Northwestern Memorial Hospital, Chicago März bis
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Northwestern Memorial Hospital, Chicago März bis
Erfahrungsbericht PJ Innere Medizin (Cardiac Care Unit und Pulmonary Medicine) Northwestern Memorial Hospital, Chicago März bis Mai 2010 Bewerbung: Kann man alles auf der Homepage der ChIC nachlesen. Nur eine Ergänzung: Voraussetzung ist ja u.a. auch die mindestens gute Teilnahme am Kurs „Profession of Medicine“. Selbst wenn ihr diesen in der Vorklinik nicht absolviert habt, kann man ihn teilweise auch als „Kliniker“ in Form eines Blockkurses nachholen. Damals fand er in der letzten Semesterferienwoche statt und war wirklich ganz interessant. Planung: Am schwierigsten war es für mich, die vorgegebenen Termine aus Chicago mit denen des Lageso zu vereinbaren. Wenn man freundlich ist, sind die Damen beim Lageso allerdings erstaunlich kooperativ und flexibel, was die Tertiale angeht. Dann könnt ihr Beginn/Ende durchaus verschieben und es wird trotzdem anerkannt (Emails sicherheitshalber trotzdem aufbewahren!). Chicago ist im Winter wohl richtig scheisse kalt, ich fand es noch im März ziemlich anstrengend durch die Stadt zu laufen. Im Mai kann man dann aber sogar mit T-Shirt durch die Stadt schlendern. Für den einen oder anderen mag das wichtig sein. Eine andere evtl. wichtige Information ist, dass man im gesplitteten Tertial keinen Urlaub nehmen kann. Wenn ihr also plant euer letztes Tertial v.a. zur Examensvorbereitung zu nutzen und alle Urlaubstage bis zum Schluss zu sammeln, solltet ihr eben nicht im letzten Tertial nach Chicago reisen, sonst wird es mit den 100 Tagen Lernen nix. Wie ich an das USA B-1 Visum gekommen bin habe ich verdrängt, aber es war stressig. Wenn ihr vor den USA noch in ein anderes Land reist, kümmert euch früh um den Papierkram, damit ihr am Ende nicht auf einer sündhaft teuren Botschaftshotline um einen Nottermin betteln müsst. Auslandskrankenversicherung: Kann man für viel Geld von der Uni in Chicago bekommen, für etwas weniger viel Geld von diversen deutschen Anbietern. Oder man lässt sich von einem MLP Typen (genau, die Duale Reihe MLP) eine Stunde über Finanzen bequatschen und bekommt dann für fast nix eine wohl ausreichend gute Krankenversicherung, die Northwestern auch akzeptiert. Ich habe für 6 Monate aussereuropäisches Ausland 25 Euro gezahlt. Stipendien: Unbedingt beim bvmd finanzielle Unterstützung beantragen! Für ein paar Zeilen habe ich am Ende etwas weniger als 400 Euro bekommen. Die Allianz hat für das letzte PJ Jahr unglaubliche 4 (in Worten: vier!) Stipendien genehmigt und das mit einer schlechten Budgetlage begründet. Versuchen kann man es ja trotzdem. Das wären 500 Euro. Soweit ich weiss, darf man allerdings nicht zwei Stipendien für denselben PJ Abschnitt entgegennehmen. Für zwei verschiedene Länder hingegen ginge es. Anreise: Es bietet sich an, ein Flugzeug zu nutzen. Meist gibt es viele gute Angebote von irgendwo in D nach Chicago und zurück. Ansonsten kann ich die „Flugbörse“ Filialen empfehlen. Und: American Airlines hat ein Drehkreuz in Chicago, Miami und auch London. Gerade wenn man davor noch auf einem anderen Kontinent PJ macht, ist es evtl. billiger mit Ryanair oder so nach London zu fliegen und dann von dort aus in die weite Welt. Wohnen: Am besten sind wohl Freunde in der Stadt. Ansonsten Craigslist. Für 500–800$ gibts schon ganz nette Zimmer etwas ausserhalb. Direkt in der Nähe des Krankenhauses geht wohl unter 1000$ wenig, ausser man hat viel Glück. Ich würde euch ausserdem empfehlen, ein paar Tage früher zu kommen. Aus dem Ausland sind die Zimmer schwer zu beurteilen und es gibt schon auch ein paar seltsame potentielle Vermieter/Mitbewohner zu bestaunen. Die billigste und trotzdem annehmbare Unterkunft scheint Hostelling International Chicago zu sein. Zentral, sicher und sauber. Und noch ein kleiner Hinweis: Überlegt euch gut, ob ihr wirklich alleine wohnen wollt. Die meisten Northwestern Studenten leben in ihrer kleinen, elitären Medizinwelt und sind entweder nicht besonders kommunikativ oder man möchte selber nicht mit ihnen ausgehen, weil einem Mo–Fr schon reicht. Eine WG ist potentiell auch immer Glücksspiel, aber man kann sich die Leute ja angucken und erlebt nochmal ein Stück USA ausserhalb des Northwestern Mikrokosmos. Northwestern Memorial Hospital: Superzentral, superreich, supergross und wirklich beeindruckend. Ihr werdet eigentlich von Jen Banys ganz gut eingestellt mit all den Merkzetteln und Lageplänen. Sie antwortet auch fix per Email auf Fragen. Grundsätzliches zum Arbeitsstil/ -klima an diesem Krankenhaus: Alle, von der Krankenschwester bis zum attending sind sehr ehrgeizig und motiviert. Was den Arbeitseinsatz und die Professionalität angeht können wir uns da teilweise schon noch was abschauen. Die eigene Darstellung ist ebenfalls sehr wichtig. Der Satz „I do not know“ existiert quasi nicht, gerne wird auch eine Frage gestellt, in der v.a. das eigene Wissen präsentiert wird. Der Umgangston ist sehr höflich und teilweise etwas gestelzt. Auf der anderen Seite wird ganz entspannt geduzt was das Zeug hält. Kritik wird meist verklausuliert transportiert, was mich anfangs etwas überfordert hat. Ich fand die Art der Kommunikation bis zum Schluss gewöhnungsbedürftig, mitunter aber auch einfach ziemlich lustig. Wie auch immer, es gehört dazu. Erwartet im Übrigen nicht allzu viel Verständnis oder Geduld, wenn ihr etwas mal nicht versteht (und das wird euch anfangs häufig passieren und DAS IST NORMAL!) oder euch vertut. Es kommen dermassen viele Studenten aus aller Welt ins Northwestern Memorial Hospital, dass man schon nachvollziehen kann, dass die residents nicht alle 2 Wochen die 500.000 medizinischen Abkürzungen persönlich erläutern. Das interessante und spannende an diesem Krankenhaus ist letztendlich, dass dort so viele unterschiedliche Menschen aus den verschiedensten Kulturen arbeiten, die dann aber doch eine grosse Sache eint: Hochprofessionelle Arbeit! Das ist das entscheidende und das wird von jedem erwartet, der Teil des Systems ist. Zu meinen Stationen: CCU – Cardiac Care Unit: Die kardiologische Intensivstation. V.a. Myokardinfarkte, Herzinsuffizienz und ein bisschen rheumatologische Patienten mit kardialer Beteiligung. Hohe Fluktuation an Ärzten. Als Nicht-Northwestern Student kommt man nicht wirklich zum Zug. Ich habe es es tatsächlich geschafft, in den ersten 10 Tagen keinen einzigen Patienten zu berühren oder zu sprechen. Lag aber vielleicht auch an einer gewissen anfänglichen kulturellen Anspassungsstörung meinerseits, das vermag ich nicht zu beurteilen. Die Visiten sind, wenn man sich eingehört und eingearbeitet hat, aber durchaus lehrreich. Arbeitszeit von 7 bis ca. 16 Uhr. Mein Tipp: Schnappt euch einen resident und macht ihn/sie euch zum Freund. Dann habt ihr einen persönlichen Ansprechpartner und könnt evtl. auch ein paar Dienste mitmachen wo man wohl mehr mitzubekommen scheint. Mir ist das leider nicht gelungen, weshalb ich froh war als die CCU vorbei war. Pulmonary Medicine: Konsiliarischer Dienst. Arbeitszeit so ca. 8.30 bis meist 18 Uhr. Man wird von seinem fellow mit Patientennamen und Zimmernummer losgeschickt, erhebt die Anamnese und den körperlichen Status. Dann präsentiert man den Patienten bei der Visite dem fellow und dem attending, wird etwas zu weiterer Diagnostik (einfach immer sagen: „Let’s bronch him!“ Dann liegt ihr 95% der Fälle richtig), Differentialdiagnostik und zu Therapie gefragt. Röntgenbilder, aber v.a. CT Thoraces sind das A und O in pulmonary. Lungenfunktionstests waren weniger gefragt, aber es schadet nicht, sich das mal anzuschauen. Man guckt natürlich auch mal bei ner Bronchoskopie zu. Die fellows und residents waren wesentlich entspannter als auf der CCU und mir hat dieser Monat gut gefallen, auch wenn das Themengebiet schon sehr speziell ist. Würde ich wieder machen. Chicago: Möglichkeiten ohne Ende, das meiste lässt sich schon in den anderen Berichten nachlesen. Ich möchte nochmal die Chicago Architecture Foundation empfehlen, da kann man ganz unterschiedliche Touren machen. Wer elektronische Musik mag kommt an guten Abenden in der Smart Bar auf seine Kosten, Programm im Netz auf gute DJs prüfen. Lektüre: Lonely Planet Kritik hin oder her, der Führer über Chicago hat mir vor allem anfangs sehr geholfen. Ansonsten alles von Stuart Dybek und dem Chicagoer Urgestein Studs Terkel. Fazit: Obwohl ich nicht als NMH Fan zurückkehre würde ich trotz eines tristen Monats in der CCU sofort wieder nach Chicago gehen. Eine strukturierte Patientenvorstellung habe ich erst dort gelernt und die professionelle Einstellung ist definitiv vorbildlich. Ausserdem ist es für jeden baldigen Arzt eine meiner Meinung nach wichtige Erfahrung, verschiedene Systeme der Gesundheitsversorgung kennen zu lernen.