02WT0041 - Abschlussbericht - Cleaner Production Germany

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02WT0041 - Abschlussbericht - Cleaner Production Germany
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 1
BMBF-Forschungsvorhaben
Förderkennzeichen 02WT0041
Verbundprojekt
RETZINA (REferenzTestfeld Zeitz zur Implementierung des NaturalAttenuation Ansatzes)
Teilprojekt 2
Projektleiter: Dr. Holger Weiß
Dr. habil. Mario Schirmer
Autoren:
S. Bopp, A. Fischer, S. Gödeke, Dr. H.H. Richnow, S. Russold, Dr. M. Schirmer, Dr. K.
Schirmer, Dr. A. Vieth
Laufzeit des Vorhabens: 01.06.2000 – 31.12.2003
Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 02WT0041 gefördert. Die
Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor
Leipzig, 01.07.2004
1
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 2
1
Voraussetzungen für die Projektdurchführung___________________________ 3
1.1
1.1.1
1.1.2
1.1.3
1.1.4
Aufgabenstellung _________________________________________________________________3
Hintergrund ___________________________________________________________________3
Problemstellung _______________________________________________________________3
Wissenschaftliche und technische Arbeitsziele________________________________________5
Ursprünglich geplante Vorgehensweise _____________________________________________6
1.2
1.2.1
1.2.2
1.2.3
1.2.4
1.2.5
1.2.6
Voraussetzungen der Projektdurchführung _____________________________________________6
Erkundung heterogener Grundwasserleiter ___________________________________________7
Fahnenlängenstatistik ___________________________________________________________7
Borden Experiment _____________________________________________________________8
Chemisches und toxikologisches Langzeit-Monitoring _________________________________8
Der Einsatz isotopisch markierter Substanzen zur Analyse des mikrobiellen Abbaus und zur
Stoffbilanzierung_______________________________________________________________9
Modellierung von Natural Attenuation im Feldmaßstab_________________________________9
1.3
1.3.1
1.3.2
1.3.3
Planung und Ablauf des Vorhabens__________________________________________________10
Teilprojekt Hydrogeologische Erkundung und Modellierung ___________________________10
Teilprojekt Toxikologisches Langzeitmonitoring _____________________________________11
Teilprojekt Untersuchungen zur Isotopenfraktionierung _______________________________11
1.4
1.4.1
1.4.2
1.4.3
1.4.4
1.4.5
Stand der Kenntnisse zu Beginn des Forschungsvorhabens _______________________________13
Natural Attenuation____________________________________________________________13
Relevante Schadstoffe im Grundwasser ____________________________________________13
Entwicklung von Schadstofffahnen im Grundwasser __________________________________14
Mikrobieller Abbau und natürlicher Rückhalt organischer Schadstoffe im Grundwasser ______16
Ansätze zur Implementierung von Natural Attenuation (Stand 1999) _____________________18
1.5
Zusammenarbeit mit anderen Stellen_________________________________________________19
2
Ergebnisse des Forschungsvorhabens und ihre Verwertung _______________ 21
2.1
2.1.1
2.1.1.2
2.1.1.3
2.1.1.4
2.1.1.5
2.1.2
2.1.2.1
2.1.2.2
2.1.2.3
2.1.3
2.1.3.1
2.1.3.2
2.1.3.3
Resultate des Forschungsvorhabens _________________________________________________21
Hydrogeologische Erkundung und Modellierung _____________________________________21
Historischer Überblick des Standortes Zeitz _________________________________________22
Strömungs- und Tracertransportmodellierung _______________________________________23
Abbauraten __________________________________________________________________24
Anaerober Benzolabbau ________________________________________________________26
Toxikologisches Langzeitmonitoring ______________________________________________28
Etablierung von in vitro Zellbioassays für die toxikologische Grundwasseranalyse __________28
Toxikologische Beurteilung der Ausbreitung der Schadstofffahne am Standort Zeitz _________30
Passiver Probennehmer für die kombinierte chemisch-toxikologische Analyse – Das Toximeter 39
Isotopenfraktionierung _________________________________________________________43
Erzielte Ergebnisse ____________________________________________________________43
Isotopenfraktionierung zur Quantifizierung des mikrobiellen Abbaus _____________________43
Quantifizierung des In-situ-Schadstoffabbaus anhand der Isotopensignatur des gelösten
organischen Kohlenstoffs (DIC) __________________________________________________45
Quantifizierung des In-situ-Schadstoffabbaus anhand der Wasserstoffisotopensignaturen im
Tracerexperiment zur Validierung der Isotopenmethode _______________________________47
2.1.3.4
2.2
2.2.1
2.2.2
2.2.3
Verwertbarkeit der Ergebnisse______________________________________________________49
Hydrogeologische Erkundung und Modellierung _____________________________________49
Toxikologisches Langzeitmonitoring ______________________________________________50
Isotopenfraktionierung _________________________________________________________51
2.3
Ergebnisse anderer Stellen_________________________________________________________51
2.4
Erfolgte und geplante Veröffentlichungen_____________________________________________51
2.5
Zitierte und eigene Literatur _______________________________________________________55
2.6
Anhang________________________________________________________________________65
2
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
1
Seite 3
Voraussetzungen für die Projektdurchführung
1.1
1.1.1
Aufgabenstellung
Hintergrund
Natürliche Abbau- und Rückhalteprozesse („Natural Attenuation") können die Ausbreitung von
Schadstoffen in Grundwasserleitern verlangsamen oder überhaupt zum Stillstand bringen. So konnte
im Rahmen verschiedener Studien nachgewiesen werden, dass Schadstofffahnen im Grundwasser nur
eine begrenzte Ausdehnung erreichen (Rice et al., 1995; Schiedek et al., 1997).
Eine gezielte Nutzung dieser Prozesse könnte an geeigneten Standorten als Alternative zur
herkömmlichen Altlastensanierung herangezogen werden. Als notwendige Maßnahmen verblieben
eine gezielte Erkundung zur Quantifizierung der natürlichen Abbau- und Rückhalteprozesse am
Standort sowie ein anschließendes Langzeit-Monitoring („Monitored Natural Attenuation). Die damit
verbundene Kostenreduzierung bei der Sanierung könnte sehr erheblich sein und insbesondere auch
eine Fokussierung der nur knappen Mittel auf die wirklich brisanten Fälle ermöglichen. Hinzu kommt,
dass die praktischen Erfahrungen der letzten 20 Jahre gezeigt haben, dass die Sanierungs- und
Sicherungsmaßnahmen mit konventionellen Methoden an Altstandorten vielfach sehr uneffizient und
langwierig waren und oft nicht zum Erfolg geführt haben.
Die Überlegungen zum „Monitored Natural Attenuation” als Alternative zur klassischen Sanierung
sind in den letzten Jahren v.a. in den USA weit gediehen. Die amerikanische Umweltbehörde EPA
definiert „Natural Attenuation wie folgt (US-EPA OSWER Directive 9200.4-17P, 1999):
Der Begriff „Natural Attenuation, ist die Eigenschaft eines Aquifers durch
Prozesse wie biologischer Abbau, Dispersion, Verdünnung, Sorption,
Verflüchtigung, und/oder chemischer oder biochemischer Stabilisierung von
Schadstoffen die Masse, Toxizität, Mobilität oder das Volumen der Schadstoffe so
weit zu reduzieren, dass die menschliche Gesundheit und das Ökosystem nicht
gefährdet sind.
Es kann einerseits davon ausgegangen werden, dass die EPA-Sichtweise eher einer Minimalforderung
entspricht, die insbesondere bei den zu berücksichtigenden Prozessen der Dispersion bzw.
Verdünnung nicht konform gehen kann mit den Vorstellungen eines nachhaltigen GrundwasserRessourcenschutzes. Andererseits werden in der o.g. EPA-Direktive Vorstellungen über z.B.
Stoffbilanzen entwickelt, die bestenfalls in einem gut ausgestatteten Forschungstestfeld aber nicht an
einem typischen Altstandort erfüllt werden können. Hier bedarf es dringend eigener Anstrengungen,
um sinnvolle Konzepte für die Umsetzung des „Natural Attenuation“-Gedanken in die Praxis zu
entwickeln und zu erproben, aber auch einer unkontrollierten Entwicklung rechtzeitig vorzubeugen.
1.1.2
Problemstellung
Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass auch in der BRD in jüngster Zeit Überlegungen zur Nutzung
des natürlichen Abbau- und Rückhaltepotentials als eine mögliche Alternative zur herkömmlichen
Sanierung in zunehmendem Maße diskutiert werden (z.B. Agel und Löbel, 1999). In einer
Einzelfallbetrachtung wird es vielfach möglich sein, biologische Abbau- und sonstige
Rückhalteprozesse zu identifizieren und dadurch eine kostenintensive Sanierung zu vermeiden.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Abbau- und Rückhalteprozesse am jeweiligen Standort zuverlässig
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Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
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quantifiziert werden können. Des Weiteren müssen allgemeine Kriterien definiert werden, anhand
derer schon früh in der Erkundungsphase beurteilt werden kann, ob an einem Standort die Nutzung des
natürlichen Abbau- und Rückhaltepotentials grundsätzlich als Alternative zur Sanierung betrachtet
werden sollte.
Bei der Entwicklung einer solchen Systematik bestehen allerdings noch deutliche Defizite. Es fehlt
zum einen an der Auswahl geeigneter Beurteilungswerkzeuge/-parameter zur Bestimmung des
standort- und schadstoffspezifischen Abbau- und Rückhaltepotentials und zum anderen an den
verwaltungstechnischen und rechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung eines solchen Konzeptes.
Hier ist es wichtig, ein technisches Instrumentarium zu schaffen, das mit dem in der Zwischenzeit in
Kraft getretenen Bodenschutzgesetz konform geht und auf Länderebene eingesetzt werden kann.
Insgesamt sind wesentliche ökonomische Vorteile zu erwarten, da aufgrund des neuen Ansatzes
zahlreiche Altstandorte, die ein entsprechendes Schadstoffrückhalte- und Abbaupotential vorweisen,
aus der Sanierungsverpflichtung entlassen und somit einer angepassten Folgenutzung zugeführt
werden könnten. Gleichzeitig würde der Industrie dadurch ein Weg geöffnet, gemeinsam mit der
Umweltverwaltung die Kräfte auf die wirklich brisanten Fälle zu konzentrieren.
Industriestandort
Wasserwerk
Projekt ZEITZ
“LNAPL”
Sorption
Advektion
Retardation Dispersion
Degradation Diffusion
Lösung aus Phase
Desorption
“DNAPL”
Natural Attenuation
Wasserversorgung
(Rezeptor)
Abb. 1:
Abstromfahne im Grundwasser
(Pfad)
Schadensherd
(Quelle)
Typisches Schadensszenario an Altstandorten mit Quelle-Pfad-Rezeptor
Für einen Altstandort ist in Abb. 1 der Pfad von der Schadstoffquelle beispielhaft dargestellt. Über die
ungesättigte Zone gelangen die Schadstoffe in das Grundwasser und anschließend in Fließrichtung zu
einer möglichen Grundwassernutzung. Im Rahmen des hier geplanten Vorhabens steht das natürliche
Rückhalte- und Abbauvermögen der Schadstoffe im Abstrom zu dem Schadensherd im Vordergrund,
da eine umfassende Schadensherdsanierung am Standort mit vertretbaren Aufwand technologisch
nicht durchführbar ist.
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Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
1.1.3
Seite 5
Wissenschaftliche und technische Arbeitsziele
Auf dem Gebiet des natürlichen Rückhalte- und Abbauverhaltens von Schadstoffen wird an
zahlreichen nordamerikanischen aber auch an vielen europäischen Instituten seit vielen Jahren intensiv
geforscht (vgl. Abschnitt 2). Der Schwerpunkt dieser Arbeiten liegt hierbei vor allem in der Analyse
der maßgeblichen Prozesse einschließlich zugehöriger Parameter sowie des komplexen
Zusammenspiels der steuernden Faktoren. Der bei weitem größte Teil der bisherigen Untersuchungen
wurde an Boden- und Wasserproben im Labormaßstab (Batch- und Säulenversuche) durchgeführt und
man kann heute davon ausgehen, dass viele im Feld beobachtete Phänomene prinzipiell verstanden
sind.
Im Rahmen des Verbundvorhabens sollen sich deshalb die Arbeitsgruppen mit der Entwicklung
geeigneter Methoden zur Quantifizierung des natürlichen Schadstoffrückhalte- und -abbauvermögens
(„Natural Attenuation“) unter Feldbedingungen beschäftigen, d.h. mit der Frage der Implementierung
des „Natural Attenuation“- Konzepts.
Grundsätzlich kann man sich diesem Thema über verschiedene Ansätze nähern. Für eine
aussagekräftige Quantifizierung wird in den meisten Fällen der parallele Einsatz mehrerer Methoden
notwendig sein. Eine Übersicht über die in diesem Vorhaben einsetzbaren Methoden ist nachstehend
gegeben. Dabei ist zu beachten, dass die bisherigen Arbeiten zum Thema „Natural Attenuation“ v.a.
das Ziel verfolgen, die relevanten Schadstoffabbau- und Umbauprozesse zu identifizieren und zu
charakterisieren. Dies ist im Feldmaßstab allerdings in den seltensten Fällen in quantitativer Weise
möglich, da der heterogene Aufbau des Untergrundes und die heterogene Verteilung der Schadstoffe
innerhalb des Schadensherdes sowie der begrenzte Zugang zum Untergrund über meist nur wenige
Bohrungen eine sehr große Aussageunsicherheit mit sich bringen.
Deshalb sollen mit Blick auf die spätere praktische Anwendung v.a. neue, integrale Erkundungs- und
Bewertungsverfahren eingesetzt werden, die es erlauben, über größere Bereiche Bilanzen entweder
über die gespeicherte Schadstoffmasse, die mobile Schadstofffracht oder die Veränderung der
mittleren Konzentrationen zu erstellen. Um eine möglichst große Sicherheit bezüglich der Beurteilung
des Standorts zu gewährleisten, soll zusätzlich zur chemischen Schadstoffanalyse auch die biologischtoxikologische Untersuchung des Schadenspotentials berücksichtigt werden.
Im Rahmen dieses Vorhabens sollen diese neuen, integralen Methoden, die durch die beteiligten
Arbeitsgruppen entwickelt und schon vereinzelt eingesetzt wurden, an einem Referenztestfeld unter
kontrollierten Bedingungen erprobt und miteinander verglichen werden. Ziel ist es dabei, am Ende des
Vorhabens ein bewertetes Methodeninventar zur Verfügung zu haben, um darauf aufbauend
entsprechende Empfehlungen (z.B. in Form eines Leitfadens) für die spätere Anwendung an anderen
Standorten ableiten zu können.
Integrale Feldmethoden und Modellierung
x (a) Direkte integrale Frachtmessungen: Bestimmung der Immission in unterschiedlicher
Entfernung zum Schadensherd über integrale Abstromerkundung. Entwicklung einer schnellen und
sicheren Methode zur Bewertung von Schadensfällen [schnell, nur mäßiger Aufwand, relativ
kostengünstig jedoch ohne direkten Prozessbezug]
x (b) Einsatz von Langzeit- und toxikologischen Monitoringstrategien: Beobachtung der zeitlichen
Veränderung (Bewegung) einer Schadstofffahne unter Berücksichtigung der sich verändernden
hydrologischen Standortbedingungen. Quantifizierung des toxikologischen Schadenspotentials und
dessen räumliche und zeitliche Veränderung im Aquifer [zeitintegrierende Messtechnik,
kostengünstig jedoch ohne direkten Prozessbezug]
x (c) Reaktive Multi-Tracermethoden: Quantifizierung der spezifischen Wechselwirkungen zwischen
Schadstoffen und Aquifermatrix zur integralen Bestimmung z.B. der darin enthaltenen reaktiven
Fe(III)-Oxide bzw. der effektiven Reduktions- bzw. Oxidationskapazität. Gerade für den BTXAbbau haben die Reduktion von Fe(III)-Oxiden und Sulfaten eine große Bedeutung. [relativ
schnell, räumlich integrierte Aussage, Auswertung komplex, Prozessbezug vorhanden].
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x (d) Lithokomponenten-Ansatz: Prognose des natürlichen Schadstoff-Rückhaltevermögens
hydrophober Substanzen aufgrund einer Analyse des Aquifermaterials. Die Differenzen zwischen
prognostizierten und tatsächlich beobachteten (reduzierten) Transportweiten geben Hinweise auf
(Bio-) Abbau [schnell und kostengünstig für Lockergesteinaquifere, Heterogenität des Untergrunds
birgt Aussageunsicherheiten]
x (e) Stabile Isotopenmessungen: Quantifizierung des mikrobiellen Abbaus im Untergrund durch
Bestimmung der Fraktionierung stabiler Isotope. Dieser Teil der Arbeiten zielt auf die integrale
quantitative Beschreibung des mikrobiellen Abbaus im Aquifer und auf den Nachweis durch
Tracerexperimente. Mit Hilfe der neuen Methode kann der biologische Abbau einer Substanz im
Grundwasser isoliert von anderen Prozessen wie Verdünnung und Sorption erfasst und quantifiziert
werden.
x (f) Modellierung des reaktiven Stofftransports: Quantifizierung des Schadstoffabbaus bzw. rückhaltevermögens am Standort unter Einbeziehung der Aussageunsicherheit der
unterschiedlichen Feld-Erkundungsmethoden. Der reaktive Transport wird zum einen
deterministisch (dreidimensional) und zum anderen stochastisch (integral) nach dem Prinzip
repräsentativer Stromröhren nachgebildet. Die zwei Modellierungsansätze sollen im Hinblick auf
die benötigten Eingabedaten, die zu erwartenden Aussageunsicherheiten und die Effizienz
verglichen werden. Somit soll als Ergebnis der Modellprognosen abgeschätzt werden, ob eine
Schadstofffahne räumlich stationär ist und in welcher Entfernung vom Schadensherd welche
Konzentrationen bzw. Frachten zu erwarten sind.
1.1.4
Ursprünglich geplante Vorgehensweise
Die Grundidee bestand darin, die neuen feldmaßstäblichen Erkundungs- und Bewertungsmethoden
zum natürlichen Schadstoffrückhalte- und abbauverhalten an einem komplexen Altstandort unter
kontrollierten Bedingungen einzusetzen und zu validieren.
Im Rahmen des beantragten Verbundvorhabens sollte deshalb ein sogenannter Referenzstandort
eingerichtet und betrieben werden. Gedacht wurde an das ehemalige Hydrierwerk ZEITZ, wo ein sehr
breites Schadstoffinventar (z.B. BTEX, MKWs, PAKs, und untergeordnet CKWs, etc.) vorliegt, das in
seiner Zusammensetzung und Verteilung über die verschiedenen Schadensherde relativ gut bekannt
war.
Es sollten am Standort zunächst die Schadstofffahnen im Abstrom von ausgewählten Schadensherden
im Detail zur Bewertung von „Natural Attenuation“, erkundet werden. Damit verbunden, sollte eine
qualitativ hochwertige und ausreichend dichte Referenz-Datenbasis geschaffen werden, wie sie an so
einem Standort im allgemeinen nicht vorliegt. Anschließend sollten neue, räumlich und zeitlich
integrierenden Verfahren für die Quantifizierung und Bewertung des natürlichen Schadstoffrückhalteund Schadstoffabbauverhaltens am Standort zum Einsatz kommen. Diese haben v.a. den großen
Vorteil, dass sie eine wesentlich geringere Datenbasis erfordern und damit für den späteren
routinemäßigen Einsatz an Altstandorten wesentlich kostengünstiger eingesetzt werden können. Der
Vergleich der räumlich- und zeitlich-integralen Ergebnisse mit dem detailliert erkundeten ReferenzDatensatz nach EPA-Direktive erlaubt eine direkte Validierung der innovativen Methoden bzw. der
Kombination von Methoden und damit verbunden auch eine Aussage über den jeweiligen Fehler im
Verhältnis zum Aufwand bzw. den anfallenden Kosten.
1.2
Voraussetzungen der Projektdurchführung
Das Forschungsprogramm setzte Vorkenntnisse und Erfahrungen in verschiedenen Bereichen der
hydrogeologischen Erkundung, der Ökotoxikologie, der organischen, anorganischen und IsotopenHydrogeochemie sowie der Grundwassermodellierung voraus. Die beteiligten Arbeitsgruppen waren
und sind auf diesen Fachgebieten einschlägig ausgewiesen und können darüber hinaus auf eine
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umfangreiche Erfahrung in der Planung und Umsetzung interdisziplinärer Verbundvorhaben
verweisen. Nachstehend sind die entsprechenden Voruntersuchungen bzw. Vorerfahrungen nach
Themagruppen zusammengefaßt erläutert.
1.2.1
Erkundung heterogener Grundwasserleiter
Die Entwicklung geeigneter Erkundungskonzepte für heterogene Grundwasserleiter ist von sehr
wesentlicher Bedeutung innerhalb des geplanten Vorhabens. Hier liegen aus zahlreichen
Untersuchungen in Testfeldern langjährige Erfahrungen vor. Genannt seien beispielsweise die
Grundlagenuntersuchungen im Naturmessfeld Horkheimer Insel (D) (Teutsch und Kobus, 1990;
Ptak et al. 1996), Testfeld „Süd“ (D) (Herfort et al., 1998; 1999) und im Borden-Aquifer (Ontario,
Kanada) (Sudicky, 1986; Freyberg, 1986), die in unterschiedlicher Weise dazu beigetragen haben die
Grenzen der herkömmlichen Erkundung, die auf Punktmessungen beruht, zu verdeutlichen. Aus all
diesen Arbeiten wird deutlich, dass nur mit einem sehr erheblichen Aufwand, d.h. einer sehr großen
Anzahl an Bohrungen eine ausreichende Aussagesicherheit zum Schadstofftransport erreichbar ist. Die
Initiative zur Entwicklung der im Rahmen diese Vorhabens einzusetzenden integralen Messmethoden
geht ausschließlich auf diese Erkenntnis zurück.
1.2.2
Fahnenlängenstatistik
Wie bereits mehrfach angesprochen, ist die Quantifizierung von „Natural Attenuation“ Prozessen im
Feldmaßstab sehr aufwendig und schwierig. Deshalb wurde sehr früh schon der Gedanke geboren,
Erkenntnisse über Schadstoffahnenlängen von verschiedenen Standorten zusammenzutragen und nach
Schadstoff- und Standorttyp zu klassifizieren. Die erste Studie hierzu stammt aus Nordamerika und
wurde vom American Petroleum Institute (API) mit dem Ziel veröffentlicht, zu zeigen, dass BTEXFahnen sehr schnell biologisch abgebaut werden (Hubbard et al., 1994). Dem folgte 1995 die Studie
über Leaking Underground Fuel Tank (LUFT) vom Lawrence Livermore National Laboratory,
University of California, welche feststellt, dass die Mehrzahl der BTEX-Fahnen weniger als 100 m
lang sind (Rice et al., 1995). Diese Arbeiten beschränken sich allerdings auf die Gruppe der BTEXAromaten. Wir haben deshalb in einer eigenen Studie „Literaturstudie zum natürlichen Rückhalt /
Abbau von Schadstoffen im Grundwasser“ (Schiedek et al., 1997) versucht, einen umfassenden
Überblick über alle auch in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlichten Fahnenlängen zu
erfassen. Diese Studie belegt die zu erwartende Reihenfolge abnehmender Fahnenlängen-Abfolge:
CHC > Phenole > Benzol > BTEX > PAKs und quantifiziert auf statistischer Grundlage die Größe der
zu erwartenden Fahnenlängen (Abb. 2).
Daraus lässt sich das grundsätzliche „Natural Attenuation“-Potential für verschiedene
Schadstoffgruppen ableiten. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass die Daten von sehr
unterschiedlichen Standorten stammen und keinesfalls die Einzelfallbetrachtung ersetzen können.
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Schadstoffeigenschaften
Schadstoffe
CKW
N=106
Phenole
Seite 8
Gut wasserlöslich, geringe
Retardation, langsamer Abbau
N=16
Benzol
N=30
Gut wasserlöslich, geringe Retardation, schneller Abbau
N=94
BTEX
5-Ring 2-Ring 3-Ring
? ?
PAK
0
Wasserlöslichkeit, Retardation und Abbau umfassen
mehrere Größenordnungen - wenige verläßliche Felddaten
500 1.000 1.500 2.000 2.500
Abb. 2:
Charakteristische Fahnenlängen verschiedener Schadstoffe im Grundwasser. Aus: Schiedek
et al., 1997.
1.2.3
Borden Experiment
„Natural Attenuation“ für die BTEX-Komponenten wurden in einem umfassenden Feldmess- und
Modellierungsprogramm für den Borden-Grundwasserleiter (Ontario, Kanada) untersucht (Hubbard et
al., 1994; Schirmer, M., 1998). Dabei wurde festgestellt, dass BTEX zumindest unter aeroben
Bedingungen sehr schnell biologisch abgebaut wird. Andere Rückhalte- und Abbauprozesse, wie
Retardation und Dispersion, spielen nur eine untergeordnete Rolle (Schirmer, M. et al., 1999 a,b).
Weitere Untersuchungen zu „Natural Attenuation“ am gleichen Standort haben ergeben, dass selbst
geringe biologische Abbauraten (bei schwer abbaubaren Substanzen) viel effektiver als reine
Verdünnung durch Dispersion sind und bei der Reinigung des Aquifers einen wesentlichen Beitrag
liefern. Allerdings wurde auch festgestellt, dass in diesen Fällen „Natural Attenuation“ als einzige
Sanierungsmethode nicht immer ausreichend sein wird, um die Aquifere zu schützen (Schirmer und
Barker, 1998; Schirmer M. et al., 1999a).
1.2.4
Chemisches und toxikologisches Langzeit-Monitoring
Die auf Nichtgleichgewichtseinstellung beruhenden Probennahme-Systeme (Dosimeter) für die
zeitlich integrierende Probennahme im Grundwasser wurde erst kürzlich entwickelt. Das Verfahren
wurde bereits sowohl im Labor als auch im Feld für die Schadstoffgruppe der polyzyklischen
aromatischen Kohlenwasserstoffe (16 EPA PAK) getestet (Martin und Grathwohl, 1999). Die
Methode kann auch auf andere Schadstoffe übertragen werden.
Toxikologische Tests gewinnen zur umfassenden Charakterisierung von Schadstoffen in Grund- und
Oberflächengewässern immer mehr an Bedeutung (Barker, 1994). Es wurde z.B. in einer Laborstudie
mit einer komplexen organischen Mischung festgestellt, dass mit chemischer Analyse allein nur ein
Teil des Risikos für eine Zellkultur der Regenbogenforelle vorausgesagt werden konnte (Schirmer et
al., 1999d). Auf der anderen Seite zeigten direkte Vergleiche zwischen Zellkulturen (in vitro) und
traditionellen Fischtoxizitätstests (in vivo) gute Übereinstimmung (Schirmer K. et al., 1999a).
Erfahrungen mit der Entwicklung und Anwendung einer Reihe von in vitro Tests über die letzten 6
Jahre haben auch gezeigt, dass diese flexibel an spezielle Anforderungen angepasst und in andere
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Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
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Labors relativ schnell überführt werden können. So kommt z.Z. eine in Waterloo entwickelte
Fischzelllinie, RTL-W1, im Verbundprojekt SAFIRA zur Untersuchung von Grundwasserproben zum
Einsatz (Altenburger et al., 1999). Bei diesen Untersuchungen wurde bisher deutlich, dass Stichproben
allein nur ein unzureichendes Bild des wirklichen Schadenspotentials aufdecken können. Deshalb soll
im Rahmen dieses Projektes erstmalig ein neu-entwickelter Langzeit-Probenehmer im Feld getestet
werden, der ohne weitere Manipulationen kompatibel mit in vitro Toxizitätstests ist (Schirmer K. et
al., 1999b).
1.2.5
Der Einsatz isotopisch markierter Substanzen zur Analyse des
mikrobiellen Abbaus und zur Stoffbilanzierung
In den letzten Jahren wurde eine Technik zur Kennzeichnung der Transformation organischer
Substanzen entwickelt, bei der mit stabilen Isotopen markierte Substanzen als Tracer eingesetzt
werden. Diese Technik wurde erfolgreich zur Charakterisierung des Stoffumsatzes unter aeroben und
anaeroben Bedingungen mit mikrobiellen Kulturen (Annweiler et al., 1999; Zengler et al., 1999) und
in Bioreaktoren mit PAK-belasteten Böden (Richnow et al., 1996; Kästner et al., 1997; Richnow et al.,
1999) eingesetzt. Unsere Technik ermöglicht sowohl Stoffbilanzen als auch die Erfassung
metabolischer Produkte (Richnow et al., 1998). Die Isotopenanalytik zur Metabolitenanalyse (IRMGC-MS), erlaubt den hochempfindlichen, qualitativen Nachweis markierter Substanzen (pg-Bereich)
und ihre Quantifizierung (ng-Bereich). Anschließend kann die chemische Struktur der markierten
Verbindungen mit GC-MS-Verfahren bestimmt werden. Aufgrund der Deuterium- oder 13CMarkierung kann jeder Metabolit eindeutig der Ausgangssubstanz zugeordnet werden. Somit können
alle Transformationsprodukte, einschließlich einer Transformation in Kompartimente der Biomasse,
auch in ihrer chemischen Struktur erfasst werden. Diese Möglichkeit wird bisher kaum genutzt und
beinhaltet wesentliche Fortschritte gegenüber der klassischen Methode mit radioaktiven Substanzen.
In den bisherigen Arbeiten konnte eine 13C/12C-Isotopenfraktionierung beim biologischen Abbau von
Toluol nachgewiesen werden (Meckenstock et al., 1998; 1999). Die Isotopendiskriminierung führte zu
einer Anreicherung des natürlichen 13C-Anteils in der Restfraktion, die noch nicht durch
Mikroorganismen abgebaut wurde. Es kommt somit zu einer Verschiebung im 13C/12CIsotopenverhältnis, die mit Isotope-Ratio-Monitoring-Gas-Chromatography-Mass-Spectrometry
(IRM-GC-MS) messbar ist. Dieser Effekt wurde auch in Bodensäulen und im Feld beobachtet
(Meckenstock et al., 1999; Richnow et al., 1999). Vermutlich kann auch die Fraktionierung der
Wasserstoffisotope als Parameter für mikrobiellen Schadstoffabbau in situ herangezogen werden.
Basierend auf den Daten zur biologischen Isotopenfraktionierung von Toluol soll die Methode für
typische Aquiferverunreinigungen, wie BTEX, weiterentwickelt werden. Dazu werden die
Isotopenfraktionierungsfaktoren für den Abbau von BTEX unter kontrollierten aeroben und anaeroben
Bedingungen in Laboruntersuchungen bestimmt und der Einfluss physiko-chemischer Parameter wie
Temperatur, Adsorption, Abbaumilieu und Schadstoffkonzentration auf die Fraktionierung ermittelt.
Diese biologischen Fraktionierungsfaktoren konnten bereits bestimmt werden und sind zur
Kalibrierung bei Feldexperimenten notwendig. Damit kann der biologischen Abbau in situ, von
anderen Prozessen wie Verdünnung und Adsorbtion unabhängig bestimmt werden. Eigene
Vorarbeiten zur Bilanzierung des Stoffumsatzes mit Deuterium markierten Substanzen liegen vor. Zur
Beschreibung des biologischen Abbaus kann daher die Freisetzung von Deuterium bei der
Mineralisierung eines deuterierten Tracers gemessen werden. Im Aquifer erlaubt die Analyse der D/H
Isotopenverschiebung des Wassers die Erstellung einer Deuteriumbilanz.
1.2.6
Modellierung von Natural Attenuation im Feldmaßstab
Für die Modellierung von Natural Attenuation im Feldmaßstab müssen sowohl die Lösungs- als auch
die Abbauprozesse im Aquifer berücksichtigt werden. Das numerische Modell BIONAPL3D wurde
für die Simulation von Natural Attenuation bei zwei Feldexperimenten im Borden-Grundwasserleiter
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(Ontario, Kanada) angewendet (Frind et al., 1999; Schirmer M., 1998; Schirmer und Barker; Schirmer
M. et al., 1999a,b). Im Rahmen eines DFG-Schwerpunktprogramms, das sich u. a. die Quantifizierung
der Schadstoffbelastung auf einem ehemaligen Gaswerksgelände in Süddeutschland (sog. „DFGTestfeld Süd“) zum Ziel setzt, wird derzeit der Einsatz des numerisch-stochastischen Modells SMART
(Finkel, 1999; Finkel et al., 1997, 1998a,b, 1999) vorbereitet, um Aussagen über die Natural
Attenuation an diesem Standort zu gewinnen.
Beim ersten Experiment handelte es sich um einen sich langsam auflösenden CKW-Schadensherd,
welcher in den Grundwasserleiter eingebaut worden war (Frind et al., 1999). Die
Simulationsergebnisse haben eindeutig gezeigt, dass der Lösungsprozess zumindest über die ersten
drei Jahre unter Gleichgewichtsbedingungen stattfand. Unter den gegebenen aeroben Bedingungen im
Grundwasserleiter ist kein biologischer Abbau der CKWs zu erwarten. Die Dispersion ist somit der
effektivste Natural Attenuation Prozess, was bei weitem nicht ausreichend war, um den
Grundwasserleiter zu schützen. Deshalb wurden zusätzliche Sanierungsmaßnahmen (Eisenwand)
geplant und realisiert.
Beim zweiten Experiment wurde das Verhalten von BTEX und MTBE (Methyltertiärbutylether) im
Borden-Grundwasserleiter simuliert (Schirmer M., 1998; Schirmer und Barker, 1998; Schirmer M. et
al., 1999a,b). Natural Attenuation, vor allem in Form von biologischem Abbau, war für BTEX sehr
effektiv. Bereits nach 16 Monaten waren diese Komponenten fast vollständig abgebaut. Bei der
Simulation der im Feld stattfindenden Prozesse wurden ausschließlich vorher bestimmte Parameter ins
Modell einbezogen. Da die Ergebnisse der Simulationen und der Feldmessungen ohne
Modellkalibrierung sehr gute Übereinstimmung zeigten, kann man davon ausgehen, dass die
stattfindenden Natural Attenuation Prozesse für die BTEX-Komponenten an diesem Standort
verstanden sind (Schirmer M., 1998). Für das schwer abbaubare MTBE konnte durch die Simulationen
gezeigt werden, dass Natural Attenuation als einzige Sanierungsmethode nicht ausreichend sein wird,
um den Grundwasserleiter zu schützen (Schirmer M. et al., 1999a).
1.3
1.3.1
Planung und Ablauf des Vorhabens
Teilprojekt Hydrogeologische Erkundung und Modellierung
Eine genaue Kenntnis der hydrogeologischen Situation am Standort ist für die Untersuchung und
Quantifizierung von Natural-Attenuation Prozessen von entscheidender Bedeutung. Ein grundlegendes
Ziel der hydrogeologischen Erkundung bei einem großräumigen Grundwasserschadensfall, wie er in
Zeitz vorliegt, ist die Charakterisierung der räumlichen Ausdehnung der Schadstofffahne. Wichtige
geologisch-hydrogeologische Größen, welche die räumliche Ausdehnung der Schadstofffahne
beeinflussen, sind die Variabilität der hydraulischen Durchlässigkeiten, die Grundwasserfließrichtung,
sowie Aufbau und Abfolge der Aquiferschichten. Durch eine optimale Positionierung der
Grundwassermessstellen am Standort Zeitz sollte ein möglichst detailliertes Bild der
Grundwasserkontamination entstehen, wobei die Ausdehnung der Schadstofffahne im Abstrom vom
Schadenszentrum genau erfasst werden sollte.
Basierend auf den Ergebnissen der hydrogeologischen Erkundung sollte weiterhin ein
standortspezifisches Strömungsmodell erstellt werden, welches zu kalibrieren und auf seine Eignung
für die Dimensionierung von Feldexperimenten zu überprüfen war. Aufbauend auf dem
Strömungsmodell sollten über die Simulation des reaktiven Stofftransports Aussagen über die
Entwicklung der Schadstofffahne getroffen werden. Dies ist besonders im Hinblick auf die
Glaubhaftigkeit des Nachweises von Natural Attenuation von großer Bedeutung (USEPA OswerDirective 1999). In einem weiteren Schritt sollte ein Vergleich zwischen einem deterministischem
Ansatz und einem numerisch stochastischem Ansatz bei der reaktiven Transportmodellierung
getroffen werden.
10
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Die sehr komplizierten geologischen Verhältnisse am Standort bedingten, dass auch in der letzten
Projektphase noch Erkundungsbohrungen nötig waren (siehe auch Gödeke 2004a, 2004b). Daher
konnte eine Simulation des reaktiven Stofftransports im Projektzeitraum nicht durchgeführt werden.
1.3.2 Teilprojekt Toxikologisches Langzeitmonitoring
Natürliche Rückhalt- und Abbauprozesse („Natural Attenuation“) in Grundwasserleitern können die
Ausbreitung von Schadstoffen eindämmen oder aufhalten. Für den gezielten Einsatz dieser Prozesse
zur Grundwassersanierung bedarf es jedoch umfangreicher Überwachungsmaßnahmen. Dazu gehören
regelmäßige chemische Analysen des Grundwassers, um den Verbleib der Schadstoffe beobachten zu
können. Allerdings beschränken sich chemische Untersuchungsmethoden in der Regel auf die
mengenmäßig am stärksten vertretenen Schadstoffe. Diese werden gezielt chemisch analysiert und
quantifiziert. Ein Vergleich der gefundenen Konzentrationen mit vorgegebenen Maximalwerten für
die Schadstoffbelastung von Grundwasser geben Aussagen über die Notwendigkeit von
Sanierungsmaßnahmen bzw. das Erreichen von Sanierungszielen. Allerdings kann die alleinige
Fokussierung auf die mengenmäßig am stärksten vertretenen Stoffe zur Folge haben, dass
toxikologisch relevante Schadstoffe oder toxische Produkte des Schadstoffabbaus übersehen werden,
was wiederum eine Verfehlung des Sanierungszieles zur Folge haben kann. Dementsprechend
definierte die U.S. EPA „Natural Attenuation“ als „die Fähigkeit eines Grundwasserleiters die Masse,
Toxizität, Mobilität oder das Volumen von Schadstoffen so weit zu reduzieren, dass die menschliche
Gesundheit und das Ökosystem nicht gefährdet sind“ (USEPA Directive 1999). Berichte über den
Einsatz toxikologischer Testverfahren bei der Grundwasserüberwachung allgemein sind bisher jedoch
rar. Helma et al. (1998) untersuchten gentoxische und ökotoxische Effekte von Grundwasser im
Vergleich zu routinemäßig analysierten Parametern und fanden dass, allein durch chemische
Analysen, die Toxizität des Grundwassers nicht vorhergesagt werden konnte. Baun et al. (2000)
nutzten miniaturisierte toxikologische Tests um die Ausbreitung einer Grundwasserschadstofffahne im
Abstrom einer Deponie zu erfassen. Über Einsatz von Toxizitätsmessungen zur Beurteilung des
Natural Attenuation Potenzials eines Aquifers gab es bis vor Beginn des RETZINA-Projektes jedoch
keine systematischen Untersuchungen. Im Rahmen des RETZINA-Verbundprojektes ergaben sich
daher für das Teilprojekt „Toxikologisches Monitoring“ folgende Ziele:
1. Die Etablierung verschiedener auf Vertebratenzellen basierender, miniaturisierter
Testverfahren zur toxikologischen Charakterisierung nativen Grundwassers;
2. Die Charakterisierung der Ausbreitung der Schadstofffahne am Standort Zeitz mit Hilfe der
etablierten toxikologischen Tests und Vergleich mit der chemisch definierten Ausbreitung der
Schadstofffahne
3. Die Verknüpfung toxikologischer Testverfahren mit einem Grundwasserprobennahmegerät
für die passive Anreicherung von Schadstoffen im Sinne einer kosteneffektiven, langfristigen
Überwachung von Natural Attenuation-Prozessen.
Aufgrund methodischer Probleme beim Umgang mit BTEX Komponenten im toxikologischen
Monitoring wurde die Entwicklung des Passivsammlers zunächst auf die Stoffgruppe der
polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe konzentriert. Die Methodischen Probleme mit
BTEX ergaben sich aus dem hohen Dampfdruck der Komponenten, welche für die toxikologische
Analyse in Vertebratensystemen einer eigens dafür ausgerichteten, zukünftigen Entwicklung bedürfen.
Im Rahmen der kombinierten chemisch-biologischen Charakterisierung der Schadstofffahne am
Standort Zeitz wurden zunächst zusätzlich zum ursprünglichen Projektantrag detailliert
Computersimulationen und Laboruntersuchungen durchgeführt.
1.3.3 Teilprojekt Untersuchungen zur Isotopenfraktionierung
In dem Vorhaben sollte ein isotopenchemisches Verfahren zur Erfassung des biologischen
Schadstoffabbaus in einem kontaminierten Aquifer eines gut ausgebauten Testfeldes erprobt werden.
Dazu sollten Konzentrationen und Isotopensignaturen der Schadstoffe kartiert und anhand der
Änderung der Isotopensignatur stabiler Isotope (D/H bzw. 13C/12C) der in situ-Schadstoffabbau erfasst
werden. Dabei wurden Fraktionierungsfaktoren (D) aus einem anderen Projekt (BMBF 02WT0022)
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eingesetzt. Es sollten Eckdaten zum Einsatz der Methoden in der Grundwasserüberwachung erarbeitet
werden. In erster Linie galt es Kenngrößen zur Bewertung des intrinsischen Abbaupotentials in
Schadstofffahnen im Rahmen von Natural Attenuation (NA)-Vorhaben zu ermitteln. Detailliert sollten
Grundlagen zur Planung von Monitored Natural Attenuation (NMA)-Maßnahmen entwickelt werden.
Die Projektnehmer erarbeiteten somit Beiträge für den KORA-Verbund im Themenbereich
“Anwendung von Isotopentechniken bei Natural Attenuation-Vorhaben“. Die Ergebnisse können als
Grundlage für eine reaktive Transportmodellierung benutzt werden. Im Zentrum der Arbeit stand
daher die Charakterisierung des in situ-Abbaus in Zeitz. Zudem wurde in einem Tracerexperiment mit
deuterierten Toluolen (d5, d8) die Anwendbarkeit der Isotopenmethode nachgewiesen.
Zu Beginn des Vorhabens lagen außer eigenen Arbeiten (Richnow & Meckenstock 1999,
Meckenstock et al. 1999) keine Informationen zur Isotopenfraktionierung in Folge des
Schadstoffabbaus vor. Für die quantitative Analyse des Schadstoffabbaus wurde die
Isotopenfraktionierung nach unseren Kenntnissen nicht in anderen Studien verwendet, da
grundlegende Arbeiten zu den Rahmenbedingungen unter denen Isotopensignaturen zur
Kennzeichnung des in situ-Schadstoffabbaus eingesetzt werden können, fehlten. Zum einen gab es
keine substanzspezifischen Fraktionierungsfaktoren aus Laborexperimenten, die repräsentativ für die
biogeochemischen Abbaubedingungen im Aquifer sind. Zum anderen waren keine Erfahrungen zur
Anwendung von Berechnungsmethoden auf Grundlage der Isotopenfraktionierung in Feldstudien
vorhanden.
Eine entsprechende Ausstattung hinsichtlich der Isotopen- und GC-MS Analytik am UFZ war zu
Begin des Vorhabens vorhanden. Das Messstellennetz des Standortes Zeitz wurde im Laufe des
Projektes kontinuierlich ausgebaut, sodass eine immer genauere Charakterisierung des
mikrobiologischen in situ-Abbaus möglich war. In der letzten Projektphase stand ein Testfeld für die
Isotopenuntersuchung zur Verfügung, das hinsichtlich des Ausbauzustandes weltweit kaum
vergleichbar ist. Die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen den Projektpartnern hat eine
erfolgreiche Beareitung des Teilprojektes gewährleistet. Insgesamt waren daher hervorragende
Vorraussetzungen zur Durchführung des Projektes gegeben.
Zu Beginn des Projektes wurden die analytischen Verfahren zur Messung der Isotopensignaturen von
Zielverbindungen (BTEX, CH4, CO2) angepasst und automatisiert. Nachfolgend wurden entsprechend
des Arbeitsplanes Monitoringkampagnen durchgeführt und die Variabilität der Konzentrationen und
Isotopenmuster erfasst. Die Ergebnisse wurden im Bezug auf hydrogeochemische Daten ausgewertet
und der in situ-Schadstoffabbau quantifiziert (siehe Zwischenberichte). In der letzten Projektphase
wurde ein Multitracer-Experiment mit deuterierten Toluolen und konservativen Tracer durchgeführt.
Dieses Experiment war jedoch wesentlich komplexer und aufwendiger als ursprünglich beantragt.
Ein Schwerpunkt der Untersuchungen lag auf der Anwendung und Erarbeitung von
isotopenchemischen Methoden zur Bestimmung des in situ-Schadstoffabbaus in Zeitz. In
Monitoringkampagnen wurde die zeitliche und räumliche Variabilität der Schadstofffahne untersucht.
Dabei sollten Erfahrungen zur Nutzung der Methoden im Rahmen der Grundwasserüberwachung
gewonnen werden. Zudem dienten die Felduntersuchungen zur Validierung des Verfahrens in Bezug
auf die Beurteilung von Schadensfällen.
Die Ergebnisse wurden auf vielen Fachtagungen, insbesondere auch im Rahmen des
Verbundvorhabens KORA, dargestellt, um die Methoden zügig potentiellen Nutzern zugänglich zu
machen. Die Fortschritte in der Anwendung isotopenchemischer Methoden wurden somit der
wissenschaftlichen Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und können im KORA-Verbund genutzt
werden.
Die späte Genehmigung des Tracerversuches mit deuterierten Toluolen verzögert die
Projektbearbeitung. Es mussten wasserrechtliche Bedenken der zuständigen Behörde hinsichtlich der
Einspeisung der deuterierten Schadstoffe ausgeräumt werden. Der Versuch konnte deshalb erst im
Jahre 2003 im Zeitplan der Kosten-neutralen Laufzeitverlängerung durchgeführt und ausgewertet
werden. Bei dem Tracerexperiment wurden neben deuterierten Toluolen abweichend vom
ursprünglichen Arbeitsplan auch konservative Tracer eingesetzt. Durch diese Ergänzung wurde der
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Versuch einerseits erheblich aufwendiger, andererseits auch das wissenschaftliche Ergebnis
entscheidend verbessert.
Zu Beginn des Vorhabens lagen außer eigenen Arbeiten (Richnow & Meckenstock 1999,
Meckenstock et al. 1999) keine Informationen zur Isotopenfraktionierung in Folge des
Schadstoffabbaus vor. Für die quantitative Analyse des Schadstoffabbaus wurde die
Isotopenfraktionierung nach unseren Kenntnissen nicht in anderen Studien verwendet, da
grundlegende Arbeiten zu den Rahmenbedingungen, unter denen Isotopensignaturen zur
Kennzeichnung des in situ-Schadstoffabbaus eingesetzt werden können, fehlten. Zum einen gab es
keine substanzspezifischen Fraktionierungsfaktoren aus Laborexperimenten, die repräsentativ für die
biogeochemischen Abbaubedingungen im Aquifer sind. Zum anderen waren keine Erfahrungen zur
Anwendung von Berechnungsmethoden auf Grundlage der Isotopenfraktionierung in Feldstudien
vorhanden.
1.4
1.4.1
Stand der Kenntnisse zu Beginn des Forschungsvorhabens
Natural Attenuation
Die Begriffe „Natürlicher Rückhalt“ („Natural Attenuation“) und „Natürlicher Abbau“ (Intrinsic
Bioremediation) von organischen Schadstoffen in Aquiferen sind in den letzten Jahren vor allem in
den USA (z.B. Rice et al., 1995b) und in den letzten zwei Jahren auch in Deutschland in den
Vordergrund der Diskussion gerückt (Held, 1996; Wienberg, 1997). Dabei wird „Natural Attenuation“
in der deutschen Literatur häufig mit „Natürlicher Rückhalt und Abbau von (organischen)
Schadstoffen im Untergrund“ übersetzt.
Das Interesse an der Nutzung der natürlichen Rückhalte- und Abbauprozesse bei der Sicherung bzw.
Sanierung von kontaminierten Standorten ist vor allem deshalb stark angestiegen, weil die
augenblicklich verfügbaren Sanierungstechniken i.A. über viele Jahre bis Jahrzehnte hohe Kosten
verursachen und das Sanierungsziel trotzdem vielfach nicht annähernd erreicht wird. In den USA z.B.
konnte bis 1990 nach 10 Jahren Sanierungspraxis mit aktiven Methoden (v.a. „pump-and-treat“)
keiner der Superfund-Sites (Modellstandorte) der amerikanischen Umweltbehörde EPA als saniert
betrachtet werden (Travis & Doty, 1990).
1.4.2
Relevante Schadstoffe im Grundwasser
Durch den jahrzehntelangen, z.T. sorglosen Umgang mit organischen Schadstoffen werden diese
Verbindungen an sehr vielen Stellen im Grundwasser z.T. in signifikanten Mengen gefunden (Abb. 2).
In hohen Konzentrationen treten organische Schadstoffe überwiegend im Abstrom von
Altablagerungen, Altstandorten und anderen Schadensfällen auf.
Nach einer Studie von Arneth et al. (1989) zählen die chlorierten Kohlenwasserstoffe (CKW, nur
aliphatische Verbindungen, LCKW) zu den am häufigsten vorkommenden organischen Schadstoffen
im Grundwasserabstrom von Schadensfällen in Deutschland (Abb. 4, links). Darüber hinaus sind auch
aromatische Verbindungen, wie z.B. Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol (BTEX) aber auch
Chlorbenzole häufig im Abstrom von Altstandorten u.ä. zu finden (z.B. Gaswerke, undichte
Lagertanks mit Betriebsstoffen u.ä.). Eine ähnliche Studie, die von Plumb & Pitchford (1985) in den
USA durchgeführt wurde (Abb. 4, rechts), kommt zu vergleichbaren Ergebnissen, wobei gewisse
Unterschiede in der Platzierung und auch der untersuchten Schadstoffe zu verzeichnen sind.
Auffällig ist, dass in den USA auch Azeton, Phenol und DEHP (Plastikweichmacher) auf der Liste der
15 häufigsten organischen Schadstoffe stehen, während diese Substanzen in der deutschen Liste nicht
zu finden sind. Dies und die tendenziell höhere Anzahl von Befunden organischer Schadstoffe im
Grundwasser sind vor allem auf die detaillierteren Analytikprogramme in den USA zurückzuführen.
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Mineralölkohlenwasserstoffe:
Tankstellen, Tanklager
Raffinerien
20,3%
8,0%
64,8%
Benzol, Toluol, Xylol,
polyzyklische aromatische
Kohlenwasserstoffe:
Gaswerke, Kokereien
Anorganika 0,4%
Schwermetalle 1,0%
4,5%
Chlorierte Kohlenwasserstoffe:
Metallverabeitende Betriebe,
Elektronik/Leiterplattenentfettung,
chemische Reinigungen
Abb.3:
Sonstige
Sonstige organische
Verbindungen 1,0%
Häufigkeit von Schadstoffen bei Grundwasserschadensfällen (nach Daten der LfU, BadenWürttemberg, 09/96)
Trichlorethen
Tetrachlorethen
Trichlorethen
Dichlorethen (cis 1,2)
Tetrachlorethen
Dichlorethen (trans
Benzol
Trichlormethan
Vinylchlorid
Trichlormethan
Trichlorethan (1,1,1)
Xylol
Dichlorethen (trans 1,2)
Deutschland
(verändert aus Arneth et al. 1989)
Dichlorethan (1,1)
Dichlorethan (1,2)
Toluol
Phenol
Aceton
Dichlormethan
Toluol
USA
Dichlorbenzol
DEHP
(nach Plumb&Pitchford 1985,
verändert aus Arneth et al.
1989)
Chlorbenzol
50
Trichlorethan (1,1,1
Ethylbenzol
Tetrachlormethan
60
Dichlorethen (1,1)
Dichlormethan
Benzol
Vinylchlorid
10
20
30
40
50
40
30
20
10
0 0
Häufigkeit von Schadenstoffen im Abstrom von Schadensfällen [%]
60
Abb. 4:
Häufigkeit einzelner organischer Schadstoffe im Abstrom von Schadensfällen. Vergleich
USA - Deutschland. Aus Schiedek et al. (1997).
1.4.3
Entwicklung von Schadstofffahnen im Grundwasser
Der Transport und die Verteilung von chemischen (Schad-)Stoffen und damit die räumliche
Entwicklung von Schadstofffahnen im Grundwasser werden im Wesentlichen durch die Prozesse
Advektion, Dispersion, Diffusion, Sorption, Verflüchtigung und Abbau gesteuert. Der
Schadstofftransport (gelöste Schadstoffe) erfolgt generell durch Advektion und hydrodynamische
Dispersion (Dispersion und Diffusion). Diese Prozesse bewirken eine Migration („Fortschreiten“) der
gelösten Schadstoffe im Aquifer in Grundwasserfließrichtung und können damit zur Ausbildung von
Schadstofffahnen im Abstrom von Schadensfällen führen (Abb. 5, Beispiel a und b).
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Schadensherd
Schadstofftransport durch:
Grundwasserströmung
Fließstrecke
t1 < t2 < t3
a)
t1
t2
t3
b)
t1
t2
t3
c)
d)
Abb. 5:
t1 t2
?
Advektion
Advektion + Dispersion/Diffusion
Advektion + Dispersion/Diffusion
+ Sorption/Retardation
t3
t3
Advektion + Dispersion/Diffusion
+ Sorption/Retardation
+ Abbau
Entwicklung von Schadstofffahnen im Grundwasser über die Zeit (t1 - t3: verschiedene
Zeitpunkte).
Die Schadstoffmasse im Wasser wird im Allgemeinen durch die Freisetzungsrate aus dem
Schadstoffherd bestimmt (z.B. durch die Lösung aus dem Schadstoffherd in Abhängigkeit von
Wasserlöslichkeit und Lösungskinetik). Eine Schadstofffahne wird sich daher solange ausdehnen (z.B.
durch Lösung aus residualer Phase), bis der Schadstoffherd aufgelöst ist bzw. entfernt wird (z.B. durch
Ausbaggern des Schadstoffherdes). Durch Dispersion und Diffusion (sowie unter bestimmten
Randbedingungen auch durch Grundwasserneubildung) erfolgt vor allem in den peripheren Bereichen
einer Fahne eine Verdünnung der Schadstoffkonzentration. Das bedeutet, dass die Ausdehnung einer
Fahne zunächst durch Verdünnungsprozesse bestimmt wird. Darüber hinaus sind aber auch die
Bestimmungs- und Nachweisgrenzen der chemischen Analysemethoden und nicht zuletzt die Anzahl
und Positionierung der Grundwassermessstellen für die Definition einer Schadstofffahne von
wesentlicher Bedeutung.
Das Fortschreiten der gelösten Schadstoffe (Schadstofffahne) im Aquifer wird durch
Sorptionsprozesse (Sorption und Desorption) mehr oder weniger stark verzögert (Abb. 5, Beispiel c).
Sorption, d.h. Wechselwirkungen zwischen den im Wasser gelösten Stoffen mit den
Aquifermaterialien, tritt jedoch nicht bei allen Stoffen gleichermaßen auf. Gering lösliche
Verbindungen sorbieren im allgemeinen relativ stark und werden dadurch auch entsprechend stark
retardiert.
Darüber hinaus kann eine Schadstofffahne durch biotischen und/oder abiotischen Abbau sowie durch
Verflüchtigung der Schadstoffe in die in vielen Fällen angrenzende wasserungesättigte Zone einen
räumlich/zeitlich mehr oder weniger stationären Zustand erreichen. Das bedeutet, dass die
Transportrate der Schadstoffe, die von Advektion, Dispersion/Diffusion und Sorption im Aquifer
abhängt, durch den gleichzeitig stattfindenden Abbau und/oder durch Verflüchtigung der Stoffe
kompensiert wird (Abb. 5, Beispiel d). Retardation und Bioabbau führen dazu, dass Abstromfahnen im
Grundwasser trotz lange anhaltender Einträge meist nur ein begrenztes Ausmaß annehmen. In Tabelle
1 und 2 sind einige Beispiele beobachteter durchschnittlicher Fahnenlängen von Benzol bzw.
15
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leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (LCKW) aufgeführt. Die längeren Fahnen im Falle
der LCKW-Verunreinigungen sind auf die allgemein schlechtere Bioabbaubarkeit dieser Stoffe
zurückzuführen. Aber auch die LCKW-Fahnen haben nur eine begrenzte Ausdehnung.
Tabelle 1: Fahnenlängen (Benzol) aus der „Leaking Underground Fuel Tank“- Studie (Rice et al.,
1995)
Durchschnittliche Fahnenlänge (10 ppb Benzol) 50 % Quantil
ausgewertet aus 271 Standorten
90 % Quantil
99 % Quantil
- exponentielles/ Fehlerfunktion-Model
93 m/ 80 m
279 m/ 168 m
40 m/ 31 m
Tabelle 2: Häufigkeitsverteilung der Fahnenlängen (LCKW) aus der „Historical Case Analysis of
Chlorinated Volatile Organic Compounds“-Studie (Mc Nab et al., 1999)
Durchschnittliche
Fahnenlänge 25 % Quantil
(LCKW) ausgewertet aus 65
Standorten
50 % Quantil
75 % Quantil
90 % Quantil
10 ppb
241 m
488 m
979 m
1839 m
100 ppb
153 m
336 m
732 m
1488 m
1000 ppb
70 m
198 m
558 m
1412 m
1.4.4
Mikrobieller Abbau und natürlicher Rückhalt organischer Schadstoffe
im Grundwasser
Da in natürlichen Aquiferen Bakterien immer in genügender Anzahl vorhanden sind, werden sehr
viele organische Verbindungen unter aeroben Bedingungen relativ schnell mikrobiell abgebaut. Die
organischen Verbindungen werden dabei oxidiert und von den Mikroorganismen als kohlenstoff- und
energielieferndes Substrat benutzt. Sauerstoff wird dabei als Elektronenakzeptor zu H2O oder CO2
umgesetzt. Ist der zur Verfügung stehende Sauerstoff verbraucht (anaerobe Bedingungen), werden
(soweit vorhanden) zunächst Nitrat, dann Eisen- und Manganoxide und Sulfat reduziert. Als letzte
Phase, wenn alle anderen Elektronenakzeptoren verbraucht sind, findet die methanogene Umsetzung
von organischen Verbindungen statt. Dabei wird CO2 als Elektronenakzeptor benutzt; die organischen
Verbindungen werden zu CO2 und Methan umgesetzt (z.B. Wiedemeier et al., 1995). Im Allgemeinen
sind die Abbauraten unter anaeroben Bedingungen jedoch sehr viel geringer als unter aeroben
Bedingungen.
BTEX-Komponenten sind in Anwesenheit von Sauerstoff mikrobiell relativ gut abbaubar. In den
letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass diese Substanzen auch unter anaeroben Bedingungen
abgebaut werden. Toluol und Ethylbenzol scheinen die Substanzen der BTEX-Gruppe zu sein, die sich
unter anaeroben Bedingungen am leichtesten abbauen lassen. Es wurden eine Reihe von anaeroben
Mikroorganismen isoliert, die Toluol oder Ethylbenzol mit Nitrat, Sulfat, und Eisen als
Elektronenakzeptoren oder sogar fermentativ abbauen können (Lovley & Lonergan, 1990; Evans et
al., 1991; Rabus et al., 1993; Meckenstock, 1999). Xylole können mit Nitrat und Sulfat als
Elektronenakzeptor abgebaut werden. Es liegen aber nur wenige detaillierte Informationen zu
anaeroben Abbauwegen von Xylolen vor. Benzolabbau unter Eisen(III)- und Sulfat-reduzierenden
Bedingungen konnte bisher nur in Sedimenten gezeigt werden. Es existieren bisher jedoch keine
Anreicherungs- oder Reinkulturen, die Benzol abbauen können. Die Experimente zeigen zwar, dass
Benzol unter anaeroben Bedingungen biologisch abbaubar ist, es gibt jedoch keinerlei Hinweise auf
mögliche Abbauwege (Lovley et al., 1994; 1995; Weiner und Lovley, 1998).
Beim biologischen Abbau von chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW) stellt die reduktive
Dechlorierung unter anaeroben Bedingungen den wirkungsvollsten Abbauprozess dar (Überblick bei
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Rifai et al., 1995 oder Nyer & Duffin, 1997). Die CKW werden dabei überwiegend durch
Kometabolismus abgebaut (z.B. Vogel et al., 1987; Reineke & Schlömann, 1997), d.h. im Zuge des
Abbaus einer organischen Verbindung (z.B. mit Phenol, Hopkins et al., 1993) werden CKW nebenbei
durch entstehende Enzyme mit umgesetzt. Eine Pilotstudie (kombinierte Labor- und Feldversuche)
zum kometabolischen Abbau von leichtflüchtigen aliphatischen CKW mittels Phenol wird z.Zt. in den
Niederlanden an einem kontaminierten Standort (ehemalige Wäscherei) durchgeführt (Alphenaar et
al., 1997).
Die hier nur summarisch beschriebenen Prozesse verlaufen im Untergrund nicht nur in einer zeitlichen
Abfolge, sondern können auch räumlich nebeneinander in kontaminierten Aquiferen beobachtet
werden. Die generellen Abbauprozesse organischer Schadstoffe im Grundwasser sind in Tabelle 3 am
Beispiel von Benzol zusammengefasst.
Tabelle 3: Generelle Abbauwege von organischen Schadstoffen am Beispiel von Benzol (nach
Wiedemeier et al. 1995).
Oxidation/aerobe Respiration
15 O2 + C6H6 Ÿ 12 CO2 + 3 H2O
Denitrifikation
6 NO3 + 6 H + C6H6 Ÿ 6 CO2 + 6 H2O + 3 N2
Eisenreduktion
60 H + 30 Fe(OH)3 + C6H6 Ÿ 6 CO2 + 30 Fe2 +78 H2O
Sulfatreduktion
7,5 H + 3,75 SO4 + C6H6 Ÿ 6 CO2 + 3,75 H2S + 3 H2O
Methanogener Abbau
4,5 H2O + C6H6 Ÿ 2,25 CO2 + 3,75 CH4
-
+
+
+
+
2-
Christensen et al. (1994) konnten anhand von geochemischen Untersuchungen im Abstrom einer
Mülldeponie die räumliche Ausdehnung und eine scharfe Abgrenzung der verschiedenen Redoxzonen
nachweisen. In unmittelbarer Nähe der Deponie liegen methanogene Bedingungen vor. Unterstromig
folgen Bereiche mit Sulfid-, Sulfat- und Nitrat-reduzierendem Milieu. Die Eisen-(II)-Konzentration im
Grundwasser konnte auf die Reduktion von Eisen-(III)-Mineralien, die als Beläge auf der
Aquifermatrix vorhanden sind, zurückgeführt werden. In einer Entfernung zwischen 50-300 m von der
Deponie (in Abhängigkeit vom Abstand zur Oberfläche) werden im Grundwasser aerobe Bedingungen
vorgefunden.
Die Einstellung und Aufrechterhaltung der speziellen Milieubedingungen (aerob oder anaerob) in
einem kontaminierten Aquifer werden im natürlichen System durch die Nachlieferung der
Elektronenakzeptoren durch Advektion und Dispersion/Diffusion im Grundwasser bzw. dem
vorhandenen Reservoir an Elektronenakzeptoren limitiert (z.B. Borden et al., 1995). Fehlen in einem
Aquifer z.B. Eisen- oder Manganmineralien bzw. sind diese aufgebraucht, dann kann keine
Eisen/Manganreduktion stattfinden. Durch den Transport von Reaktionsprodukten mit dem
Grundwasser können sich aber auch einzelne Redoxzonen zueinander verschieben. So konnten z.B.
Vroblesky & Chapelle (1994) in einem kontaminierten Aquifer feststellen, dass sich die
Redoxbedingungen in einer Messstelle nach starken Niederschlägen durch erhöhte
Grundwasserneubildung von einem sulfatreduzierenden Milieu zu einem aeroben Milieu hin
veränderten (O2-Nachlieferung durch Grundwasserneubildung). Die anschließende Oxidation von
Eisen-(II) führte zu einer Ausfällung von Eisen-(III)-Hydroxiden. Nach dem Aufbrauch des gesamten
Sauerstoffs stellten sich wieder eisenreduzierende Bedingungen ein. In einem Beobachtungszeitraum
von ca. 6 Monaten konnten die Autoren auch in anderen Messstellen eine dynamische Entwicklung
der räumlichen Ausdehnung der Redoxzonen innerhalb der Schadstoffahne beobachten. D.h., dass sich
Schadstoffahnen beim Verbrauch intrinsischer Elektronenakzpetoren wie z.B. Eisen(III)-Phasen mit
der sich ausdehnenden Redoxzone immer weiter ausbreiten. Nur bei Zulieferung externer
Elektronenakzeptoren (O2, NO3, SO4) kann ein stationärer Zustand (d.h. keine weitere Ausdehnung der
Fahne) erreicht werden. Ausgenommen sind hier Aquifere die stark methanogen beeinflusst sind.
Da unter Feldbedingungen die Sauerstoffnachlieferung in das Fahneninnere limitiert ist und unter
anaeroben Bedingungen die Abbauraten relativ niedrig sind, werden in Feldexperimenten häufig am
aeroben Rand einer Schadstofffahne höhere Abbauraten beobachtet als in der Fahne (Chiang et al.,
1989; Borden et al., 1995). Durch den heterogenen Aufbau fluviatiler Aquifere kann die Nachlieferung
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von Elektronenakzeptoren auch durch unterschiedliche Porositäten und Durchlässigkeiten der
Aquifermatrix beeinflusst werden (z.B. Sturman et al., 1995).
Da die komplexen Wechselwirkungen und Reaktionen zwischen Aquifermatrix und Schadstoffen,
Schadstoffen und deren Abbauprodukten untereinander usw. bei Felduntersuchungen im Detail häufig
nicht ohne weiteres zu unterscheiden und nachweisbar sind, werden bisher die folgenden Kriterien als
Anzeichen für einen etablierten natürlichen Rückhalt/Abbau und als Sanierungskontrolle empfohlen
(z.B. Rifai et al., 1995; Nyer & Duffin, 1997):
1. Abnahme der Konzentration der Schadstoffe im Grundwasser im unterstromigen Bereich des
Schadenherdes. Dies kann z.B. im Vergleich mit der Konzentration einer nichtreaktiven und
nichtabbaubaren Substanz erfolgen (z.B. Wiedemeier et al., 1995). Steht jedoch keine
Vergleichssubstanz zur Verfügung kann auch über eine Abnahme der Konzentration über die
Zeit der Massenverlust abgeschätzt werden (z.B. Rifai et al., 1995).
2. Abnahme der Konzentration von potentiellen Elektronenakzeptoren (O2, NO3, SO4) im
Vergleich zu den Konzentrationen in unbelasteten Bereichen des Aquifers (natürlicher
Hintergrundwert) und das Auftreten von erhöhten Konzentrationen von Abbauprodukten wie
z.B. CO2, Eisen-(II) oder Methan (z.B. Rifai et al., 1995).
3. Nachweis der mikrobiellen Aktivität in situ durch Laborversuche mit Orginalmaterial aus dem
kontaminierten Aquiferbereich.
Neuerdings werden auch die Isotopensignaturen stabiler Isotope (v.a. 13C/12C) zur Bestimmung von
Abbauprozessen im Untergrund eingesetzt. Diese Technik wurde schon beim aeroben Abbau von
Methan in Sedimenten und in Bakterienkulturen eingesetzt und später als ein Beweis für einen
anaeroben Abbau von Methan in Sedimenten herangezogen (Whiticar & Faber, 1985). In diesen
Arbeiten wurde eine deutliche Diskriminierung des schweren 13C-Methans von bis zu 20‰ (PDB)
beobachtet. Eine Isotopenfraktionierung in der gleichen Größenordnung von ca. 20 ‰ (PDB) wurde
beim Acetatabbau durch methanogene Bakterien beobachtet (Gelwicks et al., 1994). Es gibt einige
Hinweise, dass eine Isotopenfraktionierung beim biologischen Abbau von Kohlenwasserstoffen
auftritt (Lebedew et al., 1969; Ertl et al., 1996). In anderen Arbeiten konnte kein Isotopeneffekt beim
Abbau von organischer Substanz gezeigt werden (Trust et al., 1995), was wahrscheinlich auf den
insgesamt geringen Umsatz zurückzuführen ist, bei dem noch keine messbare Fraktionierung auftritt.
Arbeiten von Meckenstock et al. (1999) zum biologischen Toluolabbau mit isolierten Reinkulturen
und Mikrokosmen zeigten deutliche Isotopenfraktionierung unter aeroben und anaeroben
Bedingungen. Mit Hilfe der Analyse der Isotopenfraktionierung durch mikrobielle Aktivität liegt ein
Werkzeug vor, um den biologischen Abbau einer Substanz im Grundwasser unabhängig von anderen
Prozessen zu erfassen und zu quantifizieren.
1.4.5
Ansätze zur Implementierung von Natural Attenuation (Stand 1999)
Die Amerikanische Umweltbehörde EPA hat 1999 eine überarbeitete Direktive zum Thema
„Monitored Natural Attenuation“ (MNA) verabschiedet (US-EPA OSWER Directive 9200.4-17P,
1999; Draft: 1997; vgl. Abschnitt 1.1). Wesentliche Voraussetzungen für die Verwendung von
„Natural Attenuation“ als Sanierungsmethode sind v.a. die standortspezifische Überprüfung der
Anwendbarkeit von MNA sowie Maßnahmen zur Kontrolle des Schadensherds und die Überwachung
der Effizienz durch ein Langzeit-Monitoring. „Natural Attenuation“ kommt danach nur in besonders
geeigneten Ausnahmefällen als alleinige Sanierungsmethode an einem Standort in Frage. Die
Effizienz muss in jedem Falle gegenüber der US-EPA oder anderen übergeordneten Behörden
demonstriert werden. Dazu ist eine im Vergleich zu herkömmlichen Sanierungsstrategien detailliertere
standortspezifische Charakterisierung notwendig. Die Direktive ist ein Dokument, das ein Konzept
beschreibt aber kein technisches Protokoll und beinhaltet somit keine Hinweise zur technischen
Vorgehensweise bzw. Implementierung von Natural Attenuation-Konzepten.
18
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 19
Ein technisches Protokoll für die Bewertung von „Natural Attenuation“ zur Sanierung von
Grundwasserverunreinigungen durch chlorierte Kohlenwasserstoffe und Kraftstoffe wurde von der
US-EPA in Zusammenarbeit mit der US-AIR FORCE erarbeitet (EPA/600/R-98/128, 1998). Dieses
Protokoll, basierend auf der OSWER-Direktive, konstatiert, dass die in der Vergangenheit erfolgten
Erkundungsmaßnahmen an kontaminierten Standorten für eine Bewertung von „Natural Attenuation“
oftmals nicht ausreichen. In diesen Fällen empfiehlt das Protokoll als wesentliche Maßnahmen für eine
profunde Bewertung von „Natural Attenuation“ die Erhebung von zusätzlichen Informationen zu 1)
dem dreidimensionalen Schadstofftransport am Standort und 2) zu den physikalisch-chemischen und
biologischen Prozessen, die zu einer Abschwächung der Konzentrationen im Abstrom führen. Die
Parameter, die im Hinblick auf die Bewertung von „Natural Attenuation“ von Bedeutung sind, werden
genannt und Empfehlungen v.a. zur Datenerhebung und -auswertung gegeben. Verwaltungstechnische
Fragestellungen sind ausgeklammert.
Die Amerikanische Gesellschaft für Tests und Materialien ASTM hat eine Anleitung zur Benutzung
von „Remediation by Natural Attenuation (RNA) at Petroleum Release Sites“ veröffentlicht (Standard
Guide E 1943-98, 1998). Diese Anleitung beschränkt sich ausschließlich auf nicht-chlorierte
Kohlenwasserstoffe (BTEX, MKW). Unter günstigen Voraussetzungen wird RNA als alleinige
Sanierungsmethode an einem Standort empfohlen. Maßnahmen zur Kontrolle des Schadensherds
sowie eine im Vergleich zu herkömmlichen Sanierungsstrategien detailliertere standortspezifische
Charakterisierung wie in der OSWER-Directive werden dabei nicht unbedingt gefordert. Im besonders
günstigen Fall (keine zu erwartende Beeinflussung von Rezeptoren) wird RNA auch für instationäre
(noch propagierende) Fahnen akzeptiert.
Die amerikanische Sichtweise wird in Deutschland nur zum Teil anwendbar sein. Insbesondere die zu
berücksichtigenden Prozesse der Dispersion bzw. Verdünnung gehen nicht konform mit den hiesigen
Vorstellungen eines nachhaltigen Grundwasser-Ressourcenschutzes. Andererseits wird es, bei einer
Einzelfallbetrachtung, vielfach möglich sein, biologische Abbau- und sonstige Rückhalteprozesse
nachzuweisen und dadurch eine kostenintensive Sanierung zu vermeiden.
Beispielsweise sieht die Vewaltungsvorschrift Orientierungswerte in Baden-Württemberg (GABL,
1993) für die Bewertung des natürlichen Abbau- und Rückhaltepotentials zur Gefahrenbeurteilung
vor, allerdings lediglich für Ammonium. Dem Sachverhalt der in situ Ammoniumoxidation in Nitrat
wird durch eine Erläuterung zur VwV Orientierungswerte Rechnung getragen („Zur
Sanierungsnotwendigkeit bei Ammonium-Emissionen“ 1997, Entwurf).
Voraussetzung für eine Verwendung von „Natural Attenuation“ als Alternative zu herkömmlichen
Sanierungsmethoden wird in jedem Falle sein, dass die Abbau- und Rückhalteprozesse und die
zukünftige Entwicklung der Fahne am jeweiligen Standort zuverlässig quantifiziert und prognostiziert
werden können.
1.5
Zusammenarbeit mit anderen Stellen
Die Durchführung des Forschungsprojekts RETZINA erfolgte auf der Grundlage einer Kooperation
zwischen dem Umweltforschungszentrum Halle-Leipzig, dem Lehrstuhl Angewandte Geologie der
Universität Kiel und dem Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Eberhard-Karls-Universität
Tübingen. Die Forschungsarbeiten an diesen drei Einrichtungen wurden durch das BMBF unter den
Förderkennzeichen 02WT0040, 02WT0041 und 02WT0042 gefördert.
Im Verlaufe des Projekts erfolgte eine Zusammenarbeit mit weiteren Forschungseinrichtungen zu
einzelnen Aspekten des Forschungsvorhabens. Die entsprechenden Angaben sind in Tabelle 4
aufgelistet.
19
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 20
Tab. 4: Zusammenarbeit mit anderen Forschungseinrichtungen im Rahmen des RETZINA-Projektes
Forschungseinrichtung
Inhalt der Zusammenarbeit
University of Aberdeen
GFE Consult-GmbH
Säulenversuche zum anaeroben Benzolabbau
Standortmanagement, Aufbau eines regionalen
Strömungsmodells
Standortmanagement, Datenaustausch zur Historie des
Standortes
ZSG GmbH
Centre for Research in Earth and Patentanmeldung des passiven
Space Technology (CRESTech), kombinierte chemische-biologische
Ontario, Canada
Patentamt;
Probennehmers für
Analyse beim U.S.
Vermittlung potenzieller Industriepartner
Prof. Bols, University of Waterloo, Entwicklung von Methoden für toxikologische Analysen in
Ontario, Canada
unbehandelten Wasserproben mittels Vertebratenzellen
Innovative Messtechnik Weiss (IMW) Zusammenarbeit bei der Feldvalidierung des passiven
Probennehmers
Prof. Grathwohl, Uni Tübingen
Unterstützung bei der Durchführung der Säulenversuche zur
Überprüfung von Schadstofflösungs- und Transportprozessen
Dr. J. Molson (Ecole Polytechnique, Unterstützung bei der Modellierung der Säulenversuche zur
Canada)
Überprüfung von Schadstofflösungs- und Transportprozessen
Sächsisches Landesamt für Umwelt Gemeinsame
Durchführung
(1x
pro
Jahr)
von
und Geologie, Sächsische Akademie Probennahmelehrgängen
für Natur und Umwelt, Landesamt für
Umweltschutz Sachsen-Anhalt
Groundwater & Restoration Group, Umgang mit isotopenchemischen Messgeräten und die
University of Sheffield (Prof. D. Interpretation der erhaltenen Daten
Lerner, Dr. M. Spence)
Department of Biochemistry and Umgang mit isotopenchemischen Messgeräten und die
Microbiology, Cook College, Rutgers, Interpretation der erhaltenen Daten
The State University of New Jersey
(Prof. M. Häggblom)
Institut für Mikrobiologie Martin- Umgang mit isotopenchemischen Messgeräten und die
Luther-Universität Halle-Wittenberg Interpretation der erhaltenen Daten
(Dr. Ute Lechner)
Fachgebiet Technische Biochemie, Umgang mit isotopenchemischen Messgeräten und die
TU Berlin (Dr. L. Adrian)
Interpretation der erhaltenen Daten
Friedrich-Schiller-Universität
Jena, Umgang mit isotopenchemischen Messgeräten und die
Institut für Mikrobiologie (Prof. Dr. Interpretation der erhaltenen Daten
G. Diekert)
Umgang mit isotopenchemischen Messgeräten und die
GSF Neuherberg Institut für
Interpretation der erhaltenen Daten
Grundwasserökologie (Dr. R.
Meckenstock)
GICON GmbH
Wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit
20
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
2
Seite 21
Ergebnisse des Forschungsvorhabens und ihre
Verwertung
2.1
2.1.1
2.1.1.1
Resultate des Forschungsvorhabens
Hydrogeologische Erkundung und Modellierung
Geologische Erkundungen
Die geologische Situation am Standort ist überaus kompliziert. Generell lassen sich zwei
Grundwasserleiter unterscheiden (Abb. 6). Die Aquifer-Sedimente bauen sich aus Flusskiesen und
Sanden auf. Der obere, ungespannte Grundwasserleiter unterteilt sich in einen quartären und einen
tertiären Teil. Der untere (tertiäre Grundwasserleiter) wird vom oberen Grundwasserleiter durch einen
Braunkohle–Ton–Komplex getrennt, der teilweise sandige Lagen aufweist. Dadurch und durch die
standortspezifischen hydraulischen Gradienten konnten die Schadstoffe bis in eine Tiefe von 20 m
unter Gelände vordringen. Im Jahr 2003 wurden weitere 13 Kernbohrungen abgeteuft und als
Grundwassermessstellen
ausgebaut,
sodass
mit
gegenwärtig
87
konventionellen
Grundwassermessstellen ein detailliertes Bild der geologischen Untergrundverhältnisse entstanden ist.
Dabei zeigte sich, dass die Länge der BTEX-Schadstofffahne mit einer Länge von 700 m deutlich
länger als die meisten der bisher publizierten Schadstofffahnenlängen ist (Schiedek et al., 1997). Mit
Hilfe der zusätzlichen Messstellen im Bereich des Schadenszentrums konnte gezeigt werden, dass sich
der Haupteintragsherd, besonders für die Kontamination des unteren Grundwasserleiters, im
unmittelbaren Bereich der ehemaligen Tanklager der Benzolanlage befindet. Eine Messstelle des
oberen Grundwasserleiters, welche mit einer Produktphasenmesssonde ausgerüstet wurde, konnte eine
Produktphase von 3 cm Mächtigkeit in diesem Bereich identifizieren. Die geologischen Verhältnisse
zeigen, dass hier bis zu einer Tiefe von 18 m außer Sand und Kies nur eine vergleichsweise
geringmächtige (evtl. diskontinuierliche) Tonschicht in einer Tiefe zwischen ca. 10,5 und 12 m
vorhanden ist. Dieses verdeutlicht die geologische Heterogenität des Grundwasserleiters.
.
Abb. 6: Schematischer Nord-Süd Schnitt (Länge: ca. 170 m)
21
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
2.1.1.2
Seite 22
Historischer Überblick des Standortes Zeitz
Das ehemalige Hydrierwerk Zeitz liegt am Südrand des Weißelsterbeckens ca. 40 km südlich von
Leipzig. Es wurde 1939 gegründet, um Treibstoffe, Schmierstoffe, Paraffin und Benzol für die
Kriegsindustrie zu produzieren. Die auf Braunkohle basierende Produktion kam in vielen Bereichen
zum Stillstand, als das Altwerk in den Jahren 1944/45 bei Luftangriffen nahezu vollständig zerstört
wurde. Durch beschädigte Rohrleitungen und Tanks konnten große Mengen meist flüssiger
Kohlenwasserstoffe im Untergrund versickern. Im Jahr 1963 erfolgte auf dem Gelände des Testfeldes
der Beginn der Benzolproduktion in der dafür eigens konstruierten Benzolanlage. Der
Untersuchungsstandort des RETZINA-Projektes liegt im Abstrom der Fläche der ehemaligen
Benzolanlage. Das Rohprodukt für die Benzolgewinnung hatte eine charakteristische
Zusammensetzung (Tab. 5, s.a. Gödeke et al., 2004a). Die Hauptkontaminanten im Grundwasser sind
Benzol mit Konzentrationen von >1 g/l und Toluol mit Konzentrationen bis zu 50 mg/l.
Tab. 5: Zusammensetzung des Rohproduktes für die Benzol-Produktionsanlage Zeitz
Komponente
Benzol
Methylcyclopentan
Cyclohexan
n-Hexan
Cyclopentan + 2,3- u. 2,2- Dimethylbutan
2-Methylhexan
1 trans 2-Dimethylcyclopentan + 2,2,4-Trimethylpentan
3-Methylhexan
2-Methylpentan
1 cis 3-Dimethylcyclopentan
3-Methylpentan
n-Heptan
3-Äthylpentan + 1 trans 3-Dimethylcyclopentan
2,3-Dimethylpentan + 1,1 Dimethylcyclopentan
Isopentan
Toluol
n-Pentan
Methylcyclohexan
n-Butan
1 cis 2-Dimethylcyclopentan
Äthylcyclopentan
Masse %
82,86
8,11
2,93
1,23
0,92
0,56
0,53
0,48
0,42
0,39
0,37
0,35
0,31
0,21
0,07
0,07
0,06
0,06
0,03
0,03
0,02
Aufgrund des geringen Massenanteils von Toluol im Rohprodukt würde man derartig hohe
Toluolkonzentrationen im Grundwasser zunächst nicht erwarten (siehe Tab. 5). Durch die
Extraktivdestillation lag Toluol allerdings im so genannten "Sumpf-Produkt" in erhöhten
Konzentrationen vor. Hauptursachen der Grundwasserkontamination sind vermutlich Leckagen im
Produktkreislauf, sowie undichte unterirdische Entwässerungsleitungen. Durch die Zerstörung der
oberen Deckschichten als Folge der Bombardierung konnten die Schadstoffe leichter in den Boden
eindringen.
Nach der Stillegung der Produktion 1990 begann der Rückbau sämtlicher Anlagen. Es ist davon
auszugehen, dass nicht nur in Folge der Kriegseinwirkungen, sondern über den gesamten
Produktionszeitraum Kontaminationen in das Grundwasser gelangten. Dies belegt der Nachweis von
Dimethylformamid im Grundwasser, welches erst ab 1974 in der Benzolanlage als Lösungsmittel
eingesetzt wurde (Gödeke et al., 2004a, Gödeke et al., 2004).
22
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
2.1.1.3
Seite 23
Strömungs- und Tracertransportmodellierung
Die Strömungsmodellierung wurde für beide Grundwasserleiter durchgeführt. Zunächst wurde ein
regionales Strömungsmodell in Zusammenarbeit mit der Firma GFE Consult GmbH erstellt und
kalibriert. In einem weiteren Schritt wurde ein lokales Strömungsmodell für den Standort aufgebaut
und durch einen Tracerversuch und zusätzlich für den oberen Grundwasserleiter durch einen
Pumpversuch kalibriert (Gödeke et al., 2004a, Gödeke, 2004c).
Für die Erstellung des geologischen Standortmodells wurde die Software Gocad (Mallet 1993) genutzt
(Györösi 2001). Dabei erfolgte eine Klassifizierung der Materialien Ton, Tertiärbasis-Ton,
Braunkohle, Schluff, Sand, Grobsand und Kies anhand der geologischen Bohrkernaufnahme (s. a.
Abb. 2). Ein wesentlicher Schritt bei der Anfertigung des Modells war die räumliche Interpolation der
vorhandenen stratigraphischen Schichten mittels einer Kombination aus 1D und 2D Kriging. Die
Strömungs- und Transport-Modellierung erfolgte mit Modflow (Harbough & McDonald 1996) und
MT3DMS (Zheng & Wang 1999) unter der Oberfläche von GMS 4.0 (Groundwater Modeling
System). Das Modell wurde je nach Erkundungsstand des Testfeldes aktualisiert. Bis heute wurden 80
Kernbohrungen ( ‡ 150 mm) für die Erkundung des oberen Grundwasserleiters abgeteuft und als
Grundwassermessstellen ausgebaut. Weitere 50 Messstellen wurden mit der Geoprobe Technologie
eingerichtet (Dietrich & Teutsch 2001).
Die Diskretisierung des Modells in x,y,z – Richtung beträgt 5 m P 0,5 m. Die Schichtmächtigkeit
ist konstant. Um die Rechenzeit für die Simulation des Tracertransports im oberen Grundwasserleiter
zu verkürzen, wurde das zunächst in 113 Schichten unterteilte Modell auf 20 repräsentative Schichten
UHGX]LHUWXQGGHU$XVVFKQLWWDXIP P 10 m begrenzt. Die Grundwasserneubildung wurde
mit einem Wert von 190 mm/a im Modell berücksichtigt (Landesamt für Umweltschutz SachsenAnhalt 1999). Die Berechnung der Grundwasserneubildung beruht auf dem Bagrov-Glugla Verfahren
(Glugla & Tiemer 1971). Als Randbedingungen werden Festpotentiale an allen 4 Rändern im Modell
verwendet. Die Kf-Werte für die klassifizierten Materialien (s.o.) wurden anhand der Kf-Wert
Bestimmungen aus Siebwertproben im Modell berücksichtigt. Während des Kalibrierungsprozesses
erfolgte in einem iterativen Prozess die Änderung der Randbedingungen, wobei sich an den
Wasserständen in der Nähe des Modellrands befindlicher Messstellen orientiert wurde. Mit einem
mittleren DEVROXWHQ )HKOHU YRQ FP K EH]RJHQ DXI HLQHQ JHVDPW K YRQ P NRQQWH HLQ
befriedigendes Kalibrierungsergebnis erzielt werden. Im Hinblick auf die nachfolgende
Transportmodellierung und die variablen hydraulischen Verhältnisse am Standort, war es von
entscheidender Bedeutung, die Kalibrierung des Modells mit einem zum Zeitpunkt des
Tracerversuches
aktuellen
Datensatz
(Mai
2003)
durchzuführen,
weil
erhebliche
Grundwasserspiegelschwankungen im Untersuchungsgebiet vorkommen. Dies wird durch einen
Grundwasseranstieg von ca. 2 m im Zeitraum Mai 2002 bis Jan 2003 deutlich. In diesem Zeitraum
wurden die stärksten Grundwasserspiegelschwankungen beobachtet. Bei der Strömungsmodellierung
zeigte sich, dass im mittleren Bereich des Untersuchungsgebietes eine Zone verminderter
hydraulischer Leitfähigkeit vorliegt, welche einen steilen hydraulischen Gradienten und im
unmittelbaren Abstrom erhöhte Abstandsgeschwindigkeiten verursacht. In diesem Zusammenhang
wird die Mächtigkeit des oberen Aquifers z.T. stark reduziert. Pumpversuche in diesem Gebiet
ergaben, dass kein hydraulische Kontakt zwischen benachbarten Messstellen besteht (Myksis 2001),
was mit dem numerischen Modell bestätigt werden konnte.
Der durch den Tracerversuch und den Pumpversuch untersuchte Ausschnitt des Aquifers ist geprägt
von steilen hydraulischen Gradienten und variablen Fließgeschwindigkeiten. Zwischen einzelnen
Probennahmenkampagnen ergaben sich Veränderungen in der Grundwasserfließrichtung. Die
Fließrichtung im Untersuchungsgebiet des Tracerversuches weicht dabei von der
Hauptströmungsrichtung um ca. 10° ab. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Tracers sinkt mit
zunehmender Fließstrecke von 3 m/d auf 0,5 m/d. Ein wichtiger Baustein für den Erfolg des
Tracerversuches war die gute Positionierung der Geoprobe-Kontrollebenen (Dietze et al., 2004).
Durch die Modellierung der Ausbreitung des konservativen Tracers konnte eine für den Standort
zuverlässigere Abschätzung der Kf-Werte des numerischen Strömungsmodells erzielt werden.
Zwischen beobachteten und berechneten Durchbruchskurven wurde eine gute Anpassung erzielt,
23
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 24
sodass das Modell für die Planung weiterer Feldexperimente am Standort und als Grundlage für eine
reaktive Transportmodellierung genutzt werden kann (Abb. 7).
1.0
C/Cmax
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
0
10
20
simuliert
experimentell
30
40
50
60
Zeit [d]
Abb. 7: Modellierte und experimentelle Tracerdurchbruchskurve des Tracers Bromid für Messpunkt
Geo 182 (Pumpentiefe: 135,9 mNN, max. beobachtete Konzentration: 105,5 mg/l)
Die zuerst verwendeten Kf-Werte aus Siebanalysen führten zu einer deutlichen Unterschätzung der
Tracerausbreitungsgeschwindigkeit. Insbesondere für die Materialien Grobsand und Feinkies ergaben
sich deutlich höhere Abstandsgeschwindigkeiten (bis zu Faktor 2) im Vergleich zu den Kf-Werten der
Siebanalysen. Um zu überprüfen wie stark die Ergebnisse der verschiedenen numerischen
Lösungsalgorithmen voneinander abweichen wurde ein Vergleich durchgeführt. Es zeigte sich, dass
die Auswahl des numerischen Lösungsalgorithmus (TVD-, MOC-, Finite-Differenzen Verfahren)
einen bedeutsamen Einfluss auf das Modellierungsergebnis hat. Die unzureichendste Lösung ergab
sich mit dem Finite-Differenzen Verfahren. Während mit dem TVD-Algorithmus eine akzeptable
Lösung gefunden wurde, zeigten sich bei der Verwendung des MOC-Verfahrens erhebliche Fehler in
der Massenbilanz. Die Überprüfung und Rekalibrierung des Strömungsmodells mit Hilfe von
Felddaten ist daher von großer Bedeutung. Somit wäre z.B. die Modellkalibrierung auf Basis des
Finite-Differenzen Verfahrens (z.B. um Zeit zu sparen) mit Fehlern behaftet gewesen.
Die sich in vertikaler und horizontaler Richtung im Bereich weniger dm z.T. stark ändernden
hydraulischen Leitfähigkeiten können vom numerischen Modell nur begrenzt wiedergegeben werden.
Durch kleinskalige Heterogenitäten sowie sich ändernde hydraulische Verhältnisse wird die
Prognoseunsicherheit des numerischen Modells erhöht. Es ist deutlich geworden, dass bei heterogenen
Standorten ein dichtes Messstellennetz für eine realistische Beschreibung der Tracerausbreitung und
damit der Transportprozesse notwendig ist (s.a. Herfort & Ptak, 2002). Für die Modellierung der
Tracerausbreitung ist die Kenntnis der Kf-Wert-Verteilung im Bereich des Infiltrationsbrunnens von
besonderer Bedeutung. Dieser Aspekt sollte bei der Planung von Tracerversuchen an anderen
Feldstandorten berücksichtigt werden. Die Gewinnung weiterer Kf-Werte für das Untersuchungsgebiet, über Slug-Bail-Tests und Pumpversuche würden die Simulationsergebnisse noch verbessern.
2.1.1.4
Abbauraten
Mit dem Datensatz der Probennahmekampagne von Dezember 2002-Januar 2003 wurden
Abbaukonstanten 1. Ordnung für Benzol und Toluol berechnet.
Mit der Annahme, dass die Sorption am Standort auf Grund des Alters der Schadstofffahne
vernachlässigt werden kann, lässt sich die Stofftransportgleichung als gewöhnliche
Differentialgleichung formulieren:
24
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 25
Mit den Randbedingungen C = C0 bei x = 0, und C = 0, wenn xo f hat sie die Form:
0
d 2C
dC
D 2 v
kC
dx
dx
(8)
v (v 2 4 Dk )1/ 2
C ( x) C0 ˜ exp
˜x
2D
(9)
wobei D der Dispersionskoeffizient (m²/d), C die Konzentration (mg/l), v die GrundwasserFließgeschwindigkeit, k die Abbaukonstante (d-1), und C0 die Konzentration an der Position x=0 ist.
Durch Kurven-Anpassungen an Felddaten lassen sich mit dieser Gleichung Abschätzungen der
Abbaukonstante k ermitteln (s.a. Chapelle et al. 1996). Entscheidend bei dieser stark vereinfachten
Methode ist, dass die zur Auswertung herangezogenen Grundwassermessstellen in Fliessrichtung
liegen. Die Methode verliert auch ihre Gültigkeit, wenn die Schadstoffkonzentrationen einen für die
Mikroorganismen toxischen Schwellenwert überschreiten. Bei der Berechnung wurde eine
Abbaukonstante von Benzol in der selben Größenordnung von der des Toluol berechnet (Abb. 8 a +
b).
1e+6
Benzen [µg/l]
8e+5
v = 1 m/d
D = 1 m²/d
6e+5
k = - 0.0099 d-1
4e+5
2e+5
0
0
100
Entfernung [m]
200
300
Abb. 8 a: Konzentrationsänderung von Benzol entlang des Fließweges mit Lösungen für Gleichung 2
25
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 26
12000
Toluen [µg/l]
10000
8000
v = 1 m/d
D = 1 m²/d
6000
k = - 0.011 d-1
4000
2000
0
0
100
Entfernung [m]
200
300
Abb. 8 b: Konzentrationsänderung von Toluol entlang des Fließweges mit Lösungen für Gleichung 2
Die Berechnungen der Abbaukonstanten lassen vermuten, dass neben einem Toluolabbau auch ein
signifikanter Benzolabbau stattfindet.
2.1.1.5
Anaerober Benzolabbau
Ein anaerober Benzolabbau unter In-situ-Bedingungen und ohne Zusätze von Auxiliarsubstraten
konnte bisher nur in wenigen Studien nachgewiesen werden (z.B. Anderson & Lovley, 2000, Gödeke
et al., 2003a). Der erste Nachweis eines anaeroben Benzolabbaus unter in situ nahen Bedingungen
gelang mit Sedimenten aus der eisenreduzierenden Zone des Aquifers in Bemidji, Minnesota
(Anderson et al., 1998). Während für die Schadstoffe Toluol, Ethylbenzol und die Xylene im Feld oft
ein anaerober Abbau festgestellt werden kann, bleibt dieser Nachweis für Benzol häufig aus (z.B.
Franzmann et al., 2002). In einem Sanierungsexperiment konnte der Benzolabbau durch Sulfatzugabe
stimuliert werden (Anderson & Lovley, 2000). Um zu untersuchen, ob die Stimulierung der
natürlichen Abbauprozesse eine Sanierungsstrategie für den strikt anaeroben unteren
Grundwasserleiter darstellen kann, wurde seitens des UFZ eine Pilotanlage errichtet, die es ermöglicht
das Grundwasser zu konditionieren (s.a. Gödeke et al., 2003 b).
Mit dem Ziel ein höheres Prozessverständnis der natürlichen Abbauprozesse am Standort zu erlangen
und um Hinweise auf einen anaeroben Benzolabbau zu erlangen wurde ein Großsäulenexperiment in
der Pilotanlage unter In-situ-Bedingungen durchgeführt. Das Grundwasser wird aus dem
Entnahmebrunnen EB2 (unterer Grundwasserleiter) in die Reaktoren des Sanierungsbauwerkes
geleitet. In einem Vorversuch wurden die Tracer Uranin und Bromid zur genauen Ermittlung von
Fließgeschwindigkeit und Dispersivität in den Reaktoren eingesetzt. Die Tracerlösung (1 l) wurde in
einem Zeitraum von 6 min in die Säulen eingeleitet. Die eingesetzten Konzentrationen betrugen 1100
mg/l für Uranin und 615 mg/l für Bromid. Die Einleitung der Tracer erfolgte über die Tanks des
Sanierungsbauwerks. Die Probennahme erstreckte sich über einen Zeitraum von 3 Wochen, wobei
zunächst 3-mal täglich nach einer Fließstrecke von 12 m Proben genommen wurden. Um die
Fließgeschwindigkeit in den Reaktoren der Grundwasserfließgeschwindigkeit im Aquifer anzunähern,
erfolgte die Zudosierung des Grundwassers mit einer Dosierrate von 1 l/h. Zuvor sind die Reaktoren 1
½ Jahre mit einer Pumprate von 3,5-3,6 m³/h durchströmt worden. Über die TracerDurchbruchskurven wurde eine Fließgeschwindigkeit von 1,09 m/d in den Reaktoren ermittelt.
26
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 27
Anschließend erfolgten über einen Zeitraum von 140 Tagen jeweils am Zulauf der Reaktorgruppe
sowie nach einer Fließstrecke von 12 m und 24 m regelmäßige Probennahmen. Als Parameter wurde
BTEX, Sulfat, Sulfid, DOC, TOC, Hydrogenkarbonat, Ammonium und Phosphat analysiert. Um bei
der Probennahme eine bessere Dosierung zu ermöglichen, wurden die Probennahmestellen mit
Nadelventilen ausgerüstet. Die randvolle Befüllung der Probennahmegefäße erfolgte mittels TygonPumpenschläuchen. Das Grundwasser wurde aus den mit Stickstoff beaufschlagten Dosierungstanks
in die Reaktoren geleitet. Das Redoxpotential bei der Probennahme lag generell geringer als -200 mV.
Bei dem Experiment zeigte sich eine deutliche Benzol- und Sulfatabnahme über die Fließstrecke,
wobei die stärkste Benzolabnahme bereits nach einer Fließstrecke von 12 m auftrat. Die mittlere
Benzolabnahme über einen Untersuchungszeitraum von 80 d über diese Fließstrecke betrug
beispielsweise 9,85 mg/l, während die Sulfatabnahme im Mittel 115 mg/l betrug (Tab. 6 und 7).
Für einen Benzenabbau unter sulfatreduzierenden Bedingungen kann folgende Gleichung formuliert
werden:
30 H+ + 15 SO42- + 4 C6H6 &22 + 15 H2S + 12 H2O
Es werden demnach 4,6 mg Sulfat für ein 1 mg Benzen verbraucht.
Tab. 6: Benzolabnahme über die Fließstrecke in den Versuchssäulen
Mittlere Benzolabnahme
12 m; Zeitraum: 0-80 d
12 m; Zeitraum: 80-140 d
12-24 m; Zeitraum: 28-80 d
12-24 m; Zeitraum: 80-140 d
Wert (mg/l)
9,85
12,9
1,9
3,7
Tab. 7: Sulfatabnahme über die Fließstrecke in den Versuchssäulen
Mittlere Sulfatabnahme
12 m; Zeitraum: 0-80 d
12 m; Zeitraum: 80-140 d
12-24 m; Zeitraum: 28-80 d
12-24 m; Zeitraum: 80-140 d
Wert (mg/l)
115
95
17
35,6
Wie aus Tabelle 6 und 7 ersichtlich wird kann die Benzolabnahme über die Sulfatabnahme erklärt
werden. Es wird auch deutlich, dass die Sulfatabnahme beispielsweise für den Zeitraum 80-140 d mit
95 mg/l höher als die stöchiometrisch erwarteten 59 mg/l sind. Die Hydrogenkarbonatzunahme für
diesen Zeitraum ist mit 130 mg/l ebenfalls deutlich höher als erwartet.
Durch das durchgeführte Experiment konnte erstmals ein Benzolabbau durch Sulfatreduktion unter In
situ-Bedingungen am Standort Zeitz nachgewiesen und quantifiziert werden. Der Nachweis des
anaeroben Benzolabbaus in den Reaktoren des Sanierungsbauwerkes zeigt, dass sich an der porösen
Oberfläche des Lavagranulats eine ausreichend hohe Biomasse bilden konnte. Die Ergebnisse deuten
darauf hin, dass die Abbauleistung mit der Zeit zunimmt (Tab. 6 +7). Die Höhe der Sulfatreduktion,
wie die Hydrogenkarbonatentwicklung, kann die Benzolabnahme erklären und lässt vermuten, dass
weitere Kohlenstoffquellen von Bedeutung sind. Ein Maß für die starke Sulfatreduktion ist die im
Verlauf des Experiments beobachtete starke Sulfidentwicklung. Es findet eine Sulfatreduktion bis zum
elementaren Schwefel statt. Interessanterweise ist die stärkste Benzolabnahme bereits nach einer
Fließstrecke von 12 m zu beobachten. Die Mikroorganismen sind demnach nicht gleichmäßig in den
Reaktoren verteilt.
27
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Seite 28
2.1.2
Toxikologisches Langzeitmonitoring
2.1.2.1
Etablierung von in
Grundwasseranalyse
vitro
Zellbioassays
für
die
toxikologische
Im Zuge der Untersuchungen zur potenziellen Toxizität von Grundwasserkontaminanten wurden drei
sogenannte Zellvitalitätstest eingesetzt. Diese sind jeweils spezifisch für den Energiemetabolismus in
der Zelle (Mitochondrien; Fluoreszenzfarbstoff ist alamarBlue), die Zellmembranintegrität
(Fluoreszenzfarbstoff ist 5-Carboxyfluorescein diacetate acetoxymethyl ester (CFDA-AM) und die
Integrität der Lysosomen (welche Abbauprodukte speichern und „verdauen“, Fluoreszenzfarbstoff ist
Neutral Rot, Abb. 9).
alamar Blue
CFDA-AM
Neutral Rot
Zellen intakt
Zellen
geschädigt
Mitochondrien
Zellmembran
Lysosomen
Abb. 9: Darstellung der Wirkweise der 3 fluoreszenten Farbstoffe zur Messung der Zellvitalität.
Im Unterschied zur Vitalitätsmessung können mit Hilfe spezifischer Tests u.U. Aussagen über das
Vorhandensein bestimmter Schadstoffklassen getroffen werden, welche an ihrer spezifischen Wirkung
erkannt werden können. Solche spezifische Tests, wie z.B. die Induktion von Metallothionein als
Antwort auf Metallexposition, stellen sensitive Endpunkte dar, die spezifische toxikologische
Wirkungen bei Schadstoffkonzentrationen anzeigen können, die oft weit unter denen für eine Störung
der Zellvitalität liegen. Aufgrund der komplexen Belastung am Standort Zeitz mit organischen
Schadstoffen entschieden wir uns für Messung der Induktion des Proteins Cytochrome 1A. Dieses
Protein, welches eine entscheidende Rolle beim Metabolismus von Schadstoffen spielt, wird durch
Substanzen induziert die, wie Dioxin, an den Arylhydrocarbonrezeptor (AhR) binden (Abb. 10).
28
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
hsp90
Seite 29
AhR
ARNT
AhR
AhR
ARNT
hsp90
DRE
CYP1A
Protein
CYP1A
Protein
C
Y
P
1
A
CYP1A
mRNA
•Enttoxifizierung
•Metabolische Aktivierung
Abb. 10: Signaltransduktionsweg in einer Vertebratenzelle zur Induktion des CYP1A, welcher
typischer Weise durch Dioxine, Furane, polychlorierte Biphenyle und PAKs ausgelöst werden kann.
Die Induktion des CYP1A kann mit Hilfe der EROD-Messung nachgewiesen werden. In diesem Test
wird lebenden Zellen 7-Ethoxyresorufin als Substrat zugegeben, welches durch eine Enzymfunktion
des CYP1A, die 7-Ethoxyresorufin-O-deethylase, in das fluoreszierende Produkt Resorufin
umgewandelt wird (Abb. 11).
C2H5O
O
O
N
CYP1A
HO
O
O
N
(7-EthoxyResorufin O-Deethylase)
7-ethoxyresorufin
resorufin
Abb. 11: Prinzip des enzymatischen Nachweises der CYP1A Induktion
Wir haben diese Tests und die vorgeschaltete Exposition der Zellen so optimiert, dass
Grundwasserproben ohne vorherige Extraktion oder Filtration auf die Zellen gegeben werden können
(siehe Schirmer et al., 2004a). Der methodische Ablauf der toxikologischen Tests für die
Grundwasserüberwachung ist in Abb. 12 dargestellt.
Tag 1: Zellen ausplattieren.
Tag 2: Grundwasserproben dazu geben. (höchste
einsetzbare Konzentration ist 90% des Grundwassers)
Tag 3 oder 4:
Fluorometrische Indikatorfarbstoffe zufügen.
Messung am Plattenlesegerät.
&\WR)OXRU
Abb. 12: Schematische Darstellung der Bioassaymethode zur Grundwassertestung.
29
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 30
Für das toxikologische Monitoring wurden zunächst 4 in vitro zelluläre Assays auf Grundlage von
zwei Zelllinien der Regenbogenforelle etabliert. In zahlreichen Untersuchungen wurde gezeigt, dass
sich Fischzelllinien besonders zur ökotoxikologischen Beurteilung der Wasserqualität eignen (z.B.
Fent, 2001; Ganassin et al., 2000). In einem Vergleich der Toxizität von über 30 Ausläufen von
Industriefabriken in Kanada gegenüber einer Zelllinie der Regenbogenforelle bzw. intakten
Regenbogenforellen wurde eine ausgezeichnete Korrelation der beiden Testsystemen (in vitro und in
vivo) gefunden (Dayeh et al., 2002). Auf Grundlage dieser Vorerfahrungen entschieden wir uns,
Fischzelllinien für die Testung von Grundwasserproben einzusetzen. Die Fischzelllinien werden wie
Säugetierzelllinien kultiviert, wobei der einzig wichtige Unterschied die Kultivierungstemperatur ist.
Fischzellen können bei 4 – 25°C kultiviert werden, wobei Säugetierzellen stets eine Temperatur von
37°C benötigen. Damit können Fischzellen in einem für das Grundwasser relevanteren Bereich
eingesetzt werden. Ein weiterer Vorteil der relativ niedrigen Kultivierungstemperatur ist, dass evtl.
vorhandene mikrobielle Kontaminationen langsamer wachsen. Damit können die Grundwasserproben
nativ, d.h., auch ohne vorherige Sterilfiltration eingesetzt werden.
Der Einsatz von Vertebratenzellen bei der Wassertestung bietet die Möglichkeit, verschiedene
Angriffspunkte evtl. vorhandener Kontaminanten in der Zelle zu analysieren. Die Etablierung von
Methoden zur Untersuchung von Grundwasser konzentrierten sich dabei auf 3 verschiedene
Zellvitalitätstests (alamar Blue, CFDA-AM, Neutral Rot) und ein Enzymassay zur Detektion dioxinähnlicher Substanzen (EROD assay). Alle Tests wurden auf Mikrotiterplatten optimiert und basieren
auf
Fluoreszenzfarbstoffe,
welche
eine
computergesteuerte
Analyse
mittels
Fluoreszenzplattenlesegeräte erlauben. Details zu diesen Tests sind im Anhang zusammengefasst.
Nach Etablierung der toxikologischen Tests mittels Vertebratenzellen in vitro wurden diese in
mehreren Stichtagsbeprobungen zur Charakterisierung der toxikologisch-definierten Ausbreitung der
Grundwasserschadstofffahne am Standort Zeitz eingesetzt.
2.1.2.2 Toxikologische Beurteilung der Ausbreitung der Schadstofffahne am Standort
Zeitz
Die toxikologische Beurteilung der Ausbreitung der Schadstofffahne mittels der etablierten zellulären
Toxizitätstests ergab ein differenziertes Bild. Während der Verlauf der Benzolschadstofffahne auf dem
Gelände sowie im Abstrom der früheren Benzolanlage gut durch Beeinträchtigung der Zellvitalität in
den toxikologischen Tests abgebildet werden konnte, fand sich im Anstrom der Benzolanlage sowohl
eine erhöhte Beeinträchtigung der Zellvitalität als auch der Induktion der EROD (CYP1A) Aktivität.
Diese Wirkungen konnten nicht oder nur z.T. durch Benzol erklärt werden (Abb. 13 & 14, Schirmer et
al., 2001; 2002, siehe Liste der projektbezogenen Publikationen). Ähnliche Ergebnisse wurden erzielt
wenn, anstelle von Benzol allein, die BTEX Komponenten als Summe betrachtet wurden.
30
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Gemessene
Benzolkonzentration
(ug/L)
Y-Distance
Vorausgesagte
Toxizität wenn nur
Benzol vorhanden
wäre (% control)
Benzene (ug/L)
5.6608E+06
Seite 31
% inhibition
608E+ 06
500000
400000
300000
5.6607E+06
607E+ 06
100000
606E+ 06
0
5.6605E+06
605E+ 06
5.6604E+06
604E+ 06
5.6603E+06
603E+ 06
4.5144E+06
4.5146E+06
4.5148E+06
5.6608E+06
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
200000
5.6606E+06
Tatsächlich
beobachtete Toxizität
für 90% GW
(% control)
%impairment
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
5.6607E+06
5.6606E+06
5.6605E+06
5.6604E+06
5.6603E+06
4.5144E+06
4.515E+06
4.5144E+06
4.5146E+06
4.5148E+06
4.5146E+06
4.5148E+06
4.515E+06
4.515E+06
X-Distance
Abb. 13: Vergleich der gemessenen Benzolkonzentration (linkes Bild) mit der vorausgesagten
Beeinträchtigung der Zellvitalität (mittleres Bild) und der tatsächlich beobachteten (rechtes Bild)
durch das Grundwasser am Standort Zeitz. Rote Punkte stellen Grundwassermessstellen dar. Gelbe
Pfeile geben zur Orientierung die Lage eines Brunnens unmittelbar vor der Benzolanlage an. Der
schwarze Kreis symbolisiert den Brunnen mit der höchsten gemessenen Benzolkonzentration. Die
vorausgesagte Toxizität (mittleres Bild – keine Toxizität erwartet wenn nur Benzol am Standort
vorhanden wäre) wurde aus den gemessenen Benzolwerten und der Empfindlichkeit der Zellen
gegenüber Benzol allein berechnet. Die dargestellten Ergebnisse stammen von der Probennahme im
November 2000.
Gemessene
Benzolkonzentration
(ug/L)
Benzene (ug/L)
5.6608E+06
Y-Distance
Vorausgesagte EROD
Aktivität wenn nur
Benzol vorhanden
wäre (% control)
% inhibition
608E+ 06
500000
400000
300000
5.6607E+06
200000
100000
5.6606E+06
606E+ 06
0
5.6606E+06
605E+ 06
5.6604E+06
604E+ 06
5.6604E+06
603E+ 06
5.6603E+06
4.5144E+06
4.5146E+06
4.5148E+06
4.515E+06
4.5144E+06
4.5146E+06
4.5148E+06
6.5
6
5.5
5
4.5
4
3.5
3
2.5
2
1.5
1
0.5
0
5.6607E+06
5.6605E+06
5.6603E+06
EROD activity
5.6608E+06
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
607E+ 06
Tatsächlich
beobachtete EROD
Akvitivtät für 90% GW
(% control)
5.6605E+06
4.515E+06
4.5144E+06
4.5146E+06
4.5148E+06
4.515E+06
X-Distance
Abb. 14: Vergleich der gemessenen Benzolkonzentration (linkes Bild) mit der vorausgesagten
induzierten EROD Aktivität (mittleres Bild) und der tatsächlich beobachteten (rechtes Bild) durch das
Grundwasser am Standort Zeitz. Rote Punkte stellen Grundwassermessstellen dar. Gelbe Pfeile geben
zur Orientierung die Lage eines Brunnens unmittelbar vor der Benzolanlage an. Der schwarze Kreis
symbolisiert den Brunnen mit der höchsten gemessenen Benzolkonzentration. Die vorausgesagte
EROD Aktivität (mittleres Bild - keine EROD Induktion erwartet wenn nur Benzol am Standort
vorhanden wäre) ergab sich aus der Unfähigkeit des Benzols im Einzelsubstanzexperiment eine EROD
Induktion hervorzurufen. Die dargestellten Ergebnisse stammen von der Probennahme im November
2000.
31
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 32
Ein Vergleich der Ergebnisse der Stichtagsbeprobungen vom November 2000, Mai 2001 und Mai
2002 zeigte eine Konstanz sowohl der durch das Grundwasser ausgelösten biologischen Wirkungen
als auch der gemessenen Benzolkonzentrationen (Schirmer et al., 2004b, siehe Liste der
projektbezogenen Publikationen). Damit warfen die kombinierten toxikologischen-chemischen
Analysen zur Charakterisierung der Schadstofffahne einige, für das Konzept des natürlichen
Schadstoffabbaus als Sanierungsoption, relevante Fragen auf:
1. Welches sind die toxikologisch relevanten Stoffe welche bisher in den chemischen Analysen
nicht berücksichtigt wurden?
2. Wie kommt es zu der relativ hohen Toxizität im Anstrom der Benzolanlage wenn der
Erwartung nach die Toxizität direkt unter der Benzolanlage am höchsten sein sollte?
3. Warum wird die EROD Induktion nur im Anstrom gefunden? Werden die ERODinduzierenden Schadstoffe möglicherweise durch das Benzol im Untergrund zurückgehalten
oder führt das Benzol zu einer Hemmung der EROD Aktivität so dass die Enzyminduktion
trotz des Vorhandenseins der Schadstoffe nicht gemessen werden kann?
Wegen der für Dioxine und dioxin-ähnliche Substanzen spezifischen EROD Induktion und der
räumlich klaren Abgrenzung der EROD Aktivität am Standort haben wir diese Fragen am Beispiel der
EROD Induktion genauer untersucht (siehe Russold, 2003; Schirmer et al., 2004b, siehe Liste der
projektbezogenen Publikationen).
In Mischungsexperimenten fanden wir dabei, dass hohe
Benzolkonzentrationen tatsächlich zu einer Hemmung der EROD Aktivität führen können. Am
Standort Zeitz konnte die durch Benzol hervorgerufene Hemmung der EROD Aktivität jedoch nur
zum Teil die fehlende EROD Induktion unter der Benzolanlage erklären da nur 8 von 35 Brunnen
unter der Benzolanlage entsprechend hohe Benzolkonzentrationen aufwiesen.
Im Hinblick auf die Identifikation der für die EROD Induktion verantwortlichen Substanzen im
Grundwasser wurden zusätzliche chemische und biologische Analysen durchgeführt. Dabei fielen für
die hydrophileren, im Grundwasser beweglicheren Substanzen neben Naphthalin insbesondere
Benzofuran, Inden und Indan durch ihre relativ hohen Konzentrationen im Grundwasser auf. In einer
vorhergehenden Arbeit mit der RTL-W1 Zelllinie (Bols et al., 1999) erwiesen sich alle im
Grundwasser identifizierten PAKs als unfähig, eine EROD Induktion herbeizuführen. Dagegen
wurden Benzofuran, Inden und Indan bisher in keinem System auf ihre Fähigkeit zur EROD Induktion
untersucht. Einzelsubstanzanalysen mit diesen Stoffen ergaben tatsächlich, dass diese Substanzen in
der Lage sind eine solche, ansonsten für dioxin-ähnliche Substanzen typische Enzyminduktion
hervorzurufen (siehe z.B. Abb. 15).
Um der Hypothese nachzugehen, dass das Benzol nicht nur die EROD Induktion hemmen, sondern
anströmende Schadstoffe in ihrer Bewegung hindern kann, haben wir Modellierungen mit dem
Programm BIONAPL3D, sowie einen Säulenversuch zur Überprüfung der Ergebnisse der
Modellierung durchgeführt. Diese Arbeiten wurden zusätzlich zum ursprünglichen Projektantrag
durchgeführt und die Details dieser Arbeiten würden den Rahmen dieses Berichtes sprengen. Wegen
ihrer Relevanz für Natural Attenuation als Sanierungsoption sind die Ergebnisse dieser Versuche
jedoch im Anhang kurz dargestellt.
Um die Ursache der unerwarteten Diskrepanz zwischen der biologisch und chemisch definierter
Schadstofffahne am Standort Zeitz aufzuklären, wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt. Die
Ergebnisse können gegenwärtig vor allem in Russold (2003) und Schirmer et al. (2004) nachgelesen
werden uns sollen nachfolgend nur kurz zusammengefasst werden:
Frage 1: Führt das Benzol zu einer Hemmung der EROD Aktivität so dass die Enzyminduktion trotz
des Vorhandenseins der Schadstoffe nicht gemessen werden kann?
32
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 33
Keine Hemmung
Abb. 15. Hemmung der durch 2,3,7,8-Tetrachlorodibenzo-p-dioxin (TCDD, dem Prototyp
Induktor der EROD Aktivität) hervorgerufenen EROD Induktion durch ansteigende
Benzolkonzentrationen. Die Hemmung ist bei Benzolkonzentrationen > 0.1 g/L messbar.
Nur ein Teil der Brunnen zeigte Benzolkonzentrationen > 0.1 g/L. Daraus folgt, dass eine Hemmung
der EROD-Enzymaktivität durch Benzol allein nicht die Ursache für das Fehlen einer EROD
Induktion im Bereich der früheren Benzolanlage sein kann.
EROD-induction
[% of TCDDm ax]
15
10
cell viability [% of control]
Frage 2: Welches sind die toxikologisch relevanten Stoffe welche bisher in den chemischen Analysen
nicht berücksichtigt wurden?
125
*
100
75
50
*
25
0
1.0×10 03
1.0×10 04
1.0×10 05
indane [µg/L]
5
0
1.0×10 03
1.0×10 04
1.0×10 05
indane [µg/L]
Abb. 16. EROD Induktion und Zellvitalität (Insert, gemessen mit dem CFDA-AM assay) nach
Exposition gegenüber Indan. Die Daten sind Mittelwerte r Standardabweichungen von 5 Wells.
*markiert Werte mit einer signifikanten EROD Induktion im Vergleich zur Kontrolle (ANOVA,
gefolgt von Dunnett’s Test, D = 0,05).
33
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 34
Frage 3: Wie kommt es zu der relativ hohen Toxizität im Anstrom der Benzolanlage wenn der
Erwartung nach die Toxizität direkt unter der Benzolanlage am höchsten sein sollte? Hemmt
möglicherweise das Benzol den Transport anströmender, gelöster Schadstoffe?
Grundlage für die Hypothese des Einflusses von Benzol auf anströmende Schadstoffe war die
Annahme, dass das Benzol zum einen als Lösemittel für andere organische Substanzen wirkt und zum
anderen nach dem Raoult’schen Gesetz die gelösten Konzentrationen von Schadstoffen im Wasser
beeinflusst (Abb. 17).
Szenario 1: nur Benzol vorhanden
Benzolquelle
HO
H2O 2 H O
2
HO
H2O 2 H O
2
H2O H2O H2O
H2O H2O H2O
H2O H2O
Grundwasserfluß
H2O
H2O
H2O H2O
H2O H2O
H2O
1 - 10 dm
Mikro-Skala
Sediment
Benzol blob
Szenario 2: nur Schadstoff X vorhanden
HO
H2O 2 H O
2
HO
H2O 2 H O
2
H2O H2O H2O
H2OH2O
H2O H2O H2O
H2O H2O H2O
H2OH2O
H2O H2O H2O
Grundwasserfluß
1 - 10 dm
Mikroskala
Sediment
Schadstoff X
Szenario 3: Benzol & Schadstoff X
Benzolquelle
HO
H2O 2 H O
2
HO
H2O 2 H O
2
H2O H2O H2O
H2OH2O
H2O H2O H2O
Grundwasserfluß
H2O
H2O
H2O H2O
H2O H2O
H2O
1 - 10 dm
Mikroskala
Abb. 17. Darstellung der Szenarien für eine Mögliche Erklärung der Beeinflussung des Benzols auf
den Transport anderer Schadstoffe.
34
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 35
Die Hypothese des Einflusses von Benzol auf die Löslichkeit und den Transport anderer relevanter
Grundwasserkontaminanten wurde in 2 Schritten untersucht. Neben dem Benzol wurden dabei
verschiedene polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) als auch für das StandortGrundwasser charakteristische Substanzen wie Ethylbenzol, Indan und Benzofuran berücksichtigt.
Zunächst wurde ein eindimensionales Modell entwickelt, welches auf dem Computerprogramm
BIONAPL3D basiert (Frind et al., 1999; Molson et al., 2002). BIONAPL3D ist ein numerisches
Modell für die Simulation der Löslichkeit und des Transportes von Multikomponenten-NAPL (nonaqueous phase liquid) in einem porösen Aquifer. Dieses Modell kombiniert ein transientes
Grundwasserflussmodel mit einem advektiv-dispersivem Multikomponenten Lösungs- und
Massentransportmodel. Die Modellierung wurde für 15 cm lange, sandgefüllte Säulen konzipiert.
Solche Säulen wurden im zweiten Schritt zur Überprüfung der Modellierungsergebnisse in einem 20tägigen Durchflussexperiment mit Grundwasser vom Standort beschickt. Dabei wurden Säulen mit
und ohne eine 10%ige residuale NAPL-Phase (Toluol) miteinander verglichen. Auf die Säulen
geleitetes Grundwasser, sowie das nach Passage durch die Säule abgeleitete Wasser, wurde in
regelmäßigen Abständen sowohl chemisch als auch biologisch analysiert und in seiner
Zusammensetzung miteinander verglichen.
Die Modellierung bestätigte die Hypothese, dass, entsprechend dem Raoult’schen Gesetz, die hohen
residualen Benzolkonzentrationen in der Aquifermatrix zu einer dramatischen Erniedrigung der
Wasserkonzentrationen anströmender hydrophober Schadstoffe führen (Abb. 18). Sobald die gelösten
Substanzen auf die Benzolphase trafen, traten sie aus der wässrigen Phase aus. Das fortschreitende
Herausspülen der Benzolphase (siehe Abb. 19) aus der Säule führte zu einer Remobilisation, die
jedoch substanzabhängig und bedeutend langsamer erfolgte als der Rückhalt durch das Benzol. Es
wurde sogar deutlich, dass die attenuierten Substanzen eine neue, eigene residuale NAPL-Phase
bildeten. Die Modellierung wurde mit Toluol als residuale Phase wiederholt, was ähnliche Ergebnisse
im Vergleich mit Benzol ergab.
35
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 36
×
EHJLQQLQJ
RIEHQ]HQH
[g/L]
VDWXUDWLRQ
@
/
J
P
>
Q
R
L
W
D
U
W
Q
H
F
Q
R
F
V
X
R
H
X
T
D
×
EHJLQQLQJ
RIEHQ]HQH
VDWXUDWLRQ
×
EHJLQQLQJ
RIEHQ]HQH
VDWXUDWLRQ
×
EHJLQQLQJ
RIEHQ]HQH
VDWXUDWLRQ
Column length (m)
Abb. 18. Konzentrationsverteilung von Naphthalene, Acenaphthalene, Fluorene and Phenanthrene bis
zum Auftreffen auf die residuale Benzolphase (erster Teil der Säule, alle dargestellten Substanzen
werden entsprechend ihrer Inputkonzentrationen transportiert) und nach Auftreffen auf die
Benzolphase (zweiter Teil der Säule). Die Substanzen werden beim Auftreffen auf die Benzolphase
stark in ihrer Fortbewegung zurück gehalten und gehen erst mit dem Herauslösen des Benzols in die
wässrige Phase zurück (siehe Abb. 13 zum Vergleich). Die Zahlen 1-15 an den Kurvenverläufen
stellen die Tage des Durchflusses durch die Säule dar.
36
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 37
EHJLQQLQJ
RIEHQ]HQH
VDWXUDWLRQ
Ø
Abb. 19: Konzentrationsverteilung von Benzol ohne (erster Teil der Säule links vom Pfeil) und mit
(zweiter Teil der Säule rechts vom Pfeil) einer Benzolphase (10% Benzolsättigung).
Diese Modellierungsergebnisse konnten im Säulenversuch mit originalem Grundwasser vom Standort
Zeitz bestätigt werden, wobei aus Sicherheitsgründen Toluol als Referenzsubstanz genutzt wurde.
Chemische sowie biologische Analysen ergaben einen kompletten Rückhalt gelöster
Grundwasserkontaminanten, wenn diese über die mit 10% Toluol gesättigte Säule geschickt wurden.
Im Gegensatz dazu konnte in den Kontrollsäulen ohne Toluol, wie erwartet, kein Rückhalt festgestellt
werden. Das Herauslösen des Toluols im Verlauf des Säulenexperimentes ging mit einem Anstieg der
gelösten Konzentrationen der vorher eingebrachten Grundwasserkontaminanten einher. Auch hier
erfolgte die Rücklösung substanzabhängig und bedeutend langsamer als die Attenuierung durch das
Toluol, was wiederum auf die Formation einer neuen NAPL-Phase hindeutet (Abb. 20). Diese
Ergebnisse wurden auch im Biotest bestätigt (Abb. 21), welcher im Input und in den Säulen ohne eine
Toluolsättigung konsistent eine deutliche EROD Induktion durch das Grundwasser anzeigte, wogegen
in der Säule mit Toluol nur gegen Ende des Experimentes eine leichte EROD Induktion zu
verzeichnen war.
37
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041
Seite 38
benzene [µg/L]
5000
4000
3000
2000
1000
a
0
a
a
0
1
2
3
4
5
6
a
7
a
a a a
8
9
a aa
10
11
a a a
12
13
a a a
a a a
14
15
16
17
a a a
18
19
20
time [d]
ethylbenzene [µg/L]
400
300
200
100
0
a
a
0
a
1
2
3
4
5
6
7
a
a a a
8
9
a aa
10
a a a
a a a
a a a
11
12
13
14
15
16
11
12
13
14
15
16
17
a a a
18
19
20
time [d]
0.75
0.50
0.25
0.00
a
a
0
a a a
1
2
3
4
5
6
a
7
a a a
8
9
a a a
a
10
17
18
19
20
time [d]
30
naphthalene [µg/L]
indene [µg/L]
1.00
20
10
0
a
a
0
a a a
1
2
3
4
5
6
a
7
8
a a a
9
a
10
a a a
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
time [d]
Abb. 20. In Wasser gelöster Anteil an (von oben nach unten) Benzol, Ethylbenzol, Inden, und
Napthalen über die Zeit im Säulenversuch. Weiße Balken = Inputkonzentration, graue Balken =
Outputkonzentrationen in der Säule ohne Toluol, schwarze Balken = Outputkonzentrationen in der
Säule mit einer Toluol residualen Phase. In der Abwesenheit von Toluol wandern die Substanzen
ungehindert durch die Säule (Vergleich weiße und graue Balken). Im Beisein von Toluol ergibt
sich eine deutlich verzögerter Anstieg an gelösten Outputkonzentrationen (Vergleich weiße und
schwarze Balken). a symbolisiert Proben für welche keine Analyse verfügbar war.
38
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Seite 39
40
*
EROD-induction
[% of TCDDmax]
*
30
*
*
20
*
10
0
*
0
1
2
*
**
**
a
4
*
*
*
a
a
**
**
*
6
8
a
10
*
12
a a a
14
16
18
20
time [d]
Abb. 21. EROD Induktion durch Grundwasser (aus Probennahmestelle Br12/80) welches im
Säulenversuch verwendet wurde. Die Konzentration des Grundwassers in den hier dargestellten
EROD Induktionsversuchen betrug 45%. Weiße Säulen – EROD Induktion im Input; Graue Säulen –
EROD Induktion im Output in der Säule ohne Toluol; Schwarze Säulen – EROD Induktion im Output
in der Säule mit Toluol. Nur im Beisein von Toluol kann bis auf den letzten Tag keine EROD
Induktion nachgewiesen werden. a symbolisiert Proben für welche keine Analyse verfügbar war.
*markiert Werte mit einer signifikanten EROD Induktion im Vergleich zur Kontrolle (ANOVA,
gefolgt von Dunnett’s Test, D = 0,05).
Diese Ergebnisse sind von entscheidender Bedeutung für das Konzept von Natural Attenuation und für
den Einsatz von biologischen Tests in Kombination mit chemischen Analysen bei der
Grundwassersanierung. Sie verdeutlichen, dass durch eine residuale NAPL-Phase andere Substanzen
in ihrer Fortbewegung stark gehindert werden können. Dies kann dazu führen, dass der
Grundwasserleiter nach Abbau der ursprünglichen NAPL Phase langfristig mit anderen, durch die
ursprüngliche NAPL-Phase zurückgehaltenen, Substanzen belastet wird.
2.1.2.3
Passiver Probennehmer für die kombinierte chemisch-toxikologische
Analyse – Das Toximeter
Die Probennahme stellt einen wichtigen Aspekt bei der Überwachung von Grundwasser dar, der alle
nachfolgenden Schritte der Überwachung der Wasserqualität beeinflussen kann. Üblicherweise
werden konventionelle Stichprobennahmeverfahren angewandt, bei denen eine bestimmte
Wassermenge gepumpt oder geschöpft wird. Im Gegensatz dazu werden bei der Probennahme mit
zeit-integrierenden Passivsammlern Substanzen aus dem Wasser über einen Diffusionsgradienten
aufgenommen und an einer Sammelphase akkumuliert. Der Einsatz solcher Passivsammler ermöglicht
die Bestimmung von zeitlich gemittelten Wasserkonzentrationen über lange Expositionszeiten ohne
zusätzliche Schritte während des Beprobungszeitraums.
Ein anderer wichtiger Aspekt in der konventionellen Grundwasserüberwachung ist, dass meist nur
chemische Analysen in der Langzeit-Überwachung zum Einsatz kommen. Dabei ist der Fokus meist
auf Kontaminanten, deren Auftreten bekannt ist oder z.B. aufgrund der Standortsgeschichte vermutet
wird. Dabei können unerwartet auftretende Substanzen, die von toxikologischer Relevanz sein können,
übersehen werden. Im Gegensatz dazu können biologische Tests Wirkungen, die durch komplexe
Mischungen in einer Umweltprobe ausgelöst werden, gesamtheitlich erfassen.
Vor diesem Hintergrund war es das Ziel des vorliegenden Teilprojektes, einen Passivsammler für die
kombinierte chemische und toxikologische Langzeit-Überwachung von Grundwasser zu entwickeln.
Ein spezielles Ziel dabei war die Anwendung eines lösemittelfreien Festphasen Biotests, unter
Verwendung anheftungsabhängiger permanenter Wirbeltierzellkulturen als Reportersystem.
Verschiedene Sorbentien wurden bezüglich (1) ihrer Kompatibilität mit Fischzellkulturen, die als
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
Seite 40
Modell-Wirbeltierzellkulturen verwendet wurden, (2) ihrer Fähigkeit, polyzyklische aromatische
Kohlenwasserstoffe (PAKs) als hydrophobe Modellschadstoffe zu sorbieren, und (3) der
Verfügbarkeit dieser sorbierten Substanzen für Fischzellen, die auf der Oberfläche der kontaminierten
Sorbentien wachsen, um toxikologisch relevante Effekte zu detektieren, untersucht. Von zehn
untersuchten Materialien erwies sich Biosilon (ein Polystyrol-Polymer, das gewöhnlich für die
Zellkultur verwendet wird) als am besten geeignet, weil es zuverlässig die Zellanheftung ermöglichte
und eine reproduzierbare Aufnahme von Dosis-Wirkungskurven mit PAK kontaminiertem Biosilon als
Zellkulturoberfläche gewährleistete.
Biosilon wurde dann als Sammelphase in dem neu entwickelten Passivsammler, dem Toximeter,
eingesetzt. Dieser Sammler basiert auf einem früher entwickelten Probennehmer, dem so genannten
Keramik-Dosimeter (Grathwohl, 1999; Martin et al., 2003). Das Toximeter verwendet das gleiche
Keramik-Röhrchen als Diffusionsbarriere und als Behälter für die Sammelphase. Biosilon-gefüllte
Keramik-Röhrchen wurden bezüglich ihres Sammelverhaltens in drei verschiedenen
Expositionsansätzen im Labor untersucht. Über das Toximeter bestimmte Wasserkonzentrationen
stimmten allgemein gut mit direkt analysierten Wasserkonzentrationen überein, wobei die besten
Ergebnisse für Substanzen mit eine log Kow Wert von 4,5-6 erzielt wurden.
In einem dritten Schritt wurde das Sammelverhalten des Toximeters unter Feldbedingungen
untersucht. Dazu wurden Toximeter an einem PAK-belasteten Standort in drei Grundwasserbrunnen
ausgebracht. Die Toximeter wurden für einen bis sechs Monate exponiert, wobei monatlich Sammler
entnommen wurden. Parallel dazu wurden die Brunnen im Abstand von je zwei Wochen konventionell
beprobt, um Stichproben zum Vergleich heranziehen zu können. Über das Toximeter bestimmte
Wasserkonzentrationen wichen mit einem mittleren Faktor von 4 von den in den Stichproben
bestimmten Wasserkonzentrationen ab. Generell unterschätzten die Toximeter die
Stichprobenwasserkonzentrationen. Die Unterschätzung trat vor allem für PAKs mit einem
niedrigeren Kow Wert (log Kow<4,5) auf, was durch die geringere Sorptionsaffinität dieser Substanzen
an Biosilon erklärt werden kann. Zusätzlich zur chemischen Analyse wurden Toximeter-Proben im
EROD Festphasen Test, der in dieser Arbeit entwickelt wurde, untersucht. Bis zu einer zweifachen
Induktion der EROD Enzymaktivität gegenüber der Kontrolle wurde mit feldexponiertem Biosilon
gemessen. Die beobachteten Effekte konnten nur teilweise durch die gemessenen PAK
Konzentrationen erklärt werden. Andere PAKs, die nicht in der Standardanalytik erfasst wurden, oder
andere Subtanzklassen müssen dafür verantwortlich gewesen sein.
Abb. 22: Vergleich der Wasserkonzentrationen, die über das Toximeter ermittelt wurden, mit den
direkt analysierten Konzentrationen der Stichproben.
Der kombinierte Ansatz aus chemisch-biologischer Analyse verknüpft mit der
Passivsammlertechnologie stellt eine neue Alternative in gegenwärtigen Wasserprobennahme- und
Analysenmethoden dar. Der hier entwickelte Probennehmer und die Methoden können für eine
Vielfalt von Wasserprobennahme- und Überwachungs-Maßnahmen angewandt werden.
40
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
Seite 41
Einsatzmöglichkeiten sind vor allem im Bereich der kostengünstigen, integrierenden LangzeitÜberwachung z.B. in Zusammenhang mit Natural Attenuation Studien vorstellbar, wie auch in der
Feldstudie der vorliegenden Arbeit als Anwendungsbeispiel der Langzeit-Überwachung gezeigt.
Die Entwicklung des sogenannten Toximeters ist im Detail in Bopp (2004) beschrieben. Einige
wesentliche Ergebnisse und Grundlagen sollen hier nur kurz in Form von Abbildungen
zusammengefasst werden.
Abb. 23.: Grundidee des passiven Probennehmers für die chemische und toxikologische Analyse. Es
wird loses Adsorbermaterial in einen Behälter, der gleichzeitig als Membran dient, eingefüllt. Nach
der Probennahmephase im Feld wird das Sorbens für die chemische und toxikologische Analyse
aufgeteilt. Für die toxikologische Analyse wird das Sorbens in Mikrotiterplatten gefüllt, darauf wird
eine Suspension der Zellen gegeben, die sich auf der Oberfläche des Sorbens anheften und die
Schadstoffe aufnehmen können. Nach einer gewissen Inkubationszeit können verschiedene Biotests
zur Überprüfung der toxischen Effekte durchgeführt werden.
Abb. 24: Schematische Darstellung der Aufnahme sorbierter Schadstoffe in eine Zelle, die auf der
schadstoffbelegten Oberfläche anheftet. Die direkte Aufnahme von adsorbierten Schadstoffen in die
Zellen ist Grundlage des lösemittelfreien Festphasen-Bead-Bioassays.
Eine Reihe unterschiedlicher Sorbentien wurde auf ihre Eignung als Sorptionsmaterial im
Probennehmer bezüglich der im Methodenteil angeführten Kriterien überprüft. Eine Auswahl ist in
Tabelle 8 zusammen gefasst.
41
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
Seite 42
Tab. 8: Eignung der untersuchten Materialien bezüglich der geforderten Kriterien
Dosis-WirkungsChemische Analyse
abhängige Effekte
Benetzbarkeit
mit Wasser
Material
Zellanheftung
Biosilon
+
+
Lösemittelextraktion
+
Tenax TA
+
+
Thermodesorption
-
Tenax GR
+
+
Thermodesorption
-
Chromosorb 106
+
-
Thermodesorption
-
Amberlite IRA743
-
-
Lösemittelextraktion
+
Von den untersuchten Materialien sind also mehrere bezüglich der toxikologischen Tests geeignet.
Um jedoch den Einsatz des Passivprobennehmers für schwerflüchtige Substanzen zu optimieren, ist es
sinnvoll, das Keramik-Dosimeter wassergesättigt zu verwenden (Grathwohl et al., 2001). Das heißt,
dass das Sorbens nicht trocken in das Keramik-Röhrchen gefüllt wird, sondern das gesamte System
wassergefüllt ist, damit die Substanzen im Inneren des Dosimeters ungehindert zum Sorbens
diffundieren können. Der wassergesättigte Einsatz setzt allerdings voraus, dass die Sorbentien gut mit
Wasser benetzbar sind und das Wasser nicht aufsaugen und quellen.
Dieses und alle weiteren Kriterien wurden von Biosilon erfüllt, welches somit in weiteren Versuchen
eingesetzt wird. Es ist für die Zellkultur optimiert (Nunc, 2000), es sorbiert hydrophobe Schadstoffe
so, dass diese in toxikologischen Tests für die Fischzellen verfügbar sind und deren toxische Wirkung
nachgewiesen werden kann (Abb. 25). Die chemische Analyse ist über eine einfache Extraktion mit
Methanol möglich.
2,0
1,8
@
Q
L 1,6
H
W
R
U
S 1,4
J
P 1,2
Q
L
P
O 1,0
R
P
S 0,8
>
Q
L
I 0,6
X
U
R
V
H 0,4
5
0,2
0,0
0
5,76e-3
0,0288
0,0576
0,144
0,288
Benzo[a]pyrene dose (sorbed amount [ng] per well)
Abb. 25. Induktion der EROD Aktivität in an Biosilon angehefteten Zellen. Das Biosilon wurde vor
der biologischen Analyse mit Benzo[a]pyrene (BaP) beschichtet. Es zeigt sich, dass die Zellen in
Abhängigkeit von der Dosis auf das adsorbierte BaP reagieren.
Die Biosilon-befüllten Keramikröhrchen wurden sowohl im Labor als auch im Feld validiert. Die
dabei erzielten Ergebnisse werden ausführlich in Bopp (2004) diskutiert.
42
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
2.1.3
Isotopenfraktionierung
2.1.3.1
Erzielte Ergebnisse
Seite 43
Wie beantragt, wurden die wissenschaftlich-technischen Voraussetzungen zur Nutzung
isotopenchemischer Verfahren zur Quantifizierung des mikrobiellen Schadstoffabbaus erarbeitet und
die Methode in Zeitz erprobt. Im ersten Schritt wurde die Biodegradation anhand der
Kohlenstoffisotopensignaturen der BTEX-Verbindungen und des gelösten anorganischen Kohlenstoffs
(DIC) untersucht. Im zweiten Schritt wurde ein Tracerexperiment zur Quantifizierung des
mikrobiellen In-situ-Schadstoffabbaus durchgeführt. Anhand des Vergleiches verschiedener
Berechnungsansätze sollte zusätzlich die Anwendbarkeit der Methode auf Grundlage von
Laborisotopenfraktionierungsmethoden in einer Feldstudie belegt werden.
2.1.3.2
Isotopenfraktionierung zur Quantifizierung des mikrobiellen Abbaus
Die Gewinnung der Grundwasserproben nach den guten Regeln der Probennahmepraxis lieferte
ausreichendes Probenmaterial für die Isotopenanalysen. Mittels der Lösungsmittelextraktion mit nPentan oder n-Hexan konnten Wasserproben für die Bestimmung der Isotopensignaturen von BTEXKomponenten bis zu einer Konzentration von 10 µg/l bearbeitet werden. Bei der Probennahme wurde
eine 1-Literflasche mit teflonbeschichteten Schraubdeckelverschluss vollständig gefüllt. Die
Wasserprobe wurde in der gleichen Flasche mit etwa 2 ml Lösungsmittel extrahiert, indem die
Wasserprobe ca. 12 Stunden geschüttelt wurde. Die Lösungsmittelphase wurde anschließend in einem
Glasseperator sichtbar von der Wasserprobe abgetrennt und mit einer Glaspipette abgehoben. Die
Probenextrakte wurden bis zur Analyse in kleinen Schraubdeckelgläsern gelagert. Die Probennahme, aufbereitung und isotopenchemische Analyse erwiesen sich als unkompliziert und entsprechen
weitestgehend den üblich bekannten Techniken. Somit wird eine einfache Datenerhebung für
isotopenchemische Berechnungsmethoden gewährleistet, was einen zeitnahen Einsatz bei der
Erkundung und Überwachung von Schadensfällen ermöglicht.
Zur Quantifizierung der Biodegradation im Aquifer mit Hilfe der “Rayleigh-Beziehung“ sind
substanzspezifische Fraktionierungsfaktoren (DC) sowie Informationen über biogeochemischen und
hydrogeologischen Verhältnisse notwendig. Isotopenfraktionierungsfaktoren standen aus
verschiedenen Studien zur Verfügung (Meckenstock et al., 1999, Morasch et al., 2003 & 2004) bzw.
wurden in einem anderen Projekt erarbeitet (BMBF 02WT0022). Es konnten Informationen zur
Hydrogeologie und Biogeochemie von Projektpartnern des RETZINA-Projektes genutzt werden.
Sulfatreduzierende Bedingungen charakterisieren das biogeochemische Abbaumilieu. Unter anaeroben
Bedingungen wie z.B. der Nitrat-, Eisen(III)- und Sulfatreduktion ist die Isotopenfraktionierung beim
BTEX-Abbau relativ konstant (Morasch et al. 2002, 2004). Somit konnten die bekannten
Isotopenfraktionierungsfaktoren für die Berechnungen der anaeroben Biodegradation der BTEXVerbindungen eingesetzt werden.
Eine Vorraussetzung zur Interpretation der Isotopensignaturen von Kontaminanten im Abstrom eines
Schadensherdes ist eine hinreichend isotopisch homogene Kontaminationsquelle. Wie in den
jährlichen
Monitoringkampagenen
nachgewiesen
wurde,
ist
die
Variabilität
der
Schadstoffisotopensignaturen im Fahnenzentrum relativ gering (Vieth et al., 2004). Somit ist diese
Vorraussetzung in Zeitz erfüllt, was die Quantifizierung des In-situ-Schadstoffabbaus anhand der
Anreicherung schwerer Isotopomere im Abstrom der Schadstofffahne erlaubt.
In heterogenen Aquiferen kann die Mischung von Grundwasserströmen ein gemitteltes Isotopensignal
aus einer deutlichen bzw. kaum abgebauten residualen Schadstofffraktion ergeben. Das Isotopensignal
wird von der Fraktion mit der höheren Konzentration, also der kaum abgebauten Fraktion, geprägt.
Dies führt zu einer Unschärfe in der Beurteilung des Abbaugrades, wobei dieser durch die Mischung
43
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
Seite 44
von Grundwasserströmen mit einer unterschiedlich starken Biodegradation unterschätzt aber nicht
überschätzt wird (Richnow et al., 2003).
Mit Hilfe eines Multilevel-Packersystems (MLPS) wurde die vertikale Struktur der Schadstofffahne
des Grundwasserleiters in Zeitz untersucht. Das MLPS ist ein nicht elastischer, doppelwandiger
Packer, der in die Messstelle eingebracht und mit Wasser oder Luft gefüllt wird (Abb. 26). Das
Probennahmesystem wird mit dem Überdruck des Packers an die verfilterte Innenwand der Messstelle
gepresst und rundum abgedichtet, wodurch Vertikalströmungen und Belüftungseffekte bei der
Grundwasserprobennahme vermieden werden. Die äußere Packermembran besteht aus chemisch
inerter PE-Folie und die innere Membran aus gewebeverstärktem Kunststoffmaterial, das eine hohe
Robustheit und Dichte aufweist. Das Probennahmesystem befindet sich zwischen den beiden
Packermembranen nur der verfilterte Probenahmeschlauch liegt außerhalb des Packers direkt an der
Innenwand der Messstelle. Die Grundwasserförderung erfolgt durch Minidruckluftpumpen, die über
eine elektropneumatische Steuerung (EPS) reguliert werden. Die nötige Druckluft wird durch einen
Kompressor bzw. Gasflasche erzeugt. Die Förderleistung der Minidruckluftpumpen ist so gering, dass
der Grundwasserfluss nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
Probenahmeschläuche
Kopfring
Filter
Druckhöhe im MLPS
Flüssigkeit
Äußere Packermembran
Grundwasserspiegel
Kiesfilter
Probenahmepumpe
Innere Packermembran
Entleerschlauch
Probenahmefilter
Geotextil-Tonring
Messsonde für
physikalisch/chemische
Parameter
Fußplatte
Probenahmepumpe
Entleerpumpe
Abb. 26: Elemente eines Multilevel-Packersystems (verändert nach IMW, Innovative Messtechnik
Weiß, 2003)
Die Isotopensignaturen und Konzentrationen der Schadstoffe in der Quelle zeigten keine
tiefenabhängige Schichtung. Im Randbereichen ist der Aquifer in Zeitz hinsichtlich der
Schadstoffkonzentrationen und Isotopensignaturen geschichtet. An oberen und unteren Rändern der
Schadstoffahne wurde eine substratspezifische Isotopenfraktionierung nachgewiesen, mit der die
Biodegradation berechnet werden konnte (Fischer et al., 2004a, Stelzer, 2004, Vieth et al., 2004). Bei
einer konventionellen Probenahme wird das Grundwasser aus dem verfilterten Bereich gemischt und
die Schicht des Aquifers mit der höchsten Schadstoffkonzentration prägt das Isotopen- und
Konzentrationssignal. Dies führt zu einer Unterschätzung des mikrobiellen Schadstoffabbaus. Unter
keinen Bedingungen führt die Methode zu einer Überschätzung des Abbaus, weil nach heutiger
Kenntnis nur Abbaureaktionen das Isotopensignal von BTEX-Verbindungen im Aquifer wesentlich
verändern. Wenn also die übliche Probennahmetechnik in der Grundwasserüberwachung angewendet
wird, ist mit einer Unterschätzung des in situ-Schadstoffabbaus bei Anwendung der Isotopenmethoden
zu rechnen.
44
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
Seite 45
Zudem ist die Isotopenmethode nicht geeignet um biologische Aktivität in der Schadstoffquelle
hinreichend zu bestimmen. Die Anreicherung schwerer BTEX-Isotopomere in Folge des mikrobiellen
Abbaus ist erst bei höheren Abbaugraden (>20 %) mit einer messbaren Isotopenfraktionierung
verbunden. Im Schadenszentrum ist aber mit einer kontinuierlichen Nachlieferung von Schadstoffen
aus residualen Schadstoffphasen (NAPL) wahrscheinlich und deshalb ist trotz eines möglichen in situAbbaus nicht mit erheblichen Konzentrationsgradienten und einer Anreicherung schwerer
Isotopomere zu rechnen. Mit hochauflösenden Monitoringtechniken wie MLPS könnten auch
kleinräumige Gradienten theoretisch erfasst werden. Der Aufwand kann allerdings sehr hoch sein und
ist in der praktischen Grundwasseruntersuchung nur im Einzelfall tauglich. Aus diesem Grunde haben
wir nach alternativen Möglichkeiten gesucht über isotopenchemische Verfahren den Abbau zu
quantifizieren.
2.1.3.3
Quantifizierung des In-situ-Schadstoffabbaus anhand der
Isotopensignatur des gelösten organischen Kohlenstoffs (DIC)
In kontaminierten Grundwasserleitern können die Erhöhung der Konzentration sowie die Veränderung
der Isotopensignatur des DIC auf die Bildung von Kohlendioxid während des mikrobiellen
Schadstoffabbaus zurückgeführt werden. Während durch die Lösung von Karbonat, der Eintrag von
atmosphärischem Kohlendioxid über den Austausch von Bodenluft und die Methanogenese DIC mit
einer relativ schweren Isotopensignatur entsteht, ist das DIC aus dem nicht methanogenen
Schadstoffabbau und der Methanoxidation im Vergleich isotopisch leichter (Baedecker et al., 1993,
Landmeyer et al., 1996, Clark & Fritz, 1997, Conrad et al. 1997, Bolliger et al., 1999, Hunkeler et al.,
1998, 1999, 2001 & 2002, Fang et al., 2000). Anhand der hydrogeo- und isotopenchemischen
Eigenschaften konnte festgestellt werden, dass im zentralen Bereich der Kontamination DIC
hauptsächlich durch die nicht methanogene Biodegradation gebildet wird. Dabei spielt vor allem die
Sulfatreduktion eine entscheidende Rolle. Deshalb wurden die Konzentrationen und
Kohlenstoffisotopensignaturen des DIC im Bereich der Schadstofffahne kartiert, um mögliche
Zusammenhänge zum mikrobiellen in situ-Abbau aufzuzeigen.
Im Untersuchungsgebiet schwankten die Konzentrationen des DIC zwischen 43 und 252 mgC/l (Abb.
27). Im Grundwasseranstrom der Schadstofffahne wurden DIC-Gehalte von < 110 mgC/l bestimmt.
Die Konzentrationen des DIC nahmen in Grundwasserfließrichtung zu, wobei die höchsten Gehalte im
nördlichen Grundwasserabstrom der Schadstofffahne nachgewiesen wurden. Im östlichen, westlichen
und nördlichen Randbereich der Kontamination betrugen die Konzentrationen des DIC < 150 mgC/l.
Grundwasser mit DIC-Gehalten > 210 mgC/l war überwiegend in der Zone des
Hauptschadenszentrums und im nördlichen Grundwasserabstrom zu finden. Diese Erhöhung des DICGehaltes deutete darauf hin, dass innerhalb des zentralen Bereiches der Kontamination Schadstoff
mikrobiell zu Kohlendioxid umgesetzt wurde.
Im Untersuchungsgebiet lagen die Kohlenstoffisotopenverhältnisse des DIC zwischen -26 und -16 ‰
(Abb. 27). Die leichtesten G13CDIC-Werte (-26 bis -23 ‰) wurden in Bereichen bestimmt, in denen die
Konzentrationen des DIC > 150 mgC/l waren. Mit abnehmenden DIC-Gehalten wurden die 13C/12CVerhältnisse grundsätzlich isotopisch schwerer. Der DIC mit der größten 13C-Anreicherung (-22 bis 16 ‰) wurde überwiegend im unmittelbaren Grundwasseranstrom der Kontaminationsquelle bzw. im
Randbereich der Schadstofffahne nachgewiesen. Es zeigte sich, dass die G13CDIC-Werte im stark
kontaminierten Bereich des Grundwasserleiters gegenüber den weniger belasteten Zonen um ca. 5 ‰
kleiner waren.
45
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Seite 46
Benzol
230
-23
-22
-22 -25
-23 -25
-24
-21
-24
-25
-22-25
-22
-20
-22
-24
-17
-24
-25 -24 -20
-24 -23 -24
-23
-24
-20
-22 -25
-19
-24
-22
-24
-21
190
170
150
130
110
-23
-24
-21
-16
100 m
210
-23
90
-26
70
N-NO
-20
-19
-22
50
Abb. 27: DIC-Konzentrationen [mgC/l] und G13CDIC-Werte [‰ V-PDB] (Zahlen) im Grundwasser des
oberen Aquifers (Daten aus Messkampagne Mai 2002). Der Pfeil beschreibt die
Hauptgrundwasserfließrichtung (nach Fischer et al., 2004a).
Anhand der Konzentrations- und Isotopensignaturänderung des DIC wurde der mikrobielle
Schadstoffabbau im Zentrum der Kontamination bestimmt (Gl. 1). Der Berechnung lagen
verschiedene Annahmen zu Grunde. Es wurde davon ausgegangen, dass die 12C-Anreicherung des
DIC innerhalb der Schadstofffahne nur aus dem nicht methanogenen Schadstoffabbau resultiert und
die Transformation des Schadstoffes in DIC nicht mit einer signifikanten Isotopenfraktionierung sowie
einer Nettoproduktion von Biomasse verbunden ist.
(1)
A u G 13CDIC ( GA) (1 A) u G 13C DIC (Q )
G 13C DIC ( M )
G13CDIC(GA) bezeichnet das Kohlenstoffisotopenverhältnis des DIC im Grundwasseranstrom der
Kontamination. G13CDIC(Q) ist die Kohlenstoffisotopensignatur des in der Schadstofffahne gebildeten
DIC. G13CDIC(M) bezeichnet das 13C/12C-Verhältnis des DIC, das im Bereich der Kontamination
gemessen wurde. A und 1-A sind die Mischungsanteile der beiden Ausgangsisotopenverhältnisse
(G13CDIC(GA), G13CDIC(Q)), aus denen G13CDIC(M) resultiert. Mit Hilfe von A und der Konzentration des
DIC im Grundwasseranstrom der Schadstofffahne (CDIC(GA) [M]) ist es möglich, die Menge des in der
Schadstofffahne gebildeten DIC (CDIC(B) [M]) zu berechnen (Gl. 2).
(2)
C DIC( B)
C DIC( GA )
1 A A
Die mineralisierte Schadstofffraktion (CSchadstoff [M]) kann durch CDIC(B) abgeschätzt werden (Gl. 3).
(3)
C Schadstoff
C DIC( B )
ZC
ZC ist die Anzahl der Kohlenstoffatome des Schadstoffmoleküls. Es wird davon ausgegangen,
dass diese Anzahl bei der Mineralisierung umgesetzt wird.
46
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
Seite 47
Als Kohlenstoffisotopenverhältnis bzw. Konzentration des DIC im Grundwasseranstrom (G13CDIC(GA)
bzw. CDIC(GA)) wurde ein mittlerer Wert von -19,5 ‰ bzw. 8,3 mM angenommen. Das
durchschnittliche Isotopenverhältnis des DIC im zentralen Bereich der Schadstofffahne (G13CDIC(M))
betrug -24,3 ‰. Für die Isotopensignatur des Schadstoffes wurde das 13C/12C-Verhältnis des Benzols
in der Kontaminationsquelle (-28,2 ‰) aus der Messkampagne Mai 2002 (Daten nicht gezeigt)
verwendet, weil Benzol den Hauptanteil der Kontamination im Untersuchungsgebiet ausmacht.
Die Abschätzung ergab, dass eine Erniedrigung des Kohlenstoffisotopenverhältnisses des DIC um 4,8
‰ einer Mineralisierung von ca. 133 mg/l Benzol (1,7 mM) entspricht.
2.1.3.4
Quantifizierung des In-situ-Schadstoffabbaus anhand der
Wasserstoffisotopensignaturen im Tracerexperiment zur Validierung
der Isotopenmethode
Es wurde ein Konzept eines Multi-Tracer Experimentes entwickelt und zur Quantifizierung des in
situ-Schadstoffabbaus in einem BTEX kontaminierten Aquifer in Zeitz eingesetzt (Fischer et al.,
2004b). Dazu wurden reaktive, biologisch abbaubare Tracer und konservative Tracer gemeinsam in
einen Aquifer eingespeist. Die konservativen Tracer dienten der Erfassung, der Verdünnung und
Sorption im Aquifer. Aus dem Konzentrationsverhältnis reaktiver zu konservativer Tracer konnte der
biologische Abbau berechnet werden.
Als konservative Tracer wurden Bromid und Uranin und als reaktive Tracer ringdeuteriertes (d5) und
perdeuteriertes (d8) Toluol in den oberen Aquifer des Testfeldes Zeitz eingeleitet (Fischer et al.,
2004b). Die Konzentrationen von konservativen und reaktiven Tracern wurden über einen Zeitraum
von etwa 140 Tagen an zwei Beobachtungslinien, die ca. 20 und 35 m im Grundwasserabstrom des
Einspeisbrunnens entfernt lagen, überwacht (Abb. 28).
Abb. 28: Durchgangskurven der eingespeisten Tracer am Messpunkt G 182 P2 (nach Fischer et al.,
2004b)
Die gemessenen Durchgangskurven der Tracer an den Messstellen dienten der Berechnung des In situAbbaus. Zur Quantifizierung wurden zwei voneinander unabhängige Methoden eingesetzt. Die erste
Methode basiert auf der Konzentrationsänderung von Toluol d8 zu d5, wobei zur Berechnung des
47
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
Seite 48
Abbaus eine modifizierte Rayleigh-Gleichung (Gl. 4, Hunkeler, 2002) und ein WasserstoffIsotopenfraktionierungsfaktor (DD) aus Laborarbeiten (Morasch et al., 2001, Meckenstock &
Richnow, 2002) eingesetzt worden ist.
(4)
Ct
C0
1 Rt
1 R0
§
·
¨ 1 ¸
¨
¸
R t · ¨¨© D1D 1 ¸¸¹
¸
§
¨¨
¸
© R0 ¹
Rt und R0 bezeichnen das Konzentrationsverhältnis zwischen Toluol d8 und d5 zu einer bestimmten
Zeit (t) und vor der mikrobiellen Umsetzung (t = 0). Ct und C0 geben die Toluolkonzentration (d8 + d5)
zu einer bestimmten Zeit (t) und am Anfang der Transformationsreaktion (t = 0) an. Der kinetische
Isotopenfraktionierungsfaktor DD stellt den Zusammenhang zwischen der Änderung des
Konzentrationsverhältnisses und der Konzentration in der residualen Fraktion während des
mikrobiellen Abbaus her.
Mit Hilfe von Gleichung 5 konnte der prozentuale biologische Abbau für jeden Probennahmezeitpunkt
Bt[%] folgendermaßen berechnet werden:
(5)
§
·
§
¨ 1 ¸·
¨
¸¸
¨
§ Ct ·
1 R t § R t · ¨¨© D1D 1 ¸¸¹ ¸
¨
¸¸ u 100 1 ¨
¸
B t [%] ¨¨1 ¨ 1 R ¨ R ¸
¸ u100 .
C
0 ¹
0 ©
0 ¹
©
¨¨
¸¸
©
¹
Bt[%] wurde genutzt, um theoretische Toluolkonzentrationen Ctheo, die während des Transports durch
den Grundwasserleiter nicht durch mikrobielle Umsetzung beeinflusst sind, für jeden
Probennahmezeitpunkt zu berechnen (Gl. 6).
(6)
C theo
(C d 5d 8 )
u 100
100 B t
Zur Bestimmung des prozentualen biologischen Abbaus B[%] auf einer Fließstrecke zwischen
Einspeisbrunnen und des jeweiligen Messpunktes wurden die Flächen der realen Durchbruchskurven
aus der Summe Toluol d5 und d8 (Ad5+d8) mit den Flächen der theoretischen Toluolkonzentrationen
(berechnet nach Gl. 4) (Atheo) verglichen (Gl. 5).
(7)
§ A A d 5d8 ·
¸¸ u 100
B[%] ¨¨ theo
A
theo
¹
©
Die zweite Methode beruht auf der Konzentrationsabnahme der reaktiven Tracer im Vergleich zu den
konservativen Tracern Bromid und Uranin bzw. des quasi-konservativen Tracers Toluol d8. Unter der
Annahme, dass die konservativen und reaktiven Tracer ein annähernd gleiches Sorptions- bzw.
Verdünnungsverhalten hatten, konnte B[%] durch die Veränderung des Verhältnisses der
eingespeisten Menge der konservativen Tracer (mkons) und des deuterierten Toluols (md5+d8) im
Vergleich zum Verhältnis der Durchgangskurvenflächen der konservativen Tracer (Akons) und des
deuterierten Toluols (Ad5+d8) bestimmt werden (Gl. 8).
(8)
B[%] 100 100 u
A d 5d8 m kons
u
A kons m d 5d8
48
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Seite 49
Prozentualer biologischer Abbau [%]
Die Berechnungen auf Grundlage der modifizierten Rayleigh-Gleichung und des Bromids ergaben
annähernd gleiche Ergebnisse (Abb. 29). Die nach der “Uranin-Methode“ berechnete prozentuale
Biodegradation ist deutlich höher. Dies ist auf das im Vergleich zu den deuterierten Toluolspecies
veränderte Transportverhalten des Uranins zurückzuführen. Der prozentuale biologische Abbau, der
durch die “Toluol d8-Methode“ bestimmt wurde, ist deutlich geringer. Das liegt daran, dass Toluol d8
nicht konservativ ist, sondern auch der mikrobiellen Umsetzung im Aquifer unterliegt (Morasch et al.,
2001). Die mit der “Toluol d8-Methode“ berechnete prozentuale Biodegradation kann somit als
Mindestwert des mikrobiellen Toluolabbaus angesehen werden.
100
90
80
70
60
50
40
Toluol-d8
Bromid
Rayleigh
Uranin
30
20
10
0
Abb. 29: Prozentualer biologischer Abbau auf der Fließstrecke zwischen Einspeisbrunnen Saf Zz 8/99
und Messpunkt G182 P2
Die Anreicherung des Wassers mit Deuterium während des Tracerversuchganges war ein qualitativer
Hinweis auf die Mineralisierungsprozesse des Toluol d8 und d5 (Daten nicht gezeigt). Die
Quantifizierung des Abbaus der deuterierten Toluolspezies konnte aber wegen der geringen Änderung
der Deuteriumsignatur des Wassers, vermutlich auf Grund erheblicher Verdünnungsprozesse im
oberen Aquifer des Standortes, nicht quantitativ ausgewertet werden.
Es wurden vereinzelt deuterierte Benzylsuccinate in den Grundwasserproben nachgewiesen (Daten
nicht gezeigt), die den anaeroben Abbau der deuterierten Toluole im Aquifer belegen. Der quantitative
Zusammenhang zwischen deuteriertem Substrat und deuterierten Metaboliten wird gegenwärtig
untersucht und kann noch nicht abschließend beurteilt werden.
Insgesamt sind derartige Multi-Tracer-Experimente für eine integrale Erfassung des In-situSchadstoffabbaus in einem kontaminierten Grundwasserleiter hervorragend geeignet. Zudem können
Informationen zur Retardation der Schadstoffe, zur Aquiferheterogenität und zu den Fließwegen
ermittelt werden. Der Aufwand für Tracerversuche ist in Bezug auf finanzielle Ressourcen und
personellem Aufwand allerdings so hoch, dass diese Technik für den kommerziellen Einsatz
vermutlich wenig interessant ist. Eine Vereinfachung des Konzeptes ist durch Anwendung von “PushPull-Techniken“ denkbar, die wir mit Kooperationspartnern aus der Industrie gegenwärtig erproben.
2.2
Verwertbarkeit der Ergebnisse
2.2.1 Hydrogeologische Erkundung und Modellierung
Die Verwertbarkeit der Ergebnisse sind insgesamt von großer Bedeutung für die Strategien der
Altlastensanierung in Deutschland. Wird die Sanierungsstrategie des Natural Attenuation von den
49
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
Seite 50
Behörden anerkannt, so können mit den am Standort erprobten und weiterentwickelten neuen,
innovativen Untersuchungsmethoden enorme Kosten eingespart werden.
Mit dem Aufbau des standortspezifischen Strömungsmodells steht ein Werkzeug zur Verfügung um in
naher Zukunft, wissenschaftlich fundiert durch Computersimulationen die Entwicklung der
Schadstofffahne voraussagen zu können. Damit kann die Akzeptanz von Natural Attenuation bei
Behörden und Öffentlichkeit enorm gesteigert werden. Eine Änderung der geochemischen
Verhältnisse kann dabei ebenso vom Modell berücksichtigt werden, wie die Dynamik des
Grundwasser-Fließfeldes. Die am Standort eingerichteten Grundwassermessstellen werden auch in
Zukunft im Rahmen des regelmäßigen Grundwassermonitorings des Ökologischen Großprojektes
beprobt um die Arbeiten weiter zu führen.
Aus Mitteln des UFZ wurden am Standort Zeitz eine Pilotanlage gebaut, welche die gezielte
Zudosierung von Agenzien zur Beschleunigung der natürlichen Abbauprozesse erlaubt. Damit wurde
am Standort die Möglichkeit geschaffen, direkt den „Natural Attenuation“- mit dem „Enhanced
Natural Attenuation“-Ansatz zu vergleichen.
Der Nachweis eines anaeroben Benzolabbaus unter in-situ Bedingungen in den Säulen der Pilotanlage
ist ein großer wissenschaftlicher Erfolg. Zukünftig kann die Abbaurate von Benzol quantifiziert
werden und die limitierenden Faktoren des anaeroben Abbaus untersucht und bestimmt werden. Somit
können in naher Zukunft alternative Konzepte zur Sanierung von BTEX-Schadensfällen abgeleitet
werden.
2.2.2 Toxikologisches Langzeitmonitoring
Natural Attenuation als Sanierungsoption erfordert zum einen detaillierte Kenntnisse über die
Zusammensetzung und die Ausbreitung von Schadstoffen und zum anderen aussagefähige und
effektive Methoden zur langfristigen Überwachung der zu sanierenden Grundwasserleiter. Am
Beispiel vom Standort Zeitz haben wir in der vorliegenden Arbeit zeigen können wie biologische
Tests nicht nur toxikologisch relevante, bisher unerkannte, Schadstoffe aufdecken helfen sondern auch
bei der Erfassung der Schadstoffverteilung eine entscheidende Rolle spielen können.
Mittels kombinierter chemischer und biologischer Analysen wurde deutlich, dass am Standort Zeitz im
Anstrom der früheren Benzolanlage toxikologisch relevante Stoffe zu erheblichen Konzentrationen
auftreten. Für den Einsatz von Natural Attenuation im Allgemeinen und am Standort Zeitz im
Speziellen folgt, dass eine Analyse der Schadstoffbelastung im Anstrom des Sanierungsstandortes von
hoher Bedeutung ist. Wie der Standort Zeitz zeigt, wird dies vor allem an großräumig kontaminierten
Industriestandorten mit meist multiplen Schadstoffquellen von Bedeutung sein.
Unsere
Untersuchungen lassen erkennen, dass sich Schadstoffe aus diesen Quellen untereinander beeinflussen
und zu signifikanten Veränderungen ihrer gelösten Konzentrationen und ihres Transportverhaltens
führen können. Schadstoffe, die durch eine residuale NAPL-Phase zurückgehalten werden, bilden
selbst eine neue NAPL-Phase, die sich nur langsam wieder löst. Dies kann zur Folge haben, dass
Standorte die auf vermutete Hauptschadstoffe hin saniert wurden für lange Zeit nach der Sanierung
mit vorher nicht vorhandenen residualen NAPL-Phasen anderer Schadstoffe belastet sind.
Diese Ergebnisse verdeutlichen zudem das Potenzial, welches eine kombinierte chemischtoxikologische Analyse besitzt. Zukünftige Untersuchungen sollten auf eine Erweiterung des
Spektrums effektiver, kleinskaliger biologischer Tests, z.B. mittels Säugetierzellen, zur Beurteilung
der Qualität des Grundwassers abzielen.
Für langfristige Überwachungskonzepte zum
kontinuierlichen Monitoring ist dabei die Kombination mit der passiven Probennahmetechnologie
besonders attraktiv. Das im Projekt entwickelte Toximeter ist beim U.S. Patentamt angemeldet und
wird derzeit durch das kleinständige Unternehmen Innovative Messtechnik-Weiss (IMW), gemeinsam
mit dem Keramikdosimeter, vertrieben. Mehrere Anfragen bewiesen bereits das große Interesse
anderer Forschungsgruppen und der Industrie am Keramikdosimeter und Toximeter. Gemeinsam mit
IMW wurde auf Anfrage von Kevin Biggar (University of Alberta, Edmonton, Kanada) ein Antrag bei
50
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
Seite 51
der Canadian Environmental Protection Agency gestellt, die beiden Probennehmer an einem Natural
Attenuation Standort einzusetzen. Von dem kanadischen Ingenieurbüro GeoSyntec wurden wir für
Juli 2004 zu einem Vortrag zum Thema Passivsammler eingeladen. Allerdings bedarf es für den
routinemäßigen Einsatz beim Monitoring von Natural Attenuation mittels passiver, zeitintegrierender
Grundwasserprobennahme noch der Akzeptanz durch die Behörden.
2.2.3 Isotopenfraktionierung
Die Isotopenmethode ist zur Beurteilung von Kontaminationsfahnen geeignet und gewinnt bei der
Nutzung von NA-Strategien als Sicherungsmaßnahme zunehmend an Bedeutung. Insbesondere bei der
Bewertung großflächiger Kontaminationen, für die es heute kaum technische und finanzielle
Ressourcen zur aktiven Sanierung gibt, werden NA-Strategien im Rahmen des MNA angewendet
werden. Dort sehen wir wesentliche Anwendungsfelder für die Isotopenmethode. Das UFZ stellt die
Methode im Rahmen der wissenschaftlichen und technischen Zusammenarbeit interessierten Nutzern
zur Verfügung (siehe Kap. 1.4 und 3.3). Unser gutachterliches Angebot bzw. die Ausbildung zur
Nutzung der Methode wird entsprechend der Nachfrage erweitert. Ggf. sollen die Ergebnisse der
Methoden zu einer Ausgründung vor Ort führen und kommerziell verwertet werden.
Darüber hinaus wird die Methode im BMBF-geförderten Verbundvorhaben KORA genutzt und stellt
dort ein integrales Instrument zur Beurteilung kontaminierter Grundwässer dar. Innerhalb des KORAVerbundes arbeiten wir an der Entwicklung eines Leitfadens zur Standorterkundung für NA-Vorhaben
im Querschnittsthema „Isotopen und mikrobiologische Verfahren“ mit. Die Weiterentwicklung der
Methode bildet heute einen wichtigen Bestandteil beantragter neuer Forschungsvorhaben (DFG,
BMBF, EU), der Projektpartner (UFZ, GSF) sowie in der Kooperation mit nationalen und
internationalen Universitäten und Forschungsinstituten.
2.3
Ergebnisse anderer Stellen
An Isotopenmethoden zur Erfassung des mikrobiellen in situ-Abbaus wird gegenwärtig intensiv
gearbeitet, wie in einer Vielzahl von Arbeiten, die während der Projektlaufzeit veröffentlicht wurden,
dokumentiert ist. Der Literaturstand auf diesem Gebiet ist in 2 Übersichtsartikeln zusammengefasst
(Schmidt et al., 2004, Meckenstock et al., 2004). Die Mehrzahl der Arbeiten ist mit der Bestimmung
von Isotopenfraktionierungsfaktoren befasst. Die Anwendung der Methode in Felduntersuchungen
beschränkt sich auf wenige Beispiele. Arbeiten zur Validierung der Methode in Tracerexperimenten
mit deuterierten Komponenten, wie von uns durchgeführt (Fischer et al., 2004b), existieren nicht.
Darüber hinaus gibt es keine vergleichbaren Arbeiten in denen ein Testfeld über mehrere Jahre
untersucht wurde (Vieth et al., 2004).
2.4
Erfolgte und geplante Veröffentlichungen
Bopp, S. (2004) Entwicklung eines Passivsammlers zur kombinierten chemischen und toxikologischen
Langzeit-Überwachung von Grundwasser, Dissertation, Einreichung Juli 2004 an der Universität
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51
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
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Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
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64
Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040
2.6
Seite 65
Anhang
(siehe ausgewählte Publikationen)
65
Konzept zur Quantifizierung des anaeroben in situSchadstoffabbaus in BTEX-kontaminierten
Grundwasserleitern mittels Deuterium-markierter
Substanzen
A. Fischer, J. Bauer, M. Dietze, M. Schirmer, H. Weiß, M. Kästner, R. U. Meckenstock, H.-H.
Richnow
1 Einleitung
Eine umfassende Schadensfallerkundung ist die Grundvoraussetzung für die Erarbeitung
einer geeigneten Sanierungsstrategie von kontaminierten Grundwasserleitern. Da aktive
Sanierungsmethoden wie z.B. “Pump-and-Treat“ oder “Reaktive Wände“ oft sehr teuer sind,
werden kostengünstigere Alternativen gesucht. In diesem Zusammenhang erscheint es in
manchen Fällen sinnvoll, das im Aquifer bereits vorhandene Selbstreinigungspotential für die
Sanierung zu nutzen. Dieses wird von der U.S.-amerikanischen Umweltbehörde (U.S. EPA)
unter dem Begriff “Natural Attenuation“ (NA) zusammengefasst (OSWER, 1999).
Während in mit Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylolen (BTEX) kontaminierten Aquiferen die
Sorption, Verdünnung und Verflüchtigung zwar zu einem wesentlichen Schadstoffaustrag
aus dem Grundwasser führen kann, trägt aber nur der mikrobielle Abbau bedeutend zu einer
nachhaltigen Reduzierung der Schadstoffmenge im Grundwasser bei. Deshalb ist die
Quantifizierung des Abbauvermögens autochthoner Mikroorganismen von Bedeutung. Dafür
werden Informationen über die Biodegradation, die verschiedenen Abbauwege und das
Transportverhalten der BTEX-Verbindungen in einem Aquifer benötigt.
Eine Möglichkeit bietet die Anwendung von Tracerexperimenten mit konservativen und
reaktiven Markierungsstoffen. Der Einsatz konservativer Tracer wie z.B. Salze, deuteriertes
Wasser und Farbstoffe dient hauptsächlich zur Erkundung von Grundwasserfließwegen, fließgeschwindigkeiten, -verdünnung, Aquiferheterogenitäten und Verdunstung. Deshalb
sollen konservative Markierungsstoffe möglichst keinem Abbau und keinen Interaktionen mit
der Aquifermatrix unterliegen. Reaktive Tracer werden eingesetzt, um die Wechselwirkungen
an der Aquifermatrix bzw. den physikalischen, chemischen und/oder biologischen Abbau im
Grundwasser zu untersuchen. Je stärker diese Prozesse im Grundwasserleiter auf einen
reaktiven Tracer einwirken, desto größer ist der Rückhalt (Retardation) bzw. Verlust auf
einem bestimmten Fließweg im Vergleich zu einem konservativen Tracer. Wichtig bei dem
Einsatz konservativer und reaktiver Markierungsstoffe ist deren eindeutige qualitative und
quantitative Bestimmbarkeit in dem zu untersuchenden Aquiferbereich. Deshalb werden
BTEX-Verbindungen häufig mit schweren stabilen Isotopen (D=Deuterium, 13C=Kohlenstoff
mit der Massenzahl 13) markiert, um das Schicksal dieser Stoffe in kontaminierten
Grundwasserleitern zu untersuchen.
In einem Multi-Komponenten-Tracerexperiment (MKTE) konnte durch den Einsatz von
perdeuteriertem Benzol (d6), Toluol (d8) sowie p-Xylol (d10) als reaktive und Bromid als
konservativer Tracer die biologische Halbwertszeit der eingesetzten Schadstoffe unter
sulfatreduzierenden Bedingungen und die Retardation in einem BTEX-kontaminierten
Grundwasserleiter bestimmt werden (Thierrin et al., 1995). Für den Bezug auf das reale
Verhalten einer Kontaminate in einem Aquifer muss gewährleistet sein, dass die deuterierten
Verbindungen ein gleiches bzw. sehr ähnliches Transportverhalten wie die nicht deuterierten
Verbindungen haben. In einer Laborstudie konnte gezeigt werden, dass deuterierte und
nicht-deuterierte BTEX-Verbindungen identisch sorbiert und somit in einem Aquifer
gleichermaßen retardiert werden (Poulson et al., 1997).
Vor dem Einsatz isotopisch markierter BTEX-Verbindungen zur Bestimmung der
Biodegradation in einem kontaminierten Aquifer sollten quantitative Unterschiede beim
mikrobiellen Abbau von isotopisch markierten und nicht markierten Species untersucht
werden. In Batch-Versuchen mit Reinkulturen wurde der Abbau von verschieden deuterierten
Toluolspecies unter sulfatreduzierenden Milieubedingungen untersucht (Morasch et al.,
2001). Dabei konnte gezeigt werden, dass nicht-markiertes (dn) bzw. ringdeuteriertes (d5)
Toluol schneller umgesetzt wird als perdeuteriertes (d8) Toluol (Abb.1). Die Folge ist eine
deutliche Fraktionierung während des Abbaus von Gemischen, bei denen Toluol mit und
ohne deuterierter Methylgruppe verwendet wurden. Im Gegensatz dazu konnte bei
Abbauversuchen, bei denen ein Toluolgemisch ohne deuterierte Methylgruppe (d5 und dn)
eingesetzt wurde, eine sehr geringe Fraktionierung beobachtet werden. Somit wurde Toluol
d5 und nicht-markiertes Toluol fast gleich schnell umgesetzt. Für die genannten
Abbaureaktionen wurden Fraktionierungsfaktoren berechnet (Meckenstock & Richnow, 2002;
Morasch et al., 2001) (Abb. 1.).
Durch die Verwendung von deuterierten Substraten können über die Anreicherung von
Deuterium in Metaboliten, Methan bzw. Wasser Aussagen über die relevanten Abbauwege
bzw. Ansätze zur Quantifizierung des mikrobiellen Abbaus abgeleitet werden (Reusser et al.,
2002).
Platzhalter Abb.1
Unter der Berücksichtigung der angeführten Forschungsergebnisse wurde ein Konzept für
ein MKTE entwickelt, das den Einsatz deuterierter Substanzen zur Bestimmung des
anaeroben Abbaus und des Transportverhaltens von BTEX-Verbindungen in einem
kontaminierten Aquifer überprüfen sollte. Als Modellsubstanz wurde Toluol als Gemisch aus
d5 und d8 verwendet. Zusätzlich wurden Bromid und Uranin als konservative Tracer
eingesetzt. Das MKTE fand im Bereich des SAFIRA-Standortes Zeitz (SAnierungsForschung
In Regional kontaminierten Aquiferen) statt. Die im Rahmen des Experimentes
durchgeführten Untersuchungen sind Teil des vom Bundesministeriums für Bildung und
Forschung (BMBF) geförderten RETZINA-Projektes (REferenzTestfeld Zeitz zur
Implementierung
des
„Natural-Attenuation“-Ansatzes)
(BMBF
Förderkennzeichen
02WT0041).
2 Material und Methoden
2.1 Standortbeschreibung
Der Untersuchungsstandort befindet sich ca. 8 km nordöstlich der Stadt Zeitz (SachsenAnhalt) im Bereich eines ehemaligen Hydrierwerkes. Hier wurden seit 1938 in
großtechnischen Verfahren Treibstoffe, Schmieröle, Benzol und Paraffine auf der Basis der
Braunkohlehydrierung und Erdöldestillation hergestellt. Durch die fast vollständige
Zerstörung des Werkes während des zweiten Weltkrieges, Havarien, Leckagen sowie
unachtsamen Umgang bei der Ver- und Entladung von Rohstoffen bzw. Produktionsgütern
kam es zu großflächigen Kontaminationen des Grundwassers. Die Hydrogeologie des
Standortes ist in verschiedenen Arbeiten detailliert beschrieben (Fischer et al., 2004; Gödeke
et al., 2004; Vieth et al., 2003; Vieth et al., 2001).
Das MKTE wurde im Bereich des stärker kontaminierten oberen Grundwasserleiters
durchgeführt. Das Hauptschadenszentrum befindet sich in unmittelbarer Nähe des
ehemaligen Benzoltanklagers und der Destillationsanlage. Hier wurden BTEXKonzentrationen von bis zu 1000 mg/l gemessen. Diese relativ hohen Konzentrationen
weisen auf residuale Schadstoffphasen im Zentrum der Kontamination hin, aus denen die
Schadstofffahne gespeist wird. Entlang des nord-nordöstlichen Grundwasserabstroms des
Schadenszentrums hat sich eine ca. 400 m lange BTEX-Fahne ausgebildet (Abb. 2). Anhand
der hydrogeo- und isotopenchemischen Gegebenheiten des Standortes zeigte sich, dass die
mikrobielle Sulfatreduktion der dominierende Abbauprozess im Bereich der Schadstofffahne
ist, während die aerobe Respiration, Nitrat-, Eisen(III)-Reduktion und Methanogenese
offensichtlich nur vernachlässigbare Anteile an der Schadstoffumsetzung haben (Dahmke et
al., 2004; Fischer et al., 2004; Vieth et al., 2003).
Das MKTE wurde im nordöstlichen Randbereich der BTEX-Fahne durchgeführt (Abb. 2). In
dieser Zone sind die Toluolkonzentrationen im Grundwasser <50 µg/l. Im Vergleich dazu
wurden im Schadenszentrum Toluolgehalte >40 mg/l bestimmt. Anhand der
substratspezifischen Isotopenfraktionierung des Toluols entlang des Grundwasserabstroms
der BTEX-Fahne konnte der mikrobielle Toluolabbau nachgewiesen werden (Vieth et al.,
2003).
Für das Wiederfinden der eingespeisten Tracer wurden über einen Zeitraum von ca. 4,5
Monaten an zwei Beobachtungslinien, die ca. 20 und 35 m im Grundwasserabstrom des
Injektionsbrunnen (Saf Zz 8/99) liegen, Proben genommen (Abb. 2). Die Probenahme
erfolgte an unausgebauten Messstellen (in Abb. 1 mit G bezeichnet), die mittels “direct
push“-Verfahren abgeteuft wurden (Dr. Körner Geomonitoring, Deutschland). In die
Bohrlöcher wurden PVC-Rohre eingebracht, an denen in verschiedenen Abständen
Doppelventil-Gasverdrängungspumpen (IMW-Innovative Messtechnik Weiß, Deutschland)
befestigt wurden, so dass eine tiefenorientierte Beprobung durchgeführt werden konnte.
Dabei wurde die untere Beobachtungstiefe einer Messstelle mit P1, die mittlere mit P2 und
die obere mit P3 bezeichnet. Zusätzlich wurde die Tracerausbreitung an ausgebauten
Messstellen (Saf Zz 41/02, 48/02, 18/00) überwacht. Diese wurden wahlweise mit einer
elektrischen Tauchpumpe (MP1, Bjerringbro, Dänemark) oder einem Grundwasserschöpfer
beprobt.
Platzhalter Abb.2
2.2 Tracereinspeisung
Vor der Tracereinspeisung wurden aus der Messstelle Saf Zz 8/99 5 m³ Grundwasser
entnommen und auf drei Tanks mit 1 m³ und einem Tank mit 2 m³ Fassungsvermögen
aufgeteilt (Abb. 3). Die Tanks wurden ab der Befüllung bis zum Abschluss der Einspeisung
mit Argon begast, um eine Lösung von Sauerstoff zu verhindern und das im Wasser gelöste
Toluol zu entfernen. In die Tanks wurden insgesamt 10 kg Kaliumbromid und 100 g Uranin
gegeben. Nachdem nach ungefähr 24 Stunden der Grundwasserspiegel in Messstelle Saf Zz
8/99 auf den gleichen Pegelstand als vor der Grundwasserentnahme gestiegen war, wurden
am 08.05.2003 die Tracer innerhalb von sechs Stunden eingespeist. Aus den Tanks wurde
das Wasser mit einer Saugpumpe (Gardena, Deutschland) über einen Kreislaufstrom in
einer Tiefe von 12,50 m unter der Geländeoberkante (uGOK) eingeleitet (Abb. 3). Der
Kreislaufstrom wurde durch eine elektrische Tauchpumpe (MP1, Bjerringbro, Dänemark)
aufrecht gehalten und diente zur Homogenisierung der eingespeisten Tracer innerhalb der
Messstelle. Bevor das Wasser in den Kreislaufstrom gelangte, wurde das Toluolgemisch
bestehend aus 195 g Toluol d5 (CIL-Cambridge Isotope Laboratories, USA; chemischer
Reinheitsgrad 98 %) und 205 g Toluol d8 (Chemotrade, Deutschland; chemischer
Reinheitsgrad 99 %) mit einer Kolbenpumpe (Ismatec, Kolbenpumpenkopf FMI 365,
Pumpenantrieb MCP-ISM 404, Schweiz) über eine eigens hergestellte Düse in Form sehr
kleiner Tropfen dem Tracerfluss aus den Tanks kontinuierlich zu gegeben. Dadurch sollte die
Bildung von Toluolphasen verhindert und somit eine möglichst homogene Mischung mit dem
Grundwasser erreicht werden.
Um das Fassungsvermögen des Injektionsbrunnens richtig abschätzen zu können, wurde
auf Erfahrungen von Vorversuchen zurückgegriffen. Ohne die Dauer der Tracereingabe zu
stark auszudehnen, wurde eine mittlere Einspeisrate von ca. 0,25 l/s angestrebt. So wurde
mit Hilfe einer Wasseruhr die Rate des eingespeisten Wassers ständig kontrolliert und an
Schiebern, die an verschiedenen Positionen der Apparatur eingebaut waren, eingestellt
(Abb. 3). Dabei wurde die Zugabe des Toluolgemisches über eine Steuereinheit an der
Kolbenpumpe stets an die Einspeisrate des Wassers angepasst.
Platzhalter Abb.3
2.3 Analytik der Tracer
Für die Bestimmung der Uraninkonzentrationen wurden die Proben unmittelbar nach der
Probenahme mittels Fluorimeter (Avantes, Deutschland) und einer Tauchsonde aus
Quarzglas (220-1100 nm, 90°-Messung; Hellma, Deutschland) analysiert. Die Bromid-,
Sulfat- und Nitratkonzentrationen wurden ionenchromatographisch bestimmt. Die für die
Analyse verwendete Geräteeinheit bestand aus einem Ionenchromtographen mit einer AG
11 Vorsäule (4 x 250 mm; Dionex, USA) und einer IonPac AS 11 7 Trennsäule (4 x 50 mm;
Dionex, USA). Dieser war direkt mit einem ASRS-I Anionensuppressor (4mm; Dionex, USA)
und einem CD 20 Leitfähigkeitsdetektor (Dionex, USA) verbunden.
Die Konzentrationsbestimmung von Toluol d5 und d8 erfolgte an einem Gaschromatographen
(GC 6890; Agilent Technologie, USA) gekoppelt mit einem massenselektiven Detektor (MS
5973; Agilent Technologie, USA). Zur Trennung der Analyten diente eine DB 624-Säule
(30m x 0,25 mm ID x 1,4 µm FD; Agilent Technologie, USA).
2.4 Berechnungsmethoden
Für die Charakterisierung des Transportverhaltens eines Stoffes im Grundwasserleiter wird
häufig der Retardationsfaktor r verwendet. Er gibt an, um wieviel sich ein jeweils betrachteter
Stoff gegenüber dem Grundwasser langsamer bewegt. Näherungsweise kann r wie folgt
bestimmt werden:
r≈
va
,
vt
1
wobei va die Abstandsgeschwindigkeit eines konservativen Tracers und vt die
Abstandsgeschwindigkeit des zu untersuchenden Stoffes ist. Die Abstandsgeschwindigkeit
kann für schmale und steile Durchgangskurven durch die Geschwindigkeit, die zum
Zeitpunkt der maximalen Tracerkonzentration eintritt, approximiert werden (Käss, 1992).
Zur Quantifizierung des Touolabbaus auf einer Fließstrecke zwischen Einspeisbrunnen und
des jeweiligen Messpunktes wurden zwei Methoden verwendet. Die erste Methode beruht
auf der Grundlage einer modifizierten Rayleigh-Gleichung (Gl. 2) (Hunkeler, 2002).
Ct 1+ R t
=
C0 1+ R 0
⎛ Rt
⎜⎜
⎝ R0
⎞
⎟⎟
⎠
⎛
⎞
⎜
⎟
⎜ 1 ⎟
⎜1 ⎟
⎜ −1 ⎟
⎝α ⎠
2
Rt und R0 bezeichnen das Konzentrationsverhältnis zwischen Toluol d8 und d5 zu einer
bestimmten Zeit (t) und vor der mikrobiellen Umsetzung (t = 0). Ct und C0 geben die
Toluolkonzentration (d8+d5) zu einer bestimmten Zeit (t) und am Anfang der
Transformationsreaktion (t = 0) an. Der kinetische Isotopenfraktionierungsfaktor α stellt den
Zusammenhang zwischen der Änderung des Konzentrationsverhältnisses (d8/d5) und der
Konzentration (d8+d5) in der residualen Fraktion während des mikrobiellen Abbaus her.
Die Bestimmung des prozentualen biologischen Abbaus für jeden Probenahmezeitpunkt
Bt[%] anhand der Veränderung der Toluolgehalte (d8+d5) ist meist ungeeignet (Teil1 von Gl.
3), weil in einem Aquifer der Konzentrationsrückgang von Toluol (d8+d5) nicht nur auf
Biodegradationsprozesse sonder auch auf abiotische Effekte wie Verdünnung und Sorption
zurückzuführen ist. Mit Hilfe von Gleichung 2 konnte der prozentuale biologische Abbau für
jeden Probenahmezeitpunkt Bt[%] durch die Änderung des Konzentrationsverhältnisses
zwischen Toluol d8 und d5 berechnet werden (Teil2 von Gl. 3). Dieses wird ausschließlich nur
durch die Biodegradation beeinflusst.
⎛
⎜
⎛
Ct ⎞
1+ Rt
⎟⎟ × 100 = ⎜⎜1 −
B t [%] = ⎜⎜1 −
1+ R0
⎝ C0 ⎠
⎜⎜
⎝
⎛ Rt
⎜⎜
⎝ R0
⎞
⎟⎟
⎠
⎛
⎞
⎜
⎟
⎜ 1 ⎟
⎜1 ⎟
⎜ −1 ⎟
⎝α ⎠
⎞
⎟
⎟
⎟ × 100
⎟⎟
⎠
3
Bt[%] wurde genutzt, um theoretische Toluolkonzentrationen Ctheo, die während des
Transports durch den Grundwasserleiter nicht durch mikrobielle Umsetzung beeinflusst sind,
für jeden Probenahmezeitpunkt zu berechnen (Gl. 4).
C theo =
( C d5 + d 8 )
× 100
100 − B t
4
Zur Bestimmung des prozentualen biologischen Abbaus B[%] auf einer Fließstrecke
zwischen Einspeisbrunnen und des jeweiligen Messpunktes wurden die Flächen der realen
Durchbruchskurven aus der Summe Toluol d5 und d8 (Ad5+d8) mit den Flächen der
theoretischen Toluolkonzentrationen (berechnet nach Gl. 4) (Atheo) verglichen (Gl. 5).
⎛A
− A d5 + d8
B[%] = ⎜⎜ theo
A theo
⎝
⎞
⎟⎟ × 100
⎠
5
Für die zweite Methode der Bestimmung des biologischen Abbaus auf einer Fließstrecke
zwischen Einspeisbrunnen und des jeweiligen Messpunktes wurden die Durchbruchskurven
der konservativen Tracer genutzt. Unter der Annahme, dass die konservativen und reaktiven
Tracer ein annähernd gleiches Sorptions- bzw. Verdünnungsverhalten hatten, konnte B[%]
durch die Veränderung des Verhältnisses der eingespeisten Menge eines konservativen
Tracers (mkons) und des deuterierten Toluols (md5+d8) im Vergleich zum Verhältnis der
Durchgangskurvenflächen eines konservativen Tracers (Akons) und des deuterierten Toluols
(Ad5+d8) bestimmt werden (Gl. 6).
B[%] = 100 − 100 ×
A d5+ d8 m kons
×
A kons m d5+ d8
6
3 Resultate und Diskussion
Am Beispiel der Tracerdurchgangskurve des Messpunktes G 182 P2 (Abb. 4) wurden die
Retardationsfaktoren für Toluol d5 und d8 sowie Uranin berechnet (Tab. 1). Dabei wurde
Bromid als konservativer Tracer, der das Transportverhalten des Grundwassers am
genauesten widerspiegelt, verwendet. Anhand der Retardationsfaktoren zeigt sich, dass
Bromid im Vergleich zu Toluol d5 und d8 fast gleichartig retardiert wird. Offensichtlich ist das
Rückhaltevermögen der Aquifermatrix gegenüber Toluol in Zeitz relativ gering. Deshalb
scheint die Sorption als NA-Prozess am Standort Zeitz keine wichtige Rolle zu spielen.
Für Uranin wurde ein deutlich größerer Retardationsfaktor bestimmt. Somit wird Uranin im
Aquifer stärker sorpiert als Bromid bzw. Toluol d5 und d8 und weist demnach ein deutlich
verändertes Transportverhalten auf.
Platzhalter Abb. 4
Platzhalter Tab. 1
Wie am Beispiel des Messpunktes G 182 P2 ersichtlich ist, stieg das
Konzentrationsverhältnis zwischen Toluol d8 und d5 im Verlauf des Tracerdurchganges an
(Abb. 5). Da beide Touolspecies annähernd gleich im Grundwasserleiter retardiert bzw.
verdünnt wurden, ist dieser Anstieg auf die schnellere Biodegradation von Toluol d5
gegenüber Toluol d8 zurückzuführen.
Platzhalter Abb. 5
Nachdem die Konzentrationen der deuterierten Toluolspecies < 5 µg/l waren, konnte in den
jeweilig beprobten Wasserpaketen eine Abnahme des Verhältnisses d8/d5 registriert werden.
Dies deutet darauf hin, dass am Ende des Tracerdurchgangs der Abbau der eingespeisten
Toluols eingeschränkt war. Offensichtlich wurde die mikrobielle Umsetzung durch den
erheblichen Rückgang des Sulfats als relevanter Elektronenakzeptor gehemmt (Abb. 6). In
Wasserpaketen mit einer Sulfatkonzentration von ca. < 20 mg/l sank das Verhältnis von
Toluol d8 zu d5, was auf einen Rückgang der Biodegradation schließen lässt. Eine Limitation
der Sulfatreduktion wurde ebenfalls im Kernbereich von Schadstofffahnen, in dem die
Sulfatkonzentration im Vergleich zum Fahnenrand stark vermindert war, nachgewiesen
(Christensen et al., 2000; Christensen et al., 2001; Cozzarelli et al., 2000). In marinen
Bereichen konnte eine eingeschränkte Sulfatreduktion ab Sulfatkonzentrationen < 20 mg/l
beobachtet werden (Habicht et al., 2002; Whiticar, 1999).
Platzhalter Abb. 6
Mit Hilfe der Veränderung des Konzentrationsverhältnisses von Toluol d8 und d5 konnte
durch Verwendung einer modifizierten Rayleigh-Gleichung der prozentuale biologische
Abbau B[%] über die Fließstrecke zwischen dem Einspeisbrunnen und des jeweiligen
Messpunktes berechnet werden (Kap. 3.4, Gl. 1-5). Um die Anwendbarkeit der Methode zu
überprüfen, wurde am Beispiel von Messpunkt G 182 P2 zusätzlich B[%] mittels der als
konservativ angesehnen Tracer Bromid und Uranin sowie dem quasi-konservativen Toluol d8
bestimmt (Kap. 3.4, Gl. 6). Die Berechnungen auf Grundlage der modifizierten RayleighGleichung und des Bromids ergaben annähernd gleiche Ergebnisse (Abb. 7). Die
prozentuale Biodegradation, welche unter Verwendung von Uranin als konservativer Tracer
bestimmt wurde, war deutlich höher. Dies ist auf das im Vergleich zu den deuterierten
Toluolspecies veränderte Transportverhalten des Uranins zurückzuführen. Der prozentuale
biologische Abbau, der Toluol d8 als konservativen Tracer in die Berechnungen einbezieht,
ist deutlich geringer. Das liegt daran, dass Toluol d8 nicht konservativ ist, sondern auch der
mikrobiellen Umsetzung im Aquifer unterliegt. Die mit dieser Methode berechnete
prozentuale Biodegradation kann somit als Mindestwert des mikrobiellen Toluolabbaus
angesehen werden.
Platzhalter Abb. 7
4 Schlussfolgerung und Ausblick
Durch den Einsatz der Toluolspecies d8 und d5 konnten qualitative und quantitative
Aussagen über den mikrobiellen Toluolabbau am Standort Zeitz abgeleitet werden.
Zusätzlich war es durch die gleichzeitige Einspeisung konservativer Tracer möglich, die
Berechnungsmethode auf Grundlage der modifizierten Rayleigh-Gleichung zu überprüfen
sowie das Transportverhalten der deuterierten Toluolspecies zu untersuchen. Dabei zeigte
sich, dass Uranin aufgrund seines Retardationsverhaltens keine verlässlichen Ergebnisse
bei der Bestimmung der Biodegradation des Toluols lieferte. Somit ist die Wahl geeigneter
konservativer Tracer ein wichtiges Kriterium bei der Durchführung des hier vorgestellten
Konzeptes. Für die Untersuchung des Transportverhaltens eines Schadstoffes sollte neben
den deuterierten Species ein konservativer Tracer eingesetzt werden, der die
Fließbewegung des Grundwassers im Aquifer widerspiegelt. Um die Quantifizierung nach
der “Rayleigh-Methode“ zu überprüfen, sollte ein Tracer gewählt werden, der keinem
mikrobiellen bzw. physikochemischen Abbau unterliegt, aber ein annähernd gleiches
Transportverhalten wie die deuterierten Schadstoffspezies besitzt.
Durch die verlässliche Abschätzung des mikrobiellen Toluolabbaus auf Grundlage der
modifizierten Rayleigh-Gleichung scheint für Tracerexperimente, bei denen der in situSchadstoffabbau im Fordergrund der Untersuchungen steht, der Einsatz der deuterierten
Schadstoffspezies ausreichend zu sein. Für die Abschätzung der prozentualen
Biodegradation anderer Schadstoffe außer Toulol ist es jedoch erforderlich, die
Fraktionierungsfaktoren der verschieden deuterierten Species zu bestimmen.
Anhand der annähernd gleichen Ergebnisse, die unter Verwendung des Bromids als
konservativer Tracer und der modifizierten Rayleigh-Gleichung bestimmt wurden, konnte
gezeigt werden, dass die im Labor bestimmten Fraktionierungsfaktoren für die
Quantifizierung der in situ-Biodegradation in kontaminierten Grundwasserleitern geeignet
waren. Gleiches sollte somit auch für Berechnungen mit Isotopenfraktionierungsfaktoren,
welche bei Laborabbauversuchen mit nicht isotopisch markierten Substraten bestimmt
worden, gelten (Fischer et al., 2004; Griebler et al., 2004; Richnow et al., 2003a; Richnow et
al., 2003b; Vieth et al., 2003; Vieth et al., 2001).
In Zukunft wird überprüft, in wie weit die Anreicherung des Deuteriums in Wasser bzw.
Methan infolge des anaeroben in situ-Abbaus deuterierter Schadstoffe zur Quantifizierung
der Biodegradation geeignet ist. Außerdem wird versucht, durch den Nachweis von
deuterierten Metaboliten Aussagen über die Abbauwege der Schadstoffe im Aquifer
abzuleiten.
5 Danksagung
Diese Arbeit wäre ohne die Unterstützung und Zusammenarbeit der RETZINA-Projektpartner
nicht denkbar gewesen. Dafür möchten wir besonders Prof. Georg Teutsch und dessen
Mitarbeitern danken. Für die technische Assistenz bei den Feldarbeiten und die
Durchführung von chemischen Analysen gilt unser Dank Claudia Eckerl, Werner Kletsander,
den Mitarbeitern der GFE-Consult GmbH, Dörthe von Seggern und Dr. Jürgen Mattusch.
Weiterhin möchten wir uns bei Stefan Gödeke für seine Hilfestellungen besonders bei
Fragen zur Hydrogeologie des Standortes bedanken. Diese Arbeit wurde durch das BMBF
unterstützt (BMBF Förderkennzeichen 02WT0041). Zusätzliche Mittel wurden durch das UFZ
im Rahmen des Forschungsschwerpunkts SAFIRA zur Verfügung gestellt.
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Anschrift der Autoren
A. Fischer, J. Bauer, M. Kästner, H.-H. Richnow
UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH
Department Bioremediation
Permoserstr. 15, 04318 Leipzig
H. Weiß
UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH
Department Grundwassersanierung
Permoserstr. 15, 04318 Leipzig
M. Schirmer
UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH
Department Hydrogeologie
Theodor-Lieser-Str. 4, 06120 Halle (Saale)
M. Dietze
Universität Tübingen
Zentrum für Angewandte Geowissenschaften
Sigwartstr. 10, 72076 Tübingen
R. U. Meckenstock
GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit GmbH
Institut für Grundwasserökologie
Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Retardationsfaktoren für Toluol d5 und d8 sowie Uranin an dem Messpunkt G 182
P2. Als konservativer Tracer wurde für die Berechnungen Bromid verwendet.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Strukturformel deuterierter Toluolspecies und Fraktionierungsfaktoren des
Abbaus von Gemischen aus verschieden deuterierten Toluolspecies durch zwei
sulfatreduzierende Bakterienstämme (Meckenstock & Richnow, 2002; Morasch et al., 2001)
Abbildung 2: Lageplan der Grundwassermessstellen des Standortes Zeitz mit der BTEXSchadstofffahne (Konzentrationen in mg/l aus der Messkampagne Dez. 2002). Als Pfeil ist
die Hauptgrundwasserfließrichtung angegeben.
Abbildung 3: Schematischer Aufbau der Einspeisapparatur
Abbildung 4: Durchgangskurven der eingespeisten Tracer am Messpunkt G 182 P2
Abbildung 5: Änderung des Konzentrationsverhältnisses zwischen Toluol d8 und Toluol d5
während des Tracerdurchgangs am Messpunkt G182 P2
Abbildung 6: Änderung der Sulfatkonzentrationen während des Tracerdurchgangs am
Messpunkt G182 P2
Abbildung 7: Prozentualer biologischer Abbau
Einspeisbrunnen Saf Zz 8/99 und Messpunkt G182 P2
auf
der
Fließstrecke
zwischen
Tabelle 1
Messstelle
G 182 P2
Entfernung vom
Einspeisbrunnen
[m]
Entnahmetiefe
[m HN]
35,08
135,90
Retardationsfaktor r
Bromid
Toluol d5
Toluol d8
Uranin
1
1,01
1,05
1,26
Abbildung 1
H
H
D
H C H
H C H
D C D
H
H
D
D
D
D
H
H
D
D
D
D
H
D
D
Toluol dn
Toluol d5
Toluol d8
Fraktionierungsfaktor α
Toluolgemisch
Desulfobacterium
cetonicum
TRM 1
d8-dn
3,244
3,276
d8-d5
2,058
2,070
d5-dn
1,009
1,014
Abbildung 2
900
850
800
750
700
SafZz18/00
G181
G182 G183 G184
SafZz48/02
G4
650
G444
G466
G5
G483
SafZz41/02
600
550
500
450
400
10 m
SafZz8/99
350
300
250
200
150
100
50
0
N-NO
100 m
Abbildung 3
A
r
g
o
n
Tank 4
Tank 2
Tank 3
Saugpum pe
Schieber
Kolbenpum pe
Toluol
W asseruhr
Schieber
MP 1
Schieber
Pegel
Tank 1
2000
200
1800
180
1600
160
1400
140
1200
120
1000
100
800
80
600
60
400
40
200
20
0
0
20
40
60
80
Zeit [d]
100
120
0
140
Konzentration Bromid [mg/L]
Konzentration Uranin, Toluol [µg/L]
Abbildung 4
Uranin
Toluol-d8
Toluol-d5
Bromid
Konzentrationsverhältnis zwischen
Toluol d8 und d5
Abbildung 5
12
10
8
6
4
2
0
0
20
40
60
80
Zeit [d]
100
120
140
Abbildung 6
450
Sulfatkonzentration [mg/l]
400
350
300
250
200
150
100
50
0
0
20
40
60
80
Zeit [d]
100
120
140
Prozentualer biologischer Abbau [%]
Abbildung 7
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Toluol-d8
Bromid
Rayleigh
Uranin
Übersichtsbeiträge
6. SETAC-Tagung
Übersichtsbeiträge
Passivsammler für die zeitintegrierte chemische und toxikologische Überwachung
des Schadstoffgehaltes in Grund- und Oberflächenwasser
Stephanie K. Bopp und Kristin Schirmer
Nachwuchsgruppe Molekulare Tierzelltoxikologie, UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH,
Permoserstr. 15, D-04318 Leipzig
_________________
Korrespondenzautorin: Dr. Kristin Schirmer; e-mail: kristin.schirmer@uoe.ufz.de
DOI: http://dx.doi.org/10.1065/uwsf2002.02.004
Abstract. Passive Samplers for the Time-Integrated Monitoring of Contaminants in Groundwater and Surface Water
Zusammenfassung. Die Verfügbarkeit von qualitativ hochwer-
tigem Wasser ist ein wichtiger Aspekt für den Schutz der belebten Umwelt und der Lebensqualität des Menschen. Bei der Überwachung der Qualität von Grund- und Oberflächenwasser
kommt der Probennahme eine entscheidende Rolle zu. Dabei
ist die zeitintegrierte Anreicherung von Schadstoffen in der
Umwelt mittels passiver Probennehmer eine attraktive Alternative zur konventionellen Stichprobennahme. Durch eine in
situ Aufkonzentrierung ermöglichen passive Probennehmer das
Erfassen auch gering konzentrierter Kontaminanten bei gleichzeitiger Reduzierung von Kosten und Aufwand für eine kontinuierliche Überwachung. Man erhält Informationen über den
gesamten Beprobungszeitraum und vermeidet Transport und
Lagerung großer Probenvolumina. Matrixeffekte werden durch
die selektive Anreicherung verringert.
Verschiedene Passivsammler werden bisher zur Beprobung im
aquatischen Bereich eingesetzt. Anfangs wurden wassergefüllte
Dialyse-Schläuche verwendet, um Spurenelemente zu bestimmen. Später wurden Lösemittel-gefüllte Sammler und Trioleingefüllte 'Semipermeable Membrane Devices' (SPMDs) eingesetzt. In neueren Entwicklungen werden als Sammler-Phase
sorptive Festphasen verwendet. Beispiele hierzu sind die 'Solid
Phase Microextraction' (SPME) und das 'Membrane Enclosed
Sorptive Coating' System (MESCO). Neben der Miniaturisierung haben diese beiden Probennehmer den Vorteil, dass sie
thermodesorbierbar sind und somit ohne den Einsatz von Lösemitteln chemisch analysiert werden können.
Gegenwärtig werden die gewonnenen Proben vom Probennehmer mittels Lösemitteln extrahiert oder thermodesorbiert
und meist chemisch analysiert. Im Sinne einer kombinierten
chemisch-biologischen Analyse wäre es jedoch wünschenswert,
die passive Probennahme auch direkt mit toxikologischen
Bewertungsverfahren zu verknüpfen. Es ist deshalb unser Ziel,
einen passiven Probennehmer so zu konstruieren, dass die gesammelten Proben direkt, das heißt ohne Extraktion, in toxikologischen Tests untersucht werden können, wobei der Sammler als Expositionskammer dient. Das dem zu Grunde liegende
Prinzip ist die Remobilisierung oder die direkte Verfügbarkeit
adsorbierter Kontaminanten für die biologischen Testsysteme.
Schlagwörter: Dosimeter; Grundwasser; Monitoring, chemi-
sches; Monitoring, toxikologisches; Oberflächenwasser; Passivsammler
The availability of high-quality water plays a pivotal role for
the protection of the ecosystem and the quality of human life.
An important step in assessing ground and surface water quality
is sampling. The time-integrated accumulation of environmental
contaminants by passive sampling is an attractive alternative
to conventional snap-shot sampling. The in situ accumulation
during passive sampling allows the detection of even lowconcentrated contaminants and reduces cost and time for
continuous monitoring. Passive sampling provides information
on the whole sampling period and avoids the transport and
storage of large sample volumes. Matrix effects are reduced
due to the selective enrichment.
Various passive samplers have been developed for sampling in
aqueous media. Early developments used water filled dialysis
tubes for the sampling of trace elements. Later on, solvent filled
devices and triolein-filled semipermeable membrane devices
(SPMDs) were deployed. More recent developments use a solid
rather than a liquid sorbent as the receiving phase. Examples
of this are the solid phase microextraction (SPME) and the
membrane enclosed sorptive coating (MESCO). In addition to
comprising miniature devices, SPMEs as well as MESCO are
thermodesorbable and, as such, no longer require solvent
extraction.
Conventionally the sampled contaminants are removed from
the passive sampling devices by solvent extraction or
thermodesorption in order to be analyzed chemically. For an
in-depth analysis of sampled analytes, however, it would be
advantageous to modify passive sampling such that sampled
contaminants can also be analyzed biologically. Thus, it is our
goal to construct a passive sampling device that serves both as
a sampling device as well as an exposure chamber for toxicity
testing. The principle underlying this technology is the
bioavailability of sorbed contaminants, thereby eliminating the
need for solvent extraction.
Keywords: Dosimeter; groundwater; monitoring, chemical;
monitoring, toxicological; passive sampler; surface water
Abkürzungen /Abbreviations:
MESCO: Membrane Enclosed Sorptive Coating
POCIS:
Polar Organic Chemical Integrative Sampler
SPMD:
Semipermeable Membrane Devices
SPME:
Solid Phase Microextraction
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 14 (1) 45 – 51 (2002)
© ecomed verlagsgesellschaft AG & Co. KG, D-86899 Landsberg und Ft. Worth/TX, USA • Tokyo, Japan • Mumbai, India • Seoul, Korea
45
6. SETAC-Tagung
Einleitung
Wenn Grund- und Oberflächenwasser mit Schadstoffen verunreinigt sind, dann ist dies eine potenzielle Gefahr für die
belebte Umwelt und die Lebensqualität des Menschen. Dabei stellen menschliche Ballungsräume besonders empfindliche Strukturen dar. Einerseits wird das Wasser in Ballungsräumen und deren Einzugsgebieten besonders intensiv zu
industriellen Prozessen, zur menschlichen Erholung und zur
Trinkwasseraufbereitung genutzt. Andererseits führt die intensive Nutzung des Landes zu zahlreichen Schadstoffeinträgen in das Wasser. Ein Beispiel dafür ist das Eindringen
von Kraftstoffen in das Grundwasser durch undichte
Kraftstofflagertanks von Tankstellen. Auch in Deutschland
sind eine Vielzahl solcher Fälle dokumentiert (Effenberger
et al. 2001). Das Problem der Verunreinigung von Wasserressourcen in Ballungsräumen ist von besonderer Bedeutung,
da immer größere Teile der Bevölkerung in urban geprägten
Landschaften wohnen. Damit kommt einer kostengünstigen,
kontinuierlichen Überwachung der Qualität von Grund- und
Oberflächenwasser eine stetig wachsende Bedeutung zu. Eine
relativ neue Technologie, die Passivsammlertechnologie, ist
dabei eine attraktive Alternative zur Stichprobennahme.
Die Passivsammlertechnologie, auf deren Basis über die letzten Jahre eine Reihe von technischen Probennehmern entwickelt wurde, beruht auf der Anreicherung von Schadstoffen über einen Diffusionsgradienten an ausgewählte Sorbentien mit anschließender zumeist chemischer Analyse. Je nach
Kapazität der Sorbentien kann man die Probennehmer als
Equilibrium-Sammler oder Nicht-Equilibrium-Sammler einsetzen. Die Equilibrium-Sammler haben eine vergleichsweise geringe Adsorptionskapazität. In wenigen Minuten oder
Stunden stellt sich ein Gleichgewicht der Schadstoffkonzentrationen zwischen Probennehmer und umgebendem
Wasser ein; eine weitere Anreicherung von Schadstoffen kann
danach nicht mehr erfolgen. Die Nicht-Equilibrium-Sammler zeichnen sich durch eine hohe Sorptionskapazität aus.
Dadurch wird eine kontinuierliche Anreicherung von Schadstoffen über Wochen und Monate ohne Gleichgewichtseinstellung, und damit eine zeitintegrierte Probennahme, ermöglicht. Sowohl Equilibrium- als auch Nicht-Equilibrium
Sammler helfen einige Probleme der Stichprobennahme zu
vermeiden. Der Transport großer Probenvolumina ist nicht
länger notwendig. Matrixeffekte können durch die selektive
Anreicherung verringert werden. Schließlich wird das Risiko des Abbaus labiler Analyten während des Probentransportes oder der Lagerung minimiert. Im Gegensatz zu Equilibrium-Sammlern helfen Nicht-Equilibrium-Sammler darüber hinaus, den Arbeits- und Messaufwand gegenüber der
Stichprobennahme um ein Vielfaches zu reduzieren und
gleichzeitig den Informationsgehalt zu erhöhen. Dies resultiert daraus, dass die Sammler nach ihrer Installation am
Probennahmestandort nur am Ende des Untersuchungszeitraumes zurück ins Labor transportiert und chemisch
analysiert werden müssen, wobei, unter Zuhilfenahme der
Fickschen Diffusionsgesetze, Aussagen über durchschnittlich
vorhandene Schadstoffkonzentrationen für den gesamten
Probennahmezeitraum getroffen werden können.
46
Übersichtsbeiträge
Wegen ihrer Vorteile gegenüber der heute im allgemeinen
praktizierten Stichprobennahme dürfte der Passivsammlertechnologie für zukünftige, langfristige Überwachungsprogramme eine wachsende Bedeutung zukommen. Vor diesem Hintergrund geben wir in diesem Artikel zunächst einen kurzen Überblick über gegenwärtig existierende Passivsammler für chemische Schadstoffanalysen. Im zweiten Teil
des Artikels gehen wir auf ein Defizit gegenwärtiger Passivsammler, den meist fehlenden Bezug zu toxikologischen
Schadstoffanalysen, ein. Eine Verknüpfung von passiver Probennahme mit toxikologischer Schadstoffanalyse zu ermöglichen, ist eines der Ziele unserer gegenwärtigen Arbeiten.
1
Überblick über Passivsammler für die chemische
Analyse
1.1 Wassergefüllte Passivsammler
Die ersten technischen Passivsammler waren wassergefüllte
Dialyse-Schläuche, die innerhalb relativ kurzer Zeit ein
Gleichgewicht mit dem umgebenden wässrigen Medium einstellen. Sie wurden hauptsächlich zur Bestimmung von Spurenelementen, wie z.B. Natrium- und Magnesiumionen, in
Flüssen (Benes und Steinnes 1974), Seen (Mayer 1976) und
Porenwasser in Sedimenten (Hesslein 1976) eingesetzt.
Mayer (1976) und Hesslein (1976) entwickelten bereits
Sammler, die eine kleinskalige, tiefenorientierte Probennahme
ermöglichten, indem verschiedene Sammlerkammern vertikal voneinander abgetrennt wurden. Die wassergefüllten
Sammler können auch für die Probennahme organischer Stoffe verwendet werden, haben aber den Nachteil, dass die Substanzen nicht aufkonzentriert werden. Sie helfen jedoch
Matrixeffekte zu reduzieren. Wassergefüllte Sammler werden im Grundwasser erfolgreich zur Beprobung flüchtiger
organischer Verbindungen eingesetzt, die sich bei der konventionellen Probennahme, bei der das Wasser abgepumpt
wird, verflüchtigen und damit nicht erfasst würden (NAVFAC
2000). Puls und Paul (1997) verglichen verschiedene Methoden der Grundwasserbeprobung und setzten dabei unter anderem das DMLS-System (diffusion multi layer sampler) ein,
das aus mehreren wassergefüllten Kammern besteht, die
tiefenorientiert voneinander abgetrennt sind. Sie konnten mit
dem DMLS-System wesentlich genauer die Ausdehnung der
Schadstofffahnen und Konzentrationsgradienten an einem
mit Chrom belasteten Standort bestimmen, als mit konventionellen Probennahmemethoden.
1.2
Lösemittelgefüllte Passivsammler
Für die Bestimmung des leicht bioverfügbaren, frei gelösten
Anteils an hydrophoben Schadstoffen werden häufig lösemittelgefüllte Passivsammler eingesetzt, die erstmals von
Södergren (1987) beschrieben wurden. Sie imitieren mit der
Aufnahme der Substanzen über eine Membran und der Anreicherung im Lösemittel die Biokonzentration im Fettgewebe von Organismen (Södergren 1990, Burmaster et al.
1991). Eine Reihe von Lösemitteln kam dabei bisher zum
Einsatz. Dazu gehören Hexan, Cyclohexan und iso-Oktan.
Je nach eingesetztem Lösemittelvolumen erfolgt eine Anrei-
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 14 (1) 2002
Übersichtsbeiträge
cherung über Zeiträume von mehreren Wochen, so dass
zeitgemittelte Werte bestimmt werden können. Zudem haben lösemittelgefüllte Sammler den Vorteil, dass sie einer
chemischen Analyse leicht zugänglich sind. Nach der
Exposition kann das mit Schadstoffen angereicherte Lösemittel direkt, z.B. gaschromatographisch, analysiert werden.
Während der Exposition lösemittelgefüllter Sammler diffundiert ein gewisser Anteil des Lösemittels durch die Membran nach außen (Litten et al. 1993). Die Entstehung von
Biofilmen, die bei langen Probennahmezeiträumen die
Aufnahmekinetik von Sammlern beeinflussen können, wird
durch das austretende Lösemittel verhindert. Je nach verwendetem Membran-Material kann der Verlust an Lösemittel
jedoch auch so hoch werden, dass keine quantitativen Aussagen über Schadstoffkonzentrationen mehr getroffen werden können (Sabaliunas und Södergren 1996, Litten et al.
1993, Zabik et al. 1992, Burmaster et al. 1991). PolyethylenMembranen neigen zu starken Lösemittel-Verlusten, wohingegen bei Zellulose nur geringe Abnahmen festzustellen sind
(Sabaliunas und Södergren 1996). Durch die Wahl geeigneter Lösemittel kann der Verlust über Polyethylen-Membranen reduziert werden (Peterson et al. 1995).
1.3 Semipermeable Membrane Devices (SPMDs)
SPMDs wurden von Huckins et al. (1990) entwickelt. Sie
bestehen aus einer Membran aus Polyethylen (LDPE), die
mit Triolein gefüllt ist, einem Lipid, das den größten Massenanteil an neutralen Lipiden in Süßwasserfischen ausmacht.
Sie werden deshalb oft mit dem Modellorganismus Fisch
verglichen, da es sich um ähnliche Mechanismen der Aufnahme handelt: den Durchtritt über eine Diffusionsbarriere
in einen Lipidpool.
Die Anreicherungsraten der SPMDs sind wesentlich höher
als in lösemittelgefüllten Sammlern, da das Verhältnis von
Oberfläche zu Lipid-Volumen durch den flachen, mit einem
dünnen Trioleinfilm befüllten, Schlauch optimiert ist. Durch
das hohe Anreicherungsvermögen muss besonders bei den
SPMDs darauf geachtet werden, dass Kontaminationen aus
der Luft, die vor der eigentlichen Exposition leicht aufgenommen werden, die eigentlichen Expositionsergebnisse
nicht verfälschen (Petty et al. 2000a). Um die Sammler vor
mechanischer Beschädigung zu schützen werden sie in Schutzkäfigen aus Edelstahl exponiert. Diese Käfige können gleichzeitig Schwankungen in den hydrodynamischen Anströmungsverhältnissen verringern, was wünschenswert ist, solange ein ausreichender Fluss gewährleistet bleibt (Petty et
al. 2000a).
Nach einer bestimmten Expositionszeit werden die angereicherten Substanzen aus den SPMDs durch Dialyse gewonnen, der Extrakt aufgereinigt und analysiert. Über im Labor
bestimmte Aufnahmeraten können dann die zeitgemittelten
Konzentrationen des beprobten Mediums berechnet werden.
Da die Aufnahmeraten jedoch unter anderem durch die Temperatur, den Aufwuchs auf der Membran und die hydrodynamischen Bedingungen beeinflusst werden können, müssen Korrekturfaktoren bestimmt werden (Vrana und Schüür-
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 14 (1) 2002
6. SETAC-Tagung
mann 2001). Obwohl der Einfluss externer Faktoren auf
die Aufnahmeraten nicht nur den SPMDs zu eigen sein dürfte,
so scheint dieses Problem aufgrund der sehr hohen Sammelraten bei den SPMDs besonders stark ausgeprägt zu sein.
In neueren Studien werden deshalb so genannte Permeability/
Performance Reference Compounds (PRCs) eingesetzt. Es
handelt sich dabei um Substanzen, die den chemisch-physikalischen Eigenschaften der Zielanalyten sehr ähnlich sind.
Diese Referenzsubstanzen werden vor der Probennahme in
das Triolein gegeben. Über die Verlustraten der Referenzsubstanzen können im Anschluss an die Probennahme die
tatsächlich aufgetretenen in situ Aufnahmeraten berechnet
werden (Petty et al. 2000a, Huckins et al. 2000).
In verschiedenen Studien wurden als Sammler 'leere' SPMDs
ohne Triolein verwendet (Lefkovitz und Crecelius 1996, Booij
et al. 1998). Die Ergebnisse im Vergleich von 'gefüllten' und
'leeren' SPMDs sind relativ ähnlich, wenn für die Quantifizierung bei den 'leeren' SPMDs Polyethylen-Wasser-Verteilungskoeffizienten herangezogen werden. Die Aufarbeitung
zur chemischen Analyse wird bei 'leeren' SPMDs stark erleichtert. Jedoch sind sie anfälliger gegenüber der Bildung
von Biofilmen, die Anwendung von PRCs wird erschwert
und die Aufnahme in die leere Membran unterliegt aufgrund
von Variationen in den Materialeigenschaften der Membranen größeren Schwankungen.
1.4 Festphasen-Sammler
Andere Passivprobennehmer reichern Kontaminanten an,
indem sie die Substanzen an ein festes Sorbens binden. Diese Sorbentien haben meist hohe Aufnahmekapazitäten, so
dass die Probennehmer auch über einen Zeitraum von mehreren Wochen als integrative Sammler eingesetzt werden
können.
1.4.1
Dosimeter (Aktivkohlesammler)
DiGiano et al. (1988) entwickelten zunächst einen Passivsammler, der mit Aktivkohle gefüllt war. Die Aufnahme der
Analyten wurde über eine Lochplatte definierter Dicke geregelt, die den Diffusionsweg bestimmte. Durch die Dicke
der Lochplatte, d.h. den langen Diffusionsweg, waren die
Aufnahmeraten jedoch zu niedrig, um in einer überschaubaren Zeit messbare Konzentrationen der Analyten zu sammeln. Sie kamen zu dem Schluss, dass der Sammler prinzipiell geeignet ist, aber durch den Einsatz einer Membran verbessert werden könnte.
1.4.2
Festbett-Sammler von Kingston et al. und POCIS (Polar
Organic Chemical Integrative Sampler)
Ähnliche Sammlertypen mit einem Adsorberbett, das von
einer Membran überdeckt wird, wurden von Kingston et al.
(2000) und von Alvarez et al. (1999) entwickelt. Kingston
et al. (2000) verwenden einen Körper aus Teflon, der eine
C18 Empore Disk enthält. Der Sammler kann mit verschiedenen Membranen verschlossen werden. So kann ein Sammler mit einer Polyethylen Membran für lipophilere Substanzen oder ein Sammler mit einer Polysulfon Membran für
47
6. SETAC-Tagung
hydrophilere Stoffe eingesetzt werden. Der POCIS Sammler
von Alvarez et al. (1999) wurde speziell für polarere Stoffe
entwickelt und nutzt dafür ein Gemisch verschiedener Sorbentien, welche in einer Polyethersulfon-Membran eingeschlossen sind.
1.4.3
Keramik-Dosimeter
Grathwohl (1999) entwarf das Keramik-Dosimeter, das aus
einem Keramikröhrchen besteht, welches verschiedene
Sorbentien beinhalten kann. Der Vorteil des Dosimeters ist
das inerte Keramik-Material, in dem sich die gesammelten
Substanzen nicht anreichern, was bei anderen Sammlern oft
ein Problem darstellt. So entstehen keine großen Verzögerungen beim Transfer der Stoffe durch die Membran in das
Sorbens und keine Verluste der Stoffe in der Membran, die
nicht mit extrahiert bzw. analysiert wird.
1.4.4
Gore-Sorber
Ein weiteres Modell stellt der Gore-Sorber dar, der zur
Probennahme von Bodenluft und Grundwasser entwickelt
wurde. Er besteht aus Sorbens-Kapseln, die in eine Membran aus Gore-Tex eingeschlossen sind. Der Sammler eignet sich speziell zur Probennahme flüchtiger und halbflüchtiger organischer Verbindungen, welche die gasdurchlässige Gore-Tex-Membran durchdringen können. Nach der
Exposition können die Sorbens-Kapseln thermodesorbiert
und analysiert werden (Sorge et al. 1994, Einfeld und Koglin
2000).
1.4.5
MESCO (Membrane Enclosed Sorptive Coating)
Eine miniaturisierte Neuentwicklung stellt das MESCO-System von Vrana et al. (2001) dar. In einer Membran wird
ein thermodesorbierbares Sorbens eingeschlossen. Der Prototyp besteht aus einem Polydimethylsiloxan (PDMS) ummanteltem Glasstäbchen in einer Zellulose-Dialyse-Membran, die mit Wasser gefüllt ist (Vrana et al. 2001). Nach der
Exposition kann das beschichtete Glasstäbchen aus der
Membran genommen und thermodesorbiert werden.
1.4.7
SPME (Solid Phase Microextraction)
SPME wurde zunächst als unkomplizierte miniaturisierte
Methode zur lösemittelfreien Probenvorbereitung entwickelt
(Arthur und Pawliszyn 1990). Es handelt sich hierbei um
eine an eine Spritze gekoppelte Faser, die mit sorptivem
Material beschichtet ist. Die Faser wird aus der Spritze her-
48
ausgeschoben und gegenüber der Probe exponiert. Anschließend kann die Faser mit der Spritze direkt in ein Analysengerät injiziert und thermodesorbiert (Gaschromatograph)
(Pawliszyn 1997) oder extrahiert (HPLC) (Negrão und
Alpendurada 2001) werden. Die SPME-Methode wurde zur
Feldprobennahme weiterentwickelt. Der entscheidende
Schritt dabei ist die Versiegelung der Spritze vor und nach
der Probennahme, um Kontaminationen von außen und
Verlust der gesammelten Substanzen zu verhindern (Müller
et al. 1999). Eine Teflon-Kappe erwies sich als gut geeignet.
Nilsson et al. (1998) verwendeten SPME zur passiven
Beprobung von Grundwasser. Aufgrund der geringen Menge an Sorbens wird SPME bisher als Equilibrium-Sammler
eingesetzt und nicht zur Ermittlung zeitintegrierter Schadstoff-Konzentrationen in Wasser verwendet.
1.4.8
Diffusion Gradient in Thin Films (DGT-Sammler)
Um Metalle in wässrigem Medium zu bestimmen, wurde
von Davison und Zhang (1994) ein neues Verfahren entwikkelt. Es beruht darauf, dass die Substanzen zunächst durch
ein Polyacrylamid-Gel diffundieren und in einer dahinter liegenden weiteren Gel-Schicht, in der Ionenaustauscher-Harze oder organische Sorbentien eingelagert sind, festgelegt
werden. Das Gel, das zu 95% aus Wasser besteht, definiert
über seine Dicke (in der Regel < 1 mm) genau den Diffusionsweg. Das ermöglicht die Berechnung der zeitgemittelten
Konzentrationen über die Fick’schen Diffusionsgesetze. DGTSammler werden bisher hauptsächlich für Metalle verwendet, können aber prinzipiell auch für organische Substanzen
eingesetzt werden.
Gaiasafe-Passivsammler
Der Gaiasafe-Passivsammler von Haas und Oeste (2001)
besteht aus Papierstreifen oder auch Holzwolle oder Textilien als Trägermaterialien, die mit verschiedenen Chemikalien imprägniert sind, um spezifisch bestimmte Substanzgruppen zu binden. Die Fasern werden in Netzbeuteln exponiert. Die Gaiasafe-Sammler haben den Vorteil der sehr
spezifischen Akkumulation und des geringen Gewichts, so
dass sie leicht transportiert oder verschickt werden können.
1.4.6
Übersichtsbeiträge
2
Verknüpfung von passiver Probennahme und
toxikologischer Analyse
Die Vorteile der passiven Wasserprobennahme mit einer
hochwertigen quantitativ-chemischen Analyse der gesammelten Umweltschadstoffe zu verbinden, stand bisher im Mittelpunkt aller technischen Entwicklungen von Passivsammlern. Dies wird auch durch die Bemühungen deutlich,
die Probennehmer möglichst direkt, das heißt ohne Lösemittelextraktion, mit der chemischen Analyse zu verknüpfen, wie das im Falle der thermodesorbierbaren Passivsammler praktiziert wird. Jedoch besteht bei der Fokussierung
auf chemische Analysen allein die Gefahr, dass toxikologisch
relevante Schadstoffe oder Schadstoffklassen nicht aufgespürt
und überwacht werden. Bei der Kontrolle von Schadstoffbelastungen in Grund- und Oberflächenwasser mittels konventioneller Stichprobennahme hat dieses Defizit zu der
Empfehlung geführt, gleichberechtigt zu den chemisch-analytischen Untersuchungen toxikologische Tests vorzunehmen
(Helma et al. 1998). Bei den toxikologischen Tests handelt
es sich dabei meist um miniaturisierte Testsysteme zur Ermittlung des gentoxischen oder ökotoxikologischen Potentials der Wasserproben mittels Bakterien, Wasserflöhen, Algen oder in vitro Zellkulturen (z.B. Baun et al. 2000, Helma
et al. 1998, Schirmer et al. 2001a). Tatsächlich belegen diese und eine Reihe anderer Studien, dass es häufig nicht oder
nur teilweise möglich ist, anhand von chemischen Analysen
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 14 (1) 2002
Übersichtsbeiträge
allein die wirklich auftretenden toxikologischen Effekte vorauszusagen. Es ist vielmehr die Kombination von biologischer Testung, Fraktionierung und chemischer Analyse, welche eine gezielte Identifizierung toxikologisch relevanter Umweltschadstoffe erlaubt (Brack et al. 1999, Schirmer et al.
1999, Schirmer et al. 2001b, Snyder et al. 2001). Es wäre
deshalb ein wesentlicher Fortschritt für die Passivsammlertechnologie wenn es gelänge, die gesammelten Proben, neben der chemischen Analyse, auch der toxikologischen Testung zugänglich zu machen. Von Vorteil dürfte dabei sein,
dass durch die selektive Anreicherung von Umweltschadstoffen in Abhängigkeit der in den Passivsammlern eingesetzten Materialien (Membranen und Sorbentien) bereits
während der Probennahme eine erste Fraktionierung erfolgt
(Davison et al. 2000).
Die größere Nutzbarkeit und Einsatzbreite, welche der
Passivsammlertechnologie durch eine Verknüpfung von chemischer und toxikologischer Analyse zukommen würde, wird
bereits durch einige Studien belegt. Allerdings beschränken
sich bisherige Versuche zur chemisch-toxikologischen Analyse passiv angereicherter Umweltschadstoffe auf Lösemittelextrakte aus SPMDs (Petty et al. 2000b). So ermittelten
Parrott et al. (1999) eine enge Korrelation der Phenanthren/
Anthracen Fraktion von SPMD Extrakten aus Ölraffinerieausläufen und der Induktion des Cytochromes P4501A in
Fischleberzellen. Whyte et al. (2000) nutzten SPMD Extrakte
und eine Kombination von chemischer und biologischer
Analyse um nachzuweisen, dass Regenbogenforellen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen ausgesetzt
waren; ein Nachweis, der durch chemische Analyse von
Gewebeextrakten exponierter Fische nicht hätte erbracht
werden können. Jedoch ist die Gewinnung und Anwendung
von SPMD Extrakten für biologische Analysen mit einigen
Problemen behaftet. Die Extraktion des Triolein ist nicht
nur sehr aufwendig und verbraucht große Mengen an Lösemitteln, es besteht auch die Gefahr der Aufkonzentrierung
von Oleinsäure, die aus einer Verunreinigung des Trioleins
gebildet werden kann. Oleinsäure wirkt z.B. im Leuchtbakterientest toxisch (Sabaliunas et al. 1999).
3
Gegenwärtige Entwicklungen zum chemischtoxikologischen Langzeitmonitoring
Eine attraktive Alternative zu bisherigen Versuchen die passive Probennahme mit toxikologischen Analysen zu verknüpfen, ist die Nutzung von Festphasenadsorbermaterialien als
Reservoir für die gesammelten Schadstoffe. Mayer et al.
(1999) beluden C18 Empore Scheiben (Octadecyl-Silikat)
mit halogenierten, organischen Substanzen, indem sie diese
in organischen Lösemitteln auf die Scheiben aufbrachten und
das Lösemittel verdampfen ließen. Brown et al. (2001) nutzten eine ähnliche Vorgehensweise um schadstoffbeladene
Silikonfilme herzustellen. Das Ziel beider Arbeiten war es,
in toxikologischen Untersuchungen mit Algen bzw.
Leuchtbakterien konstante, durch einen Gradienten erzeugte, Konzentrationen der Schadstoffe in der wässrigen Phase
zu erzeugen. Obwohl diese Arbeiten nicht im Zusammenhang mit passiver Probennahme standen zeigen sie, dass in
UWSF – Z Umweltchem Ökotox 14 (1) 2002
6. SETAC-Tagung
Abb. 1: Fähigkeit von adsorbiertem Fluoranthen, in darauf anheftenden
Fischzellen Phototoxizität hervorzurufen. Das Fluoranthen wurde zunächst
an die Polystyroloberfläche einer 48-well Zellkulturplatte adsorbiert indem
2,5 µL Stammlösung in DMSO zu 500 µL sterilem Wasser pro Well gegeben wurden (nominale Konzentration). Die Platte wurde für 24 h im Dunkeln inkubiert, in welcher Zeit ca. 70–80% des Fluoranthen an die
Zellkulturoberfläche binden (Schirmer et al. 1997). Nach dieser Adsorptionsphase wurde das Wasser entfernt und jedes Well mit 50.000 RTVEE Zellen in L-15 Medium mit 10% Serum befüllt. Nach dem Anheften der Zellen
auf der mit Fluoranthen beschichteten Wachstumsoberfläche für 24 h wurde
das L-15 Medium mit dem Expositionsmedium L-15/ex ersetzt und die
Zellen für 2 h mit UV-B bestrahlt. Die gemessene Abnahme der Fluoreszenz des Indikatorfarbstoffes AlamarBlue in Abhängigkeit von der nominalen Fluoranthenkonzentration zeigt die schadstoffabhängige Zellschädigung an. Jeder Balken repräsentiert den Mittelwert von 3 Wells ± Standardabweichung. Sterne zeigen einen signifikanten Unterschied von der
Fluoranthen-freien Kontrolle an (Dunnett’s Test, α = 0,05). Die Zusammensetzung von L-15/ex, die Expositionsbedingungen zur UV-B Bestrahlung
sowie die Methode zur Bestimmung der Zellvitalität mit AlamarBlue sind
im Detail in Schirmer et al. (1997) beschrieben
der passiven Probennahme verwendete Festphasen potenziell
direkt in toxikologischen Tests zum Einsatz kommen könnten.
Der Einsatz einer Festphase, welche sowohl für die passive
Probennahme als auch für toxikologische Untersuchungen
geeignet ist, ist auch eine der Grundlagen eines Probennehmers, welchen wir gegenwärtig entwickeln (Schirmer et
al. 2001c). So fanden wir, dass Fluoranthen, welches an eine
Polystyrol-Oberfläche adsorbiert war, in einer Embryozelllinie der Regenbogenforelle (RTVEE – rainbow trout very
early embryo, gegenwärtig in der Entwicklung durch Bols et
al.) UV-induzierte Zytotoxizität hervorrief, also den Zellen
verfügbar war (Abb. 1, siehe auch Schirmer und Bols (1999)).
Es ist nun unser Ziel, einen auf Diffusion basierenden passiven Probennehmer so zu konstruieren, dass er nach der
Probennahme direkt, also ohne vorherige Extraktion, als
Expositionskammer für toxikologische Untersuchungen zum
Einsatz kommen kann (Abb. 2). Dafür testen wir gegenwärtig eine Reihe in Frage kommender Sorbentien. Diese sollen
neben ihrer Kompatibilität mit kleinskaligen Biotests einer
chemischen Analyse leicht zugänglich sein.
4
Ausblick
Trotz ihres enormen Potentials für eine kostengünstige, langfristige Überwachung der Qualität von Grund- und Oberflächenwasser finden passive Probennehmer bisher für rou-
49
6. SETAC-Tagung
Abb. 2: Schematische Darstellung eines Gerätes für passive, zeitintegrierte
Probennahme und anschließende toxikologische Analyse der gesammelten Schadstoffe. Das Probennahmegerät beruht auf der Aufnahme der
Schadstoffe durch Diffusion, welche durch eine semipermeable Membran
gewährleistet wird. Die zeitintegrierte Anreicherung der Schadstoffe wird
durch variable Adsorbermaterialien und Adsorbermengen bestimmt. Nach
der Probennahme dienen die einzelnen Kompartimente des Gerätes als
Kammern für miniaturisierte toxikologische Tests
tinemäßige Messprogramme wenig Beachtung. Eine wichtige Herausforderung für eine stärkere Verbreitung und zukünftige Nutzung der Passivsammlertechnologie ist deshalb
die Schaffung der Akzeptanz dieser Technologie vor allem
bei Behörden. Dies ist um so wichtiger als das mit wachsenden Ballungsräumen und stärkerer Nutzung von begrenzten
Ressourcen dem Schutz der Qualität des Wassers eine immer größere Bedeutung zukommt.
Danksagung. Unser Dank gilt allen 'Passivsammler-Kollegen', v.a.
Dr. Branislav Vrana, für hilfreiche Diskussionen und Anregungen. Die
hier präsentierte Arbeit wird finanziell unterstützt durch das BMBF und
den Projektträger Wassertechnologie und Schlammbehandlung
(Förderkennzeichen 02WT0041) sowie das Centre for Research in
Earth and Space Technology, Ontario, Canada (CRESTech).
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Kristin Schirmer ist seit Juli 2001 Leiterin
der Nachwuchsgruppe für Molekulare Tierzelltoxikologie am UFZ-Umweltforschungszentrum in Leipzig. Ihre Forschungsinteressen liegen in der Etablierung von in vitroSystemen zur Aufklärung von Schadstoffwirkungen in Vertebratenzellen und in der
Entwicklung von Technologien zur frühzeitigen Detektion dieser Schadstoffwirkungen
in der Umwelt.
51
Charakterisierung des mikrobiellen Schadstoffabbaus mit
Hilfe von isotopenchemischen Methoden
Characterisation of the biodegradation of pollutants by stable
isotope techniques
Anko Fischer1, Andrea Vieth2, Kay Knöller3, Thorsten Wachter4, Andreas Dahmke4,
Hans-Hermann Richnow1
1
UFZ Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Department Bioremediation,
Permoserstraße 15, 04318 Leipzig,
Dr. H.-H. Richnow, Email: hans.richnow@ufz.de, Tel.: 0341/2352810, Fax: 0341/2352492
Dipl.-Geoökol. A. Fischer, Email: anko.fischer@ufz.de, Tel.: 0341/2352051, Fax:
0341/2352492
2
GeoForschungsZentrum Potsdam, Projektbereich 4.3, Telegrafenberg, 14473 Potsdam,
Dr. A. Vieth, Email: vieth@gfz-potsdam.de, Tel.: 0331/2881431, Fax: 0331/2881436
3
UFZ Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Department Isotopenhydrologie,
Theodor-Lieser-Str. 4, 06120 Halle (Saale),
Dr. K. Knöller, Email: kay.knoeller@ufz.de, Tel.: 0345/5585433, Fax: 0345/5585559
4
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Institut für Geowissenschaften, Ludewig-MeynStr. 10, 24098 Kiel,
Prof. Dr. A. Dahmke, Email: ad@gpi.uni-kiel.de, Tel.: 0431/8802858, Fax: 0431/8807606
Dipl.-Geoökol. T. Wachter, Email: thw@gpi.uni-kiel.de, Tel.: 0431/8802853, Fax:
0431/8807606
Kurztitel: Isotopenfraktionierung während des mikrobiellen Schadstoffabbaus
Header: Isotope fractionation during biodegradation of pollutants
Kurzfassung
Zur Charakterisierung des mikrobiellen in situ-Schadstoffabbaus im stark kontaminierten
Grundwasserleiter des ehemaligen Hydrierwerkes Zeitz wurden isotopenchemische Methoden
angewendet. Die Änderung der Kohlenstoffisotopensignatur des Methans, des gelösten
anorganischen Kohlenstoffs (DIC) und des Benzols sowie die Änderung des
Schwefelisotopenverhältnisses des Sulfats dienten als biogeochemische Indikatoren für die
mikrobiellen Abbauprozesse. Die Anreicherung von isotopisch leichtem DIC im Bereich der
Schadstofffahne spiegelt die Mineralisierung der Kontaminanten (BTEX) wider. Mit Hilfe der
Anreicherungsfaktoren ε(eq)DIC-CH4 konnten methanogene Zonen überwiegend innerhalb der
stark belasteten Bereiche sowie Zonen des Methanabbaus innerhalb des nördlichen
Schadstofffahnenrandes
nachgewiesen
werden.
Die
Veränderung
der
Schwefelisotopensignatur des Sulfats zeigte, dass die Sulfatreduktion ein wesentlicher
Prozess des mikrobiellen in situ-Abbaus im Bereich der Schadstofffahne ist. Anhand der
Kohlenstoffisotopenfraktionierung des Benzols konnte der Schadstoffabbau in den
Randzonen der Kontamination abgeschätzt werden. Für den zentralen Bereich der
Schadstofffahne wurde die mikrobielle Umsetzung mit Hilfe der Änderung des 13C/12CVerhältnisses des DIC bestimmt. Die Analyse der vertikalen Struktur der Schadstofffahne
ergab unterschiedliche Verteilungen isotopen- und hydrogeochemischer Parameter im
Randbereich und Zentrum der Kontamination.
Abstract
To characterise the microbial natural attenuation potential of a BTEX contaminated aquifer at
Zeitz (Germany), isotope geochemical techniques were applied. The stable carbon isotope
composition of methane, DIC and benzene as well as the stable sulphur isotope signatures of
sulphate were used to trace microbial degradation processes. The enrichment of isotopically
light DIC within the plume clearly indicates mineralization of pollutants. The enrichment of
heavy sulphur isotopes in sulphate implies that sulphate reduction is a major microbial
process at the area under investigation. The carbon isotopic composition of methane reveals
evidence for active methanogenesis in the contamination plume. However, at plume fringes
microbial methane oxidation may compete with contaminant degraders for available electron
acceptors. Additionally, at marginal parts of the plume the biodegradation of benzene was
steadily estimated by the means of carbon isotope fractionation of benzene. In the centre of
contamination the change of carbon isotope composition of DIC was used to estimate the
biodegradation of benzene. Investigations of the vertical structure of the plume demonstrated
that there are differences between the hydrogeochemical and isotopic parameters in the centre
of contamination compared to the plume fringes.
Einführung
In kontaminierten Aquiferen können natürliche Prozesse zum Rückhalt bzw. Abbau der
vorhandenen Schadstoffmenge beitragen. Die U.S.-amerikanische Umweltbehörde (U.S.
EPA) fasst diese unter dem definierten Begriff “Natural Attenuation“ (NA) zusammen. Um
den natürlichen Rückhalt bzw. Abbau von Schadstoffen in einem kontaminierten
Grundwasserleiter als Risikosicherungskonzept anzuwenden, setzt die U.S. EPA eine
Langzeitüberwachung der NA-Prozesse voraus. Aus dieser Intention heraus wurde der Begriff
"Monitored Natural Attenuation" (MNA) geprägt (U.S. EPA 1999). Zum Nachweis, dass
durch NA-Prozesse die vorhandene Schadstoffmenge an einem kontaminierten Standort
zurückgehalten bzw. vermindert wird, sollen laut der U.S. EPA die folgenden
Mindestanforderungen erfüllt werden (U.S. EPA 1999):
•
Dokumentation der historischen Daten der Grundwasser- und/oder Bodenchemie des
Standortes,
aus
denen
ein
eindeutiger
Trend
der
kontinuierlichen
Schadstoffreduzierung hervorgeht,
•
Erfassung von hydrogeologischen und geochemischen Daten, aus denen indirekt die
Art(en) der NA-Prozesse und die damit verbundenen Raten des Schadstoffabbaus bzw.
-rückhalts am Standort abgeleitet werden können,
•
Durchführung von Feld- oder Mikrokosmosstudien, welche direkt
Selbstreinigungspotenzial eines einzelnen NA-Prozesses am Standort aufzeigen.
das
Zur Planung von MNA-Vorhaben sollen die einzelnen NA-Prozesse in einem konzeptionellen
Standortmodell zusammengeführt werden, um eine realistische Prognose über die zukünftige
Entwicklung des Schadensfalles zu erstellen (U.S. EPA 1999).
Während die U.S. EPA auch Verdünnung, Verflüchtigung und Sorption von Schadstoffen als
Rückhalte- bzw. Abbauprozesse akzeptiert, sollte im Sinne der Nachhaltigkeit bei der
Anwendung des MNA-Konzeptes nicht die Verlagerung sondern nur der Abbau der
Schadstoffe berücksichtigt werden. In Anbetracht einer nachhaltigen Reduzierung des
Gefährdungspotenzials einer Kontamination ist die Erforschung und Quantifizierung des
Abbauvermögens autochthoner Mikroorganismen ein wesentlicher Faktor für die Bewertung
des natürlichen Selbstreinigungspotenzials eines Aquifers.
Verschiedene Forschungsarbeiten zeigen, dass die mikrobielle Umsetzung von
monoaromatischen Kohlenwasserstoffen (BTEX) in kontaminierten Grundwasserleitern nicht
nur unter aeroben Verhältnissen (ALVAREZ & VOGEL 1991, JINDROVA et al. 2002) sondern
auch unter anaeroben Bedingungen stattfindet (COZZARELLI et al. 1990 & 1994, EDWARDS &
GRIBIC-CALIC 1992, MORGAN et al. 1993, THIERRIN et al. 1993, KAZUMI et al. 1997, WEINER
& LOVELY 1998, ANDERSON & LOVELY 2000). Die Abbauwege der BTEX-Verbindungen
sind hinreichend bekannt und wurden in zahlreichen Publikationen beschrieben (HEIDER &
FUCHS 1997, HEIDER et al. 1999, SPORMAN & WIDDEL 2000, WIDDEL & RABUS 2001, GIBSON
& HARWOOD 2002).
Die Biodegradation dieser Verbindungen ist häufig mit einem kinetischen
Isotopenfraktionierungseffekt verbunden (DEMPSTER et al. 1997, MECKENSTOCK et al. 1999 &
2002, SHERWOOD LOLLAR et al. 1999, STEHMEIER et al. 1999, AHAD et al. 2000, HUNKELER et
al. 2001, MORASCH et al. 2001 & 2002, VIETH et al. 2001, MANCINI et al. 2003, RICHNOW et
al. 2003a & b, GRIEBLER et al. 2004, STEINBACH et al. 2004). Dabei werden die leichten
Isotopomere des Schadstoffes schneller durch Mikroorganismen verwertet als die schweren.
Folglich kommt es bei der mikrobiellen Umsetzung zu einer Anreicherung der schwereren
Isotopomere in der residualen Schadstofffraktion.
In Laboruntersuchungen mit verschiedenen Misch- bzw. Reinkulturen wurden für den
aeroben und anaeroben Abbau der BTEX-Verbindungen Kohlenstoff- bzw.
Wasserstoffisotopenfraktionierungsfaktoren bestimmt (MECKENSTOCK et al. 1999, MORASCH
et al. 2001 & 2002, HUNKELER et al. 2001, MANCINI et al. 2003). Mit Hilfe der ermittelten
Faktoren kann die mikrobielle BTEX-Umsetzung in einem kontaminierten Aquifer
abgeschätzt werden (RICHNOW & MECKENSTOCK 1999, VIETH et al. 2001, RICHNOW et al.
2003a & b, VIETH 2003, GRIEBLER et al. 2004). Der wesentliche Vorteil dieses
isotopenchemischen Konzeptes ist, dass die Isotopenzusammensetzung im Gegensatz zur
Konzentration von BTEX-Verbindungen ausschließlich durch mikrobielle Abbauprozesse und
nicht signifikant durch abiotische Effekte wie Verdünnung, Verflüchtigung oder Sorption
beeinflusst wird (DEMPSTER et al. 1997, HARRINGTON et al. 1999, SLATER et al. 1999 & 2000,
SCHÜTH et al. 2003). Deshalb ist eine signifikante Veränderung der Isotopensignatur der
BTEX-Verbindungen in einem Grundwasserleiter ausschließlich auf die Umsetzung durch
autochthone Mikroorganismen zurückzuführen. Dies eröffnet die Möglichkeit, den
mikrobiellen Abbau in BTEX-kontaminierten Grundwasserleitern anhand der
Isotopenfraktionierung zu charakterisieren und somit das Isotopenkonzept als Methode in
MNA-Sanierungsstrategien zu implementieren.
Des Weiteren können auch die Isotopenverhältnisse mancher Abbauprodukte (z.B.
Kohlendioxid, Methan) sowie bioverfügbarer Elektronenakzeptoren Hinweise auf mikrobielle
in situ-Abbauprozesse in einem kontaminierten Grundwasserleiter liefern (BARKER & FRITZ
1981, COLEMAN et al. 1993, REVESZ et al. 1995, HACKLEY et al. 1996, LANDMEYER et al.
1996, CONRAD et al. 1997 & 1999, HUNKELER et al. 1998, 1999 & 2002, BOLLIGER et al.
1999 & 2001, FANG et al. 2000, SCHROTH et al. 2001, KLEIKEMPER et al. 2002, GROSSMAN et
al. 2002, FISCHER 2003, VIETH 2003, BUGNA et al. 2004).
In dieser Arbeit wurde mit Hilfe von isotopenchemischen Methoden der mikrobielle
Schadstoffabbau in einem Aquifer charakterisiert und abgeschätzt. Dazu wurden die
Analysedaten aus zwei Stichtagsbeprobungen (Mai und Dezember 2002) herangezogen. Diese
fanden im Bereich der großräumigen Benzolkontamination im oberen Grundwasserleiter des
Testfeldes Zeitz statt. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen sind Teil
des vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten RETZINA-
Projektes (REferenzTestfeld Zeitz zur Implementierung des „Natural-Attenuation“-Ansatzes)
(BMBF Förderkennzeichen 02WT0041). Das RETZINA-Verbundvorhaben ist Teil des
Forschungsschwerpunkts SAFIRA (SAnierungsForschung In Regional kontaminierten
Aquiferen) am UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH.
Material und Methoden
Probenahme
Die Grundwasserproben wurden nach der DIN-Norm DIN 38402 Teil 13 gewonnen. Dabei
wurde das Grundwasser mit einer elektrischen Tauchpumpe (Grundfos MP1, Bjerringbro,
Dänemark) im verfilterten Bereich der Brunnen gefördert. Die Förderleistung betrug ca. 7 bis
9 l/min. Das Abfüllen in die Probenahmegefäße erfolgte erst, nachdem das zweifache
Brunnenvolumen ausgetauscht worden war und die Messwerte für die chemischphysikalischen Eigenschaften des Grundwassers (Leitfähigkeit, Sauerstoffgehalt,
Redoxpozential, pH-Wert und Temperatur) annähernd konstant waren. Die Bestimmung des
Sauerstoffgehaltes, des Redoxpotenzials, des pH-Wertes, der Leitfähigkeit und der
Temperatur wurde während des Pumpens mit geeigneten Elektroden (Oxi 325, LF 325, pH
330, pH 196T; WTW, Deutschland) durchgeführt.
Für die tiefenorientierte Grundwasserbeprobung kam ein Multilevel-Packersystem (MLPS)
zur Anwendung (SCHIRMER et al. 1995). Dabei wurde der Förderdruck bzw. die Takt- und
Pausenzeit für die Druckbeaufschlagung der Doppelventil-Gasverdrängungspumpen (IMW Innovative Messtechnik Weiß, Deutschland) so eingestellt, dass eine blasenfreie
Grundwasserprobenahme gewährleistet werden konnte. Die ca. 1 bis 2 m auseinander
liegenden Pumpen arbeiteten in der Regel mit einer Förderleistung von 40 bis 80 ml/min.
Diese Förderleistung ist so gering, dass bei der Probenahme die vertikalen Gradienten der
isotopen- sowie hydrogeochemischen Parameter nur unwesentlich durch Vermischungseffekte
beeinflusst wurden.
Um die isotopen- und hydrogeochemischen Parameter der MLPS-Messstellen für eine
flächenhafte Kartierung zu nutzen, wurden die Analysewerte der verschiedenen
Probenahmetiefen gemittelt. Dabei wurde angenommen, dass der Mittelwert aus den
Konzentrationen der einzelnen Horizonte repräsentativ für den gesamten Filterbereich ist und
somit der Konzentration einer konventionell gewonnen Probe entspricht. Für die Bestimmung
des mittleren Isotopenverhältnisses einer MLPS-Messstelle wurde mit Hilfe der
Konzentrationen der relative Mengenanteil für jeden Horizont in einer Mischprobe berechnet.
Diese wurden mit dem Isotopenverhältnis des jeweiligen Horizonts multipliziert. Die
Ergebnisse ergaben in der Summe die theoretische Isotopensignatur einer über den gesamten
Filterbereich beprobten Messstelle.
Sulfatkonzentrationen
Das Grundwasser wurde während der Befüllung in 20 ml Kunststoffflaschen (PE) mit Hilfe
eines Cellulose-Acetat-Filters (Porengröße: 0,45 µm) filtriert. Bis zur weiteren Analyse
wurden die Proben bei 4 °C gelagert. Für die Bestimmung der Sulfatkonzentrationen diente
ein Ionenchromatographie-System DX-500 (Dionex, USA). Die ionenchromatographische
Trennung erfolgte über eine IonPac AS 14-Säule (Dionex, USA), der eine anorganische und
organische Vorsäule (IonPac AG 14 bzw. IonPac NG 1, Dionex, USA) vorgeschaltet war.
Als Eluent diente ein Gemisch aus 3,5 mM Na2CO3 und 1,0 mM NaHCO3. Die Flussrate
betrug 1,2 ml/min. Die Nachweisgrenze des Ionenchromatographie-Systems für Sulfat lag bei
1 mg/l.
Schwefelisotopenverhältnisse des Sulfats
Für die Bestimmung der Schwefelisotopenverhältnisse des Sulfats wurden 500 ml PEFlaschen mit Grundwasser befüllt und mit 2 ml Chloroform versetzt, um die mikrobielle
Aktivität zu hemmen. Das in den Proben vorhandene Sulfid wurde mit 0,5 g Zinkacetat zu
schwerlöslichem Zinksulfid umgesetzt und der Niederschlag durch Filtration (Porengröße:
0,45 µm) entfernt. Danach wurde die Probe auf einen pH-Wert von ca. 3 eingestellt und das
Sulfat bei 70 °C durch Zugabe von gesättigter Bariumhydroxidlösung gefällt. Der
Niederschlag in Form von Bariumsulfat wurde über einen Blaubandfilter (Porengröße: 0,45
µm) vollständig von der wässrigen Phase abgetrennt, anschließend gewaschen und bei 105 °C
getrocknet. Der Filter mit der Probe wurde für 2 Stunden bei 800 °C verascht. Das
verbleibende Bariumsulfat wurde zur Bestimmung des Schwefelisotopenverhältnisses von
Sulfat verwendet.
Die Messung des 34S/32S-Verhältnisses der Bariumsulfatprobe erfolgte an einem
Isotopenverhältnis-Massenspektrometer (IRMS, Delta S, Thermo Electron, Deutschland) mit
Continous Flow-Technik (GIESEMANN et al. 1994). Dabei wurde das Bariumsulfat in einem
Elementaranalysator (Thermo Electron, Deutschland) bei 1020 °C unter Zudosierung von
Sauerstoff zu Schwefeldioxid umgesetzt und im Heliumstrom dem IRMS zugeführt. Die
Standardabweichung der beschriebenen Analysenmethode lag bei ≤ 0,3 ‰.
DIC-Konzentrationen
Der Gehalt an DIC in den Grundwasserproben wurde mit einem Total-Organic-Carbon
Analyzer TOC 5000 (Shimadzu, Japan) bestimmt. Jede Grundwasserprobe wurde mit 25
%iger Phosphorsäure angesäuert und der zu Kohlendioxid umgesetzte DIC mit Stickstoffgas
ausgetrieben. Die Bestimmung des Kohlendioxids erfolgte mittels Infrarot-Messung. Die
Proben wurden dreimal vermessen. Die Nachweisgrenze lag bei 10 mgC/l.
Methankonzentrationen
Für die Bestimmung der Methankonzentrationen wurden 5 ml der Grundwasserprobe in 20 ml
Flaschen abgefüllt und mit einem gasdichten Teflonseptum und einer Aluminiumkappe
verschlossen. Die Analyse erfolgte an einem Gaschromatographen (GC) mit Flammenionisationsdektor (6890 Plus, Agilent, USA). Die Proben wurden vor der Messung in einem
Headspace-Autosampler (7694, Agilent, USA) bei 80 °C 30 min equilibriert und anschließend
in den GC injiziert. Für die chromatographische Trennung diente eine AT-Q 13939 Säule (30
m × 0,53 mm ID; Alltech Associates, USA). Das verwendete Temperaturprogramm hatte die
folgenden Einstellungen: 35 °C, 4 min isotherm; 40 °C/min bis 220 °C, 5 min isotherm. Als
Trägergas wurde Helium mit einer Flussrate von 1,8 ml/min benutzt. Die Nachweisgrenze für
Methan lag bei 10 µg/l.
Kohlenstoffisotopenverhältnisse des Methans und DIC
Für die Bestimmung der Isotopensignatur des Methans und DIC wurden 100 bzw. 200 ml
Weißglasflaschen zu je drei Viertel mit Grundwasser gefüllt. Nach der Probenahme wurden
die Flaschen sofort mit einem Butylgummistopfen und einer Aluminiumbördelkappe gasdicht
verschlossen und bei 4 °C bis zur Analyse gelagert. In den Flaschen befanden sich bereits ca.
10 bzw. 20 g Natriumchlorid, um die Aktivität der Mikroorganismen zu unterbinden und den
Anteil des Methans sowie des Kohlendioxids in der Gasphase zu erhöhen. Vor der Analyse
des Kohlenstoffisotopenverhältnisses des DIC wurden die Proben mit konzentrierter Salzsäure
auf einen pH-Wert von ca. 1 bis 2 eingestellt und anschließend geschüttelt, um einen
annähernd vollständigen Übergang des DIC in Form von Kohlendioxid in die Gasphase zu
gewährleisten.
Die Analyse der Isotopenverhältnisse des Methans und DIC erfolgte an einem GC-C-IRMSSystem (gas chromatography/combustion/isotope-ratio mass spectrometry). Dieses besteht
aus einem GC (6890 Series, Agilent Technology, USA), einem Verbrennungsofen (Thermo
Electron MATGC III, Deutschland), einer modifizierten Wasserfalle (Nafion® Membran, 50 cm
lang, T = 0 °C) und einem Massenspektrometer (Thermo Electron MAT 252, Deutschland).
Die Headspace-Proben wurden mit einer gasdichten Spritze (Hamilton, USA) in den GC
eingespritzt. Die chromatographische Trennung des Methans und DIC erfolgte an einer CPPoraPLOT Q-Kapillarsäule (27,5 m × 0,32 mm ID × 10 µm FD; Chrompack, Niederlande)
bei einer konstanten Temperatur von 40 °C. Als Trägergas diente Helium mit einer Flussrate
von 1,8 ml/min. Jede Probe wurde fünfmal vermessen. Dabei ergaben sich für die
beschriebene Analysenmethode Standardabweichungen von ≤ 0,8 ‰. Für Proben, deren
Methankonzentrationen kleiner als 10 µg/l waren, konnten keine reproduzierbaren
Kohlenstoffisotopenverhältnisse des Methans bestimmt werden. Die erheblich höheren DICGehalte ermöglichten eine problemlose Bestimmung der 13C/12C-Verhältnisse.
Benzolkonzentrationen
Für die Bestimmung der Benzolkonzentrationen wurden 250 ml Braunglasflaschen mit
Schliffstopfen vollständig mit Grundwasser befüllt und bei 4 °C gelagert. Die Vermessung
der Proben erfolgte innerhalb von 24 Stunden nach der Probenahme. Für die HeadspaceAnalyse wurde ein GC (5890 Series II, Agilent, USA), der mit einem Autosampler (19395 A,
Agilent, USA) gekoppelt war, verwendet. Vor der Injektion in den GC wurden die Proben zur
Einstellung des Phasengleichgewichtes mindestens 40 min bei einer Temperatur von 80 °C
equilibriert. Die Trennung der BTEX-Verbindungen erfolgte mit Hilfe einer HP-1 Säule (50
m × 0,32 mm ID × 1 µm FD; Agilent, USA) und folgendem Temperaturprogramm: 50 °C, 1
min isotherm; 5 °C/min bis 120 °C, 8 min isotherm; 8 °C/min bis 130 °C; 20 °C/min bis 250
°C. Als Trägergas diente Stickstoff mit einer Flussrate von 1,8 ml/min. Die Nachweisgrenze
der Benzolanalyse lag bei 5 µg/l.
Kohlenstoffisotopenverhältnisse des Benzols
Für die Isotopenanalyse des Benzols wurden 1000 ml Glasflaschen (Schott, Deutschland)
vollständig mit Grundwasser gefüllt und mit einem Schraubverschluss mit
teflonbeschichtetem Septum (Schott, Deutschland) verschlossen. Die Konservierung der
Proben erfolgte durch die Einstellung des pH-Wertes auf 10 bis 12 mit Natriumhydroxid. Die
Proben wurden bei 4 °C gelagert. Für die Extraktion des Benzols diente n-Pentan (2 - 10 ml).
Das Kohlenstoffisotopenverhältnis des Benzols wurde mit dem gleichen GC-C-IRMS-System
bestimmt, wie es auch für die Analyse der Isotopenzusammensetzung des Methans und DIC
genutzt wurde.
Je nach Konzentration der Analyten wurden 1 bis 5 µl des n-Pentanextraktes über einen
CombiPAL-Autosampler (CTC Analytics, Schweiz) in den GC eingespritzt. Die
chromatographische Trennung des injizierten Stoffgemisches erfolgte an einer ZB1
Kapillarsäule (60 m × 0,32 mm ID × 1 µm FD; Phenomenex Inc. Torrance, USA) und mit den
folgenden Einstellungen des Temperaturprogramms: 40 °C, 3 min isotherm; 4 °C/min bis 100
°C, 5 min isotherm; 4 °C/min bis 120 °C; 20 °C/min bis 200 °C. Als Trägergas wurde Helium
mit einer Flussrate von 1,5 ml/min verwendet. Alle Proben wurden fünfmal vermessen. Die
Standardabweichung der 13C/12C-Messungen betrug ≤ 0,5 ‰. Die Lösungsmittelextraktion
selbst hat keinen signifikanten Einfluss auf die Isotopenzusammensetzung organischer
Verbindungen (DEMPSTER et al. 1997).
Berechnungen
Allgemein wird das Kohlenstoffisotopenverhältnis in Form der δ-Notation relativ zu dem
internationalen Vienna-PeeDee-Belemnite-Standard (V-PDB) angegeben:
 (13 C / 12 C) Probe

(1) δ13 C [‰] =  13 12
− 1 × 1000 .
 ( C / C) Standard

Analog zu Gleichung 1 wird das Schwefelisotopenverhältnis 34S/32S als δ-Notation in Bezug
auf den internationalen Vienna-Canyon-Diablo-Troylite-Standard (V-CDT) berechnet.
Die kinetische Isotopenfraktionierung einer Transformationsreaktion kann mit Hilfe der
Rayleigh-Gleichung beschrieben werden (RAYLEIGH 1896, HOEFS 1997):


1
R t  C t   α ( k )

=
(2)
R 0  C 0 

−1 

.
Rt und R0 bezeichnen das Isotopenverhältnis einer Verbindung zu einer bestimmten Zeit (t)
und zu Beginn der chemischen Umsetzung (t = 0). Ct und C0 geben die Konzentration der
Verbindung zu einer bestimmten Zeit (t) und am Anfang der Transformationsreaktion (t = 0)
an. Der kinetische Isotopenfraktionierungsfaktor α(k) stellt den Zusammenhang zwischen der
Änderung der Isotopenzusammensetzung und der Konzentration einer Verbindung in der
residualen Fraktion her.
Für die prozentuale Abschätzung der mikrobiellen Schadstoffreduzierung (Biodegradation; B
[%]) in einem verunreinigten Aquifer kann die Rayleigh-Gleichung verwendet werden. Dabei
wird der prozentuale Konzentrationsrückgang aus der Änderung der Isotopenverhältnisse und
dem kinetischen Isotopenfraktionierungsfaktor bestimmt:


 Ct 
R
 × 100 = 1 −  t
(3) B[%] = 1 −
  R0
 C0 









1


 1

−1 

α
(
k
)




 × 100 .



Voraussetzung
für
diese
Berechnung
ist
das
Vorhandensein
geeigneter
Isotopenfraktionierungsfaktoren aus Laborstudien. Diese sollten entsprechend der
vorherrschenden biogeochemischen Abbaubedingungen ausgewählt werden. Außerdem muss
die initiale Isotopenzusammensetzung der Schadstoffquelle, die mit Hilfe der höchsten
Schadstoffkonzentrationen (C0) bestimmt werden kann, bekannt sein (RICHNOW &
MECKENSTOCK 1999, VIETH et al. 2001, RICHNOW et al. 2003a & b, VIETH 2003, GRIEBLER et
al. 2004).
Auch die Isotopensignaturen des DIC im Bereich einer Schadstofffahne bieten die
Möglichkeit den mikrobiellen Schadstoffabbau abzuschätzen (Gl. 4). Das
Berechnungskonzept wurde in Anlehnung an verschiedene Feldstudien erarbeitet (BOLLIGER
et al. 1999, HUNKELER et al. 1999, FANG et al. 2000, BUGNA et al. 2004).
(4) A × δ 13 C DIC ( GA ) + (1 − A ) × δ 13 C DIC ( Q ) = δ 13 C DIC ( M )
δ13CDIC(GA) bezeichnet das Kohlenstoffisotopenverhältnis des DIC im Grundwasseranstrom
der Kontamination. δ13CDIC(Q) ist die Kohlenstoffisotopensignatur des in der Schadstofffahne
gebildeten DIC. δ13CDIC(M) bezeichnet das 13C/12C-Verhältnis des DIC, das im Bereich der
Kontamination gemessen wurde. A und 1-A sind die Mischungsanteile der beiden
Ausgangsisotopenverhältnisse (δ13CDIC(GA), δ13CDIC(Q)), aus denen δ13CDIC(M) resultiert. Mit
Hilfe von A und der Konzentration des DIC im Grundwasseranstrom der Schadstofffahne
(CDIC(GA) [M]) ist es möglich, die Menge des in der Schadstofffahne gebildeten DIC (CDIC(B)
[M]) zu berechnen (Gl. 5).
(1 − A )
(5) C DIC( B) = C DIC( GA )
A
Die mineralisierte Schadstofffraktion (CSchadstoff [M]) kann unter verschiedenen Annahmen,
die später genauer erläutert werden, anhand von CDIC(B) abgeschätzt werden (Gl. 6).
(6) C Schadstoff =
C DIC( B)
ZC
ZC ist die Anzahl der Kohlenstoffatome des Schadstoffmoleküls. Es wird davon ausgegangen,
dass diese Anzahl bei der Mineralisierung umgesetzt wird.
In der Literatur wird häufig die Isotopenfraktionierung während der mikrobiellen
Methanbildung bzw. des -abbaus anhand einer Isotopenaustauschreaktion, welche ein
spezieller Fall des allgemeinen chemischen Gleichgewichtszustandes ist, beschrieben (siehe
Gl. 7) (BOTZ et al. 1996, HOEFS 1997, WHITICAR 1999, HORNIBROOK et al. 2000). Dabei
handelt es sich vielmehr um eine praktische als wissenschaftlich exakte Formulierung, weil
biochemische Umsetzungen in erster Linie mit einer kinetischen Isotopenfraktionierung
verbunden sind (HOEFS 1997, WHITICAR 1999, HORNIBROOK et al. 2000). Unter der
Annahme, dass sich das Isotopenverhältnis und die Konzentration des Eduktes während einer
biochemischen Transformationsreaktion nicht nachhaltig verändern, kann die kinetische
Isotopenfraktionierung näherungsweise anhand derselben Beziehung bestimmt werden, mit
der die Isotopenfraktionierung unter Gleichgewichtsbedingungen beschrieben wird.
(7) α(eq )Edukt − Produkt =
δ13 C Edukt + 1000
δ13 C Produkt + 1000
In Gleichung 7 stellen die Ausdrücke α(eq) den Isotopenfraktionierungsfaktor für eine im
Gleichgewicht befindliche Isotopenaustauschreaktion und δ13CEdukt bzw. δ13CProdukt die
Kohlenstoffisotopenverhältnisse des Edukts bzw. Produkts in Form der δ-Notation dar. Die
Isotopenfraktionierung zwischen Edukt und Produkt während einer Gleichgewichtsreaktion
kann auch durch den Anreicherungsfaktor ε(eq)Edukt-Produkt nach folgender Beziehung
ausgedrückt werden (CLARK & FRITZ 1997, HOEFS 1997):
(8) ε(eq) Edukt −Produkt ≈ δ13 C Edukt − δ13 C Produkt ≈ 10 3 ln α(eq) Edukt −Produkt .
Insbesondere bei relativ großen Unterschieden zwischen dem Isotopenverhältnis des Edukts
und des Produkts muss beachtet werden, dass ein signifikanter Fehler aus der Anwendung von
Gleichung 8 resultieren kann (CLARK & FRITZ 1997, WHITICAR 1999).
Ergebnisse und Diskussion
Hydrogeologie und Geochemie des Referenztestfeldes Zeitz
Der kontaminierte Grundwasserleiter befindet sich ca. 8 km nordöstlich der Stadt Zeitz im
Bereich eines ehemaligen Hydrierwerkes. Hier wurden seit 1938 in großtechnischen
Verfahren Treibstoffe, Schmieröle, Benzol und Paraffine auf der Basis der
Braunkohlehydrierung und Erdöldestillation hergestellt. Durch die fast vollständige
Zerstörung des Werkes während des zweiten Weltkrieges, Havarien, Leckagen sowie
unachtsamen Umgang bei der Ver- und Entladung von Rohstoffen bzw. Produktionsgütern
kam es zu großflächigen Kontaminationen des Grundwassers.
Der Feldstandort ist durch zwei Grundwasserleiter charakterisiert (Abb. 1). Der obere Aquifer
umfasst sowohl Lockergesteine der spätpleistozänen Elsterterasse als auch fluviatile Sande
und Schotter des frühen Tertiärs. Beide Schichtabfolgen werden aufgrund der fehlenden
hydraulischen Trennung zu einem Grundwasserleiter zusammengefasst. Dieser hat eine
Mächtigkeit von ca. 5 bis 15 m. Die Hauptgrundwasserfließrichtung des oberen Aquifers ist
nach Nord-Nordost zum Vorfluter Weiße Elster gerichtet (Abb. 1). Der Grundwasserstauer ist
hauptsächlich aus tertiären Schluffen und Tonen aufgebaut und ist mit Resten eines tertiären
Braunkohleflözes durchsetzt. Seine Mächtigkeit variiert im Untersuchungsgebiet überwiegend
zwischen 5 und 20 m. Der untere Grundwasserleiter besteht aus 5 bis 19 m mächtigen Kiesen
und Sanden des Tertiärs. In einigen Bereichen besteht eine hydraulische Verbindung
zwischen dem oberen und dem unteren Grundwasserleiter.
Gegenstand der Untersuchungen zum mikrobiellen in situ-Schadstoffabbau in Zeitz war der
vergleichbar stärker kontaminierte obere Grundwasserleiter. Das Hauptschadenszentrum
befindet sich in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Benzoltanklagers und der
Destillationsanlage. Hier wurden Benzolkonzentrationen von bis zu 1000 mg/l gemessen. Von
untergeordneter Bedeutung im Untersuchungsgebiet sind weitere Schadstoffe wie Toluol
(max. 50 mg/l), Ethylbenzol (max. 3 mg/l) und Xylole (max. 5 mg/l). Entlang des nordnordöstlichen Grundwasserabstroms des Schadenszentrums hat sich eine ca. 400 m lange
Benzolfahne ausgebildet (Abb. 1).
Im Grundwasser des oberen Aquifers konnten nur geringe Sauerstoff- und
Nitratkonzentrationen von überwiegend < 1 mg/l bestimmt werden. Für Sulfat wurden im
Grundwasser des Untersuchungsgebietes maximale Gehalte von bis zu 1400 mg/l
nachgewiesen (Abb. 2). Die DIC- bzw. Methankonzentrationen sind in den stark belasteten
Zonen der Schadstofffahne wesentlich höher als in den geringfügig kontaminierten Bereichen
(Abb. 3 und 4). Anhand der hydrogeochemischen Gegebenheiten des Standortes zeigte sich,
dass die mikrobielle Sulfatreduktion der dominierende Abbauprozess im Bereich der
Schadstofffahne ist, während die aerobe Respiration, Nitrat- und Eisen(III)-Reduktion
offensichtlich nur vernachlässigbare Anteile an der Schadstoffumsetzung haben (WACHTER et
al. 2001, FISCHER 2003, VIETH 2003). Die methanogene Fermentation hat ebenfalls einen
Einfluss auf den in situ-Abbau. Es ist jedoch davon auszugehen, dass dieser Prozess im
Vergleich zur Sulfatreduktion nur einen geringen Anteil an der Schadstoffumsetzung
ausmacht (FISCHER 2003, VIETH 2003).
Platzhalter für Abbildung 1
Konzentrationen und Schwefelisotopenverhältnisse des Sulfats
Eine deutliche Minderung der Sulfatkonzentrationen bzw. eine Änderung der
Schwefelisotopensignatur des Sulfats im Bereich einer Schadstofffahne deuten auf
mikrobielle Sulfatreduktion als wesentlichen Prozess des Schadstoffabbaus hin (WIEDEMEIER
et al. 1999, BOLLIGER et al. 2001, SCHROTH et al. 2001, KLEIKEMPER et al. 2002). Um
Bereiche der mikrobiellen Sulfatreduktion zu kartieren und diese mit Abbauzonen der
Kontaminanten zu vergleichen, wurde die flächenhafte Verteilung der Konzentrationen sowie
der Schwefelisotopenverhältnisse des Sulfats der Messkampagne Mai 2002 genauer
untersucht.
Im Grundwasseranstrom der Benzolfahne waren die Sulfatgehalte > 400 mg/l (Abb. 2). Mit
dem Grundwasserabstrom in nördliche Richtung nahmen die Sulfatkonzentrationen ab, wobei
sie stellenweise < 200 mg/l waren. Die niedrigsten Sulfatkonzentrationen (< 100 mg/l)
wurden im Schadenszentrum sowie im nördlichen Grundwasserabstrom nachgewiesen. Im
Randbereich und außerhalb der Benzolfahne betrugen die Sulfatkonzentrationen des
Grundwassers > 400 mg/l.
Die δ34SSO4-Werte lagen im Untersuchungsgebiet zwischen -1 und +45 ‰ (Abb. 2). Im
Grundwasseranstrom der Benzolfahne wurden 34S/32S-Verhältnisse von ≤ +7 ‰ bestimmt.
Entlang des Grundwasserabstroms stiegen die δ34SSO4-Werte an. In den Bereichen, in denen
die Sulfatkonzentrationen < 200 mg/l waren, wurden Schwefelisotopenverhältnisse des
Sulfats von ≥ +13 ‰ bestimmt.
Für Bereiche, die durch Benzolgehalte von > 800 mg/l geprägt waren, schwankten die
Schwefelisotopenverhältnisse des Sulfats zwischen +12 und +16 ‰. Im Vergleich zum
Grundwasseranstrom waren die 34S/32S-Verhältnisse im Hauptschadenszentrum geringfügig
schwerer, was auf mikrobielle Aktivität im zentralen Bereich der Schadstofffahne hindeutet.
Die steigenden 34S/32S-Verhältnisse entlang des nördlichen Grundwasserabstroms gaben
Hinweise, dass auf dem Fließweg zwischen Schadstoffquelle und nördlichen Fahnenrand
Sulfat zunehmend mikrobiell umgesetzt wurde.
Platzhalter Abbildung 2
Konzentrationen und Kohlenstoffisotopenverhältnisse des DIC
In kontaminierten Grundwasserleitern können die Erhöhung der Konzentration sowie die
Veränderung der Isotopensignatur des DIC auf die Bildung von Kohlendioxid während des
mikrobiellen Schadstoffabbaus zurückgeführt werden (CHAPELLE et al. 1996, LANDMEYER et
al. 1996, CONRAD et al. 1997 & 1999, BOLLIGER et al. 1999, HUNKELER et al. 1999,
WIEDEMEIER et al. 1999, FANG et al. 2000, GROSSMAN et al. 2002, BUGNA et al. 2004).
Deshalb wurden die flächenhaften Verteilungen der Konzentrationen und der
Kohlenstoffisotopensignaturen des DIC aus der Messkampagne Mai 2002 näher untersucht,
um mögliche Zusammenhänge zum mikrobiellen in situ-Abbau aufzuzeigen.
Im Untersuchungsgebiet schwankten die Konzentrationen des DIC zwischen 43 und 252
mgC/l (Abb. 3). Im Grundwasseranstrom der Benzolfahne wurden DIC-Gehalte von < 110
mgC/l bestimmt. Die Konzentrationen des DIC nahmen in Grundwasserfließrichtung zu,
wobei die höchsten Gehalte im nördlichen Grundwasserabstrom der Benzolfahne
nachgewiesen wurden. Im östlichen, westlichen und nördlichen Randbereich der
Kontamination betrugen die Konzentrationen des DIC < 150 mgC/l. Grundwasser mit DICGehalten > 210 mgC/l war überwiegend in der Zone des Hauptschadenszentrums und im
nördlichen Grundwasserabstrom zu finden. Diese Erhöhung des DIC-Gehaltes deutete darauf
hin, dass innerhalb des zentralen Bereiches der Kontamination Schadstoff mikrobiell zu
Kohlendioxid umgesetzt wurde.
Im Untersuchungsgebiet lagen die Kohlenstoffisotopenverhältnisse des DIC zwischen -26 und
-16 ‰ (Abb. 3). Die leichtesten δ13CDIC-Werte (-26 bis -23 ‰) wurden in Bereichen
bestimmt, in denen die Konzentrationen des DIC > 150 mgC/l waren. Mit abnehmenden DICGehalten wurden die 13C/12C-Verhältnisse grundsätzlich isotopisch schwerer. Der DIC mit der
größten 13C-Anreicherung (-22 bis -16 ‰) wurde überwiegend im unmittelbaren
Grundwasseranstrom bzw. im Randbereich der Benzolfahne nachgewiesen. Es zeigte sich,
dass die δ13CDIC-Werte im stark kontaminierten Bereich des Grundwasserleiters gegenüber
den weniger belasteten Zonen um ca. 5 ‰ kleiner waren.
In kontaminierten Aquiferen können verschiedene abiotische und biotische Prozesse die
Isotopensignatur des DIC beeinflussen. Darunter zählen vor allem die Lösung von Carbonat,
der Eintrag von atmosphärischem Kohlendioxid über den Austausch von Bodenluft und die
Bildung von DIC während des in situ-Schadstoff- und Methanabbaus.
Entsprechend des Carbonatgleichgewichtes ist im Grundwasser mit einem pH-Wert von 6,4
bis 10,3 Hydrogencarbonat ( HCO3− ) die dominierende Spezies des DIC. Innerhalb der
Schadstofffahne wurden größtenteils pH-Werte zwischen 6,5 und 7,0 bestimmt (Daten nicht
gezeigt). Deshalb war davon auszugehen, dass der DIC im Untersuchungsgebiet überwiegend
als Hydrogencarbonat vorliegt. Aus der Lösung von Calciumcarbonat resultiert in einem
Temperaturbereich von 5 bis 10 °C eine Gleichgewichtsisotopenfraktionierung ε(eq)CO2-HCO3
von ca. 3 ‰ (CLARK & FRITZ 1997). Carbonate haben in der Regel ein
Kohlenstoffisotopenverhältnis im Bereich von -15 bis 5 ‰ (CLARK & FRITZ 1997, HOEFS
1997). Folglich ist damit zu rechnen, dass aus der Lösung von Calciumcarbonat
Hydrogencarbonat mit einer Kohlenstoffisotopensignatur von > -20 ‰ entsteht. Diese ist im
Vergleich zu den δ13CDIC-Werten im zentralen Bereich der Kontamination (-26 bis -23 ‰)
isotopisch schwerer. Somit sollte die Carbonatlösung nicht signifikant zur Bildung des DIC
innerhalb der Schadstofffahne beitragen.
Atmosphärisches
Kohlendioxid
besitzt
meist
ein
charakteristisches
Kohlenstoffisotopenverhältnis zwischen -10 und -5 ‰ (CLARK & FRITZ 1997, HOEFS 1997).
Beim Eintrag von Kohlendioxid aus der Bodenluft in einen Aquifer ergibt sich in einem
Temperaturbereich zwischen 5 bis 10 °C eine Gleichgewichtsfraktionierung ε(eq)CO2-HCO3 von
ca. -10 ‰ (CLARK & FRITZ 1997). Somit ist damit zu rechnen, dass aus der Luft eingetragener
DIC ein Kohlenstoffisotopenverhältnis zwischen 0 und 5 ‰ besitzt, welches im Vergleich zu
den δ13CDIC-Werten im zentralen Bereich der Kontamination (-26 bis -23 ‰) isotopisch
schwerer ist. Deshalb hat der Eintrag von atmosphärischem Kohlendioxid offensichtlich
keinen signifikanten Einfluss auf die Erhöhung des DIC-Gehaltes innerhalb der
Schadstofffahne.
Beim nicht methanogenen Schadstoffabbau entsteht DIC, das eine ähnliche bzw. isotopisch
leichtere Kohlenstoffisotopensignatur wie das Substrat besitzt (BAEDECKER et al. 1993,
LANDMEYER et al. 1996, CLARK & FRITZ 1997, CONRAD et al. 1997, BOLLIGER et al. 1999,
HUNKELER et al. 1998, 1999, 2001 & 2002, FANG et al. 2000). Für die Messkampagne Mai
2002 wurde im Schadenszentrum eine Kohlenstoffisotopensignatur des Benzols im Bereich
zwischen -29 und -28 ‰ nachgewiesen (Daten nicht gezeigt). Somit sollte bei der nicht
methanogenen Schadstoffmineralisierung DIC gebildet werden, der isotopisch leichter als der
DIC im Grundwasseranstrom (-20 bis -19 ‰) ist. Somit ist offensichtlich die nicht
methanogene Schadstoffmineralisierung der wesentliche Prozess, der innerhalb der
Schadstofffahne zur 12C-Anreicherung des DIC führte.
Der methanogene Schadstoffabbau im Untersuchungsgebiet wird offensichtlich überwiegend
durch die Acetatgärung bestimmt (siehe unten). Die Isotopenfraktionierung bei der
methanogenen Umsetzung von Acetat führt zur Bildung von isotopisch leichtem Methan und
schwerem DIC mit einer Kohlenstoffisotopensignatur von > 0 ‰ (WHITICAR et al. 1986,
BLAIR & CARTER 1992, SUGIMOTO & WADA 1993, GROSSMAN 1997). Wenn der
methanogene Schadstoffabbau einen großen Einfluss auf die Bildung des DIC innerhalb der
Schadstofffahne hätte, würde das DIC gegenüber dem Grundwasseranstrom isotopisch
schwerer und nicht leichter sein. Deshalb trägt die methanogene Schadstoffumsetzung
vermutlich nicht wesentlich zur Bildung des DIC im zentralen Bereich der Kontamination bei.
In einem Grundwasserleiter führt die Methanoxidation zur Bildung von isotopisch leichtem
DIC und schwerem Methan (CONRAD et al. 1999, WHITICAR 1999, GROSSMAN et al. 2002).
Aus einem erhöhten Methanabbau innerhalb der Schadstofffahne sollte eine deutliche 12C-
-
Anreicherung des DIC resultieren. Somit wäre die Methanoxidation ein Prozess, der die
isotopisch leichte Kohlenstoffisotopensignatur des DIC im zentralen Bereich der
Schadstofffahne erklären könnte. Doch wurde in dieser Zone keine Methanoxidation
nachgewiesen (siehe unten).
Es zeigte sich, dass die 12C-Anreicherung des DIC im zentralen Bereich der Schadstofffahne
hauptsächlich aus der nicht methanogenen Schadstoffmineralisierung resultiert. Dabei spielt
vor allem die mikrobielle Sulfatreduktion eine wesentliche Rolle (siehe oben). Dies wird
besonders deutlich an der gegenläufigen Zu- und Abnahme der Konzentrationen des DIC und
des Sulfats innerhalb der Schadstofffahne (Abb. 2 und 3).
Für den zentralen Bereich der Schadstofffahne wurde der Anteil an mineralisiertem
Schadstoff, der aus der Veränderung der Isotopensignaturen des DIC resultiert, berechnet (Gl.
4 - 6). Als Kohlenstoffisotopenverhältnis bzw. Konzentration des DIC im
Grundwasseranstrom (δ13CDIC(GA) bzw. CDIC(GA)) wurde ein mittlerer Wert von -19,5 ‰ bzw.
8,3 mM verwendet. Das durchschnittliche Isotopenverhältnis des DIC in der Schadstofffahne
(δ13CDIC(M)) betrug -24,3 ‰. Für die Isotopensignatur des Schadstoffes wurde das 13C/12CVerhältnis des Benzols im Schadenszentrum (-28,2 ‰) aus der Messkampagne Mai 2002
(Daten nicht gezeigt) verwendet, weil Benzol den Hauptanteil der Kontamination im
Untersuchungsgebiet ausmacht.
Die Abschätzung ergab, dass eine Erniedrigung des Kohlenstoffisotopenverhältnisses des DIC
um 4,8 ‰ einer Mineralisierung von ca. 133 mg/l Benzol (1,7 mmol/l) entspricht.
Der Berechnung lagen verschiedene Annahmen zu Grunde. Es wurde davon ausgegangen,
dass die 12C-Anreicherung des DIC innerhalb der Schadstofffahne nur aus dem nicht
methanogenen Schadstoffabbau resultiert und die Transformation des Schadstoffes in DIC
nicht mit einer signifikanten Isotopenfraktionierung sowie einer Nettoproduktion von
Biomasse verbunden ist.
Wie bereits gezeigt wurde, ist die nicht methanogene Schadstoffmineralisierung der
wesentliche Prozess, der zur Bildung von isotopisch leichtem DIC innerhalb der
Schadstofffahne führt. Die Lösung von Carbonat, der Eintrag von atmosphärischem
Kohlendioxid über den Austausch von Bodenluft und die Acetatgärung sollte zur Bildung von
isotopisch schwerem DIC führen. Die Folge wäre eine Unterschätzung der berechneten
Schadstoffmineralisierung. Dies sollte jedoch zu vernachlässigen sein, weil die genannten
Prozesse im Gegensatz zur nicht methanogenen Schadstoffmineralisierung wenn überhaupt
nur einen geringen Anteil an der Bildung des DIC innerhalb der Schadstofffahne ausmachen
(siehe oben). Ebenfalls zu vernachlässigen ist der Eintrag von leichtem DIC durch die
Methanoxidation, der zu einer Überschätzung der Schadstoffmineralisierung beitragen
könnte.
Eine Isotopenfraktionierung in Folge des unvollständigen Schadstoffabbaus im zentralen
Bereich der Kontamination könnte zur Bildung von DIC führen, der isotopisch leichter als der
Schadstoff ist. Anhand eines Laborexperimentes wurde gezeigt, dass unter aeroben
Milieubedingungen die Isotopensignatur des gebildeten DIC im Vergleich zu dem nicht
umgesetzten Benzol bei einem Abbau von 20 % etwa 6 ‰ und einem annähernd
vollständigen Abbau etwa 4 ‰ isotopisch leichter war (HUNKELER et al. 2001). Im Vergleich
zur Abschätzung ohne Berücksichtigung einer Fraktionierung wäre bei einer maximalen
Isotopenfraktionierung (6 ‰) zwischen gebildetem DIC und nicht abgebautem Benzol die
Mineralisierung des Benzols im zentralen Bereich der Schadstofffahne um etwa 2/3 niedriger.
Bisher ist die Isotopenfraktionierung zwischen dem gebildeten DIC und dem nicht
umgesetzten Benzol unter anaeroben Milieubedingungen noch nicht bestimmt worden. Um
eine genauere Abschätzung des anaeroben Benzolabbaus in einem kontaminierten Aquifer
anhand der Isotopensignatur des DIC zu gewährleisten, ist die Bestimmung der
Isotopenfraktionierung zwischen dem entstehenden DIC und dem nicht mineralisierten
Benzol notwendig.
Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass sich die meisten BTEX-Schadstofffahnen in einer
Art Gleichgewichtszustand befinden (RICE et al. 1995, MACE et al. 1997). Eine
Nettoproduktion an Biomasse findet in solchen Schadstofffahnen nicht statt, weil die
Sterberate der Mikroflora annähernd gleich der Reproduktionsrate ist (WIEDEMEIER et al.
1999). Der Kohlenstoff, der bei der Assimilation in die Biomasse eingebaut wird, gelangt bei
der Mineralisierung der Biomasse wieder in das System zurück. Somit sollte sich eine
mögliche Isotopenfraktionierung bei der Synthese und dem Abbau von Biomasse annähernd
ausgleichen und kann aus diesem Grund bei der dargestellten Berechnung vernachlässigt
werden.
Unter den genannten Voraussetzungen konnte mit Hilfe der Änderung der Isotopensignatur
des DIC der mikrobielle Benzolabbau im oberen Grundwasserleiter des Standortes Zeitz
abgeschätzt werden. Dabei wurde die Berechnung auf den zentralen Bereich der
Schadstofffahne beschränkt, weil mit zunehmender Entfernung von der Schadstoffquelle die
Verdünnung mit unbelastetem Grundwasser zunimmt. Der DIC des unbelasteten
Grundwassers ist im Vergleich zum DIC, der während des Schadstoffabbaus gebildet wird,
isotopisch schwerer. Somit ist wahrscheinlich die zunehmende Verdünnung einer der
wesentlichen Prozesse, der die 13C-Anreicherung des DIC im Randbereich der
Schadstofffahne trotz entsprechender Schadstoffmineralisierung verursacht (Abb. 3). Folglich
scheint die Abschätzung der mikrobiellen Schadstoffumsetzung auf Grundlage der
Isotopensignatur des DIC für den Fahnenrand der Kontamination schwierig zu sein.
Platzhalter Abbildung 3
Konzentrationen und Kohlenstoffisotopenverhältnisse des Methans
Der Anstieg der Methankonzentration innerhalb eines kontaminierten Grundwasserleiters
gegenüber unbelasteten Bereichen dient als ein Indiz für den methanogenen Schadstoffabbau
(CHAPELLE et al. 1995, WIEDEMEIER et al. 1999). Die wesentlichen Methanbildungswege
stellen die anaerobe Carbonatatmung und die Acetatgärung dar (WHITICAR et al. 1986). Beide
Prozesse können bei dem Abbau von Kohlenwasserstoffen miteinander verknüpft sein
(ZENGLER et al. 1999). Ein weiterer Prozess, der die Methankonzentration in einem
kontaminierten Aquifer beeinflussen kann, ist die Methanoxidation (BARKER & FRITZ 1981,
CONRAD et al. 1999, GROSSMAN et al. 2002). Mit Hilfe des Anreicherungsfaktoren ε(eq)DICCH4 können Methanbildungs- und -abbauprozesse tendenziell unterschieden werden. Dabei
sind geringe ε(eq)DIC-CH4-Werte (< 20 ‰) ein Indiz für Methanoxidation. Mittlere
Anreicherungsfaktoren (10 bis 50 ‰) weisen auf Acetatgärung und hohe
Anreicherungsfaktoren (> 50 ‰) auf anaerobe Carbonatatmung als den wesentlichen Prozess
der Methanbildung hin (WHITICAR et al. 1986, BOTZ et al. 1996, CLARK & FRITZ 1997,
WALDRON et al. 1998, CONRAD et al. 1999, WHITICAR 1999, HORNIBROOK et al. 2000,
GROSSMAN et al. 2002).
Um Bereiche der Methanbildung und des -abbaus innerhalb der Schadstofffahne des
Untersuchungsgebietes zu kartieren, wurde die flächenhafte Verteilung der
Methankonzentrationen sowie die Anreicherungsfaktoren ε(eq)DIC-CH4 der Messkampagne Mai
2002 genauer untersucht.
Die höchsten Methankonzentrationen des Grundwassers im Untersuchungsgebiet waren > 14
mg/l (Abb. 4). Sie wurden im zentralen Bereich der Schadstofffahne nachgewiesen. Die
Anreicherungsfaktoren ε(eq)DIC-CH4 lagen zwischen 0 und 49 ‰ (Abb. 4), was sowohl auf
Methanbildung als auch -abbau hindeutet. Da die ε(eq)DIC-CH4-Werte nicht größer als 50 ‰
waren, scheint die Acetatgärung der vorherrschende Bildungsweg des Methans im
Untersuchungsgebiet zu sein. In vergleichbaren Studien konnte ebenfalls gezeigt werden, dass
die Methanbildung in kontaminierten Grundwasserleitern wesentlich durch die Acetatgärung
bestimmt wird (REVESZ et al. 1995, HACKLEY et al. 1996, CONRAD et al. 1999).
Der nördliche Randbereich der Benzolfahne zeichnete sich durch sinkende
Methankonzentrationen aus. Gleichzeitig fielen die ε(eq)DIC-CH4-Werte von 21 auf 0 ‰, was
als ein Hinweis auf den Methanabbau in dieser Zone gewertet werden konnte. Offensichtlich
wird in diesem Bereich, welcher durch hohe Sulfat- sowie vernachlässigbare Nitrat- und
Sauerstoffkonzentrationen gekennzeichnet ist, das Methan hauptsächlich durch
sulfatreduzierende Mikroorganismen umgesetzt. Aus diesem Ergebnis konnte abgeleitet
werden,
dass
im nördlichen
Randbereich
der
Benzolfahne
bioverfügbare
Elektronenakzeptoren nicht nur während des Schadstoffabbaus sondern auch während der
Methanoxidation verbraucht werden. In zahlreichen Studien konnte der Abbau von Methan
unter sulfatreduzierenden Milieubedingungen in marinen Sedimenten nachgewiesen werden
(BURNS 1998, NIEWÖHNER et al. 1998, BOETIUS et al. 2000, MICHAELIS et al. 2002). Des
Weiteren wurde die anaerobe Methanoxidation in einem kontaminierten Grundwasserleiter,
der aufgrund der Infiltration von Deponiesickerwasser durch hohe Konzentrationen an
Methan und schwerflüchtigen organischen Verbindungen geprägt war, beschrieben
(GROSSMAN et al. 2002).
Platzhalter Abbildung 4
Abschätzung des mikrobiellen Schadstoffabbaus anhand der
Isotopenfraktionierung des Benzols
Für die Abschätzung des prozentualen biologischen Schadstoffabbaus (B %) im oberen
Grundwasserleiter des Standortes Zeitz wurden die Isotopenverhältnisse des Benzols aus der
Messkampagne Dezember 2002 verwendet.
Im zentralen Bereich der Schadstofffahne wurden maximale Benzolkonzentrationen von bis
zu 1000 mg/l nachgewiesen (Abb. 5). Die Isotopenverhältnisse (δ13CBenzol) lagen zwischen 29,5 und -24,4 ‰ (Abb. 5). Dabei zeichnet sich die hochkontaminierte Zone durch δ13CBenzolWerte zwischen -29,5 und -28,5 ‰ aus. Besonders in den Randbereichen der Schadstofffahne
wurden für Benzol isotopisch schwerere δ13CBenzol-Werte bestimmt. Da die Isotopensignatur
von BTEX-Verbindungen in Grundwasserleitern nicht signifikant durch abiotische Prozesse
wie Sorption, Verflüchtigung und Verdünnung beeinflusst wird, konnte davon ausgegangen
werden, dass innerhalb der Schadstofffahne Benzol mikrobiell abgebaut wird.
Platzhalter Abbildung 5
Mit den δ13CBenzol-Werten war es unter Verwendung von Gleichung 3 möglich, den
prozentualen biologischen Benzolabbau für den oberen Aquifer des Standortes Zeitz
abzuschätzen. Als Isotopensignatur der Schadstoffquelle (R0) wurde ein δ13CBenzol-Wert von 28,5 ‰, welcher als untere Grenze für die am stärksten belastete Zone charakteristisch ist,
angenommen. Somit wird eine Überschätzung des prozentualen biologischen Benzolabbaus
vermieden.
Der mikrobielle Schadstoffabbau im oberen Grundwasserleiter des Standortes Zeitz ist im
Wesentlichen mit der Sulfatreduktion und der Methanogenese verbunden. In verschiedenen
Untersuchungen an kontaminierten Grundwasserleitern konnte gezeigt werden, dass die
Sulfatreduktion und Methanogenese in gleichen Zonen den in situ-Abbau bestimmen
(WIEDEMEIER et al. 1999, CHRISTENSEN et al. 2000 & 2001, WILLIAMS et al. 2001). Deshalb
erfolgte eine Abschätzung des prozentualen biologischen Benzolabbaus für beide Prozesse.
Dabei wurde für den Benzolabbau unter sulfatreduzierenden Bedingungen ein kinetischer
13
C/12C-Fraktionierungsfaktor α(k) von 1,0036 und unter methanogenen Verhältnissen von
1,0020 angenommen (MANCINI et al. 2003).
Anhand der Änderung des Isotopenverhältnisses von Benzol, der verwendeten
Isotopensignatur der Schadstoffquelle und der geeigneten 13C/12C-Fraktionierungsfaktoren
wurde ein maximaler Benzolabbau unter sulfatreduzierenden Milieubedingungen von 69 %
und unter methanogenen von 88 % bestimmt (Abb. 6). Dabei zeigte sich, dass mit größerer
Entfernung von der Schadstoffquelle der prozentuale biologische Benzolabbau zunimmt.
Weiterhin scheint im zentrumsnahen Bereich der Schadstofffahne kein Benzol mikrobiell
umgesetzt zu werden. Aber wie bereits gezeigt werden konnte, ist auch in den zentralen
Zonen mit einem Benzolabbau zu rechnen. Das Verhältnis der abgebauten Benzolfraktion
gegenüber der Restfraktion ist im Schadenszentrum relativ klein, weil ständig Benzol aus der
reinen Schadstoffphase gelöst wird. Somit wird in diesem Bereich die
Kohlenstoffisotopensignatur des Benzols durch den mikrobiellen Abbau nur unwesentlich
verändert. Zudem konnte in verschiedenen Laborversuchen sowohl unter aeroben als auch
anaeroben Milieubedingungen eine signifikante Kohlenstoffisotopenfraktionierung erst nach
einem Benzolabbau von > 20 % nachgewiesen werden (HUNKELER et al. 2001, MANCINI et al.
2003). Deshalb ist die Quantifizierung der Schadstoffmineralisierung auf Grundlage der
13 12
C/ C-Fraktionierung für den zentralen Bereich der Schadstofffahne eingeschränkt. Erst bei
einem Benzolabbau von > 20 % scheint der Unterschied des Kohlenstoffisotopenverhältnisses
zwischen dem nicht abgebauten Benzol und der residualen Fraktion groß genug zu sein, um
eine ausreichend genaue Abschätzung des in situ-Abbaus zu ermöglichen. Letztendlich ist die
Erfassung des mikrobiellen Schadstoffabbaus mit Hilfe der substratspezifischen
Isotopenfraktionierung im Fahnenzentrum einer Kontamination ungeeignet.
Platzhalter Abbildung 6
Charakterisierung der vertikalen Variabilität isotopen- und
hydrogeochemischer Parameter innerhalb der Schadstofffahne
Durch den Einbau eines MLPS in einige Brunnen des oberen Grundwasserleiters konnten
verschiedene isotopen- und hydrogeochemische Parameter im verfilterten Bereich
tiefenorientiert aufgenommen werden. Für die Untersuchungen der vertikalen Gradienten
innerhalb der Schadstofffahne wurde jeweils ein repräsentativer Brunnen des
Kontaminationszentrums (A) sowie für den weniger belasteten Randbereich (B) ausgesucht
(Abb. 6). Dabei wurden die Daten aus der Messkampagne Dezember 2002 verwendet.
Im Brunnen A konnte eine maximale Benzolkonzentration von 860 mg/l bestimmt werden. Im
Gegensatz dazu sind die Benzolgehalte im Grundwasser des Brunnen B < 200 mg/l (Tab. 1).
Die Kohlenstoffisotopenverhältnisse des Benzols lassen keine signifikanten Unterschiede im
Vertikalprofil des Schadenszentrums (Brunnen A) erkennen. Für die Messstelle B im
Randbereich der Schadstofffahne zeigte sich, dass die Benzolkonzentrationen von unten nach
oben abnehmen, während gleichzeitig eine 13C-Anreicherung in der residualen Benzolfraktion
zu verzeichnen ist. Dies deutet auf den mikrobiellen Abbau von Benzol im oberen Bereich der
gesättigten Zone hin. Im Gegensatz zu Sulfat wurden in Brunnen B bioverfügbare
Elektronenakzeptoren wie Sauerstoff, Eisen (III) und Nitrat nur in sehr geringen
Konzentrationen nachgewiesen (Daten nicht gezeigt). Somit scheint die mikrobielle
Sulfatreduktion in diesem Bereich den Benzolabbau wesentlich zu beeinflussen.
Die Anreicherungsfaktoren ε(eq)DIC-CH4 zeigten Methanbildung in beiden Brunnen, jedoch
konnten in Brunnen B höhere Methankonzentrationen nachgewiesen werden. Anhand der
Höhe der ε(eq)DIC-CH4-Werte scheint in beiden Messstellen die Acetatgärung der dominierende
Methanbildungsprozess zu sein.
In den unteren Probenahmetiefen des Brunnens B ließen sich trotz deutlicher Veränderungen
in den Benzolkonzentrationen keine Veränderungen in der Kohlenstoffisotopensignatur des
Benzols gegenüber der Messstelle A nachweisen. Wahrscheinlich ist die Minderung der
Benzolgehalte in den unteren Probenahmetiefen des Brunnens B hauptsächlich auf
Verdünnungs- bzw. Sorptionseffekte, die keine signifikante Veränderung der Isotopensignatur
des Benzols verursachen, zurückzuführen.
Unterschiede zwischen beiden Beobachtungsbrunnen spiegelten sich in den Konzentrationen
und Kohlenstoffisotopenverhältnissen des DIC wider. Für die Messstelle B wurden deutlich
höhere DIC-Gehalte bzw. leichtere δ13CDIC-Werte als in Messstelle A registriert. Beides
deutet darauf hin, dass in Brunnen A trotz vergleichbarer bzw. höherer Sulfatkonzentrationen
im Gegensatz zu Brunnen B der mikrobielle in situ-Abbau offensichtlich eingeschränkt ist.
Möglicherweise ist die mikrobielle Sulfatreduktion in stark kontaminierten Aquiferbereichen
aufgrund toxischer Wirkungen des Benzols gehemmt (KAZUMI et al. 1997). Aufgrund des
Nachweises der Methanbildung in diesen Zonen scheint ein methanogener Schadstoffabbau
stattzufinden.
Es war festzustellen, dass durch die vertikale Änderung der Isotopensignatur und
Konzentration des Benzols der Abbau von Benzol im oberen Bereich des nördlichen
Schadstofffahnenrandes nachgewiesen werden konnte. Somit bilden sich offensichtlich
innerhalb einer Schadstofffahne nicht nur horizontale sondern auch vertikale Zonen des
mikrobiellen in situ-Abbaus aus.
Bei einer Probe, die über den kompletten Filterbereich eines Brunnens gewonnen wird,
werden die Isotopenverhältnisse der verschiedenen Abbauzonen vermischt. Dabei wird immer
die Isotopensignatur des Schadstoffes aus dem stärker belasteten Horizont dominieren, weil
der Massenanteil an der residualen Schadstofffraktion aus diesem Bereich stets größer ist als
der aus weniger kontaminierten Zonen. Im Vertikalprofil des Brunnens B zeigte sich, dass mit
kontinuierlich schwerer werdenden Isotopenverhältnissen auch die Konzentrationen des
Benzols abnahmen, wobei der Trend beider Parameter offensichtlich auf den zunehmenden
Schadstoffabbau zurückzuführen ist. Bei einer Probenahme über das gesamte Tiefenprofil des
Brunnens B würde somit die leichtere Isotopensignatur des Benzols, welche repräsentativ für
den am stärksten kontaminierten Horizont bzw. Fließweg mit der geringsten Biodegradation
ist, aufgrund der Mischungseffekte wesentlich die Isotopensignatur der Probe bestimmen.
In einer heterogen strukturierten Schadstofffahne führt deshalb die Quantifizierung des
mikrobiellen in situ-Abbaus anhand der Isotopensignaturen der Kontaminante (siehe Gl. 3)
aufgrund der Vermischung von Grundwasser aus Fließwegen mit einer unterschiedlich
starken Biodegradation zu einer Unterschätzung der Schadstoffumsetzung (RICHNOW et al.
2003b). Somit bietet die isotopenchemische Bestimmung des prozentualen biologischen
Schadstoffabbaus auf Grundlage der konventionellen Probenahme eine entsprechende
Sicherheit, das Abbaupotenzial autochthoner Mikroorganismen in einem kontaminierten
Grundwasserleiter nicht zu überschätzen. Dies ist besonders relevant bei der Verwendung des
prozentualen biologischen in situ-Abbaus für Langzeitprognosen der Schadstoffminderung.
Platzhalter Tabelle 1
Schlussfolgerung
Mit Hilfe der isotopenchemischen Untersuchung wurde der mikrobielle Benzolabbau im
oberen Grundwasserleiter des Standortes Zeitz abgeschätzt. Zudem wurden wesentliche
mikrobielle Redoxprozesse, die den Schadstoffbau beeinflussen, bestimmt. Damit sind in
Bezug auf das eingangs beschriebene MNA-Konzept einige wichtige Bausteine zur Sicherung
des Standortes Zeitz erarbeitet worden.
Es zeigte sich, dass sowohl die mikrobielle Sulfatreduktion als auch die methanogene
Fermentation wesentlich am Schadstoffabbau beteiligt sind. Offensichtlich finden beide
Redoxprozesse statt, wobei die in situ-Biodegradation im Wesentlichen mit der mikrobiellen
Sulfatreduktion verknüpft ist. Nur in Bereichen mit Sulfatkonzentrationen < 100 mg/l bzw.
stark kontaminierten Zonen scheint die methanogene Fermentation eine größere Bedeutung zu
haben.
Als Methanbildungsweg spielt im oberen Grundwasserleiter des Standortes die Acetatgärung
eine zentrale Rolle. Im nördlichen Randbereich der Schadstofffahne wird Methan abgebaut.
Aufgrund der hydrogeochemischen Milieubedingungen sollte die Sulfatreduktion der
dominierende Prozess des Methanabbaus sein.
Der mikrobielle Benzolabbau im oberen Grundwasserleiter des Standortes Zeitz wurde
anhand von zwei komplementären Methoden abgeschätzt. Mit Hilfe der Veränderung der
Isotopensignatur des DIC konnte für den zentralen Bereich der Schadstofffahne auf die Höhe
der Mineralisierung des Benzols geschlossen werden. Die Aussagekraft der Methode ist in
den Randzonen der Kontamination eingeschränkt. In diesen Bereichen konnte jedoch der
mikrobielle Benzolabbau auf Grundlage der Veränderungen der δ13CBenzol-Werte bestimmt
werden. Mit dieser Methode war es nicht möglich, eine zuverlässige Aussage für die
mikrobielle Umsetzung des Benzols im zentralen Bereich der Schadstofffahne abzugeleiten.
Letztendlich ergänzen sich beide Methoden in ihrer Aussagefähigkeit in Bezug auf die
Abschätzung des Benzolabbaus in der gesamten Schadstofffahne.
Wie gezeigt werden konnte, stellt die Analyse und Auswertung der Isotopenverhältnisse von
BTEX-Verbindungen,
bioverfügbaren
Elektronenakzeptoren
und
verschiedenen
Abbauprodukten ein geeignetes Repertoire an Methoden zur Untersuchung des mikrobiellen
Schadstoffabbaus in BTEX-kontaminierten Grundwasserleitern zur Verfügung. Da der
isotopenchemische Ansatz eine Charakterisierung bzw. Abschätzung des mikrobiellen in situAbbaus ermöglicht, scheint es sinnvoll zu sein, ihn für eine zeitliche Überwachung im Sinne
des MNA-Konzeptes einzusetzen.
Danksagung
Diese Arbeit wäre ohne die Unterstützung und Zusammenarbeit der RETZINA-Projektpartner
nicht denkbar gewesen. Dafür möchten wir besonders Prof. Georg Teutsch, PD Dr. Mario
Schirmer und deren Mitarbeitern danken. Für die technische Assistenz bei den Feld- bzw.
Laborarbeiten gilt unser Dank Dipl.-Phys. Matthias Gehre, Ursula Günther, Werner
Kletsander, Dr. Hansjörg Weiß und den Mitarbeitern der GFE-Consult GmbH. Weiterhin
möchten wir uns bei Dipl.-Geol. Stefan Gödeke und Dipl.-Geol. Michael Dietze für Ihre
Hilfestellungen besonders bei Fragen zur Hydrogeologie des Standortes bedanken. Außerdem
danken wir dem BMBF für die finanzielle Unterstützung des RETZINA-Projektes (BMBF
Förderkennzeichen 02WT0041). Zusätzliche Mittel wurden durch das UFZ im Rahmen des
Forschungsschwerpunkts SAFIRA zur Verfügung gestellt.
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Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Hydrogeo- und isotopenchemische Parameter im Tiefenprofil zweier
Beobachtungsbrunnen (Daten aus Messkampagne Dezember 2002). Die Lage der Brunnen A
und B ist in Abb. 6 dagestellt.
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Rechte Seite: Hydrogeologisches Profil des Standortes Zeitz (verändert nach GÖDEKE
et al. 2004). Linke Seite: Flächenhafte Ausdehnung der Benzolfahne (Konzentrationsangaben
in mg/l, Daten aus der Messkampagne Mai 2002) im Bereich des oberen Aquifers mit Angabe
der Grundwasserisohypsen (Daten aus der Messkampagne Mai 2002). I und II zeigt die Lage
des hydrogeologischen Profils.
Abb. 2: Sulfatkonzentrationen [mg/l] und δ34SSO4-Werte [‰ V-CDT] (Zahlen) im
Grundwasser des oberen Aquifers (Daten aus Messkampagne Mai 2002). Der Pfeil beschreibt
die Hauptgrundwasserfließrichtung.
Abb. 3: DIC-Konzentrationen [mgC/l] und δ13CDIC-Werte [‰ V-PDB] (Zahlen) im
Grundwasser des oberen Aquifers (Daten aus Messkampagne Mai 2002). Der Pfeil beschreibt
die Hauptgrundwasserfließrichtung.
Abb. 4: Methankonzentrationen [mg/l] und ε(eq)DIC-CH4-Werte [‰ V-PDB] (Zahlen) im
Grundwasser des oberen Aquifers (Daten aus Messkampagne Mai 2002). Der Pfeil beschreibt
die Hauptgrundwasserfließrichtung.
Abb. 5: Benzolkonzentrationen [mg/l] und δ13CBenzol-Werte [‰ V-PDB] (Zahlen) im
Grundwasser des oberen Aquifers (Daten aus Messkampagne Dezember 2002). Der Pfeil
beschreibt die Hauptgrundwasserfließrichtung.
Abb. 6: Benzolkonzentrationen [mg/l] und prozentualer biologischer Benzolabbau [%]
(Zahlen) unter sulfatreduzierenden (Wert vor dem Schrägstrich) und methanogenen (Wert
nach dem Schrägstrich) Milieubedingungen (Daten aus Messkampagne Dezember 2002). Die
markierten Werte zeigen die Lage der Brunnen, die für die tiefenorientierten Untersuchungen
genutzt wurden.
Tab. 1:
Brunnen
Probenahmetiefe
[m uGOK]
Benzol
[mg/l]
δ13CBenzol
[‰]
Sulfat
[mg/l]
Methan
[µg/l]
εDIC-CH4
[‰]
DIC
[mgC/l]
δ13CDIC
[‰]
A
Fahnenzentrum
11,0
12,5
13,5
14,5
381
863
646
735
-28,6
-28,5
-28,7
-28,6
389
309
339
256
372
148
227
1352
17,0
26,1
24,8
26,7
120
144
135
153
-23,4
-23,4
-23,4
-22,4
B
Fahnenrand
10,2
11,2
13,0
14,5
60
137
186
195
-26,9
-27,7
-28,6
-28,7
358
154
176
160
3124
4531
4901
1264
25,3
23,8
20,9
21,7
119
182
187
190
-26,1
-26,5
-25,2
-25,4
Abb. 1
146,5 mNN
0
II
700
600
I
II
Oberer
Aquifer
-10
500 -20
GW-Stauer
400
300 -30
N
100 m
200
I
100
0
Unterer
Aquifer
-40
Kies Grober Sand Sand
Silt
Braunkohle Ton Ton (Tertiär-Basis)
Abb. 2:
Benzol
1300
12 10
6
45
1200
9
1100
1000
40
18 18
21 12
1612
1
15 13
25
900
800
700
8
-1
600
500
400
300
13
200
100 m
7
7
N-NO
100
0
Abb. 3:
Benzol
-22
-22 -25
-23 -25
-24
-21
-24
-25
-25
-22
-22
-20
-22
-24
-17
-24
-25 -24 -20
-24 -23 -24
-23
-24
-20
-22 -25
-19
-24
-22
-24
-21
210
190
170
150
130
110
-23
-24
-16
100 m
230
-23
-20
-21
-23
90
-26
-19
70
N-NO
-22
50
Abb. 4:
Benzol
14
0
1 27
21 30
23 32
34
36
21
19
35 28
49
13
12
11
10
9
30
8
30 27 29
33 30 31
37
27
18
47 31
24
25
22
24
7
6
5
24
36
32
100 m
23
32
4
22
3
2
38
35
N-NO
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Abb. 5:
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-28,2-28,3
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-24,4 -27,6
-27,9-28,2
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-27,9
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-29,0-24,8
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-28,7
-28,6
-28,6
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Abb. 6:
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B
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Fachbeiträge
Benzenabbau im Grundwasser
unter verschiedenen RedoxBedingungen
Stefan Gödeke, Holger Weiß, Ralf Trabitzsch, Carsten Vogt,
Thorsten Wachter, Mario Schirmer
Kurzfassung
In Abwesenheit von Sauerstoff kann Benzen im Grundwasser unter verschiedenen Redox-Bedingungen abgebaut
werden. Die für den anaeroben Benzenabbau relevanten
Elektronenakzeptoren werden anhand einer Literaturstudie bewertet. Es wird deutlich, dass nur wenige Studien
existieren, die unter In-situ-Bedingungen und ohne Zusätze von Auxiliarsubstraten einen anaeroben Benzenabbau
nachweisen konnten. Die bei den Laborversuchen eingesetzten Benzenkonzentrationen sind im Vergleich zu realen Schadensfällen eher gering. Anaerober Benzenabbau
beginnt meist erst nach längeren Lag-Phasen. Sulfat als
terminaler Elektronenakzeptor hat für den anaeroben
Benzenabbau die größte Bedeutung. In einem Sanierungsexperiment (ANDERSON & LOVLEY 2000) konnte der Benzenabbau durch Sulfatzugabe bereits stimuliert werden.
Abstract
Degradation of Benzene in Groundwater Under Variable
Redox Conditions
Benzene has been proven to be biodegraded in the absence of oxygen by a variety of terminal electron acceptors. The most relevant are described in a literature review. So far only few studies exist that verified benzene
degradation at groundwater temperatures with naturally
occurring bacteria and without addition of nutrients. The
utilised benzene concentrations in the laboratory experiments are often small, compared to real contaminations.
Long lag periods until the start of benzene degradation
are possible. Furthermore, it is demonstrated that the
electron acceptor sulphate is of particular importance for
the anaerobic degradation of benzene. One field experiment (ANDERSON & LOVLEY 2000) was able to stimulate benzene degradation under sulphate-reducing conditions.
Einleitung
a33333333333333333333333333333333333
Dipl.-Geol. S. Gödeke, Dr. H. Weiß, Dipl.-Ing. R. Trabitzsch,
UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH,
Department Grundwassersanierung,
Permoserstr. 15, 04318 Leipzig,
Telefon: 0341-235-2333, Telefax: 0341-235-2126,
stefan.goedeke@ufz.de
Dr. C. Vogt,
UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH,
Department Umweltmikrobiologie,
Permoserstr. 15, 04318 Leipzig
Dipl.-Geoökol. T. Wachter,
Institut für Geowissenschaften, Abteilung Angewandte
Geologie, Christian-Albrechts-Universität Kiel,
Olshausenstr. 40/60, 24098 Kiel,
PD Dr. M. Schirmer,
UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH,
Department Hydrogeologie,
Theodor Lieser-Str. 4, 06120 Halle (Saale)
Eingang des Beitrages: 20.12.2002
Eingang des überarbeiteten Beitrages: 19.09.2003
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Grundwasserkontaminationen durch aromatische Kohlenwasserstoffe gehören weltweit zu den häufigsten Kontaminationen.
Diese Schadensfälle können regionale Ausmaße erreichen
(Weiß et al. 2001). Da bei größeren Schadensherden eine Dekontamination mittels aktiver Sanierungsmaßnahmen i.d.R. zu
unverhältnismäßig hohen Aufwendungen führt bzw. technisch
kaum durchführbar ist, wurde in den letzten Jahren intensiv an
der Entwicklung von kostengünstigen Sanierungsstrategien
geforscht. Als besonders erfolgversprechend in diesem Zusammenhang werden In-situ-Reaktionswände (TEUTSCH et al. 1996)
sowie die Verfahren des „Enhanced Natural Attenuation“ und
„Monitored Natural Attenuation“ angesehen. Von entscheidender Bedeutung für den Einsatz von „Monitored Natural Attenuation“ als Alternative zu klassischen Sanierungsverfahren ist
ein Verständnis der für den Schadstoffabbau verantwortlichen
Redox-Prozesse (Elektronenakzeptorverhältnisse) im Grundwasser. Art und Umfang des natürlichen Schadstoffabbaus hängen neben den jeweiligen autochthonen Mikroorganismen besonders von der Menge und der Art der Elektronenakzeptoren
im Aquifer ab (BORDEN et al. 1995). Nach dem Eindringen von
Schadstoffen (wie z. B. flüssige Kohlenwasserstoffe) entwickeln
sich im Bereich des Schadensherdes und im Abstrom sehr
schnell anaerobe Verhältnisse, da die Aktivität aerober Mikro-
DOI 10.1007/s00767-003-0004-9
Fachbeiträge
organismen den im Grundwasser gelösten Sauerstoff schnell
verbraucht. Der nach dem aeroben Abbau einsetzende anaerobe Abbau vollzieht sich meist langsamer als der aerobe Abbau.
Ein Forschungsschwerpunkt der letzten Jahre in diesem Zusammenhang ist der anaerobe Abbau von Benzen als wichtigstem Vertreter der BTEX-Aromaten (Benzen, Toluen, Ethylbenzen, Xylene), da Benzen aufgrund seiner kanzerogenen Wirkung
die bedenklichste BTEX-Komponente ist. Obwohl Anreicherungskulturen unter verschiedenen Elektronenakzeptorbedingungen beschrieben wurden, in denen Benzen unter Verbrauch
des jeweiligen Elektronenakzeptors verschwand (z. B. BURLAND
& EDWARDS 1999, KAZUMI et al. 1997, LOVLEY et al. 1996), konnte in
zahlreichen Studien unter feldnahen Bedingungen kein Benzenabbau unter anaeroben Verhältnissen festgestellt werden (z. B.
ACTON & BARKER 1992, ALVAREZ & VOGEL 1991, BARBARO et al. 1992).
In der vorliegenden Arbeit sollen die für den Benzenabbau verantwortlichen Elektronenakzeptorverhältnisse anhand einer
umfassenden Literaturstudie dargestellt und bewertet werden.
Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen des vom BMBF
geförderten RETZINA-Projektes (Referenz-Testfeld Zeitz zur
Implementierung des Natural Attenuation Ansatzes am Standortes eines ehemaligen Hydrierwerkes in Sachsen-Anhalt;
TEUTSCH et al. 1999). Benzen macht hier mit bis zu 99 MassenProzent, bezogen auf die Gesamtzahl der organischen Verbindungen, den Hauptschadstoff aus. Neben Benzen ist Toluen der
zweite Haupt-Grundwasserkontaminant. Die Maximalkonzentrationen von Benzen und Toluen wurden mit 800 bzw. 50 mg/l
gemessen. Der Grundwassserschaden befindet sich in unmittelbarer Umgebung einer ehemaligen Benzendestillations-Anlage, auf dem Gelände des früheren Hydrierwerkes Zeitz.
Benzenabbau unter
aeroben Verhältnissen
Unter aeroben Verhältnissen verläuft der Benzenabbau deutlich
schneller als unter anaeroben Verhältnissen. Der Abbauweg
verläuft dabei über Brenzkatechin zum CO2 (RIBBONS & EATON
1992). In zahlreichen Feldstudien wurde ein Benzenabbau nachgewiesen (z. B. AMERICAN PETROLEUM INSTITUTE 1994). DAVIS et al.
(1994) z. B. berichten in einer Feldstudie von einem Benzenabbau von 25 mg/l. Am häufigsten wurde ein Benzenabbau allerdings in Labor-Mikrokosmenstudien beobachtet (z. B. NIELSEN
et al. 1996, ALVAREZ et al. 1998). Die Anwesenheit von anderen
Kohlenwasserstoffen wie z. B. Ethanol und Methanol kann den
Abbau von Benzen verzögern (MOLSON et al. 2002).
Benzenabbau unter
mikroaerophilen Bedingungen
In einigen Untersuchungen wird von einer Minimalkonzentration gelösten Sauerstoffes von 1–1,5 mg/l berichtet, um den
Abbau von aromatischen Kohlenwasserstoffen und im Besonderen von Benzen einzuleiten (CHIANG et al. 1989, WILSON &
BOUWER 1997). Untersuchungen von YERUSHALMI et al. 2001
machten deutlich, dass bereits Spuren von gelöstem Sauerstoff
(0,05 mg/l) Benzenumsatz ermöglichen. Höhere gelöste Sauerstoffkonzentrationen (bis zu 1 mg/l) bewirkten in den Ansätzen einen größeren Benzenumsatz. Die Ansätze unter strikt
anaeroben Bedingungen zeigten indes keinen Benzenumsatz.
Neben Phenol ließen sich Brenzkatechin und Benzoat als intermediäre Abbauprodukte identifizieren (YERUSHALMI et al.
2001).
Benzenabbau unter
anaeroben Verhältnissen
Während der aerobe Abbau von Benzen bereits 1961 von MARR
& STONE nachgewiesen wurde, ist der anaerobe Abbau von Benzen erst in den letzten zwei Jahrzehnten bekannt geworden
(WARD et al. 1980). In den letzten Jahren ist deutlich geworden,
dass die Stimulation des anaeroben BTEX-Abbaus für die Behandlung von Grundwasser-Schadensfällen die höchste Priorität besitzt (WIEDEMEIER & RIFAI 1999).
Die von den Mikroorganismen für den Abbau verwendeten
Elektronenakzeptoren werden mit abnehmendem Energiegewinn in einer bestimmten Reihenfolge verbraucht. Zuerst wird
Nitrat, anschließend Mangan (IV), Fe (III), Sulfat und CO2 umgesetzt. Wegen der im Grundwasser nur gering vorhandenen
Mangankonzentrationen hat Mangan als Elektronenakzeptor
nur eine geringe Bedeutung. Ist ein Elektronenakzeptor verbraucht bzw. nur noch in geringer Konzentration vorhanden,
wird der nach dem Energiegewinn nächstgünstige Elektronenakzeptor verbraucht (ULRICH & EDWARDS 2003). Räumlich können sich die einzelnen Elektronenakzeptorprozesse im dmBereich überlappen (CHAPELLE 2000). Wesentliche Voraussetzungen für den anaeroben Schadstoffabbau sind generell an
den Standort angepasste Mikroorganismen sowie eine ausreichende Versorgung mit Elektronendonatoren, Elektronenakzeptoren und Nährstoffen. Redoxpotenzial, pH-Wert, Temperatur und Anwesenheit weiterer Schadstoffe spielen auch eine
große Rolle. Potenzielle anaerobe benzenabbauende Bakterien
sind Angehörige des Azoarcus/Thauera Cluster (BTEX-Abbau
unter denitrifizierenden Bedingungen), Geobacteraceae (unter
Fe(III)-reduzierenden Bedingungen) und Desulfobacteriaceae
unter sulfatreduzierenden Bedingungen (BIN et al. 2002). Konsortien von Mikroorganismen könnten beim anaeroben Benzenabbau auch eine Rolle spielen (LOVLEY 2000). Die frühen
Studien von GRBIC-GALIC und VOGEL (VOGEL & GRBIC-GALIC 1986,
GRBIC-GALIC & VOGEL 1987) weckten großes Interesse am anaeroben Benzenabbau. VOGEL und GRBIC-GALIC wiesen Benzenabbau unter methanogenen Bedingungen nach, wobei sie aus
Klärschlämmen stammende Anreicherungskulturen verwendeten. Auch unter methanogenen Bedingungen werden Konsortien von Mikroorganismen verantwortlich gemacht (LOVLEY
2000). Zu von Mikroorganismen maximal tolerierten Benzenkonzentrationen liegen bisher wenige Ergebnisse vor. ULRICH &
EDWARDS (2003) beobachteten für ihre methanogenen Kulturen
eine maximal tolerierte Benzenkonzentration von 900 µM, und
für ihre nitrat- und sulfat-reduzierenden Kulturen eine maximal
tolerierte Benzolkonzentration von 400 µM.
Benzenabbau unter
nitratreduzierenden Bedingungen
Die Grundgleichung der Denitrifikation lautet:
[1] 6 NO3– + 6 H+ + C6H6 → 6 CO2 + 6 H2O + 3 N2,
wobei der Einfachheit halber ein Zellwachstum vernachlässigt
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und eine vollständige Umwandlung von Nitrat zu Stickstoff
angenommen wird. Für die vollständige Oxidation des Benzens
sind 30 Elektronen erforderlich. Die Vollständigkeit der Nitratumwandlung, hängt von der jeweiligen Enzymstruktur der
Mikroorganismen ab. Zahlreiche Studien (z. B. ANID et al. 1993,
REINHARD et al. 1997) warfen Zweifel auf, ob ein Benzenabbau
unter denitrifizierenden Bedingungen überhaupt möglich ist.
Auch bei den Felduntersuchungen (BARBARO et al. 1992 und ACTON & BARKER 1992) in Borden, Ontario, Kanada, konnte kein
Benzenabbau unter denitrifizierenden Bedingungen nachgewiesen werden. Diese Studien deuten darauf hin, dass präferenziell vor Benzen die TEX- Komponenten wie Toluen, Ethylbenzen und Xylole abgebaut werden (s. a. CUNNINGHAM et al.
2001). Längere Verzögerungszeiten des Abbaus bei Anreicherungskulturen (NALES et al. 1998) deuteten nicht auf einen Insitu-Abbau von Benzen hin. Allerdings zeigten die Laborstudien, dass ein Benzenabbau unter denitrifizierenden Bedingungen möglich ist (NALES et al. 1998, BURLAND & EDWARDS 1999).
Die gemessenen Verhältnisse zwischen Elektronenakzeptor
und Elektronendonator wichen z. T. erheblich von den theoretischen Verhältnissen ab.
Gegenwärtig existieren nur zwei Stämme der Gattung Dechloromonas (Stamm RCB und Stamm JJ) in Reinkultur, die Benzen
unter anaeroben Bedingungen metabolisieren. Diese beiden
Stämme verwendeten Nitrat als Elektronenakzeptor und sind
fakultativ anaerob, d. h. sie können auch Sauerstoff als Elektronenakzeptor verwenden. Nitrat wurde bei den Untersuchungen
zu Stickstoff reduziert (COATES et al. 2001). Mithilfe des Gens
für die 16S ribosomale RNA (16S rDNA), welches in allen Mikroorganismen vorhanden ist (RÖLING & VAN VERSEVELD 2002)
und als phylogenetischer Marker verwendet wird, kann man
Informationen über die in bestimmten Umgebungen vorhandenen Mikroorganismen gewinnen, ohne diese kultivieren
bzw. in Reinkultur vorliegen haben zu müssen. ULRICH & EDWARDS (2003) fanden über 16S rDNA-Sequenzvergleiche heraus,
dass 70 % der Bakterien einer nitrat-reduzierenden benzenabbauenden Kultur, phylogenetisch zu über 90 % den bereits
erwähnten Azoarcus und Dechloromonas Gattungen ähnelte.
durch Laborstudien (LOVLEY et al. 1994) bestätigt. Weitere Untersuchungen in diese Richtung zeigten, dass die Zugabe von
Huminstoffen den Benzenabbau besser stimulierten als alle
Chelatbildner (LOVLEY et al. 1996). Die Ursache hierfür liegt in
einem verbesserten Elektronentransfer zwischen Elektronendonator und Elektronenakzeptor. Diese Redoxprozesse können
dabei auf lokal eng begrenzte Zonen eines Aquifers fixiert sein.
Anhand von Studien mit Sediment aus der eisenreduzierenden
Zone des Aquifers in Bemidji (Minnesota) wurde beispielsweise
Benzen ohne Verzögerung zu CO2 umgesetzt. Diese Sedimente
wiesen eine um mehr als zweifach höhere Anzahl von Bakterien
der Gattung Geobacteraceae auf, als Sedimente aus benachbarten eisenreduzierenden Zonen (ANDERSON et al. 1998). Mikrokosmenstudien konnten Phenol als Zwischenprodukt des Abbaus unter methanogenen und sulfatreduzierenden Bedingungen nachweisen (COZZARELLI et al. 1990). Allerdings ist keine der
bisher isolierten Stämme der Gattung Geobacteraceae in der
Lage, Benzen zu oxidieren (LOVLEY 2000).
Benzenabbau unter
sulfatreduzierenden Bedingungen
Die Grundgleichung der Sulfatreduktion lautet:
[3] 30 H+ + 15 SO42– + 4 C6H6 → 24 CO2 + 15 H2S + 12 H2O
Der entstehende Schwefelwasswerstoff ist bei Anwesenheit von
Schwermetallen wie z. B. Eisen im Grundwasser kaum nachweisbar, da er sowohl mit Eisen(II) als auch mit Eisen (III) sulfidische Festphasen bildet (DOS SANTOS AFONSO & STUMM 1992).
Andererseits wirkt eine Anreicherung von H2S inhibierend auf
den Abbau aromatischer Kohlenwasserstoffe. In Laborversuchen unter sulfatreduzierenden Bedingungen konnte durch
Zugabe von Eisen die Sulfidtoxizität verringert werden und der
Abbau von Toluen und Xylen stimuliert werden (EDWARDS et al.
1992, BELLER et al. 1992).
Nach unserem Kenntnisstand wurde bisher nur ein Sanierungsexperiment durchgeführt, in dem es möglich war, den anaeroben Benzenabbau in einem mit Mineralöl-Kohlenwasserstoff
(MKW) kontaminierten Grundwasserleiter zu stimulieren(ANBenzenabbau unter
DERSON & LOVLEY 2000). In dem Sanierungsexperiment wurde
mittels 40 Injektionsbrunnen Sulfat in einen Grundwasserleiter
eisenreduzierenden Bedingungen
in Ponca City, Oklahoma, USA, injiziert. Über einen Zeitraum von
Die Grundgleichung unter Fe (III) reduzierenden Bedingungen 84 Tagen injizierte man mittels Injektionsbrunnen je ca. 19 l
lautet:
Sulfatlösung (NaSO4) mit einer Konzentration von ca. 780 mg/l,
die
Bromid als Tracer enthielt. Vergleiche zwischen Benzen und
[2] 60 H+ + 30 Fe(OH)3 + C6H6 → 6CO2 + 30 Fe2+ + 78 H2O
Sulfatkonzentrationen ergaben, dass der Benzenabbau 53 %
Aus der Gleichung wird deutlich, dass beim Benzen-Abbau
der Sulfatreduktion ausmachte. Es ist wahrscheinlich, dass der
hohe Fe2+-Konzentrationen anfallen. Fe(II) ist allerdings durch restliche Teil des Sulfats mit anderen organischen KohlenstoffMessungen bei Anwesenheit von Sulfid (S2–), das beim Benzen- verbindungen umgesetzt wurde und zum Wachstum der Bakteabbau unter sulfatreduzierenden Bedingungen freigesetzt wird, rien beitrug (s. auch WEINER & LOVLEY 1998).
schwer nachzuweisen, da das Fe(II) in Form von Eisensulfiden Das Feldexperiment wurde auf der Grundlage von Laborexpeausgefällt wird. Das Eisen(III), welches meist in Form schwer
rimenten durchgeführt, welche den Benzenabbau unter methalöslicher Fe-Oxide vorliegt, ist für viele Mikroorganismen nur
nogenen Bedingungen nachwiesen. Bei Sulfatzugabe zu diesen
schwer verfügbar. Für eine Umsetzung ist ein direkter Kontakt Ansätzen wurde der Benzenabbau deutlich stimuliert. Mit 14C
markiertem Benzen versetzte Sedimentproben, die anaerob
zwischen der Oberfläche der Eisenoxide und der Mikroorganismen nötig (LOVLEY et al. 1991). Zugesetzte Chelatbildner, wie inkubiert wurden, zeigten eine ohne Verzögerung einsetzende
14
CO2-Entwicklung. Nur unter methanogenen und nicht unter
Nitrilotetraessigsäure (NTA) sowie Ethylendiamintetraessigsulfatreduzierenden Bedingungen wurde bei den Laborexperisäure können dabei den Abbau beschleunigen. Dies wurde
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rem Sauerstoff. Spätere Isotopenstudien zeigten, dass das Kohlenstoff-Atom des Phenols aus dem Kohlenstoff des Benzens
hervorging (WEINER & LOVLEY 1998). Letztere konnten auch Acetat und Propionat als weitere Abbauprodukte nachweisen. Allerdings wurde bei den Studien deutlich, dass die Menge des
entstandenen CO2 aus ungeklärten Gründen deutlich niedriger
war, als die Menge, welche sich theoretisch hätte ergeben müssen (VAN BEELEN & VAN KEULEN 1990, GRBIC-GALIC & VOGEL 1987).
Einen gehemmten Abbau von BTEX unter methanogenen Bedingungen beobachteten ebenfalls BEKINS et al. (2001).
Zusammenfassung
Abb. 1: Relative Wichtung der einzelnen BTEX-Abbaumechanismen
(nach WIEDEMEIER & RIFAI 1999)
Generell existieren wenige Mikrokosmen-Studien, die unter
Grundwasser Temperaturen mit natürlich vorhandenen Bakterien und ohne Zusätze von Nährstoffen einen anaeroben Benzenabbau nachweisen konnten. Oft sind längere Verzögerungsmenten Phenol als Zwischenprodukt des Abbaus nachgewiezeiten des Abbaus zu verzeichnen, die als Indiz dafür zu werten
sen. Phenol kann aber durchaus auch als Abbauprodukt unter
sulfatreduzierenden Bedingungen auftreten (CALDWELL & SUFLITA sind, dass sich die Mikroorganismen erst adaptieren müssen.
Anhand der umgesetzten Menge von Elektronenakzeptoren
2000). Die Autoren wiesen neben Phenol auch Benzoat unter
auf den tatsächlichen Schadstoffabbau zu schließen ist schwiesulfatreduzierenden und methanogenen Bedingungen nach.
Eine direkte Benzenoxidation zu CO2 ohne Zwischenschritte ist rig, da ein Teil der Elektronenakzeptoren für das Wachstum
der Bakterien umgesetzt wird, ohne das ein Schadstoffabbau
allerdings auch möglich (LOVLEY et al. 1995, LOVLEY 2000). Der
Nachweis von intermediären Abbauprodukten ist generell auf- stattfindet. Entscheidend für die Quantifizierung sowie ein
grund der chemischen Eigenschaften dieser Verbindungen (z. B. weitergehendes Verständnis des anaeroben Benzenabbaus ist
neben der Charakterisierung der hydrogeologischen und geoFlüchtigkeit und Polarität) und deren raschen Umsetzung
chemischen Verhältnisse die Charakterisierung der mikrobielschwierig.
Zur Oxidation von Benzen unter sulfatreduzierenden Bedingun- len Verhältnisse, unter denen der Schadstoffumsatz stattfindet.
gen sind die meisten Literaturangaben vorhanden. Eine Studie Unter eisenreduzierenden Bedingungen wurde ein In-situ-Abvon WIEDEMEIER & RIFAI (1999) zeigte, dass Sulfat für die relative bau von Benzen nachgewiesen. Allerdings steht meist nur ein
Wichtung der BTEX-Abbaumechanismen im Vergleich zu den geringer Teil des Eisenpools für den Schadstoffabbau zur Verfügung. Ein Benzenabbau unter nitratreduzierenden BedingunElektronenakzeptoren die größte Bedeutung hat (Abb. 1). Die
gen konnte bisher nur in zwei Laborstudien nachgewiesen werStudie basierte auf Untersuchung von Redox-Prozessen an 38
den. Die einzigen bisher existierenden Bakterien in Reinkultur,
Standorten in den USA. Eine Studie von WISOTZKY & ECKERT
die Benzen unter anaeroben Bedingungen abbauen können,
(1997) zeigte, dass der BTEX-Abbau im Grundwasser eines
ehemaligen Gaswerksstandortes zum überwiegenden Teil durch verwenden Nitrat als Elektronenakzeptor. Auch unter methanogenen Bedingungen konnte kein Benzenabbau in situ nachSulfatreduktion verursacht wird. Die Sulfatreduktion wird besonders in den Regionen und Aquiferen von Bedeutung sein, in gewiesen werden (BEKINS et al. 2001).
denen der Sulfatgehalt geogen hoch ist, woraus sich unterschied- Aus den Ergebnissen der Literaturstudie und den Felddaten ist
liche Bewertungstendenzen zwischen nordamerikanischen und deutlich geworden, dass Sulfat als Elektronenakzeptor für den
anaeroben Benzenabbau die größte Bedeutung besitzt. In einem
europäischen Untersuchungen erklären lassen.
Sanierungsexperiment (ANDERSON & LOVLEY 2000) konnte der
Benzenabbau durch Sulfatzugabe stimuliert werden. Weitere
Benzenabbau unter
Untersuchungen werden mithilfe einer reaktiven Transportmodellierung den Anteil der Sulfatreduktion am anaeroben
methanogenen Bedingungen
Benzolabbau am Standort genauer quantifizieren. In einer weiDie Methanogenese lässt sich generell in den Prozess der Gäteren Veröffentlichung soll anhand von Felddaten des RETZIrung (Gl. 4) und den der Respiration (Gl. 5) unterteilen. Die
NA-Standortes die Bedeutung der Sulfatreduktion für den anGrundgleichungen für den Benzenabbau unter methanogenen aeroben Benzenabbau genauer erläutert werden.
Bedingungen lauten:
[4] C6H6 + 6 H2O → 3 CH3COOH + 3H2
[5] 3CH3COOH → 3 CH4 + 3 CO2
12H2 + 3 CO2 → 3 CH4 + 6 H2O
Als Zwischenprodukt des Abbaus unter methanogenen Bedingungen beschrieben GRBIC-GALIC & VOGEL (1987) Phenol . Mittels Isotopenstudien wurde nachgewiesen, dass der Sauerstoff
des Phenols aus dem Wasser stammte und nicht aus molekula-
Danksagung
Wir danken der Projektleitung des RETZINA-Projektes und
allen am Projekt beteiligten Personen für die gute Zusammenarbeit. Wir danken dem BMBF für die Finanzierung des Projektes. Unser Dank gilt Herrn Olaf Böhme, Herrn Dr. Matthias
Borkert, Frau Katja Büscher, Herrn Helko Kotas, Herrn Andreas
Schossland (GFE–Consult GmbH) für das Standortmanagement.
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Fachbeiträge
Dioxin-ähnliche Wirkungen
durch Grundwasser am
Industriestandort Zeitz
Kristin Schirmer, Stephanie Bopp, Sandra Russold, Peter Popp
Kurzfassung
Im Rahmen der Etablierung des Standortes Zeitz (Sachsen-Anhalt) als Referenztestfeld zur Implementierung des
Natural-Attenuation-Ansatzes, haben wir Grundwasser
auf seine Fähigkeit untersucht, eine Dioxin-ähnliche Wirkung hervorzurufen. Die Dioxin-ähnliche Wirkung ist die
Arylhydrocarbon Rezeptor-vermittelte Induktion des Proteinkomplexes Cytochrom CYP1A, welches als 7-Ethoxyresorufin-O-Deethylase (EROD) Enzymaktivität in einer
Fischleberzelllinie gemessen wurde. Von 32 Probennahmestellen wiesen sieben eine signifikante EROD-Induktion auf, welche zu einem geringen Teil auf Polyzyklische
Aromatische Kohlenwasserstoffe zurückzuführen war. Ein
weiterer Teil der EROD-Induktion konnte den Substanzen
Benzofuran, Indan und Inden zugesprochen werden, welche hier erstmalig als EROD-Induktoren identifiziert wurden. Alle Probennahmestellen mit signifikanter EROD-Induktion lagen im Anstrom bzw. westlich des früheren
Standortes der Benzolanlage in Zeitz, was einen signifikanten Einfluss von Benzol vor allem auf den Transport
und das Lösungsverhalten EROD-induzierender Grundwasserkontaminanten vermuten lässt. Insgesamt zeigen
diese Untersuchungen, wie eine Kombination von chemischer und biologischer Analytik zu einer deutlich verbesserten Aussagekraft führt und somit zu einer nachhaltigen Überwachung der Qualität von Grundwasser beitragen kann.
a33333333333333333333333333333333333
Dr. K. Schirmer, Dipl.-Geoökol. S. Bopp, S. Russold,
Department für Zelltoxikologie,
UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle,
Permoserstr. 15, 04318 Leipzig,
Telefon: 0341-235-2699, Telefax: 0341-235-2401,
E-Mail: kristin.schirmer@ufz.de, stephanie.bopp@ufz.de
Dr. P. Popp,
Department für Analytik,
UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle,
Permoserstr. 15, 04318 Leipzig,
Telefon: 0341-235-2408, Telefax: 0341-235-2625,
E-Mail: peter.popp@ufz.de
Eingang des Beitrages: 28.11.2003
Eingang des überarbeiteten Beitrages: 09.01.2004
Abstract
Dioxin-like Responses Elicited by Groundwater at the Industrial Site Zeitz
As part of setting up the test field Zeitz (Saxony-Anhalt,
Germany) as a reference site for the implementation of
Natural Attenuation as a remediation option, we have investigated groundwater for its ability to cause a dioxin-like
response. The dioxin-like response is the aryl hydrocarbon
receptor-mediated induction of the protein complex cytochrome CYP1A, which was measured as 7-EthoxyresorufinO-deethylase (EROD) enzyme activity in a fish liver cell
line. Out of 32 sampling locations, seven showed significant
EROD induction, which could be explained, to a minor
extent, by the presence of polycyclic aromatic hydrocarbons. Another small portion of the EROD induction was
attributed to the low molecular weight compounds, Benzofuran, Indane and Indene, which were shown for the first
time to act as EROD inducers. All sampling locations showing significant EROD induction were located upstream or
to the west of the former benzene production site in Zeitz.
This indicates that benzene is likely to affect the transport
and dissolution of EROD-inducing groundwater contaminants. In sum, this study shows how a combination of chemical and biological analysis can greatly augment knowledge about site characteristics and thus contribute to a
sustainable monitoring of groundwater quality.
Einleitung
Dioxin-ähnliche Substanzen sind eine Gruppe weit verbreiteter
Umweltkontaminanten. Diese Gruppe von Kontaminanten ist
durch die Fähigkeit gekennzeichnet, den sogenannten ArylHydrocarbon-Rezeptor (AhR) Signaltransduktionsweg in Zellen, z. B. der Leber von Wirbeltieren, zu aktivieren. Der Mechanismus, welcher dem AhR-Signaltransduktionsweg zugrunde
liegt, ist gleichzeitig der am besten verstandene Weg, über welchen Dioxin-ähnliche Substanzen toxisch wirken. So zählen die
Immundysfunktion, endokrine Disruption, Reproduktionstoxizität, Entwicklungsdefekte und die Kanzerogenität zu den Wirkungen, welche der Aktivierung des AhR-Signaltransduktionsweges zugeschrieben werden (ABBOTT et al. 1994, OKEY et al. 1994,
POLAND & KNUTSON 1982, SAFE et al. 1997). Im ursprünglichen,
engeren Sinne bilden die halogenierten aromatischen Kohlenwasserstoffe, wie z. B. die polychlorierten Dibenzo-p-Dioxine
DOI 10.1007/s00767-004-0019-x
G r und
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33
Fachbeiträge
und Furane sowie die polyhalogenierten Biphenyle, die Gruppe
der Dioxin-ähnlichen Substanzen. Zusätzlich zu ihrer Fähigkeit
zur Aktivierung des AhR-Signaltransduktionweges zeichnen
sich diese Substanzen durch ihre Persistenz und Bioakkumulierbarkeit aus. Das höchst potente und toxischste Mitglied dieser Gruppe ist das 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-Dioxin (TCDD).
Allerdings gibt es eine steigende Zahl strukturell verschiedener
Substanzen, d. h. auch nicht-halogenierte aromatische Kohlenwasserstoffe, welche als AhR-Liganden identifiziert wurden. Da
auch diese den AhR-Signaltransduktionsweg aktivieren, und
damit zumindest einen Dioxin-typischen, potenziell Toxizität
auslösenden, Weg beschreiten, zählen diese Substanzen im weiteren Sinne ebenfalls zu den „Dioxin-ähnlichen“. Eine in diesem
Zusammenhang gut charakterisierte Gruppe an Substanzen
sind die Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAKs)
(e. g. BOLS et al. 1999, JUNG et al. 2001, SCHIRMER et al. 2001, WILLETT
et al. 1997). Über die Aktivierung des AhR-Signaltransduktionsweg sind diese im Unterschied zu TCDD im Allgemeinen in
Organismen gut abbaubar und damit wenig bioakkumulierbar.
Jedoch können gerade die Abbauprodukte toxisch wirken und
langfristige Expositionen Effekte auslösen, welche ansonsten
dem TCDD zugeordnet werden (BILLARD et al. 1999). Eine von
vielen möglichen Quellen Dioxin-ähnlicher Substanzen sind
Hochtemperaturverbrennungsprozesse in der Verarbeitung
von Öl oder Kohle (SUESS 1976).
Dioxin-ähnliche Substanzen können sowohl chemisch, aufgrund
ihrer Identität, als auch biologisch, aufgrund ihrer Wirkung,
detektiert werden. Die Detektion anhand der biologischen Wirkung eröffnet dabei die Chance, das gesamte Dioxin-ähnliche
Potenzial einer Probe erfassen, und nachfolgend im Vergleich
mit chemischen Analysen bewerten zu können. Im Zentrum
einer solchen Bewertung liegt das von EADON et al. (1986) entwickelte Toxizitäts-Äquivalenz-Konzept. Dieses Konzept basiert
auf den so genannten Toxic Equivalency Factors (TEFs). Ein
TEF bewertet die Potenz einer einzelnen Substanz, Dioxinähnlich zu wirken, relativ zu TCDD, wobei TCDD den Faktor „1“
(bzw. 100 %) erhält. Mithilfe der TEFs ist es möglich, die Wirkung einer Substanz derjenigen Konzentration an TCDD zuzuordnen, welche die gleiche Wirkung hervorrufen würde (SAFE
1990). Diese Konzentration wird als Toxic Equivalency Concentration (TEC) bezeichnet. Für eine komplexe Mischung können
die TECs für die einzelnen bekannten Substanzen addiert werden, um so eine TEC für die gesamte Mischung zu erhalten.
Dieses Prinzip hat sich bisher unter anderem für die Bewertung
komplex belasteter Umweltproben bewährt. Dazu gehören industriell belastete Sedimente (BRACK et al. 2000, 2002, BRACK &
SCHIRMER 2003, GALE et al. 2000, HOLLERT et al. 2002, STRONKHORST
et al. 2002) und Oberflächengewässer (PARROTT et al. 1999, WHYTE
et al. 2000). Einen biologischen Nachweis Dioxin-ähnlicher Substanzen und die Anwendung des Toxizitäts-Äquivalenz-Konzeptes im Grundwasser gab es bisher jedoch nicht.
Im Unterschied zu Sedimenten und Oberflächengewässern werden Grundwässer bisher kaum auf ihre biologischen Wirkungen
analysiert. Dies ist überraschend, kommt doch der Überwachung
der Qualität des Grundwassers als wertvolle Wasserressource,
z. B. bei der Trinkwassergewinnung aber auch bei Industrieprozessen und in der Landwirtschaft, eine besondere Bedeutung zu. Dieser Bedeutung würde eine integrale Bewertung
über vielfältige Informationen, wie chemische Identität kombiniert mit biologischer Wirkung, am ehesten gerecht werden
(HELMA et al. 1998). So definierte auch die US EPA (1999) „Natural
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Attenuation“ unter anderem als die Fähigkeit eines Grundwasserleiters, die Toxizität von Schadstoffen so weit zu reduzieren,
dass die menschliche Gesundheit und das Ökosystem nicht
gefährdet sind. Vor diesem Hintergrund untersuchten Baun
und Kollegen die Wirkung von nichtflüchtigen Grundwasserkontaminanten am Standort zweier Dänischer Mülldeponien
auf das Wachstum einzelliger Algen. Während bei einem der
Standorte in 114 m Entfernung von der Deponie keine Toxizität mehr vorlag (BAUN et al. 2000), lagen bei der zweiten Deponie auch 135 m abströmig der Schadstoffquelle noch signifikant
toxische Wirkungen vor (BAUN et al. 2003). Dies deutet darauf
hin, dass Grundwasserkontaminanten im letzteren Fall nicht
effizient zurückgehalten oder abgebaut wurden. Dabei konnte
nur weniger als 1 % der Toxizität mithilfe der chemisch analysierten Kontaminanten erklärt werden. Auch an dem hier untersuchten Standort einer früheren Benzolanlage in Zeitz
zeigten erste Untersuchungen mit zellulären Tests eine geringe
Übereinstimmung von chemischer Analyse und beobachteter
Zellvitalität (BOPP et al. 2003). Dies bestätigt die Sicht der US EPA,
dass die Reduktion der Toxizität für den Einsatz von Natural
Attenuation, aber auch anderer Sanierungsstrategien, ein wesentliches Kriterium ist.
Das Ziel der hier vorliegenden Arbeit war es, das Grundwasser
am Referenzstandort für Natural Attenuation, dem Standort
Zeitz, auf Dioxin-ähnliche Wirkungen zu untersuchen. Dieses
Ziel verfolgten wir vor dem Hintergrund, dass in Zeitz über
Jahrzehnte chemische Synthese und Raffinerieprozesse auf Öl
bzw. Kohlebasis durchgeführt wurden, was die Präsenz Dioxinähnlicher Substanzen vermuten lies. Dioxin-ähnliche Substanzen wurden dabei über die AhR-vermittelte Induktion eines
spezifischen Proteins, des Cytochrom CYP1A, gemessen als 7Ethoxyresorufin-O-Deethylase (EROD) Enzymaktivität, in einer Zelllinie der Regenbogenforellenleber RTL-W1 angezeigt.
Materialien und Methoden
Grundwasserprobennahme
Repräsentative Grundwasserproben wurden bei einer Pumprate
von 400 l pro Stunde mittels einer MP-1 Grundfos-Pumpe gewonnen. Zuvor wurden der pH-Wert und die Leitfähigkeit bestimmt, welche generell zwischen 6,8 und 7,5 bzw. zwischen
1.300 und 1.600 mS/cm lagen. Die Proben wurden für die biologischen Analysen in 50 ml, für die chemischen Analysen in
250 bis 1.000 ml braunen Schott Glasflaschen gesammelt. Die
Flaschen wurden vollständig mit Grundwasser gefüllt, um Verflüchtigung von Substanzen in den Gasraum hinein zu verhindern. Die Proben wurden bei 4 °C transportiert und innerhalb
von 24 bis 72 Stunden analysiert.
Chemische Analysen
Die Grundwasserproben wurden, je nach Zielstellung, ein bis
drei verschiedenen Analysen unterzogen. Auf der Grundlage
von Vorkenntnissen zum Standort der ehemaligen Benzolanlage
in Zeitz zielten die chemischen Analysen in allen Fällen auf die
BTEX Komponenten (Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylole) ab.
Diese wurden entsprechend der DIN-Norm 38 407-F9-1 von
der Firma Drahn & Partner GmbH gaschromatographisch
identifiziert und quantifiziert. Die untere Nachweisgrenze betrug dabei 2 µg/l. Zur Erfassung des Anteils von Polyzyklischen
Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs) im Grundwasser
Fachbeiträge
wurden Proben zudem in einigen Fällen auf die Präsenz ausgewählter US EPA PAKs untersucht. Diese Analysen beruhten auf
der DIN-Norm 38 407-F18 und wurden ebenfalls von der Firma Drahn & Partner GmbH durchgeführt. Dabei waren die
Nachweisgrenzen in der Hochdruck-Flüssig-Chromatographie
(HPLC) mit Fluoreszenzdetektion wie folgt: Phenanthren, Anthracen, Fluoranthen, Pyren, Benzo[a]anthracen, Chrysen,
Benzo[k]fluoranthen, Dibenzo[a,h]anthracen – je 0,005 µg/l,
Benzo[b]fluoranthen – 0,02 µg/l, Benzo[g,h,i]perylen – 0,01 µg/l,
Indeno[1,2,3-cd]pyren – 0,04 µg/l. Schließlich galten spezielle
Analysen der Präsenz nieder-molekularer organischer Substanzen, welche möglicherweise neben BTEX in signifikanten Konzentrationen aufzufinden waren. Dafür wurde die Gasphase –
Solid Phase Microextraction (SPME) Technik mit anschließender Gaschromatographie-Massenspektroskopie (GC/MS) eingesetzt (WYPYCH & MAÑKO 2002). Benzofuran, Indan, Inden,
Naphthalin, Acenaphthen, Acenapthylen und Fluoren waren
mit dieser Methode mit einer Nachweisgrenze von 0,005 µg/l
erfassbar.
Biologische Analysen
Zellkultivierung
Für die Untersuchungen zur Fähigkeit von Grundwasser zur
EROD-Induktion wurde grundsätzlich die Leberzelllinie der
Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss), RTL-W1, eingesetzt.
Diese Zelllinie wurde von LEE et al. (1993) etabliert und auf ihre
Fähigkeit zur CYP1A Induktion und Expression der EROD-Aktivität überprüft. In anfänglichen Untersuchungen zur Grundwassertoxizität wurde zusätzlich die Leberzelllinie der Regenbogenforelle R1, welche von AHNE (1985) entwickelt wurde, zur
Bestimmung der Wirkung des Grundwassers auf die Zellvitalität eingesetzt. Eine EROD-Aktivität ist in dieser Zelllinie nicht
nachweisbar (SCHIRMER et al. 2000). In späteren Untersuchungen
wurden sowohl die Messungen zur EROD-Induktion als auch
die zur Zellvitalität ausschließlich in RTL-W1, wie unten beschrieben, durchgeführt.
Die Zellen wurden routinemäßig in 75 cm2 Nunc-Zellkulturflaschen bei 18 °C in normaler Atmosphäre kultiviert. Das Kultivierungsmedium war Leibovitz’ L-15 Medium, welches mit 2 %
Antibiotika (100 µg/ml Streptomycin, 100 IU/ml Penicillin)
und 5 % fötalem Rinderserum (FBS) (alle Zutaten von Gibco/
BRL) entsprechend den Angaben in BOLS & LEE (1994) und
SCHIRMER et al. (1994) versetzt wurde. Für Expositionsversuche
wurden je 75.000 Zellen pro 500 µl Medium in die Vertiefungen
von 48-Well-Platten eingesät und über einen Zeitraum von 24 h
zur Anheftung der Zellen inkubiert.
Vorbereitung der Wasserproben für die Exposition
Für die Exposition von Wirbeltierzellen gegenüber Wasserproben ist es notwendig, isotone osmotische Bedingungen zu schaffen (DAYEH et al. 2002). Zu diesem Zweck wurde Grundwasser
9 : 1 mit einer 10fach konzentrierten Pufferlösung (Earle’s-G,
RUSSOLD 2003) versetzt. Damit betrug die höchste, im Biotest
eingesetzte, Grundwasserkonzentration 90 % der Ausgangsprobe. Verdünnungsreihen wurden ebenfalls in Earle’s-G zubereitet, wobei durch entsprechende Arbeitstechniken darauf geachtet wurde, Verluste leicht flüchtiger Grundwasserkontaminanten durch Evaporation gering zu halten. Schließlich wurde den
Proben 5 % FBS zugesetzt, welches für die Fähigkeit der RTLW1-Zellen zur EROD-Induktion unerlässlich ist. Für die Exposition von Zellen gegenüber Einzelsubstanzen wurden letztere
in Earle’s-G mit 5 % FBS gelöst und nachfolgend den Zellen
zugesetzt.
Exposition
Nach ihrer Anheftung wurden die Zellen einmal mit Earle’s-G
gespült und nachfolgend mit je 500 µl der in Earle’s-G vorbereiteten Proben versetzt. Neben den experimentellen Proben
enthielt jede 48-Well-Platte einen Standard mit TCDD als Positivkontrolle (1–77 pmol/l TCDD). TCDD wurde dafür in Dimethylsulfoxid (DMSO) gelöst und mit einer Glaskapillare zudosiert, wobei die Endkonzentration an DMSO pro Well 0,5 %
betrug. Um wiederum Verdunstungsverluste zu minimieren
wurden die Platten mit Folie abgeklebt und die Deckel mit Parafilm fest verschlossen. Die Exposition erfolgte bei 18 °C für 24 h.
Enzym- und Zellvitalitätsmessungen
Nach der Exposition erfolgte die Messung der Enzymaktivität
(mit Zugabe von 7-Ethoxyresorufin [7-ER; Sigma] als Substrat), und parallel der Zellvitalität (mittels 5-CFDA-AM [Molecular Probes] als Indikator der Integrität der Zellmembran),
an lebenden Zellen mittels eines Fluoreszenzplattenmessgerätes, wie bei GANASSIN et al. (2000) beschrieben. Zur Berechnung
der spezifischen Enzymaktivität erfolgte die Bestimmung des
Gesamtproteingehaltes mittels der Fluorescaminmethode
(LORENZEN & KENNEDY 1993).
Datenanalyse
Die spezifischen Enzymaktivitäten einer jeden Probe wurden
berechnet als % des maximalen Enzymaktivitätswertes für die
TCDD-Kontrolle (BRACK et al. 2000). Die Fluoreszenzmessungen für die Zellvitalität wurden berechnet als % der Earle’s-GMediumkontrolle. EC50-Kalkulationen beruhten auf einer
nicht-linearen Regressionsanalyse der Dosis-Wirkungsdaten
mittels eines logistischen Modells (GraphPad Software Inc.).
Eine Probe wurde dann als signifikant EROD-induzierend eingestuft, wenn folgende Kriterien erfüllt waren. Das erste Kriterium war eine signifikante ANOVA über den Konzentrationsbereich (α = 0,05). Das zweite Kriterium war ein signifikanter
Unterschied zwischen der Kontrolle und zumindest der höchsten eingesetzten Konzentration (Dunnett’s Test; α = 0,05). Das
dritte Kriterium war ein signifikanter Unterschied von zwei
oder mehreren nacheinander folgenden Konzentrationen
(Tukey’s Test; α = 0,05).
Eine Übersicht zur Methodik der biologischen Analysen ist in
Abbildung 1 dargestellt.
Ergebnisse und Diskussion
Dioxin-ähnliche Substanzen sind, bedingt durch ihre Toxizität
und potenzielle Kanzerogenität, wichtige Zielanalyten bei der
Überwachung der Umwelt. Nachweismethoden, welche auf miniaturisierten biologischen Testsystemen wie Wirbeltierzellkulturen beruhen, haben dabei gegenüber chemisch-analytischen Methoden den Vorteil, dass sie anstelle ausgewählter
Schadstoffe über das toxikologische Potenzial aller Substanzen
in einer Umweltprobe integrieren. Zudem sind sie in der Regel
schneller und kostengünstiger als chemische Analysemethoden. Für eine vollständige Dosis-Wirkungsanalyse der in dieser
Arbeit angewandten Messung der EROD-Induktion mit paralleler Messung der Zellvitalität in der Leberzelllinie RTL-W1 belaufen sich die Materialkosten pro Probe auf ca. € 30. Dieses
Testsystem wurde bisher in zahlreichen Studien zur Erfassung
G r und
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35
Fachbeiträge
Abb. 1: Übersicht
über die eingesetzte Methodik der
Detektion Dioxinähnlicher Wirkungen mittels des
Zellmodells RTLW1 und der AhRabhängigen Induktion der ERODAktivität. Die
Dosis-Wirkungskurve in der linken
unteren Ecke repräsentiert eine
typische DosisWirkungskurve,
wie sie mit der
Kontrollsubstanz
TCDD erreicht
wurde.
des Potenzials von Einzelsubstanzen und von Extrakten aus
Geweben, Sedimenten oder Oberflächenwasser im Hinblick auf
Dioxin-ähnliche Wirkungen angewandt (z. B. BOLS et al. 1999,
BRACK & SCHIRMER 2003, CLEMONS et al. 1997, SCHIRMER et al. 2001,
WHYTE et al. 1998). Der Einsatz dieses Zellkultursystems für die
Erfassung Dioxin-ähnlicher Wirkungen durch unbehandeltes
Grundwasser ist dagegen neu.
Basierend auf den Kriterien für eine signifikante EROD-Induktion, d. h. signifikante ANOVA und das Vorliegen einer DosisWirkungsbeziehung, verursachten Proben aus sieben von 32
Probennahmebrunnen eine Dioxin-ähnliche Wirkung (Abb. 2).
Unter diesen sieben Brunnen befanden sich alle direkt im Anstrom liegenden Probennahmepunkte (GWMS 307/99, BR12/80,
IB 12/95, GWMS 5A/99), sowie drei Probennahmestellen westlich bzw. nord-westlich der früheren Benzolanlage (GWMS
501/97, SB 24/94, GWMS 314/99). Die höchste EROD-Induktion
wurde dabei in den Proben der vier Brunnen im Anstrom gemessen, trotz einer signifikanten Beeinträchtigung der Zellvitalität bei den Proben aus Brunnen GWMS 307/99 und vor allem 5A/99 (Tab. 1). Letzterer Brunnen nahm insgesamt eine
Sonderstellung ein. Trotz seiner Lage im Anstrom war er durch
deutlich erhöhte Benzolkonzentrationen gekennzeichnet. Die
Ursache dafür liegt möglicherweise in der Nähe dieser Probennahmestelle zu Lagertanks, welche in früheren Nutzungsplänen
eingezeichnet waren.
Die Lokalisation einer Dosis-abhängigen EROD-Induktion, und
damit die Präsenz Dioxin-ähnlich wirkender Substanzen, im
Anstrom der früheren Benzolanlage konnte in wiederholten
Experimenten über den Verlauf von eineinhalb Jahren bestätigt
werden (Abb. 3). Dies ist ein Indiz für das Vorhandensein multipler Schadstoffquellen an diesem komplex belasteten und viel36
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Abb. 2: Lage der ehemaligen Benzolproduktionsstätte am Standort
Zeitz und der in dieser Studie untersuchten Grundwasserprobennahmestellen. Probennahmestellen, welche eine signifikante EROD-Induktion lieferten sind fett markiert.
Fachbeiträge
Tab. 1: Übersicht über Grundwasserprobennahmestellen welche während der Stichtagsbeprobung im November 2000 eine signifikante ERODInduktion in RTL-W1 Zellen hervorriefen.
(a) Werte beziehen sich auf den höchsten messbaren Gehalt an Grundwasser – 90 % in 1 x Earle’s. Alle angegebenen Enzymwerte lagen mindestens 10fach über der EROD-Aktivität in Earle’s Medium, welches als Kontrolle diente. STABW = Standardabweichung.
(b) TCDDmax wurde mittels nicht-linearer Regressionanalyse anhand der sigmoidalen TCDD-EROD-Induktionskurven berechnet, welche auf
jeder Platte als Kontrolle mitgeführt wurden. Die Absolutwerte der maximalen EROD-Induktion für die TCDD Kurven lagen dabei zwischen 30
und 40 pmoles Resorufin/mgProtein x min. % TCDD max bezieht sich auf die Mittelwerte der EROD-Aktivität in 90 % Grundwasser in 1 x
Earle’s Medium (Zeile 1 der Tabelle)
(c) Werte beziehen sich auf Vitalitätsmessung nach 2 h Schadstoffexposition mittels CFDA-AM in separaten Zellkulturplatten mit R1 Zellen in
Earle’s Medium ohne Serumzusatz.
(d) Die höchsten Benzolwerte wurden erwartungsgemäß direkt unter der früheren Benzolanlage mit Werten von bis zu 4,9 · 105 µg/l (GWMS
507/97) gemessen. Dies entspricht ca. 30 % der Wasserlöslichkeit von Benzol.
Probennahmestelle
GWMS
307/99
GWMS
5A/99
IB
12/95
BR
12/80
GWMS
501/97
SB
24/94
GWMS
314/99
(a) EROD-Aktivität ± STABW [n=6]
(pmoles Resorufin/mgProtein x min)
1,2 ± 0,2
1,4 ± 0,3
2,7 ± 0,4
6,5 ± 1,0
0,5 ± 0,2
0,7 ± 0,2
0,7 ± 0,2
(b) % EROD-Aktivität
im Vergleich zu TCDDmax
3,4
4,5
6,9
16,5
1,2
1,6
1,6
(c) % Zellvitalität ± STABW im Vergleich
zur Vitalität in Earle’s Medium [n=5]
76 ± 6
17 ± 8
95 ± 3
107 ± 2
96 ± 3
99 ± 6
92 ± 6
(d) Benzolgehalt der Proben (µg/l) [n=1]
620
17.000
9,1
75
6,9
2,4
8,7
Gesamt-BTEX-Gehalt der Proben (µg/l) [n=1]
620
17.000
15,5
75
6,9
2,4
11
seitig genutzten Standort. Frühere Nutzungspläne zeigen Paraffin- und Kraftstofflagertanks ca. 100 bis 200 m süd-, südwestlich der Benzolanlage (RUSKE et al. 1999). In einer Studie an
Ratten konnte nach Injektion einer technischen Chlor-Paraffinmischung keine EROD-Induktion in der Leber nachgewiesen werden, obwohl die Paraffinmischung eine synergistische
Steigerung der EROD-Induktion durch ein polybromiertes
Diphenylether (PBDE) bewirkte (HALLGREN & DARNERUD 2002).
Im Unterschied zur fehlenden EROD-Induktion durch eine
Abb. 3: Dosis-abhängige Induktion der EROD-Aktivität in RTL-W1Zellen durch Grundwasser aus dem Brunnen 12/80 während drei Probennahmeereignissen im Verlauf von eineinhalb Jahren. Zusätzlich
zur Kontrolle (0 %) wurde Grundwasser in jeweils drei verschiedenen
Konzentrationen (22,5, 45, und 90 %) eingesetzt. Jeder Balken bildet
den Durchschnitt von sechs Replikaten auf einer Zellkulturplatte mit
den dazugehörigen Standardabweichungen ab.
Chlor-Paraffinmischung in der Rattenleber verursachte die
wasserlösliche Fraktion von Diesel und Benzinkraftstoff eine
zeitabhängige Induktion der EROD-Aktivität im Europäischen
Aal (PACHETO & SANTOS 2001). Diese EROD-Induktion wurde der
Präsenz von Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs) in den Kraftstoffen zugeschrieben. Allerdings sind
Kraftstoffe in der Regel arm an höher-molekularen PAKs, wie
z. B. Benzo[a]pyren und Chrysen, welche die Fähigkeit zur Bindung an den Ah-Rezeptor mit nachfolgender Enzyminduktion
besitzen (BOLS et al. 1999, PISKORSKA-PLISZCZYNSKA et al. 1986,
WILLETT et al. 1997).
Tatsächlich konnten auch im Grundwasser im Anstrom der
früheren Benzolanlage am Standort Zeitz höher-molekulare
PAKs nicht, oder nur zu sehr niedrigen Konzentrationen nahe
der Detektionsgrenze, nachgewiesen werden (Tab. 2). Basierend
auf dem Konzept der TCDD Äquivalenzfaktoren (TEFs) entsprach z. B. die Gesamtbelastung des Grundwassers aus dem
Brunnen 12/80 mit Prioritäts-PAKs einer TCDD Konzentration
von 1,62 · 10–4 µg/l bzw. 0,5 pmol/l (Tab. 2). Dieser Konzentration an TCDD kann im Zellkultursystem RTL-W1 nur eine sehr
geringe Wirkung betreffs der EROD-Induktion zugesprochen
werden (Abb. 1). Dies deutet darauf hin, dass weitere Substanzen für die Präsenz der Dioxin-ähnlichen Wirkung im Grundwasser verantwortlich sind. Auffallend waren diesbezüglich
relativ hohe Konzentrationen an den nieder-molekularen organischen Substanzen Benzofuran, Inden und Indan, wobei die
Konzentration von Indan ca. 3,5-fach über der von Naphthalin
lag (Tab. 2 + 3).
Im Unterschied zu den 16 Prioritäts-PAKs gab es bislang keine
Untersuchungen zur Fähigkeit zur Induktion der EROD-Aktivität durch Benzofuran, Indan und Inden. Dosis-WirkungsanaG r und
w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004
undw
37
Fachbeiträge
PAK
Mittelwert ± STABW
[µg/l] (a)
EROD-Induzierer TEC(c)
in RTL-W1 Zellen [µg/l]
(TEF) (b)
Naphthalin
14,26 ± 1,56
–
n. zt. (d)
n. zt.
Acenaphthylen
< 0,0050
–
n. zt.
n. zt.
Acenaphthen
0,542 ± 0,066
–
n. zt.
n. zt.
Fluoren
1,123 ± 0,077
–
n. zt.
n. zt.
Phenanthren
1,495 ± 0,131
–
n. zt.
n. zt.
Anthracen
0,058 ± 0,004
–
n. zt.
n. zt.
Fluoranthen
0,054 ± 0,035
–
n. zt.
n. zt.
Pyren
0,026/0,022/< 0,02
–
n. zt.
n. zt.
Benzo[a]anthracen
< 0,005/< 0,005/0,015
(0,000 043)
6,45 · 10 –7
2,00 · 10–3
Chrysen
< 0,005/0,005/0,017
(0,000 047)
7,99 · 10 –7
2,48 · 10–3
Benzo[b]fluoranthen
< 0,02/0,022/0,171
(0,000 193)
3,30 · 10 –5
1,01 · 10–1
–5
7,42 · 10–2
Benzo[k]fluoranthen
< 0,005/< 0,005/0,023
(0,001 039)
2,39 · 10
Benzo[a]pyren
< 0,005/< 0,005/0,074
(0,000 302)
2,23 · 10 –5
6,93 · 10–2
Dibenzo[a,h]anthracen
0,005/< 0,005/0,016
(0,000 350)
5,60 · 10 –6
1,74 · 10–2
Benzo[g,h,i]perylen
< 0,01/0,012/0,062
(kein TEF)
n. zt.
n. zt.
Indeno[1,2,3-cd]pyren
< 0,04/< 0,04/0,273
(0,000 278)
7,59 · 10
–5
2,36 · 10–1
Summe TEC
1,62 · 10 –4
5,04 · 10–1
lysen in RTL-W1 Zellen für die einzelnen Substanzen zeigten
auf, dass alle drei in der Lage waren, eine signifikante ERODInduktion hervorzurufen. Allerdings lagen die Konzentrationen,
welche 50 % der maximalen EROD-Induktion hervorriefen
(EC50-Werte), weit über den im Grundwasser gemessenen
Konzentrationen (siehe als Beispiel Abb. 4 für Indan). Die EC50Werte, welche zur Berechung der TEFs herangezogen wurden
(Tab. 3), betrugen 4,54 · 104 µg/l für Benzofuran, 2,15 · 104 µg/l
für Indan und 6,72 · 101 µg/l für Inden, im Vergleich zu 1,48 ·
10–3 µg/l (4,60 pmol/l) für TCDD. Benzofuran, Indan und Inden
konnte demnach, unter der Annahme einer additiven Wirkung,
eine Dioxin-ähnliche Wirkung im Grundwasser zugeschrieben
werden, welche 1,62 · 10–5 µg/l bzw. 0,050 pmol/l TCDD gleichkam. Dies entspricht einem Sechstel der TCDD Äquivalenzkonzentration der EROD-induzierenden PAKs.
38
TEC(c)
[pmol/l]
Die Entdeckung, dass Benzofuran, Indan und Inden eine Induktion der EROD-Aktivität bewirken, ist für die Beurteilung
des Risikos von verunreinigtem Grundwasser von erheblicher
Bedeutung. Diese Substanzen sind häufige Grundwasserkontaminanten, welche sich zu relativ hohen Konzentrationen in
Wasser lösen und damit im Grundwasser gut transportiert
werden. So zeigten BROHOLM et al. (1999), dass Benzofuran, als
eine Komponente einer Kreosotkontamination, nahezu ungehindert durch eine Säule mit tonhaltigem Bodenmaterial hindurchwanderte. Über sonstiges Umweltverhalten und die Toxikologie von Benzofuran ist wenig, für Indan und Inden im
Prinzip nichts bekannt. In einer zweijährigen Studie mit Ratten
und Mäusen zeigte sich, dass Benzofuran vor allem in Mäusen
kanzerogen wirken kann (NTP Technical Report 1989), sodass
die Internationale Behörde für Krebsforschung (International
Organische Substanz
Mittelwert ± STABW
[µg/l] (a)
(TEF) (b)
TEC(c)
[µg/l]
TEC(c)
[pmol/l]
Benzofuran
0,375 ± 0,047
0,000 000 032
1,20 · 10 –8
3,73 · 10–5
Indan
54,63 ± 4,95
0,000 000 069
3,77 · 10 –6
1,17 · 10–2
Inden
0,562 ± 0,049
0,000 022
1,24 · 10 –5
3,85 · 10–2
Summe TEC
1,62 · 10 –5
5,02 · 10–2
G r und
w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004
undw
Tab. 2: Analyse der 16 US-EPA-PAKs im Grundwasser im Anstrom der Benzolanlage am Beispiel der Probennahmestelle BR12/80 und vorhersagbare Relevanz für die EROD-Induktion.
(a) Analyseergebnisse stammen aus drei unabhängigen Proben, welche im Verlauf einer
Woche im Januar 2003 genommen wurden.
Werte wurden einzeln aufgeführt wenn eine
oder mehrere der drei Analysen für die gleiche
Substanz unter der Detektionsgrenze lagen.
(b) TEF = TCDD Equivalency Factor; siehe
BOLS et al. (1999). Dieser Faktor sagt aus in
welchem Verhältnis das Potenzial der Substanz, EROD-Induktion hervorzurufen, zum
Potenzial von TCDD steht. Dabei wird TCDD
der Faktor 1 zugeschrieben.
(c) TEC = TCDD Equivalency Concentration;
Ausgehend von der Konzentration der Substanz und dem TEF wird berechnet, welcher
Konzentration an TCDD die Wirkung der
Substanz entspricht: Konz Substanz (µg/l) ×
TEF = TEC (µg/l). Falls für die Berechnung
kein Mittelwert vorlag wurde der höchste gemessene Wert für die Berechnung herangezogen. Die TEC Werte in µg/l wurden mittels des
Molekulargewichts für TCDD (321,97 g/mol)
in pM TCDD umgerechnet um einen direkten
Vergleich mit der TCDD Standardkurve (Abb. 1)
zu ermöglichen.
(d) n. zt. = nicht zutreffend
Tab. 3: Konzentrationen an Benzofuran, Indan
und Inden im Grundwasser im Anstrom der
Benzolanlage am Beispiel der Probennahmestelle BR12/80 und vorhersagbare Relevanz für
die EROD-Induktion.
(a) Analyseergebnisse stammen aus drei unabhängigen Proben, welche im Verlauf einer Woche im Januar 2003 genommen wurden.
(b) TEF = TCDD Equivalency Factor; siehe
Tabelle 2. Die Berechnung erfolgte anhand der
EC50 Konzentrationen, welche aus den DosisWirkungsbeziehungen der Substanzen und der
TCDD-Kontrolle gewonnen wurden: EC50 für
TCDD/EC50 für Substanz.
(c) TEC = TCDD Equivalency Concentration;
siehe Tabelle 2.
Fachbeiträge
Abb. 4: Dosis-abhängige Induktion der EROD-Aktivität in RTL-W1Zellen durch Indan. Jeder Messpunkt stellt den Durchschnitt von zehn
Replikaten auf einer Zellkulturplatte mit den dazugehörigen Standardabweichungen dar. Signifikante Unterschiede gegenüber der Mediumkontrolle (Dunnett’s Test) sind mit einem Stern gekennzeichnet. Messpunkte mit unterschiedlichen Buchstaben waren voneinander verschieden (Tukey’s Test).
Agency for Research on Cancer (IARC), das U.S. Toxikologieprogramm (National Toxicology Program – NTP) und die Arbeitssicherheit- und Gesundheitsadministration (Occupational
Safety & Health Administration – OSHA) Benzofuran in die
Liste der Krebserreger aufgenommen haben. Die hier beschriebene Induktion des CYP1A, gemessen als EROD-Aktivität, mag
dabei erste Hinweise auf den Mechanismus der Wirkung von
Abb. 5: Dosis-abhängige Hemmung der TCDD-induzierten ERODAktivität in RTL-W1-Zellen durch Benzol. TCDD wurde den Zellen
unmittelbar vor Benzol mit einer Konzentration von 9,69 pmol/l (entspricht ca. dem EC50-Wert) zugesetzt Jeder Messpunkt stellt den
Durchschnitt von zehn Replikaten auf einer Zellkulturplatte mit den
dazugehörigen Standardabweichungen dar. Signifikante Unterschiede
gegenüber der Mediumkontrolle (Dunnett’s Test) sind mit einem Stern
gekennzeichnet. Messpunkte mit unterschiedlichen Buchstaben waren
voneinander verschieden (Tukey’s Test). Das Insert zeigt die in den
RTL-W1-Zellen parallel gemessene Zellvitalität.
Benzofuran geben. Insgesamt deuten die Ergebnisse auf eine
bisher unberücksichtigte Gruppe umweltrelevanter, niedermolekularer Substanzen mit der Fähigkeit hin, zumindest auf
dem hier untersuchten biochemischen Signaltransduktionsweg
wie Dioxine zu wirken. Dabei sind diese Substanzen als nichtklassische EROD-Induzierer einzustufen, da sie weder in Größe
noch in Struktur typischen EROD-Induktoren, wie TCDD und
PAKs, ähneln. Tatsächlich wurden über die vergangenen 10 Jahre
eine Reihe „nicht-klassischer“ EROD-Induktoren beschrieben.
Verschiedene Hypothesen gehen davon aus, dass solche Substanzen den AhR auf Wegen aktivieren können, die nicht von
einer Ligandenbindung an den Rezeptor abhängen (DELESCLUSE
et al. 2000). Da das Aufdecken solcher Mechanismen zu einem
völlig neuen Verständnis toxikologischer Wirkungen derartiger
Substanzen führen kann, haben wir begonnen, die Regulation
der EROD-Induktion durch Benzofuran, Indan und Inden näher zu charakterisieren.
Trotz der erfolgreichen Identifikation einiger EROD-Induktoren
im Grundwasser im Anstrom der Benzolanlage am Standort
Zeitz war der Anteil an biologischer Wirkung, welcher anhand
der Potenz dieser Substanzen vorausgesagt werden konnte, im
Vergleich zu der tatsächlich gemessenen EROD-Induktion im
Grundwasser gering. Zwei Ursachen können dafür angeführt
werden. Erstens deuten die Ergebnisse darauf hin, dass ein
Großteil der tatsächlichen EROD-Induktoren im Grundwasser
bisher nicht analysiert wurden. Eine gezielte, über die biologische Wirkung (d. h. die EROD-Induktion) geleitete, Fraktionierung mit anschließender Substanzidentifikation könnte zukünftig diese Wissenslücke schließen helfen. Dabei ist die Identifikation toxikologisch relevanter Substanzen vor allem im Hinblick
auf gezielte Sanierungsstrategien von Bedeutung. So gelang es
z. B. BRACK & SCHIRMER (2003) die EROD-Induktion, welche
durch ein stark mit unpolaren organischen Substanzen belastetes Fließgewässersediment in RTL-W1 Zellen hervorgerufen
wurde, auf bisher in der Routineanalytik nicht berücksichtigte,
hoch-potente Substanzen zurückzuführen. In diesem Zusammenhang wurden bereits auf CYP1A-Induktoren abgestimmte
Fraktionierungsschemata etabliert (BRACK et al. 2003), welche
es nun auf nieder-molekulare, polarere Substanzen zu erweitern
gilt. Eine zweite Ursache für die Diskrepanz zwischen vorhergesagter und gemessener EROD-Induktion kann eine synergistische Mischungswirkung der identifizierten EROD-Induzierer
und/oder anderer Substanzen im Grundwasser sein. Immerhin
führte der, durch HALLGREN & DARNERUD (2002) beschriebene,
synergistische Effekt durch Chlor-Paraffine auf bromierte
Diphenylether zu einer siebenfachen Steigerung der ERODInduktion in der Leber von Ratten. Daraus folgt, dass Mischungsexperimente für das Verständnis und die Vorhersagbarkeit von
Dioxin-ähnlichen Wirkungen zukünftig unabdingbar sind.
Unter Berücksichtigung der vielfältigen und langfristigen Nutzung der Industrieanlage in Zeitz, mit Kohle und Öl als Ausgangstoffe für chemische Syntheseverfahren, ist das Auffinden von
Dioxin-ähnlichen Wirkungen im unbehandelten Grundwasser
nicht überraschend. Auffällig war jedoch die eng begrenzte Lokalisation entsprechender Grundwasserprobennahmestellen
im Anstrom und westlich der ehemaligen Benzolanlage, nicht
aber direkt auf dem Gelände oder im Abstrom derselben. Daraus leiteten wir zunächst die Hypothese ab, dass hohe Benzolkonzentrationen, welche direkt unter der ehemaligen Anlage
(GWMS 507/97) bis 30 % der Wasserlöslichkeit von Benzol erG r und
w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004
undw
39
Fachbeiträge
reichten, eine Induktion der EROD-Aktivität in RTL-W1 hemmten. In Mischungsexperimenten mit der Modellsubstanz TCDD
und mit Benzol fanden wir tatsächlich eine signifikante Hemmung der TCDD-induzierten EROD-Aktivität (Abb. 5). Mit einer
konservativen Bewertung kann von einer Hemmung der ERODAktivität bei Benzolkonzentrationen von mehr als 1 · 105 µg/l
ausgegangen werden. Allerdings enthielten nur acht der insgesamt 32 Probennahmestellen Benzolkonzentrationen, welche
über diesem Wert lagen. Um weitere signifikante Hemmeffekte
durch die Grundwassermatrix auszuschließen, wurde zudem
eine Grundwasserprobe (SafZZ 12A-1/00), welche einen bekannten Gehalt an Benzol von ca. 1 · 105 µg/l hatte, mit unterschiedlichen Konzentrationen an TCDD versetzt und ebenfalls
auf die Fähigkeit zur EROD-Induktion untersucht. Dabei zeigte
sich eine Reduktion von ca. 25 % des Potenzials von TCDD zur
maximalen Induktion der EROD-Aktivität. Diese Reduktion lässt
einen kompletten Verlust der EROD-Induktion durch 1 · 105 µg/l
Benzol und die Grundwassermatrix in natürlich gelassenen
Grundwasserproben unwahrscheinlich erscheinen. Dieses Ergebnis bestätigt Erfahrungen mit original belassenen Wasserproben aus Industrieausläufen, welche ebenfalls die Sensitivität
eines optimierten Zellbioassays für den Nachweis zytotoxischer
Wirkungen nicht oder nur wenig beeinflussten (DAYEH et al.
2002).
Um die eng begrenzte Lokalisation von Grundwasserprobennahmebrunnen mit signifikanter EROD-Induktion dennoch
erklären zu können, postulierten wir schließlich eine zweite
Hypothese. Diese sagt aus, dass der hohe Anteil an residualem
Benzol in der Aquifermatrix zu einer Partitionierung von anströmenden Grundwasserkontaminanten in die residuale Benzolphase hinein führt. Dies bedeutet, dass Benzol die Löslichkeit und den Transport anströmender Substanzen so verändert,
dass letztere durch Benzol zunächst retardiert werden. Erst mit,
und zum Teil auch erst nach, dem Herauslösen der residualen
Benzolphase aus dem Aquifer werden diese retardierten Substanzen in die wässrige Phase zurück gelöst. Tatsächlich konnte
diese Hypothese sowohl durch eine Grundwasserfluss- und
Schadstofftransportmodellierung (RUSSOLD et al. 2003, RUSSOLD
2003), als auch mittels eines kleinskaligen Durchflusssäulenexperimentes (RUSSOLD 2003) bestätigt werden. Eine detaillierte
Aufarbeitung dieser Hypothese ist nicht das Ziel der hier präsentierten Arbeit. Da jedoch diese Hypothese aus der vorliegenden Arbeit heraus entwickelt wurde, zeigt sie, wie biologische
Grundwasseranalysen zusätzlich zur Identifikation toxikologisch relevanter Substanzen zum Verständnis der Verteilung
und damit des Transportes dieser Substanzen herangezogen
werden können.
Schlussfolgerungen
Zusammenfassend stellt diese Arbeit das Potenzial und die Relevanz biologischer Grundwasseranalysen bei der Charakterisierung belasteter Standorte und bei der Entscheidungsfindung
für oder wider bestimmte Sanierungsstrategien unter Beweis.
Speziell für die langfristige Sanierung mittels „Natural Attenuation“ am Standort der früheren Benzolanlage in Zeitz empfehlen wir in Bezug auf Dioxin-ähnlich wirkende Substanzen
eine detaillierte chemisch-biologische Analyse relevanter Kontaminanten im Anstrom. Diese Analyse könnte auf zwei Wegen
40
G r und
w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004
undw
erfolgen. Der mikrobielle Abbau EROD-induzierender Grundwasserkontaminanten könnte in Kombination mit den biologischen Wirkungstests an Gesamtwasserproben untersucht werden, um Aussagen über die Abbaubarkeit der EROD-induzierenden Wirkung, speziell im Vergleich mit dem intrinsischen
Abbau z. B. von Benzol oder Toluol, treffen zu können. Eine
zweite, weitere Option wäre die Identifikation relevanter
Grundwasserkontaminanten im Anstrom mittels der bereits
vorgeschlagenen Biotest-geleiteten Fraktionierung. Aus der
Identität der Substanzen könnte auf ihre Mobilität im Untergrund und auf ihre Bedeutung für die Qualität von Grundwasser im Allgemeinen und für den Standort Zeitz im Speziellen
geschlossen werden. Diese Informationen sind z. B. für eine
langfristige Betrachtung des Standortes wichtig, da sie Hinweise
auf eine eventuell notwendige Neubewertung der Grundwasserqualität nach Reduzierung des Hauptschadstoffes Benzol geben
können. Das auf der RTL-W1 Zelllinie beruhende Indikatorsystem für Dioxin-ähnlich wirkende Substanzen mittels der Messung der EROD-Induktion wäre dabei für beide Wege der chemisch-biologischen Analyse geeignet.
Danksagung
Unzählige fleißige Hände haben zum Gelingen dieses Forschungsvorhabens beigetragen. Unser spezieller Dank gilt Peggy Wellner,
Dörte von Seggern, Petra Keil, Stephanie Knauert, Iris Christmann und Ingrid Ränker für ihre technische Unterstützung,
sowie Rolf Altenburger, Werner Brack und Mario Schirmer für
viele konstruktive Diskussionen. Finanziell unterstützt wurde
diese Arbeit im Rahmen des RETZINA (Referenztestfeld Zeitz
zur Implementierung des Natural Attenuation Ansatzes) Projektes durch das BMBF und den Projektträger Wassertechnologie und Schlammbehandlung (Förderkennzeichen 02WT0041).
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Fachbeiträge
Strömungs- und Tracer-Transportmodellierung am Natural
Attenuation-Standort Zeitz
Stefan Gödeke, Holger Weiß, Helmut Geistlinger, Anko Fischer,
Hans Herrmann Richnow, Mario Schirmer
Kurzfassung
Numerische Modelle spielen bei der Bewertung von Natural-Attenuation-Prozessen an Feldstandorten eine bedeutende Rolle. Daher ist es wichtig diese mit Felddaten zu
überprüfen und gegebenenfalls erneut zu kalibrieren. Die
Modellierung des Transports eines konservativen Tracers
auf der Grundlage von Felddaten ergab eine zuverlässigere
Abschätzung der Kf-Werte des numerischen Strömungsmodells für den Standort, als es mit anderen Methoden
(z. B. Analyse der Siebwerte) möglich war. Die Kf-Werte
berechnet aus Siebanalysen führten zu einer deutlichen
Unterschätzung der Tracerausbreitungsgeschwindigkeit.
Zwischen beobachteten und berechneten Durchbruchskurven wurde eine gute Übereinstimmung erzielt, sodass
das Modell für die Planung weiterer Feldexperimente und
als Grundlage für eine reaktive Transportmodellierung
genutzt werden kann. Die hydraulischen Leitfähigkeiten
im Untersuchungsgebiet ändern sich in vertikaler und
horizontaler Richtung im Bereich weniger Dezimeter z. T.
stark, was von dem numerischen Modell nur begrenzt
wiedergegeben werden kann. Für die Modellierung der
Tracerausbreitung ist die Kenntnis der Kf-Wert-Verteilung im Bereich des Infiltrationsbrunnens besonders
wichtig, weil sie die Struktur der Tracerfahne im Abstrom
wesentlich beeinflusst. Die Wahl des numerischen Verfaha33333333333333333333333333333333333
Dipl.-Geol. S. Gödeke, Dr. H. Weiß,
UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH,
Department Grundwassersanierung,
Permoserstr. 15, 04318 Leipzig,
Telefon: 0341-235-2333, Telefax: 0341-235-2126
E-Mail: stefan.goedeke@ufz.de
Prof. Dr. H. Geistlinger, PD Dr. habil. M. Schirmer,
UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH,
Department Hydrogeologie,
Theodor-Lieser-Str. 4, 06120 Halle (Saale)
Dipl.-Geoökol. A. Fischer, Dr. habil. H.H. Richnow,
UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH,
Department Bioremediation,
Permoserstr. 15, 04318 Leipzig
Eingang des Beitrages: 25.11.2003
Eingang des überarbeiteten Beitrages: 27.12.2003
rens für die Lösung der Transportgleichung hatte bei der
Kalibrierung des Strömungsmodells einen großen Einfluss. Während mit dem in MT3DMS vorhandenen TVD
(„Total Variation Diminishing“)-Algorithmus eine akzeptable Lösung gefunden wurde, zeigten sich bei der Verwendung des MOC („Method of Characteristics“)-Verfahrens signifikante Fehler in der Massenbilanz.
Abstract
Flow and Transportmodelling at the Natural Attenuation
Site Zeitz
Reliable numerical models are of primary importance for
the evaluation of Natural-Attenuation processes at field
sites. Modelling the flow and transport of a conservative
tracer, a more realistic distribution of the hydraulic conductivity values for the numerical model was achieved
and a good fit between calculated and observed breakthrough curves was obtained. The flow model can be used
for the planning of future field experiments and constitute
the basis for reactive transport simulations. The hydraulic
conductivity distribution estimated from sieve analysis
resulted in an underestimation of the transport velocities.
Large changes of hydraulic conductivities in vertical and
horizontal direction can only partially be reflected by the
numerical model. Small-scale heterogeneities and changing hydraulic conditions affect the certainty of the prediction. For the simulation of the tracer spreading, the
knowledge of the hydraulic conductivity distribution
around the injection well is of prime importance. While
the TVD (”Total Variation Diminishing“) method showed
acceptable results, the MOC (”Method of Characteristics“)
method produced large mass balance errors.
Einleitung
Die hier vorgestellten Arbeiten sind Teil des vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten RETZINA-Projektes (REferenzTestfeld Zeitz zur Implementierung
des „Natural-Attenuation“-Ansatzes, BMBF Förderkennzeichen
02WT0041). Das RETZINA-Verbundvorhaben ist wiederum Bestandteil des Forschungsschwerpunkts SAFIRA (SAnierungsForschung In Regional kontaminierten Aquiferen) am UFZ –
Umweltforschungszentrum Leipzig/Halle (UFZ).
DOI 10.1007/s00767-004-0016-0
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3
Fachbeiträge
Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurde am Standort
des ehemaligen Hydrierwerks Zeitz ein Referenztestfeld zur
Untersuchung der natürlichen Schadstoffrückhalte- und
Abbauprozesse (Natural-Attenuation(NA)) eingerichtet. Aufbauend auf die Standort-Infrastruktur (Bohrungen, hydraulische Untersuchungen, geophysikalische Messungen etc.) wurde
in den Jahren 2000 bis 2003 an Fragen der praktischen Implementierung des „Natural-Attenuation“-Konzepts gearbeitet. Im
Vordergrund stand dabei die Frage, inwieweit die vor kurzem
im Wesentlichen in den USA entwickelten Leitfäden umsetzbar
sind. Die Anforderung an die Standorterkundung im Hinblick
auf ihre Eignung, NA-Prozesse zu erfassen, muss kritisch betrachtet werden. Weiterhin muss noch geklärt werden, inwieweit eine Abnahme der messbaren Konzentrationen allein aufgrund von Verdünnung und Dispersion (Mischung) bei der
Anwendung von NA berücksichtigt werden kann. Besonders
kritisch gesehen wird die Bewertung der Aussagesicherheit in
Bezug auf die Prognose langer Zeiträume, die typisch für Natural-Attenuation (NA)-Vorhaben sind. Hier besteht erheblicher
Entwicklungs- bzw. Nachbesserungsbedarf.
Die beteiligten Institutionen (Universität Tübingen, Universität
Kiel und UFZ) des RETZINA-Verbundvorhabens arbeiten auf
verschiedenen Gebieten z. T. seit mehr als 8 Jahren an der Entwicklung innovativer, sowie räumlich und zeitlich integraler
Messverfahren. Diese sind für die Quantifizierung der NA-Raten im Feldmaßstab unbedingt erforderlich.
Numerische Simulationen sind für den Nachweis und die Erfassung von NA-Prozessen im Grundwasser unerlässlich. Insbesonders reaktive Transportmodellierungen sind für die Einschätzung der unterschiedlichen Prozesse (wie z. B. Dispersion
und mikrobiologischer Schadstoffabbau) von großer Bedeutung (SCHIRMER et al. 2000, MAYER et al. 2001, SCHÄFER 2001).
Wichtige Ziele der Modellierungen sind Abschätzungen der
Schadstofffrachten sowie Prognosen über die mögliche Ausdehnung einer Schadstofffahne. Die Grundlage hierfür ist ein
detailliertes hydrogeologisches Modell (OSWER 1997). Für den
Aufbau eines numerischen Grundwasserströmungsmodells,
welches die Basis für eine reaktive Transportmodellierung darstellt, werden in der Regel eine Vielzahl von Daten aus unterschiedlichen Bereichen benötigt (FH-DGG 1999), wie Topographie (z. B. Relief, Gewässernetz, etc.), Hydrologie (z. B. Vorfluterverhältnisse, Niederschlag), Geologie (z. B. Stratigraphie)
und Hydrogeologie (z. B. Kf-Wert-Verteilungen, Grundwasserstände). Ein wesentlicher Schritt bei der Entwicklung des numerischen Modells ist die Festlegung und die Zusammenfassung hydrogeologischer Einheiten mit vergleichbaren hydraulischen und hydrochemischen Eigenschaften (ANDERSSON &
WOESSNER 1992). Dieser Prozess beinhaltet zumeist eine Vereinfachung bzw. Schematisierung der geologischen Verhältnisse.
Auch wenn die für den Aufbau verwendeten Techniken und
Methoden sehr unterschiedlich sein können, haben sie alle das
Ziel, die Änderung eines untersuchten Grundwassersystems
auf jegliche äußere Beanspruchung (z. B. Pump-Maßnahmen)
vorherzusagen. Allerdings besteht für jedes Modell ein einheitliches Problem: die sich ergebenden Lösungen sind nicht eindeutig. (MCLAUGHLIN & TOWNLEY 1996, CASTRO & GOBLET 2003).
Die Variation von Randbedingungen, Kf-Werten und Transmissivitäten eines Modells ermöglichen verschieden gleich
gute Lösungen für die Anpassung berechneter Daten an im
Feld gemessene Werte. Daher ist es von besonderer Bedeutung,
das entwickelte numerische Strömungsmodell mit Felddaten
zu überprüfen und gegebenenfalls erneut zu kalibrieren (OSWER
1997). Die Überprüfung des numerischen Modells kann z. B.
mit Daten von geophysikalischen Messungen, Pumpversuchen
oder Tracerversuchen erfolgen (FH-DGG 1999). Das Ziel dieser
Arbeit ist es, die Ergebnisse von Strömungsmodellierung und
Tracer-Transportmodellierung auf Basis eines hydrogeologischen Standortmodells darzustellen und zu diskutieren. Diese
sollen später als Grundlage für eine reaktive Transportmodellierung dienen.
Abb. 1: Lage des Untersuchungsgebietes mit Detailausschnitt
des Tracerversuchsgebietes, sowie Lage des hydrogeologischen
Profilschnittes (A–B). Dargestellt
sind der ehemalige Bebauungsstand aus dem Jahre 1990 und
die Lage der Grundwassermessstellen (schwarze Punkte).
4
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Fachbeiträge
Historischer Überblick
des Standortes Zeitz
Das ehemalige Hydrierwerk Zeitz liegt am Südrand des Weißelsterbeckens ca. 40 km südlich von Leipzig. Es wurde 1939 gegründet, um Treibstoffe, Schmierstoffe, Paraffin und Benzen
für die Kriegsindustrie zu produzieren. Die auf Braunkohle
basierende Produktion kam in vielen Bereichen zum Stillstand,
als das Altwerk in den Jahren 1944/45 bei Luftangriffen nahezu
vollständig zerstört wurde. Durch beschädigte Rohrleitungen
und Tanks konnten große Mengen meist flüssiger Kohlenwasserstoffe im Untergrund versickern. Im Jahr 1963 erfolgte der
Beginn der Benzenproduktion in der dafür eigens konstruierten Benzenanlage. Der Untersuchungsstandort des RETZINAProjektes liegt im Grundwasserabstrom der Fläche der ehemaligen Benzenanlage. (Abb. 1). Das Rohprodukt für die Benzengewinnung hatte eine charakteristische Zusammensetzung
(Tab.1, HENNING et al. 1979). Die Hauptkontaminanten im
Grundwasser sind Benzen mit Konzentrationen von max.1 g/l
und Toluen mit Konzentrationen bis zu 50 mg/l.
Aufgrund des geringen Massenanteils von Toluen im Einsatzprodukt würde man derartig hohe Toluenkonzentrationen im
Grundwasser zunächst nicht erwarten (siehe Tab. 1). Durch die
Extraktivdestillation lag Toluen allerdings im so genannten
„Sumpf-Produkt“ in erhöhten Konzentrationen vor. Hauptursachen der Grundwasserkontamination sind vermutlich Leckagen im Produktkreislauf, sowie undichte unterirdische Entwässerungsleitungen. Durch die Zerstörung der oberen Deckschichten als Folge der Bombardierung konnten die Schadstoffe leichter
in den Boden eindringen.
Nach der Stillegung der Produktion 1990 begann der Rückbau
sämtlicher Anlagen. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur in
Folge der Kriegseinwirkungen, sondern über den gesamten
Produktionszeitraum Kontaminationen in das Grundwasser
gelangten. Dies belegt der Nachweis von Dimethylformamid
im Grundwasser, welches erst ab 1974 in der Benzenanlage als
Lösungsmittel eingesetzt wurde.
Hydrogeologischer und
hydrochemischer Überblick
Das Untersuchungsgebiet befindet sich am Südrand des Weißelsterbeckens auf einer Flussterrasse der Weißen Elster. Die
tertiären und quartären Schichten fallen grundsätzlich dach-
Tab. 1: Zusammensetzung des Rohproduktes für die Benzen-Produktionsanlage Zeitz
Komponente
Masse [%]
Benzen
82,86
Methylcyclopentan
8,11
Cyclohexan
2,93
n-Hexan
1,23
Cyclopentan + 2,3- u. 2,2- Dimethylbutan
0,92
2-Methylhexan
0,56
1 trans 2-Dimethylcyclopentan + 2,2,4-Trimethylpentan
0,53
3-Methylhexan
0,48
2-Methylpentan
0,42
1 cis 3-Dimethylcyclopentan
0,39
3-Methylpentan
0,37
n-Heptan
0,35
3-Äthylpentan + 1 trans 3-Dimethylcyclopentan
0,31
2,3-Dimethylpentan + 1,1 Dimethylcyclopentan
0,21
Isopentan
0,07
Toluen u.a.
0,07
n-Pentan
0,06
Methylcyclohexan
0,06
n-Butan
0,03
1 cis 2-Dimethylcyclopentan
0,03
Äthylcyclopentan
0,02
ziegelartig nach Norden und Nordosten ein, sodass im Süden
die älteren Schichten oberflächennah anstehen und im Norden
bzw. Nordosten die jüngeren Ablagerungen vorliegen (EISSMANN
& LITT 1994). Die hydrogeologische Situation im Bereich des
Testfeldes ist durch zwei Aquifersysteme gekennzeichnet, welche
durch Ton und Braunkohlenschichten voneinander getrennt
sind. Die beiden Aquifere werden im folgenden Text als oberer
und unterer Aquifer angesprochen. In der unmittelbaren Umgebung des Untersuchungsstandortes ist dieser Stauerkomplex
diskontinuierlich und z. T. nicht vorhanden. Die Grundwasserfliessrichtung ist prinzipiell nach N-NO zum Vorfluter Weiße
Elster gerichtet. Der Grundwasserstand liegt bei 8–10 m unter
Abb. 2: Schematisches hydrogeologisches Profil (ZRichtung zweifach
überhöht)
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Fachbeiträge
Flur. Der Grundwasserleiter baut sich aus quartären (Elsterund Saale-Glazial) und tertiären Kiesen und Sanden auf. Diese
lassen sich als Bildung eines „braided river“-Systems charakterisieren. Ablagerungen dieses Typs sind verantwortlich für Heterogenitäten, welche die lokale Grundwasserströmung entscheidend beeinflussen (HEINZ et al. 2003). Die Mächtigkeit des oberen Aquifers schwankt zwischen wenigen dm und 9 m, wobei
Ablagerungen mit einer geringen Durchlässigkeit das Grundwasser lokal stauen und steile hydraulische Gradienten verursachen. Diese Ablagerungen stehen in Verbindung mit lokalen
Hochlagen des flözführend liegenden Tonkomplexes, der eine
Mächtigkeit von bis zu 20 m aufweist (Abb. 2).
Im südlichen Teil des Untersuchungsgebietes nimmt die Mächtigkeit des Grundwasserstauers stark ab und ist stellenweise
unterbrochen. Die überwiegend in den Tonkomplex eingebettete Kohle weist einen hohen Schwefelgehalt (ca. 2 %) auf. Darüber folgen quartäre Flussschotter der Elster, sowie ein Lösslehmkomplex. Die oberste Schicht wird von anthropogenen
Ablagerungen gebildet, die eine Mächtigkeit von bis zu 2,5 m
erreicht. Die Schichten fallen, bedingt durch die abfallende Tertiärbasis, nach N bzw. NO ein. Die paläogeographische Lage
und Dynamik des damaligen Flusssystems haben die Schichtung der quartären und tertiären Ablagerungen entscheidend
beeinflusst. Als Folge von synsedimentären und subrosiven
Prozessen sind die Mächtigkeiten der Schichten variabel und
z. T. gegeneinander versetzt.
Der Haupt-Elektronenakzeptor am Standort ist Sulfat (WACHTER
et al. 2004). Deutlich verringerte Sulfatwerte im Vergleich zu
Messstellen außerhalb des Testfeldes, sowie erhöhte Hydrogenkarbonat- und Methanwerte zeigen einen In-situ-Abbau der
Schadstoffe an. Allerdings liegen die Benzengehalte im Grundwasser 150 m im Abstrom zum Schadensherd z. T. noch über
300 mg/l. Die Ausbreitung der Toluenfahne im Grundwasser ist
deutlich geringer als die Ausbreitung der Benzenfahne.
Hydraulische Parameter
Zur Ermittlung von hydraulischen Kenngrößen wurden Pumpversuche, Siebanalysen und Slug-Bail-Tests ausgewertet. Die
Zeit-Absenkungskurven der Pumpversuche wurden nach den
Methoden von Cooper-Jacob und die Wiederanstiegskurven
nach der Theis-Gleichung bzw. modifizierten Theis-Gleichung
für ungespannte Aquifere ausgewertet (KRESIC 1997, GFE 2001).
Die Siebproben wurden nach dem Verfahren von Beyer analysiert (BEYER 1964, GFE 2001). Bei den feinkörnigen Materialien
(Schluff, Ton und Kohle) erfolgte die Bestimmung der hydraulischen Leitfähigkeit (Kf-Werte) in Durchlässigkeitsversuchen
mittels Triaxialzelle (PRINZ 1991). Anhand der Siebanalysen
wurden die Kf-Werte für die einzelnen Aquifermaterialien bestimmt (Tab. 2). Siebwerte oberhalb des Grundwasserspiegels
sind in der Statistik nicht berücksichtigt. Es zeigte sich, dass
abgesehen von den Materialien Kohle und Ton, die Durchlässigkeiten über einen großen Bereich schwanken.
Die Mediane der Kf-Werte bei Feinkies und Grobsand liegen
sehr eng zusammen. Entscheidend für die Durchlässigkeitsbestimmung einer Probe ist generell der Feinkornanteil. Durchweg niedrigere hydraulische Durchlässigkeiten wiesen Proben
aus der ungesättigten Zone auf. Die Varianz (σ²ln kf) der aus den
Sieb-Werten berechneten ln-transformierten hydraulischen
Leitfähigkeiten ergab für den oberen Grundwasserleiter einen
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Tab. 2: Statistische Auswertung der Kf-Wert Bestimmungen aus Siebwertproben der einzelnen geologischen Materialien hinsichtlich Minimum, Maximum und Median (kompletter Datensatz)
Material
Median Kf [m/s]
Minimum
Maximum
Anzahl
Feinkies
3,9 · 10–4
7,80 · 10 –6
2,54 · 10 –2
186
Grobsand
3,7 · 10–4
2,32 · 10 –5
2,46 · 10 –3
104
–4
4,17 · 10
–6
9,33 · 10
–4
139
8,20 · 10
–12
9,50 · 10
–5
25
Mittelsand
1,5 · 10
–8
Schluff
9,00 · 10
Ton
1,76 · 10 –10
Kohle
8,95 · 10
–9
2,32 · 10 –11
1,73 · 10
–9
6,99 · 10 –10
1,55 · 10
–8
13
5
Wert von 2,86 und für den unteren Grundwasserleiter einen
Wert von 1,83. Im Vergleich hierzu wurden für das Testfeld in
Borden, Ontario (SUDICKY 1986) eine Varianz σ²ln kf von 0,38 und
für den Aquifer der Horkheimer Insel (PTAK & TEUTSCH 1994)
eine Varianz σ²ln kf von 2,38 ermittelt. Aufgrund der Heterogenität des Aquifers wurde bei den durchgeführten Tracerversuchen erwartet, dass die Ausbreitung des Tracers durch präferenzielle Fließwege beeinflusst wird.
Modellierung der stationären
Strömungsverhältnisse
Für die Erstellung des geologischen Standortmodells wurde
die Software Gocad (MALLET 1993) genutzt (GYÖRÖSI 2001). Dabei erfolgte eine Klassifizierung der Materialien Ton, Tertiärbasis-Ton, Braunkohle, Schluff, Sand, Grobsand und Kies anhand
der geologischen Bohrkernaufnahme (s. a. Abb. 2). Ein wesentlicher Schritt bei der Anfertigung des Modells war die räumliche
Interpolation der vorhandenen stratigraphischen Schichten
mittels einer Kombination aus 1D-und 2D-Kriging. Die Strömungs- und Transport-Modellierung erfolgte mit Modflow
(HARBOUGH & MCDONALD 1996) und MT3DMS (ZHENG & WANG
1999) unter der Oberfläche von GMS 4.0 (Groundwater Modeling System). Das Modell wurde je nach Erkundungsstand des
Testfeldes aktualisiert. Bis heute wurden 70 Kernbohrungen
(Ø 150 mm) für die Erkundung des oberen Grundwasserleiters
abgeteuft und als Grundwassermessstellen ausgebaut. Weitere
50 Messstellen wurden mit der Geoprobe-Technologie eingerichtet (DIETRICH & TEUTSCH 2001).
Die Diskretisierung des Modells in x,y,z – Richtung beträgt
5 m × 5 m × 0,5 m. Die Schichtmächtigkeit ist konstant. Um die
Rechenzeit zu verkürzen, wurde das zunächst in 113 Schichten
unterteilte Modell auf 20 repräsentative Schichten des oberen
Grundwasserleiters reduziert und der Ausschnitt auf 250 m ×
250 m × 10 m begrenzt. Die Grundwasserneubildung wurde mit
einem Wert von 190 mm/a im Modell berücksichtigt (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT 1999). Die Berechnung
der Grundwasserneubildung beruht auf dem Bagrov-GluglaVerfahren (GLUGLA & TIEMER 1971). Als Randbedingungen werden Festpotenziale an allen 4 Rändern im Modell verwendet.
Die Kf-Werte für die klassifizierten Materialien (s. o.) wurden
anhand der Kf-Wert Bestimmungen aus Siebwertproben im
Modell berücksichtigt (siehe Medianwerte Tab. 2). Während
des Kalibrierungsprozesses erfolgte in einem iterativen Prozess
die Änderung der Randbedingungen, wobei sich an den Was-
Fachbeiträge
Für die effektive Porosität wurde in Anlehnung an Entwässerungsversuche ein Wert von 0,25 für alle hydraulisch aktiven
Fazies angenommen (GFE 2001). Die vertikalen hydraulischen
Leitfähigkeiten sind mit einem Betrag von 1/10 der horizontalen hydraulischen Leitfähigkeit im Modell berücksichtigt. Die
Modellierung der Tracer-Ausbreitung erfolgte instationär für
einen Zeitraum von 50 Tagen (siehe Tab. 4 für die Parameter
der Tracer-Modellierung). Vor der Modellierung der Tracerausbreitung durch MT3DMS erfolgte mittels Modpath (POLLOCK
1994) die Überprüfung der Fließrichtung und Ankunftszeit des
Tracers. Der Tracer breitet sich dabei nicht in Hauptfließrichtung (N bzw. NO), sondern in N-NW Richtung aus. Die mittlere
Abstandsgeschwindigkeit im Gesamtgebiet beträgt 0,5 m/d,
während sie im Tracerversuchsgebiet bei 1,5 m/d liegt.
Unter der Annahme, dass die ermittelten Porositäten von größerer Genauigkeit als die hydraulischen Durchlässigkeiten sind,
wurden die Porositäten während der Kalibrierung nicht verändert. Bei der Modellanpassung wurden die longitudinale Dispersivität und die Kf-Werte der hydraulisch aktiven Fazies Sand, Grobsand und Kies variiert. Es zeigte sich, dass die auf den Siebwerten basierenden hydraulischen Leitfähigkeiten zu einer deutlichen Unterschätzung der Tracer-Ausbreitungsgeschwindigkeit
führten (siehe Tab. 2), speziell für Mittelsand: 1,5 · 10–4, Grobsand 3,7 · 10–4 und Feinkies 3,9 · 10–4 [m/s]. Die Pumpversuche
ergaben im Vergleich hierzu für den oberen Grundwasserleiter
Modellierung der Ausbreitung
einen Mittelwert 4,4 · 10–4 [m/s] sowie von 5,1 · 10–4 im Mittel
des konservativen Tracers Bromid bei Verwendung des Slug-Bail-Tests.
Im Laufe des Anpassungsprozesses ergaben sich daher für die
Die untersuchte Fließstrecke des Tracers beträgt 35 m. Es wurde Materialien Sand, Grobsand und Kies höhere horizontale hyinsgesamt eine Masse von 10 kg Kaliumbromid über einen Zeit- draulische Leitfähigkeiten mit Werten von 1,5 · 10–4, 6,5 · 10–4
raum von 7 h in die Messstelle Saf Zz 8 eingespeist (Tab. 3, Abb. 2). und 6,9 · 10–4 [m/s]. Die Abbildungen 3–7 stellen die mit der
Die Multilevel-Messstellen (Geoprobe-Technologie) sind in zwei TVD-Methode modellierten Durchbruchskurven gegenüber
Beobachtungsreihen angeordnet. Die Entfernung der Beobach- den experimentell ermittelten Durchbruchskurven der vorderen
tungsreihen zum Infiltrationsbrunnen betragen 24 bzw. 35 m.
und hinteren Beobachtungsreihe des besten AnpassungsergebDie Probennahme an den Messstellen erstreckte sich über einisses dar (siehe auch Abb. 1 für die Lage der Messstellen). Die
nen Zeitraum von 4 Monaten. Die Lage der Minidruckpumpen
(Förderrate: 1,5–2,5 l/h) der hinteren Beobachtungsreihe befinTab. 4: Parameter für Tracerversuchsmodellierung
det sich generell einen halben Meter tiefer als die der vorderen
Reihe. Je nach Tiefe der Minidruckpumpen konnten die einzelGröße Modellgebiet (x,y,z)
250 m × 250 m × 10 m
nen Messpunkte den jeweiligen Modellschichten zugeordnet
Diskretisierung ∆x, ∆y, ∆z
5 m × 5 m × 0,5 m
werden.
Lokal: 1 m × 1 m × 0,5 m
Um numerische Dispersion zu minimieren, wurde das Gitter
lokal feiner diskretisiert. Die Zellengröße und die Wahl der
Anzahl Zellen
132.000
Zeitschritte wurden so gewählt, dass Peclet- und Courant-Kri- Berechnungszeitraum
50 d
terium erfüllt sind. Die Gitter-Peclet-Zahl sollte generell imZeitschritt
∆t
0,0135
d
mer kleiner gleich 2 sein. Bei einer expliziten Zeit-Diskretisierung muss das Courant-Kriterium < 1 sein (RAUSCH et al. 2002). hydraulische Leitfähigkeiten
Sand: 1,5 · 10–4
serständen in der Nähe des Modellrands befindlicher Messstellen orientiert wurde. Mit einem mittleren absoluten Fehler von
8,8 cm (∆ h), bezogen auf einen gesamt ∆ h von 1,8 m konnte
ein befriedigendes Kalibrierungsergebnis erzielt werden. Im
Hinblick auf die nachfolgende Transportmodellierung und die
variablen hydraulischen Verhältnisse am Standort, war es von
entscheidender Bedeutung, die Kalibrierung des Modells mit
einem zum Zeitpunkt des Tracerversuches aktuellen Datensatz
(Mai 2003) durchzuführen, weil erhebliche Grundwasserspiegelschwankungen im Untersuchungsgebiet vorkommen. Dies
wird durch einen Grundwasseranstieg von ca. 2 m im Zeitraum
Mai 2002 bis Januar 2003 deutlich. In diesem Zeitraum wurden
die stärksten Grundwasserspiegelschwankungen beobachtet.
Bei der Strömungsmodellierung zeigte sich, dass im mittleren
Bereich des Untersuchungsgebietes eine Zone verminderter
hydraulischer Leitfähigkeit vorliegt, welche einen steilen hydraulischen Gradienten und im unmittelbaren Grundwbstrom
erhöhte Abstandsgeschwindigkeiten verursacht. In diesem Zusammenhang wird die Mächtigkeit des oberen Aquifers z. T.
stark reduziert. Pumpversuche in diesem Gebiet ergaben, dass
kein hydraulische Kontakt zwischen benachbarten Messstellen
besteht (MYKSIS 2001), was mit dem numerischen Modell bestätigt werden konnte.
Tab. 3: Einleitbedingungen des Tracerversuchs
Tracer (Menge [kg])
Kaliumbromid (10)
Eingabekonzentration [g/l]
1,34
Infiltrationsrate [l/s]
0,24
Infiltrationsdauer [h]
7
Einhängtiefe Pumpe [m u. GOK]
12,5
Infiltrationsbrunnen
Saf Zz 8/99
Filterlänge [m]
6
der klassifizierten Materialien [m/s]
Grobsand: 6,5 · 10–4
Kies: 6,9 · 10–4
effektive Porosität (Grundwasserleiter)
0,25
mittlerer hydraulischer Gradient (lokal)
0,01
mittlere Fließgeschwindigkeit (lokal)
1,5 m/d
Gitter-Peclet-Zahl
2
Courant-Zahl
0,01
longitudinale Dispersivität αL /
transversale Dispersivität αT
0,05
longitudinale Dispersivität αL /
vertikale Dispersivität αV
0,01
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Fachbeiträge
8
Abb. 3: Modellierte und experimentelle Tracerdurchbruchskurve des
Tracers Bromid für Geo 444 (Pumpentiefe: 135,92 mNN, maximal beobachtete Konzentration: 107 mg/l)
Abb. 4: Modellierte und experimentelle Tracerdurchbruchskurve des
Tracers Bromid für Geo 466 (Pumpentiefe: 136,52 mNN, maximal beobachtete Konzentration: 133 mg/l)
Kurven sind dabei auf die jeweilige Maximalkonzentration
normiert. Es handelt sich um die Durchbruchskurven mit den
im Abstrom auftretenden höchsten gemessenen Konzentrationen (95–133 mg/l). Das verhältnismäßig langsame Abfallen der
Konzentrationen ist ein deutliches Anzeichen von Heterogenitäten sowie über die Fließstrecke variierende hydraulische Leitfähigkeiten. So verringern sich z. B. die Abstandsgeschwindigkeiten von 3 m/d über die Fließstrecke auf 0,4 m/d. Die experimentell ermittelten Konzentrationen der Kurven weichen z. T.
deutlich von den simulierten Konzentrationen ab. Dennoch
konnte für die modellierten Kurven generell ein gutes Anpassungsergebnis erzielt werden. Im Unterschied zu Messergebnissen erreicht der Tracer im Modell die Messstelle Geo 183
etwas zu früh (Abb. 8). Die späte Ankunft des Tracers mit Konzentrationen bis zu 45 mg/l nach 55 Tagen bei Messstelle Geo 4
(siehe Abb. 1) konnte vom Modell nicht wiedergegeben werden.
Dieser Messpunkt liegt 4 m weiter östlich und 0,5 m unterhalb
der Beprobungsebene von Messpunkt Geo 444P2 (Abb. 3). Für
diese Messstelle sind allerdings nur 4 Messwerte vorhanden.
Weiterhin war es nicht möglich, die geringen gemessenen Konzentrationen (bis zu 5 mg/l) der Messstelle Geo 483 zu modellieren. Diese Messstelle liegt nur 1,5 m von Messstelle Geo 466
entfernt (Abb. 4), wo wegen der höchsten gemessenen Konzentrationen in dieser Tiefe der Massenschwerpunkt der Tracerfahne erwartet wurde. Es zeigte sich, dass die Fließgeschwindigkeiten in vertikaler und horizontaler Richtung z. T. stark
variieren. Aufgrund von Dispersion erreicht der Tracer Messstellen später, bei denen sich die Pumpe in einer Tiefenlage bzw.
Schicht befindet, in der kein Tracer infiltriert wurde. Es wird
deutlich, dass engräumige Heterogenitäten die Tracerausbreitung beeinflussen und daher lokal größere Prognoseunsicherheiten bestehen. Diese Ergebnisse liegen in Übereinstimmung
mit Untersuchungen von ZHENG & GORELICK (2003). Da die experimentellen Kurven tendenziell etwas gestreckter als die berechneten sind, wird angenommen, dass die longitudinale Dispersivität αL im untersuchten Gebiet in Realität etwas größer
als der im Modell verwendete maximale Wert von 0,5 m ist.
Dieser Wert ergab sich während der iterativen Modellanpassung.
Abb. 5: Modellierte und experimentelle Tracerdurchbruchskurve des
Tracers Bromid für Geo 181 (Tiefe: 135,87 mNN, maximal beobachtete
Konzentration 98 mg/l)
Abb. 6: Modellierte und experimentelle Tracerdurchbruchskurve des
Tracers Bromid für Geo 182 (Pumpentiefe: 135,9 mNN, maximal beobachtete Konzentration: 105,5 mg/l)
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Fachbeiträge
Abb. 7: Modellierte und experimentelle Tracerdurchbruchskurve für
Geo 183 (Pumpentiefe:136 mNN, maximal beobachtete Konzentration:
97 mg/l)
Die sensitivsten Parameter bei der Modellkalibrierung waren
neben den hydraulischen Leitfähigkeiten von Sand und Grobsand und der longitudinalen Dispersivität, besonders die Filterfläche, über die der Tracer infiltriert wird. Die Dimension der
sich im Abstrom ausbildenden Tracerfahne wird bereits wesentlich durch das von der Infiltration erzwungene Strömungssystem
und der Kf-Wert-Verteilung unmittelbar um den Injektionsbrunnen bestimmt (Abb. 8). Der Tracer wird sich während der
Infiltration bevorzugt in den Schichten mit hoher hydraulischer
Leitfähigkeit ausbreiten. Die Breite der Tracerfahne wird für den
Fall, dass ein Großteil der Tracermasse sich in einer gut leitfähigen Schicht ausbreitet, wird daher größer sein, als wenn die
Tracermasse homogen über die gesamte Filterstrecke des Infiltrationsbrunnens in den Aquifer eintreten kann. Daher ist hier
eine genaue Kenntnis der Kf-Werte (z. B. mittels tiefenorientierter Slug-Bail-Tests) besonders wichtig.
Um zu überprüfen, wie stark die Ergebnisse der verschiedenen
numerischen Lösungs-Algorithmen voneinander abweichen,
wurde ein Vergleich durchgeführt. Dabei wurden die Finite-
Abb. 9: Modellierte und experimentelle Konzentrationen des Tracers
Bromid für Messpunkt Geo 182
Abb. 8: Abhängigkeit der Tracerausbreitung von der Kf-Verteilung in
der Umgebung des Infiltrationsbrunnens: a) aufgrund von hohen KfWerten in einer Schicht breitet sich ein Großteil der Tracermasse in
dieser Tiefenlage aus, b) der Tracer verteilt sich aufgrund gleicher KfWerte, gleichmässig über die gesamte Filterstrecke des Infiltrationsbrunnens.
Differenzen-, die TVD- („Total Variation Diminishing“) und
die MOC- („Method of Characteristics“) Methode miteinander
verglichen. Es zeigte sich, dass nur mit dem massenkonservativen TVD Algorithmus (LEONARD 1988) eine akzeptable Lösung
erzielt werden konnte. Anpassungen nach der Finite-Differenzen-Methode und der MOC-Methode hätten zu physikalisch zu
geringen Dispersivitäten im Modell geführt. Der Begriff TVD
der genannten Methode bezieht sich dabei auf die Eigenschaft,
die Summe der Konzentrationsunterschiede zwischen benachbarten Zellen mit zunehmenden Transportschritten zu verringern, was eine notwendige Voraussetzung zur Vermeidung von
Oszillationen ist (ZHENG & BENNETT 2002). Insgesamt ergaben
sich zwischen den einzelnen Methoden größere Unterschiede
(Abb. 9). Es war davon auszugehen, dass die Finite-DifferenzenMethode aufgrund der Anfälligkeit zur numerischen Dispersion
die schlechteste Anpassung liefern würde. Auch die TVD-Methode zeigt numerische Dispersion, allerdings deutlich weniger
als bei der Finite-Differenzen-Methode (MEHL & HILL 2001). Wie
aus Abbildung 9 ersichtlich, weist die dispersionsfreie MOC-Methode (KONIKOW & BREDEHOEFT 1978), bei der die Konzentrationen im Modellgitter über Partikel berechnet werden, im Vergleich zu den anderen Methoden die schmalste Durchbruchskurve auf. Allerdings liegen die berechneten Konzentrationen
nach der MOC-Methode deutlich unter den Konzentrationen,
die mit der TVD-Methode berechnet wurden. Beim Vergleich
der Massenbilanzen weist die MOC-Methode die größten Fehler auf (Tab. 5, EL-KADI 1988).
Die Massenbilanz der MOC-Methode ist besonders bei scharfen Konzentrationsfronten in Verbindung mit hohen Fließgeschwindigkeiten oft fehlerhaft. Indem die Mindestanzahl der
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Tab. 5: Zusammenfassung der Massenbilanzfehler in % für das TVDund MOC-Verfahren (mit mind. 2 Partikeln pro Zelle)
Zeit [d]
Fehler [%], TVD
Fehler [%], MOC
10
7,7 · 10 –4
45,3
20
6,8 · 10
–4
45,2
30
6,4 · 10 –4
45,5
40
4,8 · 10
–4
46,2
50
–4
4 · 10
47,4
Danksagung
Wir danken der Projektleitung des RETZINA-Projektes und
allen am Projekt beteiligten Personen für die gute Zusammenarbeit, dem BMBF für die Finanzierung des Projektes (BMBF
Förderkennzeichen 02WT0041), Oliver Spott für die Hilfe bei
der Erstellung der Abbildungen, Ralf Trabitzsch (UFZ), Olaf
Böhme, Dr. Matthias Borkert, Katja Büscher, Helko Kotas, Andreas Schossland (GFE-Consult GmbH) für das Standortmanagement. Wir danken der Mitteldeutschen Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft mbH, der Landesanstalt für Altlastenfreistellung und der GICON GmbH für die gute Zusammenarbeit.
Partikel pro Zelle von 2 auf 16 erhöht wurde, konnte die Bilanz
der MOC-Methode zwar verbessert werden, sie lag aber immer
Anmerkung
noch bei jedem Zeitschritt bei über 20 %. Es wird deutlich, dass
die Wahl des numerischen Lösungsalgorithmus die ModellieProduktnamen werden lediglich zu Identifikationszwecken im
rungsergebnisse entscheidend beeinflusst. Somit wäre z. B. eine Text verwendet.
Modellkalibrierung auf Basis des Finite-Differenzen Verfahrens
(z. B. aus Gründen der Zeitersparnis) in diesem Fall mit großen
Fehlern behaftet gewesen.
Literatur
Zusammenfassung
Der durch den Tracerversuch untersuchte Ausschnitt des Aquifers ist geprägt von steilen hydraulischen Gradienten und variablen Fließgeschwindigkeiten. Die Fließrichtung im Untersuchungsgebiet weicht dabei von der Hauptströmungsrichtung
ab. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit sinkt mit zunehmender
Fließstrecke von 3 m/d auf 0,5 m/d. Durch die Modellierung
der Ausbreitung des konservativen Tracers konnte eine für den
Standort zuverlässigere Abschätzung der Kf-Werte des numerischen Strömungsmodells erzielt werden. Zwischen beobachteten und berechneten Durchbruchskurven wurde eine gute
Anpassung erzielt, sodass das Modell für die Planung weiterer
Feldexperimente am Standort und als Grundlage für eine reaktive Transportmodellierung genutzt werden kann. Die zuerst
verwendeten Kf-Werte aus Siebanalysen führten zu einer deutlichen Unterschätzung der Tracerausbreitungsgeschwindigkeit.
Insbesonders für die Materialien Grobsand und Feinkies ergaben sich deutlich höhere Abstandsgeschwindigkeiten im Vergleich zu den Kf-Werten der Siebanalysen. Die Überprüfung
und Rekalibrierung des Strömungsmodells mit Hilfe von Felddaten ist daher von großer Bedeutung. Es zeigte sich, dass die
Auswahl des numerischen Lösungsalgorithmus (TVD-, MOC-,
Finite-Differenzen-Verfahren) einen bedeutsamen Einfluss auf
das Modellierungsergebnis hat. Während mit dem TVD-Algorithmus eine akzeptable Lösung gefunden wurde, zeigten sich
bei der Verwendung des MOC-Verfahrens erhebliche Fehler in
der Massenbilanz.
Die sich in vertikaler und horizontaler Richtung im Bereich
weniger dm z. T. stark ändernden hydraulischen Leitfähigkeiten
können vom numerischen Modell nur begrenzt wiedergegeben
werden. Durch kleinskalige Heterogenitäten sowie sich ändernde
hydraulische Verhältnisse wird die Prognoseunsicherheit des
numerischen Modells erhöht. Für eine realistischere Beschreibung der Tracerausbreitung sollten weitere Kf-Werte für das
Untersuchungsgebiet, mithilfe von Slug-Bail-Tests und Pumpversuchen ermittelt werden. Für die Modellierung der Tracerausbreitung ist die Kenntnis der Kf-Wert-Verteilung im Bereich des Injektionsbrunnens von besonderer Bedeutung.
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Erfolgskontrollbericht
Beitrag zu den förderpolitischen Zielen des BMBF
Im Rahmen des RETZINA Projektes wurde ein Meßfeld errichtet, welches es ermöglicht in seiner
Detailliertheit bundesweit einmalig, Natürliche Abbau- und Rückhalteprozesse von Schadstoffen im
Grundwasser zu erforschen. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die im Verbundprojekt eingesetzten
und entwickelten innovativen Erkundungsmethoden, wie Toximeter, Messung der Isotopensignatur,
Modellierung der Strömungs- und Transportprozesse geeignet sind, das natürliche Abbau- und
Rückhaltepotential einer Grundwasserkontamination zuverlässig einzuschätzen. Die durch das Projekt
gewonnenen Erkenntnisse sind von grundlegender Bedeutung für die gesamte Praxis der
Altlastensanierung in Deutschland und liefern damit einen wertvollen Beitrag für die nachhaltige
Nutzung von ehemaligen Altlastenstandorten.
Wissenschaftlich-technischen Ergebnisse des Vorhabens, die erreichten Nebenergebnisse und
die gesammelten wesentlichen Erfahrungen
In dem Verbundprojekt konnten erstmals neue und integrale Meßmethoden für Natural Attenuation
Untersuchungen eingesetzt werden und detailliert mit auf Punktmessungen basierenden Methoden
verglichen werden. Als besonders erfolgreich erwiesen sich in diesem Zusammenhang die Messung
der Isotopensignatur und die toxikologischen Untersuchungen.
Von großer Bedeutung auch aufgrund der geologischen Heterogenität des Standortes erwies sich die
geologisch-hydrogeologische Erkundung des Standortes. Bei der Realisierung zukünftiger NaturalAttenuation Projekte wird dieser Punkt besonders wichtig sein.
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass ein erhebliches Natural Attenuation Potential am Standort
wirksam ist. Im Zeitraum der Untersuchung war die Schadstofffahne relativ stabil. In einem
Säulenversuch konnte ein Benzenabbau unter in situ-Bedingungen nachgewiesen werden. Dieses
Ergebnis unterstreicht eindeutig die Wirksamkeit der natürlichen Abbauvorgänge am Standort.
Als Kern-Methoden beim Nachweis von Natural Attenuation können aufgrund der Projektergebnisse
der Imissionspumpversuch (IPT), toxikologische Tests, Isotopenanalysen sowie geochemische
Untersuchungen (wie Bestimmung von Elektronenakzeptorangebot und -nutzung) angesehen werden.
Für den eindeutigen Nachweis von Natural Attenuation über die Fließstrecke sollte eine Abnahme der
Schadstoffmasse über die Fließstrecke, eine Zunahme der d13C-Werte, sowie eine Abnahme von
Elektronenakzeptoren festgestellt wurde. Eine Voraussetzung in diesem Zusammenhang ist, dass vom
numerischen Modell eine stationäre Fahne prognostiziert wurde. Sind die Aussagen nicht eindeutig,
sollten weitere Tests und Untersuchungen durchgeführt werden, wie die Verwendung einer anderen
Kontrollebene beim Immissionspumpversuch oder die erneute Anpassung des numerischen Modells
(sie nachfolgende Abbildung.)
(0) Numerisches Modell Æ stationäre Fahne prognostiziert
(A) Kernkonzept IPT (Fahnenquerschnitt abgedeckt, 2-4 Kontrollebenen)
(B) Toxikologischer Test der Grundwasserproben
(C) Isotopenanalyse der Grundwasserproben
(D) Geochemische Untersuchung (Elektronenakzeptorangebot und –nutzung)
Eindeutige
Mehrdeutige Aussagen in
Abnahme der
Schadstoffmasse
Schadstoffmasse
Abnahme
derToxizität
Toxizität
Zunahme der dC13Werte
Abnahme der
Elektronenakzeptoren
Numerisches Modell
Anpassen
Andere Kontrollebenen
Chem. Analyse
Fraktionierung
Zusätzliche toxikolog.
Tests
Empfindlichere Tests (2H/D)
13
dC -Werte
Einzeltests am Fahnenrand
Elektronenakzeptoren
Zusätzliche geochem.
Parameter
NA eindeutig
NA nachgewiesen
NA nicht nachgewiesen
Monitoring
Monitoring
Andere
Sanierungstrategie
erarbeiten
Abb. E1: Integraler Nachweis von Natural Attenuation
Erfindungen/Schutzrechtanmeldungen
Das im Projekt entwickelte Toximeter ist beim U.S. Patentamt angemeldet und wird derzeit durch das
kleinständige Unternehmen Innovative Messtechnik-Weiss (IMW), gemeinsam mit dem
Keramikdosimeter, vertrieben.
Wirtschaftliche Erfolgsaussichten nach Projektende
Die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten bei der Umsetzung der Ergebnisse des Projektes können als
sehr gut eingeschätzt werden. Der natürliche Rückhalt und Abbau von organischen Schadstoffen in
Aquiferen (‘Natural Attenuation’) als Sanierungsstrategie sollte alternativ zu den konventionellen,
kostenintensiven und meist nur begrenzt effektiven Techniken (z.B. ‘pump and treat’) eingesetzt
werden. Dies birgt in günstigen Fällen das Potential einer enormen Kosteneinsparung bei
Sanierungsfällen. Die Implementierung von NA als Teil einer Sanierungskonzeption wird derzeit
gemeinsam mit den Behörden vorbereitet. Wie bereits im Projektantrag formuliert, ist es Ziel des
interdisziplinären, technisch orientierten Verbundvorhabens RETZINA, kostengünstige, praxisnahe
Methoden zu entwickeln, welche die standortübergreifende Quantifizierung und Bewertung von
‘Natural Attenuation’ als eine an bundesdeutschen Verhältnissen angepasste, alternative
Sanierungsmethode ermöglichen sollen. Die im Projekt entwickelten Methoden und Technologien,
wie die Isotopenmethode zur Quantifizierung des Abbaus und die wegweisenden zeitintegrierenden
Probennahmesysteme (Toximeter) werden potentiell enorme Kosten bei der Standorterkundung und
beim Monitoring einsparen helfen. Das Verfahren zur Quantifizierung des biologischen in situ-Abbaus
mit stabilen Isotopen gewinnt zunehmend an Akzeptanz, was an den zahlreichen Leistungen, die wir
im Projektzeitraum im Rahmen der wissenschaftlich-technischen Kooperation mit Industriepartnern
erbracht haben, deutlich wird. Auch wenn sich neue wissenschaftliche Fragen eröffnet haben, sind in
diesem Zusammenhang die konzeptionellen Entwicklungen auf dem Testfeld u.a. entscheidend
gewesen. Aus unserer Sicht ist die Isotopenmethoden in der Beurteilung von BTEX-Schadensfällen
schon heute solide, kostengünstig und einfach anzuwenden. Daher wird sie in der
Grundwasserüberwachung zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Des weiteren kann eingeschätzt
werden, dass nach einer weiteren ein- bis zweijährigen Entwicklungszeit, ein robuster Prototyp des
Toximeters für den Feldeinsatz zur Verfügung stehen wird. Nach einem weiteren Jahr kann damit
gerechnet werden, das Toximeter serienmäßig zu produzieren und einzusetzen. Erste Gespräche mit
zwei interessierten Industriepartnern sind bereits geführt worden.
Wissenschaftlich-technische Erfolgsaussichten nach Projektende
Die wissenschaftlichen und technischen Erfolgsaussichten des Projektes nach Projektende können
auch weiterhin als äußerst gut eingeschätzt werden. Die in dem Verbundprojekt beteiligten
Forschungsgruppen (Universität Tübingen, UFZ, und Universität Kiel) verfügen bereits über
umfangreiche, bundesweit und international anerkannte Erfahrung im Bereich der Hydrogeologie, der
organischen, anorganischen und Isotopen-Hydrogeochemie, der Ökotoxikologie und der
Grundwassermodellierung. Mit dem interdisziplinären Verbundvorhaben RETZINA besteht erstmalig
die Möglichkeit, bereits bestehende Methoden aus unterschiedlichen Fachgebieten an einem
kontaminierten Standort gezielt zur Quantifizierung und Langzeit-Überwachung der Effektivität von
natürlichen Abbauprozessen, und somit der Entwicklung der Schadstofffahne(n), einzusetzen und
weiterzuentwickeln.
Die Erfassung des mikrobiellen Abbaus anhand von Isotopentechniken hat erheblich dazu beigetragen
die Eignung der Methoden zu erhöhen und damit Akzeptanz zu schaffen. Projektergebnisse fließen in
Forschungskooperationen mit Industrieunternehmen ein. Eine mögliche Ausgründung im Rahmen des
wissenschaftlichen Services kann gegenwärtig noch nicht abschließend beurteilt werden. Sie hängt
entscheidend von der politischen Akzeptanz des “NA-Konzeptes“ ab. Dabei werden die
Empfehlungen der Arbeitsgruppen des KORA-Verbundes zum einen aber auch die Akzeptanz der
zuständigen Wasserbehörden zum anderen, entscheidend den Umfang der Nutzung von MNA als
Sicherungsmaßnahme prägen. Wenn die Akzeptanz von NA-Maßnahmen steigt und Regelwerke zur
Durchführung entsprechender Vorhaben erarbeitet sind, werden die Isotopenmethoden sicher einen
entscheidenden Beitrag zur Standorterkundung und im Monitoring liefern. Somit wird die
Bereitstellung eines entsprechenden Angebotes in der Analytik und Beratung kommerziell attraktiv
werden.
Gegenwärtig kann aus kommerziellen Aufträgen etwa eine Technikerstelle am UFZ finanziert werden.
Bei steigender Nachfrage wird die Ausgründung einer isotopenanalytischen Firma ggf. mit
interessierten Kooperationspartnern im regionalen Wirtschaftraum von uns geprüft werden.
Die Ergebnisse des Projektes werden direkt in den BMBF-KORA-Projektverbund einfließen. Wie
unten die Literaturliste belegt, zeigt die große Anzahl an Beiträgen zu Konferenzen und Tagungen,
sowie die Publikation von Journalartikeln, dass im Projekt sehr gute und wissenschaftlich hochwertige
Ergebnisse erzielt worden sind.
Wissenschaftlich und wirtschaftliche Anschlussfähigkeit für eine mögliche notwendige nächste
Phase
Die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Anschlusssfähigkeit des Projektes kann als als sehr gut
eingeschätzt werden. Angesichts des neuen Bodenschutzgesetztes, der Länder-Wassergesetzgebung,
der Wasserrahmenrichtlinie, der Grundwassertochterdirektive und auch der enormen potentiellen
Sanierungskosten für kontaminierte Standorte in Europa sind die Ergebnisse des
Kooperationsprojektes RETZINA sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene von
größter Bedeutung.
Zudem ist die Isotopenmethode für chlororganische Verbindungen zentraler Bestandteil von F&EVorhaben, die sich in der Beantragung befinden. Die Projektergebnisse bilden u.a. die Basis für ein
MARIE-CURIE- Projekt (Host fellowships for Early Stage Research Training, EST “Assessment of in
situ-Transformation of Xenobiotic Organic Material (AXIOM)“ das kürzlich genehmigt wurde. In
diesem Projekt werden wir junge Wissenschaftler in der Anwendung von Isotopenmethoden
ausbilden. Darüber hinaus arbeiten wir an verschiedenen Forschungsvorhaben unter Federführung der
Firma GICON Dresden (Dr. Grossmann) zur Nutzung der Isotopenmethoden in der Charakterisierung
des NA-Potentials innerhalb angewandter Forschungsvorhaben. Die Methoden sollen insbesondere zur
Untersuchung, Vorbereitung und Planung von NA-Vorhaben, vergleichbar zum Testfeld Zeitz, im
Mitteldeutschen Raum eingesetzt werden.
Aus Mitteln des UFZ wurden am Standort Zeitz eine Pilotanlage gebaut, welche die gezielte
Zudosierung von Agenzien zur Beschleunigung der natürlichen Abbauprozesse erlaubt. Damit wurde
am Standort die Möglichkeit geschaffen, direkt den „Natural Attenuation“- mit dem „Enhanced
Natural Attenuation“-Ansatz zu vergleichen. Unter anderem aus diesem Grund zeigte sich während
der Projektlaufzeit, dass eine ganze Reihe der entwickelten Methoden, Strategien und Technologien
ein großes Potential besitzen und über die Projektlaufzeit hinaus weiterentwickelt werden sollten.
Gleichzeitig wurden eine Reihe neuer Vorstellungen entwickelt, die eine weitere Projektphase als
äußerst sinnvoll erscheinen lassen. Aus diesem Grund wurde die Projektskizze INTERPLAN
(Integrierte Erkundungs-, Prognose- und Monitoringstrategie für die Implementierung von NA- und
ENA-Konzepten) entwickelt und beim Projektträger eingereicht. Die Schwerpunkte des
INTERPLAN-Projektes sind im folgenden zusammengefasst.
In dem interdisziplinären Vorhaben INTERPLAN sollen auf dem hervorragend charakterisierten und
gut ausgebauten Testfeld Zeitz neue Erkundungsmethoden und Verfahren zu folgenden thematischen
Schwerpunkten von übergeordnetem Interesse bearbeitet werden. (1) Durch den Einsatz neuer
Testsysteme wird die Effizienz der Erkundung von Aquiferinhomogenitäten als ein entscheidender
Parameter für NA-Prozesse verbessert und ökonomischer gestaltet. (2) Durch die Entwicklung
zeitintegrierter Probenahmeverfahren wird die toxikologische Überwachung und Beurteilung
kontaminierter Grundwässer im Rahmen eines chemisch-biologischen Monitorings wissenschaftlich
und ökonomisch möglich. (3) Die Entwicklung von Tracerverfahren erlaubt eine verbesserte
Erfassung der biologischen und chemischen Reaktivität in Verbindung mit Aquiferinhomogenitäten.
(4) Die Analyse des Benzolabbaus sowie die Charakterisierung der Struktur und Funktion der
authochthonen mikrobiellen Biozönose sollen Wissenslücken zum in situ Abbau schließen, um die
Prognosesicherheit über die Erfassung des in situ Abbaupotentials anhand der
Isotopenfraktionierungsmethode zu erhöhen. (5) Ergebnisse aus den Schwerpunkten werden zur
Modellierung des reaktiven Transports von Kontaminanten im Rahmen numerischer Simulation und
inverser Auswertung verwendet. Die Feldparameter werden zur Entwicklung eines nutzerfreundlichen
Modells zur Beurteilung von NA-Prozessen und deren Prognose im Rahmen der Standorterkundung
und zur Entscheidungshilfe für zukünftige Nutzer zur Auswahl und Planung von Sanierungsstrategien
verwendet. Die Schwerpunkte 1 bis 5 ergänzen die BMBF geförderten Projekte im Verbund KORA
und fügen sich in die Querschnittsthemen Geologie/Erkundung, Probennahme/Erkundung/Monitoring,
Mikrobiologie/Isotopen und Modellierung ein.
Arbeiten die zu keiner Lösung geführt haben
Die Projektergebnisse wurden in zahlreichen Publikationen der Öffentlichkeit dargestellt. Alle
Arbeiten haben zur Erweiterung des Kenntnisstandes beigetragen und in diesem Sinne zu einer
Lösung geführt. Die sehr komplizierten geologischen Verhältnisse am Standort bedingten, dass auch
in der letzten Projektphase noch Erkundungsbohrungen nötig waren. Daher konnte eine Simulation
des reaktiven Stofftransports im Projektzeitraum nicht durchgeführt werden.
Einhaltung der Kosten- und Zeitplanung
Der Kosten- und Zeitrahmen konnte mit den beantragten und genehmigten Änderungen eingehalten
werden.
Berichtsblatt
1. ISBN oder ISSN
2. Berichtsart
geplant
Schlussbericht
3a. Titel des Berichts
Referenztestfeld Zeitz zur Implementierung des „Natural Attenuation“ Ansatzes (RETZINA)
3b. Titel der Publikation
4a. Autoren des Berichts (Name, Vorname(n))
Dr. habil. Richnow,. Hans-Herrmann.; Dr. Schirmer, Kristin; Dr. habil. Schirmer,
Mario; Dr. Vieth, Andrea; Dipl.-Geoökol. Bopp, Stephanie; Dipl.-Geoökol. Fischer,
Anko; Dipl. Geol. Gödeke, Stefan; Dipl. Geoökol. Russold, Sandra
4b. Autoren der Publikation (Name, Vorname(n))
5. Abschlussdatum des Vorhabens
31.12.2003
6. Veröffentlichungsdatum
geplant
7. Form der Publikation
Bericht
8. Durchführende Institution(en) (Name, Adresse)
Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH in der Helmholtz-Gemeinschaft
Permoserstr. 15
04318 Leipzig
9. Ber. Nr. Durchführende Institution
10. Förderkennzeichen
02WT0041
11a. Seitenzahl Bericht
65
*)
11b. Seitenzahl Publikation
13. Fördernde Institution (Name, Adresse)
12. Literaturangaben
186
Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF)
14. Tabellen
8
53170 Bonn
15. Abbildungen
29
16. Zusätzliche Angaben
17. Vorgelegt bei (Titel, Ort, Datum)
18. Kurzfassung
Im Rahmen des RETZINA Projektes wurde ein Meßfeld in der Nähe von Zeitz (Sachsen-Anhalt) eingerichtet, welches es ermöglicht in seiner Detailliertheit bundesweit
einmalig, Natürliche Abbau- und Rückhalteprozesse von Schadstoffen im Grundwasser zu erforschen. Dort sind die lokalen Grundwasserleiter am Standort hochgradig mit
BTEX kontaminiert. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass ein erhebliches Natural Attenuation Potential am Standort vorhanden ist. Durch die Konstruktion des
standortspezifischen Strömungsmodells steht ein Werkzeug zur Verfügung um die Entwicklung der Schadstofffahne voraussagen zu können. Das Modell wurde erfolgreich
angewendet um den Transport eines konservativen Tracers zu simulieren. Durch ein in situ-Säulenexperiment konnte ein Benzenabbau unter sulfatreduzierenden
Bedingungen nachgewiesen werden.
Für die toxikologische Beurteilung der Schadstofffahne am Standort Zeitz wurde eine Methodik zur direkten Untersuchung von Grundwasserproben mittels drei
Zellvitalitätstests und eines spezifischen Enzyminduktionstests (EROD) anhand von Wirbeltierzelllinien entwickelt. Während die Benzolschadstofffahne in ihrem Verlauf gut
durch die Ergebnisse der Zellvitalitätstests abgebildet werden konnten, fanden sich im Anstrom der Schadstofffahne höhere oder zumindest genauso hohe Werte für die
Zellvitalitätstests als auch für die Induktion der EROD Aktivität. Im Hinblick auf die Identifikation der für die EROD Induktion verantwortlichen Substanzen im Anstrom
wurden Benzofuran, Inden und Indan, erstmalig als EROD Induzierer identifiziert, die einen Teil der Wirkung erklären konnten. Mischungsexperimente zeigten, dass hohe
Benzolkonzentrationen zu einer Hemmung der EROD Aktivität führen können, am Standort Zeitz jedoch nur zum Teil die fehlende EROD Induktion unter der Benzolanlage
erklären. Zusätzliche Untersuchungen anhand einer Modellierung mit dem Programm BIONAPL3D, sowie einem Säulenversuch zur Überprüfung der Ergebnisse der
Modellierung ergaben, dass die hohen Benzolkonzentrationen im Grundwasser einen Einfluss auf die Löslichkeit und den Transport anderer relevanter
Grundwasserschadstoffe haben.
Des Weiteren wurde ein passiver Probennehmer für die kombinierte chemisch-toxikologische Analyse (das Toximeter) entwickelt. Der Sammler wurde in Labor-Versuchen
geprüft und durch einen Feldversuch an einem PAK-belasteten Standort validiert. Dabei zeigte sich, dass das Toximeter in seinem jetzigen Design für Substanzen mit
einem log Kow Wert von 4,5-6 geeignet ist und für andere Substanzen zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Wasserkonzentrationen führt.
Zur Charakterisierung des mikrobiellen Schadstoffabbaus im stark kontaminierten Grundwasserleiter des ehemaligen Hydrierwerkes Zeitz wurden isotopenchemische
Methoden angewendet. Die Änderung der Kohlenstoffisotopensignatur des gelösten anorganischen Kohlenstoffs (DIC) und des Benzols dienten als biogeochemische
Indikatoren für die mikrobiellen Abbauprozesse. Die Anreicherung von isotopisch leichtem DIC im Bereich der Schadstofffahne spiegelt die Mineralisierung der
Kontaminanten (BTEX) wider. Anhand der Kohlenstoffisotopenfraktionierung des Benzols konnte der Schadstoffabbau in den Randzonen der Kontamination abgeschätzt
werden. Für den zentralen Bereich der Schadstofffahne wurde die mikrobielle Umsetzung mit Hilfe der Änderung des 13C/12C-Verhältnisses des DIC bestimmt. Die Analyse
der vertikalen Struktur der Schadstofffahne ergab unterschiedliche Verteilungen isotopen- und hydrogeochemischer Parameter im Randbereich und Zentrum der
Kontamination.
Weiterhin wurde mit Hilfe eines Multi-Komponenten-Tracerexperimentes der anaerobe in situ-Schadstoffabbau im Zeitzer Grundwasserleiter untersucht. Im Rahmen des
Versuches wurden ring- (d5) und perdeuteriertes (d8) Toluol als reaktive Tracer sowie Uranin und Bromid als konservative Tracer in den Zeitzer Grundwasserleiter
eingeleitet. Die Berechnungen der prozentualen Biodegradation auf Grundlage einer modifizierten Rayleigh-Gleichung und des Bromids ergaben annähernd gleiche
Ergebnisse. Die prozentuale Biodegradation, welche unter Verwendung von Uranin als konservativer Tracer bestimmt wurde, war deutlich höher. Dies ist auf das im
Vergleich zu den deuterierten Toluolspecies veränderte Transportverhalten des Uranins zurückzuführen.
19. Schlagwörter
Grundwasser, Kontamination, BTEX, Natural Attenuation, Multilevelprobenahme, Sulfat, Numerische Modellierung, Toxikologie,
Isotopenfranktionierung
20. Verlag
*)
21. Preis
Auf das Förderkennzeichen des BMBF soll auch in der Veröffentlichung hingewiesen werden.
BMBF-Vordr. 3831/03.99
Document Control Sheet
1. ISBN or ISSN
2. Type of Report
planned
final report
3a. Report Title
Reference test site Zeitz for the implementation of the “Natural Attenuation” approach
3b. Title of Publication
4a. Author(s) of the Report (Family Name, First Name(s))
Dr. habil. Richnow,. Hans-Herrmann.; Dr. Schirmer, Kristin; Dr. habil. Schirmer,
Mario; Dr. Vieth, Andrea; Dipl.-Geoökol. Bopp, Stephanie; Dipl.-Geoökol. Fischer,
Anko; Dipl. Geol. Gödeke, Stefan; Dipl. Geoökol. Russold, Sandra
4b. Author(s) of the Publication (Family Name, First Name(s))
5.End of Project
31.12.2003
6. Publication Date
planned
7. Form of Publication
report
8. Performing Organization(s) (Name, Address)
9. Originator’s Report No.
UFZ – Centre of Environmental Research
Permoserstr. 15
04318 Leipzig
Germany
10. Reference No.
02WT0041
11a. No. of Pages Report
65
11b. No. of Pages Publication
13. Sponsoring Agency (Name, Address)
12. No. of References
186
Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF)
14. No. of Tables
8
53170 Bonn
15. No. of Figures
29
16. Supplementary Notes
17. Presented at (Title, Place, Date)
18. Abstract
New integral methods for the quantification and determination of Natural Attenuation processes in groundwater were applied for the first time at the test site Zeitz. Due to
the large number of established monitoring wells (80) natural attenuation processes were investigated in great detail. The test site is located downstream of a former
benzene production facility. The investigations showed that Natural Attenuation processes are clearly ongoing at the site. With the construction of the site specific flow
model a tool is available which allows predicting the development of the contaminant plume in the near future. The flow model was applied for the simulation of the transport
of a conservative tracer. In situ column experiments gave evidence for the anaerobic degradation of benzene under sulfate reducing conditions.
In order to evaluate the contaminant plume using toxicological approaches, a method for direct testing of groundwater samples in three cell viability and a specific enzyme
induction test (EROD) using vertebrate cell lines was developed. While the contaminant plume at and downstream the benzene production site could be confirmed by the
toxicological assays, an increased impairment of cell viability and EROD induction was found upstream. These effects could only partly be explained by the BTEX
components. In order to identify compounds, responsible for the measured EROD induction upstream, benzofurane, indene, and indane were found to be capable to elicit
EROD induction for the first time, but could only partly explain the observed phenomena. Because of the specific EROD response, elicited by dioxin-like acting substances,
and the clear spatial limitation of EROD induction effects, additional experiments including a modelling approach using BIONAPL3D and column experiments were
performed. The results showed that the high benzene concentrations were influencing the solubility and the transport behaviour of other ground water contaminants.
Besides, a passive sampling device for combined chemical and toxicological analysis (the Toximeter) was developed. The suitability of the sampler was proofed in
laboratory experiments and validated in a field trial at a PAH contaminated site. It was observed that the Toximeter in its current design is suitable for sampling of
substances with a log Kow of 4.5-6 and led to an underestimation for other substances concerning the true water concentration. Biological analysis of Toximeter samples in
the newly developed EROD solid phase assay showed that the observed effects could be explained only partly by the determined PAH concentrations and point to the
presence of other relevant contaminants at the investigated site.
To characterise the microbial natural attenuation potential of a BTEX contaminated aquifer at Zeitz (Germany), geochemical isotope techniques were applied. The stable
carbon isotope composition of DIC and benzene was used to trace microbial degradation processes. The enrichment of isotopically light DIC within the plume clearly
indicates mineralization of pollutants. At marginal parts of the plume the biodegradation of benzene was estimated by means of the carbon isotope fractionation of benzene.
In the centre of contamination the change of carbon isotope composition of DIC was used to estimate the biodegradation of benzene. Investigations of the vertical structure
of the plume demonstrated that there are differences between the hydrogeochemical and isotopic parameters in the centre of contamination compared to the plume fringes.
Additionally, for quantification of in situ-biodegradation ring-deuterated (d5) and per-deuterated (d8) toluene as reactive tracer and fluorescein as well as bromide as
conservative tracers were infiltrated into the BTEX contaminated aquifer at Zeitz. The quantification of in situ-biodegradation applying the Rayleigh-equation relative to
bromide gave nearly identical results. Fluorescein was retarded in the aquifer and is unsuitable for calculations. The isotope fractionation approach was proven in the tracer
experiment and is valid to quantify in situ-biodegradation.
19.Keywords
Natural Attenuation, groundwater, BTEX, toxicology, numerical modeling, tracer test, EROD, isotopic fractionation
20. Publisher
21. Price
BMBF-Vordr. 3832/03.99