 Einteilung der Theodolite...................................................................................................................................38 Ausschnitte von Teilkreisen ...............................................................................................................................38 Ablesebeispiele analoger Theodolite..................................................................................................................39 Horizontierung des Theodolits, Justierung der Stehachslibelle............................................................................40 Hinweise zum Ablauf einer Horizontalrichtungsmessung ....................................................................................40 Ablaufschema einer Horizontalrichtungsmessung ..............................................................................................41 Hochschule Trier Vermessungskunde 1 -2- Professor B. Lehmann Verfahren der Einzelpunktbestimmung .................................................................................................................. 43 Rückwärtsschnitt............................................................................................................................................... 43 Vorwärtsschnitt ................................................................................................................................................. 44 Vorwärtsschnitt über Dreieckswinkel ................................................................................................................ 44 Vorwärtsschnitt über Richtungswinkel .............................................................................................................. 45 Bogenschnitt..................................................................................................................................................... 46 Vertikalwinkelmessung.......................................................................................................................................... 47 Vertikalkreisablesung........................................................................................................................................ 47 Einfluss der Indexabweichung ........................................................................................................................... 47 Trigonometrische Höhenmessung ......................................................................................................................... 49 Grundlagen ...................................................................................................................................................... 49 Turmhöhenbestimmung mit horizontalem Hilfsdreieck........................................................................................ 49 Turmhöhenbestimmung mit vertikalem Hilfsdreieck............................................................................................ 50 Einfluss der Erdkrümmung ............................................................................................................................................. 50 Einfluss der Refraktion und der Erdkrümmung ................................................................................................... 50 Elimination von Refraktion und Erdkrümmung durch gleichzeitige Zenitwinkelmessung in zwei Standpunkten ..... 51 Koordinatentransformationen ................................................................................................................................ 52 Ähnlichkeitstransformation ................................................................................................................................ 52 Überbestimmte Ähnlichkeitstransformation ........................................................................................................ 54 Affintransformation............................................................................................................................................ 55 BASIC - Programm zur Affintransformation........................................................................................................ 57 Freie Standpunktwahl ........................................................................................................................................... 59 Polygonzüge......................................................................................................................................................... 60 Beiderseits angeschlossener Polygonzug .......................................................................................................... 60 Freier Polygonzug (Einrechnungszug) ............................................................................................................... 61 Ringpolygonzug................................................................................................................................................ 61 Tachymetrische Geländeaufnahme ....................................................................................................................... 64 Auswahl und Aufnahme der Geländepunkte ...................................................................................................... 65 Führung des Vermessungsrisses ...................................................................................................................... 66 Punktnummerierung.......................................................................................................................................... 68 Vermessung mit Hilfe von Satelliten....................................................................................................................... 70 Statistik und Fehlerlehre........................................................................................................................................ 74 Einführung - Terminologie ................................................................................................................................. 74 Häufigkeitsverteilungen..................................................................................................................................... 75 Graphische Darstellungen................................................................................................................................. 77 Klasseneinteilungen.......................................................................................................................................... 79 Verteilungsformen............................................................................................................................................. 80 Statistische Maßzahlen eindimensionaler Häufigkeitsverteilungen ...................................................................... 81 Lageparameter ................................................................................................................................................ 81 Das arithmetische Mittel........................................................................................................................... 81 Das gewogenes arithmetisches Mittel....................................................................................................... 82 Der Median ............................................................................................................................................. 82 Der Modus .............................................................................................................................................. 83 Quartile, Dezile, Zentile, Quantile, Fraktile................................................................................................ 83 Das geometrische Mittel .......................................................................................................................... 83 Das harmonische Mittel ........................................................................................................................... 83 Streuungsparameter ........................................................................................................................................ 84 Spannweite ............................................................................................................................................. 84 Varianz und Standardabweichung............................................................................................................ 84 Variationskoeffizient ................................................................................................................................ 85 Zweidimensionale Merkmalsausprägungen ....................................................................................................... 85 Regressionsanalyse ........................................................................................................................................ 87 Lineare Regression ................................................................................................................................. 87 Korrelationsanalyse ......................................................................................................................................... 88 Normalverteilung............................................................................................................................................... 88 Gauß'sche Glockenkurve......................................................................................................................... 88 Standardisierte Normalverteilung ..................................................................................................................... 89 Verteilungsfunktion der standardisierten Normalverteilung ................................................................................ 92 Fehlerlehre ....................................................................................................................................................... 94 Fehlerarten...................................................................................................................................................... 94 Grobe Fehler ........................................................................................................................................... 94 Systematische Fehler .............................................................................................................................. 94 Zufällige Fehler........................................................................................................................................ 94 Begriffsdefinition.............................................................................................................................................. 95 Auswertung direkter Beobachtungen gleicher Genauigkeit................................................................................ 95 Auswertung direkter Beobachtungen verschiedener Genauigkeit ...................................................................... 96 Das Fehlerfortpflanzungsgesetz ....................................................................................................................... 97 Toleranzen im Bauwesen................................................................................................................................ 100 Hinweise zur Ausarbeitung der Übungen im Fach Vermessungskunde ................................................................. 101 Stichwortverzeichnis und Abkürzungen:............................................................................................................... 103 Literaturangaben:................................................................................................................................................ 104 Stand: Juli 2014 Hochschule Trier Professor B. Lehmann -3- Vermessungskunde 1 Einführung Die Bezeichnung Geodäsie kann aus dem griechischen abgeleitet werden: geos = Erde dasei = teilen F. R. HELMERT bezeichnete die Geodäsie als das Ausmessen und Abbilden der Erdoberfläche. Dies umfasst die Bestimmung von Form, Größe und Schwerefeld der Erde sowie ihre Beschreibung in Plänen, Karten und Verzeichnissen. Heute gehört dazu auch noch die Bestimmung der Oberfläche außerirdischer Körper. Die Geodäsie gliedert sich in folgende Teilgebiete: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Erdmessung oder physikalische Geodäsie Astronomische Geodäsie und Satellitengeodäsie Landesvermessung Topographie und Kartographie Photogrammetrie Bodenordnung und Bauleitplanung Grundstücksvermessung (Katastervermessung) Ingenieurvermessung Gestalt der Erde – Geoid Erdfigur + 18,9 m - 25,8 m Mittleres Erdellipsoid Erdoberfläche, Geoid, Ellipsoid Erddimensionen Erddimension nach Bessel Hayford Krassowskij IUGG IUGG - WGS 84 1841 1924 1940 1967 1984 Große Halbachse a Kleine Halbachse b 6 377 397 m 6 378 388 m 6 378 245 m 6 378 160 m 6 378 137 m 6 356 079 m 6 356 912 m 6 356 863 m 6 356 775 m 6 356 752 m Abplattung ab a 1 : 299,15 1 : 297 1 : 298,3 1 : 298,25 1 : 298,257 223 563 Hochschule Trier Vermessungskunde 1 -4- Professor B. Lehmann Maßsysteme In Deutschland gilt seit 1970 verbindlich das SI - System (Système International d'Unités). http://www.ptb.de/cms/fileadmin/internet/publikationen/DasInternationaleEinheitensystem.pdf Längenmaße: Längeneinheit ist das Meter (m). http://www.ptb.de/cms/themenrundgaenge/hueterindereinheiten.html Durch Vorsatzzeichen lassen sich dezimale Vielfache bzw. Teile bilden: Vorsatz Vorsatzzeichen Deka Hekto Kilo Mega Giga Tera da h k M G T 101 102 103 106 109 1012 Vorsatz 10-1 10-2 10-3 10-6 10-9 10-12 Dezi Zenti Milli Mikro Nano Piko Vorsatzzeichen d c m n p Winkelmaße: In der Geodäsie wird das Gradmaß und das Bogenmaß verwendet. Es muss je nach Aufteilung des Vollkreises unterschieden werden in: Sexagesimalteilung: Der Vollkreis hat 360 ° Zentesimalteilung: Der Vollkreis hat 400 gon Seit 1937 wird im Vermessungswesen in Deutschland einheitlich die Zentesimalteilung benutzt. Vorteil hierbei ist, dass die Nachkommastellen Dezimalwerte sind. Alle Berechnungen werden also grundsätzlich in GON vorgenommen! Diese Einteilung kann bei Berechnungen mit dem Taschenrechner problemlos berücksichtigt werden, indem in die Winkeleinheit GRAD gewechselt wird. Üblich für die Angabe von Teilen eines Gon-Winkels ist die Angabe mgon. Die Bezeichnung Neugrad (g), Neuminute (c) und Neusekunde (cc) sind seit 1978 ungültig und dürfen nicht mehr benutzt werden! Geodätisches Koordinatensystem Das geodätische Koordinatensystem ist ein Linkssystem. Die positive Abszissen - (X) Achse zeigt nach Norden, die Ordinaten - (Y) Achse zeigt nach Osten. Ein Winkel wird von der X - Achse rechtsläufig abgetragen, er heißt Richtungswinkel t. x P t y Hochschule Trier Professor B. Lehmann -5- Vermessungskunde 1 Lage der Quadranten: IV I III II Geodätische Hauptaufgaben 1. Hauptaufgabe: Berechnung von polaren Punkten Gegeben: P1 (y1 ; x1) t1,2 und s Gesucht: P2 (y2 ; x2) x y2 = y1+y x2 y = s sin t1,2 x t1,2 s P2 x = s cos t1,2 x2 = x1+x x1 y1 P1 y 2. Hauptaufgabe: Berechnung von Richtungswinkel und Entfernung Gegeben: P1 (y1 ; x1) P2 (y2 ; x2) Gesucht: t und s x y2 y2 - y1 x2 x2 - x1 x1 y1 t1,2 P 2 t2,1 s P1 y Hochschule Trier Vermessungskunde 1 -6- Professor B. Lehmann Zur Vereinfachung der Berechnungsansätze und zur Vermeidung von Verwechslungen mit dem mathematischen kartesischen Koordinatensystem werden zweckmäßiger Weise als Koordinatenachsen die Bezeichnungen Rechts und Hoch eingeführt. Mit R R 2 R1 und H H2 H1 lässt sich die Strecke entsprechend dem Lehrsatz des Pythagoras bestimmen zu: s R 2 H 2 . Damit und mit den trigonometrischen Funktionen lässt sich im rechtwinkligen Dreieck der Dreieckswinkel jeweils ermitteln: tan R H bzw. sin R s cos H s Mit allen drei Berechnungsansätzen müsste sich für den gesuchten Richtungswinkel t immer das gleiche Ergebnis ergeben! Beispiel: ΔR Q ΔH s arctan . [gon] t t arcsin . arccos . [gon] [gon] [gon] I 3 4 5 40,966 40,966 t=α 40,966 40,966 II 3 -4 5 -40,966 159,033 t = α + 200 40,966 159,033 III -3 -4 5 40,966 240,966 t = α + 200 -40,966 159,033 IV -3 4 5 -40,966 359,033 t = α + 400 -40,966 40,966 Zur eindeutigen Festlegung ist auf jeden Fall die Betrachtung der Lage in den jeweiligen Quadranten erforderlich. Eine einfachere Berechnung erlaubt die Polarfunktion POL bzw. die Polartaste des Taschenrechners: Beim SHARP – Taschenrechner müsste folgende Eingabe vorgenommen werden: Tasten: ΔR ↕ ΔH ↕ Q ΔR ΔH SHIFT → r θ ↕ liefert s liefert θ [gon] t [gon] t [gon] I 3 4 5 40,966 40,966 t=θ II 3 -4 5 159,033 159,033 t=θ III -3 -4 5 -159,033 240,966 t = θ + 400 IV -3 4 5 -40,966 359,033 t = θ + 400 Der angezeigte Winkel θ hat also den Definitionsbereich ( 200 200 ) in gon. Zur eindeutigen Bestimmung des Richtungswinkels ist folgende Vorgehensweise sinnvoll: Es wird über – ΔR und – ΔH zunächst der Gegenrichtungswinkel berechnet und danach grundsätzlich 200 gon hinzuaddiert. Dies führt nun zum Definitionsbereich für t ( 0 t 400 ). Bei der Programmierung im SHARP Taschenrechner kann über die Polarfunktion POL sofort der richtige Richtungswinkel berechnet werden über: A=POL(-ΔH , - ΔR):S=Y:T=Z+200 Hinweis: Bei SHARP liegt in der Variablen Y die Strecke, in der Variablen Z der Winkel. Auch bei MICROSOFT EXCEL kann über: =ARCTAN2(-ΔH ; -ΔR)*200/PI()+200 rekt der richtige Richtungswinkel (in gon) berechnet werden. Hochschule Trier jeweils di- Professor B. Lehmann -7- Vermessungskunde 1 Hinweise zum Führen eines Vermessungsrisses Ein Vermessungsriss sollte folgende Inhalte haben: 1. Jeder angemessene Punkt wird durch einen Punkt markiert. Grenzpunkte erhalten, wenn sie vermarkt sind, eine Signatur, die die Art der Vermarkung (Grenzstein, Rohr, Nagel etc.) kennzeichnet. 2. Vermessungspunkte, deren Koordinaten bekannt sind -sog. NP's- erhalten eine Kreissignatur ( =4mm) und eine unterstrichene Punktnummer. 3. Grenzlinien und Gebäudeseiten werden voll ausgezogen, Messungslinien werden gestrichelt dargestellt. 4. Die Maßzahlen auf den Messungslinien werden vom Anfangs- bis zum Endpunkt durchlaufend quer zur Messungslinie eingetragen. Dabei werden die Maßzahlen bei abgehenden Messungslinien oder Einbindelinien auf der freien Seite eingetragen. 5. Das Maß am Ende einer Messungslinie ist doppelt zu unterstreichen. Bei abgehenden Einbindelinien oder dem Schnittpunkt zweier Messungslinien ist das Maß einfach zu unterstreichen. Eine Verlängerung erhält eine Pfeilspitze. 6. Die durchlaufende Schreibweise der Messungszahlen kennzeichnet die Geradheit der Messungslinie; ansonsten muss ein Geradheitszeichen dargestellt werden ( kein Knickpunkt). 7. Einzelmaße (Streben, Spannmaße, Gebäudemaße) sind mit dem Fuß auf die gemessene Linie zu schreiben. Gerechnete Maße werden in Klammern geschrieben. 8. Ein durch ein Rechtwinkelinstrument bestimmter rechter Winkel wird durch zwei Viertelkreise gekennzeichnet. 9. Bei Straßen und Wegen ist die Begrenzung der Fahrbahn aufzumessen und darzustellen. 10.Bei Gleisen werden nur Punkte der Gleisachse aufgemessen. 11.Topographische Elemente (Bäume, Laternen) werden nur auf dm angemessen. 12.Beschriftungen werden zur Erläuterung vorgenommen, z.B. - Nutzungsart (Hf, G, A, W, etc.) - Gebäudeart (Whs, Ga, Stall, etc.) - Straßenart (L 3112, B 52, Weg, etc.) - Nordpfeil - Datum und Unterschrift des Feldbuchführers z. B. gemessen am 16. Juli 2014, Maier (Bau Ing.) Weitere Einzelheiten können der DIN 18702 entnommen werden. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 -8- Professor B. Lehmann Schreibweise der Maßzahlen in Vermessungsrissen gemäß DIN 18 702 Das Muster zeigt die bei durchlaufender Messung anzuwendende Schreibweise Verlängerung Endmaß (Ende der Messungslinie) Spannmaß Steinbreite Strebe gerechnetes Maß mehrere Punkte auf einer Geraden Gebäudeeinmessung abgehende Linie Einmessung eines topographischen Gegenstandes 11 Schnittpunkt 12 angelegtes Maß Nordpfeil nach DIN Das Feldbuch (Vermessungsriss, Formulare) ist sauber und ordentlich zu führen, sodass ein erneutes Abschreiben nicht erforderlich wird. Hochschule Trier Professor B. Lehmann -9- Vermessungskunde 1 Hinweise zum Fertigen eines Lageplanes Ein Lageplan stellt maßstäblich ein Stück der Erdoberfläche dar. Gebräuchliche Maßstäbe sind 1 : 250, 1 : 500 und 1 : 1000; für die freie Feldlage ggf. auch 1 : 2000. Als Zeichenträger werden üblicherweise transparentes Zeichenpapier oder -folie benutzt; jedoch auch glatter Zeichenkarton, der zur Erhöhung der Maßhaltigkeit auch mit einer Metalleinlage versehen sein kann. Für die Zeichnung auf Karton oder transparentem Papier kann normale Tusche, für die Zeichnung auf Folie muss eine Spezialtusche verwendet werden. Anhand des Zahlenmaterials der örtlichen Aufmessung, die im Vermessungsriss festgehalten wurden, kann der Lageplan kartiert werden. Dazu wird zunächst für den Entwurf ein Bleistift (2H) benutzt. Erst am Ende wird die Kartierung mit Tusche ausgezogen. Weitere Hilfsmittel sind Anlegemaßstab, Kopiernadel, zwei Zeichendreiecke aus transparentem Material, Zirkel und ggf. Kurvenlineale. Die Kartiergenauigkeit liegt bei 0,1 mm; entsprechend ist bei einem Kartenmaßstab von 1 : 500 eine Genauigkeit von 5 cm (im Gelände) möglich. Lagepläne sind grundsätzlich nach Norden orientiert (Nordpfeil!!). Ein Nordpfeil ist nicht erforderlich, wenn eine Rahmenkarte im Gauß-Krüger-Koordinatensystem oder UTM-Koordinatensystem mit dem entsprechenden Quadratnetz und Koordinatenangaben gefertigt wird. Bei der Kartierung von Verkehrswegen wird von dieser Regel abgewichen; diese Pläne werden entsprechend des Verlaufs unabhängig von der Nordrichtung unter Angabe eines Nordpfeils von links nach rechts orientiert. In folgender Reihenfolge ist bei der Kartierung vorzugehen: 1. Konstruktion des Quadratnetzes und Kartierung der koordinatenmäßig bekannten Punkte. 2. Kartierung der Messungslinien unter Berücksichtigung eventueller Abweichungen, die proportional verteilt werden. 3. Danach Kartierung der Objekte durch rechtwinkliges Abtragen von den Messungslinien oder Konstruktion mittels der Einbindelinien. 4. Auszeichnung mit Tusche. Zunächst der Kartenrahmen mit Angabe der Koordinatenwerte und des Maßstabs. Eigentums- und Flurstücksgrenzen werden mit einer Strichbreite von 0,35 mm; Gebäudeumrisslinien, Nutzungsartengrenzen, Begrenzungen von Fahrbahnen mit 0,25 mm ausgezogen. Nachgeordnete Vermessungspunkte (NP's - Polygonpunkte) erhalten einen Kreis von 2,5 mm Durchmesser mit Punktnummer (unterstrichen); abgemarkte Grenzpunkte einen Kreis mit 1,5 mm Durchmesser. Messungslinien werden nicht dargestellt. 5. Beschriftungen sind so anzuordnen, dass sie vom unteren Blattrand lesbar sind. Beschriftungen von Verkehrswegen folgen der Richtung der Anlage; Hausnummern sind mit dem Fuß der Zahl zur Straße gerichtet einzutragen. 6. Gebäudeflächen sind zu schraffieren. Wohngebäude und öffentliche Gebäude werden unter 50 gon zu den Begrenzungslinien, Wirtschaftsgebäude werden parallel zur kürzesten Seite schraffiert. Die Nutzungsart wird nur in öffentliche Gebäude -z.B. Kirche, Rathaus, Post etc.- eingetragen, ansonsten wird sie nicht eingetragen. Weitere Einzelheiten können der DIN 18702 entnommen werden. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 10 - Professor B. Lehmann Lageberechnung Kleinpunktberechnung Gegeben: PA (yA ; xA) PE (yE ; xE) Gesucht: Pi (yi ; xi) x y E o x yi si xi y s AE gem. Pi sAE a x s AE gem. = Ordinatenkonstante = Abszissenkonstante y A yi = yA + o si Für Punkte Pi auf der Messungslinie gilt: xi = xA + a si yi = yA + o si + a hi Für Punkte Pi seitlich der Messungslinie gilt: xi = xA + a si - o hi wobei für hi links der Messungslinie AE ein negativer Wert verwendet werden muss! Beispiel: Gegeben folgende Koordinaten und die Messungsanordnung: Punkt Rechts (Y) Hoch (X) 021 = A 35 23 652,14 52 15 739,96 023 = E 35 23 628,36 52 15 821,39 023 Riss: 022/1 Hochschule Trier 021 022 023/4 Professor B. Lehmann - 11 - Vermessungskunde 1 Messungslinienberechnung Ort: _ Trier Datum: Projekt: ___B 51__________ 2.2.2014 Berechnung : __Müller________ sger. d sgem. dzul. si hi Punkt Nr. 021 022 15,62 022/1F 43,26 022/1 023/4F Seite : ______1________ o a o . si a . si yi xi a . hi - o . hi Punkt yi xi Nr. 35 23 652,14 52 15 739,96 A 35 23 628,36 52 15 821,39 E Bemerkungen -5,39 73,14 023/4 8,48 84,87 023 ! Formelansa tz : s ger. = (y E - y A ) 2 + (xE - x A ) 2 m a2 o2 s ger. s gem. o= yE - y A sgem. a= xE - x A sgem. d s ger. sgem. Form MessL 01 - 2014 by FH Trier - FB BLV Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 12 - Professor B. Lehmann Flächenbestimmung aus Feldmaßen Beispiel: Gegeben ist die folgende Messungsanordnung. Bestimmen Sie die Fläche des Sechseckes durch Zerlegung in Teilflächen (Dreieck, Trapez und verschränktes Trapez). E 49,32 10,66 42,34 11,29 33,76 14,93 31,25 12,28 13,72 8,12 7,51 0,00 Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 13 - Vermessungskunde 1 Flächenbestimmung aus Koordinaten Aus Orthogonalkoordinaten: Gauß'sche Trapezformel: n - für die Projektion auf die X - Achse: 2 A ( y i y i 1 ) ( x i x i 1 ) i 1 n - für die Projektion auf die Y - Achse: 2 A ( x i x i 1 ) ( y i 1 y i ) i 1 Gauß'sche Dreiecksformel: n - für die Projektion auf die X - Achse: 2 A y i ( x i 1 x i 1 ) i 1 n - für die Projektion auf die Y - Achse: 2 A x i ( y i 1 y i 1 ) i 1 Aus Polarkoordinaten: Nullrichtung des Teilkreises 2 1 A1 r1 r2 S 3 s2 A4 s3 A3 r3 A2 s1 r4 s4 4 n 2A si s i1 sin( ri1 r i ) i 1 Das Polarplanimeter f Fahrarmlänge p Polarmlänge q Abstand Messrolle - Gelenk R Messrolle G Gelenk P Pol F Fahrstift Funktionsprinzip des Polarplanimeters mit dem Pol außerhalb der Fläche Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 14 - Höhenfestpunkte Deutscher Normalhöhenpunkt von 1879 Deutsches Haupthöhennetz 1992 (DHHN 92) Hochschule Trier Professor B. Lehmann Professor B. Lehmann - 15 - Vermessungskunde 1 Höhenpunktfestlegungen Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 16 - Professor B. Lehmann Instrumentenkunde Einfache Höhenmessgeräte Grundgedanke des Nivellierens Bauarten von Nivellierinstrumenten Libellennivellier ohne Kippschraube (Norddeutsches Nivellier) Schlauchwaage Libellennivellier mit Kippschraube (Süddeutsches Nivellier) Setzlatte Längsschnitt durch das Ni 2 von ZEISS Nivellier mit automatischer Horizontierung Abkürzungen: F Fußschrauben Li Röhrenlibelle K Kippschraube S Seitenklemme SF Seitenfeintrieb Kompensationseinrichtung im Ni 2 Hochschule Trier D LL ZZ VV Dosenlibelle Libellenachse Zielachse Vertikalachse Professor B. Lehmann - 17 - Vermessungskunde 1 Gerätebauteile Röhrenlibelle Einfaches Strichkreuz mit Distanzstrichen Dosenlibelle Strichkreuz nach DIN 18 725 mit Distanzstrichen Strichkreuz mit Keil für Feinnivellements Koinzidenzlibelle Zubehör Justiermöglichkeit des Strichkreuzes Lattenuntersatz Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 18 - Professor B. Lehmann Nivellierlatten 17 16 15 Lattenablesung Höhe: Entfernung: 1,653 m 14,7 m a b c d Nivellierlatten a) einfache Felderteilung b) doppelte Felderteilung c) umgekehrte Felderteilung d) Digitallatte Lattenablesung Höhe: Entfernung: 1,328 m 50 m Nivellementsarten Bezeichnung BAU - Nivellement charakteristische Aufgaben Höhenangaben für Wohnhäuser Höhenaufnahmen im Gelände Höhenangaben für Straßen, Kanäle INGENIEUR - Nivellement Höhennetze von lokaler Ausdehnung Verdichtung von Ortshöhennetzen Höhenangaben für Ingenieurbauwerken PRÄZISIONS - Nivellement Ingenieur- und Landesvermessungshöhennetze Höhenangaben für Maschinenanlagen Setzungs- und Überwachungsmessungen Hochschule Trier Standardabweichung auf 1 km Doppelnivellement > 1 cm 2 - 10 mm < 1 mm Professor B. Lehmann - 19 - Vermessungskunde 1 Das einfache Nivellement 2,286 r2 r1 2,871 1,342 3,488 v1 r3 I2 v2 3,808 1,022 v3 W1 A I1 h 32 HP1 32 22 I3 20 B 36 Formularnotierung 38 Liniennivellement Ort : Trier Datum : 16.11.10 Seite : 1 Projekt: ___Linie 3_________ Beobachter : Maurer Feldbuchführer : Schmitt Gruppe : Wetter : heiter Temp.: _6__°C Punkt Nr. Zielweite Rückblick A 32 2,871 W1 32 W1 22 HP1 20 HP1 36 B 38 Vorblick Sicht : _3__ km Höhenunterschied = R - V + - Instrument : Ni 2 – 4311 Höhe ü. NN Bemerkungen 212,133 1,342 2,286 3,488 1,022 3,808 209,670 = h soll = h ist =w wzul. = 2 + 5 s km wzul.= vi = w (s r s v ) s Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 20 - Professor B. Lehmann Ablaufschema eines Nivellements Nivellier auspacken 2) und auf dem Stativ befestigen Okular scharf stellen 5) Latte Anfangspunkt P A i = 1 Instrument Standpunkt Ii Stativbeine festtreten Gerät horizontieren 4) i =i+1 Latte anzielen Fernrohr fokussieren Latte ablesen Ablesung notieren Latte auf W i ? nein Latte W i ja W i = PE ? nein Latte drehen! ja hist = [Ri] - [Vi] w = hsoll - hist w < wzul. ? nein ja Instrument einpacken endgültige Auswertung Hinweise zum Ablauf eines Nivellements 1. Transport des Gerätes Kompensatorgeräte werden, wenn sie auf dem Stativ sind, geneigt getragen, damit der Kompensator nicht hin- und herschlägt. Libellengeräte werden grundsätzlich mit vertikaler Stehachse getragen. 2. Aus- und Einpacken des Gerätes Vor dem Herausnehmen des Instrumentes merke man sich die Lage im Transportbehälter. Beim Einpacken sind Klemmschrauben zunächst zu lösen und wenn das Gerät im Behälter ist, leicht anzuziehen. 3. Aufstellung des Gerätes Der Instrumentenstandpunkt kann frei gewählt werden. Es ist jedoch darauf zu achten, dass Kfz-Verkehr nicht behindert wird. Die Zielweiten sollten nicht über 40 m liegen und die Zielweiten sollten gleich lang sein. Die Stativbeine werden soweit ausgezogen, dass in bequemer Haltung beobachtet werden Hochschule Trier kann. In ebenem Gelände sind die Beine gleich lang und bilden ein gleichseitiges Dreieck, bei geneigtem Gelände stehen zwei Stativbeine zur Talseite. Der Stativteller sollte grundsätzlich horizontal, die Fußschrauben in Mittenstellung sein. Während der Messung wird das Stativ nicht angefasst! 4 Horizontierung Die Libelle folgt bei gleichzeitiger, gegenläufiger Drehung an zwei Fußschrauben der Bewegungsrichtung des linken Daumens; die dritte Fußschraube sollte deshalb auch mit der linken Hand verstellt werden. 5 Okular scharf stellen Den Himmel oder ein weißes Blatt Papier, das vor das Fernrohr gehalten wird, betrachten und das Strichkreuz mit dem Einstellring am Okular scharf stellen. Das Strichkreuz darf sich beim Hinundherbewegen des Auges nicht verändern. Professor B. Lehmann - 21 - 6. Wechselpunkte Die Nivellierlatte muss in den Wechselpunkten immer auf einen Lattenuntersatz gestellt und beim Instrumentenwechsel vorsichtig gedreht werden. Sollte die Nivellierlatte einmal abgelegt werden, dann grundsätzlich mit der Ableseseite nach oben. 7. Feldbuch Die abgelesenen Werte werden grundsätzlich sauber in einem Formular notiert. Dazu sagt Vermessungskunde 1 der Beobachter laut und deutlich die abgelesenen Werte -Nachkommastellen werden einzeln genannt- , der Feldbuchführer wiederholt die Zahlenwerte und der Beobachter bestätigt diese Werte durch eine erneute Ablesung. Am Ende der Messungen erfolgt sofort eine Überprüfung der Messwerte, ob sie innerhalb der Fehlergrenzen liegen. Die Berechnung der endgültigen Höhen kann später erfolgen. Nivellierprobe nach NÄBAUER B A a2 b2 c c c b1 c a1 I1 I2 h s I1: I2: h1 h2 s = = s ( a1 - c ) - ( b1 - 2c ) = a1 - b1 + c ( a2 - 2c ) - ( b2 - c ) = a2 - b2 - c Wird die Differenz h1 - h2 gebildet, so erhält man: 2 c = a2 - b2 - ( a1 - b1 ) Wenn kein Zielachsenfehler vorliegt, ist c = 0. Der Sollwert im 2. Instrumentenstandpunkt ist dann: a2 Soll = b2 + ( a1 - b1 ) Beispiel zur Fehlerrechnung und Abgleichung eines Doppelnivellements HP h' h" si d m m km mm dd dd si hm vi h H m mm m m 1609 156,924 +2,468 -2,472 0,82 17 +1,037 -1,033 0,74 18 +5,826 -5,832 1,90 19 -3,704 +3,708 1,47 1610 162,559 Standardabweichung eines 1 km langen Doppelnivellements: 1kmD 1 1 dd 2 n s n = Anzahl der gemessenen h Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 22 - Professor B. Lehmann Längs- und Querprofile Längsprofil R= Ein Längsprofil stellt als Vertikalschnitt die Höhenlage der Erdoberfläche entlang einer Trasse dar. Durch Höhenmessung wird die Höhe (über NN) zunächst der regelmäßig angeordneten Stationierungspunkte und ggf. von Punkten bei markanten Änderungen der Geländeverhältnisse bestimmt. Ist die Trasse bereits in die Örtlichkeit übertragen, werden auch die Höhen an den Punkten bestimmt, an denen eine Änderung der Trassierungselemente eintritt. Bei der anschließenden graphischen Auswertung wird die Geländedarstellung in der Regel im Verhältnis 1 : 10 überhöht (z.B. MdL = 1 : 1 000, MdH = 1 : 100) wiedergegeben. 0+300 A = 80 R= 0+247,82 = UA 0+200 0+100 Abmarkung eines Stationspunktes mit Grundpflock und beigestelltem Nummerierungspflock Hochschule Trier 0+000 = Ausbauanfang Professor B. Lehmann - 23 - Vermessungskunde 1 Flächennivellement Ort: Trier Datum: 1.2.2014 Seite : 1 Projekt: Querprofil Wetter: heiter Temp.: _20_°C Zwischenblick Beobachter : Maier _ Feldbuchführer : Müller _ _ Gruppe: Sicht : _2_ km Vorblick _ Instrument : Ni 2 - 4376 Punkt Nr. Zielweite Rückblick Höhe der Zielachse Höhe ü. NN HP1 69 1,732 W1 72 W1 71 0+000 - 0,87 175,07 0+050 - 1,47 174,47 0+100 - 2,13 173,81 0+150 - 2,91 173,03 W2 63 W2 69 0+200 - 0,74 172,37 0+247 - 1,58 171,53 0+250 - 2,07 171,04 0+300 - 3,62 169,49 0+350 - 2,83 170,28 0+400 - 2,14 170,97 W3 64 W3 67 _ Bemerkungen 173,416 1,138 1,927 175,937 3,461 0,632 173,108 1,738 3,841 175,211 0+450 2,61 172,60 0+486 1,84 173,37 0+500 1,27 173,94 Form Niv 02 - 2014 by FH Trier - FB BLV Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 24 - Professor B. Lehmann 173,94 173,37 172,60 170,97 170,28 169,49 171,04 171,53 172,37 173,03 173,81 174,47 175,07 Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 25 - Vermessungskunde 1 Querprofile Querprofile sind Vertikalschnitte der Erdoberfläche, die links und rechts senkrecht zum Längsprofil wenigstens in den Stationierungspunkten systematisch (etwa alle 5 m) erfasst werden. Die Erfassungsbreite ist von dem jeweiligen Projekt abhängig und geht über dessen Breite hinaus. In der Darstellung wird eine Überhöhung in der Regel nicht vorgenommen, damit spätere Flächenbestimmungen zur Ermittlung von Auf- oder Abtragsmassen auch mit graphischen Methoden (Polarplanimeter) möglich sind. Trassenverlauf im Grundriss mit Darstellung der Querprofile Damm Teil eines Längsprofils mit bereits eingetragener Gradiente Anschnitt Einschnitt Querprofile zu dem Längsprofil Flächennivellement Höhenrost Feldbuch über die Absteckung eines quadratischen Rostes Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 26 - Professor B. Lehmann Höhenlinieninterpolation Höhenlinienkonstruktion Höhenliniendarstellung Interpolation von Höhenlinien Falsche Interpolation durch nicht ausreichende Punktdichte Erdmassenberechnung Erdmassenberechnung aus Querprofilen Volumen zwischen zwei Querprofilen - Auftragsmasse eines Dammes (Fi und Fi+1 sind positiv) Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 27 - Vermessungskunde 1 Koordinatenfestlegung und Punktnummerierung zur rechnerischen Bestimmung der (positiven) Auftragsfläche und der (negativen) Abtragsfläche Prismatoidformel: 1 V (F1 4Fm F2 ) 6 Prismenformel: 1 V (F1 F2 ) 2 Pyramidenstumpfformel: 1 V (F1 F1 F2 F2 ) 3 Wechsel von Auftrag zu Abtrag Berechnung der Damm- bzw. Einschnittlänge: D F1 / b 1 F1 / b 1 F2 / b 2 E F2 / b 2 F1 / b 1 F2 / b 2 Bei gleicher Breite b1 = b2 vereinfachen sich die Längenberechnungen zu D F1 F1 F2 E F2 F1 F2 Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 28 - Professor B. Lehmann Mit den vorher genannten Längen lassen sich dann mit der positiven Auftragsfläche und der negativen Abtragsfläche die getrennten Volumen berechnen: Auftrag: V1 1 F1 D 2 Abtrag: V2 1 F2 E 2 Erdmassenberechnung aus Prismen Volumen zwischen Geländeoberfläche und Bezugsfläche bei horizontaler Bezugsfläche unterschiedlich geneigten Bezugsflächen Die mittlere Höhe hmi ergibt sich für ein Dreiecksprisma aus: hmi hi1 hi2 hi3 3 Die Addition aller Dreiecksprismen ergibt das Gesamtvolumen: n n V Vi Fi hmi i1 i1 Erdmassenberechnungen lassen sich heute auf einfache Weise mit Hilfe von EDV-Programmen auch für größere Gebiete durchführen (digitale Höhenmodelle - DHM). Darstellung verschiedener digitaler Höhenmodelle Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 29 - Vermessungskunde 1 Erdmassenberechnung aus Höhenlinien Aufteilung eines Erdkörpers durch horizontale Schichten Der Rauminhalt einer Schicht ergibt sich nach der Pyramidenstumpfformel: Vi 1 (F 3 u Fu Fo Fo ) h Beispiel: Massenberechnung durch Aufteilung des oben abgebildeten Erdkörpers in horizontale Schichten oberhalb einer Bezugsfläche in 70 m Höhe. Höhe BegrenzungsFläche punkte 2 [m] 70 71 72 73 73,5 [m ] GILMCG GIKDG GIJEG GHFG G Volumen zwischen h Fu 2 Fo 2 [m] [m] [m] [m ] [m ] 70,0 71,0 1,0 285 205 71,0 72,0 1,0 205 99 72,0 73,0 1,0 99 10 73,0 73,5 0,5 10 0 Vi [m3] 285 205 99 10 0 Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 30 - Professor B. Lehmann Grundlagen der Lagemessung Geographisch Nord, Magnetisch Nord, Gitternord Geogr. Nord Magn. Nord Geographische Koordinaten Gi.N. Gi.N. Gi.N. M. N. M. N. Meridiankonvergenz , Deklination und Nadelabweichung n in einem Meridianstreifen Alaska 180° Sibirien 70° 80° magn.Nordpol Nordpolarmeer geogr.Nordpol Grönland 0° Spitzbergen Nordkap Lage des magnetischen Nordpols Schwerkraft West Ost Kreisel am Äquator Hochschule Trier Kreiseltheodolit und Aufsatzkreisel Professor B. Lehmann Präzession und Nutation - 31 - Vermessungskunde 1 Polbewegung 1967 - 1973 Kartennetzentwürfe Art der Abbildungsfläche Art der Lage Azimutale Abbildung Normale Lage Konische Abbildung Transversale Lage Zylindrische Abbildung Schiefachsige Lage Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 32 - Professor B. Lehmann Mehrere geodätische Bezugssysteme Für die Fläche der Bundesrepublik Deutschland und den Grenzbereich der Nachbarstaaten sind derzeit noch vier geodätische Bezugssysteme von besonderer Bedeutung. Das wiedervereinigte Deutschland verwendet derzeit das Gauß-Krüger-Meridianstreifensystem bezogen auf das Bessel-Ellipsoid von 1841. Dieses Bezugssystem wurde von 1927 an auch in Deutschland bzw. in der Bundesrepublik Deutschland vor der Wiedervereinigung verwendet. In der ehemaligen DDR wurde das System 42/83 auf dem Krassowskij-Ellipsoid verwendet. Die Kartenwerke wurden mit einem 6 Grad breiten Gauß-Krüger-Streifensystem dargestellt. Das militärische Geowesen verwendet den europäischen NATO-Standard mit dem Europäischen Datum ED50 auf dem Internationalen Ellipsoid von Hayford von 1924. Die militärischen Kartenwerke verwenden das UTM-Streifensystem (Universale Transversale Mercatorprojektion) zur Darstellung. Durch die starke Akzeptanz und auch dem Vertrieb preiswerter Empfangsgeräte für das Satellitennavigationssystem GPS gewinnt das 1984 festgelegte World Geodetic System (WGS84) immer mehr an Bedeutung. Im Bereich der Europäischen Union (EU) sollte vom Jahr 2005 an ein einheitliches Koordinatensystem für alle Mitgliedsländer gelten. Bereits 1991 hat die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) beschlossen, dass dies das UTM-System sein soll, das bereits bei den Umweltbehörden, beim Katastrophenschutz und im militärischen Bereich verwendet wird. Die endgültige Umstellung bei den Landesvermessungsbehörden wird aber wohl noch bis zum Jahr 2010 dauern. Gauß-Krüger-Koordinatensystem Längentreue Abbildung des Hauptmeridians bei der Transversalen Mercatorprojektion Meridianstreifen nach Gauß-Krüger Hochschule Trier Ellipsoidische Orthogonalkoordinaten Professor B. Lehmann - 33 - Vermessungskunde 1 180° N 0° 3° 6°ö.L. Berührungszylinder bei 3° und 6° Meridianstreifensysteme nach Gauß-Krüger in Deutschland Differentielle Abbildungsverzerrungen UTM-System Das Universale–Transversale–Mercator–System ist eine winkeltreue Abbildung und in seinem Aufbau dem Gauß-Krüger-System ähnlich. Mercator ist dabei der Name eines Geographen und Kartographen, der eigentlich Kremer hieß und Mitte des 16. Jahrhunderts eine Weltkarte für die Seefahrer schuf. Der durch ihn in dieser Karte verwendete winkeltreue Kartennetzentwurf trägt den Namen Mercatorprojektion und wird bis heute in der See- und Luftfahrt verwendet; eine Linie, die alle Meridiane unter dem gleichen Winkel schneidet (Loxodrome) wird in der Karte als Gerade dargestellt. In Europa wird als Bezugsellipsoid das Internationale Ellipsoid von Hayford von 1924 verwendet. Die Meridianstreifen sind 6° breit. Diese Meridianstreifen werden als Zonen bezeichnet und vom Hauptmeridian 177° westliche Länge (für den Bereich von 180° w. Länge bis 174° w. Länge) nach Osten bis zum Hauptmeridian 177° östliche Länge von 1 bis 60 durchnumeriert. Das Gebiet von Deutschland liegt in den Zonen mit den Nummern 32 und 33. Damit sich die zum Rand hin auftretenden Verzerrungen in Grenzen halten, gibt es nicht wie bei der Gauß-Krüger-Abbildung einen längentreuen Hauptmeridian, sondern durch Verwendung eines Schnittzylinders zwei längentreue Kreisbögen. Der Bereich zwischen diesen beiden Kreisbögen wird verkürzt dargestellt. Dabei erhält der Hauptmeridian einen Verjüngungsfaktor von 0,9996; dies entspricht 40cm auf 1000m oder 4cm auf 100m oder 4mm auf 10m oder 0,4mm auf 1m. Die Außenbereiche werden vergrößert bis zum Faktor 1,00015 am jeweiligen Grenzmeridian. Damit im Randbereich zwischen zwei Streifen übergangslos gemessen und gerechnet werden kann, ist eine Überlappungszone von ca. 20 km je Zone = 40 km insgesamt vorhanden. 40 km am Äquator entsprechen ca. 22', so dass jede Zone eine Breite von 3°11' westlich und östlich des Hauptmeridians = 6°22' Zonenbreite hat. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 34 - Professor B. Lehmann Schnittzylinder um 0,9996 zu verjüngender Hauptmeridian längentreue Schnittkreisbögen Transversaler Schnittzylinder 80° 72° X W 64° 56° V U 48° T 40° S 32° R 24° Q 16° P 8° N 0° 0° M 8° L 16° K 24° J 32° H 40° G 48° F 56° E 64° D 72° C 80° Einteilung in Zone und Band Aufgrund des Schnittzylinders können die Bereiche an den Polen nicht mehr unverzerrt abgebildet werden, so dass das UTM-System auf einen Bereich zwischen 80° (tlw. 84°) nördlicher Breite und 80° südlicher Breite begrenzt ist. Innerhalb einer Zone werden acht Breitengrade durch einen großen Buchstaben bezeichnet (sog. Band). Die Buchstaben I und O werden zur Vermeidung von Verwechslungen nicht genutzt. Die Bezeichnung für einen solchen Bereich ist Gitterzone. Deutschland liegt zum überwiegenden Teil in der Gitterzone 32U. Koordinaten für den Dom in Trier: Gauß-Krüger-Koordinaten 2 Rechts 546 382,61 5 Hoch 513 486,76 Geographische Koordinaten Länge Breite 06° 38' 37,618'' 49° 45' 26,279'' UTM-Koordinaten (Hayford) (WGS84) UTM Meldeplanquadrat East 32 330 321,10 North 5 514 388,99 32 330 242,32 5 514 187,95 32U LA 3014 Umstellung des geodätischen Bezugssystems Die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) hat schon 1991 für alle Aufgabenbereiche des Vermessungs- und Katasterwesens die Einführung des European Terrestrial Reference Systems (ETRS89) beschlossen. Da alle europäischen Länder ihre bisher lokalen Referenznetze umstellen und an das einheitliche Bezugssystem ETRS89 anschließen, ist zukünftig die Verwendung staatenübergreifender Geodaten in einem einheitlichen Koordinatensystem möglich. Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 35 - Vermessungskunde 1 Als Abbildungssystem wird die Universale Transversale Mercatorprojektion (UTM) mit 6 Grad breiten Meridianstreifen auf dem GRS80-Ellipsoid (Geodetic Reference System) mit Datum ETRF89 (European Terrestrial Reference Frame) verwendet. Die Koordinaten im GRS80 stimmen bis auf wenige Millimeter mit WGS84 überein. Die endgültige Umsetzung des Beschlusses der AdV war für das Jahr 2000 vorgesehen, wird aber noch einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. In diesem Zeitraum werden die alten Systeme neben dem neuen System verwendet werden müssen. Grundlagennetze Ungefähr seit 1837 wurde in Deutschland mit der Vermessung der einzelnen Staatsgebiete begonnen. Als Messmethode wurde die Triangulation angewendet. Dazu wurden, ausgehend von einer zu damaligen Zeit sehr genau gemessenen Strecke (Basis), Dreieckswinkel (Angulus = Winkel) gemessen und so die gemessene Strecke in die weiteren drangehängten Dreiecke übertragen. Anschließend erfolgte eine umfassende Berechnung der Dreiecksnetze unter der Bedingung, dass die Summe der Dreieckswinkel 180° ergeben musste (Netzausgleichung nach der Gauß'schen Methode der kleinsten Quadrate). Mehrere Netzteile wurden zum Deutschen Hauptdreiecksnetz (DHDN) zusammengeschlossen. Als mathematische Berechnungsfigur diente das Rotationsellipsoid nach Bessel von 1841 mit dem Fundamentalpunkt Rauenberg bei Berlin Basis Triangulationsnetz (mit Basis) Trilaterationsnetz Neuere Vermessungen (im Ausland) haben seit ungefähr 1960 zur Bestimmung der Koordinaten der Lagefestpunkte die Methode der reinen Streckenmessung angewendet. Diese Trilaterationsnetze (Latus = Strecke) sind heute auch nicht mehr die aktuellste Methode zur landesweiten Bestimmung eines Festpunktfeldes, heute werden die Methoden der Positionsbestimmung mit Hilfe künstlicher Erdsatelliten angewendet. Die Lagefestpunkte der Grundlagenvermessungen werden heute überwiegend als Bodenpunkte durch eine unterirdische Platte mit einem daraufgestellten Pfeiler vermarkt. Wegen der früher vorherrschenden Messmethode werden die Punkte als Trigonometrische Punkte (TP) bezeichnet. Entsprechend ihrer Bedeutung haben die Steinpfeiler Dimensionen von 12 x 12 x 60 cm über 16 x 16 x 60 cm bis 30 x 30 x 90 cm. Die Vermessungsnetze sind in bestimmte Ordnungen eingeteilt. So haben die Lagefestpunkte entsprechend ihrer Ordnung folgende Abstände: Netz 1. Ordnung 2. Ordnung 3. Ordnung 4. Ordnung (Aufnahmepunkte - AP's) Seitenlänge des Dreiecks 30 – 50 km 10 – 30 km 3 – 10 km 1 – 3 km Zur weiteren Punktverdichtung wurden früher Polygonzüge gemessen, so dass in bebauten Bereichen etwa alle 100 – 200 m ein Lagefestpunkt vorhanden ist. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 36 - Professor B. Lehmann Merkblatt über den Schutz der Grenz- und Vermessungsmarken 1.Die Grenzmarken und die Vermessungsmarken des amtlichen Lage-, Höhen- und Schwerenetzes (Steine, Kunststoffmarken, Rohre, Bolzen und dgl.) bilden eine wichtige Grundlage für viele öffentliche und private Vermessungsarbeiten. Neben ihrem allgemeinen öffentlichen Nutzen dienen sie insbesondere auch der Sicherung des Grundeigentums und der Wahrung des Grenzfriedens. 2.Die Abmarkungen erfolgen im allgemeinen oberirdisch. 3.Die Grenzmarken und die Vermessungsmarken sind durch das Abmarkungsgesetz unter besonderen Schutz gestellt. 4.Bei Erdarbeiten besteht die Gefahr, dass Grenz- und Vermessungsmarken zerstört, beschädigt oder verschüttet werden. Verursacht jemand vorsätzlich oder fahrlässig derartige Veränderungen an Grenz- und Vermessungsmarken, so begeht er eine Ordnungswidrigkeit; ihm können eine Geldbuße und die Kostender Wiederherstellung der Abmarkung auferlegt werden. In bestimmten Fällen kann Strafanzeige erstattet werden (§§ 274 und 304 des Strafgesetzbuches). 5.Ordnungswidrige Veränderungen an Abmarkungen und hohe Unkosten können vermieden werden, wenn die Auftraggeber von Erdarbeiten bzw. die ausführenden Unternehmer a) dem zuständigen Katasteramt von dem beabsichtigten Bauvorhaben und dem Beginn der Arbeiten rechtzeitig Kenntnis geben und bei diesem Katasteramt oder bei einem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur die Sicherung der gefährdeten Abmarkungen beantragen - in diesem Fall trägt das Land die Kosten für die Sicherung und Versetzung von Vermessungsmarken. Für die Sicherung und Versetzung von Grenzmarken hat der Auftraggeber (Grundstückseigentümer, ausführender Unternehmer) die Kosten zu tragen, die nach der Kostenordnung für Leistungen der Katasterbehörden bzw. Kostenordnung für Leistungen der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure erhoben werden. b) die am Bauvorhaben beteiligten Hilfskräfte zur gebotenen Sorgfalt und Vorsicht bei den Arbeiten anweisen. 6.Es empfiehlt sich, die Unternehmer bei der Auftragserteilung auf den Schutz und die Sicherung der Grenzund Vermessungsmarken besonders hinzuweisen und sie zu verpflichten, die infolge der von ihnen zu vertretenden Versäumnisse entstehenden zusätzlichen Kosten zu tragen. VA 1 Merkblatt über den Schutz der Grenz- und Vermessungsmarken Winkelmessung mit dem Theodolit Horizontal-, Vertikal- und Positionswinkel H x P1 P2 h1 h2 2 1 r1 r2 S y Darstellung des Horizontalwinkels = r2 - r1, Vertikal(Höhen-)winkels und Positionswinkels Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 37 - Vermessungskunde 1 Bauteile und Zubehör eines Theodolits Theodolitbauteile Darstellung eines einfachen Theodolits Verbindung Stativ - Dreifuß Dreifuß mit Zwangszentrierung Kreisklemme optisches Lot Zieltafeln für Zwangszentrierung Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 38 - Professor B. Lehmann Einteilung der Theodolite Klein- oder Bautheodolite Ingenieurtheodolite Feinmesstheodolite 1 - 2 cgon 1 - 2 mgon 0,1 - 0,5 mgon Horizontalkreis 50 - 100 mm 70 - 100 mm 80 - 100 mm Vertikalkreis 50 - 75 mm 60 - 85 mm 70 - 90 mm Fernrohrvergrößerung 18 - 25 fach 25 - 30 fach 30 - 35 fach Ablesung Verwendung Bauabsteckung Polygonierung, Abste- Triangulation, Feinabckung, Kleintriangula- steckung, Industrietion vermessung Ausschnitte von Teilkreisen Analoge Ablesung Digitale Abtastung Ablesung: 265,4412 Koinzidenzmikroskop vor und nach Betätigung des Mikrometers Hochschule Trier - 39 - Professor B. Lehmann Vermessungskunde 1 Ablesebeispiele analoger Theodolite Sehfelder von Strichmikroskopen Sehfelder von Skalenmikroskopen Sehfelder von Strichmikroskopen mit optischem Mikrometer Ablesung: 378,8506 gon 94°12'44,3" Sehfelder von Koinzidenzmikroskopen Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 40 - Professor B. Lehmann Horizontierung des Theodolits, Justierung der Stehachslibelle 1. Instrument auf dem Stativ festschrauben und mit der Dosenlibelle grob horizontieren. 2. Röhrenlibelle parallel zur Verbindungslinie zweier Fußschrauben F1 und F2 stellen und mit diesen die Libellenblase gleichzeitig gegenläufig in der Mitte (Normalpunkt) einspielen. Die Libellenblase folgt dabei der Drehbewegung des Daumens der linken Hand. 3. Theodolitoberbau um 100 gon drehen, so dass die Libelle zur dritten Fußschraube zeigt. Auch hier die Libellenblase im Normalpunkt einspielen lassen. 4. Theodolitoberbau um 200 gon drehen. Bleibt die Libellenblase nicht im Normalpunkt, ist die Libelle dejustiert. Durch Beseitigung des halben Libellenausschlags a mit der Fußschraube F3 wird die Libelle in den Spielpunkt gebracht. 5. Drehung des Theodolitoberbaues um 100 gon, damit die Libellenblase wieder parallel zu den beiden Fußschrauben steht. Die Libellenblase auch hier auf den Spielpunkt bringen. Damit ist i. d. R. das Instrument horizontiert. 6. Überprüfung der Horizontierung durch Drehung um 50 gon. Wandert die Libelle aus, so werden die Schritte 2. bis 6. wiederholt. 7. Mit Hilfe der Libellenjustierschraube kann die Libellenblase auf den Normalpunkt eingespielt werden. Dadurch ist der Spielpunkt in den Normalpunkt gelegt worden und die Libelle justiert. Zur Kontrolle wird der Theodolit um 200 gon gedreht. Zeigt sich ein Libellenausschlag, sollten die Schritte 2. bis 7. wiederholt werden. Hinweise zum Ablauf einer Horizontalrichtungsmessung 1. Transport des Gerätes Kompensatorgeräte werden, wenn sie auf dem Stativ sind, geneigt getragen, damit der Kompensator nicht hin- und herschlägt. Libelleninstrumente werden stets mit vertikaler Stehachse getragen. 2. Aus- und Einpacken des Gerätes Vor dem Herausnehmen des Instrumentes merke man sich die Lage im Transportbehälter. Beim Einpacken sind Klemmschrauben zunächst zu lösen und wenn das Gerät im Behälter ist, leicht anzuziehen. 3. Aufstellung Die Stativbeine werden soweit herausgezogen, dass in bequemer Haltung beobachtet werden kann. In ebenem Gelände bilden die Stativbeine ein gleichseitiges Dreieck, in geneigtem Gelände stehen zwei Beine zur Talseite. Der Stativteller muss genähert horizontal sein, die Fußschrauben des Dreifußes sollten in Mittenstellung sein. Hochschule Trier Die Aufstellung erfolgt zentrisch über dem Bodenpunkt mit Hilfe des optischen Lotes. Während der Messung wird das Stativ nicht angefasst. 4. Horizontierung Die Horizontierung eines Theodolites wir zunächst grob mit Hilfe der Dosenlibelle vorgenommen, danach präzise mittels der Röhrenlibelle. Die Libelle folgt bei gleichzeitiger, gegengegenläufiger Drehung an zwei Fußschrauben der Bewegungsrichtung des linken Daumens; die dritte Fußschraube sollte auch mit der linken Hand verstellt werden. Wandert die Libelle während der Messung aus, wird jedoch erst zu Beginn eines neuen Satzes wieder neu horizontiert. Weisen die Messergebnisse des vorherigen Satzes zu den nach der erneuten Horizontierung ab, so ist grundsätzlich ein weiterer Satz zu beobachten und ggf. ist der Satz mit den abweichenden Werten zu streichen. - 41 - Professor B. Lehmann 5. Okular scharf stellen Dazu den Himmel oder ein weißes Blatt Papier, das vor das Fernrohr gehalten wird, betrachten und das Strichkreuz mit dem Einstellring am Okular scharf einstellen. Das Strichkreuz darf sich beim Hinundherbewegen des Auges nicht verändern. Auch das Ableseokular muss scharf eingestellt werden. Dazu muss Licht über einen Spiegel in das Instrument gespiegelt werden. Dieser muss vorsichtig gedreht und geneigt werden. 6. Messung Je nach Genauigkeitsanforderung und Zielpunktanordnungen werden volle Sätze oder Halbsätze beobachtet, in der Regel durch drei Sätze. Die Anzielung der Ziele erfolgt in Lage I von links nach rechts, anschließend in Lage II von rechts nach links. Zunächst wird das Ziel grob über das Diopter, das sich auf dem Fernrohr befindet, angezielt. Erst danach wird durch das Fernrohr geschaut und das Ziel endgültig mittels der Feintriebschrauben scharf eingestellt. Vermessungskunde 1 7. Feldbuch/Formular Über die Messungsanordnung ist grundsätzlich eine Zeichnung (Riss) zu fertigen. Die abgelesenen Messwerte werden grundsätzlich sauber in einem Formular notiert. Dazu sagt der Beobachter laut und deutlich die abgelesenen Werte Nachkommastellen werden einzeln genannt- , der Feldbuchführer wiederholt die Zahlenwerte und der Beobachter bestätigt diese Werte durch eine erneute Ablesung. Am Ende der Messungen erfolgt sofort eine Überprüfung der Messwerte, ob sie hinreichend übereinstimmen. Ansonsten ist der Satz, der nicht in die Beobachtungsreihe passt, zu streichen und durch eine weiteren Satz zu ersetzen. Nach Abschluss der Messung erfolgt unmittelbar die Auswertung der Fehlerrechnung. Erst danach kann mit dem Instrument zu einem anderen Standpunkt gewechselt bzw. eingepackt werden. Ablaufschema einer Horizontalrichtungsmessung Stativ zentrisch, Stativteller horizontal aufstellen 3) r = Anzahl der Ziele n = Anzahl der Sätze 2) Theodolit auspacken und auf dem Stativ befestigen, zentrieren und horizontieren Okulare scharf einstellen Fernrohr in Lage I i = 1 Zieli grob einstellen, klemmen Fernrohr fokussieren Zieli scharf mit Feintrieb einstellen Ablesung notieren ja i = r? durchschlagen nein ja Lage I i=i+1 nein i = 1 nein i=i-1 ja weitere Sätze? ja Teilkreis um 200/n verstellen nein Summenprobe, reduzieren ja grober Fehler? nein endgültige Auswertung Instrument einpacken Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 42 - Professor B. Lehmann Horizontalrichtungsmessung Ort: Trier Datum: 1.2.2014 Gruppe: 5 Wetter: heiter Projekt:____Turnhalle__________ Seite: Beobachter: Müller Feldbuchführer: Maier Temp.:_3__°C Stand- Zielpunkt punkt Sicht: Horizontalkreis Ablesung Lage I Lage II [gon] _5__ km Mittel aus I und II [gon] Instrument: T 16 - 47 13 reduziertes Satzmittel [gon] [gon] 31 22 24 25 26 2 64 128 214 347 163 513 907 202 264 328 14 345 160 511 906 31 22 24 25 26 67 129 193 280 574 389 737 130 267 329 393 80 572 387 736 128 67 129 193 280 573 0 000 388 61 815 736 126 163 129 212 556 31 22 24 25 26 133 195 259 346 486 303 652 045 333 395 59 146 484 302 650 043 133 195 259 346 485 0 000 302 61 817 651 126 166 044 212 559 f=(r-1).(n-1) s Mittel aus allen Fehlerrechnung Beobachtungen [gon] 0,1 mgon d v vv vv = Form Trig 01 - 2014 by FH Trier - FB BLV f Hochschule Trier 2 Professor B. Lehmann - 43 - Vermessungskunde 1 Verfahren der Einzelpunktbestimmung Rückwärtsschnitt Gegeben: P Koordinaten der Festpunkte A, M, B rA rB Gemessen: Auf dem Neupunkt die Richtungen rA, rM, rB zu den Festpunkten rM A Gesucht: G Koordinaten des Neupunktes P M F P M B H A B A B Rückwärtsschnitt nach COLLINS rM - rA M P = rB - rM Günstige Bestimmungsrichtungen wenn 200 gon wenn 200 gon ' , ' ' 200 gon, ' 200 gon AB = ( y B y A ) 2 + ( x B - x A ) 2 t A,B P y - yA = arctan B xB - x A A P' AM = ( y M y A ) 2 + ( x M - x A ) 2 t A,M y - yA = arctan M xM - x A B = t A ,B - t A,M M Gefährlicher Kreis Hinweis: Treten bei den folgenden Streckenberechnungen negative Werte auf, so sind diese bei den weiteren Berechnungen auch zu berücksichtigen! Hochschule Trier Vermessungskunde 1 AH = AB - 44 - sin ' sin (' + ' ) GH = - AH sin ' FM = - AM sin AG = AH cos ' AF = AM cos = arctan t P, H Professor B. Lehmann (GH FM) auf die Lage in den Quadranten achten! ( AG AF) = t A, B t P,H = t P,H 200 gon, wenn GH FM t A,P = t P,H ' 200 gon = - ( ' ) AP = AH sin sin ' Neupunktberechnung: y P = y A AP sin t A,P x P = x A AP cos t A,P Kontrolle: t P,B = arctan yB yP xB xP Soll Soll t P,B t P,M = ' t P,B t P,A = '' Hinweis:Der Rückwärtsschnitt sollte aufgrund eventuell ungünstiger Messungsanordnungen zugunsten anderer Messmethoden (polare Messung) nicht mehr angewendet werden. Vorwärtsschnitt Vorwärtsschnitt über Dreieckswinkel rBA B Gegeben: rBP Gemessen: Auf den Festpunkten die Richtungen rAB, rAP, rBA, rBP Gesucht: rAB Koordinaten der Festpunkte A und B Koordinaten des Neupunktes P P rAP AB = A ( yB y A )2 + ( xB - xA )2 t A ,B = arctan rAP - rAB Hochschule Trier = rBA - rBP yB - y A xB - xA Professor B. Lehmann - 45 - t A,P = t A,B AP = AB Vermessungskunde 1 t B,P = t B,A t A,B 200 gon sin sin ( + ) BP = AB Neupunktberechnung: sin sin ( + ) Kontrolle: yP = y A AP sin t A,P y P = y B BP sin t B, P xP = xA AP cos t A,P x P = x B BP cos t B, P Vorwärtsschnitt über Richtungswinkel rBD B C D Gegeben: Koordinaten der Festpunkte A, B, C und D Gemessen:Auf den Festpunkten die Richtungen - zum Neupunkt rAP, rBP - zu den Fernzielen rAC, rBD, rBP Gesucht: P rAC Koordinaten des Neupunktes P rAP A AB = ( y B y A )2 + ( x B - x A )2 t A,B = arctan t A,C = arctan yC - yA xC - x A yB - y A xB - x A t B,D = arctan yD - y B xD - xB t A,P = t A,C + (rAP - rAC ) t B,P = t B,D + (rBP - rBD ) = t A,P - t A,B = t B,A - t B,P t A,B 200 gon - t B,P AP = AB sin sin ( + ) Neupunktberechnung: BP = AB sin sin ( + ) Kontrolle: yP = y A AP sin t A,P y P = y B BP sin t B, P xP = xA AP cos t A,P x P = x B BP cos t B, P Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 46 - Professor B. Lehmann Bogenschnitt B Gegeben: P' + - Koordinaten der Festpunkte A und B Gemessen: Strecken AP, BP und ggf. AB P Gesucht: Koordinaten des Neupunktes P - + Ist AB nicht gemessen, kann ein Maßstabsfaktor m A ABber. nicht eingeführt werden. Anstelle ABgem. ABgem. muß ABber. bei der Berechnung verwen det werden. 2 2 2 AB gem. AP gem. BP gem. arccos 2 AB gem. AP gem. ABber. = ( yB y A )2 + ( xB - x A )2 t A ,B = arctan yB - y A xB - x A t A ,P = t A,B + Hinweis: Vorzeichen von beachten! Neupunktberechnung: Kontrolle: yP = y A (m AP) sin t A,P xP = x A (m AP) cos t A,P Hochschule Trier Soll BP = ( yB yP )2 + ( xB - xP )2 Professor B. Lehmann - 47 - Vermessungskunde 1 Vertikalwinkelmessung Vertikalkreisablesung Stehachse Höhenindexlibelle Zenit Zielachse Ablesefenster mit Index - Doppelstrich Feinstellschraube Vereinfachte Darstellung der Vertikalkreisablesung Zenitwinkel z und Indexabweichung vz Einfluss der Indexabweichung Zenit Zenit 0 gon 0 gon Ziel Ziel vz z a1 vz z 300 gon 100 gon a2 Fernrohrlage I Fernrohrlage II z = a1 + vz z = 400 - (a2 + vz) ! z a1 v z 400 (a 2 v z ) z 400 (a1 a 2 ) 2 vz 400 (a 1 a 2 ) 2 Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 48 - Professor B. Lehmann Vertikalwinkelmessung Projekt: _____Turnhalle_________ Ort: Trier Datum: 1.2.2014 Seite:____1_______ Beobachter:_Müller______ Gruppe: 5 Wetter: Feldbuchführer:_Maier_______ heiter Temp.: Stand- Zielpunkt punkt i= t= _3__°C Vertikalkreis Ablesung Lage I Lage II [gon] [gon] Sicht: _5__ km Instrument:_T 16_- 47 13_ Gesamtmittel Fehlerz= ( I + 400 ) - II ( I + 400 ) - II z = [ z ] / n rechnung 2 0,1 mgon I + II [gon] [gon] [gon] [gon] 42 53 55 56 58 99 92 71 62 126 826 375 915 300 307 328 337 893 194 645 105 42 53 55 56 58 99 92 71 62 125 822 372 912 300 307 328 337 891 194 644 104 400 400 400 400 016 016 016 016 198 185 142 125 234 628 728 808 99 92 71 62 117 814 364 904 42 53 55 56 58 99 92 71 62 129 829 374 914 300 307 328 337 892 194 648 108 400 400 400 400 021 023 022 022 198 185 142 125 237 635 726 806 99 92 71 62 118 818 363 903 42 53 55 56 58 1,52 1,63 1,58 3,27 5,12 f = nz . ( ns - 1 ) Hochschule Trier s = v v f v vv Form Trig 02 - 2014 by FH Trier - FB BLV Professor B. Lehmann - 49 - Vermessungskunde 1 Trigonometrische Höhenmessung Grundlagen e tB h d z HB iA HA NN h = e . cot z oder h = d . cos z HB = HA + h + iA - tB Turmhöhenbestimmung mit horizontalem Hilfsdreieck Grundriss Aufriss Hochziel T T zB zA hB sBT sBT sAT sAT rBT rAT Basis b = rAB - rAT rBA Standpunkt B iB iA Stand- rAB punkt A hA b HA A NN B HB = rBT - rBA s AT sin b sin ( ) hA = sAT . cot zA HT = HA + hA + iA sBT sin b sin ( ) hB = sBT . cot zB HT = HB + hB + iB Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 50 - Professor B. Lehmann Turmhöhenbestimmung mit vertikalem Hilfsdreieck Aufriss T in A gilt mit IA = HA + iA : zB zA HT = IA + (b + x) . cot zA HT iB iA HA in B gilt mit IB = HB + iB : b NN A HB B x HT = IB + x . cot zB Werden beide Ansätze gleichgesetzt und nach x aufgelöst, erhält man: x dies oben eingeI cot zB I B cot zA b cot z A cot zB HT A setzt liefert: cot zB cot zA IA I B b cot z A cot zB cot z A oder, nachdem Zähler und Nenner durch cot zA. cot zB dividiert werden: HT IA tan z A I B tan zB b tan z A tan zB Einfluss der Erdkrümmung Einfluss der Refraktion und der Erdkrümmung HB = HA + h + kE mit kH = kE - kR HB = HA + h + kH kH Zielpunkt B z' z z Standpunkt A h e kE HA Standpunkt A HB B z kR h e kE HA HA r (1 k ) 2 e 2r HB HA r r kurze Entfernungen RL RL r große Entfernungen Entfernung e 50 m 100 m 200 m 300 m 500 m 1 km 5 km 10 km Korrektion kE 0,1 mm 0,7 mm 3,0 mm 7,0 mm 19,5 mm 7,8 cm 1,96 m 7,84 m Korrektion kH 0,1 mm 0,6 mm 2,7 mm 6,1 mm 17,0 mm 6,8 cm 1,71 m 6,82 m Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 51 - Vermessungskunde 1 Elimination von Refraktion und Erdkrümmung durch gleichzeitige – gegenseitige Zenitwinkelmessung in zwei Standpunkten e . cot zB e tB iB B tA zA e . cot zA hB = hA = zB H iA A Höhenunterschied von A nach B: H e cot z A (1 k ) 2 e i A tB 2r (I) Höhenunterschied von B nach A: H e cot zB (1 k ) 2 e iB t A 2r diese Gleichung mit (-1) multipliziert liefert: H e cot zB (1 k ) 2 e iB t A 2r (II) Summe (I) und (II) liefert: 2 H e (cot z A cot z B ) i A iB t A t B Damit ist die Höhenkorrektion kH heraus gefallen; dies ist der doppelte Höhenunterschied zwischen A und B, jedoch frei von Erdkrümmung und Refraktion. Zusammenfassung: 1. bei Entfernungen bis 250 m muss die Erdkrümmung und Refraktion nicht berücksichtigt werden, 2. bei Entfernungen bis 2 – 3 km muss die Höhenkorrektion k H (1 k ) 2 e angebracht werden, 2r 3. bei größeren Entfernungen müssen gleichzeitig gegenseitige Zenitwinkelmessungen ausgeführt werden. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 52 - Professor B. Lehmann Koordinatentransformationen Ähnlichkeitstransformation Mit Hilfe der Ähnlichkeitstransformation lassen sich Koordinaten, die in einem orthogonalen y' - x' - Koordinatensystem gegeben sind über zwei identische Punkte (Punkte, die in beiden Koordinatensystemen bekannt sind) in ein anderes orthogonales y - x - Koordinatensystem umrechnen: x' x Pi Pi PE Pi PA x0 y' y0 y Zunächst werden die Koordinatendifferenzen der identischen Punkte berechnet: dy' y'E y'A dy y E y A dx' x'E x'A dx x E x A Die Transformationskonstanten ergeben sich aus: a Hinweis: dx' dx dy' dy dx' 2 dy' 2 o Der Nenner ist bei den Transformationskonstanten gleich! a2 o2 Maßstabsfaktoren: m Drehwinkel: arc tan Translationsparameter: y 0 y A o x' A a y' A o a bzw. x 0 x A a x'A o y'A Neupunktberechnung: yi y 0 o x'i a y'i xi x0 a x'i o y 'i Hochschule Trier dx' dy dy' dx dx' 2 dy' 2 arc cos a m arc sin bzw. y 0 yE o x'E a y'E bzw. x0 xE a x'E o y'E o m Professor B. Lehmann - 53 - Vermessungskunde 1 Koordinatentransformation Ort: _ Trier Projekt: ___Sportplatz_________ Datum: 2.2.2014 Berechnung : __Schmitt________ S d s m o AltesSystem x'A x'i x'i x'E 23 8 338,99 8 586,69 481 7 319,35 8 802,06 482 8 858,81 9 717,54 24 7 918,31 9 538,01 y yE yA x xE xA a NeuesSystem y'A y'i y'i y'E Punkt Nr. Seite : ______1_________ yA yi yi yE xA xi xi xE 3 497 944,99 5 208 664,62 3 497 564,56 5 209 632,75 Punkt Nr. y yE yA x y y x o s2 x xE xA y y x x s2 y 2 x2 S2 y2 x2 d S s a m s2 o S Maßstabsfaktor: m a 2 o 2 Drehwinkel: arc tan s a Form Transf . . . . 2014 by FH Trier - FB BLV yi = o x'i + a y'i xi = a x'i - o y'i Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 54 - Professor B. Lehmann Überbestimmte Ähnlichkeitstransformation Mit Hilfe der überbestimmten Ähnlichkeitstransformation (Helmerttransformation) lassen sich Koordinaten, die in einem orthogonalen y' - x' - Koordinatensystem gegeben sind über identische Punkte in ein anderes orthogonales y - x - Koordinatensystem umrechnen. Die Zahl der identischen Punkte, die in beiden Systemen gegeben sein müssen, ist n 3. Um numerisch günstige Werte für die Berechnung der Transformationskonstanten zu erhalten, werden die Berechnungen mit Koordinatendifferenzen, bezogen auf den Schwerpunkt der gegebenen Punkte, durchgeführt: Schwerpunktkoordinaten: n = Anzahl der identischen Punkte y' y 's i n ys x' x's i n yi n xs für i = 1 ... n xi n Danach werden die Koordinatendifferenzen zu jedem Koordinatenwert berechnet: dy'i y 'i y's dx'i x'i x's dy i y i y s dx i x i x s für i = 1 ... n Die Transformationskonstanten ergeben sich aus: a o Hinweis: dx'i dx i dy 'i dy i [ dx'i 2 dy 'i 2 dx'i dy i dy 'i dxi dx'i 2 dy'i 2 Der Nenner ist bei den Transformationskonstanten gleich! a2 o2 Maßstabsfaktoren: m Drehwinkel: arc tan Translationsparameter: y 0 y s o x's a y's o a bzw. x0 xs a x's o y's Neupunktberechnung: yi y 0 o x'i a y'i xi x0 a x'i o y 'i Hochschule Trier ] = Gauß'sches Summenzeichen arc cos a m arc sin o m Professor B. Lehmann - 55 - Vermessungskunde 1 Für die identischen Punkte lassen sich mit diesen Berechnungsansätzen die Restklaffungen in den Koordinaten bestimmen: v yi yi ber . yi v xi xi ber . xi v yi v xi 0 Kontrolle: Mit Hilfe der Restklaffungen lässt sich die Standardabweichung eines Koordinatenwertes berechnen: v yi 2 v xi 2 sx sy n > 2 Anzahl der identischen Punkte 2n 4 Die Standardabweichung eines Punktes ergibt sich aus: sP s x 2 Affintransformation Bei der Affintransformation werden Koordinaten, die in einem y' - x' - System gegeben sind, in ein kartesisches y - x - System umgerechnet. Die Koordinatenachsen des y' - x' - Systems können windschief zueinander sein und unterschiedliche Maßstäbe haben. Bei 3 identischen Punkten ist die Lösung eindeutig, bei mehr als 3 identischen Punkten liegt eine Überbestimmung vor, bei der [vv] = Minimum wird. x P2 x' x Pi Pi P3 P1 x0 Pi y P4 y' y0 y Zur Berechnung der Transformationskonstanten werden zunächst die Schwerpunktkoordinaten in beiden Koordinatensystemen aus den Koordinaten der identischen Punkte bestimmt. Schwerpunktkoordinaten: n = Anzahl der identischen Punkte y' y 's i n ys yi n x' x's i n xs für i = 1 ... n xi n Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 56 - Professor B. Lehmann Danach werden die Koordinatendifferenzen zu jedem Koordinatenwert berechnet: dy'i y 'i y's dx'i x'i x's dy i y i y s dx i x i x s für i = 1 ... n Die Transformationskonstanten ergeben sich aus: 2 ax dy'i dx'i dx i dx'i dy'i dy 'i dx i dx'i2 dy 'i2 dx'i dy 'i 2 2 ox dy'i dx'i dy i dx'i dy 'i dy 'i dy i dx'i 2 dy'i 2 dx'i dy'i 2 2 ay dx'i dy 'i dy i dx'i dy 'i dx'i dy i dx'i 2 dy 'i 2 dx'i dy 'i 2 2 oy Hinweis: dx'i dy 'i dx i dx'i dy'i dx'i dx i dx'i 2 dy 'i 2 dx'i dy'i 2 Der Nenner ist bei allen Transformationskonstanten gleich! a x2 o x2 Maßstabsfaktoren: mx my Drehwinkel: x arc cos Translationsparameter: y 0 y s ay y's o x x's ax mx 2 ay o y y arc cos 2 ay my x0 xs ax x's oy y's yi y 0 o x x'i ay y'i Neupunktberechnung: xi x0 a x x'i oy y'i Standardabweichung der Koordinaten: v y i 2 v xi 2 sx sy 2n 6 Standardabweichung eines Punktes: sP s x Hochschule Trier 2 n > 3 Anzahl der identischen Punkte Professor B. Lehmann - 57 - Vermessungskunde 1 BASIC - Programm zur Affintransformation HINWEIS: Vor jeder Zeile muss i. d. R. eine Zeilennummer stehen (hier ab 3000). 3000 3010 3020 3030 3040 3050 3060 3070 3080 3090 3100 3110 3120 3130 3140 3150 3160 3170 3180 3190 3200 3210 3220 3230 3240 3250 3260 3270 3280 3290 3300 3310 3320 3330 3340 3350 3360 3370 3380 3390 3400 3410 3420 3430 3440 PRINT "AFFINTRANSFORMATION N>3!" INPUT "ZAHL D. ID. PUNKTE";N DIM YA(N),XA(N),YN(N),XN(N) XA=0:YA=0:XN=0:YN=0:GRAD REM EINGABE DER KOORDINATEN DER IDENTISCHEN PUNKTE FOR I=1 TO N Z$=STR$(I) PRINT "PUNKT";Z$ INPUT "RECHTS(ALT)=";YA(I) INPUT "HOCH (ALT)=";XA(I) INPUT "RECHTS(NEU)=";YN(I) INPUT "HOCH (NEU)=";XN(I) YA=YA+YA(I) XA=XA+XA(I) YN=YN+YN(I) XN=XN+XN(I) NEXT I REM SCHWERPUNKTBERECHNUNG YA=YA/N XA=XA/N YN=YN/N XN=XN/N REM SUMMENBILDUNG S1=0:S2=0:S3=0:S4=0:S5=0:S6=0:S7=0 FOR I=1 TO N S1=S1 + (YA(I) - YA)^2 S2=S2 + (XA(I) - XA)^2 S3=S3 + (YA(I) - YA) * (XA(I) - XA) S4=S4 + (XA(I) - XA) * (XN(I) - XN) S5=S5 + (XA(I) - XA) * (YN(I) - YN) S6=S6 + (YA(I) - YA) * (XN(I) - XN) S7=S7 + (YA(I) - YA) * (YN(I) - YN) NEXT I REM BERECHNUNG DER TRANSFORMATIONKONSTANTEN NE=S1 * S2 - S3^2 K1=(S1 * S4 - S3 * S6)/NE :REM AX K2=(S1 * S5 - S3 * S7)/NE :REM OX K3=(S2 * S7 - S3 * S5)/NE :REM AY K4=(S2 * S6 - S3 * S4)/NE :REM OY REM BERECHNUNG DER MASSTABSFAKTOREN PRINT "MASSTABSFAKTOREN:" MY=SQR(K3^2 + K4^2) PRINT "MY=";MY MX=SQR(K1^2 + K2^2) PRINT "MX=";MX Hochschule Trier Vermessungskunde 1 3450 3460 3470 3480 3490 3500 3510 3520 3530 3540 3550 3560 3570 3580 3590 3600 3610 3620 3630 3640 3650 3660 3670 3680 3690 3700 3710 3720 3730 3740 3750 3760 3770 3780 3790 - 58 - REM DREHWINKELBERECHNUNG PRINT "DREHWINKEL:" EY=ACS(K3/MY) PRINT "PHI(Y)=";EY EX=ACS(K1/MX) PRINT "PHI(X)=";EX REM TRANSLATIONSPARAMETER YO=YN - K3 * YA - K2 * XA XO=XN - K1 * XA - K4 * YA REM RESTKLAFFUNGSBERECHNUNGEN PRINT "RESTKLAFFUNGEN:" SA=0 FOR I=1 TO N Z$=STR$(I) PRINT "PUNKT";Z$ VY=YO + K2 * XA(I) + K3 * YA(I) - YN(I) PRINT "VY=";VY VX=XO + K1 * XA(I) + K4 * YA(I) - XN(I) PRINT "VX=";VX SA=SA + VY^2 + VX^2 NEXT I REM STANDARDABWEICHUNGSBERECHNUNG SA=SQR(SA/(2 * N - 6 + 1. E -10)) PRINT "STANDARDABW.=";SA PRINT "EINES PUNKTES=";SA*SQR(2) REM NEUPUNKTBERECHNUNG PRINT "NEUPUNKTBERECHNUNG:" INPUT "RECHTS(ALT)=";RA INPUT "HOCH (ALT)=";HA RN=YO + K2 * HA + K3 * RA PRINT "RECHTS(NEU)=";RN HN=XO + K1 * HA + K4 * RA PRINT "HOCH (NEU)=";HN GOTO 3700 END Hochschule Trier Professor B. Lehmann Professor B. Lehmann - 59 - Vermessungskunde 1 Freie Standpunktwahl Steht zur Messung ein elektronischer Tachymeter (elektronischer Theodolit mit elektronischem Streckenmessteil) zur Verfügung, können von einem koordinatenmäßig unbekannten Instrumentenstandpunkt nach Anmessung (mit Richtung und Strecke) von mindestens zwei koordinatenmäßig bekannten Punkten, weitere Neupunkte durch Messung von Richtung und horizontaler Strecke mit Hilfe der freien Standpunktwahl lagemäßig bestimmt werden. Die mit dem Instrument zu allen Punkten gemessenen Richtungen ri und horizontalen Strecken si (Polarkoordinaten) werden über y'i = si . sin ri x'i = si . cos ri in lokale orthogonale Koordinaten umgerechnet. Hierbei ist die x' - Achse identisch mit der Nullrichtung des Instrumententeilkreises. Die Nullrichtung des Teilkreises kann mit der Richtung zum ersten Ziel zusammenfallen (reduzierte Nullrichtung). Für die koordinatenmäßig bekannten Punkte liegen damit Koordinatenwerte in zwei Systemen vor, so dass diese Punkte als identische Punkte für eine Koordinatentransformation verwendet werden können. Hierbei ist der Instrumentenstandpunkt, der je nach den örtlichen Gegebenheiten günstig in das Gelände gelegt werden kann, der Koordinatenursprung des lokalen Systems. x x' FP2 P1 FP1 P2 y' r1 r0 s0 s1 r3 r2 s2 s3 Pi ri si Standpunkt FPi y Liegen nur zwei bekannte Punkte vor, erfolgt die Berechnung über eine Ähnlichkeitstransformation (s. dort). Bei mehr als zwei bekannten Punkten wird zur Genauigkeitssteigerung die Berechnung mit Hilfe aller identischen Punkte durch eine überbestimmte Ähnlichkeitstransformation vorgenommen. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 60 - Professor B. Lehmann Polygonzüge Bei der Polygonzugmessung sind folgende zulässige Abweichungen einzuhalten: 1,1 - für die Winkelabweichung: ZW - für die Längsabweichung: Z L 0,004 - für die Querabweichung: Z Q 0,005 n [s gem. ] (n 1) n 0,01 in gon s ger . 0,00015 s ger . 0,06 in m n 0,00007 s ger . 0,06 in m n = Anzahl der Polygonzugpunkte (einschließlich Anfangs- und Endpunkt) [ ] = Gauß'sches Summenzeichen [sgem. ] = Summe der gemessenen Polygonzugseiten (in m) sger. = aus Koordinaten gerechnete Strecke zwischen Anfangs- und Endpunkt (in m) Beiderseits angeschlossener Polygonzug FZ1 gegebene Koordinaten: TP A, TP E, FZ1, FZ2 gemessene Elemente: 1 - 5, s1 - s4 gesuchte Koordinaten: P1 - P3 FZ2 3 2 4 1 s1 P1 s2 P2 s3 TP A P3 5 s4 TP E gegebene Koordinaten: TP A, FZ1 gemessene Elemente: 1 - 4, s1 - s4 gesuchte Koordinaten: P1 - P4 Einseitig angeschlossener Polygonzug FZ1 3 2 4 1 s1 TP A P1 s2 P2 s3 P3 s4 P4 Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 61 - Vermessungskunde 1 Freier Polygonzug (Einrechnungszug) gegebene Koordinaten: TP A, TP E gemessene Elemente: 1 - 3, s1 - s4 gesuchte Koordinaten: P1 - P3 2 1 3 s1 s2 P1 P2 s3 TP A P3 s4 TP E Ringpolygonzug gegebene Koordinaten: i. d. R. keine gemessene Elemente: 1 - 5, s1 - s5 gesuchte Koordinaten: P1 - P5 3 2 s2 P3 s3 P2 s1 P4 P1 4 s4 1 s5 P5 5 Bei einem Ringpolygonzug muss bei der Bestimmung der Fehlergrenzen anstelle von sger. der Wert für [sgem. ] verwendet werden! Erläuterungen: gemessene Richtung gegenseitige Richtungen gegenseitige Richtungen mit Strecke Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 62 - Professor B. Lehmann Polygonzugberechnung Ort: Trier Projekt: __Zug 14________________ Datum: 1.2.2014 Gruppe: __3___ Punkt- Richtungswinkel t nummer Verbesserung Strecke s Berechnung: _Müller________ Verbesserung Verbesserung y = s . sin t y = s . sin t x = s . cos t x = s . cos t Brechungswinkel β [gon] y [m] TP 23 TP 4 308 040 200 3 524 806 80 5 215 739 96 3 523 652 14 5 215 405 41 3 523 779 92 5 215 964 99 3 524 775 32 5 216 035 25 [m] 139 50 242 148 195 74 NP 1203 [m] Kontrolle: 001 NP 1202 [m] x 153 24 NP 1201 Seite: _1____________ 210 320 126 22 TP 116 TP 62 252 941 Form Polyber - 2014 by FH Trier - FB BLV Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 63 - Vermessungskunde 1 Koordinatentransformation Ort: _ Trier Projekt: ___Sportplatz_________ _ 1.2.2014 Datum: Berechnung : __Schmitt________ S d s m o AltesSystem Punkt Nr. Seite : ______1_________ y'A y'i y'i y'E a NeuesSystem x'A x'i x'i x'E yA yi yi yE xA xi xi xE Punkt Nr. Einrechnungszug TPA 1000,00 PP 1 1000,00 1000,00 3 496 387,12 5 206 423,89 3 496 844,66 5 206 105,32 PP 2 TPB y yE yA x xE xA y yE yA x y y x o s2 x xE xA y y x x s2 y 2 x2 S2 y2 x2 d S s a m s2 o S Maßstabsfaktor: m a 2 o 2 Drehwinkel: arc tan s a Form Transf . . . . 2014 by FH Trier - FB BLV yi = o x'i + a y'i xi = a x'i - o y'i Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 64 - Professor B. Lehmann Tachymetrische Geländeaufnahme Unter Tachymetrie versteht man die Bestimmung von Geländepunkten nach Lage und Höhe durch gleichzeitiges Messen von Entfernung, Richtung und Höhenunterschied (originäre Messwerte) mit einem Tachymeterinstrument. Koordinatenmäßig bekannte Punkte: P1 = Fernziel = Standpunkt (+ Höhe) P2 Zubestimmende Punkte: P3 FZ Standpunkt = Geländepunkt Messelemente: Richtung Entfernung, Richtung und Höhenunterschied Pn Das Gelände muss durch geeignete Auswahl der aufzunehmenden Punkte so erfasst werden, dass zwischen benachbarten Punkten möglichst konstantes Gefälle besteht und linear interpoliert werden kann. Die Lage der Geländepunkte ist in aller Regel willkürlich. Die Anzahl der Geländepunkte ist von den Geländeverhältnissen, den Genauigkeitsansprüchen und dem Kartenmaßstab abhängig. Sie liegt für den Maßstab 1 : 5 000 bei etwa 300 - 700 Punkte je km2, für den Maßstab 1 : 1 000 bei etwa 2 000 - 3 000 Punkte je km2. Aus den originären Messwerten können im Tachymeterinstrument direkt dreidimensionale Koordinaten (Lage plus Höhe) der Geländepunkte bestimmt werden; dies kann in einem örtlichen (lokalen) Koordinatensystem aber auch direkt im übergeordneten Koordinatensystem sein, wenn die Standpunktkoordinaten und die Koordinaten des Fernziels -der Anschlusspunkte bei der Freien Standpunktwahl- vor der Messung in das Instrument eingegeben wurden bzw. vom PC via Transferkabel/Speicherkarte übertragen wurden. Grundsätze Vor der Messung muss der Maßstab der Karte, in der die Planung vorgenommen werden soll, festliegen. Denn danach richtet sich die Punktdichte. Der Anfänger neigt dazu, weitaus mehr Punkte aufzunehmen, als später in der Karte darstellbar sind. Deshalb soll man sich bei der Geländeaufnahme immer wieder die Frage stellen, ob die aufgenommenen Punkte in dem geforderten Maßstab in Lage und Höhe noch darstellbar sind. Eine übersichtliche Rissführung ist die Voraussetzung für eine einwandfreie Kartenherstellung. Im Riss müssen die Punktnummern mit denen im Instrument eingegebenen, bzw. im Formular notierten übereinstimmen. Dies ist bei jedem 10. Punkt durch Zuruf sicherzustellen. Bei der Einzelpunktaufnahme mit einem elektronischen Tachymeter werden die Messungen der Horizontalrichtungen und der Vertikalwinkel nur in einer Fernrohrlage vorgenommen. Das Tachymeterinstrument ist deshalb vor der Messung auf Zielachsfehler und Höhenindexfehler zu überprüfen und ggf. zu korrigieren. Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 65 - Vermessungskunde 1 Auswahl und Aufnahme der Geländepunkte Zunächst muss festgelegt sein, wie die Weiterverarbeitung der Geländepunkte erfolgen soll. Es gibt folgende grundlegende Methoden der Punktverarbeitung Dreiecksmethode + Originalmesspunkt Dreiecksseiten Bruchkanten Gittermethode + Originalmesspunkt interpolierte Gitterwerte Bruchkanten Wobei bei den heutigen CAD-Programmen die Dreiecksmethode eine höhere Priorität hat. Aus den diskreten dreidimensionalen Geländepunkten werden die Vermaschungen durch einen bestimmten Algorithmus automatisch vorgenommen (Delaunay-Triangulation) siehe dazu: http://www.pi6.fernuni-hagen.de/GeomLab/ http://de.wikipedia.org/wiki/Delaunay-Triangulation Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 66 - Professor B. Lehmann Führung des Vermessungsrisses Ein während der Messung sorgfältig geführter Feldhandriss und ein ordentliches Feldbuch ist ebenso wichtig, wie die eigentliche Punktaufnahme selbst. Denn nur eine sorgfältige Dokumentation der Messungsanordnung und der Messwerte gewährleistet später einen guten Grundriss und einen guten Höhenplan. Auch wenn mit den heutigen Messinstrumenten der Datenfluss der Messwerte unmittelbar zum Auswerterechner gegeben ist, muss die Lage der Punkte und die Darstellung des Geländes in einem ungefähr maßstäblichen Feldhandriss unbedingt festgehalten werden. Bei der späteren Auswertung können eventuell auftretende Fragen über die örtlichen Verhältnisse damit problemlos überprüft werden. Steht bei der späteren Auswertung ein Feldhandriss nicht zur Verfügung, muss ggf. erneut das Gelände in Augenschein genommen werden. Da das Vermessungsgebiet nicht immer in unmittelbarer Nähe gelegen ist, führt dies zu Zeitverzögerungen und zu unnötigen zusätzlichen Kosten. Als Grundlage für den Feldhandriss können je nach den örtlichen Gegebenheiten verschiedene Unterlagen genutzt werden: - Ist die tachymetrische Geländeaufnahme in einer Ortslage vorzunehmen, ist es vorteilhaft, sich bei dem zuständigen Katasteramt eine Abzeichnung der Flurkarte des entsprechenden Gebietes zu besorgen, die dann ggf. in einen zweckmäßigen Maßstab vergrößert wird. Damit steht ein zwar nicht immer absolut aktueller Nachweis der Flurstücksgrenzeinrichtungen (Grenzmarken, Grenzmauern), des Gebäudebestandes und der sonstigen Vermessungspunkte zur Verfügung. Jedoch ist die Karte eine nützliche Orientierungshilfe, sie dann durch die eigenen Vermessungen so ergänzt werden kann, dass alle planungsrelevanten Elemente erfasst und übersichtlich dargestellt werden können. - Bei einer tachymetrischen Geländeaufnahme in freiem Gelände nutzt eine Flurkarte i. d. R. relativ wenig, da Grenzmarken ohne größeren Aufwand in den seltensten Fällen örtlich aufgefunden werden können. Hier ist es zweckmäßig auf eine (mehrfach vergrößerte) Kopie der Deutschen Grundkarte im Maßstab 1 : 5 000 (DGK 5) zurückzugreifen. Hier sind i. d. R. zusätzlich zu den Flurstücksgrenzen auch Einzelheiten der Topographie dargestellt, die eine Orientierung im Gelände erleichtern und damit als Grundlage zur Rissführung dienen können. Als Hilfsmittel zur Rissführung dienen: - Feldbuchrahmen (Feldtisch) in entsprechender Größe (DIN A2) - transparenter Zeichenträger (Transparentpapier, Zeichenfolie) - Zeichenmaterial (Bleistift, Geodreieck mit Gonteilung, Anlegemaßstab) Ausschnitt aus einer DGK 5 Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 67 - Vermessungskunde 1 Allgemein sind die aufzunehmenden Punkte in einer so dichten Folge zu legen, dass eine zutreffende Darstellung der Umrisslinien topographischer Objekte, vor allem bei gekrümmten Linien (z.B. Bäche, Waldwege) gewährleistet ist. Die charakteristischen Geländelinien (Bruchkanten) müssen als Hilfslinien erkannt, im Riss dargestellt und in Orientierung daran die zu messenden Punkte sachgerecht verteilt ausgewählt werden. Bei der Punktaufnahme soll die Geländegestalt mit möglichst wenigen Punkten morphologisch richtig erfasst werden. Die Auswahl der aufzunehmenden Punkte erfordert Übung, Geschick und Erfahrung; sie ist Aufgabe des Ingenieurs, der auch den Riss führt. Dieser soll als maßstäbliche Skizze (Vermessungsriss) neben den Stand- und Aufnahmepunkten und deren Punktnummern alle wichtigen Einzelheiten auch die Geländelinien enthalten. Zu den Geländelinien gehören die: Geripplinien - Rückenlinien (Kammlinien, Wasserscheiden) - Muldenlinien (Tallinien, Wassersammler) - Falllinien - Formlinien (Leitlinien) - Kantenlinien (Bruchkanten, Geländekanten) Das Gelände gliedert sich in Rücken, Kuppen, Täler, Mulden, Kessel, Sättel usw., die messtechnisch durch Einzelpunkte zu erfassen sind. Die höchsten Punkte sind die Kuppen, die tiefsten die Mulden, die geländerelevanten Linien sind die Rücken- und Muldenlinien. Zwischen je zwei Aufnahmepunkten soll eine geradlinige Steigung des Geländes herrschen, so dass später die Höhenlinien zwischen diesen Punkten linear interpoliert werden können. Beispiel: Riss zu einer Tachymeteraufnahme Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 68 - Professor B. Lehmann Punktnummerierung Jeder angemessene Punkt wird im Riss dargestellt und erhält eine Punktnummer, die auch in das Instrument vor der Registrierung der Messwerte eingegeben wird. Damit ist später eine eindeutige Zuordnung der Messelemente zum jeweiligen Aufnahmepunkt möglich. Die Punktnummer besteht aus einer Leitnummer und Folgenummern. Die Leitnummer ist i. d. R. die Nummer des Festpunktes (NP), von dem aus die Aufmessung erfolgt. Ist die Zuordnung der angemessenen Punkte im Riss zum Leitpunkt nicht eindeutig, weil beispielsweise mehrere Aufnahmepunkte dargestellt sind, werden Leitpunktbezirke gebildet. Durch eine Abgrenzungslinie werden die zum jeweiligen Leitpunkt gehörenden Aufnahmegebiete diesem eindeutig zugeordnet. Die Vergabe der Leitnummer ist grundsätzlich im Riss zu vermerken. Die Folgenummern werden fortlaufend für jeden angemessenen Punkt vergeben und im Riss dem jeweiligen Punkt eindeutig zugeordnet. Sie sind von der Leitnummer eindeutig durch einen Schrägstrich (/) zu trennen. Ist die Zuordnung des Folgepunktes zu einem Leitpunkt im Riss eindeutig, kann die Folgenummer auch ohne vorgesetzte Leitnummer und Trennungszeichen angegeben werden. Die Folgenummer hat i. d. R. maximal drei Ziffern. Sie wird vor jeder Registrierung der Messelemente in das Instrument eingegeben. Beispiel: Leitpunkt ist NP 13 Punktnummern: oder, wenn eindeutig: z.B. z.B. 13/1, 13/2 usw. 6, 7, 8 usw. Ausschnitt eines Katasterrisses mit Leitpunkt, Leitpunktbezirk und Folgepunkten Schlüsselzahlen Zusätzlich zu den Punktnummern kann für jeden angemessenen Punkt eine oder mehrere Schlüsselzahlen in das Instrument eingegeben werden. Damit kann schon bei der Geländeaufnahme eine Zuordnung zu bestimmten topographischen Merkmalen oder Linienarten erfolgen. Die Schlüsselzahlen ergeben sich entweder aus den speziellen CAD-Programmen oder entsprechend dem Objektschlüsselkatalog OSKA LIKA – Objektschlüsselkatalog Liegenschaftskataster der AdV (Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland). Hochschule Trier Professor B. Lehmann Beispiel: - 69 - Schlüsselzahlen 2 4 5 9 22 25 0 0 0 0 0 0 0 9 Vermessungskunde 1 Merkmal Böschung OK Grabensohle Durchlass Polygonpunkt Fahrbahnrand Bankett Polygonseite Die Verwendung der Schlüsselzahlen und deren Eingabe in das Instrument setzt jedoch vom Messtruppführer die Kenntnis des umfassenden Schlüsselnummerkataloges voraus. Weitere Identifikationskriterien Die im elektronischen Tachymeter gespeicherten Datensätze können während der Messung durch weitere Informationen ergänzt werden. Dazu können folgende Daten gehören: - Header (Titelsatz zur Bezeichnung des Projektes) - Instrumentenhöhe zusätzlich zur Standpunktnummer - Reflektorhöhen und Reflektorlagen zusätzlich zur Zielpunktnummer: z. B.: 20 21 22 23 24 Zielpunkt zentrisch Zielpunkt exzentrisch, Punkt liegt vor dem Zentrum Zielpunkt exzentrisch, Punkt liegt links vom Zentrum Zielpunkt exzentrisch, Punkt liegt hinter dem Zentrum Zielpunkt exzentrisch, Punkt liegt rechts vom Zentrum - weitere Kennziffern zur Identifizierung des Punktes: - Höhenfestpunkt - Station - linker Fahrbahnrand - rechter Fahrbahnrand - links der Achse - rechts der Achse usw. Der detaillierte Aufbau der Datensätze ist unterschiedlich und von den jeweiligen Geräteherstellern abhängig. Der jeweilige Softwarehersteller bietet in seinen Produkten dann entsprechende Umsetzungsprogramme an, die es erlauben die Daten von dem Datenformat des Geräteherstellers in das Datenformat des Softwareproduktes zu konvertieren. Personeller Aufwand 1 Ingenieur zur Organisation des Messablaufs und Rissführung, 1 Beobachter am Instrument, 2 Messgehilfen zum Tragen und Aufstellen der Reflektoren Die Kosten belaufen sich dementsprechend in etwa auf: 1 Ingenieur 1 Beobachter 2 Messgehilfen je 40 € / Stunde 70 50 80 € / Stunde € / Stunde € / Stunde 200 € / Stunde Jede Einsparung von Arbeitskräften verzögert und verteuert die Geländeaufnahme. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 70 - Professor B. Lehmann Vermessung mit Hilfe von Satelliten Mit dem Aufkommen der Raumfahrt und dem Aussetzen von künstlichen Erdsatelliten (1957 Sputnik 1 von der UdSSR - 1958 Explorer 1 von den USA) wurde erkannt, dass die Satelliten für länderübergreifende Vermessungen genutzt werden könnten. Dabei wurden die zunächst passiven Satelliten (1960 Echo 1 USA) als hochfliegende Ziele betrachtet, die, zeitgleich von mehreren Punkte aus angemessen, eine sogenannte Hochzieltriangulation erlaubten. Zur Anmessung wurden keine Theodolite verwendet, sondern Spezialkameras mit hochpräzisen Objektiven, die vor dem Hintergrund des Sternenhimmels von der Satellitenbahn zeitsynchrone Fotografien aufnahmen. Die geodätischen Berechnungen erfolgten dann nach Ausmessung der Satellitenbahn in den fotografischen Aufnahmen. Praktische Anwendung dieser Methode war die vermessungstechnische Verbindung Skandinaviens an Europa und die Verbindung von Frankreich nach Algerien im Jahr 1962. Die technologische Entwicklung führte zu immer kleineren Satelliten, die dann auch selbst aktiv Signale aussandten. Schon 1964 wurde vom amerikanischen Verteidigungsministerium erkannt, dass die Satelliten zur Navigation (zunächst für die Polarisunterseeboote) genutzt werden könnten. Speziell dazu wurde das zweidimensionale Satellitennavigationssystem TRANSIT entwickelt. Dieses lieferte jedoch aufgrund der instabilen (niedrigen) Umlaufbahnen der Satelliten nicht hinreichend genaue Informationen; auch sollte eine dreidimensionale Navigation möglich sein. 1973 wurde vom amerikanischen Verteidigungsministerium der Beschluss gefasst, ein weltumspannendes genaues Satellitennavigationssystem zu schaffen, das auch den strategischen Raketen eine hohe Zielpunktgenauigkeit ermöglichen sollte. Der Aufbau dieses als NAVigational Satellite Time And Ranging - Global Positioning System NAVSTAR - GPS bezeichneten Systems begann 1973 und sollte 1993 abgeschlossen sein. Fehlstarts, Ausfälle und die Challanger-Katastrophe von 1986 führten zu zeitlichen Verzögerungen. Seit 1995 ist der endgültige Ausbauzustand mit mindestens 24 weltumspannenden Satelliten erreicht. Derzeit (2011) sind 32 Satelliten in Betrieb. Das System wird ständig ergänzt, da die Entwurfslebensdauer eines solchen Satelliten bei nur 7,5 Jahren liegt. Jeder Satellit hat ein Gewicht von ca. 850 kg, die Stromversorgung erfolgt über zwei Kollektorplatten für Sonnenenergie. Er verfügt über ein Antriebssystem zur Lagestabilisierung und Erhaltung der Bahnposition. GPS - 24 Satelliten-Konstellation GPS-Satellit Als Navigationssystem ist das GPS im Kraftfahrzeugbereich, beim Segeln und Wandern bereits weit verbreitet. Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 71 - Vermessungskunde 1 Nach Auflösung der Union der Sozialistischen Sowjet Republiken wurde bekannt, dass auch dort ein satellitengestütztes Navigationssystem existierte. Dieses System trägt die Bezeichnung GLONASS und wird zwischenzeitlich auch kommerziell genutzt. Auch die Volksrepublik China besitz zwischenzeitlich ein auf den asiatischen Raum begrenztes Satellitennavigationssystem COMPASS. Für Europa ist ein eigenständiges neues Navigationssystem derzeit in der Entwicklungsphase: GALILEO http://de.wikipedia.org/wiki/Galileo_(Satellitennavigation) Liste aller Navigationssatelliten: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Navigationssatelliten Für präzise geodätische Vermessungen (insbesondere bei nicht vorhandenem Grundlagennetz) werden GPS und GLONASS heute gemeinsam benutzt. Heute wird die Bezeichnung GNSS für ein Globales Navigationssatellitensystem (von dem engl. Global Navigation Satellite System) verwendett. GNSS-Satelliten übermittel über Funk ihre genaue Position und Uhrzeit. Zur Positionsbestimmung muss ein Empfänger die Signale von mindestens vier Satelliten gleichzeitig empfangen. Im Empfangsgerät werden dann die vier Signallaufzeiten (von den Satelliten zur Empfangsantenne) errechnet. Daraus werden dann die aktuelle Position (inklusive der Höhe) und die genaue Empfängeruhrzeit ermittelt. Methode der Positionsbestimmung Bei einer Flughöhe der GPS-Satelliten von ca. 20.200 km und einer Anzahl von wenigstens 24 Satelliten soll stets sichergestellt sein, dass die Empfangsgeräte - auch bei nicht vollkommen freier Sicht, insbesondere in Horizontnähe - möglichst immer Signale von mindestens vier Satelliten gleichzeitig empfangen. Dazu werden von verschiedenen Geräteherstellern Empfangsgeräte mit integrierten Auswerterechnern (Black Box) und entsprechende Auswertesoftware angeboten. Diese GPS - Empfänger erlauben die dreidimensionale Positionsbestimmung auf der Erdoberfläche mit cm - Genauigkeit. Voraussetzung zur Positionsbestimmung ist der Empfang der Signale von mindestens vier Satelliten (4 Unbekannte 3 Pseudostrecken und 1 Zeitsignal). Aus diesen Daten werden dreidimensionale orthogonale geozentrische Koordinaten im World Geodetic System 1984 (WGS84) abgeleitet. z zP P xP yP 0° x 90° Äquator geozentrisches Koordinatensystem y Schnittpunkt von 3 Kugelflächen Die Kosten für ein solches Empfangssystem belaufen sich auf ca. 40 000 EUR. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 72 - Professor B. Lehmann Zur Standortbestimmung werden Laufzeiten - auf zwei unterschiedlichen Frequenzen – aus den codiert ausgesandten Signalen von mindestens vier Satelliten und Zeitsignale ermittelt. Jede dieser (Pseudo-) Entfernungen definiert eine Kugelfläche um den zugehörigen Satelliten, auf der sich der Empfänger befindet. Zwei Kugelflächen schneiden sich in einem Kreisbogen und drei Kugelflächen ergeben den Empfängerstandpunkt. Der vierte Satellit wird benötigt, um die Abweichung zwischen den Uhren der GNSS-Satelliten und der des Empfängers zu ermitteln und aus den gemessenen Laufzeiten herauszurechnen, d. h. die Pseudoentfernungen in tatsächliche Entfernungen umzurechnen. Da sich die Satellitenstandorte ständig ändern, ändern sich auch die Entfernungen der Satelliten zum Empfänger im Standpunkt. Jedoch kann der Nutzer aus den in den Satellitensignalen enthaltenen Bahndaten (Ephemeriden) die Satellitenstandorte für jeden Zeitpunkt berechnen. Diese Bahndaten werden für jeden Satelliten von den Bodenkontrollstationen regelmäßig überprüft und bei GPS ca. alle 2 Stunden abgeglichen. Die Entfernung vom Satelliten zum Empfänger erschließt sich aus der Signallaufzeit. Jeder Satellit strahlt fortwährend seinen individuellen Code und seine individuellen Bahndaten aus. Der Code wiederholt sich bei GPS und GLONASS jede Millisekunde. Der Empfänger erzeugt dieselben Satellitencodes und gleicht diese über eine entsprechende Zeit- und Frequenzverschiebung an die empfangenen Satellitensignale an. Um den Empfänger nicht mit einer entsprechend hochgenauen Atomuhr auszustatten zu müssen, wird die Abweichung der Empfängeruhr ermittelt und bei der Positionsberechnung berücksichtigt. Zur Bestimmung der vier Unbekannten (drei Raumkoordinaten und Empfängeruhrenfehler) benötigt man deshalb vier Satelliten. Dies führt zu vier Gleichungen mit vier Unbekannten. Die so gemessene Zeitverschiebung entspräche bei genau synchronisierten Uhren im Satelliten und Empfänger der Laufzeit der Satellitensignale. Die Multiplikation dieser Laufzeit mit der Signalgeschwindigkeit (annähernd Lichtgeschwindigkeit) ergibt die Strecke vom Satelliten zum Empfänger. Die Laufzeiten der einzelnen Satellitensignale werden jedoch durch unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeiten der Signale in der Erdatmosphäre - hier insbesondere in der Troposphäre und der Ionosphäre - für jeden Satellitenstandort unterschiedlich beeinflusst. Die Positionsbestimmung unter diesem "Störfaktor“ ist nur mit einer Genauigkeit von etwa 10 m möglich. Zur Genauigkeitssteigerung (im Bereich des Vermessungswesens) kann die Differentiell GPSMethode (DGPS) eingesetzt werden. Hierbei werden mit zwei gleichartigen GPS-Empfängern (Referezstation – Roverstation) zeitgleich Messungen ausgeführt. Diese zwei Empfänger können über eine Funkverbindung miteinander verbunden werden und somit ihre Empfangsdaten austauschen. Vorteil ist, dass die Einflüsse durch unterschiedlich atmosphärische Bedingungen eliminiert werden können, da sie sich auf beide Empfänger in gleicher Größenordnung auswirken. Die beiden Empfänger befinden relativ nah zueinander und es gibt keine unterschiedlichen atmosphärischen Bedingungen während der Messung. Die Messungen beziehen sich zunächst rein auf das GPS Bezugssystem WGS84. Eine Umrechnung der gemessenen WGS 84 Koordinaten in Gauß-Krüger-Koordinaten oder UTM-Koordinaten des ETRS89 kann durch eine dreidimensionale Koordinatentransformation (sog. 7 Parametertransformation) direkt vor Ort mit dem Prozessrechner des GPS-Empfängers vorgenommen werden. Mit Hilfe von drei identischen Punkten, die nach Lage und Höhe in WGS 84 Koordinaten angemessen werden und deren Gauß-Krüger-Koordinaten mit NN-Höhen (oder UTM + Höhe) bekannt sind, können die 7 Unbekannten (3 Rotationen, 3 Translationen und ein Maßstabsfaktor) des Berechnungsansatzes einer 3-D-Transformation (sog. 7 - Parametertransformation) bestimmt werden. Mit dieser Art der Koordinatentransformation ist dann sofort eine Umrechnung der mit der Roverstation gemessenen WGS84 Koordinaten in das jeweilige Zielsystem möglich. Dadurch, dass bei dieser Messmethode jeweils zwei (baugleiche) GPS-Empfänger (Referenz- und Roverstation) benutzt werden müssen, ist der instrumentelle Aufwand relativ groß. Aus diesem Grund hat die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland den Aufbau eines flächendeckenden GPS-Referenzsystems SAPOS beschlossen und umgesetzt. Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 73 - Vermessungskunde 1 SAPOS Der Satellitenpositionierungsdienst der deutschen Landesvermessung (SAPOS) ist ein Gemeinschaftsprojekt der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV). Er stellt Korrekturdaten zur Verfügung, mit denen in Deutschland eine genauere Positionsbestimmung mittels Satelliten möglich ist. Die Grundlage dieses Dienstes bildet ein Netz von permanent betriebenen GNSSReferenzstationen (früher als „Permanentstationen“ bezeichnet). Mit über 270 Stationen ist ganz Deutschland abgedeckt. SAPOS stellt Korrekturdaten für Positionierung und Navigation mit GPS und des GLONASS bereit. Die SAPOS-Referenzstationen werden von den Ländern betrieben und sind bundesweit einheitlich nutzbar. Sie ersetzen bei differentiellen GPS-Messungen den notwendigen zweiten Empfänger, so dass der Nutzer nur noch einen einzigen benötigt. Der Datenaustausch zwischen den SAPOS Sendern und den GPS-Empfängern kann auf unterschiedliche Art und Weise vorgenommen werde. Entweder können mit speziellen Empfängern Radiosignale empfangen werden, die von der ARD ausgestrahlt werden oder die Daten können über Mobiltelefone (die Online mit dem GPS-Empfänger verbunden bzw. Bestandteil sind) abgerufen werden. Der Datenempfang ist grundsätzlich gebührenpflichtig. Siehe dazu: http://www.hamburg.de/sapos/ Für ausgerüstete und berechtigte Anwender bietet SAPOS drei verschiedene Genauigkeitsstufen zur Nutzung in Echtzeit (Realtime) oder für nachträgliche Berechnungen (Postprocessing) an. Drei Dienstbereiche umfasst SAPOS mit unterschiedlichen Eigenschaften und Genauigkeiten: Abkürzung EPS HEPS GPPS Name Echtzeit-PositionierungsService Hochpräziser EchtzeitPositionierungs-Service Geodätischer Postprocessing-PositionierungsService Verfahren Lagegenauigkeit Höhengenauigkeit DGPS 0,5 bis 3 m 1 bis 5 m RTK 1 bis 2 cm 2 bis 3 cm Postprocessing unter 1 cm 1 bis 2 cm Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 74 - Professor B. Lehmann Statistik und Fehlerlehre Einführung - Terminologie Die statistische Einheit ist das Einzelobjekt einer statistischen Untersuchung. Sie ist Träger der Information(en), für die man sich bei der Untersuchung interessiert. Jede statistische Einheit wird im Hinblick auf das Untersuchungsziel durch sachliche, räumliche und zeitliche Kriterien identifiziert bzw. abgegrenzt. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass über eine richtige bzw. zweckmäßige Abgrenzung der statistischen Einheiten keine allgemeingültigen Aussagen gemacht werden können. Die Identifikationskriterien müssen aus der jeweiligen Aufgabenstellung abgeleitet werden. Beispiel: Für eine Kommunalwahl in einer Großstadt soll eine Prognose für das Wahlergebnis erstellt werden. Nennen Sie die Identifikationskriterien: - Sachlich: - Räumlich: - Zeitlich: Eine statistische Masse ist eine Gesamtheit (Menge) von statistischen Einheiten mit übereinstimmenden Identifikationskriterien (Grundgesamtheit). Die sachlichen, räumlichen und zeitlichen Identifikationskriterien ergeben sich aus der Zielsetzung bzw. Aufgabenstellung der statistischen Untersuchung. Die statistische Einheit ist das Einzelobjekt einer statistischen Analyse. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen im allgemeinen Aussagen über die statistische Masse oder Teilen davon liefern. Häufig wird deshalb die Statistik als Wissenschaft zur Untersuchung von Massenerscheinungen bezeichnet. Sofern die Ergebnisse einer statistischen Untersuchung in irgendeiner Form für Vergleichszwecke herangezogen werden, ist vor allem auf die Gleichartigkeit von Massen zu achten. Beispiel: Eine Analyse der Mietpreisentwicklung ist nur für gleichartige Wohnungen sinnvoll. Änderungen im Wohnkomfort können zu Verschiebungen der Mietpreisanalyse führen. Aus Zeit-, Kosten- und anderen Gründen ist es häufig nicht möglich, im Rahmen einer statistischen Untersuchung eine statistische Masse vollständig zu erfassen. Wird bei einer statistischen Untersuchung nur ein Teil der interessierenden Masse erfasst, dann heißt dieser Teil Stichprobe. In der beschreibenden Statistik beziehen sich alle Ergebnisse und Aussagen immer nur auf die untersuchte Masse oder Stichprobe. Eine Verallgemeinerung oder Übertragung auf eine übergeordnete Masse ist unzulässig. Dies ist Aufgabe der induktiven Statistik. Statistische Massen können nach unterschiedlichen Gesichtspunkten klassifiziert werden. Nach dem Umfang unterscheidet man unendliche Massen, zu denen unendlich viele Einheiten gehören und endliche Massen mit endlich vielen Einheiten. Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit ist der Zeitpunkt der Untersuchung der statistischen Masse: Eine statistische Masse, deren Einheiten für ein gewisses Zeitintervall der Masse angehören, d.h. zu einem bestimmten Zeitpunkt in die Masse eintreten (Zugang) und erst zu einem späteren Zeitpunkt aus der Masse austreten (Abgang), heißt Bestandsmasse. Beispiel: Bestandsmassen sind die zugelassenen Kraftfahrzeuge in Deutschland (Zugang: Zulassung; Abgang: Abmeldung) Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 75 - Vermessungskunde 1 Eine statistische Masse, deren Einheiten Ereignisse sind, die in einem bestimmten Zeitraum auftreten, heißt Ereignismasse oder Bewegungsmasse. Beispiel: Ereignismassen sind die Neuzulassungen von Kraftfahrzeugen in Deutschland im Dezember 1994 oder der Bierverbrauch in Rheinland - Pfalz im Jahr 1993. Eine statistische Einheit kann gewisse Eigenschaften haben. Diese Eigenschaften heißen Merkmale, die statistischen Einheiten sind Merkmalsträger. Merkmale werden mit großen lateinischen Buchstaben bezeichnet: X, Y, A, B ... . Ein Merkmal, das abzählbar viele Werte annehmen kann, heißt diskret (Zwischenwerte sind nicht möglich!). Ein Merkmal, das beliebige Werte annehmen kann, heißt stetig. Beispiel: Diskrete Merkmale sind: Anzahl von Verkehrsunfällen, Zahl der Einwohner einer Stadt, Gehalt Hinweis: Bei allen Geldgrößen gibt es eine kleinste (Währungs-) Einheit Stetige Merkmale sind: Körpergröße, Alter, Körpergewicht, Temperatur Also: Alle Merkmale, die man durch abzählen erhält, sind diskret, alle Merkmale, die irgendwie gemessen werden (Gewicht, Länge, Volumen, ...), sind stetig. Die möglichen Werte, die ein Merkmal annehmen kann, heißen Merkmalsausprägungen. Eine bei einer statistischen Untersuchung an einer bestimmten statistischen Einheit festgestellte Merkmalsausprägung heißt Merkmalswert oder Beobachtungswert. Dies sind die Daten, die bei der statistischen Analyse verarbeitet werden. Sie werden mit kleinen lateinischen Buchstaben bezeichnet und mit einem Index i versehen: x1, x2, ... , xi, ... xn (n = Umfang der Messreihe). Zusammenfassendes Beispiel: statistische Masse: statistische Einheit: Merkmal: Merkmalsausprägung: Merkmalswert: Bevölkerung der BRD jeder Bürger der BRD Geschlecht männlich, weiblich Männer in einem bestimmten Alter Frauen mit einer bestimmten Haarfarbe Häufigkeitsverteilungen Werden die für eine statistische Untersuchung erhobenen Beobachtungswerte nacheinander aufgeschrieben, so erhält man eine statistische Reihe. Es werden geordnete und ungeordnete statistische Reihen unterschieden. Wenn die Beobachtungswerte in der Reihenfolge, in der sie erfasst werden, aufgeschrieben werden, erhält man eine Urliste. Eine erste Aufbereitung der durch die Urliste gegebenen Daten besteht nun darin, die auf die einzelnen Merkmalsausprägungen entfallende Anzahl von statistischen Einheiten auszuzählen. Wenn das Datenmaterial nicht zu umfangreich ist, kann das Auszählen mit Hilfe einer Strichliste erfolgen. Zur weiteren Aufbereitung des Datenmaterials benötigt man die sogenannten absoluten und relativen Häufigkeiten. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 76 - Professor B. Lehmann Beispiel: Anlässlich einer Schulstatistik wurde in einer Klasse das Alter von 25 Schülern festgestellt. Dabei erhielt man folgende Urliste: Nr. i der statis- Merkmalswert xi Nr. i der statis- Merkmalswert xi Nr. i der statis- Merkmalswert xi tischen Einheit 1 2 3 4 5 6 7 8 (in Jahren) 14 15 14 16 17 15 14 15 tischen Einheit 9 10 11 12 13 14 15 16 (in Jahren) 16 14 15 17 15 16 15 14 tischen Einheit 17 18 19 20 21 22 23 24 25 (in Jahren) 17 15 16 15 14 15 17 16 15 Die Auswertung der Tabelle führt zu folgender Strichliste: Nr. i Alter xi Anzahl der Schüler mit dem Alter xi 1 14 2 15 3 16 4 17 Die Anzahl der Beobachtungswerte mit der Merkmalsausprägung xi heißt absolute Häufigkeit der Merkmalsausprägung und wird mit h( xi ) bezeichnet. Die absolute Häufigkeit jeder Merkmalsausprägung kann in Beziehung zu der Gesamtzahl n der Beobachtungswerte gesetzt werden. k Für die absoluten Häufigkeiten gilt: 0 h( xi ) n (i = 1,2,...,k) und h( x ) n i i1 Der relative (prozentuale) Anteil der absoluten Häufigkeit einer Merkmalsausprägung xi an der Gesamtzahl der Beobachtungswerte heißt relative Häufigkeit f( xi ) . Die relativen Häufigkeiten können als Dezimalbrüche oder als Prozentzahlen angegeben werden. Im letzten Fall heißen sie dann relative prozentuale Häufigkeiten. h( xi ) Es gilt: f( xi ) Für die relativen Häufigkeiten gilt: 0 f( xi ) 1 n bzw. f( xi ) = h( xi ) n 100 (%) k (i = 1,2,...,k) und f( x ) 1 i i1 Beispiel: Von 80 Personen, die nach ihrem Wahlverhalten befragt wurden, haben 20 die Partei A gewählt. Merkmalsausprägung xi : Absolute Häufigkeit: Relative Häufigkeit: Hochschule Trier Partei A h (xi) = 20 f (xi) = 20 / 80 = 0,25 oder 25 % Professor B. Lehmann - 77 - Vermessungskunde 1 Graphische Darstellungen Anschaulicher als tabellarische Darstellungen von Häufigkeitsverteilungen sind graphische Darstellungen. Beispiel: Eine Untersuchung über die soziale Struktur einer Region hat ergeben, dass 40% der Beschäftigten Arbeiter, 25 % Angestellte, 15 % Beamte und 20 % Selbständige sind. Darstellungen bei qualitativen Merkmalen Bei qualitativen Merkmalen, die im allgemeinen nur wenige Merkmalsausprägungen haben, empfiehlt sich häufig eine der folgende graphischen Darstellungen: S B B An S An Ar Ar Ar A B S Abb.: Stabdiagramm, Rechteckdiagramm, Kreisdiagramm zu obigen Beispiel Eine anschauliche Darstellung (in Zeitungen) ist die Verwendung von Piktogrammen: MMMMMMMM 40% Arbeiter MMMMM 25% Angestellte MMM 15% Beamte MMMM 20% Selbständige MM Arbeiter 40% Angestellte 25% M M Beamte 15% Selbständige 20% Abb.: Zwei Arten von Piktogrammen - zweckmäßiger Weise mit Zahlenwerte ergänzt. Darstellungen bei quantitativen Merkmalen Bei der graphischen Darstellung quantitativer Merkmale kann ein Stabdiagramm in ein Koordinatensystem eingezeichnet werden. Auf der horizontalen Achse werden in einem geeigneten Maßstab die Merkmalsausprägungen aufgetragen. Beginnen die Ausprägungen nicht mit Null, so wird dies durch eine am Ursprung unterbrochene Linie angedeutet. Die Höhen der Stäbe werden durch die Häufigkeiten (relativ oder absolut) bestimmt. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 hi fi 10 0,40 8 0,32 6 0,24 4 0,16 2 0,08 - 78 - 14 15 16 Professor B. Lehmann Alter xi (in Jahren) 17 Abb.: Stabdiagramm zum Beispiel des Alters von Schülern in einer Klasse Verbindet man die Endpunkte der Stäbe des Stabdiagramms miteinander und zeichnet die Stäbe nicht ins Diagramm ein, so erhält man ein Häufigkeitspolygon. hi fi 10 0,40 8 0,32 6 0,24 4 0,16 2 0,08 14 15 16 Alter xi (in Jahren) 17 Abb.: Häufigkeitspolygon zum gleichen Beispiel Beispiel: In einem Betrieb wurden die Mitarbeiter nach ihrem Alter zahlenmäßig erfasst. Dabei ergab sich folgende absolute Häufigkeitsverteilung: hi 4 3 2 1 16 20 25 30 35 40 45 50 55 60 64 Alter In einer Tabelle lassen sich diese Daten in Altersklassen zusammenfassen: Nr. der statis- Altersklasse tischen Einheit absolute Häufigkeit 1 15 - < 20 4 2 20 - < 30 8 3 30 - < 40 10 4 40 - < 50 6 5 50 - < 60 7 6 60 - 65 5 Hochschule Trier Häufigkeit Klassenbreite Professor B. Lehmann - 79 - Vermessungskunde 1 Bei dem vorherigen Beispiel war die Einteilung in die verschiedenen Altersklassen in Abstände von vollen zehn Jahren sinnvoll und aufgrund der Altersstruktur zweckmäßig. Bei diskreten Merkmalen mit sehr vielen Merkmalsausprägungen oder stetigen Merkmalen können die Häufigkeiten nicht mehr jeder einzelnen Merkmalsausprägung zugeordnet werden. Hier empfiehlt es sich, mehrere Merkmalsausprägungen in bestimmte Klassen einzuteilen. Klasseneinteilungen Anzahl der Klassen: k n Spannweite: R x max. x min. R x k Klassenbreite: Mitte des Messwertbereiches: (xmax. xmin. ) / 2 Beispiel: Eine Messreihe mit 80 ganzzahligen (diskreten) Messwerten soll in Klassen eingeteilt werden. Der Messwertsprung = 1, d.h. jede ganze Zahl zwischen x max. und x min. ist ein möglicher Messwert. Gegeben sind folgende Daten: xmax. = 21 k x (x max. xmin. = 5 80 8,94 R = 21 - 5 = 16 n = 80 Messwerte k 9 (ungerade Klassenanzahl) 16 = 1,78 9 + x min. ) / 2 = 13 x = 2 ( =÷ möglicher Messwert) Mittel aller Messwerte: x = 13,12 ; (x max. + x min. ) / 2 + x / 2 = 14 Rechter Klassenrand der mittleren Klasse: 14 + 0,5 = 14,5 Linker Klassenrand: Addition des halben Messwertsprungs wegen x > (x max. + x min. ) / 2 14,5 - x = 12,5 Mittlere Klassenmitte: 14,5 - x /2 = 13,5 R = (xmax. - xmin.) = 16 Addition wegen x ( x m a x . x min. ) / 2 (xmax. + xmin.)/2 x/2 + 0,5 = 1,5 xmin. 5 mögliche Messwerte kleinster Messwertsprung x 5,5 4,5 7,5 6,5 9,5 8,5 xmax. 21 11,5 10,5 13,5 12,5 15,5 14,5 Klassenmitten x 17,5 16,5 19,5 18,5 21,5 20,5 22,5 Klassenränder mittlere Klassenmitte Abb.: Darstellung der Herleitung der Klasseneinteilung Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 80 - Professor B. Lehmann Beispiel: An 40 Probewürfeln wurden die in folgender Tabelle wiedergegebenen Betondruckfestigkeiten xi [N/mm2] ermittelt. Stellen Sie diese Stichprobe durch Klasseneinteilung in Form von Histogrammen, einem Häufigkeitspolygon und einem Summenhäufigkeitspolygon graphisch dar. Nr. der statistischen Einheit Festigkeit xi Nr. der statistischen Einheit Festigkeit xi Nr. der statistischen Einheit Festigkeit xi Nr. der statistischen Einheit Festigkeit xi 1 52,6 11 43,8 21 50,2 31 48,9 2 49,8 12 49,7 22 55,2 32 46,1 3 52,3 13 50,4 23 49,6 33 51,5 4 47,4 14 54,6 24 57,0 34 53,6 5 46,3 15 42,1 25 51,8 35 47,1 6 44,5 16 50,4 26 52,8 36 51,1 7 46,1 17 53,9 27 49,4 37 48,5 8 48,3 18 51,3 28 49,2 38 47,1 9 44,5 19 55,1 29 48,1 39 50,8 10 50,8 20 46,7 30 53,1 40 48,6 Verteilungsformen Bei Häufigkeitsverteilungen lassen sich im allgemeinen nach dem Aussehen ihrer graphischen Darstellungen verschiedene Verteilungsformen unterscheiden. Die folgenden Abbildungen zeigen die typische Gestalt der wichtigsten Verteilungsformen. Die dargestellten Häufigkeitskurven kann man als geglättete Häufigkeitspolygone auffassen. Die Verteilungsform einer Häufigkeitsverteilung gibt einen ersten Überblick über die Struktur der entsprechenden statistischen Masse. symmetrisch, eingipflig symmetrisch, mehrgipflig Hochschule Trier rechts steil, links schief symmetrisch, steilgipflig links steil, rechts schief symmetrisch, flachgipflig Professor B. Lehmann - 81 - Vermessungskunde 1 Statistische Maßzahlen eindimensionaler Häufigkeitsverteilungen Für viele statistische Fragestellungen ist die detaillierte und umfassende Information, die die Darstellung der Häufigkeitsverteilung liefert, unnötig oder sogar störend. Man ist vielmehr daran interessiert, eine Häufigkeitsverteilung durch einige wenige, für die Problemstellung informative Größen zu ersetzen. Die Charakterisierung einer Häufigkeitsverteilung durch statistische Maßzahlen stellt wie die Klasseneinteilung eine Datenreduktion dar, die dem Ziel dient, das Datenmaterial überschaubarer und aussagekräftiger zu machen. Die statistischen Maßzahlen werden nach sachlichen Gesichtspunkten im wesentlichen in Lageparameter und Streuungsparameter eingeteilt. Lageparameter Ein Durchschnitt ist ein Wert, der typisch oder repräsentativ für eine Menge von Daten ist. Da solche typischen Werte dazu neigen, mitten in einer Menge von der Größe nach geordneten Daten zu liegen, werden Durchschnitte auch Lageparameter genannt. Verschiedene Arten von Durchschnitten können definiert werden, von denen das arithmetische Mittel oder kurz der (empirische) Mittelwert, der Median, der Modus, das geometrische Mittel und das harmonische Mittel die gebräuchlichsten sind. Das arithmetische Mittel Das arithmetische Mittel oder der Mittelwert x einer Menge von n Zahlen x1 , x 2 , x 3 ,..., x n ist definiert durch: x x1 x2 x3 ... xn n xi n Dieser Mittelwert wird auch als empirisches Mittel bezeichnet. Beispiel: Das arithmetische Mittel der Zahlen 8, 3, 5, 12, 10 ist x 8 3 5 12 10 38 7 ,6 5 5 Kommen die Zahlen x1 , x 2 , x 3 ,..., x m jeweils mit den absoluten Häufigkeiten h1, h 2 , h3 ,..., hm vor, so ist das arithmetische Mittel x Dabei ist n h1 x1 h 2 x 2 ...h m x m 1 h 1 h 2 ...h m n hi m h i xi i 1 die gesamte absolute Häufigkeit ( Anzahl aller xi ). Beispiel: Kommen 5, 8, 6 und 2 jeweils mit den Häufigkeiten 3, 2, 4 und 1 vor, so ist das arithmetische Mittel: x 3 5 2 8 4 6 1 2 15 16 24 2 5 ,7 3 2 4 1 10 Bei klassifizierten Häufigkeitsverteilungen repräsentiert die Klassenmitte xi* die gesamte Klasse. Es ergibt sich demnach als Näherungswert für das arithmetische Mittel. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 82 - 1 n x Professor B. Lehmann k hi * xi * i1 wobei die hi* die absoluten Häufigkeiten in den Klassen mit den jeweiligen Klassenmitten xi* sind. Die Anzahl der Klassen ist k. Das gewogenes arithmetisches Mittel Manchmal ordnet man den Zahlen x1 , x 2 , x 3 ,..., x n gewisse Gewichtungsfaktoren oder Gewichte p1, p2, ..., pn zu, die von ihrer Bedeutung oder Wichtigkeit abhängen. In diesem Fall wird p1 x1 p 2 x 2 ...p n x n p 1 p 2 ...p n x pi xi pi als gewogenes arithmetisches Mittel bezeichnet. Beispiel: Wenn die Abschlussklausur einer Vorlesung dreimal so hoch gewertet wird wie eine Kurzklausur und ein Student bei der Abschlussklausur eine Punktzahl von 85 und bei den Kurzklausuren Punktzahlen von 70 und 90 erhalten hat, so ist die durchschnittliche Punktzahl x 1 70 1 90 3 85 415 83 1 1 3 5 Der Median Der Median x Z einer Menge von Zahlen, die ihrer Größe nach geordnet sind , ist der Wert in der Mitte oder das arithmetische Mittel der beiden Werte in der Mitte. Er wird auch als Zentralwert bezeichnet. Sind x1 , x 2 , x 3 ,..., x n die aufsteigend geordneten Merkmalswerte einer Grundgesamtheit, so ist der Median folgendermaßen definiert: xZ x n1 falls n ungerade 2 xZ x n 2 x n 2 1 falls n gerade 2 Beispiel: 1. Für die Menge der Zahlen 3, 4, 4, 5, 6, 8, 8, 8, 10 erhält man folgenden Median: n ist ungerade x Z x n 1 x 9 1 x 10 x 5 6 2 2 2 2. Für die Menge der Zahlen 5, 5, 7, 9, 11, 12, 15, 18 erhält man folgenden Median: n ist gerade xZ x n 2 x n 2 1 2 x 8 2 x 8 2 1 2 x4 x5 2 9 11 10 2 Liegen die Daten in Form einer Häufigkeitstabelle (klassifizierte Daten) vor, so ist bei der Berechnung des Medians zu beachten, dass sich die Berechnungsformeln für den Median auf die einzelnen Merkmalswerte xi und nicht auf die klassifizierten Merkmalsausprägungen xi* der Häufigkeitstabelle beziehen. Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 83 - Vermessungskunde 1 Der Modus Der einfachste Lageparameter ist der Modus xD , der auch als dichtester Wert oder häufigster Wert bezeichnet wird. Der Modus ist die Merkmalsausprägung, die am häufigsten vorkommt. Er ist um so aussagekräftiger, je stärker die entsprechende Merkmalsausprägung dominiert. Kommen mehrere Merkmalsausprägungen als Modus in Frage, so verliert er an Aussagekraft. Beispiel: 1. Die Menge 2, 2, 5, 7, 9, 9, 9, 10, 10, 11, 12, 18, hat den Modus xD 9. 2. Die Menge 3, 5, 8, 10, 12, 15, 16, hat keinen Modus. 3. Die Menge 2, 3, 4, 4, 4, 5, 5, 7, 7, 7, 9 hat zwei Modi, xD 4 und xD 7. Eine Verteilung, die nur einen Modus hat, wird als unimodal bezeichnet, eine Verteilung mit zwei Modi bezeichnet man als bimodal. Quartile, Dezile, Zentile, Quantile, Fraktile Wird eine Menge von Daten der Größe nach geordnet, so ist der Wert in der Mitte - oder das arithmetische Mittel der beiden Werte in der Mitte -, der die Menge in zwei gleiche Teile teilt, der Median. Wird die Menge der Daten in vier gleiche Teile geteilt, bezeichnet man die Werte, die die Aufteilung vornehmen, als Quartile Q1 - Q3. Gleichermaßen werden die Werte, die die Daten in zehn gleiche Teile teilen, Dezile D1 - D9 genannt. Bei einer Aufteilung in einhundert gleiche Teile heißen die Aufteilungswerte Zentile Z1 - Z99. Das 2. Quartil, das 5. Dezil und das 50. Zentil entsprechen dem Median. Das 25. und 75. Zentil entsprechen dem 1. und 3. Quartil. Die Begriffe Quartile, Dezile, Zentile und andere Werte werden zusammenfassend als Schwellenwerte oder auch Quantile bezeichnet. Bei normalverteilten Daten ist zur Festlegung eines bestimmten Bereiches der Daten auch die Bezeichnung Fraktil gebräuchlich (5% Fraktil). Das geometrische Mittel Das geometrische Mittel xG einer Menge von n Zahlen x1, x2, x3, ..., xn ist die n-te Wurzel aus dem Produkt dieser Zahlen. Geht man von den Merkmalswerten einer Grundgesamtheit aus, so ist das geometrische Mittel xG n x1 x 2 xn Beispiel: Das geometrische Mittel der Zahlen 2, 4, 8 ist xG 3 248 3 64 4 Das harmonische Mittel Das harmonische Mittel xH einer Menge von Zahlen x1, x2, x3, ..., xn ist der reziproke Wert des arithmetischen Mittels der reziproken Werte der Zahlen. Geht man von den Merkmalswerten der Grundgesamtheit aus, so ist das harmonische Mittel als xH n 1 xi definiert. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 84 - Professor B. Lehmann Streuungsparameter Häufig reichen die Lageparameter zur Charakterisierung einer Häufigkeitsverteilung nicht aus. Deshalb werden sie oft durch einen Streuungsparameter ergänzt, der erkennen lässt, ob sich die Merkmalswerte eng um den Mittelwert konzentrieren oder mehr oder weniger stark streuen. Spannweite Die Spannweite R ist der einfachste Streuungsparameter. Sie ist definiert als die Differenz zwischen dem größten und dem kleinsten vorkommenden Merkmalswert xi, d.h. R x max. x min. Die Aussagekraft der Spannweite wird dadurch stark eingeschränkt, dass nur die beiden extremen Merkmalswerte berücksichtigt werden und über die Streuung der dazwischenliegenden Merkmalswerte nichts ausgesagt wird. Insbesondere untypische Extremwerte der Verteilung (sogenannte Ausreißer) verzerren die Aussagekraft der Spannweite. Beispiel: Zu den Merkmalswerten 27, 4, 8, 3, 12, 10, 26, 6, 19, 16 gehört die Spannweite R = 27 - 3 = 24 Die Spannweite ist für eine erste, schnelle Abschätzung der Streuung insbesondere deshalb geeignet, weil die übrigen Streuungsparameter mit einem zum Teil erheblichen Rechenaufwand verbunden sind. Varianz und Standardabweichung Der wichtigste Streuungsparameter, der die Güte der Messwerte einer Messreihe wiedergibt, ist die Varianz 2 bzw. s 2; die positive Wurzel aus der Varianz ist die Standardabweichung bzw. s. Die Varianz ist das arithmetische Mittel der quadratischen Abweichungen der Merkmalswerte xi vom arithmetischen Mittel, bzw. von einem Erwartungswert . 1. Bei Merkmalswerten einer Grundgesamtheit ist die Varianz definiert als 2 1 n (x i x )2 bzw. 2 1 n (xi )2 wobei der empirische Mittelwert x ein Schätzwert für den Erwartungswert (wahrscheinlicher Wert ) einer Messreihe sein kann. 2. Bei Merkmalswerten einer Stichprobe ( Auswahl aus der Grundgesamtheit ) ist die Varianz definiert als s2 1 n1 (xi x)2 3. Bei klassifizierten Häufigkeitsverteilungen mit Daten der Grundgesamtheit, bei denen die Klassenmitte xi* die gesamte Klasse repräsentiert, ergibt sich für die Varianz als Näherungswert. s2 Hochschule Trier 1 n k (x*i x)2 hi* i1 i = 1, 2, ..., k k = Anzahl der Klassen Professor B. Lehmann - 85 - Vermessungskunde 1 Die Varianz besitzt als Dimension das Quadrat der Dimensionen der einzelnen Merkmalswerte. Werden z.B. die Merkmalswerte in Meter gemessen, so hat die Varianz die Dimension Quadratmeter. Die Standardabweichung hat den Vorteil, dass sie die gleiche Dimension wie die Merkmalswerte besitzt. Für die Berechnung der Varianz ist häufig die folgende Formel, insbesondere bei Berechnung mit dem Taschenrechner, günstiger: 2 xi2 n x 2 n mit x xi n Entsprechend ergibt sich auch für die Berechnung aus Merkmalswerten einer Stichprobe die Varianz aus: s2 xi2 n x2 n1 und bei klassifizierten Häufigkeitsverteilungen aus: k s2 hi* xi*2 n x 2 i1 wobei n x xi n ist. Variationskoeffizient Der Variationskoeffizient v ist ein sogenannter relativer Streuungsparameter und wird als Quotient aus Standardabweichung und arithmetischem Mittel definiert, d.h. v s x bzw. v s 100% x Der Variationskoeffizient dient zum Vergleich von Stichproben eines Grundgesamtheittypes. Da beim Variationskoeffizienten Standardabweichung und arithmetisches Mittel die gleiche Dimension haben, ergibt sich eine dimensionslose Zahl. Unsinnig wird die Aussagekraft des Variationskoeffizienten, wenn der Mittelwert nahe Null wird, bzw. verliert er jegliche Aussagekraft, wenn der Mittelwert gleich Null ist. Zweidimensionale Merkmalsausprägungen Treten zwei voneinander abhängige - korrelierte - Merkmalsausprägungen xi und yi auf, lassen diese sich in einer Merkmalsebene darstellen. Dazu trägt man auf der Abszissenachse die Merkmalsausprägungen des Merkmals X und auf der Ordinatenachse die Merkmalsausprägungen des Merkmals Y ab. Die statistische Einheit mit der Nummer i liefert ein Wertepaar (xi ; yi), deren Darstellung in der Merkmalsebene als Streuungsdiagramm bezeichnet wird. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 86 - Professor B. Lehmann Körpergewicht y (in kg) 75 70 65 60 55 50 45 155 160 165 170 175 180 Körperlänge x (in cm) Abb.: Streuungsdiagramm in der Merkmalsebene Treten zusätzlich Häufigkeitsmerkmale zu den einzelnen Merkmalen auf, so gilt für die absolute Häufigkeit r m h ij j1 n i1 und für die relative Häufigkeit r m fij j1 1 wobei fij i1 h ij n ist. Zur Auswertung bedient man sich einer zweidimensionalen Häufigkeitstabelle oder einer dreidimensionalen Grafik. Y X x1 x2 . . . xi . . . xm y1 y2 ... yj ... yr h11 h21 . . . hi1 . . . hm1 h.1 h12 h22 . . . hi2 . . . hm2 h.2 ... ... h1j h2j . . . hij . . . hmj h.j ... ... h1r h2r . . . hir . . . hmr h.r h1. h2. . . . hi. . . . hm. n ... ... ... ... ... ... Abb.: Zweidimensionale Häufigkeitstabelle für absolute Häufigkeiten (für relative Häufigkeiten gilt dies analog!) Abb.: Graphische Darstellung einer zweidimensionalen Häufigkeitsverteilung Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 87 - Vermessungskunde 1 Zur weiteren statistischen Untersuchung können zweidimensionale Merkmalswerte gewissen mathematischen Methoden (Analysen) unterzogen werden: Regressionsanalyse Liegen mehrere zweidimensionale Merkmalswerte vor, können diese Werte durch eine Kurve repräsentiert und mathematisch ausgedrückt werden. Die Kurven sollen dabei der Bedingung d i2 Min. folgen. Dabei sind in der Regel die di die Abstände der Kurve von den einzelnen Merkmalswerten in y-Richtung. Die Kurven werden als Regressionsfunktionen bezeichnet. Folgende Funktionen finden Anwendung: Gerade Parabel Potenzfunktion Exponentialfunktion y = ax + b y = ax2 + bx + c y = bxa y = bax Welche davon zweckmäßig ist, hängt von der jeweiligen Merkmalsverteilung ab. Lösungsansätze können in der Literatur nachgeschlagen werden. Nachfolgend jedoch die Lineare Regression Hierbei wird als Regressionsfunktion eine Gerade der Form y = ax + b verwendet, sie heißt Regressionsgerade. Y 6 4 4 6 2 2 8 10 12 14 X Abb.: Regressionsgerade Die Koeffizienten der Geraden lassen sich durch folgende Formeln berechnen: a b n xi yi xi yi 2 n x i2 x i x i2 y i x i x i y i 2 n x i2 x i Somit besteht die Möglichkeit für einen gewissen Merkmalswert xi den dazugehörigen Merkmalswert yi zu bestimmen. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 88 - Professor B. Lehmann Korrelationsanalyse In einer Korrelationsanalyse verfolgt man das Ziel, die Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei Merkmalen durch eine geeignete Maßzahl zu beschreiben. Diese Maßzahl bezeichnet man als Korrelationskoeffizient r. Er drückt den Grad der Linearität des Zusammenhangs zwischen zwei Merkmalen X und Y aus und wird nach folgendem Ansatz berechnet: 2 sxiyi r wobei sx i x i sy iy i sxix i x i2 x i n 2 syiy i y i2 sxiy i xiyi y i n xi yi n ist. Der Korrelationskoeffizient r ist eine Zahl zwischen +1 und -1. Der Zusammenhang zwischen Korrelationskoeffizient und Beobachtungswerten kann folgenden Darstellungen entnommen werden: r=1 r=-1 y y r0 x x r1 y y r-1 y r0 x x x x Abb.: Streuungsdiagramme mit unterschiedlichen Korrelationskoeffizienten Mit Hilfe der Korrelationsanalyse lässt sich stets nur nachweisen, ob ein formaler Zusammenhang zwischen zwei Merkmalen besteht. Normalverteilung Die wichtigste Verteilung von Zufallsgrößen, wie sie bei vielen statistischen Untersuchungen genauso wie bei fehlertheoretischen Betrachtungen auftreten, ist die Normalverteilung. Sie wurde von C. F. Gauß mit der Theorie der Messfehler eingeführt. Sie ist auch unter der Bezeichnung Gauß'sche Glockenkurve bekannt. Die Kurve der Normalverteilung, auch als Dichtefunktion f(x) oder Wahrscheinlichkeitsdichte f(x) bezeichnet, hat die Funktion Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 89 - Vermessungskunde 1 1 x 2 1 f(x) e 2 2 für ( x ) wobei: σ = Standardabweichnung Streuungsparameter π = 3,1418 e = 2,718 μ = Mittelwert (Erwartungswert) Lageparameter x = Messwert ist. Die Funktion hat folgendes Aussehen: Abb.: Dichtefunktion f(x) der Normalverteilung für = 0 und den Standardabweichungen = 0,25; = 0,5 und = 1 Beispiel: Konstruktion einer Normalverteilungskurve f(x) Standardisierte Normalverteilung Für den praktischen Gebrauch geht man von einer standardisierten (= zentrierten und normierten) Normalverteilung aus, die den Erwartungswert = 0 und die Standardabweichung = 1 besitzt. Mit der Substitution z x Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 90 - Professor B. Lehmann lassen sich die x - Werte einer beliebigen Normalverteilung N (,) in die standardisierten Werte z einer Zufallsvariablen transformieren, die der Normalverteilung N (0,1) entsprechen. Die Wahrscheinlichkeitsdichte f(z) der standardisierten Normalverteilung hat die Funktion: z 2 f(z) 1 e 2 2 und folgende Darstellung: Abb.: Wahrscheinlichkeitsdichte f(z) der standardisierten Normalverteilung Umgekehrt lassen sich die Funktionswerte einer beliebigen Normalverteilung N (m,s) aus den Funktionswerten der standardisierten Normalverteilung N(0,1) einfach durch folgenden Ansatz bestimmen: 1 f(x) f(z) Vorteil der standardisierten Normalverteilung ist, dass die Funktionswerte einer Tabelle entnommen werden können. Beispiel: Konstruktion einer standardisierten Normalverteilung f(z) Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 91 - Vermessungskunde 1 z ,00 ,01 ,02 ,03 ,04 ,05 ,06 ,07 ,08 ,09 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 ,3989 ,3970 ,3910 ,3814 ,3683 ,3989 ,3965 ,3902 ,3802 ,3668 ,3989 ,3961 ,3894 ,3790 ,3653 ,3988 ,3956 ,3885 ,3778 ,3637 ,3986 ,3951 ,3876 ,3765 ,3621 ,3984 ,3945 ,3867 ,3752 ,3605 ,3982 ,3939 ,3857 ,3739 ,3589 ,3980 .3932 ,3847 ,3725 ,3572 ,3977 ,3925 ,3836 ,3712 ,3555 ,3973 ,3918 ,3825 ,3697 ,3538 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 ,3521 ,3332 ,3123 ,2897 ,2661 ,3503 ,3312 ,3101 ,2874 ,2637 ,3485 ,3292 ,3079 ,2850 ,2613 ,3467 ,3271 ,3056 ,2827 ,2589 ,3448 ,3251 ,3034 ,2803 ,2565 ,3429 ,3230 ,3011 ,2780 ,2541 ,3410 ,3209 ,2989 ,2756 ,2516 ,3391 ,3187 ,2966 ,2732 ,2492 ,3372 ,3166 ,2943 ,2709 ,2468 ,3352 ,3144 ,2920 ,2685 ,2444 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 ,2420 ,2179 ,1942 ,1714 ,1497 ,2396 ,2155 ,1919 ,1691 ,1476 ,2371 ,2131 ,1895 ,1669 ,1456 ,2347 ,2107 ,1872 ,1647 ,1435 ,2323 ,2083 ,1849 ,1626 ,1415 ,2299 ,2059 ,1826 ,1604 ,1394 ,2275 ,2036 ,1804 ,1582 ,1374 ,2251 ,2012 ,1781 ,1561 ,1354 ,2227 ,1989 ,1758 ,1539 ,1334 ,2203 ,1965 ,1736 ,1518 ,1315 1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 ,1295 ,1109 ,0940 ,0790 ,0656 ,1276 ,1092 ,0925 ,0775 ,0644 ,1257 ,1074 ,0909 ,0761 ,0632 ,1238 ,1057 ,0893 ,0748 ,0620 ,1219 ,1040 ,0878 ,0734 ,0608 ,1200 ,1023 ,0863 ,0721 ,0596 ,1182 ,1006 ,0848 ,0707 ,0584 ,1163 ,0989 ,0833 ,0694 ,0573 ,1145 ,0973 ,0818 ,0681 ,0562 ,1127 ,0957 ,0804 ,0669 ,0551 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 ,0540 ,0440 ,0355 ,0283 ,0224 ,0529 ,0431 ,0347 ,0277 ,0219 ,0519 ,0422 ,0339 ,0270 ,0213 ,0508 ,0413 ,0332 ,0264 ,0208 ,0498 ,0404 ,0325 ,0258 ,0203 ,0488 ,0396 ,0317 ,0252 ,0198 ,0478 ,0387 ,0310 ,0246 ,0194 ,0468 ,0379 ,0303 ,0241 ,0189 ,0459 ,0371 ,0297 ,0235 ,0184 ,0449 ,0363 ,0290 ,0229 ,0180 2,5 2,6 2,7 2,8 2,9 ,0175 ,0136 ,0104 ,0079 ,0060 ,0171 ,0132 ,0101 ,0077 ,0058 ,0167 ,0129 ,0099 ,0075 ,0056 ,0163 ,0126 ,0096 ,0073 ,0055 ,0158 ,0122 ,0093 ,0071 ,0053 ,0154 ,0119 ,0091 ,0069 ,0051 ,0151 ,0116 ,0088 ,0067 ,0050 ,0147 ,0113 ,0086 ,0065 ,0048 ,0143 ,0110 ,0084 ,0063 ,0047 ,0139 ,0107 ,0081 ,0061 ,0046 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 ,0044 ,0033 ,0024 ,0017 ,0012 ,0043 ,0032 ,0023 ,0017 ,0012 ,0042 ,0031 ,0022 ,0016 ,0012 ,0040 ,0030 ,0022 ,0016 ,0011 ,0039 ,0029 ,0021 ,0015 ,0011 ,0038 ,0028 ,0020 ,0015 ,0010 ,0037 ,0027 ,0020 ,0014 ,0010 ,0036 ,0026 ,0019 ,0014 ,0010 ,0035 ,0025 ,0018 ,0013 ,0009 ,0034 ,0025 ,0018 ,0013 ,0009 3,5 3,6 3,7 3,8 3,9 ,0009 ,0006 ,0004 ,0003 ,0002 ,0008 ,0006 ,0004 ,0003 ,0002 ,0008 ,0006 ,0004 ,0003 ,0002 ,0008 ,0005 ,0004 ,0003 ,0002 ,0008 ,0005 ,0004 ,0003 ,0002 ,0007 ,0005 ,0004 ,0002 ,0002 ,0007 ,0005 ,0003 ,0002 ,0002 ,0007 ,0005 ,0003 ,0002 ,0002 ,0007 ,0005 ,0003 ,0002 ,0001 ,0006 ,0004 ,0003 ,0002 ,0001 Tabelle: Wahrscheinlichkeitsdichte f(z) der standardisierten Normalverteilung Wegen der Symmetrie der Dichtefunktion f(z) sind in der Tabelle nur positive Werte aufgeführt; sie gelten ebenso für negative Werte. Verteilungsfunktion der standardisierten Normalverteilung Zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit, ob eine normalverteilte Zufallsgröße innerhalb bestimmter vorgegebener Grenzen liegt, dient die Verteilungsfunktion F(x): F(x) 1 2 x e 1 x 2 2 dx für ( x ) Sie gibt die Fläche unterhalb der Dichtefunktion f(x) für einen Erwartungswert mit der Standardabweichung bis zu einer Grenze x an. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 92 - Professor B. Lehmann Führt man auch hier standardisierte Werte ( = 0, = 1) ein, erhält man die Verteilungsfunktion der standardisierten Normalverteilung: F(z) 1 2 z z 2 2 e dz Vorteil dieser Funktion ist, dass auch deren Werte in Tabellen zusammengestellt sind: z ,00 ,01 ,02 ,03 ,04 ,05 ,06 ,07 ,08 ,09 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 ,5000 ,5398 ,5793 ,6179 ,6554 ,5040 ,5438 ,5832 ,6217 ,6591 ,5080 ,5478 ,5871 ,6255 ,6628 ,5120 ,5517 ,5910 ,6293 ,6664 ,5160 ,5557 ,5948 ,6331 ,6700 ,5199 ,5596 ,5987 ,6368 ,6736 ,5239 ,5636 ,6026 ,6406 ,6772 ,5279 ,5675 ,6064 ,6443 ,6808 ,5319 ,5714 ,6103 ,6480 ,6844 ,5359 ,5753 ,6141 ,6517 ,6879 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 ,6915 ,7257 ,7580 ,7881 ,8159 ,6950 ,7291 ,7611 ,7910 ,8186 ,6985 ,7324 ,7642 ,7939 ,8212 ,7019 ,7357 ,7673 ,7967 ,8238 ,7054 ,7389 ,7704 ,7995 ,8264 ,7088 ,7422 ,7734 ,8023 ,,8289 ,7123 ,7454 ,7764 ,8051 ,8315 ,7157 ,7486 ,7794 ,8078 ,8340 ,7190 ,7517 ,7823 ,8106 ,8365 ,7224 ,7549 ,7852 ,8133 ,8389 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 ,8413 ,8643 ,8849 ,9032 ,9192 ,8438 ,8665 ,8869 ,9049 ,9207 ,8461 ,8686 ,8888 ,9066 ,9222 ,8485 ,8708 ,8907 ,9082 ,9236 ,8508 ,8729 ,8925 ,9099 ,9251 ,,8531 ,8749 ,8944 ,9115 ,9265 ,8554 ,8770 ,8962 ,9131 ,9279 ,8577 ,8790 ,8980 ,9147 ,9292 ,8599 ,8810 ,8997 ,9162 ,9306 ,8621 ,8830 ,9015 ,9177 ,9319 1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 ,9332 ,9452 ,9554 ,9641 ,9713 ,9345 ,9463 ,9564 ,9649 ,9719 ,9357 ,9474 ,9573 ,9656 ,9726 ,9370 ,9484 ,9582 ,9664 ,9732 ,9382 ,9495 ,9591 ,9671 ,9738 ,9394 ,9505 ,9599 ,9678 ,9744 ,9406 ,9515 ,9608 ,9686 ,9750 ,9418 ,9525 ,9616 ,9693 ,9756 ,9429 ,9535 ,9625 ,9699 ,9761 ,9441 ,9545 ,9633 ,9706 ,9767 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 ,9772 ,9821 ,9861 ,9893 ,9918 ,9778 ,9826 ,9864 ,9896 ,9920 ,9783 ,9830 ,9868 ,9898 ,9922 ,9788 ,9834 ,9871 ,9901 ,9925 ,9793 ,9838 ,9875 ,9904 ,9927 ,9798 ,9842 ,9878 ,9906 ,9929 ,9803 ,9846 ,9881 ,9909 ,9931 ,9808 ,9850 ,9884 ,9911 ,9932 ,9812 ,9854 ,9887 ,9913 ,9934 ,9817 ,9857 ,9890 ,9916 ,9936 2,5 2,6 2,7 2,8 2,9 ,9938 ,9953 ,9965 ,9974 ,9981 ,9940 ,9955 ,9966 ,9975 ,9982 ,9941 ,9956 ,9967 ,9976 ,9982 ,9943 ,9957 ,9968 ,9977 ,9983 ,9945 ,9959 ,9969 ,9977 ,9984 ,9946 ,9960 ,9970 ,9978 ,9984 ,9948 ,9961 ,9971 ,9979 ,9985 ,9949 ,9962 ,9972 ,9979 ,9985 ,9951 ,9963 ,9973 ,9980 ,9986 ,9952 ,9964 ,9974 ,9981 ,9986 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 ,9987 ,9990 ,9993 ,9995 ,9997 ,9987 ,9991 ,9993 ,9995 ,9997 ,9987 ,9991 ,9994 ,9995 ,9997 ,9988 ,9991 ,9994 ,9996 ,9997 ,9988 ,9992 ,9994 ,9996 ,9997 ,9989 ,9992 ,9994 ,9996 ,9997 ,9989 ,9992 ,9994 ,9996 ,9997 ,9989 ,9992 ,9995 ,9996 ,9997 ,9990 ,9993 ,9995 ,9996 ,9997 ,9990 ,9993 ,9995 ,9997 ,9998 Tabelle: Verteilungsfunktion F(z) der standardisierten Normalverteilung Wegen der Symmetrie der Dichtefunktion f(z) sind in der Tabelle nur positive Werte aufgeführt; sie gelten ebenso für negative Werte. Will man die Wahrscheinlichkeit P bestimmen, dass ein bestimmter Merkmalswert zwischen zwei Grenzen liegt, muss die Differenz der Funktionswerte beider Grenzen gebildet werden. Es gilt: Hochschule Trier P(a z b) F(b) F(a) Professor B. Lehmann - 93 - Vermessungskunde 1 Liegen die Grenzen im negativen Bereich, muss 1 - F(+z) verwendet werden. Beispiel: a = - 1,28 b = + 0,89 F (b) - F (a) = 0,8133 - (1 - 0,8997) = 0,7130 71,30% Werden als symmetrische Grenzwerte jeweils ein vielfaches der Standardabweichung eingeführt, ergeben sich folgende Wahrscheinlichkeiten: P( x ) 68% P( 2 x 2 ) 95,5% P( 3 x 3 ) 99,7% Die beiden ersten Wahrscheinlichkeiten haben folgendes Aussehen: Ganz ähnlich ergeben sich für die Statistik wichtige Wahrscheinlichkeiten: P( 196 , x 196 , ) 95% P( 2,58 x 2,58 ) 99% P( 3,29 x 3,29 ) 99,9% P( 3,89 x 3,89 ) 99,99% Beispiel: Gegeben ist eine normalverteilte Zufallsgröße x, wobei die Zufallsgröße die Länge einer Strecke mit = 130,100 m und = 4,0 cm sei. Gesucht ist die Wahrscheinlichkeit P dafür, dass eine Streckenmessung xi zwischen die Grenzen 130,040 m und 130,120 m fällt. Also: P(130 ,040 m x 130120 , m) Die Normierung ergibt zunächst: , x 13012 , 13010 , 130 ,04 13010 P 0 ,04 0 ,04 P( 1,5 z 0 ,5 ) = F(+0,5) - F(-1,5) = F(+0,5) - F(1 - F(+1,5)) Aus der Tabelle der Verteilungsfunktion F(z) kann entnommen werden für: z = + 0,5 F(z) = 0,6915 z = + 1,5 F(z) = 0,9332 06915 - (1 - 0,9332) = 0,6247 = 62% Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Messwert xi in dem angegebenen Bereich liegt, ist 62%. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 94 - Professor B. Lehmann Fehlerlehre Die Fehlerlehre befasst sich mit der Auswertung fehlerbehafteter Messwerte. Die grundlegenden Gedanken dazu wurden im Jahr 1794 von dem damals 17-jährigen Mathematikstudenten Carl Friedrich Gauß als "Methode der kleinsten Quadrate" entwickelt. Durch die Unvollkommenheit des Messgegenstandes, der Messgeräte und der Messverfahren wird jedes Messergebnis verfälscht. Einflüsse der Messbedingungen in der Umwelt (Temperatur, Luftdruck und -feuchte, elektrische und magnetische Felder) oder durch persönliche, von den Eigenschaften oder der Fähigkeit des Beobachters abhängige Einflüsse (Aufmerksamkeit, Sehschärfe, Schätzvermögen) kommen hinzu. Deshalb ist keine Messung frei von Fehlern. Trotz größter Sorgfalt gelingt es nicht, den wahren Wert einer gesuchten Größe durch Messungen zu bestimmen. Der Fehler einer Messung wird zwar kleiner je genauer die Messgeräte sind, grundsätzlich lassen sich Fehler jedoch nicht von vornherein ausschalten. Aufgabe der Berechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate ist es, bei Berücksichtigung aller Messwerte die plausibelsten oder wahrscheinlichsten Werte für die gesuchten Größen zu bestimmen und Genauigkeitsmaße für alle in die Berechnung eingehenden Messwerte anzugeben. Man wird dabei zwar feststellen, dass die ermittelten Werte genauer sind als die in die Berechnung eingehenden, es ist aber immer zu bedenken, dass die Methode der kleinsten Quadrate nicht in der Lage ist, aus schlechten Messungen gute zu machen. Fehlerarten Es gibt folgende drei grundlegenden Arten von Messfehlern: Grobe Fehler Sie entstehen durch mangelnde Sorgfalt und sind wesentlich größer, als durch das angewandte Messverfahren zu erwarten ist. Sie werden hervorgerufen durch grob fehlerhafte Ablesungen an den Messgeräten, Zielverwechslungen usw. . Durch entsprechende Kontrolle und Aufmerksamkeit sind sie jederzeit vermeidbar und können somit ausgeschieden werden. Systematische Fehler Sie hängen meistens von bestimmten äußeren Einflüssen ab und verfälschen das Messergebnis in gleichmäßiger Weise. Hervorgerufen werden sie durch unzureichende Kalibrierung und einseitige Handhabung der Messgeräte, sowie durch systematische Einflüsse äußerer Bedingungen wie Luftdruck und Temperatur usw. auf das Messgerät oder den zu messenden Gegenstand. Diese Fehler lassen sich durch entsprechende Eichung, Auswahl eines zweckmäßigen Messverfahrens und rechnerische Berücksichtigung zum größten Teil eliminieren. Zufällige Fehler Sie sind die wichtigste Gruppe der Messfehler und der eigentliche Gegenstand der Fehlerrechnung. Ihre Ursache haben sie in der Unvollkommenheit der Messgeräte und der menschlichen Sinne und durch wechselnde äußere Einflüsse wie Wind, Temperatur- und Beleuchtungsänderungen. Sie bewirken den Umstand, dass mehrmaliges Messen derselben Größe trotz größter Sorgfalt nicht immer den gleichen Wert liefern. Zufällige Fehler setzen sich meist durch mehrere zufällige Elementarfehler zusammen. So entsteht beispielsweise im Vermessungswesen der Fehler einer Richtungsmessung aus Zielfehler, Kreisteilungsfehler und Ableseungenauigkeiten. Zufällige Fehler haben ebenso oft positive wie negative Vorzeichen, unterliegen aber trotz der scheinbaren Regellosigkeiten den Gesetzen des Zufalls und können entsprechend mit statistischen Methoden untersucht werden ( Normalverteilung). Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 95 - Vermessungskunde 1 Begriffsdefinition Früher waren Begriffe wie durchschnittlicher Fehler, wahrscheinlicher Fehler, mittlerer Fehler, Grenzfehler, Maximalfehler usw. gebräuchlich. Heute gilt als Maß der Genauigkeit von Beobachtungswerten entweder die Angabe der Standardabweichung oder des Vertrauensbereiches (%-Fraktilen). Auswertung direkter Beobachtungen gleicher Genauigkeit Ist eine Messungsgröße mehrfach mit gleicher Genauigkeit gemessen worden, so werden die Messungen durch Bestimmung des empirischen Mittelwertes und der Standardabweichung ausgewertet, ggf. müssen die Messwerte um einen konstanten Betrag reduziert werden, um günstige Zahlenwerte zu erhalten! Dabei benutzt man folgende Ansätze: Beobachtungswerte: Li Mittelwert: L L i n vi L L i Verbesserungen: v 0 v v Minimum v - Probe: Standardabweichung einer Messung: s Standardabweichung des Mittelwertes: s 0 v v n1 s n Beispiel: Gegeben sind die in folgender Tabelle aufgeführten sechs Messwerte für eine Winkelbestimmung. Wie groß ist der wahrscheinlichste Wert des Winkels und wie groß ist seine Standardabweichung? Li vi L L i vv gon mgon mgon n=6 2 53,356 53,349 L = 53,346 53,348 s = 53,352 53,355 s0 = [ ]= Auswertung direkter Beobachtungen verschiedener Genauigkeit Ist eine Messungsgröße mehrfach mit verschiedener Genauigkeit bestimmt worden, müssen bei der Bildung des Mittelwertes die Genauigkeitsverhältnisse der einzelnen Messwerte berücksichtigt werden. Diese Genauigkeitsverhältnisse werden üblicherweise als Gewichte p bezeichnet. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 96 - Professor B. Lehmann Dabei werden folgende Ansätze benutzt: Beobachtungswerte: Li jeweils mit dem Gewicht pi, wobei gilt: A: Sind die Standardabweichungen si der einzelnen Messungsgrößen, aus denen der Mittelwert gebildet werden soll, bekannt, ergibt sich das Gewicht der einzelnen Messungen zu: c pi 2 si B: Sind die Standardabweichungen unbekannt, die Messungsgrößen aber in verschiedenen Messungsperioden mit unterschiedlicher Anzahl von Beobachtungswerten bestimmt worden, ergibt sich das Gewicht der einzelnen Messungen aus: pi ni c Dabei ist c die sog. Gewichtseinheit, d.h. c ist ein konstanter Faktor, mit dem die Gewichte pi zahlenmäßig günstige Werte erhalten L i p i p i Mittelwert: L Verbesserungen: vi L L i p v - Probe: p v 0 p v v Minimum Standardabweichung einer Messung mit dem Gewicht 1: s Standardabweichung des gewogenen Mittelwertes: s 0 p v v n1 s p i Beispiel zu A: Eine Strecke wurde mit vier verschiedenen Messgeräten unterschiedlicher Genauigkeit gemessen. Wie groß ist der wahrscheinlichste Wert der Strecke und wie groß ist seine Standardabweichung? 1 Messband 128,024 m Standardabweichung si 30 mm 2 Schneidenlatten 128,019 m 10 mm 3 2m - Basislatte 128,032 m 15 mm 4 Elektrooptisch - Elta 2 128,039 m 8 mm Nr. Messgerät Messwert Li Lösung: Festlegung der Gewichte der vier Einzelmessungen: p i p1 100 900 p2 100 100 p3 100 225 p4 100 64 Hochschule Trier c s 2i mit [ pi ] = c = 100 mm2 Professor B. Lehmann - 97 - Vermessungskunde 1 Gewogener Mittelwert: L 128 ,024 128 ,019 128 ,032 128 ,039 Auswertung: Nr. L Li vi m mm 1 128,03105 - 128,024 2 128,03105 - 128,019 3 128,03105 - 128,032 4 128,03105 - 128,039 pi pv pvv mm mm 2 [ ]= Ergebnis: Beispiel zu B: Mittelwert: L = Standardabweichung einer Messung: s = Standardabweichung des gewogenen Mittelwertes: s0 = Ein Winkel wurde an vier aufeinanderfolgenden Tagen beobachtet, und zwar am 1. Tag 8mal, am 2. Tag 4mal, am 3. Tag 12mal und am 4. Tag 8mal mit gleichem Messgerät und gleicher Genauigkeit. Es ergaben sich dabei als Tagesmittel die in folgender Tabelle wiedergegebenen Winkelwerte. Wie groß ist der wahrscheinlichste Wert des Winkels und wie groß ist seine Standardabweichung? Die Gewichtseinheit sei ein viermal gemessener Winkel. Tag Messwert Li 1. 40,1714 gon 2. 40,1719 gon 3. 40,1721 gon 4. 40,1725 gon Lösung: Festlegung der Gewichte der vier Einzelmessungen: p i p1 8 4 p2 4 4 p3 12 4 p4 8 4 ni c mit c=4 [ pi ] = Gewogener Mittelwert: L 40 ,1714 40 ,1719 40 ,1721 40 ,1725 Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 98 - Professor B. Lehmann Auswertung: Nr. L Li vi gon mgon 1 40,1720 - 40,1714 2 40,1720 - 40,1719 3 40,1720 - 40,1721 4 40,1720 - 40,1725 pi pv pvv mgon mgon 2 [ ]= Ergebnis: Mittelwert: L = Standardabweichung einer Messung: s = Standardabweichung des gewogenen Mittelwertes: s0 = Das Fehlerfortpflanzungsgesetz Setzt sich eine zu bestimmende Größe aus mehreren, verschiedenen Messwerten Li mit unterschiedlichen Standardabweichungen si zusammen, pflanzen sich diese "Fehler" über die Funktion, mit der die zu bestimmende Größe bestimmt werden soll, fort. Der Berechnungsansatz dazu ist das Fehlerfortpflanzungsgesetz (entwickelt von Gauß) oder -in der Terminologie der Statistik- das Varianzfortpflanzungsgesetz. Für eine Funktion F = F(L1,L2,...,Ln) mit untereinander unabhängigen Messwerten L1,L2,...,Ln und deren Standardabweichungen s1,s2,...,sn ergibt sich die Standardabweichung der zu bestimmenden Größe aus den partiellen Ableitungen der Funktion nach den einzelnen Bestimmungsgrößen und dem folgenden Gauß'schen Fehlerfortpflanzungsgesetz: 2 sF 2 F F F s 1 s 2 ... s n L1 L2 Ln 2 Beispiel: Zur Bestimmung einer Strecke wurde diese in drei Teilstücken mit unterschiedlichen Genauigkeiten gemessen: Messwert Li Standardabweichung si 53,24 m 63,78 m 78,16 m 2,9 cm 3,7 cm 5,2 cm Wie groß ist die Gesamtstrecke und deren Standardabweichung? Funktion: F = L1 + L2 + L3 F = L1 Hochschule Trier F = L2 F = L3 Lgesamt = 195,18 m Professor B. Lehmann - 99 - 2 Vermessungskunde 1 2 sF F F F L s 1 L s 2 ... L s n 1 2 n sF 2 2 2 2 sF Ergebnis: Strecke: S= m Standardabweichung: s= cm Sind die Einzelbeobachtungen mit gleicher Genauigkeit gemessen worden, also s1 = s2 = s3 = s0 ergibt sich die Standardabweichung der Gesamtstrecke zu: sF s 0 n Beispiel: In einem Dreieck wurden die Winkel und und die Seite a mit ihren Standardabweichungen gemessen: Messwert Li Standardabweichung si = 60,75 gon = 81,31 gon a = 134,56 m 20 mgon 20 mgon 5 cm Wie groß ist die Seite b und deren Standardabweichung? Funktion:F = b a sin sin (Sinussatz) F = L2 F = L1 s1 = 20 = s2 = F = L3 20 = 2 mit 63 662 2 sF F F F ... s s s 1 2 n L L L 1 2 n sF 2 b = 157,87 m 2 2 2 sF Ergebnis: Strecke: S= m Standardabweichung: s= cm Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 100 - Professor B. Lehmann Toleranzen im Bauwesen Grundsätze Toleranzen sollen die Abweichungen von den Nennmaßen der Größe, Gestalt und Lage von Bauteilen und Bauwerken begrenzen. Trotz unvermeidlicher Ungenauigkeiten beim Messen, bei der Fertigung und bei der Montage muss das funktionsgerechte Zusammenfügen von Bauteilen des Roh- und Ausbaus ohne Anpass- und Nacharbeiten möglich sein. In DIN 18 202 und DIN 18 203 sind die Toleranzen für das Bauwesen angegeben, die in der Regel anzuwenden sind; sie stellen die im Rahmen der üblichen Sorgfalt zu erreichenden Genauigkeiten dar. Sie gelten stets, soweit nicht andere Genauigkeiten vereinbart werden. Sind jedoch für Bauteile oder Bauwerke andere Genauigkeiten erforderlich, so sollen sie nach wirtschaftlichen Maßstäben vereinbart werden. Diese Vereinbarungen müssen in den Vertragsunterlagen, z.B. Leistungsverzeichnis, Zeichnungen usw. , angegeben und die erforderlichen Kontrollmöglichkeiten während der Bauausführung sichergestellt werden. Prüfung Die Einhaltung von Toleranzen soll nur geprüft werden, wenn es erforderlich ist. Die Prüfungen sind so früh wie möglich durchzuführen, spätestens jedoch bei der Übernahme der Bauteile oder des Bauwerks durch den Folgeauftragnehmer bzw. spätestens bei der Bauabnahme. Die Wahl des Messverfahrens bleibt dem Prüfer überlassen. Das angewendete Messverfahren und die damit verbundene Messunsicherheit sind anzugeben und bei der Beurteilung zu berücksichtigen. Begriffe - Nennmaß (Sollmaß): Maß, das zur Kennzeichnung von Größe, Gestalt und Lage eines Bauteils oder Bauwerks angegeben und in Zeichnungen eingetragen wird. - Istmaß: Durch Messung festgestelltes Maß - Istabmaß: Differenz zwischen Istmaß und Nennmaß - Größtmaß: Das größte zulässige Maß - Kleinstmaß: Das kleinste zulässige Maß - Grenzabmaß: Differenz zwischen Größtmaß und Nennmaß oder Kleinstmaß und Nennmaß - Maßtoleranz: Differenz zwischen Größtmaß und Kleinstmaß Größtmaß 1620+12=1632 Fensteröffnung: Grenzabmaß ± 12mm Maßtolleranz 24mm Nennmaß 1620 Kleinstmaß 1620-12=1608 Grenzabmaß (-) Kleinstmaß Größtmaß Maßtolleranz Abb.: Toleranzbegriffe im Bauwesen Hochschule Trier Größtmaß 1608-(2 X10)=1588 Istabmaß Nennmaß Istmaß Grenzabmaß (+) Gewählte Fugenbreite 10 mm Größtmaß=1588 Nennmaß 1588-4=1584 Gewählte Fugenbreite 10 mm Fensterrahmen: Grenzabmaß ± 4mm Maßtolleranz 8mm Kleinstmaß 1588-4=1584 Abb.: Anwendung der Begriffe und der Passung am Beispiel eines Fensters Professor B. Lehmann - 101 - Vermessungskunde 1 Hinweise zur Ausarbeitung der Übungen im Fach Vermessungskunde Übungen sind Studienleistungen. Da ihre Anerkennung Voraussetzung für die Zulassung zu der Prüfung ist, haben sie wie diese einen urkundenähnlichen Charakter. Dies muss auch in der Ausarbeitung zum Ausdruck kommen. Folgende Hinweise sind unbedingt zu beachten: Gruppenübungen: Es gibt Hörsaalübungen und Geländepraktika. Die Hörsaalübungen untergliedern sich in Rechenübungen, Gerätedemonstrationen und Praktika. Als Studienleistungsanerkennung ist nur die Abgabe der Übungen in Form der Hörsaal- und Geländepraktika erforderlich. Die Übungen sind Gruppenübungen mit jeweils vier Mitgliedern. Für die verschiedenen Übungen ist jeweils ein Gruppenmitglied verantwortlich, sowohl in der Ausführung als auch in der Ausarbeitung. Voraussetzung zur Anerkennung als Studienleistung ist eine Bearbeitung von mindestens 80 %; d.h. jedes Gruppenmitglied hat mindestens 20% der insgesamt geforderten Leistung zu erbringen. Die Abgabe der Übungen erfolgt gruppenweise geheftet (fest zusammen geklammert) jeweils im Original, der jeweilige Bearbeiter muss dabei eindeutig zu erkennen sein. Zweckmäßigerweise kopiert sich jedes Gruppenmitglied die Ausarbeitungen der anderen Gruppenmitglieder, damit jeder ein komplettes Exemplar hat. Die Übungen finden bei jedem Wetter statt. Die für die Übungen erforderlichen Instrumente und Geräte werden zu Beginn der Übungsstunde gegen Empfangsbescheinigung des für die Übung Verantwortlichen im Raum C 13 ausgegeben. Beim Empfang festgestellte Mängel sind sofort zu melden. Die Instrumente sind schonend zu behandeln. Für Verluste und Beschädigungen durch Fahrlässigkeit haften die Mitglieder der Gruppe gemeinsam. Bei Vorsatz haftet der Täter persönlich für den verursachten Schaden. In jedem Fall ist Mitteilung über den Vorgang zu machen! Reparaturen werden nur vom vermessungstechnischen Labor ausgeführt. Um einen reibungslosen und erfolgreichen Ablauf der Übungen zu gewährleisten, haben sich alle Übungsteilnehmer auf die Übungen vorzubereiten. Die Aufgabenblätter und die notwendigen Formulare können jeweils eine Woche vor der Übung im Raum C 13 von einem Gruppenmitglied abgeholt werden. Über die Termine der einzelnen Übungen gibt es einen Aushang. Das Feldbuch (Formulare) wird mit dokumentenechten Schreibstiften (Kugelschreiber) geführt. Zeichnungen (Vermessungsriss) können mit Bleistift gefertigt werden. Das Feldbuch (Vermessungsriss, Formulare) ist sauber und ordentlich zu führen, sodass ein erneutes Abschreiben nicht erforderlich wird. Vor Abschluss der Übung muss das Testat des Übungsbetreuers eingeholt werden. Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 102 - Professor B. Lehmann Inhalt der Ausarbeitungen: 1) Ausführliche Beschreibung des Rechenweges am Anfang der Bearbeitung. 2) Angabe der benutzten Formeln in allgemeiner Form, soweit nicht in Vordrucken gerechnet wird. Bezeichnungen (Variable) müssen durch Text oder Skizze erläutert werden. 3) Alle ausgeführten Berechnungen mit Zwischenergebnissen. 4) Kontrollen. 5) Zusammenstellung der Ergebnisse in Tabellen. 6) Diskussion der Ergebnisse. Form der Ausarbeitungen: 1) Die Übungsausarbeitungen bestehen grundsätzlich aus Deckblatt, Aufgabenblatt, Messungsformularen und weiteren Ausarbeitungsseiten. Sie sind jeweils geklammert abzugeben. Das Deckblatt hat dabei in etwa folgenden Kopf zu tragen: Semester.: ........................ Gruppennummer : ............ Vermessungskunde 1 Bearbeiter : ......................................................... Thema Übung - Nr. Datum : ....................................... Testat : .......................................................................... 2) Für Korrekturen ist ein ausreichender Rand vorzusehen. 3) Zeichnungen sind mit Tusche anzufertigen. 4) Für Unterstreichungen, Bruchstriche, Wurzelzeichen und ähnliches ist ein Lineal zu benutzen. 5) Rot darf nur in Zeichnungen verwendet werden. 6) Falscher Text oder falsche Rechnungen sind mit einem Lineal sauber durchzustreichen. Zahlen, die durch Übereinanderschreiben verbessert wurden, gelten als falsch. Übungen, die dieser Form nicht entsprechen, werden bei der Abgabe erst gar nicht angenommen! Hochschule Trier Professor B. Lehmann - 103 - Vermessungskunde 1 Stichwortverzeichnis und Abkürzungen: Achse AdV AP BKG Bussole DGK 5 DHDN 90 DHHN 92 DHSN 96 ETRS 89 Geoid GKK GLONASS GPS Gradiente IfAG KA LVA NN NHN NivP NP ÖbVI PP t Tachymeter Theodolit TK TP Trasse TÜK 200 UTM WGS 84 z Horizontaler Verlauf der Trasse Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland Aufnahmepunkt Bundesamt für Kartographie und Geodäsie Früher: IfAG Kompass zum Aufsetzen auf einen Theodolit oder Tachymeter Deutsche Grund Karte 1 : 5 000 Deutsches Hauptdreiecksnetz 1990 - Amtliches Lagefestpunktfeld für Deutschland von 1990 Deutsches Haupthöhennetz 1992 - Amtliches Höhenfestpunktfeld für Deutschland von 1992 Deutsches Hauptschwerenetz 1996 – Amtl. Schwerefestpunktfeld für Deutschland von 1996 European Terrestrial Reference System 1989 Niveaufläche des Erdschwerefeldes bezogen auf die Höhe des mittleren Meeresniveaus Gauß-Krüger-Koordinatensystem - System ebener rechtwinkliger Koordinaten mit 3° breiten Meridianstreifen, UTM Globales Navigations Satelliten System (ehem. UdSSR) GPS Global Positioning System (USA) - Satellitengestütztes Navigations- und Vermessungssystem zur Bestimmung dreidimensionaler Koordinaten Vertikaler Verlauf der Trasse Institut für angewandte Geodäsie (Frankfurt – Berlin – Leipzig) Heute: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) Katasteramt - Unterste Vermessungsbehörde bei der Kreisverwaltung Landesvermessungsamt Normal Null - Höhenbezugspunkt - ehemals definiert mit 37 m unter dem Normalhöhenpunkt an der Berliner Sternwarte Normalhöhennull - In Deutschland die aktuelle Bezeichnung der Bezugsfläche für das Nullniveau der Höhen über dem Meeresspiegel im DHHN 92. Nachfolger des Normalnull (NN) Nivellement Punkt Nachgeordneter Vermessungspunkt Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur Polygonpunkt Richtungswinkel - rechtläufiger Horizontalwinkel zu einem Punkt bezogen auf die Gitternordrichtung Messinstrument zum Messen von Horizontalrichtungen, Vertikalwinkeln und räumlichen Strecken - heute meist elektronisch zur Bestimmung dreidimensionaler Koordinaten - tachymetrische Geländeaufnahme Messinstrument zum Messen von Horizontalrichtungen und Vertikalwinkeln Topographische Karte; z. B. TK 25 = Topographische Karte 1 : 25 000 Trigonometrischer Punkt - Vermessungspunkt des Lagefestpunktfeldes Räumlicher Verlauf einer (Straßen-) Planung Topographische Übersichtskarte 1 : 200 000 Universale Transversale Mercatorprojektion – System ebener rechtwinkliger Koordinaten mit 6° breiten Meridianstreifen World Geodetic System 1984 – Aus Satellitenbeobachtungen bestimmtes globales dreidimensionales Koordinatensystem Zenitwinkel, Vertikalwinkel bezogen auf die Nullrichtung im Zenit Weitere Stichwortinformationen zum Thema Geodäsie gibt es im Internet unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Geodäsie Hochschule Trier Vermessungskunde 1 - 104 - Professor B. Lehmann Literaturangaben: H. Kahmen, Angewandte Geodäsie: Vermessungskunde, 20. Auflage 2006, Verlag de Gruyter, ISBN 9783110184648, Preis: 49,95 € B. Witte/P. Sparla, Vermessungskunde und Grundlagen der Statistik für das Bauwesen, 7. Aufl. 2011, Verlag Herbert Wichmann, ISBN 9783879074976 , Preis: 29,80 € B. Resnik/R. Bill, Vermessungskunde für den Planungs-, Bau- und Umweltbereich, 3. Auflage 2010, mit CD-ROM Verlag Herbert Wichmann, ISBN 9783879074884, Preis 29,95 € V. Matthews, Vermessungskunde Teil 1, 29. Aufl. 2003, Verlag B. G. Teubner, ISBN 351925252X, Preis: 29,95 € V. Matthews, Vermessungskunde Teil 2, 17. Aufl. 1997, Verlag B. G. Teubner, ISBN 3519152533, Preis: 49,95 € F. J. Gruber/R. Joeckel, Formelsammlung für das Vermessungswesen, 15. Aufl. 2010, Verlag B. G. Teubner, ISBN 3834813664, Preis: 19,95 € Günter Petrahn, Taschenbuch Vermessung Grundlagen der Vermessungstechnik, 5., akt.. Aufl. 2010, Verlag Cornelsen, ISBN 9783464433355, Preis: 30,50 € Günter Petrahn, Grundlagen Formelsammlung Vermessungstechnik Aufl. 2011 Verlag Cornelsen, ISBN 9783064504837, Preis 19,95 € G. Groß, Vermessungstechnische Berechnungen, 3. Aufl. 2004, Verlag B. G. Teubner, ISBN 9783808546475, Preis: 25,00 € - nicht lieferbar Bauer, Manfred, Vermessung und Ortung mit Satelliten. GPS und andere satellitengestützte Navigationssysteme. 6. Aufl. 2011, Verlag Wichmann, ISBN 9783879074822, Preis: 64,00 € F. Deumlich/R. Staiger, Instrumentenkunde der Vermessungstechnik, 9. Aufl. 2002, Verlag Wichmann, ISBN: 9783879073054, Preis: 86,00 € Wilhelm Benning, Statistik in Geodäsie, Geoinformation und Bauwesen, 4. Aufl. 2011, Verlag Wichmann, ISBN: 9783879075126, Preis:28,00 € Erwin Kreyszig, Statistische Methoden und ihre Anwendungen 7. Auflage 1991, 5. unveränd. Nachdruck 1998 Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, ISBN 3525407173, Preis: 26,95 € Regina Storm, Wahrscheinlichkeitsrechnung, mathematische Statistik und statistische Qualitätskontrolle, 12. Auflage 2007 - Fachbuchverlag Leipzig, ISBN 9783446409064, Preis: 34,90 € Lehr- und Übungsbuch Mathematik, Band IV 13. Auflage 1992 - Fachbuchverlag Leipzig, ISBN 3-343-99833-8 Stand: Juli 2014 Hochschule Trier