Interview Hape Kerkeling

Transcription

Interview Hape Kerkeling
ExKlusiv
charmant
Hape Kerkeling ist ein
stilvoller Gastgeber
46
Jahre
Hape Kerkeling und
die GOLDENE KAMERA
von HÖRZU sind
gleich alt
8
dER
Goldjunge
Hape Kerkeling moderiert wieder die Verleihung der Goldenen
Kamera. Hier verrät er, was er am TV liebt – und was nicht
G
roße Gefühle, berührende Begegnungen und rauschende Roben:
Wenn am 5. Februar in Berlin die
GOLDENE KAMERA von HÖRZU
verliehen wird, ist Hape Kerkeling wieder
Gastgeber der Stars. Damit präsentiert
Deutschlands beliebtester Entertainer zum
zweiten Mal die glanzvolle Gala um Deutschlands begehrtesten Fernsehpreis, die live im
ZDF übertragen wird – ein TV-Höhepunkt
(siehe TV-Tipp Seite 12). Kerkeling und die
GOLDENE KAMERA sind ein Traumpaar –
nicht nur, weil beide jetzt 46 Jahre alt sind.
2010 begeisterte der Komiker die Galagäste
und das Fernsehpublikum, indem er in seinen Kultrollen als Reporter Horst Schlämmer
und Paartherapeutin Evje van Dampen auftrat. Was er bei der diesjährigen Verleihung
vorhat, was er selbst im Fernsehen preis­
würdig findet – und was nicht –, verrät er hier
im großen HÖRZU-Exklusiv-Interview.
HÖRZU: Im vergangenen Jahr haben
Sie die GOLDENE KAMERA von HÖRZU
zum ersten Mal präsentiert. Was war
für Sie der größte Moment des Abends?
Hape Kerkeling: Rückblickend betrachtet
der Auftritt von Joachim Fuchsberger. Bedenkt man, was ihm im Jahr danach an
Schicksalsschlägen widerfuhr, wird sein Auftritt umso wertvoller. Abgesehen davon ist es
immer beeindruckend, großen Stars gegen-
überzustehen – wie vor einem Jahr Richard
Gere, Danny DeVito und Michael Douglas.
Mögen Sie Preisverleihungen?
Werden Sie sich auch diesmal wieder
zum Horst machen?
Sehr gern! Ich gucke alle Preisverleihungen.
Egal welche Auszeichnung vergeben wird.
Dieses Auf und Ab, dieses Sichverhaspeln,
diese Momente, wenn eine Laudatio nicht
richtig an den Mann gebracht wird – all das
sind schöne Möglichkeiten für Fernseh­
pannen. Und die sind ein Grund, warum ich
Preisverleihungen gern sehe. Ich liebe sie –
egal ob sie schlecht oder gut gemacht sind.
Sie meinen Horst Schlämmer? Nein. Das
­habe ich letztes Jahr gemacht. Wer weiß, was
jetzt kommt. Ich bin zu fast allem bereit.
Sie haben das Fernsehen einmal als
„Wundertüte“ bezeichnet. Wie gefällt
Ihnen diese Wundertüte heute?
Zu fast allem – was heißt das?
Geht so. Manches ist gut, manches schlecht.
Fernsehen verliert leider an Bedeutung, das
Internet übernimmt immer mehr seine ­Rolle.
Ein Großteil der Jugendlichen schaut gar
nicht mehr fern. Ich glaube, dass das Fern­
sehen in 20 bis 30 Jahren nur noch die Bedeutung haben wird, die heute das Radio hat.
Lampenfieber – kennen Sie das?
Ja. Das ist ganz normal. Jetzt, im Moment
des Interviews, habe ich noch kein Lampenfieber. Ich werde auch einen Tag vor der
­Verleihung keines haben. Aber fünf Minuten
vor der Sendung plagt es mich gewaltig.
Das heißt: zu fast allem. Aber eben nicht zu
allem. Fragt man einen Schauspieler, ob er
Tennis spielen, fechten und reiten kann, dann
sagt der immer Ja – um die Rolle zu kriegen.
Also: Ich kann fast alles.
Fechten, reiten, Tennis spielen?
Natürlich.
Was zeichnet die GOLDENE KAMERA
von HÖRZU in Ihren Augen aus?
Die Verleihung der GOLDENEN KAMERA
von HÖRZU ist eine außergewöhnliche Veranstaltung, zu der sich die ganz großen Stars
versammeln – somit ist sie im deutschen
Fernsehen und im deutschen Showgeschäft
einzigartig. Ich empfinde es als wirklich
große Ehre, diese Gala jetzt schon zum
­zweiten Mal moderieren zu dürfen.
Im Gegenzug werden die TV-Apparate
immer größer. Werden sie künftig
­trotzdem nicht mehr im Zentrum des
Wohnzimmers stehen?
Doch. Und es sollte uns zu
­denken geben, dass die Fern­
seher schon so riesig sind,
dass man eigene Räume 
Die vielen Gesichter des Hape Kerkeling
Hannilein
1986: In der Sendung „Kerkelings
Kinderstunde“ wird
der Knirps mit der
grellen Perücke
­geboren: ein naseweiser Rotschopf
Er liebt die Rollenspiele. Viele seiner
Figuren sind – wie er selbst – längst
Kult. Das sind die beliebtesten:
Königin Beatrix
1991: Als holländische
Monarchin fährt Hape per
Limousine vor – und wird
für die echte gehalten
Exklusiv
dafür braucht. Der Großbildschirm wird
­tatsächlich den Mittelpunkt der Wohnung
bilden, aber auf ihm wird nur selten Fernsehen zu sehen sein, sondern mehr Internet,
YouTube und was es sonst noch alles gibt.
Was verpassen Sie nie im Fernsehen?
Dokumentationen – egal ob über Natur,­
Tiere, Reise, Kultur, Geschichte oder Politik.
Welche TV-Shows lieben Sie?
Abgesehen von Preisverleihungen schaue
ich nur das Dschungelcamp von RTL – und
zwar aus demselben Grund wie Millionen
­anderer Menschen: Es ist durchaus unterhaltsam. Nicht mehr und nicht weniger.
geehrt
1991 erhält Kerkeling
(3. v. r.) selbst die
­GOLDENE KAMERA
für „Total Normal“
„Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“
wird viel kritisiert. Warum ist die Show
trotzdem so erfolgreich?
Dort werden Menschen gezwungen, authentisch zu sein – unabhängig von allem, was
dort mit ihnen angestellt wird. Es geht im
Fernsehen immer mehr um Authentizität.
Interessieren Sie sich für Polit-Talk?
So was schaue ich mir mal an, mal nicht. Das
sind ritualisierte Formen der Polit-Unterhaltung. Mehr darf man davon nicht erwarten.
Und wie steht es mit Krimis?
Da muss ich Sie enttäuschen: Ich weiß nicht,
wann ich das letzte Mal einen Krimi gesehen
habe. Oder einen ganzen „Tatort“. Ich ­glaube,
das war mit Hansjörg Felmy in den 70ern.
Jetzt werden Sie sagen: Der Mann ist ja un­
geeignet, die GOLDENE KAMERA zu präsentieren, der kennt ja keinen. Doch, doch, ich
kenne die Leute, vom Hin- und Herzappen.
Welcher TV-Kommissar ist Ihr Held?
Miss Marple. Eine perfekt gemachte Krimiserie, das Nonplusultra! Natürlich ist auch die
Vorlage von Agatha Christie
unschlagbar. Von ihr habe ich alles gelesen.
Schauen Sie auch
Rosamunde-­
Pilcher-Filme?
Sie werden lachen:
Einen
PilcherFilm habe ich mir
mal aus Not an­
geschaut. Damals
Horst
Schlämmer
2005: Der schmierige Reporter mit
Neigung zum Alkohol wird Kult, dreht
2009 den Kinofilm
„Isch kandidiere!“.
habe ich – o Gott, jetzt haue ich meinen
­Sendern ZDF und RTL eins drüber – mit ­Gero
von Boehm eine historische Doku gedreht,
die im Herbst 2011 gezeigt wird. Doch in den
Hotels dieser Welt gab es fast immer nur
ZDF. Und da lief zur besten Sendezeit stets
eine Schmonzette. Die schönen Bilder tun
nicht weh. Sie wirken meditativ. Gutes TV
geht anders, aber Pilcher-Filme stören nicht
und vermitteln kein schlechtes Gefühl.
Ein Liedtitel von Ihnen heißt „Das ganze
Leben ist ein Quiz“. Gefallen Ihnen
Quiz-Shows, etwa „Wer wird Millionär?“?
Die gefallen mir selten. Ich gucke ab und an
„Wer wird Millionär?“, aber nicht regelmäßig.
Es gibt ja gefühlte 18 deutsche Promis, die
­davon leben, in irgendwelchen Rateshows
­irgendwas zu raten. Oft weiß ich nicht, ob ich
das nicht schon mal gesehen habe.
Zum „Traumschiff“: Mögen Sie Wolfgang Rademanns Erfolgsdampfer?
Star-Comedian Christoph Maria Herbst
hat ihn jüngst ja ziemlich kritisiert.
Das „Traumschiff“ ist extrem gut gemachte
Unterhaltung ohne jede Ironie. Ich habe die
jüngsten Folgen nicht gesehen, wohl aber
die der Vorjahre. Und zwar immer, ganz
von Anfang bis Ende. Dabei habe ich mich
wahnsinnig gut unterhalten gefühlt. Es hat
manchmal im positiven Sinne etwas Schmonzettenhaftes, aber das ist so gut gemacht, dass
ich es nicht übel nehmen kann.
Haben Sie schon einmal mitgespielt?
Nein, leider nicht. Ich wurde zweimal gefragt
und konnte zweimal aus Zeitgründen nicht.
Darüber habe ich mich sehr geärgert. Deshalb ist dieses Interview meine Bewerbung:
Lieber Wolfgang Rademann, ich möchte 
Welcher Comedian trifft mit seinem
­Humor bei Ihnen voll ins Herz?
Bastian Pastewka finde ich ganz toll. Ich ­habe
von Bastian noch nie etwas Schlechtes ge­
sehen. Noch nie. Ich habe ihn immer nur
gut gesehen. Das will was heißen.
Wer ist in Sachen Humor Ihr Vorbild?
Loriot, Jürgen von Manger, Woody Allen,
­Peter Frankenfeld – das sind die
vier, an denen ich mich immer
EVje
orientiert habe.
van Dampen
„Schlämmers
Lieblingswort:
Schätzelein!“
2005: Die Paartherapeutin aus
Holland berät in
Sachen Sex – und
stiftet dabei mehr
Unheil als Gutes
Exklusiv
endlich beim „Traumschiff“ eine Hauptrolle
spielen. Heide Keller finde ich auch richtig
toll. Rademann hat die besten Leute.
Sie werden also nicht seekrank?
Doch. Aber wie gesagt: Ich kann fechten, reiten, Tennis – ich kann auch auf ein Schiff.
Wie gut gefällt Ihnen Reality-TV?
Ich liebe Auswanderer-Dokus. „Goodbye
Deutschland!“ und alle anderen Formate.
Sensationell, mit welchen Vorstellungen
Menschen nach Neuseeland auswandern
und glauben: Alles wird schon werden.
Und man ahnt: Das geht schief!
bewegend
„Deutschland sucht den Superstar“,
„Das ­Supertalent“, „Germany’s Next
Topmodel“ – gucken Sie das auch?
Nein. Das läuft immer nach dem gleichen
Schema. Das hab ich
jetzt durchschaut.
RTL hat im Jahr
2010 die ARD in
puncto Einschaltquote überholt.
Kulturzerfall?
Was RTL tut und
nicht tut, ist eine
­Sache. Die andere
ist, dass die ARD in
Interview Hape
Kerkeling mit HÖRZUabgemilderter Form
Chefreporter M. Powelz
RTL hinterherläuft.
Sie kommt mit den gleichen Formaten, nur
sind die stets schlechter gemacht. Sie darf
sich nicht wundern, wenn sie „abstinkt“.
Sie haben sich also intuitiv für eine
­Karriere vor der Kamera entschieden?
Ich kann Ihnen das nicht erklären. Ich ­wollte
das schon immer. Dass ich heute dort bin,
wo ich bin, wundert mich immer wieder.
­Jedes Mal, wenn ich eine Showtreppe hin­
untergehe, denke ich: „Mensch, guck mal,
du hast es irgendwie hingekriegt.“
Trotzdem wollen Sie mit 50 aufhören?
Ich kann das gern noch einmal wiederholen:
Das ist so!
Schwer nachvollziehbar. Aber Sie wissen ja noch nicht, was mit 50 sein wird.
Aber ich weiß sicher, dass ich nicht weitermachen werde. Es ist der Schlusspunkt, den
Was schauen Sie immer wieder an?
Im Lauf des Gesprächs haben Sie oft
das Reisen erwähnt. Wollen Sie ab 50
mehr unterwegs sein in dieser Welt?
Die „Sissi“-Filme.
Reisen bedeutet mir mindestens so viel wie
die Kamera. Ja. Mindestens.
Sie sind bereits mit 46 Jahren ein
TV-Urgestein. Fluch oder Segen für Sie?
Warum? Ist jede Reise wie der Aufbruch
in ein neues Leben?
Richtig, ich bin 46. Ungern, aber ich bin es.
Ich weiß nur eins: Als ich mit 20 zum ersten
Mal vor der Kamera stand, hatte ich das
­Gefühl, es hätte früher passieren müssen.
­Insofern habe ich heute nicht das Gefühl,
zu früh gestartet zu sein.
Nein, so würde ich das nicht ausdrücken wollen. Es hat wohl mit meinem Sternzeichen
zu tun. Ich bin Schütze – das Sternzeichen,
das am liebsten reist.
Waren Sie damals nicht 19?
Ja.
Haben Sie einen Lebenstraum, den Sie
sich noch verwirklichen wollen?
Verraten Sie ihn?
Eigentlich sogar 18. Mein allererster Auftritt
war allerdings schon als Kind in einer TVDiskussionsrunde. Danach fühlte ich genau:
Das will ich immer machen!
„Uschi Blums wahrer
Name lautet Hildegard
Sterczinski. Und sie
stammt aus Dinslaken.“
12
ich mir gesetzt habe. Es gibt andere Dinge,
die mich mindestens genauso interessieren
wie dieses – ich nenne das mal ganz banal –
Vor-der-Kamera-Stehen. Ich habe noch andere Interessen und glaube, auch andere
Dinge gut machen zu können, die vielleicht
nicht im Lichte der Öffentlichkeit passieren
müssen. Diesen Dingen möchte ich mich
dann ausschließlich und ausgiebig widmen.
Dass mit 50 Schluss sein soll, war mir immer
klar. Ob es klug war, das anzukündigen, weiß
ich nicht. Aber ich hatte das Gefühl, es tun zu
müssen, damit langjährige Fans – und davon
gibt es einige – wissen, wann Schluss ist.
Nö.
Was ist für Sie der Sinn des Lebens?
Ich glaube, es könnte Folgendes sein:
mit seinem Lebensplan kongruent zu
laufen, ihn zu erfüllen und sich erfüllt
zu fühlen. Das hat viel mit Liebe zu
tun. Und viel mit Selbstliebe.
Interview: Mike Powelz
SA 5.2.
Uschi Blum
2008: In dem Film „Ein Mann,
ein Fjord“ feiert die erfolglose
Sängerin mit dem Lied „Sklavin der Liebe“ einen Triumph
ZDF 20.15 Uhr
die goldene kamera von hörzu Hape
Kerkeling moderiert die Gala zum zweiten Mal
Fotos: s. 8-9: arne weychardt für hörzu, ullstein bild, hammer/dpa picture-alliance; s. 10: archiv, ullstein bild, rtl; s. 12: david Lox/tv digital, arne weychardt, s. brauer photos
2010 begrüßt Kerkeling den
GOLDENE-KAMERA-Preisträger
Joachim Fuchsberger