Skulptour G
Transcription
Skulptour G
CHRISTOPHORUS | 359 SKULPTUREN SKULPTUREN CHRISTOPHORUS | 359 Berlin, Deutschland Der Funkturm ist zwar nicht antik, steht aber als historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst samt Messegelände unter Denkmalschutz Richtung Paris Zentralismus auch bei den Autobahnen: A1 und A2 führen als Autoroute du Nord schnurstracks in die französische Hauptstadt Skulptour Was ist eine perfekte Skulptur? Unser Autor wollte es herausfinden und ist losgefahren: fünf Tage lang, gut 5000 Kilometer weit, in fünf europäische Städte – und all das mit einer motorisierten Skulptur, dem Porsche Panamera S Hybrid. Text & Fotografie Niklas Maak 76 G rand Tour, die große Bildungsreise. Seit der Renaissance, vor allem aber seit dem 18. Jahrhundert reisten Fürsten und Dichter, Adlige und Bürger oft jahrelang zu Gemälden, Bauwerken und Skulpturen – weil sie glaubten, dass es Dinge gibt, die man im Leben gesehen haben sollte. Die Kunstschätze Europas gehörten dazu. Kein schlechter Vorsatz auch für die Jetztzeit. Warum also nicht eine Grand Tour unternehmen zu einigen der wichtigsten Werke der europäischen Kunst – schneller und komfortabler als damals, im idealen Auto für dieses Unternehmen, einem viertürigen Gran Turismo, dem Porsche Panamera. Der Plan: Klasse statt Masse. Die Route: fünf Städte, fünf zentrale Orte der Kunstgeschichte. Das Ziel: fünf weltberühmte Skulpturen von der Antike bis zur Gegenwart, die Pfl icht für jeden Kunstfreund sein sollten. Erste Etappe: Berlin – Paris, 1052 Kilometer Nach Paris sind es mehr als tausend Kilometer, aber beim Fahren vergisst man die Distanz: vorbei an Hannover, mit John Coltrane und Dexter Gordon aus dem SurroundSound-System, bald ist Belgien erreicht, dann schon die Ausläufer von Paris. Abends ein Drink im Café de Flore, dann ins Hotel, das „L’Hotel“, in dem einst Oscar Wilde wohnte. Am nächsten Morgen gleich in den Louvre. Antike: Venus von Milo, Louvre, Paris Wer ganz früh auf Grand Tour ging, bekam sie nicht zu Gesicht: Die Venus von Milo, die heute als eines der wichtigsten Kunstwerke des Hellenismus gilt, wurde erst im April 1820 von einem griechischen Bauern auf der Kykladeninsel Milos entdeckt. Ein Zufallsfund, der Mann suchte Baumaterial. 77 CHRISTOPHORUS | 359 SKULPTUREN SKULPTUREN CHRISTOPHORUS | 359 Kunst an der Seine 35 000 Exponate werden im Louvre gezeigt, die Venus von Milo gehört zu den schönsten Auch eine Kunst Parkplatzsuche in Paris, weiter entlang des Eiffelturms und der kleinen Freiheitsstatue Baukunst Dem Verkehr entfliehen in die Ruhe der Rue Mallet-Stevens und ihrer avantgardistische Architektur der 20er Jahre Kunst in der Provence St. Paul de Vence beherbergt Mittelalter und Moderne. Hier malte Marc Chagall, die Skulptur stammt von Giacometti Die etwas über zwei Meter hohe Figur muss um das Jahr 100 vor Christus entstanden sein; man geht davon aus, dass sie damals bemalt war und die Aphrodite in der berühmten Szene des Paris-Urteils darstellt: Die Göttin der Liebe entsteigt hier gerade dem Bad, um vor den Augen des Paris gegen ihre Rivalinnen Pallas Athene und Hera zu bestehen. Dem Bildhauer – vermutlich Alexandros von Antiocha – gelang die enorm plastische Darstellung eines Moments zwischen Enthüllung und Verbergen. Der Marmor wirkt hier nicht wie Stein, sondern wie Haut und Fleisch und Muskeln. Die Falten des Gewandes sind so gearbeitet, dass man den Eindruck hat, es könnte jeden Moment herunterrutschen. Selten war es einem Bildhauer gelungen, den Marmor so lebendig, wie leicht wehenden Stoff, wie im Bad weich gewordene Haut aussehen zu lassen; und selten hatte es jemand geschaff t, den flüchtigen Moment des Kleiderwechsels wie einen Schnappschuss in Stein zu bannen – ohne dass dieser Augenblick seine Leichtigkeit verliert. Noch zwei Jahrtausende später sieht diese Figur aus, als steige sie eben aus dem Bad. Im Halblicht des Gymnasions, wo sie aufgestellt war, muss die Statue der Venus gerade gespenstisch lebendig gewirkt haben: so, als sei die Göttin der Liebe tatsächlich in der Stadt erschienen. Hotel: L’Hotel, 13 Rue des Beaux -Arts, 75006 Paris Zweite Etappe: Paris – St. Paul de Vence, 926 Kilometer Am nächsten Tag Aufbruch ans Mittelmeer: Ein Kaffee im Morgenlicht des Jardin du Luxembourg, dann die Autoroute du Soleil, das Navigationssystem lenkt uns über Landstraßen – schmale Pisten, die wie auf einer Zeitreise durch die kleinen, stillen Dörfer des ländlichen Frankreichs führen. Zwischen Marsanne und Mirmande auf der Route départementale No. 57 ein kurzer Halt bei einem Bäcker am Marktplatz: heiße Croissants aus dem Ofen, der Blick auf alte Platanen und einen Hund, der auf den Stufen in der Künstlich angelegt Die Grünanlagen des Jardin du Luxembourg entstanden im 17. Jahrhundert um das gleichnamige Palais 78 79 CHRISTOPHORUS | 359 SKULPTUREN SKULPTUREN CHRISTOPHORUS | 359 Gen Italien Die Cote d’Azur geht in die Riviera über. Entlang des Mittelmeers geht es durch Ligurien und die Toskana in die Provinz Lazio und nach Rom Landschafts-Architektur Auch im Hybrid steckt das nötige Temperament für den Ritt durch die Provinzen Stadt der Antike Kurzer Halt in Rom an der Piazza della Minerva und Stippvisite bei der Venus von Esquilin und Mark Aurel Hitze döst. Die Temperatur liegt bei 34,5 Grad; die individuell einstellbare Klimaanlage im Panamera fächelt kühle Luft. Später dann blaue Autobahnschilder: Aix, Toulon, Nice. Die Luft wird salziger, hinter der Autobahn taucht glitzernd das Mittelmeer auf. Das Licht ist heller. Am Abend Ankunft im Hotel Belles Rives in Juan-les-Pins. F. Scott Fitzgerald, Autor des „Großen Gatsby“, lebte und schrieb hier. als Mensch erkennbare Figur. Das Werk sieht eher aus, als sei der längliche Schatten eines Menschen aufgestanden und zur Skulptur erstarrt. Interessant ist der tatsächliche Schatten, den diese Skulptur in der Mittagssonne wirft: Auf dem Boden vor der pfeildünnen Skulptur entsteht, wie von Geisterhand, das Schattenbild einer kurvigen Frau. Die Skulptur macht im Sonnenlicht ihre eigene Kunst. Hotel: Belles Rives; 33, Boulevard Edouard Baudoin, 06160 Juan-les-Pins Klassische Moderne: Giacometti, Fondation Maeght, St. Paul de Vence Dritte Etappe: St. Paul de Vence – Rom, 714 Kilometer Am nächsten Morgen gleich über gewundene Bergstraßen hinauf in das Dorf St. Paul de Vence. Das Sammlerehepaar Maeght hat sich hier den vielleicht schönsten Skulpturengarten Europas gebaut: Neben Werken von Max Ernst und Jean Arp findet man die besten Werke von Alberto Giacometti. Eine „Schreitende“ steht dort, eine längliche, kaum Ein kleiner Umweg, immer am Meer entlang, bis auf die Halbinsel von Sabaudia: Hierher kommen die Römer, um vor dem Monte Circeo zu surfen – jenem Berg, auf dem der Legende nach Circe, die „schönste aller Unsterblichen“, mit ihren zahmen Löwen wohnte und wo Odysseus ein Jahr lang mit seinen Männern feierte. Florenz Die Figuren des „Raubs der Sabinerinnen“ schrauben sich in die Höhe, die Grand Tour legt an Tempo zu Bella macchina Die Kategorie Gran Turismo impliziert doch schon, dass sich der Panamera in Italien zu Hause fühlen darf 80 81 CHRISTOPHORUS | 359 SKULPTUREN SKULPTUREN Moderne nach 1945: Broken Obelisk von Barnett Newman, Neue Nationalgalerie, Berlin Zurück in Berlin, in der Kunst nach 1945. Vor der 1968 errichteten Nationalgalerie steht der Broken Obelisk von Barnett Newman. Eine abstrakte Skulptur, die keinen Menschen, sondern ein Formprinzip der Moderne vorführt: eine abenteuerlich delikate Balance, die Material und Augen an ihre Grenzen treibt. Man steht davor, wie die Menschen der Renaissance vor Giambolognas und Cellinis Skulpturen standen, und denkt: Das geht nicht, das kann nicht halten. Aber es hält. Es steht dort wie ein Ausrufezeichen zur Bekräftigung, dass das Undenkbare machbar ist. Auch das ist eine Überzeugung, die man von der Kunstgeschichte lernen kann. Antike: Venus von Esquilin, Kapitolinische Museen, Rom Als die Hitze unerträglich wird, Flucht zu den Palästen am römischen Kapitolsplatz. Hier steht die Statue der Venus vom Esquilin – eine Kopie aus dem ersten Jahrhundert nach einer Statue, die um 45 v. Chr. vermutlich von Julius Cäsar für den Tempel der Venus Genetrix gestiftet wurde. Sie ist in vielem mit der Venus von Milo vergleichbar: Auch sie kommt aus dem Bade, der eine verlorene Arm schien die Frisur nach oben gehalten, der andere zum Tuch gegriffen zu haben. Und doch ist sie ganz anders: glatter, strenger, fast abweisend in ihrer idealisierten, scharfkantigen Schönheit. Ein Geheimnis umweht die Venus von Esquilin: Einige der besten Kenner der Antike vermuten, dass diese Statue in Wirklichkeit niemand anderen als Kleopatra darstellt. Darauf deutet unter anderem das Stützenwerk mit einer ägyptischen Balustervase und einer sich darum schlängelnden Königskobra hin – Attribute ägyptischer Königinnen. Und die Venus trägt, anders als viele andere, eine Falte am Unterleib, die sogenannte Plica puerpera, mit der man darstellte, dass die Frau schon ein Kind geboren hatte. Als Cäsar während des Alexandrinischen Krieges in Ägypten stationiert war, hatte er eine leidenschaftliche Affäre mit der Ptolemäerkönigin. Als er aus Ägypten abreiste, war Kleopatra schon hochschwanger, wenig später gebar sie Cäsars Sohn Kaisarion. Hotel: La Posta Vecchia, Palo Laziale, 00055 Ladispoli (37 Kilometer vor Rom) 82 Vierte Etappe: Rom – Florenz, 280 Kilometer Manierismus: Loggia dei Lanzi, „Raub der Sabinerinnen“, Florenz Die Arkaden im Zentrum von Florenz wurden im 14. Jahrhundert für Kundgebungen und Empfänge der Republik Florenz gebaut und später nach den im 16. Jahrhundert hier untergebrachten Landsknechten, den Lanzichenecchi, von Cosimo I. benannt. Heute steht dort eines der Meisterwerke des Manierismus – der „Raub der Sabinerinnen“ von Giambologna. Der 1529 geborene, 1608 gestorbene Bildhauer hatte Ausreiseverbot von den Medici, die befürchteten, er werde nicht wiederkommen, wenn er Florenz einmal verlasse – tatsächlich konnte kaum jemand so kunstvoll wie er Raumprobleme lösen. Der „Raub“ ist ein bewegendes Werk, in jedem Sinn. Die Art, wie sich die drei Figuren hier dramatisch in die Höhe schrauben, heißt Serpentinata, ein Motiv, das kaum jemand wie er beherrschte. Der Stein scheint sich in Bewegung zu setzen, aus jedem Blickwinkel sieht die Skulptur anders aus – so versetzt das Kunstwerk den Betrachter schließlich selbst in Bewegung. Hotel: Four Seasons; Borgo Pinti, 99; 50121 Florenz Fünfte Etappe: Florenz – Berlin, 1230 Kilometer Von Florenz aus den italienischen Stiefel hinauf. Und dann auf der Süd-Nord-Achse einmal quer durch Deutschland. PANAMERA S HYBRID, Motor: Sechszylinder-V-Motor, Hubraum: 2995 cm3, Leistung: 245 kW (333 PS), Max. Drehmoment: 440 Nm bei 3000/min, Leistung E-Motor: 34 kW (47 PS), Max. Drehmoment E-Motor: 300 Nm bis 1150/min, Gesamtleistung: 279 kW (380 PS), 0 – 100 km/h: 6,0 s, Höchstgeschwindigkeit: 270 km/h, CO 2 -Emission: 167 (159*) g/km, Verbrauch innerorts: 7,6 (7,4*) l/100 km, außerorts: 6,8 (6,6*) l/100 km, kombiniert: 7,1 (6,8*) l/100 km. * mit rollwiderstandsoptimierten 19-Zoll-All-Season-Reifen CHRISTOPHORUS | 359 Epilog Später in Berlin Treffen mit einem Freund, der in einer Einbahnstraße in der Stadtmitte wohnt und selten Auto fährt. Er schaut erschreckt: „Du musst doch vollkommen erschöpft sein?“ Keine Spur davon. Waren es tatsächlich mit Ausflügen und Umwegen im Schnitt 1000 Kilometer am Tag? Die Strecke hätte ruhig noch länger sein können. Und hätte ich eine gefunden und gedurft: Ich hätte im Heck des Panamera sogar eine mannshohe Skulptur mit nach Hause bringen können. Niklas Maak leitet das Kunstressort der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.