02WT0041 - Abschlussbericht - Cleaner Production Germany
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Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 1 BMBF-Forschungsvorhaben Förderkennzeichen 02WT0041 Verbundprojekt RETZINA (REferenzTestfeld Zeitz zur Implementierung des NaturalAttenuation Ansatzes) Teilprojekt 2 Projektleiter: Dr. Holger Weiß Dr. habil. Mario Schirmer Autoren: S. Bopp, A. Fischer, S. Gödeke, Dr. H.H. Richnow, S. Russold, Dr. M. Schirmer, Dr. K. Schirmer, Dr. A. Vieth Laufzeit des Vorhabens: 01.06.2000 – 31.12.2003 Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 02WT0041 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor Leipzig, 01.07.2004 1 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 2 1 Voraussetzungen für die Projektdurchführung___________________________ 3 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 Aufgabenstellung _________________________________________________________________3 Hintergrund ___________________________________________________________________3 Problemstellung _______________________________________________________________3 Wissenschaftliche und technische Arbeitsziele________________________________________5 Ursprünglich geplante Vorgehensweise _____________________________________________6 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5 1.2.6 Voraussetzungen der Projektdurchführung _____________________________________________6 Erkundung heterogener Grundwasserleiter ___________________________________________7 Fahnenlängenstatistik ___________________________________________________________7 Borden Experiment _____________________________________________________________8 Chemisches und toxikologisches Langzeit-Monitoring _________________________________8 Der Einsatz isotopisch markierter Substanzen zur Analyse des mikrobiellen Abbaus und zur Stoffbilanzierung_______________________________________________________________9 Modellierung von Natural Attenuation im Feldmaßstab_________________________________9 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 Planung und Ablauf des Vorhabens__________________________________________________10 Teilprojekt Hydrogeologische Erkundung und Modellierung ___________________________10 Teilprojekt Toxikologisches Langzeitmonitoring _____________________________________11 Teilprojekt Untersuchungen zur Isotopenfraktionierung _______________________________11 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5 Stand der Kenntnisse zu Beginn des Forschungsvorhabens _______________________________13 Natural Attenuation____________________________________________________________13 Relevante Schadstoffe im Grundwasser ____________________________________________13 Entwicklung von Schadstofffahnen im Grundwasser __________________________________14 Mikrobieller Abbau und natürlicher Rückhalt organischer Schadstoffe im Grundwasser ______16 Ansätze zur Implementierung von Natural Attenuation (Stand 1999) _____________________18 1.5 Zusammenarbeit mit anderen Stellen_________________________________________________19 2 Ergebnisse des Forschungsvorhabens und ihre Verwertung _______________ 21 2.1 2.1.1 2.1.1.2 2.1.1.3 2.1.1.4 2.1.1.5 2.1.2 2.1.2.1 2.1.2.2 2.1.2.3 2.1.3 2.1.3.1 2.1.3.2 2.1.3.3 Resultate des Forschungsvorhabens _________________________________________________21 Hydrogeologische Erkundung und Modellierung _____________________________________21 Historischer Überblick des Standortes Zeitz _________________________________________22 Strömungs- und Tracertransportmodellierung _______________________________________23 Abbauraten __________________________________________________________________24 Anaerober Benzolabbau ________________________________________________________26 Toxikologisches Langzeitmonitoring ______________________________________________28 Etablierung von in vitro Zellbioassays für die toxikologische Grundwasseranalyse __________28 Toxikologische Beurteilung der Ausbreitung der Schadstofffahne am Standort Zeitz _________30 Passiver Probennehmer für die kombinierte chemisch-toxikologische Analyse – Das Toximeter 39 Isotopenfraktionierung _________________________________________________________43 Erzielte Ergebnisse ____________________________________________________________43 Isotopenfraktionierung zur Quantifizierung des mikrobiellen Abbaus _____________________43 Quantifizierung des In-situ-Schadstoffabbaus anhand der Isotopensignatur des gelösten organischen Kohlenstoffs (DIC) __________________________________________________45 Quantifizierung des In-situ-Schadstoffabbaus anhand der Wasserstoffisotopensignaturen im Tracerexperiment zur Validierung der Isotopenmethode _______________________________47 2.1.3.4 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 Verwertbarkeit der Ergebnisse______________________________________________________49 Hydrogeologische Erkundung und Modellierung _____________________________________49 Toxikologisches Langzeitmonitoring ______________________________________________50 Isotopenfraktionierung _________________________________________________________51 2.3 Ergebnisse anderer Stellen_________________________________________________________51 2.4 Erfolgte und geplante Veröffentlichungen_____________________________________________51 2.5 Zitierte und eigene Literatur _______________________________________________________55 2.6 Anhang________________________________________________________________________65 2 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 1 Seite 3 Voraussetzungen für die Projektdurchführung 1.1 1.1.1 Aufgabenstellung Hintergrund Natürliche Abbau- und Rückhalteprozesse („Natural Attenuation") können die Ausbreitung von Schadstoffen in Grundwasserleitern verlangsamen oder überhaupt zum Stillstand bringen. So konnte im Rahmen verschiedener Studien nachgewiesen werden, dass Schadstofffahnen im Grundwasser nur eine begrenzte Ausdehnung erreichen (Rice et al., 1995; Schiedek et al., 1997). Eine gezielte Nutzung dieser Prozesse könnte an geeigneten Standorten als Alternative zur herkömmlichen Altlastensanierung herangezogen werden. Als notwendige Maßnahmen verblieben eine gezielte Erkundung zur Quantifizierung der natürlichen Abbau- und Rückhalteprozesse am Standort sowie ein anschließendes Langzeit-Monitoring („Monitored Natural Attenuation). Die damit verbundene Kostenreduzierung bei der Sanierung könnte sehr erheblich sein und insbesondere auch eine Fokussierung der nur knappen Mittel auf die wirklich brisanten Fälle ermöglichen. Hinzu kommt, dass die praktischen Erfahrungen der letzten 20 Jahre gezeigt haben, dass die Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen mit konventionellen Methoden an Altstandorten vielfach sehr uneffizient und langwierig waren und oft nicht zum Erfolg geführt haben. Die Überlegungen zum „Monitored Natural Attenuation” als Alternative zur klassischen Sanierung sind in den letzten Jahren v.a. in den USA weit gediehen. Die amerikanische Umweltbehörde EPA definiert „Natural Attenuation wie folgt (US-EPA OSWER Directive 9200.4-17P, 1999): Der Begriff „Natural Attenuation, ist die Eigenschaft eines Aquifers durch Prozesse wie biologischer Abbau, Dispersion, Verdünnung, Sorption, Verflüchtigung, und/oder chemischer oder biochemischer Stabilisierung von Schadstoffen die Masse, Toxizität, Mobilität oder das Volumen der Schadstoffe so weit zu reduzieren, dass die menschliche Gesundheit und das Ökosystem nicht gefährdet sind. Es kann einerseits davon ausgegangen werden, dass die EPA-Sichtweise eher einer Minimalforderung entspricht, die insbesondere bei den zu berücksichtigenden Prozessen der Dispersion bzw. Verdünnung nicht konform gehen kann mit den Vorstellungen eines nachhaltigen GrundwasserRessourcenschutzes. Andererseits werden in der o.g. EPA-Direktive Vorstellungen über z.B. Stoffbilanzen entwickelt, die bestenfalls in einem gut ausgestatteten Forschungstestfeld aber nicht an einem typischen Altstandort erfüllt werden können. Hier bedarf es dringend eigener Anstrengungen, um sinnvolle Konzepte für die Umsetzung des „Natural Attenuation“-Gedanken in die Praxis zu entwickeln und zu erproben, aber auch einer unkontrollierten Entwicklung rechtzeitig vorzubeugen. 1.1.2 Problemstellung Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass auch in der BRD in jüngster Zeit Überlegungen zur Nutzung des natürlichen Abbau- und Rückhaltepotentials als eine mögliche Alternative zur herkömmlichen Sanierung in zunehmendem Maße diskutiert werden (z.B. Agel und Löbel, 1999). In einer Einzelfallbetrachtung wird es vielfach möglich sein, biologische Abbau- und sonstige Rückhalteprozesse zu identifizieren und dadurch eine kostenintensive Sanierung zu vermeiden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Abbau- und Rückhalteprozesse am jeweiligen Standort zuverlässig 3 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 4 quantifiziert werden können. Des Weiteren müssen allgemeine Kriterien definiert werden, anhand derer schon früh in der Erkundungsphase beurteilt werden kann, ob an einem Standort die Nutzung des natürlichen Abbau- und Rückhaltepotentials grundsätzlich als Alternative zur Sanierung betrachtet werden sollte. Bei der Entwicklung einer solchen Systematik bestehen allerdings noch deutliche Defizite. Es fehlt zum einen an der Auswahl geeigneter Beurteilungswerkzeuge/-parameter zur Bestimmung des standort- und schadstoffspezifischen Abbau- und Rückhaltepotentials und zum anderen an den verwaltungstechnischen und rechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung eines solchen Konzeptes. Hier ist es wichtig, ein technisches Instrumentarium zu schaffen, das mit dem in der Zwischenzeit in Kraft getretenen Bodenschutzgesetz konform geht und auf Länderebene eingesetzt werden kann. Insgesamt sind wesentliche ökonomische Vorteile zu erwarten, da aufgrund des neuen Ansatzes zahlreiche Altstandorte, die ein entsprechendes Schadstoffrückhalte- und Abbaupotential vorweisen, aus der Sanierungsverpflichtung entlassen und somit einer angepassten Folgenutzung zugeführt werden könnten. Gleichzeitig würde der Industrie dadurch ein Weg geöffnet, gemeinsam mit der Umweltverwaltung die Kräfte auf die wirklich brisanten Fälle zu konzentrieren. Industriestandort Wasserwerk Projekt ZEITZ “LNAPL” Sorption Advektion Retardation Dispersion Degradation Diffusion Lösung aus Phase Desorption “DNAPL” Natural Attenuation Wasserversorgung (Rezeptor) Abb. 1: Abstromfahne im Grundwasser (Pfad) Schadensherd (Quelle) Typisches Schadensszenario an Altstandorten mit Quelle-Pfad-Rezeptor Für einen Altstandort ist in Abb. 1 der Pfad von der Schadstoffquelle beispielhaft dargestellt. Über die ungesättigte Zone gelangen die Schadstoffe in das Grundwasser und anschließend in Fließrichtung zu einer möglichen Grundwassernutzung. Im Rahmen des hier geplanten Vorhabens steht das natürliche Rückhalte- und Abbauvermögen der Schadstoffe im Abstrom zu dem Schadensherd im Vordergrund, da eine umfassende Schadensherdsanierung am Standort mit vertretbaren Aufwand technologisch nicht durchführbar ist. 4 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 1.1.3 Seite 5 Wissenschaftliche und technische Arbeitsziele Auf dem Gebiet des natürlichen Rückhalte- und Abbauverhaltens von Schadstoffen wird an zahlreichen nordamerikanischen aber auch an vielen europäischen Instituten seit vielen Jahren intensiv geforscht (vgl. Abschnitt 2). Der Schwerpunkt dieser Arbeiten liegt hierbei vor allem in der Analyse der maßgeblichen Prozesse einschließlich zugehöriger Parameter sowie des komplexen Zusammenspiels der steuernden Faktoren. Der bei weitem größte Teil der bisherigen Untersuchungen wurde an Boden- und Wasserproben im Labormaßstab (Batch- und Säulenversuche) durchgeführt und man kann heute davon ausgehen, dass viele im Feld beobachtete Phänomene prinzipiell verstanden sind. Im Rahmen des Verbundvorhabens sollen sich deshalb die Arbeitsgruppen mit der Entwicklung geeigneter Methoden zur Quantifizierung des natürlichen Schadstoffrückhalte- und -abbauvermögens („Natural Attenuation“) unter Feldbedingungen beschäftigen, d.h. mit der Frage der Implementierung des „Natural Attenuation“- Konzepts. Grundsätzlich kann man sich diesem Thema über verschiedene Ansätze nähern. Für eine aussagekräftige Quantifizierung wird in den meisten Fällen der parallele Einsatz mehrerer Methoden notwendig sein. Eine Übersicht über die in diesem Vorhaben einsetzbaren Methoden ist nachstehend gegeben. Dabei ist zu beachten, dass die bisherigen Arbeiten zum Thema „Natural Attenuation“ v.a. das Ziel verfolgen, die relevanten Schadstoffabbau- und Umbauprozesse zu identifizieren und zu charakterisieren. Dies ist im Feldmaßstab allerdings in den seltensten Fällen in quantitativer Weise möglich, da der heterogene Aufbau des Untergrundes und die heterogene Verteilung der Schadstoffe innerhalb des Schadensherdes sowie der begrenzte Zugang zum Untergrund über meist nur wenige Bohrungen eine sehr große Aussageunsicherheit mit sich bringen. Deshalb sollen mit Blick auf die spätere praktische Anwendung v.a. neue, integrale Erkundungs- und Bewertungsverfahren eingesetzt werden, die es erlauben, über größere Bereiche Bilanzen entweder über die gespeicherte Schadstoffmasse, die mobile Schadstofffracht oder die Veränderung der mittleren Konzentrationen zu erstellen. Um eine möglichst große Sicherheit bezüglich der Beurteilung des Standorts zu gewährleisten, soll zusätzlich zur chemischen Schadstoffanalyse auch die biologischtoxikologische Untersuchung des Schadenspotentials berücksichtigt werden. Im Rahmen dieses Vorhabens sollen diese neuen, integralen Methoden, die durch die beteiligten Arbeitsgruppen entwickelt und schon vereinzelt eingesetzt wurden, an einem Referenztestfeld unter kontrollierten Bedingungen erprobt und miteinander verglichen werden. Ziel ist es dabei, am Ende des Vorhabens ein bewertetes Methodeninventar zur Verfügung zu haben, um darauf aufbauend entsprechende Empfehlungen (z.B. in Form eines Leitfadens) für die spätere Anwendung an anderen Standorten ableiten zu können. Integrale Feldmethoden und Modellierung x (a) Direkte integrale Frachtmessungen: Bestimmung der Immission in unterschiedlicher Entfernung zum Schadensherd über integrale Abstromerkundung. Entwicklung einer schnellen und sicheren Methode zur Bewertung von Schadensfällen [schnell, nur mäßiger Aufwand, relativ kostengünstig jedoch ohne direkten Prozessbezug] x (b) Einsatz von Langzeit- und toxikologischen Monitoringstrategien: Beobachtung der zeitlichen Veränderung (Bewegung) einer Schadstofffahne unter Berücksichtigung der sich verändernden hydrologischen Standortbedingungen. Quantifizierung des toxikologischen Schadenspotentials und dessen räumliche und zeitliche Veränderung im Aquifer [zeitintegrierende Messtechnik, kostengünstig jedoch ohne direkten Prozessbezug] x (c) Reaktive Multi-Tracermethoden: Quantifizierung der spezifischen Wechselwirkungen zwischen Schadstoffen und Aquifermatrix zur integralen Bestimmung z.B. der darin enthaltenen reaktiven Fe(III)-Oxide bzw. der effektiven Reduktions- bzw. Oxidationskapazität. Gerade für den BTXAbbau haben die Reduktion von Fe(III)-Oxiden und Sulfaten eine große Bedeutung. [relativ schnell, räumlich integrierte Aussage, Auswertung komplex, Prozessbezug vorhanden]. 5 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 6 x (d) Lithokomponenten-Ansatz: Prognose des natürlichen Schadstoff-Rückhaltevermögens hydrophober Substanzen aufgrund einer Analyse des Aquifermaterials. Die Differenzen zwischen prognostizierten und tatsächlich beobachteten (reduzierten) Transportweiten geben Hinweise auf (Bio-) Abbau [schnell und kostengünstig für Lockergesteinaquifere, Heterogenität des Untergrunds birgt Aussageunsicherheiten] x (e) Stabile Isotopenmessungen: Quantifizierung des mikrobiellen Abbaus im Untergrund durch Bestimmung der Fraktionierung stabiler Isotope. Dieser Teil der Arbeiten zielt auf die integrale quantitative Beschreibung des mikrobiellen Abbaus im Aquifer und auf den Nachweis durch Tracerexperimente. Mit Hilfe der neuen Methode kann der biologische Abbau einer Substanz im Grundwasser isoliert von anderen Prozessen wie Verdünnung und Sorption erfasst und quantifiziert werden. x (f) Modellierung des reaktiven Stofftransports: Quantifizierung des Schadstoffabbaus bzw. rückhaltevermögens am Standort unter Einbeziehung der Aussageunsicherheit der unterschiedlichen Feld-Erkundungsmethoden. Der reaktive Transport wird zum einen deterministisch (dreidimensional) und zum anderen stochastisch (integral) nach dem Prinzip repräsentativer Stromröhren nachgebildet. Die zwei Modellierungsansätze sollen im Hinblick auf die benötigten Eingabedaten, die zu erwartenden Aussageunsicherheiten und die Effizienz verglichen werden. Somit soll als Ergebnis der Modellprognosen abgeschätzt werden, ob eine Schadstofffahne räumlich stationär ist und in welcher Entfernung vom Schadensherd welche Konzentrationen bzw. Frachten zu erwarten sind. 1.1.4 Ursprünglich geplante Vorgehensweise Die Grundidee bestand darin, die neuen feldmaßstäblichen Erkundungs- und Bewertungsmethoden zum natürlichen Schadstoffrückhalte- und abbauverhalten an einem komplexen Altstandort unter kontrollierten Bedingungen einzusetzen und zu validieren. Im Rahmen des beantragten Verbundvorhabens sollte deshalb ein sogenannter Referenzstandort eingerichtet und betrieben werden. Gedacht wurde an das ehemalige Hydrierwerk ZEITZ, wo ein sehr breites Schadstoffinventar (z.B. BTEX, MKWs, PAKs, und untergeordnet CKWs, etc.) vorliegt, das in seiner Zusammensetzung und Verteilung über die verschiedenen Schadensherde relativ gut bekannt war. Es sollten am Standort zunächst die Schadstofffahnen im Abstrom von ausgewählten Schadensherden im Detail zur Bewertung von „Natural Attenuation“, erkundet werden. Damit verbunden, sollte eine qualitativ hochwertige und ausreichend dichte Referenz-Datenbasis geschaffen werden, wie sie an so einem Standort im allgemeinen nicht vorliegt. Anschließend sollten neue, räumlich und zeitlich integrierenden Verfahren für die Quantifizierung und Bewertung des natürlichen Schadstoffrückhalteund Schadstoffabbauverhaltens am Standort zum Einsatz kommen. Diese haben v.a. den großen Vorteil, dass sie eine wesentlich geringere Datenbasis erfordern und damit für den späteren routinemäßigen Einsatz an Altstandorten wesentlich kostengünstiger eingesetzt werden können. Der Vergleich der räumlich- und zeitlich-integralen Ergebnisse mit dem detailliert erkundeten ReferenzDatensatz nach EPA-Direktive erlaubt eine direkte Validierung der innovativen Methoden bzw. der Kombination von Methoden und damit verbunden auch eine Aussage über den jeweiligen Fehler im Verhältnis zum Aufwand bzw. den anfallenden Kosten. 1.2 Voraussetzungen der Projektdurchführung Das Forschungsprogramm setzte Vorkenntnisse und Erfahrungen in verschiedenen Bereichen der hydrogeologischen Erkundung, der Ökotoxikologie, der organischen, anorganischen und IsotopenHydrogeochemie sowie der Grundwassermodellierung voraus. Die beteiligten Arbeitsgruppen waren und sind auf diesen Fachgebieten einschlägig ausgewiesen und können darüber hinaus auf eine 6 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 7 umfangreiche Erfahrung in der Planung und Umsetzung interdisziplinärer Verbundvorhaben verweisen. Nachstehend sind die entsprechenden Voruntersuchungen bzw. Vorerfahrungen nach Themagruppen zusammengefaßt erläutert. 1.2.1 Erkundung heterogener Grundwasserleiter Die Entwicklung geeigneter Erkundungskonzepte für heterogene Grundwasserleiter ist von sehr wesentlicher Bedeutung innerhalb des geplanten Vorhabens. Hier liegen aus zahlreichen Untersuchungen in Testfeldern langjährige Erfahrungen vor. Genannt seien beispielsweise die Grundlagenuntersuchungen im Naturmessfeld Horkheimer Insel (D) (Teutsch und Kobus, 1990; Ptak et al. 1996), Testfeld „Süd“ (D) (Herfort et al., 1998; 1999) und im Borden-Aquifer (Ontario, Kanada) (Sudicky, 1986; Freyberg, 1986), die in unterschiedlicher Weise dazu beigetragen haben die Grenzen der herkömmlichen Erkundung, die auf Punktmessungen beruht, zu verdeutlichen. Aus all diesen Arbeiten wird deutlich, dass nur mit einem sehr erheblichen Aufwand, d.h. einer sehr großen Anzahl an Bohrungen eine ausreichende Aussagesicherheit zum Schadstofftransport erreichbar ist. Die Initiative zur Entwicklung der im Rahmen diese Vorhabens einzusetzenden integralen Messmethoden geht ausschließlich auf diese Erkenntnis zurück. 1.2.2 Fahnenlängenstatistik Wie bereits mehrfach angesprochen, ist die Quantifizierung von „Natural Attenuation“ Prozessen im Feldmaßstab sehr aufwendig und schwierig. Deshalb wurde sehr früh schon der Gedanke geboren, Erkenntnisse über Schadstoffahnenlängen von verschiedenen Standorten zusammenzutragen und nach Schadstoff- und Standorttyp zu klassifizieren. Die erste Studie hierzu stammt aus Nordamerika und wurde vom American Petroleum Institute (API) mit dem Ziel veröffentlicht, zu zeigen, dass BTEXFahnen sehr schnell biologisch abgebaut werden (Hubbard et al., 1994). Dem folgte 1995 die Studie über Leaking Underground Fuel Tank (LUFT) vom Lawrence Livermore National Laboratory, University of California, welche feststellt, dass die Mehrzahl der BTEX-Fahnen weniger als 100 m lang sind (Rice et al., 1995). Diese Arbeiten beschränken sich allerdings auf die Gruppe der BTEXAromaten. Wir haben deshalb in einer eigenen Studie „Literaturstudie zum natürlichen Rückhalt / Abbau von Schadstoffen im Grundwasser“ (Schiedek et al., 1997) versucht, einen umfassenden Überblick über alle auch in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlichten Fahnenlängen zu erfassen. Diese Studie belegt die zu erwartende Reihenfolge abnehmender Fahnenlängen-Abfolge: CHC > Phenole > Benzol > BTEX > PAKs und quantifiziert auf statistischer Grundlage die Größe der zu erwartenden Fahnenlängen (Abb. 2). Daraus lässt sich das grundsätzliche „Natural Attenuation“-Potential für verschiedene Schadstoffgruppen ableiten. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass die Daten von sehr unterschiedlichen Standorten stammen und keinesfalls die Einzelfallbetrachtung ersetzen können. 7 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Schadstoffeigenschaften Schadstoffe CKW N=106 Phenole Seite 8 Gut wasserlöslich, geringe Retardation, langsamer Abbau N=16 Benzol N=30 Gut wasserlöslich, geringe Retardation, schneller Abbau N=94 BTEX 5-Ring 2-Ring 3-Ring ? ? PAK 0 Wasserlöslichkeit, Retardation und Abbau umfassen mehrere Größenordnungen - wenige verläßliche Felddaten 500 1.000 1.500 2.000 2.500 Abb. 2: Charakteristische Fahnenlängen verschiedener Schadstoffe im Grundwasser. Aus: Schiedek et al., 1997. 1.2.3 Borden Experiment „Natural Attenuation“ für die BTEX-Komponenten wurden in einem umfassenden Feldmess- und Modellierungsprogramm für den Borden-Grundwasserleiter (Ontario, Kanada) untersucht (Hubbard et al., 1994; Schirmer, M., 1998). Dabei wurde festgestellt, dass BTEX zumindest unter aeroben Bedingungen sehr schnell biologisch abgebaut wird. Andere Rückhalte- und Abbauprozesse, wie Retardation und Dispersion, spielen nur eine untergeordnete Rolle (Schirmer, M. et al., 1999 a,b). Weitere Untersuchungen zu „Natural Attenuation“ am gleichen Standort haben ergeben, dass selbst geringe biologische Abbauraten (bei schwer abbaubaren Substanzen) viel effektiver als reine Verdünnung durch Dispersion sind und bei der Reinigung des Aquifers einen wesentlichen Beitrag liefern. Allerdings wurde auch festgestellt, dass in diesen Fällen „Natural Attenuation“ als einzige Sanierungsmethode nicht immer ausreichend sein wird, um die Aquifere zu schützen (Schirmer und Barker, 1998; Schirmer M. et al., 1999a). 1.2.4 Chemisches und toxikologisches Langzeit-Monitoring Die auf Nichtgleichgewichtseinstellung beruhenden Probennahme-Systeme (Dosimeter) für die zeitlich integrierende Probennahme im Grundwasser wurde erst kürzlich entwickelt. Das Verfahren wurde bereits sowohl im Labor als auch im Feld für die Schadstoffgruppe der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (16 EPA PAK) getestet (Martin und Grathwohl, 1999). Die Methode kann auch auf andere Schadstoffe übertragen werden. Toxikologische Tests gewinnen zur umfassenden Charakterisierung von Schadstoffen in Grund- und Oberflächengewässern immer mehr an Bedeutung (Barker, 1994). Es wurde z.B. in einer Laborstudie mit einer komplexen organischen Mischung festgestellt, dass mit chemischer Analyse allein nur ein Teil des Risikos für eine Zellkultur der Regenbogenforelle vorausgesagt werden konnte (Schirmer et al., 1999d). Auf der anderen Seite zeigten direkte Vergleiche zwischen Zellkulturen (in vitro) und traditionellen Fischtoxizitätstests (in vivo) gute Übereinstimmung (Schirmer K. et al., 1999a). Erfahrungen mit der Entwicklung und Anwendung einer Reihe von in vitro Tests über die letzten 6 Jahre haben auch gezeigt, dass diese flexibel an spezielle Anforderungen angepasst und in andere 8 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 9 Labors relativ schnell überführt werden können. So kommt z.Z. eine in Waterloo entwickelte Fischzelllinie, RTL-W1, im Verbundprojekt SAFIRA zur Untersuchung von Grundwasserproben zum Einsatz (Altenburger et al., 1999). Bei diesen Untersuchungen wurde bisher deutlich, dass Stichproben allein nur ein unzureichendes Bild des wirklichen Schadenspotentials aufdecken können. Deshalb soll im Rahmen dieses Projektes erstmalig ein neu-entwickelter Langzeit-Probenehmer im Feld getestet werden, der ohne weitere Manipulationen kompatibel mit in vitro Toxizitätstests ist (Schirmer K. et al., 1999b). 1.2.5 Der Einsatz isotopisch markierter Substanzen zur Analyse des mikrobiellen Abbaus und zur Stoffbilanzierung In den letzten Jahren wurde eine Technik zur Kennzeichnung der Transformation organischer Substanzen entwickelt, bei der mit stabilen Isotopen markierte Substanzen als Tracer eingesetzt werden. Diese Technik wurde erfolgreich zur Charakterisierung des Stoffumsatzes unter aeroben und anaeroben Bedingungen mit mikrobiellen Kulturen (Annweiler et al., 1999; Zengler et al., 1999) und in Bioreaktoren mit PAK-belasteten Böden (Richnow et al., 1996; Kästner et al., 1997; Richnow et al., 1999) eingesetzt. Unsere Technik ermöglicht sowohl Stoffbilanzen als auch die Erfassung metabolischer Produkte (Richnow et al., 1998). Die Isotopenanalytik zur Metabolitenanalyse (IRMGC-MS), erlaubt den hochempfindlichen, qualitativen Nachweis markierter Substanzen (pg-Bereich) und ihre Quantifizierung (ng-Bereich). Anschließend kann die chemische Struktur der markierten Verbindungen mit GC-MS-Verfahren bestimmt werden. Aufgrund der Deuterium- oder 13CMarkierung kann jeder Metabolit eindeutig der Ausgangssubstanz zugeordnet werden. Somit können alle Transformationsprodukte, einschließlich einer Transformation in Kompartimente der Biomasse, auch in ihrer chemischen Struktur erfasst werden. Diese Möglichkeit wird bisher kaum genutzt und beinhaltet wesentliche Fortschritte gegenüber der klassischen Methode mit radioaktiven Substanzen. In den bisherigen Arbeiten konnte eine 13C/12C-Isotopenfraktionierung beim biologischen Abbau von Toluol nachgewiesen werden (Meckenstock et al., 1998; 1999). Die Isotopendiskriminierung führte zu einer Anreicherung des natürlichen 13C-Anteils in der Restfraktion, die noch nicht durch Mikroorganismen abgebaut wurde. Es kommt somit zu einer Verschiebung im 13C/12CIsotopenverhältnis, die mit Isotope-Ratio-Monitoring-Gas-Chromatography-Mass-Spectrometry (IRM-GC-MS) messbar ist. Dieser Effekt wurde auch in Bodensäulen und im Feld beobachtet (Meckenstock et al., 1999; Richnow et al., 1999). Vermutlich kann auch die Fraktionierung der Wasserstoffisotope als Parameter für mikrobiellen Schadstoffabbau in situ herangezogen werden. Basierend auf den Daten zur biologischen Isotopenfraktionierung von Toluol soll die Methode für typische Aquiferverunreinigungen, wie BTEX, weiterentwickelt werden. Dazu werden die Isotopenfraktionierungsfaktoren für den Abbau von BTEX unter kontrollierten aeroben und anaeroben Bedingungen in Laboruntersuchungen bestimmt und der Einfluss physiko-chemischer Parameter wie Temperatur, Adsorption, Abbaumilieu und Schadstoffkonzentration auf die Fraktionierung ermittelt. Diese biologischen Fraktionierungsfaktoren konnten bereits bestimmt werden und sind zur Kalibrierung bei Feldexperimenten notwendig. Damit kann der biologischen Abbau in situ, von anderen Prozessen wie Verdünnung und Adsorbtion unabhängig bestimmt werden. Eigene Vorarbeiten zur Bilanzierung des Stoffumsatzes mit Deuterium markierten Substanzen liegen vor. Zur Beschreibung des biologischen Abbaus kann daher die Freisetzung von Deuterium bei der Mineralisierung eines deuterierten Tracers gemessen werden. Im Aquifer erlaubt die Analyse der D/H Isotopenverschiebung des Wassers die Erstellung einer Deuteriumbilanz. 1.2.6 Modellierung von Natural Attenuation im Feldmaßstab Für die Modellierung von Natural Attenuation im Feldmaßstab müssen sowohl die Lösungs- als auch die Abbauprozesse im Aquifer berücksichtigt werden. Das numerische Modell BIONAPL3D wurde für die Simulation von Natural Attenuation bei zwei Feldexperimenten im Borden-Grundwasserleiter 9 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 10 (Ontario, Kanada) angewendet (Frind et al., 1999; Schirmer M., 1998; Schirmer und Barker; Schirmer M. et al., 1999a,b). Im Rahmen eines DFG-Schwerpunktprogramms, das sich u. a. die Quantifizierung der Schadstoffbelastung auf einem ehemaligen Gaswerksgelände in Süddeutschland (sog. „DFGTestfeld Süd“) zum Ziel setzt, wird derzeit der Einsatz des numerisch-stochastischen Modells SMART (Finkel, 1999; Finkel et al., 1997, 1998a,b, 1999) vorbereitet, um Aussagen über die Natural Attenuation an diesem Standort zu gewinnen. Beim ersten Experiment handelte es sich um einen sich langsam auflösenden CKW-Schadensherd, welcher in den Grundwasserleiter eingebaut worden war (Frind et al., 1999). Die Simulationsergebnisse haben eindeutig gezeigt, dass der Lösungsprozess zumindest über die ersten drei Jahre unter Gleichgewichtsbedingungen stattfand. Unter den gegebenen aeroben Bedingungen im Grundwasserleiter ist kein biologischer Abbau der CKWs zu erwarten. Die Dispersion ist somit der effektivste Natural Attenuation Prozess, was bei weitem nicht ausreichend war, um den Grundwasserleiter zu schützen. Deshalb wurden zusätzliche Sanierungsmaßnahmen (Eisenwand) geplant und realisiert. Beim zweiten Experiment wurde das Verhalten von BTEX und MTBE (Methyltertiärbutylether) im Borden-Grundwasserleiter simuliert (Schirmer M., 1998; Schirmer und Barker, 1998; Schirmer M. et al., 1999a,b). Natural Attenuation, vor allem in Form von biologischem Abbau, war für BTEX sehr effektiv. Bereits nach 16 Monaten waren diese Komponenten fast vollständig abgebaut. Bei der Simulation der im Feld stattfindenden Prozesse wurden ausschließlich vorher bestimmte Parameter ins Modell einbezogen. Da die Ergebnisse der Simulationen und der Feldmessungen ohne Modellkalibrierung sehr gute Übereinstimmung zeigten, kann man davon ausgehen, dass die stattfindenden Natural Attenuation Prozesse für die BTEX-Komponenten an diesem Standort verstanden sind (Schirmer M., 1998). Für das schwer abbaubare MTBE konnte durch die Simulationen gezeigt werden, dass Natural Attenuation als einzige Sanierungsmethode nicht ausreichend sein wird, um den Grundwasserleiter zu schützen (Schirmer M. et al., 1999a). 1.3 1.3.1 Planung und Ablauf des Vorhabens Teilprojekt Hydrogeologische Erkundung und Modellierung Eine genaue Kenntnis der hydrogeologischen Situation am Standort ist für die Untersuchung und Quantifizierung von Natural-Attenuation Prozessen von entscheidender Bedeutung. Ein grundlegendes Ziel der hydrogeologischen Erkundung bei einem großräumigen Grundwasserschadensfall, wie er in Zeitz vorliegt, ist die Charakterisierung der räumlichen Ausdehnung der Schadstofffahne. Wichtige geologisch-hydrogeologische Größen, welche die räumliche Ausdehnung der Schadstofffahne beeinflussen, sind die Variabilität der hydraulischen Durchlässigkeiten, die Grundwasserfließrichtung, sowie Aufbau und Abfolge der Aquiferschichten. Durch eine optimale Positionierung der Grundwassermessstellen am Standort Zeitz sollte ein möglichst detailliertes Bild der Grundwasserkontamination entstehen, wobei die Ausdehnung der Schadstofffahne im Abstrom vom Schadenszentrum genau erfasst werden sollte. Basierend auf den Ergebnissen der hydrogeologischen Erkundung sollte weiterhin ein standortspezifisches Strömungsmodell erstellt werden, welches zu kalibrieren und auf seine Eignung für die Dimensionierung von Feldexperimenten zu überprüfen war. Aufbauend auf dem Strömungsmodell sollten über die Simulation des reaktiven Stofftransports Aussagen über die Entwicklung der Schadstofffahne getroffen werden. Dies ist besonders im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit des Nachweises von Natural Attenuation von großer Bedeutung (USEPA OswerDirective 1999). In einem weiteren Schritt sollte ein Vergleich zwischen einem deterministischem Ansatz und einem numerisch stochastischem Ansatz bei der reaktiven Transportmodellierung getroffen werden. 10 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 11 Die sehr komplizierten geologischen Verhältnisse am Standort bedingten, dass auch in der letzten Projektphase noch Erkundungsbohrungen nötig waren (siehe auch Gödeke 2004a, 2004b). Daher konnte eine Simulation des reaktiven Stofftransports im Projektzeitraum nicht durchgeführt werden. 1.3.2 Teilprojekt Toxikologisches Langzeitmonitoring Natürliche Rückhalt- und Abbauprozesse („Natural Attenuation“) in Grundwasserleitern können die Ausbreitung von Schadstoffen eindämmen oder aufhalten. Für den gezielten Einsatz dieser Prozesse zur Grundwassersanierung bedarf es jedoch umfangreicher Überwachungsmaßnahmen. Dazu gehören regelmäßige chemische Analysen des Grundwassers, um den Verbleib der Schadstoffe beobachten zu können. Allerdings beschränken sich chemische Untersuchungsmethoden in der Regel auf die mengenmäßig am stärksten vertretenen Schadstoffe. Diese werden gezielt chemisch analysiert und quantifiziert. Ein Vergleich der gefundenen Konzentrationen mit vorgegebenen Maximalwerten für die Schadstoffbelastung von Grundwasser geben Aussagen über die Notwendigkeit von Sanierungsmaßnahmen bzw. das Erreichen von Sanierungszielen. Allerdings kann die alleinige Fokussierung auf die mengenmäßig am stärksten vertretenen Stoffe zur Folge haben, dass toxikologisch relevante Schadstoffe oder toxische Produkte des Schadstoffabbaus übersehen werden, was wiederum eine Verfehlung des Sanierungszieles zur Folge haben kann. Dementsprechend definierte die U.S. EPA „Natural Attenuation“ als „die Fähigkeit eines Grundwasserleiters die Masse, Toxizität, Mobilität oder das Volumen von Schadstoffen so weit zu reduzieren, dass die menschliche Gesundheit und das Ökosystem nicht gefährdet sind“ (USEPA Directive 1999). Berichte über den Einsatz toxikologischer Testverfahren bei der Grundwasserüberwachung allgemein sind bisher jedoch rar. Helma et al. (1998) untersuchten gentoxische und ökotoxische Effekte von Grundwasser im Vergleich zu routinemäßig analysierten Parametern und fanden dass, allein durch chemische Analysen, die Toxizität des Grundwassers nicht vorhergesagt werden konnte. Baun et al. (2000) nutzten miniaturisierte toxikologische Tests um die Ausbreitung einer Grundwasserschadstofffahne im Abstrom einer Deponie zu erfassen. Über Einsatz von Toxizitätsmessungen zur Beurteilung des Natural Attenuation Potenzials eines Aquifers gab es bis vor Beginn des RETZINA-Projektes jedoch keine systematischen Untersuchungen. Im Rahmen des RETZINA-Verbundprojektes ergaben sich daher für das Teilprojekt „Toxikologisches Monitoring“ folgende Ziele: 1. Die Etablierung verschiedener auf Vertebratenzellen basierender, miniaturisierter Testverfahren zur toxikologischen Charakterisierung nativen Grundwassers; 2. Die Charakterisierung der Ausbreitung der Schadstofffahne am Standort Zeitz mit Hilfe der etablierten toxikologischen Tests und Vergleich mit der chemisch definierten Ausbreitung der Schadstofffahne 3. Die Verknüpfung toxikologischer Testverfahren mit einem Grundwasserprobennahmegerät für die passive Anreicherung von Schadstoffen im Sinne einer kosteneffektiven, langfristigen Überwachung von Natural Attenuation-Prozessen. Aufgrund methodischer Probleme beim Umgang mit BTEX Komponenten im toxikologischen Monitoring wurde die Entwicklung des Passivsammlers zunächst auf die Stoffgruppe der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe konzentriert. Die Methodischen Probleme mit BTEX ergaben sich aus dem hohen Dampfdruck der Komponenten, welche für die toxikologische Analyse in Vertebratensystemen einer eigens dafür ausgerichteten, zukünftigen Entwicklung bedürfen. Im Rahmen der kombinierten chemisch-biologischen Charakterisierung der Schadstofffahne am Standort Zeitz wurden zunächst zusätzlich zum ursprünglichen Projektantrag detailliert Computersimulationen und Laboruntersuchungen durchgeführt. 1.3.3 Teilprojekt Untersuchungen zur Isotopenfraktionierung In dem Vorhaben sollte ein isotopenchemisches Verfahren zur Erfassung des biologischen Schadstoffabbaus in einem kontaminierten Aquifer eines gut ausgebauten Testfeldes erprobt werden. Dazu sollten Konzentrationen und Isotopensignaturen der Schadstoffe kartiert und anhand der Änderung der Isotopensignatur stabiler Isotope (D/H bzw. 13C/12C) der in situ-Schadstoffabbau erfasst werden. Dabei wurden Fraktionierungsfaktoren (D) aus einem anderen Projekt (BMBF 02WT0022) 11 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 12 eingesetzt. Es sollten Eckdaten zum Einsatz der Methoden in der Grundwasserüberwachung erarbeitet werden. In erster Linie galt es Kenngrößen zur Bewertung des intrinsischen Abbaupotentials in Schadstofffahnen im Rahmen von Natural Attenuation (NA)-Vorhaben zu ermitteln. Detailliert sollten Grundlagen zur Planung von Monitored Natural Attenuation (NMA)-Maßnahmen entwickelt werden. Die Projektnehmer erarbeiteten somit Beiträge für den KORA-Verbund im Themenbereich “Anwendung von Isotopentechniken bei Natural Attenuation-Vorhaben“. Die Ergebnisse können als Grundlage für eine reaktive Transportmodellierung benutzt werden. Im Zentrum der Arbeit stand daher die Charakterisierung des in situ-Abbaus in Zeitz. Zudem wurde in einem Tracerexperiment mit deuterierten Toluolen (d5, d8) die Anwendbarkeit der Isotopenmethode nachgewiesen. Zu Beginn des Vorhabens lagen außer eigenen Arbeiten (Richnow & Meckenstock 1999, Meckenstock et al. 1999) keine Informationen zur Isotopenfraktionierung in Folge des Schadstoffabbaus vor. Für die quantitative Analyse des Schadstoffabbaus wurde die Isotopenfraktionierung nach unseren Kenntnissen nicht in anderen Studien verwendet, da grundlegende Arbeiten zu den Rahmenbedingungen unter denen Isotopensignaturen zur Kennzeichnung des in situ-Schadstoffabbaus eingesetzt werden können, fehlten. Zum einen gab es keine substanzspezifischen Fraktionierungsfaktoren aus Laborexperimenten, die repräsentativ für die biogeochemischen Abbaubedingungen im Aquifer sind. Zum anderen waren keine Erfahrungen zur Anwendung von Berechnungsmethoden auf Grundlage der Isotopenfraktionierung in Feldstudien vorhanden. Eine entsprechende Ausstattung hinsichtlich der Isotopen- und GC-MS Analytik am UFZ war zu Begin des Vorhabens vorhanden. Das Messstellennetz des Standortes Zeitz wurde im Laufe des Projektes kontinuierlich ausgebaut, sodass eine immer genauere Charakterisierung des mikrobiologischen in situ-Abbaus möglich war. In der letzten Projektphase stand ein Testfeld für die Isotopenuntersuchung zur Verfügung, das hinsichtlich des Ausbauzustandes weltweit kaum vergleichbar ist. Die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen den Projektpartnern hat eine erfolgreiche Beareitung des Teilprojektes gewährleistet. Insgesamt waren daher hervorragende Vorraussetzungen zur Durchführung des Projektes gegeben. Zu Beginn des Projektes wurden die analytischen Verfahren zur Messung der Isotopensignaturen von Zielverbindungen (BTEX, CH4, CO2) angepasst und automatisiert. Nachfolgend wurden entsprechend des Arbeitsplanes Monitoringkampagnen durchgeführt und die Variabilität der Konzentrationen und Isotopenmuster erfasst. Die Ergebnisse wurden im Bezug auf hydrogeochemische Daten ausgewertet und der in situ-Schadstoffabbau quantifiziert (siehe Zwischenberichte). In der letzten Projektphase wurde ein Multitracer-Experiment mit deuterierten Toluolen und konservativen Tracer durchgeführt. Dieses Experiment war jedoch wesentlich komplexer und aufwendiger als ursprünglich beantragt. Ein Schwerpunkt der Untersuchungen lag auf der Anwendung und Erarbeitung von isotopenchemischen Methoden zur Bestimmung des in situ-Schadstoffabbaus in Zeitz. In Monitoringkampagnen wurde die zeitliche und räumliche Variabilität der Schadstofffahne untersucht. Dabei sollten Erfahrungen zur Nutzung der Methoden im Rahmen der Grundwasserüberwachung gewonnen werden. Zudem dienten die Felduntersuchungen zur Validierung des Verfahrens in Bezug auf die Beurteilung von Schadensfällen. Die Ergebnisse wurden auf vielen Fachtagungen, insbesondere auch im Rahmen des Verbundvorhabens KORA, dargestellt, um die Methoden zügig potentiellen Nutzern zugänglich zu machen. Die Fortschritte in der Anwendung isotopenchemischer Methoden wurden somit der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und können im KORA-Verbund genutzt werden. Die späte Genehmigung des Tracerversuches mit deuterierten Toluolen verzögert die Projektbearbeitung. Es mussten wasserrechtliche Bedenken der zuständigen Behörde hinsichtlich der Einspeisung der deuterierten Schadstoffe ausgeräumt werden. Der Versuch konnte deshalb erst im Jahre 2003 im Zeitplan der Kosten-neutralen Laufzeitverlängerung durchgeführt und ausgewertet werden. Bei dem Tracerexperiment wurden neben deuterierten Toluolen abweichend vom ursprünglichen Arbeitsplan auch konservative Tracer eingesetzt. Durch diese Ergänzung wurde der 12 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 13 Versuch einerseits erheblich aufwendiger, andererseits auch das wissenschaftliche Ergebnis entscheidend verbessert. Zu Beginn des Vorhabens lagen außer eigenen Arbeiten (Richnow & Meckenstock 1999, Meckenstock et al. 1999) keine Informationen zur Isotopenfraktionierung in Folge des Schadstoffabbaus vor. Für die quantitative Analyse des Schadstoffabbaus wurde die Isotopenfraktionierung nach unseren Kenntnissen nicht in anderen Studien verwendet, da grundlegende Arbeiten zu den Rahmenbedingungen, unter denen Isotopensignaturen zur Kennzeichnung des in situ-Schadstoffabbaus eingesetzt werden können, fehlten. Zum einen gab es keine substanzspezifischen Fraktionierungsfaktoren aus Laborexperimenten, die repräsentativ für die biogeochemischen Abbaubedingungen im Aquifer sind. Zum anderen waren keine Erfahrungen zur Anwendung von Berechnungsmethoden auf Grundlage der Isotopenfraktionierung in Feldstudien vorhanden. 1.4 1.4.1 Stand der Kenntnisse zu Beginn des Forschungsvorhabens Natural Attenuation Die Begriffe „Natürlicher Rückhalt“ („Natural Attenuation“) und „Natürlicher Abbau“ (Intrinsic Bioremediation) von organischen Schadstoffen in Aquiferen sind in den letzten Jahren vor allem in den USA (z.B. Rice et al., 1995b) und in den letzten zwei Jahren auch in Deutschland in den Vordergrund der Diskussion gerückt (Held, 1996; Wienberg, 1997). Dabei wird „Natural Attenuation“ in der deutschen Literatur häufig mit „Natürlicher Rückhalt und Abbau von (organischen) Schadstoffen im Untergrund“ übersetzt. Das Interesse an der Nutzung der natürlichen Rückhalte- und Abbauprozesse bei der Sicherung bzw. Sanierung von kontaminierten Standorten ist vor allem deshalb stark angestiegen, weil die augenblicklich verfügbaren Sanierungstechniken i.A. über viele Jahre bis Jahrzehnte hohe Kosten verursachen und das Sanierungsziel trotzdem vielfach nicht annähernd erreicht wird. In den USA z.B. konnte bis 1990 nach 10 Jahren Sanierungspraxis mit aktiven Methoden (v.a. „pump-and-treat“) keiner der Superfund-Sites (Modellstandorte) der amerikanischen Umweltbehörde EPA als saniert betrachtet werden (Travis & Doty, 1990). 1.4.2 Relevante Schadstoffe im Grundwasser Durch den jahrzehntelangen, z.T. sorglosen Umgang mit organischen Schadstoffen werden diese Verbindungen an sehr vielen Stellen im Grundwasser z.T. in signifikanten Mengen gefunden (Abb. 2). In hohen Konzentrationen treten organische Schadstoffe überwiegend im Abstrom von Altablagerungen, Altstandorten und anderen Schadensfällen auf. Nach einer Studie von Arneth et al. (1989) zählen die chlorierten Kohlenwasserstoffe (CKW, nur aliphatische Verbindungen, LCKW) zu den am häufigsten vorkommenden organischen Schadstoffen im Grundwasserabstrom von Schadensfällen in Deutschland (Abb. 4, links). Darüber hinaus sind auch aromatische Verbindungen, wie z.B. Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol (BTEX) aber auch Chlorbenzole häufig im Abstrom von Altstandorten u.ä. zu finden (z.B. Gaswerke, undichte Lagertanks mit Betriebsstoffen u.ä.). Eine ähnliche Studie, die von Plumb & Pitchford (1985) in den USA durchgeführt wurde (Abb. 4, rechts), kommt zu vergleichbaren Ergebnissen, wobei gewisse Unterschiede in der Platzierung und auch der untersuchten Schadstoffe zu verzeichnen sind. Auffällig ist, dass in den USA auch Azeton, Phenol und DEHP (Plastikweichmacher) auf der Liste der 15 häufigsten organischen Schadstoffe stehen, während diese Substanzen in der deutschen Liste nicht zu finden sind. Dies und die tendenziell höhere Anzahl von Befunden organischer Schadstoffe im Grundwasser sind vor allem auf die detaillierteren Analytikprogramme in den USA zurückzuführen. 13 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 14 Mineralölkohlenwasserstoffe: Tankstellen, Tanklager Raffinerien 20,3% 8,0% 64,8% Benzol, Toluol, Xylol, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe: Gaswerke, Kokereien Anorganika 0,4% Schwermetalle 1,0% 4,5% Chlorierte Kohlenwasserstoffe: Metallverabeitende Betriebe, Elektronik/Leiterplattenentfettung, chemische Reinigungen Abb.3: Sonstige Sonstige organische Verbindungen 1,0% Häufigkeit von Schadstoffen bei Grundwasserschadensfällen (nach Daten der LfU, BadenWürttemberg, 09/96) Trichlorethen Tetrachlorethen Trichlorethen Dichlorethen (cis 1,2) Tetrachlorethen Dichlorethen (trans Benzol Trichlormethan Vinylchlorid Trichlormethan Trichlorethan (1,1,1) Xylol Dichlorethen (trans 1,2) Deutschland (verändert aus Arneth et al. 1989) Dichlorethan (1,1) Dichlorethan (1,2) Toluol Phenol Aceton Dichlormethan Toluol USA Dichlorbenzol DEHP (nach Plumb&Pitchford 1985, verändert aus Arneth et al. 1989) Chlorbenzol 50 Trichlorethan (1,1,1 Ethylbenzol Tetrachlormethan 60 Dichlorethen (1,1) Dichlormethan Benzol Vinylchlorid 10 20 30 40 50 40 30 20 10 0 0 Häufigkeit von Schadenstoffen im Abstrom von Schadensfällen [%] 60 Abb. 4: Häufigkeit einzelner organischer Schadstoffe im Abstrom von Schadensfällen. Vergleich USA - Deutschland. Aus Schiedek et al. (1997). 1.4.3 Entwicklung von Schadstofffahnen im Grundwasser Der Transport und die Verteilung von chemischen (Schad-)Stoffen und damit die räumliche Entwicklung von Schadstofffahnen im Grundwasser werden im Wesentlichen durch die Prozesse Advektion, Dispersion, Diffusion, Sorption, Verflüchtigung und Abbau gesteuert. Der Schadstofftransport (gelöste Schadstoffe) erfolgt generell durch Advektion und hydrodynamische Dispersion (Dispersion und Diffusion). Diese Prozesse bewirken eine Migration („Fortschreiten“) der gelösten Schadstoffe im Aquifer in Grundwasserfließrichtung und können damit zur Ausbildung von Schadstofffahnen im Abstrom von Schadensfällen führen (Abb. 5, Beispiel a und b). 14 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 15 Schadensherd Schadstofftransport durch: Grundwasserströmung Fließstrecke t1 < t2 < t3 a) t1 t2 t3 b) t1 t2 t3 c) d) Abb. 5: t1 t2 ? Advektion Advektion + Dispersion/Diffusion Advektion + Dispersion/Diffusion + Sorption/Retardation t3 t3 Advektion + Dispersion/Diffusion + Sorption/Retardation + Abbau Entwicklung von Schadstofffahnen im Grundwasser über die Zeit (t1 - t3: verschiedene Zeitpunkte). Die Schadstoffmasse im Wasser wird im Allgemeinen durch die Freisetzungsrate aus dem Schadstoffherd bestimmt (z.B. durch die Lösung aus dem Schadstoffherd in Abhängigkeit von Wasserlöslichkeit und Lösungskinetik). Eine Schadstofffahne wird sich daher solange ausdehnen (z.B. durch Lösung aus residualer Phase), bis der Schadstoffherd aufgelöst ist bzw. entfernt wird (z.B. durch Ausbaggern des Schadstoffherdes). Durch Dispersion und Diffusion (sowie unter bestimmten Randbedingungen auch durch Grundwasserneubildung) erfolgt vor allem in den peripheren Bereichen einer Fahne eine Verdünnung der Schadstoffkonzentration. Das bedeutet, dass die Ausdehnung einer Fahne zunächst durch Verdünnungsprozesse bestimmt wird. Darüber hinaus sind aber auch die Bestimmungs- und Nachweisgrenzen der chemischen Analysemethoden und nicht zuletzt die Anzahl und Positionierung der Grundwassermessstellen für die Definition einer Schadstofffahne von wesentlicher Bedeutung. Das Fortschreiten der gelösten Schadstoffe (Schadstofffahne) im Aquifer wird durch Sorptionsprozesse (Sorption und Desorption) mehr oder weniger stark verzögert (Abb. 5, Beispiel c). Sorption, d.h. Wechselwirkungen zwischen den im Wasser gelösten Stoffen mit den Aquifermaterialien, tritt jedoch nicht bei allen Stoffen gleichermaßen auf. Gering lösliche Verbindungen sorbieren im allgemeinen relativ stark und werden dadurch auch entsprechend stark retardiert. Darüber hinaus kann eine Schadstofffahne durch biotischen und/oder abiotischen Abbau sowie durch Verflüchtigung der Schadstoffe in die in vielen Fällen angrenzende wasserungesättigte Zone einen räumlich/zeitlich mehr oder weniger stationären Zustand erreichen. Das bedeutet, dass die Transportrate der Schadstoffe, die von Advektion, Dispersion/Diffusion und Sorption im Aquifer abhängt, durch den gleichzeitig stattfindenden Abbau und/oder durch Verflüchtigung der Stoffe kompensiert wird (Abb. 5, Beispiel d). Retardation und Bioabbau führen dazu, dass Abstromfahnen im Grundwasser trotz lange anhaltender Einträge meist nur ein begrenztes Ausmaß annehmen. In Tabelle 1 und 2 sind einige Beispiele beobachteter durchschnittlicher Fahnenlängen von Benzol bzw. 15 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 16 leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (LCKW) aufgeführt. Die längeren Fahnen im Falle der LCKW-Verunreinigungen sind auf die allgemein schlechtere Bioabbaubarkeit dieser Stoffe zurückzuführen. Aber auch die LCKW-Fahnen haben nur eine begrenzte Ausdehnung. Tabelle 1: Fahnenlängen (Benzol) aus der „Leaking Underground Fuel Tank“- Studie (Rice et al., 1995) Durchschnittliche Fahnenlänge (10 ppb Benzol) 50 % Quantil ausgewertet aus 271 Standorten 90 % Quantil 99 % Quantil - exponentielles/ Fehlerfunktion-Model 93 m/ 80 m 279 m/ 168 m 40 m/ 31 m Tabelle 2: Häufigkeitsverteilung der Fahnenlängen (LCKW) aus der „Historical Case Analysis of Chlorinated Volatile Organic Compounds“-Studie (Mc Nab et al., 1999) Durchschnittliche Fahnenlänge 25 % Quantil (LCKW) ausgewertet aus 65 Standorten 50 % Quantil 75 % Quantil 90 % Quantil 10 ppb 241 m 488 m 979 m 1839 m 100 ppb 153 m 336 m 732 m 1488 m 1000 ppb 70 m 198 m 558 m 1412 m 1.4.4 Mikrobieller Abbau und natürlicher Rückhalt organischer Schadstoffe im Grundwasser Da in natürlichen Aquiferen Bakterien immer in genügender Anzahl vorhanden sind, werden sehr viele organische Verbindungen unter aeroben Bedingungen relativ schnell mikrobiell abgebaut. Die organischen Verbindungen werden dabei oxidiert und von den Mikroorganismen als kohlenstoff- und energielieferndes Substrat benutzt. Sauerstoff wird dabei als Elektronenakzeptor zu H2O oder CO2 umgesetzt. Ist der zur Verfügung stehende Sauerstoff verbraucht (anaerobe Bedingungen), werden (soweit vorhanden) zunächst Nitrat, dann Eisen- und Manganoxide und Sulfat reduziert. Als letzte Phase, wenn alle anderen Elektronenakzeptoren verbraucht sind, findet die methanogene Umsetzung von organischen Verbindungen statt. Dabei wird CO2 als Elektronenakzeptor benutzt; die organischen Verbindungen werden zu CO2 und Methan umgesetzt (z.B. Wiedemeier et al., 1995). Im Allgemeinen sind die Abbauraten unter anaeroben Bedingungen jedoch sehr viel geringer als unter aeroben Bedingungen. BTEX-Komponenten sind in Anwesenheit von Sauerstoff mikrobiell relativ gut abbaubar. In den letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass diese Substanzen auch unter anaeroben Bedingungen abgebaut werden. Toluol und Ethylbenzol scheinen die Substanzen der BTEX-Gruppe zu sein, die sich unter anaeroben Bedingungen am leichtesten abbauen lassen. Es wurden eine Reihe von anaeroben Mikroorganismen isoliert, die Toluol oder Ethylbenzol mit Nitrat, Sulfat, und Eisen als Elektronenakzeptoren oder sogar fermentativ abbauen können (Lovley & Lonergan, 1990; Evans et al., 1991; Rabus et al., 1993; Meckenstock, 1999). Xylole können mit Nitrat und Sulfat als Elektronenakzeptor abgebaut werden. Es liegen aber nur wenige detaillierte Informationen zu anaeroben Abbauwegen von Xylolen vor. Benzolabbau unter Eisen(III)- und Sulfat-reduzierenden Bedingungen konnte bisher nur in Sedimenten gezeigt werden. Es existieren bisher jedoch keine Anreicherungs- oder Reinkulturen, die Benzol abbauen können. Die Experimente zeigen zwar, dass Benzol unter anaeroben Bedingungen biologisch abbaubar ist, es gibt jedoch keinerlei Hinweise auf mögliche Abbauwege (Lovley et al., 1994; 1995; Weiner und Lovley, 1998). Beim biologischen Abbau von chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW) stellt die reduktive Dechlorierung unter anaeroben Bedingungen den wirkungsvollsten Abbauprozess dar (Überblick bei 16 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 17 Rifai et al., 1995 oder Nyer & Duffin, 1997). Die CKW werden dabei überwiegend durch Kometabolismus abgebaut (z.B. Vogel et al., 1987; Reineke & Schlömann, 1997), d.h. im Zuge des Abbaus einer organischen Verbindung (z.B. mit Phenol, Hopkins et al., 1993) werden CKW nebenbei durch entstehende Enzyme mit umgesetzt. Eine Pilotstudie (kombinierte Labor- und Feldversuche) zum kometabolischen Abbau von leichtflüchtigen aliphatischen CKW mittels Phenol wird z.Zt. in den Niederlanden an einem kontaminierten Standort (ehemalige Wäscherei) durchgeführt (Alphenaar et al., 1997). Die hier nur summarisch beschriebenen Prozesse verlaufen im Untergrund nicht nur in einer zeitlichen Abfolge, sondern können auch räumlich nebeneinander in kontaminierten Aquiferen beobachtet werden. Die generellen Abbauprozesse organischer Schadstoffe im Grundwasser sind in Tabelle 3 am Beispiel von Benzol zusammengefasst. Tabelle 3: Generelle Abbauwege von organischen Schadstoffen am Beispiel von Benzol (nach Wiedemeier et al. 1995). Oxidation/aerobe Respiration 15 O2 + C6H6 12 CO2 + 3 H2O Denitrifikation 6 NO3 + 6 H + C6H6 6 CO2 + 6 H2O + 3 N2 Eisenreduktion 60 H + 30 Fe(OH)3 + C6H6 6 CO2 + 30 Fe2 +78 H2O Sulfatreduktion 7,5 H + 3,75 SO4 + C6H6 6 CO2 + 3,75 H2S + 3 H2O Methanogener Abbau 4,5 H2O + C6H6 2,25 CO2 + 3,75 CH4 - + + + + 2- Christensen et al. (1994) konnten anhand von geochemischen Untersuchungen im Abstrom einer Mülldeponie die räumliche Ausdehnung und eine scharfe Abgrenzung der verschiedenen Redoxzonen nachweisen. In unmittelbarer Nähe der Deponie liegen methanogene Bedingungen vor. Unterstromig folgen Bereiche mit Sulfid-, Sulfat- und Nitrat-reduzierendem Milieu. Die Eisen-(II)-Konzentration im Grundwasser konnte auf die Reduktion von Eisen-(III)-Mineralien, die als Beläge auf der Aquifermatrix vorhanden sind, zurückgeführt werden. In einer Entfernung zwischen 50-300 m von der Deponie (in Abhängigkeit vom Abstand zur Oberfläche) werden im Grundwasser aerobe Bedingungen vorgefunden. Die Einstellung und Aufrechterhaltung der speziellen Milieubedingungen (aerob oder anaerob) in einem kontaminierten Aquifer werden im natürlichen System durch die Nachlieferung der Elektronenakzeptoren durch Advektion und Dispersion/Diffusion im Grundwasser bzw. dem vorhandenen Reservoir an Elektronenakzeptoren limitiert (z.B. Borden et al., 1995). Fehlen in einem Aquifer z.B. Eisen- oder Manganmineralien bzw. sind diese aufgebraucht, dann kann keine Eisen/Manganreduktion stattfinden. Durch den Transport von Reaktionsprodukten mit dem Grundwasser können sich aber auch einzelne Redoxzonen zueinander verschieben. So konnten z.B. Vroblesky & Chapelle (1994) in einem kontaminierten Aquifer feststellen, dass sich die Redoxbedingungen in einer Messstelle nach starken Niederschlägen durch erhöhte Grundwasserneubildung von einem sulfatreduzierenden Milieu zu einem aeroben Milieu hin veränderten (O2-Nachlieferung durch Grundwasserneubildung). Die anschließende Oxidation von Eisen-(II) führte zu einer Ausfällung von Eisen-(III)-Hydroxiden. Nach dem Aufbrauch des gesamten Sauerstoffs stellten sich wieder eisenreduzierende Bedingungen ein. In einem Beobachtungszeitraum von ca. 6 Monaten konnten die Autoren auch in anderen Messstellen eine dynamische Entwicklung der räumlichen Ausdehnung der Redoxzonen innerhalb der Schadstoffahne beobachten. D.h., dass sich Schadstoffahnen beim Verbrauch intrinsischer Elektronenakzpetoren wie z.B. Eisen(III)-Phasen mit der sich ausdehnenden Redoxzone immer weiter ausbreiten. Nur bei Zulieferung externer Elektronenakzeptoren (O2, NO3, SO4) kann ein stationärer Zustand (d.h. keine weitere Ausdehnung der Fahne) erreicht werden. Ausgenommen sind hier Aquifere die stark methanogen beeinflusst sind. Da unter Feldbedingungen die Sauerstoffnachlieferung in das Fahneninnere limitiert ist und unter anaeroben Bedingungen die Abbauraten relativ niedrig sind, werden in Feldexperimenten häufig am aeroben Rand einer Schadstofffahne höhere Abbauraten beobachtet als in der Fahne (Chiang et al., 1989; Borden et al., 1995). Durch den heterogenen Aufbau fluviatiler Aquifere kann die Nachlieferung 17 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 18 von Elektronenakzeptoren auch durch unterschiedliche Porositäten und Durchlässigkeiten der Aquifermatrix beeinflusst werden (z.B. Sturman et al., 1995). Da die komplexen Wechselwirkungen und Reaktionen zwischen Aquifermatrix und Schadstoffen, Schadstoffen und deren Abbauprodukten untereinander usw. bei Felduntersuchungen im Detail häufig nicht ohne weiteres zu unterscheiden und nachweisbar sind, werden bisher die folgenden Kriterien als Anzeichen für einen etablierten natürlichen Rückhalt/Abbau und als Sanierungskontrolle empfohlen (z.B. Rifai et al., 1995; Nyer & Duffin, 1997): 1. Abnahme der Konzentration der Schadstoffe im Grundwasser im unterstromigen Bereich des Schadenherdes. Dies kann z.B. im Vergleich mit der Konzentration einer nichtreaktiven und nichtabbaubaren Substanz erfolgen (z.B. Wiedemeier et al., 1995). Steht jedoch keine Vergleichssubstanz zur Verfügung kann auch über eine Abnahme der Konzentration über die Zeit der Massenverlust abgeschätzt werden (z.B. Rifai et al., 1995). 2. Abnahme der Konzentration von potentiellen Elektronenakzeptoren (O2, NO3, SO4) im Vergleich zu den Konzentrationen in unbelasteten Bereichen des Aquifers (natürlicher Hintergrundwert) und das Auftreten von erhöhten Konzentrationen von Abbauprodukten wie z.B. CO2, Eisen-(II) oder Methan (z.B. Rifai et al., 1995). 3. Nachweis der mikrobiellen Aktivität in situ durch Laborversuche mit Orginalmaterial aus dem kontaminierten Aquiferbereich. Neuerdings werden auch die Isotopensignaturen stabiler Isotope (v.a. 13C/12C) zur Bestimmung von Abbauprozessen im Untergrund eingesetzt. Diese Technik wurde schon beim aeroben Abbau von Methan in Sedimenten und in Bakterienkulturen eingesetzt und später als ein Beweis für einen anaeroben Abbau von Methan in Sedimenten herangezogen (Whiticar & Faber, 1985). In diesen Arbeiten wurde eine deutliche Diskriminierung des schweren 13C-Methans von bis zu 20‰ (PDB) beobachtet. Eine Isotopenfraktionierung in der gleichen Größenordnung von ca. 20 ‰ (PDB) wurde beim Acetatabbau durch methanogene Bakterien beobachtet (Gelwicks et al., 1994). Es gibt einige Hinweise, dass eine Isotopenfraktionierung beim biologischen Abbau von Kohlenwasserstoffen auftritt (Lebedew et al., 1969; Ertl et al., 1996). In anderen Arbeiten konnte kein Isotopeneffekt beim Abbau von organischer Substanz gezeigt werden (Trust et al., 1995), was wahrscheinlich auf den insgesamt geringen Umsatz zurückzuführen ist, bei dem noch keine messbare Fraktionierung auftritt. Arbeiten von Meckenstock et al. (1999) zum biologischen Toluolabbau mit isolierten Reinkulturen und Mikrokosmen zeigten deutliche Isotopenfraktionierung unter aeroben und anaeroben Bedingungen. Mit Hilfe der Analyse der Isotopenfraktionierung durch mikrobielle Aktivität liegt ein Werkzeug vor, um den biologischen Abbau einer Substanz im Grundwasser unabhängig von anderen Prozessen zu erfassen und zu quantifizieren. 1.4.5 Ansätze zur Implementierung von Natural Attenuation (Stand 1999) Die Amerikanische Umweltbehörde EPA hat 1999 eine überarbeitete Direktive zum Thema „Monitored Natural Attenuation“ (MNA) verabschiedet (US-EPA OSWER Directive 9200.4-17P, 1999; Draft: 1997; vgl. Abschnitt 1.1). Wesentliche Voraussetzungen für die Verwendung von „Natural Attenuation“ als Sanierungsmethode sind v.a. die standortspezifische Überprüfung der Anwendbarkeit von MNA sowie Maßnahmen zur Kontrolle des Schadensherds und die Überwachung der Effizienz durch ein Langzeit-Monitoring. „Natural Attenuation“ kommt danach nur in besonders geeigneten Ausnahmefällen als alleinige Sanierungsmethode an einem Standort in Frage. Die Effizienz muss in jedem Falle gegenüber der US-EPA oder anderen übergeordneten Behörden demonstriert werden. Dazu ist eine im Vergleich zu herkömmlichen Sanierungsstrategien detailliertere standortspezifische Charakterisierung notwendig. Die Direktive ist ein Dokument, das ein Konzept beschreibt aber kein technisches Protokoll und beinhaltet somit keine Hinweise zur technischen Vorgehensweise bzw. Implementierung von Natural Attenuation-Konzepten. 18 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 19 Ein technisches Protokoll für die Bewertung von „Natural Attenuation“ zur Sanierung von Grundwasserverunreinigungen durch chlorierte Kohlenwasserstoffe und Kraftstoffe wurde von der US-EPA in Zusammenarbeit mit der US-AIR FORCE erarbeitet (EPA/600/R-98/128, 1998). Dieses Protokoll, basierend auf der OSWER-Direktive, konstatiert, dass die in der Vergangenheit erfolgten Erkundungsmaßnahmen an kontaminierten Standorten für eine Bewertung von „Natural Attenuation“ oftmals nicht ausreichen. In diesen Fällen empfiehlt das Protokoll als wesentliche Maßnahmen für eine profunde Bewertung von „Natural Attenuation“ die Erhebung von zusätzlichen Informationen zu 1) dem dreidimensionalen Schadstofftransport am Standort und 2) zu den physikalisch-chemischen und biologischen Prozessen, die zu einer Abschwächung der Konzentrationen im Abstrom führen. Die Parameter, die im Hinblick auf die Bewertung von „Natural Attenuation“ von Bedeutung sind, werden genannt und Empfehlungen v.a. zur Datenerhebung und -auswertung gegeben. Verwaltungstechnische Fragestellungen sind ausgeklammert. Die Amerikanische Gesellschaft für Tests und Materialien ASTM hat eine Anleitung zur Benutzung von „Remediation by Natural Attenuation (RNA) at Petroleum Release Sites“ veröffentlicht (Standard Guide E 1943-98, 1998). Diese Anleitung beschränkt sich ausschließlich auf nicht-chlorierte Kohlenwasserstoffe (BTEX, MKW). Unter günstigen Voraussetzungen wird RNA als alleinige Sanierungsmethode an einem Standort empfohlen. Maßnahmen zur Kontrolle des Schadensherds sowie eine im Vergleich zu herkömmlichen Sanierungsstrategien detailliertere standortspezifische Charakterisierung wie in der OSWER-Directive werden dabei nicht unbedingt gefordert. Im besonders günstigen Fall (keine zu erwartende Beeinflussung von Rezeptoren) wird RNA auch für instationäre (noch propagierende) Fahnen akzeptiert. Die amerikanische Sichtweise wird in Deutschland nur zum Teil anwendbar sein. Insbesondere die zu berücksichtigenden Prozesse der Dispersion bzw. Verdünnung gehen nicht konform mit den hiesigen Vorstellungen eines nachhaltigen Grundwasser-Ressourcenschutzes. Andererseits wird es, bei einer Einzelfallbetrachtung, vielfach möglich sein, biologische Abbau- und sonstige Rückhalteprozesse nachzuweisen und dadurch eine kostenintensive Sanierung zu vermeiden. Beispielsweise sieht die Vewaltungsvorschrift Orientierungswerte in Baden-Württemberg (GABL, 1993) für die Bewertung des natürlichen Abbau- und Rückhaltepotentials zur Gefahrenbeurteilung vor, allerdings lediglich für Ammonium. Dem Sachverhalt der in situ Ammoniumoxidation in Nitrat wird durch eine Erläuterung zur VwV Orientierungswerte Rechnung getragen („Zur Sanierungsnotwendigkeit bei Ammonium-Emissionen“ 1997, Entwurf). Voraussetzung für eine Verwendung von „Natural Attenuation“ als Alternative zu herkömmlichen Sanierungsmethoden wird in jedem Falle sein, dass die Abbau- und Rückhalteprozesse und die zukünftige Entwicklung der Fahne am jeweiligen Standort zuverlässig quantifiziert und prognostiziert werden können. 1.5 Zusammenarbeit mit anderen Stellen Die Durchführung des Forschungsprojekts RETZINA erfolgte auf der Grundlage einer Kooperation zwischen dem Umweltforschungszentrum Halle-Leipzig, dem Lehrstuhl Angewandte Geologie der Universität Kiel und dem Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Die Forschungsarbeiten an diesen drei Einrichtungen wurden durch das BMBF unter den Förderkennzeichen 02WT0040, 02WT0041 und 02WT0042 gefördert. Im Verlaufe des Projekts erfolgte eine Zusammenarbeit mit weiteren Forschungseinrichtungen zu einzelnen Aspekten des Forschungsvorhabens. Die entsprechenden Angaben sind in Tabelle 4 aufgelistet. 19 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 20 Tab. 4: Zusammenarbeit mit anderen Forschungseinrichtungen im Rahmen des RETZINA-Projektes Forschungseinrichtung Inhalt der Zusammenarbeit University of Aberdeen GFE Consult-GmbH Säulenversuche zum anaeroben Benzolabbau Standortmanagement, Aufbau eines regionalen Strömungsmodells Standortmanagement, Datenaustausch zur Historie des Standortes ZSG GmbH Centre for Research in Earth and Patentanmeldung des passiven Space Technology (CRESTech), kombinierte chemische-biologische Ontario, Canada Patentamt; Probennehmers für Analyse beim U.S. Vermittlung potenzieller Industriepartner Prof. Bols, University of Waterloo, Entwicklung von Methoden für toxikologische Analysen in Ontario, Canada unbehandelten Wasserproben mittels Vertebratenzellen Innovative Messtechnik Weiss (IMW) Zusammenarbeit bei der Feldvalidierung des passiven Probennehmers Prof. Grathwohl, Uni Tübingen Unterstützung bei der Durchführung der Säulenversuche zur Überprüfung von Schadstofflösungs- und Transportprozessen Dr. J. Molson (Ecole Polytechnique, Unterstützung bei der Modellierung der Säulenversuche zur Canada) Überprüfung von Schadstofflösungs- und Transportprozessen Sächsisches Landesamt für Umwelt Gemeinsame Durchführung (1x pro Jahr) von und Geologie, Sächsische Akademie Probennahmelehrgängen für Natur und Umwelt, Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Groundwater & Restoration Group, Umgang mit isotopenchemischen Messgeräten und die University of Sheffield (Prof. D. Interpretation der erhaltenen Daten Lerner, Dr. M. Spence) Department of Biochemistry and Umgang mit isotopenchemischen Messgeräten und die Microbiology, Cook College, Rutgers, Interpretation der erhaltenen Daten The State University of New Jersey (Prof. M. Häggblom) Institut für Mikrobiologie Martin- Umgang mit isotopenchemischen Messgeräten und die Luther-Universität Halle-Wittenberg Interpretation der erhaltenen Daten (Dr. Ute Lechner) Fachgebiet Technische Biochemie, Umgang mit isotopenchemischen Messgeräten und die TU Berlin (Dr. L. Adrian) Interpretation der erhaltenen Daten Friedrich-Schiller-Universität Jena, Umgang mit isotopenchemischen Messgeräten und die Institut für Mikrobiologie (Prof. Dr. Interpretation der erhaltenen Daten G. Diekert) Umgang mit isotopenchemischen Messgeräten und die GSF Neuherberg Institut für Interpretation der erhaltenen Daten Grundwasserökologie (Dr. R. Meckenstock) GICON GmbH Wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit 20 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 2 Seite 21 Ergebnisse des Forschungsvorhabens und ihre Verwertung 2.1 2.1.1 2.1.1.1 Resultate des Forschungsvorhabens Hydrogeologische Erkundung und Modellierung Geologische Erkundungen Die geologische Situation am Standort ist überaus kompliziert. Generell lassen sich zwei Grundwasserleiter unterscheiden (Abb. 6). Die Aquifer-Sedimente bauen sich aus Flusskiesen und Sanden auf. Der obere, ungespannte Grundwasserleiter unterteilt sich in einen quartären und einen tertiären Teil. Der untere (tertiäre Grundwasserleiter) wird vom oberen Grundwasserleiter durch einen Braunkohle–Ton–Komplex getrennt, der teilweise sandige Lagen aufweist. Dadurch und durch die standortspezifischen hydraulischen Gradienten konnten die Schadstoffe bis in eine Tiefe von 20 m unter Gelände vordringen. Im Jahr 2003 wurden weitere 13 Kernbohrungen abgeteuft und als Grundwassermessstellen ausgebaut, sodass mit gegenwärtig 87 konventionellen Grundwassermessstellen ein detailliertes Bild der geologischen Untergrundverhältnisse entstanden ist. Dabei zeigte sich, dass die Länge der BTEX-Schadstofffahne mit einer Länge von 700 m deutlich länger als die meisten der bisher publizierten Schadstofffahnenlängen ist (Schiedek et al., 1997). Mit Hilfe der zusätzlichen Messstellen im Bereich des Schadenszentrums konnte gezeigt werden, dass sich der Haupteintragsherd, besonders für die Kontamination des unteren Grundwasserleiters, im unmittelbaren Bereich der ehemaligen Tanklager der Benzolanlage befindet. Eine Messstelle des oberen Grundwasserleiters, welche mit einer Produktphasenmesssonde ausgerüstet wurde, konnte eine Produktphase von 3 cm Mächtigkeit in diesem Bereich identifizieren. Die geologischen Verhältnisse zeigen, dass hier bis zu einer Tiefe von 18 m außer Sand und Kies nur eine vergleichsweise geringmächtige (evtl. diskontinuierliche) Tonschicht in einer Tiefe zwischen ca. 10,5 und 12 m vorhanden ist. Dieses verdeutlicht die geologische Heterogenität des Grundwasserleiters. . Abb. 6: Schematischer Nord-Süd Schnitt (Länge: ca. 170 m) 21 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 2.1.1.2 Seite 22 Historischer Überblick des Standortes Zeitz Das ehemalige Hydrierwerk Zeitz liegt am Südrand des Weißelsterbeckens ca. 40 km südlich von Leipzig. Es wurde 1939 gegründet, um Treibstoffe, Schmierstoffe, Paraffin und Benzol für die Kriegsindustrie zu produzieren. Die auf Braunkohle basierende Produktion kam in vielen Bereichen zum Stillstand, als das Altwerk in den Jahren 1944/45 bei Luftangriffen nahezu vollständig zerstört wurde. Durch beschädigte Rohrleitungen und Tanks konnten große Mengen meist flüssiger Kohlenwasserstoffe im Untergrund versickern. Im Jahr 1963 erfolgte auf dem Gelände des Testfeldes der Beginn der Benzolproduktion in der dafür eigens konstruierten Benzolanlage. Der Untersuchungsstandort des RETZINA-Projektes liegt im Abstrom der Fläche der ehemaligen Benzolanlage. Das Rohprodukt für die Benzolgewinnung hatte eine charakteristische Zusammensetzung (Tab. 5, s.a. Gödeke et al., 2004a). Die Hauptkontaminanten im Grundwasser sind Benzol mit Konzentrationen von >1 g/l und Toluol mit Konzentrationen bis zu 50 mg/l. Tab. 5: Zusammensetzung des Rohproduktes für die Benzol-Produktionsanlage Zeitz Komponente Benzol Methylcyclopentan Cyclohexan n-Hexan Cyclopentan + 2,3- u. 2,2- Dimethylbutan 2-Methylhexan 1 trans 2-Dimethylcyclopentan + 2,2,4-Trimethylpentan 3-Methylhexan 2-Methylpentan 1 cis 3-Dimethylcyclopentan 3-Methylpentan n-Heptan 3-Äthylpentan + 1 trans 3-Dimethylcyclopentan 2,3-Dimethylpentan + 1,1 Dimethylcyclopentan Isopentan Toluol n-Pentan Methylcyclohexan n-Butan 1 cis 2-Dimethylcyclopentan Äthylcyclopentan Masse % 82,86 8,11 2,93 1,23 0,92 0,56 0,53 0,48 0,42 0,39 0,37 0,35 0,31 0,21 0,07 0,07 0,06 0,06 0,03 0,03 0,02 Aufgrund des geringen Massenanteils von Toluol im Rohprodukt würde man derartig hohe Toluolkonzentrationen im Grundwasser zunächst nicht erwarten (siehe Tab. 5). Durch die Extraktivdestillation lag Toluol allerdings im so genannten "Sumpf-Produkt" in erhöhten Konzentrationen vor. Hauptursachen der Grundwasserkontamination sind vermutlich Leckagen im Produktkreislauf, sowie undichte unterirdische Entwässerungsleitungen. Durch die Zerstörung der oberen Deckschichten als Folge der Bombardierung konnten die Schadstoffe leichter in den Boden eindringen. Nach der Stillegung der Produktion 1990 begann der Rückbau sämtlicher Anlagen. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur in Folge der Kriegseinwirkungen, sondern über den gesamten Produktionszeitraum Kontaminationen in das Grundwasser gelangten. Dies belegt der Nachweis von Dimethylformamid im Grundwasser, welches erst ab 1974 in der Benzolanlage als Lösungsmittel eingesetzt wurde (Gödeke et al., 2004a, Gödeke et al., 2004). 22 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 2.1.1.3 Seite 23 Strömungs- und Tracertransportmodellierung Die Strömungsmodellierung wurde für beide Grundwasserleiter durchgeführt. Zunächst wurde ein regionales Strömungsmodell in Zusammenarbeit mit der Firma GFE Consult GmbH erstellt und kalibriert. In einem weiteren Schritt wurde ein lokales Strömungsmodell für den Standort aufgebaut und durch einen Tracerversuch und zusätzlich für den oberen Grundwasserleiter durch einen Pumpversuch kalibriert (Gödeke et al., 2004a, Gödeke, 2004c). Für die Erstellung des geologischen Standortmodells wurde die Software Gocad (Mallet 1993) genutzt (Györösi 2001). Dabei erfolgte eine Klassifizierung der Materialien Ton, Tertiärbasis-Ton, Braunkohle, Schluff, Sand, Grobsand und Kies anhand der geologischen Bohrkernaufnahme (s. a. Abb. 2). Ein wesentlicher Schritt bei der Anfertigung des Modells war die räumliche Interpolation der vorhandenen stratigraphischen Schichten mittels einer Kombination aus 1D und 2D Kriging. Die Strömungs- und Transport-Modellierung erfolgte mit Modflow (Harbough & McDonald 1996) und MT3DMS (Zheng & Wang 1999) unter der Oberfläche von GMS 4.0 (Groundwater Modeling System). Das Modell wurde je nach Erkundungsstand des Testfeldes aktualisiert. Bis heute wurden 80 Kernbohrungen ( 150 mm) für die Erkundung des oberen Grundwasserleiters abgeteuft und als Grundwassermessstellen ausgebaut. Weitere 50 Messstellen wurden mit der Geoprobe Technologie eingerichtet (Dietrich & Teutsch 2001). Die Diskretisierung des Modells in x,y,z – Richtung beträgt 5 m P 0,5 m. Die Schichtmächtigkeit ist konstant. Um die Rechenzeit für die Simulation des Tracertransports im oberen Grundwasserleiter zu verkürzen, wurde das zunächst in 113 Schichten unterteilte Modell auf 20 repräsentative Schichten UHGX]LHUWXQGGHU$XVVFKQLWWDXIP P 10 m begrenzt. Die Grundwasserneubildung wurde mit einem Wert von 190 mm/a im Modell berücksichtigt (Landesamt für Umweltschutz SachsenAnhalt 1999). Die Berechnung der Grundwasserneubildung beruht auf dem Bagrov-Glugla Verfahren (Glugla & Tiemer 1971). Als Randbedingungen werden Festpotentiale an allen 4 Rändern im Modell verwendet. Die Kf-Werte für die klassifizierten Materialien (s.o.) wurden anhand der Kf-Wert Bestimmungen aus Siebwertproben im Modell berücksichtigt. Während des Kalibrierungsprozesses erfolgte in einem iterativen Prozess die Änderung der Randbedingungen, wobei sich an den Wasserständen in der Nähe des Modellrands befindlicher Messstellen orientiert wurde. Mit einem mittleren DEVROXWHQ )HKOHU YRQ FP K EH]RJHQ DXI HLQHQ JHVDPW K YRQ P NRQQWH HLQ befriedigendes Kalibrierungsergebnis erzielt werden. Im Hinblick auf die nachfolgende Transportmodellierung und die variablen hydraulischen Verhältnisse am Standort, war es von entscheidender Bedeutung, die Kalibrierung des Modells mit einem zum Zeitpunkt des Tracerversuches aktuellen Datensatz (Mai 2003) durchzuführen, weil erhebliche Grundwasserspiegelschwankungen im Untersuchungsgebiet vorkommen. Dies wird durch einen Grundwasseranstieg von ca. 2 m im Zeitraum Mai 2002 bis Jan 2003 deutlich. In diesem Zeitraum wurden die stärksten Grundwasserspiegelschwankungen beobachtet. Bei der Strömungsmodellierung zeigte sich, dass im mittleren Bereich des Untersuchungsgebietes eine Zone verminderter hydraulischer Leitfähigkeit vorliegt, welche einen steilen hydraulischen Gradienten und im unmittelbaren Abstrom erhöhte Abstandsgeschwindigkeiten verursacht. In diesem Zusammenhang wird die Mächtigkeit des oberen Aquifers z.T. stark reduziert. Pumpversuche in diesem Gebiet ergaben, dass kein hydraulische Kontakt zwischen benachbarten Messstellen besteht (Myksis 2001), was mit dem numerischen Modell bestätigt werden konnte. Der durch den Tracerversuch und den Pumpversuch untersuchte Ausschnitt des Aquifers ist geprägt von steilen hydraulischen Gradienten und variablen Fließgeschwindigkeiten. Zwischen einzelnen Probennahmenkampagnen ergaben sich Veränderungen in der Grundwasserfließrichtung. Die Fließrichtung im Untersuchungsgebiet des Tracerversuches weicht dabei von der Hauptströmungsrichtung um ca. 10° ab. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Tracers sinkt mit zunehmender Fließstrecke von 3 m/d auf 0,5 m/d. Ein wichtiger Baustein für den Erfolg des Tracerversuches war die gute Positionierung der Geoprobe-Kontrollebenen (Dietze et al., 2004). Durch die Modellierung der Ausbreitung des konservativen Tracers konnte eine für den Standort zuverlässigere Abschätzung der Kf-Werte des numerischen Strömungsmodells erzielt werden. Zwischen beobachteten und berechneten Durchbruchskurven wurde eine gute Anpassung erzielt, 23 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 24 sodass das Modell für die Planung weiterer Feldexperimente am Standort und als Grundlage für eine reaktive Transportmodellierung genutzt werden kann (Abb. 7). 1.0 C/Cmax 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 0 10 20 simuliert experimentell 30 40 50 60 Zeit [d] Abb. 7: Modellierte und experimentelle Tracerdurchbruchskurve des Tracers Bromid für Messpunkt Geo 182 (Pumpentiefe: 135,9 mNN, max. beobachtete Konzentration: 105,5 mg/l) Die zuerst verwendeten Kf-Werte aus Siebanalysen führten zu einer deutlichen Unterschätzung der Tracerausbreitungsgeschwindigkeit. Insbesondere für die Materialien Grobsand und Feinkies ergaben sich deutlich höhere Abstandsgeschwindigkeiten (bis zu Faktor 2) im Vergleich zu den Kf-Werten der Siebanalysen. Um zu überprüfen wie stark die Ergebnisse der verschiedenen numerischen Lösungsalgorithmen voneinander abweichen wurde ein Vergleich durchgeführt. Es zeigte sich, dass die Auswahl des numerischen Lösungsalgorithmus (TVD-, MOC-, Finite-Differenzen Verfahren) einen bedeutsamen Einfluss auf das Modellierungsergebnis hat. Die unzureichendste Lösung ergab sich mit dem Finite-Differenzen Verfahren. Während mit dem TVD-Algorithmus eine akzeptable Lösung gefunden wurde, zeigten sich bei der Verwendung des MOC-Verfahrens erhebliche Fehler in der Massenbilanz. Die Überprüfung und Rekalibrierung des Strömungsmodells mit Hilfe von Felddaten ist daher von großer Bedeutung. Somit wäre z.B. die Modellkalibrierung auf Basis des Finite-Differenzen Verfahrens (z.B. um Zeit zu sparen) mit Fehlern behaftet gewesen. Die sich in vertikaler und horizontaler Richtung im Bereich weniger dm z.T. stark ändernden hydraulischen Leitfähigkeiten können vom numerischen Modell nur begrenzt wiedergegeben werden. Durch kleinskalige Heterogenitäten sowie sich ändernde hydraulische Verhältnisse wird die Prognoseunsicherheit des numerischen Modells erhöht. Es ist deutlich geworden, dass bei heterogenen Standorten ein dichtes Messstellennetz für eine realistische Beschreibung der Tracerausbreitung und damit der Transportprozesse notwendig ist (s.a. Herfort & Ptak, 2002). Für die Modellierung der Tracerausbreitung ist die Kenntnis der Kf-Wert-Verteilung im Bereich des Infiltrationsbrunnens von besonderer Bedeutung. Dieser Aspekt sollte bei der Planung von Tracerversuchen an anderen Feldstandorten berücksichtigt werden. Die Gewinnung weiterer Kf-Werte für das Untersuchungsgebiet, über Slug-Bail-Tests und Pumpversuche würden die Simulationsergebnisse noch verbessern. 2.1.1.4 Abbauraten Mit dem Datensatz der Probennahmekampagne von Dezember 2002-Januar 2003 wurden Abbaukonstanten 1. Ordnung für Benzol und Toluol berechnet. Mit der Annahme, dass die Sorption am Standort auf Grund des Alters der Schadstofffahne vernachlässigt werden kann, lässt sich die Stofftransportgleichung als gewöhnliche Differentialgleichung formulieren: 24 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 25 Mit den Randbedingungen C = C0 bei x = 0, und C = 0, wenn xo f hat sie die Form: 0 d 2C dC D 2 v kC dx dx (8) v (v 2 4 Dk )1/ 2 C ( x) C0 exp x 2D (9) wobei D der Dispersionskoeffizient (m²/d), C die Konzentration (mg/l), v die GrundwasserFließgeschwindigkeit, k die Abbaukonstante (d-1), und C0 die Konzentration an der Position x=0 ist. Durch Kurven-Anpassungen an Felddaten lassen sich mit dieser Gleichung Abschätzungen der Abbaukonstante k ermitteln (s.a. Chapelle et al. 1996). Entscheidend bei dieser stark vereinfachten Methode ist, dass die zur Auswertung herangezogenen Grundwassermessstellen in Fliessrichtung liegen. Die Methode verliert auch ihre Gültigkeit, wenn die Schadstoffkonzentrationen einen für die Mikroorganismen toxischen Schwellenwert überschreiten. Bei der Berechnung wurde eine Abbaukonstante von Benzol in der selben Größenordnung von der des Toluol berechnet (Abb. 8 a + b). 1e+6 Benzen [µg/l] 8e+5 v = 1 m/d D = 1 m²/d 6e+5 k = - 0.0099 d-1 4e+5 2e+5 0 0 100 Entfernung [m] 200 300 Abb. 8 a: Konzentrationsänderung von Benzol entlang des Fließweges mit Lösungen für Gleichung 2 25 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 26 12000 Toluen [µg/l] 10000 8000 v = 1 m/d D = 1 m²/d 6000 k = - 0.011 d-1 4000 2000 0 0 100 Entfernung [m] 200 300 Abb. 8 b: Konzentrationsänderung von Toluol entlang des Fließweges mit Lösungen für Gleichung 2 Die Berechnungen der Abbaukonstanten lassen vermuten, dass neben einem Toluolabbau auch ein signifikanter Benzolabbau stattfindet. 2.1.1.5 Anaerober Benzolabbau Ein anaerober Benzolabbau unter In-situ-Bedingungen und ohne Zusätze von Auxiliarsubstraten konnte bisher nur in wenigen Studien nachgewiesen werden (z.B. Anderson & Lovley, 2000, Gödeke et al., 2003a). Der erste Nachweis eines anaeroben Benzolabbaus unter in situ nahen Bedingungen gelang mit Sedimenten aus der eisenreduzierenden Zone des Aquifers in Bemidji, Minnesota (Anderson et al., 1998). Während für die Schadstoffe Toluol, Ethylbenzol und die Xylene im Feld oft ein anaerober Abbau festgestellt werden kann, bleibt dieser Nachweis für Benzol häufig aus (z.B. Franzmann et al., 2002). In einem Sanierungsexperiment konnte der Benzolabbau durch Sulfatzugabe stimuliert werden (Anderson & Lovley, 2000). Um zu untersuchen, ob die Stimulierung der natürlichen Abbauprozesse eine Sanierungsstrategie für den strikt anaeroben unteren Grundwasserleiter darstellen kann, wurde seitens des UFZ eine Pilotanlage errichtet, die es ermöglicht das Grundwasser zu konditionieren (s.a. Gödeke et al., 2003 b). Mit dem Ziel ein höheres Prozessverständnis der natürlichen Abbauprozesse am Standort zu erlangen und um Hinweise auf einen anaeroben Benzolabbau zu erlangen wurde ein Großsäulenexperiment in der Pilotanlage unter In-situ-Bedingungen durchgeführt. Das Grundwasser wird aus dem Entnahmebrunnen EB2 (unterer Grundwasserleiter) in die Reaktoren des Sanierungsbauwerkes geleitet. In einem Vorversuch wurden die Tracer Uranin und Bromid zur genauen Ermittlung von Fließgeschwindigkeit und Dispersivität in den Reaktoren eingesetzt. Die Tracerlösung (1 l) wurde in einem Zeitraum von 6 min in die Säulen eingeleitet. Die eingesetzten Konzentrationen betrugen 1100 mg/l für Uranin und 615 mg/l für Bromid. Die Einleitung der Tracer erfolgte über die Tanks des Sanierungsbauwerks. Die Probennahme erstreckte sich über einen Zeitraum von 3 Wochen, wobei zunächst 3-mal täglich nach einer Fließstrecke von 12 m Proben genommen wurden. Um die Fließgeschwindigkeit in den Reaktoren der Grundwasserfließgeschwindigkeit im Aquifer anzunähern, erfolgte die Zudosierung des Grundwassers mit einer Dosierrate von 1 l/h. Zuvor sind die Reaktoren 1 ½ Jahre mit einer Pumprate von 3,5-3,6 m³/h durchströmt worden. Über die TracerDurchbruchskurven wurde eine Fließgeschwindigkeit von 1,09 m/d in den Reaktoren ermittelt. 26 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 27 Anschließend erfolgten über einen Zeitraum von 140 Tagen jeweils am Zulauf der Reaktorgruppe sowie nach einer Fließstrecke von 12 m und 24 m regelmäßige Probennahmen. Als Parameter wurde BTEX, Sulfat, Sulfid, DOC, TOC, Hydrogenkarbonat, Ammonium und Phosphat analysiert. Um bei der Probennahme eine bessere Dosierung zu ermöglichen, wurden die Probennahmestellen mit Nadelventilen ausgerüstet. Die randvolle Befüllung der Probennahmegefäße erfolgte mittels TygonPumpenschläuchen. Das Grundwasser wurde aus den mit Stickstoff beaufschlagten Dosierungstanks in die Reaktoren geleitet. Das Redoxpotential bei der Probennahme lag generell geringer als -200 mV. Bei dem Experiment zeigte sich eine deutliche Benzol- und Sulfatabnahme über die Fließstrecke, wobei die stärkste Benzolabnahme bereits nach einer Fließstrecke von 12 m auftrat. Die mittlere Benzolabnahme über einen Untersuchungszeitraum von 80 d über diese Fließstrecke betrug beispielsweise 9,85 mg/l, während die Sulfatabnahme im Mittel 115 mg/l betrug (Tab. 6 und 7). Für einen Benzenabbau unter sulfatreduzierenden Bedingungen kann folgende Gleichung formuliert werden: 30 H+ + 15 SO42- + 4 C6H6 &22 + 15 H2S + 12 H2O Es werden demnach 4,6 mg Sulfat für ein 1 mg Benzen verbraucht. Tab. 6: Benzolabnahme über die Fließstrecke in den Versuchssäulen Mittlere Benzolabnahme 12 m; Zeitraum: 0-80 d 12 m; Zeitraum: 80-140 d 12-24 m; Zeitraum: 28-80 d 12-24 m; Zeitraum: 80-140 d Wert (mg/l) 9,85 12,9 1,9 3,7 Tab. 7: Sulfatabnahme über die Fließstrecke in den Versuchssäulen Mittlere Sulfatabnahme 12 m; Zeitraum: 0-80 d 12 m; Zeitraum: 80-140 d 12-24 m; Zeitraum: 28-80 d 12-24 m; Zeitraum: 80-140 d Wert (mg/l) 115 95 17 35,6 Wie aus Tabelle 6 und 7 ersichtlich wird kann die Benzolabnahme über die Sulfatabnahme erklärt werden. Es wird auch deutlich, dass die Sulfatabnahme beispielsweise für den Zeitraum 80-140 d mit 95 mg/l höher als die stöchiometrisch erwarteten 59 mg/l sind. Die Hydrogenkarbonatzunahme für diesen Zeitraum ist mit 130 mg/l ebenfalls deutlich höher als erwartet. Durch das durchgeführte Experiment konnte erstmals ein Benzolabbau durch Sulfatreduktion unter In situ-Bedingungen am Standort Zeitz nachgewiesen und quantifiziert werden. Der Nachweis des anaeroben Benzolabbaus in den Reaktoren des Sanierungsbauwerkes zeigt, dass sich an der porösen Oberfläche des Lavagranulats eine ausreichend hohe Biomasse bilden konnte. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Abbauleistung mit der Zeit zunimmt (Tab. 6 +7). Die Höhe der Sulfatreduktion, wie die Hydrogenkarbonatentwicklung, kann die Benzolabnahme erklären und lässt vermuten, dass weitere Kohlenstoffquellen von Bedeutung sind. Ein Maß für die starke Sulfatreduktion ist die im Verlauf des Experiments beobachtete starke Sulfidentwicklung. Es findet eine Sulfatreduktion bis zum elementaren Schwefel statt. Interessanterweise ist die stärkste Benzolabnahme bereits nach einer Fließstrecke von 12 m zu beobachten. Die Mikroorganismen sind demnach nicht gleichmäßig in den Reaktoren verteilt. 27 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 28 2.1.2 Toxikologisches Langzeitmonitoring 2.1.2.1 Etablierung von in Grundwasseranalyse vitro Zellbioassays für die toxikologische Im Zuge der Untersuchungen zur potenziellen Toxizität von Grundwasserkontaminanten wurden drei sogenannte Zellvitalitätstest eingesetzt. Diese sind jeweils spezifisch für den Energiemetabolismus in der Zelle (Mitochondrien; Fluoreszenzfarbstoff ist alamarBlue), die Zellmembranintegrität (Fluoreszenzfarbstoff ist 5-Carboxyfluorescein diacetate acetoxymethyl ester (CFDA-AM) und die Integrität der Lysosomen (welche Abbauprodukte speichern und „verdauen“, Fluoreszenzfarbstoff ist Neutral Rot, Abb. 9). alamar Blue CFDA-AM Neutral Rot Zellen intakt Zellen geschädigt Mitochondrien Zellmembran Lysosomen Abb. 9: Darstellung der Wirkweise der 3 fluoreszenten Farbstoffe zur Messung der Zellvitalität. Im Unterschied zur Vitalitätsmessung können mit Hilfe spezifischer Tests u.U. Aussagen über das Vorhandensein bestimmter Schadstoffklassen getroffen werden, welche an ihrer spezifischen Wirkung erkannt werden können. Solche spezifische Tests, wie z.B. die Induktion von Metallothionein als Antwort auf Metallexposition, stellen sensitive Endpunkte dar, die spezifische toxikologische Wirkungen bei Schadstoffkonzentrationen anzeigen können, die oft weit unter denen für eine Störung der Zellvitalität liegen. Aufgrund der komplexen Belastung am Standort Zeitz mit organischen Schadstoffen entschieden wir uns für Messung der Induktion des Proteins Cytochrome 1A. Dieses Protein, welches eine entscheidende Rolle beim Metabolismus von Schadstoffen spielt, wird durch Substanzen induziert die, wie Dioxin, an den Arylhydrocarbonrezeptor (AhR) binden (Abb. 10). 28 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 hsp90 Seite 29 AhR ARNT AhR AhR ARNT hsp90 DRE CYP1A Protein CYP1A Protein C Y P 1 A CYP1A mRNA •Enttoxifizierung •Metabolische Aktivierung Abb. 10: Signaltransduktionsweg in einer Vertebratenzelle zur Induktion des CYP1A, welcher typischer Weise durch Dioxine, Furane, polychlorierte Biphenyle und PAKs ausgelöst werden kann. Die Induktion des CYP1A kann mit Hilfe der EROD-Messung nachgewiesen werden. In diesem Test wird lebenden Zellen 7-Ethoxyresorufin als Substrat zugegeben, welches durch eine Enzymfunktion des CYP1A, die 7-Ethoxyresorufin-O-deethylase, in das fluoreszierende Produkt Resorufin umgewandelt wird (Abb. 11). C2H5O O O N CYP1A HO O O N (7-EthoxyResorufin O-Deethylase) 7-ethoxyresorufin resorufin Abb. 11: Prinzip des enzymatischen Nachweises der CYP1A Induktion Wir haben diese Tests und die vorgeschaltete Exposition der Zellen so optimiert, dass Grundwasserproben ohne vorherige Extraktion oder Filtration auf die Zellen gegeben werden können (siehe Schirmer et al., 2004a). Der methodische Ablauf der toxikologischen Tests für die Grundwasserüberwachung ist in Abb. 12 dargestellt. Tag 1: Zellen ausplattieren. Tag 2: Grundwasserproben dazu geben. (höchste einsetzbare Konzentration ist 90% des Grundwassers) Tag 3 oder 4: Fluorometrische Indikatorfarbstoffe zufügen. Messung am Plattenlesegerät. &\WR)OXRU Abb. 12: Schematische Darstellung der Bioassaymethode zur Grundwassertestung. 29 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 30 Für das toxikologische Monitoring wurden zunächst 4 in vitro zelluläre Assays auf Grundlage von zwei Zelllinien der Regenbogenforelle etabliert. In zahlreichen Untersuchungen wurde gezeigt, dass sich Fischzelllinien besonders zur ökotoxikologischen Beurteilung der Wasserqualität eignen (z.B. Fent, 2001; Ganassin et al., 2000). In einem Vergleich der Toxizität von über 30 Ausläufen von Industriefabriken in Kanada gegenüber einer Zelllinie der Regenbogenforelle bzw. intakten Regenbogenforellen wurde eine ausgezeichnete Korrelation der beiden Testsystemen (in vitro und in vivo) gefunden (Dayeh et al., 2002). Auf Grundlage dieser Vorerfahrungen entschieden wir uns, Fischzelllinien für die Testung von Grundwasserproben einzusetzen. Die Fischzelllinien werden wie Säugetierzelllinien kultiviert, wobei der einzig wichtige Unterschied die Kultivierungstemperatur ist. Fischzellen können bei 4 – 25°C kultiviert werden, wobei Säugetierzellen stets eine Temperatur von 37°C benötigen. Damit können Fischzellen in einem für das Grundwasser relevanteren Bereich eingesetzt werden. Ein weiterer Vorteil der relativ niedrigen Kultivierungstemperatur ist, dass evtl. vorhandene mikrobielle Kontaminationen langsamer wachsen. Damit können die Grundwasserproben nativ, d.h., auch ohne vorherige Sterilfiltration eingesetzt werden. Der Einsatz von Vertebratenzellen bei der Wassertestung bietet die Möglichkeit, verschiedene Angriffspunkte evtl. vorhandener Kontaminanten in der Zelle zu analysieren. Die Etablierung von Methoden zur Untersuchung von Grundwasser konzentrierten sich dabei auf 3 verschiedene Zellvitalitätstests (alamar Blue, CFDA-AM, Neutral Rot) und ein Enzymassay zur Detektion dioxinähnlicher Substanzen (EROD assay). Alle Tests wurden auf Mikrotiterplatten optimiert und basieren auf Fluoreszenzfarbstoffe, welche eine computergesteuerte Analyse mittels Fluoreszenzplattenlesegeräte erlauben. Details zu diesen Tests sind im Anhang zusammengefasst. Nach Etablierung der toxikologischen Tests mittels Vertebratenzellen in vitro wurden diese in mehreren Stichtagsbeprobungen zur Charakterisierung der toxikologisch-definierten Ausbreitung der Grundwasserschadstofffahne am Standort Zeitz eingesetzt. 2.1.2.2 Toxikologische Beurteilung der Ausbreitung der Schadstofffahne am Standort Zeitz Die toxikologische Beurteilung der Ausbreitung der Schadstofffahne mittels der etablierten zellulären Toxizitätstests ergab ein differenziertes Bild. Während der Verlauf der Benzolschadstofffahne auf dem Gelände sowie im Abstrom der früheren Benzolanlage gut durch Beeinträchtigung der Zellvitalität in den toxikologischen Tests abgebildet werden konnte, fand sich im Anstrom der Benzolanlage sowohl eine erhöhte Beeinträchtigung der Zellvitalität als auch der Induktion der EROD (CYP1A) Aktivität. Diese Wirkungen konnten nicht oder nur z.T. durch Benzol erklärt werden (Abb. 13 & 14, Schirmer et al., 2001; 2002, siehe Liste der projektbezogenen Publikationen). Ähnliche Ergebnisse wurden erzielt wenn, anstelle von Benzol allein, die BTEX Komponenten als Summe betrachtet wurden. 30 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Gemessene Benzolkonzentration (ug/L) Y-Distance Vorausgesagte Toxizität wenn nur Benzol vorhanden wäre (% control) Benzene (ug/L) 5.6608E+06 Seite 31 % inhibition 608E+ 06 500000 400000 300000 5.6607E+06 607E+ 06 100000 606E+ 06 0 5.6605E+06 605E+ 06 5.6604E+06 604E+ 06 5.6603E+06 603E+ 06 4.5144E+06 4.5146E+06 4.5148E+06 5.6608E+06 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 200000 5.6606E+06 Tatsächlich beobachtete Toxizität für 90% GW (% control) %impairment 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 5.6607E+06 5.6606E+06 5.6605E+06 5.6604E+06 5.6603E+06 4.5144E+06 4.515E+06 4.5144E+06 4.5146E+06 4.5148E+06 4.5146E+06 4.5148E+06 4.515E+06 4.515E+06 X-Distance Abb. 13: Vergleich der gemessenen Benzolkonzentration (linkes Bild) mit der vorausgesagten Beeinträchtigung der Zellvitalität (mittleres Bild) und der tatsächlich beobachteten (rechtes Bild) durch das Grundwasser am Standort Zeitz. Rote Punkte stellen Grundwassermessstellen dar. Gelbe Pfeile geben zur Orientierung die Lage eines Brunnens unmittelbar vor der Benzolanlage an. Der schwarze Kreis symbolisiert den Brunnen mit der höchsten gemessenen Benzolkonzentration. Die vorausgesagte Toxizität (mittleres Bild – keine Toxizität erwartet wenn nur Benzol am Standort vorhanden wäre) wurde aus den gemessenen Benzolwerten und der Empfindlichkeit der Zellen gegenüber Benzol allein berechnet. Die dargestellten Ergebnisse stammen von der Probennahme im November 2000. Gemessene Benzolkonzentration (ug/L) Benzene (ug/L) 5.6608E+06 Y-Distance Vorausgesagte EROD Aktivität wenn nur Benzol vorhanden wäre (% control) % inhibition 608E+ 06 500000 400000 300000 5.6607E+06 200000 100000 5.6606E+06 606E+ 06 0 5.6606E+06 605E+ 06 5.6604E+06 604E+ 06 5.6604E+06 603E+ 06 5.6603E+06 4.5144E+06 4.5146E+06 4.5148E+06 4.515E+06 4.5144E+06 4.5146E+06 4.5148E+06 6.5 6 5.5 5 4.5 4 3.5 3 2.5 2 1.5 1 0.5 0 5.6607E+06 5.6605E+06 5.6603E+06 EROD activity 5.6608E+06 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 607E+ 06 Tatsächlich beobachtete EROD Akvitivtät für 90% GW (% control) 5.6605E+06 4.515E+06 4.5144E+06 4.5146E+06 4.5148E+06 4.515E+06 X-Distance Abb. 14: Vergleich der gemessenen Benzolkonzentration (linkes Bild) mit der vorausgesagten induzierten EROD Aktivität (mittleres Bild) und der tatsächlich beobachteten (rechtes Bild) durch das Grundwasser am Standort Zeitz. Rote Punkte stellen Grundwassermessstellen dar. Gelbe Pfeile geben zur Orientierung die Lage eines Brunnens unmittelbar vor der Benzolanlage an. Der schwarze Kreis symbolisiert den Brunnen mit der höchsten gemessenen Benzolkonzentration. Die vorausgesagte EROD Aktivität (mittleres Bild - keine EROD Induktion erwartet wenn nur Benzol am Standort vorhanden wäre) ergab sich aus der Unfähigkeit des Benzols im Einzelsubstanzexperiment eine EROD Induktion hervorzurufen. Die dargestellten Ergebnisse stammen von der Probennahme im November 2000. 31 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 32 Ein Vergleich der Ergebnisse der Stichtagsbeprobungen vom November 2000, Mai 2001 und Mai 2002 zeigte eine Konstanz sowohl der durch das Grundwasser ausgelösten biologischen Wirkungen als auch der gemessenen Benzolkonzentrationen (Schirmer et al., 2004b, siehe Liste der projektbezogenen Publikationen). Damit warfen die kombinierten toxikologischen-chemischen Analysen zur Charakterisierung der Schadstofffahne einige, für das Konzept des natürlichen Schadstoffabbaus als Sanierungsoption, relevante Fragen auf: 1. Welches sind die toxikologisch relevanten Stoffe welche bisher in den chemischen Analysen nicht berücksichtigt wurden? 2. Wie kommt es zu der relativ hohen Toxizität im Anstrom der Benzolanlage wenn der Erwartung nach die Toxizität direkt unter der Benzolanlage am höchsten sein sollte? 3. Warum wird die EROD Induktion nur im Anstrom gefunden? Werden die ERODinduzierenden Schadstoffe möglicherweise durch das Benzol im Untergrund zurückgehalten oder führt das Benzol zu einer Hemmung der EROD Aktivität so dass die Enzyminduktion trotz des Vorhandenseins der Schadstoffe nicht gemessen werden kann? Wegen der für Dioxine und dioxin-ähnliche Substanzen spezifischen EROD Induktion und der räumlich klaren Abgrenzung der EROD Aktivität am Standort haben wir diese Fragen am Beispiel der EROD Induktion genauer untersucht (siehe Russold, 2003; Schirmer et al., 2004b, siehe Liste der projektbezogenen Publikationen). In Mischungsexperimenten fanden wir dabei, dass hohe Benzolkonzentrationen tatsächlich zu einer Hemmung der EROD Aktivität führen können. Am Standort Zeitz konnte die durch Benzol hervorgerufene Hemmung der EROD Aktivität jedoch nur zum Teil die fehlende EROD Induktion unter der Benzolanlage erklären da nur 8 von 35 Brunnen unter der Benzolanlage entsprechend hohe Benzolkonzentrationen aufwiesen. Im Hinblick auf die Identifikation der für die EROD Induktion verantwortlichen Substanzen im Grundwasser wurden zusätzliche chemische und biologische Analysen durchgeführt. Dabei fielen für die hydrophileren, im Grundwasser beweglicheren Substanzen neben Naphthalin insbesondere Benzofuran, Inden und Indan durch ihre relativ hohen Konzentrationen im Grundwasser auf. In einer vorhergehenden Arbeit mit der RTL-W1 Zelllinie (Bols et al., 1999) erwiesen sich alle im Grundwasser identifizierten PAKs als unfähig, eine EROD Induktion herbeizuführen. Dagegen wurden Benzofuran, Inden und Indan bisher in keinem System auf ihre Fähigkeit zur EROD Induktion untersucht. Einzelsubstanzanalysen mit diesen Stoffen ergaben tatsächlich, dass diese Substanzen in der Lage sind eine solche, ansonsten für dioxin-ähnliche Substanzen typische Enzyminduktion hervorzurufen (siehe z.B. Abb. 15). Um der Hypothese nachzugehen, dass das Benzol nicht nur die EROD Induktion hemmen, sondern anströmende Schadstoffe in ihrer Bewegung hindern kann, haben wir Modellierungen mit dem Programm BIONAPL3D, sowie einen Säulenversuch zur Überprüfung der Ergebnisse der Modellierung durchgeführt. Diese Arbeiten wurden zusätzlich zum ursprünglichen Projektantrag durchgeführt und die Details dieser Arbeiten würden den Rahmen dieses Berichtes sprengen. Wegen ihrer Relevanz für Natural Attenuation als Sanierungsoption sind die Ergebnisse dieser Versuche jedoch im Anhang kurz dargestellt. Um die Ursache der unerwarteten Diskrepanz zwischen der biologisch und chemisch definierter Schadstofffahne am Standort Zeitz aufzuklären, wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt. Die Ergebnisse können gegenwärtig vor allem in Russold (2003) und Schirmer et al. (2004) nachgelesen werden uns sollen nachfolgend nur kurz zusammengefasst werden: Frage 1: Führt das Benzol zu einer Hemmung der EROD Aktivität so dass die Enzyminduktion trotz des Vorhandenseins der Schadstoffe nicht gemessen werden kann? 32 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 33 Keine Hemmung Abb. 15. Hemmung der durch 2,3,7,8-Tetrachlorodibenzo-p-dioxin (TCDD, dem Prototyp Induktor der EROD Aktivität) hervorgerufenen EROD Induktion durch ansteigende Benzolkonzentrationen. Die Hemmung ist bei Benzolkonzentrationen > 0.1 g/L messbar. Nur ein Teil der Brunnen zeigte Benzolkonzentrationen > 0.1 g/L. Daraus folgt, dass eine Hemmung der EROD-Enzymaktivität durch Benzol allein nicht die Ursache für das Fehlen einer EROD Induktion im Bereich der früheren Benzolanlage sein kann. EROD-induction [% of TCDDm ax] 15 10 cell viability [% of control] Frage 2: Welches sind die toxikologisch relevanten Stoffe welche bisher in den chemischen Analysen nicht berücksichtigt wurden? 125 * 100 75 50 * 25 0 1.0×10 03 1.0×10 04 1.0×10 05 indane [µg/L] 5 0 1.0×10 03 1.0×10 04 1.0×10 05 indane [µg/L] Abb. 16. EROD Induktion und Zellvitalität (Insert, gemessen mit dem CFDA-AM assay) nach Exposition gegenüber Indan. Die Daten sind Mittelwerte r Standardabweichungen von 5 Wells. *markiert Werte mit einer signifikanten EROD Induktion im Vergleich zur Kontrolle (ANOVA, gefolgt von Dunnett’s Test, D = 0,05). 33 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 34 Frage 3: Wie kommt es zu der relativ hohen Toxizität im Anstrom der Benzolanlage wenn der Erwartung nach die Toxizität direkt unter der Benzolanlage am höchsten sein sollte? Hemmt möglicherweise das Benzol den Transport anströmender, gelöster Schadstoffe? Grundlage für die Hypothese des Einflusses von Benzol auf anströmende Schadstoffe war die Annahme, dass das Benzol zum einen als Lösemittel für andere organische Substanzen wirkt und zum anderen nach dem Raoult’schen Gesetz die gelösten Konzentrationen von Schadstoffen im Wasser beeinflusst (Abb. 17). Szenario 1: nur Benzol vorhanden Benzolquelle HO H2O 2 H O 2 HO H2O 2 H O 2 H2O H2O H2O H2O H2O H2O H2O H2O Grundwasserfluß H2O H2O H2O H2O H2O H2O H2O 1 - 10 dm Mikro-Skala Sediment Benzol blob Szenario 2: nur Schadstoff X vorhanden HO H2O 2 H O 2 HO H2O 2 H O 2 H2O H2O H2O H2OH2O H2O H2O H2O H2O H2O H2O H2OH2O H2O H2O H2O Grundwasserfluß 1 - 10 dm Mikroskala Sediment Schadstoff X Szenario 3: Benzol & Schadstoff X Benzolquelle HO H2O 2 H O 2 HO H2O 2 H O 2 H2O H2O H2O H2OH2O H2O H2O H2O Grundwasserfluß H2O H2O H2O H2O H2O H2O H2O 1 - 10 dm Mikroskala Abb. 17. Darstellung der Szenarien für eine Mögliche Erklärung der Beeinflussung des Benzols auf den Transport anderer Schadstoffe. 34 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 35 Die Hypothese des Einflusses von Benzol auf die Löslichkeit und den Transport anderer relevanter Grundwasserkontaminanten wurde in 2 Schritten untersucht. Neben dem Benzol wurden dabei verschiedene polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) als auch für das StandortGrundwasser charakteristische Substanzen wie Ethylbenzol, Indan und Benzofuran berücksichtigt. Zunächst wurde ein eindimensionales Modell entwickelt, welches auf dem Computerprogramm BIONAPL3D basiert (Frind et al., 1999; Molson et al., 2002). BIONAPL3D ist ein numerisches Modell für die Simulation der Löslichkeit und des Transportes von Multikomponenten-NAPL (nonaqueous phase liquid) in einem porösen Aquifer. Dieses Modell kombiniert ein transientes Grundwasserflussmodel mit einem advektiv-dispersivem Multikomponenten Lösungs- und Massentransportmodel. Die Modellierung wurde für 15 cm lange, sandgefüllte Säulen konzipiert. Solche Säulen wurden im zweiten Schritt zur Überprüfung der Modellierungsergebnisse in einem 20tägigen Durchflussexperiment mit Grundwasser vom Standort beschickt. Dabei wurden Säulen mit und ohne eine 10%ige residuale NAPL-Phase (Toluol) miteinander verglichen. Auf die Säulen geleitetes Grundwasser, sowie das nach Passage durch die Säule abgeleitete Wasser, wurde in regelmäßigen Abständen sowohl chemisch als auch biologisch analysiert und in seiner Zusammensetzung miteinander verglichen. Die Modellierung bestätigte die Hypothese, dass, entsprechend dem Raoult’schen Gesetz, die hohen residualen Benzolkonzentrationen in der Aquifermatrix zu einer dramatischen Erniedrigung der Wasserkonzentrationen anströmender hydrophober Schadstoffe führen (Abb. 18). Sobald die gelösten Substanzen auf die Benzolphase trafen, traten sie aus der wässrigen Phase aus. Das fortschreitende Herausspülen der Benzolphase (siehe Abb. 19) aus der Säule führte zu einer Remobilisation, die jedoch substanzabhängig und bedeutend langsamer erfolgte als der Rückhalt durch das Benzol. Es wurde sogar deutlich, dass die attenuierten Substanzen eine neue, eigene residuale NAPL-Phase bildeten. Die Modellierung wurde mit Toluol als residuale Phase wiederholt, was ähnliche Ergebnisse im Vergleich mit Benzol ergab. 35 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 36 × EHJLQQLQJ RIEHQ]HQH [g/L] VDWXUDWLRQ @ / J P > Q R L W D U W Q H F Q R F V X R H X T D × EHJLQQLQJ RIEHQ]HQH VDWXUDWLRQ × EHJLQQLQJ RIEHQ]HQH VDWXUDWLRQ × EHJLQQLQJ RIEHQ]HQH VDWXUDWLRQ Column length (m) Abb. 18. Konzentrationsverteilung von Naphthalene, Acenaphthalene, Fluorene and Phenanthrene bis zum Auftreffen auf die residuale Benzolphase (erster Teil der Säule, alle dargestellten Substanzen werden entsprechend ihrer Inputkonzentrationen transportiert) und nach Auftreffen auf die Benzolphase (zweiter Teil der Säule). Die Substanzen werden beim Auftreffen auf die Benzolphase stark in ihrer Fortbewegung zurück gehalten und gehen erst mit dem Herauslösen des Benzols in die wässrige Phase zurück (siehe Abb. 13 zum Vergleich). Die Zahlen 1-15 an den Kurvenverläufen stellen die Tage des Durchflusses durch die Säule dar. 36 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 37 EHJLQQLQJ RIEHQ]HQH VDWXUDWLRQ Ø Abb. 19: Konzentrationsverteilung von Benzol ohne (erster Teil der Säule links vom Pfeil) und mit (zweiter Teil der Säule rechts vom Pfeil) einer Benzolphase (10% Benzolsättigung). Diese Modellierungsergebnisse konnten im Säulenversuch mit originalem Grundwasser vom Standort Zeitz bestätigt werden, wobei aus Sicherheitsgründen Toluol als Referenzsubstanz genutzt wurde. Chemische sowie biologische Analysen ergaben einen kompletten Rückhalt gelöster Grundwasserkontaminanten, wenn diese über die mit 10% Toluol gesättigte Säule geschickt wurden. Im Gegensatz dazu konnte in den Kontrollsäulen ohne Toluol, wie erwartet, kein Rückhalt festgestellt werden. Das Herauslösen des Toluols im Verlauf des Säulenexperimentes ging mit einem Anstieg der gelösten Konzentrationen der vorher eingebrachten Grundwasserkontaminanten einher. Auch hier erfolgte die Rücklösung substanzabhängig und bedeutend langsamer als die Attenuierung durch das Toluol, was wiederum auf die Formation einer neuen NAPL-Phase hindeutet (Abb. 20). Diese Ergebnisse wurden auch im Biotest bestätigt (Abb. 21), welcher im Input und in den Säulen ohne eine Toluolsättigung konsistent eine deutliche EROD Induktion durch das Grundwasser anzeigte, wogegen in der Säule mit Toluol nur gegen Ende des Experimentes eine leichte EROD Induktion zu verzeichnen war. 37 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 38 benzene [µg/L] 5000 4000 3000 2000 1000 a 0 a a 0 1 2 3 4 5 6 a 7 a a a a 8 9 a aa 10 11 a a a 12 13 a a a a a a 14 15 16 17 a a a 18 19 20 time [d] ethylbenzene [µg/L] 400 300 200 100 0 a a 0 a 1 2 3 4 5 6 7 a a a a 8 9 a aa 10 a a a a a a a a a 11 12 13 14 15 16 11 12 13 14 15 16 17 a a a 18 19 20 time [d] 0.75 0.50 0.25 0.00 a a 0 a a a 1 2 3 4 5 6 a 7 a a a 8 9 a a a a 10 17 18 19 20 time [d] 30 naphthalene [µg/L] indene [µg/L] 1.00 20 10 0 a a 0 a a a 1 2 3 4 5 6 a 7 8 a a a 9 a 10 a a a 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 time [d] Abb. 20. In Wasser gelöster Anteil an (von oben nach unten) Benzol, Ethylbenzol, Inden, und Napthalen über die Zeit im Säulenversuch. Weiße Balken = Inputkonzentration, graue Balken = Outputkonzentrationen in der Säule ohne Toluol, schwarze Balken = Outputkonzentrationen in der Säule mit einer Toluol residualen Phase. In der Abwesenheit von Toluol wandern die Substanzen ungehindert durch die Säule (Vergleich weiße und graue Balken). Im Beisein von Toluol ergibt sich eine deutlich verzögerter Anstieg an gelösten Outputkonzentrationen (Vergleich weiße und schwarze Balken). a symbolisiert Proben für welche keine Analyse verfügbar war. 38 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0041 Seite 39 40 * EROD-induction [% of TCDDmax] * 30 * * 20 * 10 0 * 0 1 2 * ** ** a 4 * * * a a ** ** * 6 8 a 10 * 12 a a a 14 16 18 20 time [d] Abb. 21. EROD Induktion durch Grundwasser (aus Probennahmestelle Br12/80) welches im Säulenversuch verwendet wurde. Die Konzentration des Grundwassers in den hier dargestellten EROD Induktionsversuchen betrug 45%. Weiße Säulen – EROD Induktion im Input; Graue Säulen – EROD Induktion im Output in der Säule ohne Toluol; Schwarze Säulen – EROD Induktion im Output in der Säule mit Toluol. Nur im Beisein von Toluol kann bis auf den letzten Tag keine EROD Induktion nachgewiesen werden. a symbolisiert Proben für welche keine Analyse verfügbar war. *markiert Werte mit einer signifikanten EROD Induktion im Vergleich zur Kontrolle (ANOVA, gefolgt von Dunnett’s Test, D = 0,05). Diese Ergebnisse sind von entscheidender Bedeutung für das Konzept von Natural Attenuation und für den Einsatz von biologischen Tests in Kombination mit chemischen Analysen bei der Grundwassersanierung. Sie verdeutlichen, dass durch eine residuale NAPL-Phase andere Substanzen in ihrer Fortbewegung stark gehindert werden können. Dies kann dazu führen, dass der Grundwasserleiter nach Abbau der ursprünglichen NAPL Phase langfristig mit anderen, durch die ursprüngliche NAPL-Phase zurückgehaltenen, Substanzen belastet wird. 2.1.2.3 Passiver Probennehmer für die kombinierte chemisch-toxikologische Analyse – Das Toximeter Die Probennahme stellt einen wichtigen Aspekt bei der Überwachung von Grundwasser dar, der alle nachfolgenden Schritte der Überwachung der Wasserqualität beeinflussen kann. Üblicherweise werden konventionelle Stichprobennahmeverfahren angewandt, bei denen eine bestimmte Wassermenge gepumpt oder geschöpft wird. Im Gegensatz dazu werden bei der Probennahme mit zeit-integrierenden Passivsammlern Substanzen aus dem Wasser über einen Diffusionsgradienten aufgenommen und an einer Sammelphase akkumuliert. Der Einsatz solcher Passivsammler ermöglicht die Bestimmung von zeitlich gemittelten Wasserkonzentrationen über lange Expositionszeiten ohne zusätzliche Schritte während des Beprobungszeitraums. Ein anderer wichtiger Aspekt in der konventionellen Grundwasserüberwachung ist, dass meist nur chemische Analysen in der Langzeit-Überwachung zum Einsatz kommen. Dabei ist der Fokus meist auf Kontaminanten, deren Auftreten bekannt ist oder z.B. aufgrund der Standortsgeschichte vermutet wird. Dabei können unerwartet auftretende Substanzen, die von toxikologischer Relevanz sein können, übersehen werden. Im Gegensatz dazu können biologische Tests Wirkungen, die durch komplexe Mischungen in einer Umweltprobe ausgelöst werden, gesamtheitlich erfassen. Vor diesem Hintergrund war es das Ziel des vorliegenden Teilprojektes, einen Passivsammler für die kombinierte chemische und toxikologische Langzeit-Überwachung von Grundwasser zu entwickeln. Ein spezielles Ziel dabei war die Anwendung eines lösemittelfreien Festphasen Biotests, unter Verwendung anheftungsabhängiger permanenter Wirbeltierzellkulturen als Reportersystem. Verschiedene Sorbentien wurden bezüglich (1) ihrer Kompatibilität mit Fischzellkulturen, die als Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 Seite 40 Modell-Wirbeltierzellkulturen verwendet wurden, (2) ihrer Fähigkeit, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) als hydrophobe Modellschadstoffe zu sorbieren, und (3) der Verfügbarkeit dieser sorbierten Substanzen für Fischzellen, die auf der Oberfläche der kontaminierten Sorbentien wachsen, um toxikologisch relevante Effekte zu detektieren, untersucht. Von zehn untersuchten Materialien erwies sich Biosilon (ein Polystyrol-Polymer, das gewöhnlich für die Zellkultur verwendet wird) als am besten geeignet, weil es zuverlässig die Zellanheftung ermöglichte und eine reproduzierbare Aufnahme von Dosis-Wirkungskurven mit PAK kontaminiertem Biosilon als Zellkulturoberfläche gewährleistete. Biosilon wurde dann als Sammelphase in dem neu entwickelten Passivsammler, dem Toximeter, eingesetzt. Dieser Sammler basiert auf einem früher entwickelten Probennehmer, dem so genannten Keramik-Dosimeter (Grathwohl, 1999; Martin et al., 2003). Das Toximeter verwendet das gleiche Keramik-Röhrchen als Diffusionsbarriere und als Behälter für die Sammelphase. Biosilon-gefüllte Keramik-Röhrchen wurden bezüglich ihres Sammelverhaltens in drei verschiedenen Expositionsansätzen im Labor untersucht. Über das Toximeter bestimmte Wasserkonzentrationen stimmten allgemein gut mit direkt analysierten Wasserkonzentrationen überein, wobei die besten Ergebnisse für Substanzen mit eine log Kow Wert von 4,5-6 erzielt wurden. In einem dritten Schritt wurde das Sammelverhalten des Toximeters unter Feldbedingungen untersucht. Dazu wurden Toximeter an einem PAK-belasteten Standort in drei Grundwasserbrunnen ausgebracht. Die Toximeter wurden für einen bis sechs Monate exponiert, wobei monatlich Sammler entnommen wurden. Parallel dazu wurden die Brunnen im Abstand von je zwei Wochen konventionell beprobt, um Stichproben zum Vergleich heranziehen zu können. Über das Toximeter bestimmte Wasserkonzentrationen wichen mit einem mittleren Faktor von 4 von den in den Stichproben bestimmten Wasserkonzentrationen ab. Generell unterschätzten die Toximeter die Stichprobenwasserkonzentrationen. Die Unterschätzung trat vor allem für PAKs mit einem niedrigeren Kow Wert (log Kow<4,5) auf, was durch die geringere Sorptionsaffinität dieser Substanzen an Biosilon erklärt werden kann. Zusätzlich zur chemischen Analyse wurden Toximeter-Proben im EROD Festphasen Test, der in dieser Arbeit entwickelt wurde, untersucht. Bis zu einer zweifachen Induktion der EROD Enzymaktivität gegenüber der Kontrolle wurde mit feldexponiertem Biosilon gemessen. Die beobachteten Effekte konnten nur teilweise durch die gemessenen PAK Konzentrationen erklärt werden. Andere PAKs, die nicht in der Standardanalytik erfasst wurden, oder andere Subtanzklassen müssen dafür verantwortlich gewesen sein. Abb. 22: Vergleich der Wasserkonzentrationen, die über das Toximeter ermittelt wurden, mit den direkt analysierten Konzentrationen der Stichproben. Der kombinierte Ansatz aus chemisch-biologischer Analyse verknüpft mit der Passivsammlertechnologie stellt eine neue Alternative in gegenwärtigen Wasserprobennahme- und Analysenmethoden dar. Der hier entwickelte Probennehmer und die Methoden können für eine Vielfalt von Wasserprobennahme- und Überwachungs-Maßnahmen angewandt werden. 40 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 Seite 41 Einsatzmöglichkeiten sind vor allem im Bereich der kostengünstigen, integrierenden LangzeitÜberwachung z.B. in Zusammenhang mit Natural Attenuation Studien vorstellbar, wie auch in der Feldstudie der vorliegenden Arbeit als Anwendungsbeispiel der Langzeit-Überwachung gezeigt. Die Entwicklung des sogenannten Toximeters ist im Detail in Bopp (2004) beschrieben. Einige wesentliche Ergebnisse und Grundlagen sollen hier nur kurz in Form von Abbildungen zusammengefasst werden. Abb. 23.: Grundidee des passiven Probennehmers für die chemische und toxikologische Analyse. Es wird loses Adsorbermaterial in einen Behälter, der gleichzeitig als Membran dient, eingefüllt. Nach der Probennahmephase im Feld wird das Sorbens für die chemische und toxikologische Analyse aufgeteilt. Für die toxikologische Analyse wird das Sorbens in Mikrotiterplatten gefüllt, darauf wird eine Suspension der Zellen gegeben, die sich auf der Oberfläche des Sorbens anheften und die Schadstoffe aufnehmen können. Nach einer gewissen Inkubationszeit können verschiedene Biotests zur Überprüfung der toxischen Effekte durchgeführt werden. Abb. 24: Schematische Darstellung der Aufnahme sorbierter Schadstoffe in eine Zelle, die auf der schadstoffbelegten Oberfläche anheftet. Die direkte Aufnahme von adsorbierten Schadstoffen in die Zellen ist Grundlage des lösemittelfreien Festphasen-Bead-Bioassays. Eine Reihe unterschiedlicher Sorbentien wurde auf ihre Eignung als Sorptionsmaterial im Probennehmer bezüglich der im Methodenteil angeführten Kriterien überprüft. Eine Auswahl ist in Tabelle 8 zusammen gefasst. 41 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 Seite 42 Tab. 8: Eignung der untersuchten Materialien bezüglich der geforderten Kriterien Dosis-WirkungsChemische Analyse abhängige Effekte Benetzbarkeit mit Wasser Material Zellanheftung Biosilon + + Lösemittelextraktion + Tenax TA + + Thermodesorption - Tenax GR + + Thermodesorption - Chromosorb 106 + - Thermodesorption - Amberlite IRA743 - - Lösemittelextraktion + Von den untersuchten Materialien sind also mehrere bezüglich der toxikologischen Tests geeignet. Um jedoch den Einsatz des Passivprobennehmers für schwerflüchtige Substanzen zu optimieren, ist es sinnvoll, das Keramik-Dosimeter wassergesättigt zu verwenden (Grathwohl et al., 2001). Das heißt, dass das Sorbens nicht trocken in das Keramik-Röhrchen gefüllt wird, sondern das gesamte System wassergefüllt ist, damit die Substanzen im Inneren des Dosimeters ungehindert zum Sorbens diffundieren können. Der wassergesättigte Einsatz setzt allerdings voraus, dass die Sorbentien gut mit Wasser benetzbar sind und das Wasser nicht aufsaugen und quellen. Dieses und alle weiteren Kriterien wurden von Biosilon erfüllt, welches somit in weiteren Versuchen eingesetzt wird. Es ist für die Zellkultur optimiert (Nunc, 2000), es sorbiert hydrophobe Schadstoffe so, dass diese in toxikologischen Tests für die Fischzellen verfügbar sind und deren toxische Wirkung nachgewiesen werden kann (Abb. 25). Die chemische Analyse ist über eine einfache Extraktion mit Methanol möglich. 2,0 1,8 @ Q L 1,6 H W R U S 1,4 J P 1,2 Q L P O 1,0 R P S 0,8 > Q L I 0,6 X U R V H 0,4 5 0,2 0,0 0 5,76e-3 0,0288 0,0576 0,144 0,288 Benzo[a]pyrene dose (sorbed amount [ng] per well) Abb. 25. Induktion der EROD Aktivität in an Biosilon angehefteten Zellen. Das Biosilon wurde vor der biologischen Analyse mit Benzo[a]pyrene (BaP) beschichtet. Es zeigt sich, dass die Zellen in Abhängigkeit von der Dosis auf das adsorbierte BaP reagieren. Die Biosilon-befüllten Keramikröhrchen wurden sowohl im Labor als auch im Feld validiert. Die dabei erzielten Ergebnisse werden ausführlich in Bopp (2004) diskutiert. 42 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 2.1.3 Isotopenfraktionierung 2.1.3.1 Erzielte Ergebnisse Seite 43 Wie beantragt, wurden die wissenschaftlich-technischen Voraussetzungen zur Nutzung isotopenchemischer Verfahren zur Quantifizierung des mikrobiellen Schadstoffabbaus erarbeitet und die Methode in Zeitz erprobt. Im ersten Schritt wurde die Biodegradation anhand der Kohlenstoffisotopensignaturen der BTEX-Verbindungen und des gelösten anorganischen Kohlenstoffs (DIC) untersucht. Im zweiten Schritt wurde ein Tracerexperiment zur Quantifizierung des mikrobiellen In-situ-Schadstoffabbaus durchgeführt. Anhand des Vergleiches verschiedener Berechnungsansätze sollte zusätzlich die Anwendbarkeit der Methode auf Grundlage von Laborisotopenfraktionierungsmethoden in einer Feldstudie belegt werden. 2.1.3.2 Isotopenfraktionierung zur Quantifizierung des mikrobiellen Abbaus Die Gewinnung der Grundwasserproben nach den guten Regeln der Probennahmepraxis lieferte ausreichendes Probenmaterial für die Isotopenanalysen. Mittels der Lösungsmittelextraktion mit nPentan oder n-Hexan konnten Wasserproben für die Bestimmung der Isotopensignaturen von BTEXKomponenten bis zu einer Konzentration von 10 µg/l bearbeitet werden. Bei der Probennahme wurde eine 1-Literflasche mit teflonbeschichteten Schraubdeckelverschluss vollständig gefüllt. Die Wasserprobe wurde in der gleichen Flasche mit etwa 2 ml Lösungsmittel extrahiert, indem die Wasserprobe ca. 12 Stunden geschüttelt wurde. Die Lösungsmittelphase wurde anschließend in einem Glasseperator sichtbar von der Wasserprobe abgetrennt und mit einer Glaspipette abgehoben. Die Probenextrakte wurden bis zur Analyse in kleinen Schraubdeckelgläsern gelagert. Die Probennahme, aufbereitung und isotopenchemische Analyse erwiesen sich als unkompliziert und entsprechen weitestgehend den üblich bekannten Techniken. Somit wird eine einfache Datenerhebung für isotopenchemische Berechnungsmethoden gewährleistet, was einen zeitnahen Einsatz bei der Erkundung und Überwachung von Schadensfällen ermöglicht. Zur Quantifizierung der Biodegradation im Aquifer mit Hilfe der “Rayleigh-Beziehung“ sind substanzspezifische Fraktionierungsfaktoren (DC) sowie Informationen über biogeochemischen und hydrogeologischen Verhältnisse notwendig. Isotopenfraktionierungsfaktoren standen aus verschiedenen Studien zur Verfügung (Meckenstock et al., 1999, Morasch et al., 2003 & 2004) bzw. wurden in einem anderen Projekt erarbeitet (BMBF 02WT0022). Es konnten Informationen zur Hydrogeologie und Biogeochemie von Projektpartnern des RETZINA-Projektes genutzt werden. Sulfatreduzierende Bedingungen charakterisieren das biogeochemische Abbaumilieu. Unter anaeroben Bedingungen wie z.B. der Nitrat-, Eisen(III)- und Sulfatreduktion ist die Isotopenfraktionierung beim BTEX-Abbau relativ konstant (Morasch et al. 2002, 2004). Somit konnten die bekannten Isotopenfraktionierungsfaktoren für die Berechnungen der anaeroben Biodegradation der BTEXVerbindungen eingesetzt werden. Eine Vorraussetzung zur Interpretation der Isotopensignaturen von Kontaminanten im Abstrom eines Schadensherdes ist eine hinreichend isotopisch homogene Kontaminationsquelle. Wie in den jährlichen Monitoringkampagenen nachgewiesen wurde, ist die Variabilität der Schadstoffisotopensignaturen im Fahnenzentrum relativ gering (Vieth et al., 2004). Somit ist diese Vorraussetzung in Zeitz erfüllt, was die Quantifizierung des In-situ-Schadstoffabbaus anhand der Anreicherung schwerer Isotopomere im Abstrom der Schadstofffahne erlaubt. In heterogenen Aquiferen kann die Mischung von Grundwasserströmen ein gemitteltes Isotopensignal aus einer deutlichen bzw. kaum abgebauten residualen Schadstofffraktion ergeben. Das Isotopensignal wird von der Fraktion mit der höheren Konzentration, also der kaum abgebauten Fraktion, geprägt. Dies führt zu einer Unschärfe in der Beurteilung des Abbaugrades, wobei dieser durch die Mischung 43 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 Seite 44 von Grundwasserströmen mit einer unterschiedlich starken Biodegradation unterschätzt aber nicht überschätzt wird (Richnow et al., 2003). Mit Hilfe eines Multilevel-Packersystems (MLPS) wurde die vertikale Struktur der Schadstofffahne des Grundwasserleiters in Zeitz untersucht. Das MLPS ist ein nicht elastischer, doppelwandiger Packer, der in die Messstelle eingebracht und mit Wasser oder Luft gefüllt wird (Abb. 26). Das Probennahmesystem wird mit dem Überdruck des Packers an die verfilterte Innenwand der Messstelle gepresst und rundum abgedichtet, wodurch Vertikalströmungen und Belüftungseffekte bei der Grundwasserprobennahme vermieden werden. Die äußere Packermembran besteht aus chemisch inerter PE-Folie und die innere Membran aus gewebeverstärktem Kunststoffmaterial, das eine hohe Robustheit und Dichte aufweist. Das Probennahmesystem befindet sich zwischen den beiden Packermembranen nur der verfilterte Probenahmeschlauch liegt außerhalb des Packers direkt an der Innenwand der Messstelle. Die Grundwasserförderung erfolgt durch Minidruckluftpumpen, die über eine elektropneumatische Steuerung (EPS) reguliert werden. Die nötige Druckluft wird durch einen Kompressor bzw. Gasflasche erzeugt. Die Förderleistung der Minidruckluftpumpen ist so gering, dass der Grundwasserfluss nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Probenahmeschläuche Kopfring Filter Druckhöhe im MLPS Flüssigkeit Äußere Packermembran Grundwasserspiegel Kiesfilter Probenahmepumpe Innere Packermembran Entleerschlauch Probenahmefilter Geotextil-Tonring Messsonde für physikalisch/chemische Parameter Fußplatte Probenahmepumpe Entleerpumpe Abb. 26: Elemente eines Multilevel-Packersystems (verändert nach IMW, Innovative Messtechnik Weiß, 2003) Die Isotopensignaturen und Konzentrationen der Schadstoffe in der Quelle zeigten keine tiefenabhängige Schichtung. Im Randbereichen ist der Aquifer in Zeitz hinsichtlich der Schadstoffkonzentrationen und Isotopensignaturen geschichtet. An oberen und unteren Rändern der Schadstoffahne wurde eine substratspezifische Isotopenfraktionierung nachgewiesen, mit der die Biodegradation berechnet werden konnte (Fischer et al., 2004a, Stelzer, 2004, Vieth et al., 2004). Bei einer konventionellen Probenahme wird das Grundwasser aus dem verfilterten Bereich gemischt und die Schicht des Aquifers mit der höchsten Schadstoffkonzentration prägt das Isotopen- und Konzentrationssignal. Dies führt zu einer Unterschätzung des mikrobiellen Schadstoffabbaus. Unter keinen Bedingungen führt die Methode zu einer Überschätzung des Abbaus, weil nach heutiger Kenntnis nur Abbaureaktionen das Isotopensignal von BTEX-Verbindungen im Aquifer wesentlich verändern. Wenn also die übliche Probennahmetechnik in der Grundwasserüberwachung angewendet wird, ist mit einer Unterschätzung des in situ-Schadstoffabbaus bei Anwendung der Isotopenmethoden zu rechnen. 44 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 Seite 45 Zudem ist die Isotopenmethode nicht geeignet um biologische Aktivität in der Schadstoffquelle hinreichend zu bestimmen. Die Anreicherung schwerer BTEX-Isotopomere in Folge des mikrobiellen Abbaus ist erst bei höheren Abbaugraden (>20 %) mit einer messbaren Isotopenfraktionierung verbunden. Im Schadenszentrum ist aber mit einer kontinuierlichen Nachlieferung von Schadstoffen aus residualen Schadstoffphasen (NAPL) wahrscheinlich und deshalb ist trotz eines möglichen in situAbbaus nicht mit erheblichen Konzentrationsgradienten und einer Anreicherung schwerer Isotopomere zu rechnen. Mit hochauflösenden Monitoringtechniken wie MLPS könnten auch kleinräumige Gradienten theoretisch erfasst werden. Der Aufwand kann allerdings sehr hoch sein und ist in der praktischen Grundwasseruntersuchung nur im Einzelfall tauglich. Aus diesem Grunde haben wir nach alternativen Möglichkeiten gesucht über isotopenchemische Verfahren den Abbau zu quantifizieren. 2.1.3.3 Quantifizierung des In-situ-Schadstoffabbaus anhand der Isotopensignatur des gelösten organischen Kohlenstoffs (DIC) In kontaminierten Grundwasserleitern können die Erhöhung der Konzentration sowie die Veränderung der Isotopensignatur des DIC auf die Bildung von Kohlendioxid während des mikrobiellen Schadstoffabbaus zurückgeführt werden. Während durch die Lösung von Karbonat, der Eintrag von atmosphärischem Kohlendioxid über den Austausch von Bodenluft und die Methanogenese DIC mit einer relativ schweren Isotopensignatur entsteht, ist das DIC aus dem nicht methanogenen Schadstoffabbau und der Methanoxidation im Vergleich isotopisch leichter (Baedecker et al., 1993, Landmeyer et al., 1996, Clark & Fritz, 1997, Conrad et al. 1997, Bolliger et al., 1999, Hunkeler et al., 1998, 1999, 2001 & 2002, Fang et al., 2000). Anhand der hydrogeo- und isotopenchemischen Eigenschaften konnte festgestellt werden, dass im zentralen Bereich der Kontamination DIC hauptsächlich durch die nicht methanogene Biodegradation gebildet wird. Dabei spielt vor allem die Sulfatreduktion eine entscheidende Rolle. Deshalb wurden die Konzentrationen und Kohlenstoffisotopensignaturen des DIC im Bereich der Schadstofffahne kartiert, um mögliche Zusammenhänge zum mikrobiellen in situ-Abbau aufzuzeigen. Im Untersuchungsgebiet schwankten die Konzentrationen des DIC zwischen 43 und 252 mgC/l (Abb. 27). Im Grundwasseranstrom der Schadstofffahne wurden DIC-Gehalte von < 110 mgC/l bestimmt. Die Konzentrationen des DIC nahmen in Grundwasserfließrichtung zu, wobei die höchsten Gehalte im nördlichen Grundwasserabstrom der Schadstofffahne nachgewiesen wurden. Im östlichen, westlichen und nördlichen Randbereich der Kontamination betrugen die Konzentrationen des DIC < 150 mgC/l. Grundwasser mit DIC-Gehalten > 210 mgC/l war überwiegend in der Zone des Hauptschadenszentrums und im nördlichen Grundwasserabstrom zu finden. Diese Erhöhung des DICGehaltes deutete darauf hin, dass innerhalb des zentralen Bereiches der Kontamination Schadstoff mikrobiell zu Kohlendioxid umgesetzt wurde. Im Untersuchungsgebiet lagen die Kohlenstoffisotopenverhältnisse des DIC zwischen -26 und -16 ‰ (Abb. 27). Die leichtesten G13CDIC-Werte (-26 bis -23 ‰) wurden in Bereichen bestimmt, in denen die Konzentrationen des DIC > 150 mgC/l waren. Mit abnehmenden DIC-Gehalten wurden die 13C/12CVerhältnisse grundsätzlich isotopisch schwerer. Der DIC mit der größten 13C-Anreicherung (-22 bis 16 ‰) wurde überwiegend im unmittelbaren Grundwasseranstrom der Kontaminationsquelle bzw. im Randbereich der Schadstofffahne nachgewiesen. Es zeigte sich, dass die G13CDIC-Werte im stark kontaminierten Bereich des Grundwasserleiters gegenüber den weniger belasteten Zonen um ca. 5 ‰ kleiner waren. 45 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 Seite 46 Benzol 230 -23 -22 -22 -25 -23 -25 -24 -21 -24 -25 -22-25 -22 -20 -22 -24 -17 -24 -25 -24 -20 -24 -23 -24 -23 -24 -20 -22 -25 -19 -24 -22 -24 -21 190 170 150 130 110 -23 -24 -21 -16 100 m 210 -23 90 -26 70 N-NO -20 -19 -22 50 Abb. 27: DIC-Konzentrationen [mgC/l] und G13CDIC-Werte [‰ V-PDB] (Zahlen) im Grundwasser des oberen Aquifers (Daten aus Messkampagne Mai 2002). Der Pfeil beschreibt die Hauptgrundwasserfließrichtung (nach Fischer et al., 2004a). Anhand der Konzentrations- und Isotopensignaturänderung des DIC wurde der mikrobielle Schadstoffabbau im Zentrum der Kontamination bestimmt (Gl. 1). Der Berechnung lagen verschiedene Annahmen zu Grunde. Es wurde davon ausgegangen, dass die 12C-Anreicherung des DIC innerhalb der Schadstofffahne nur aus dem nicht methanogenen Schadstoffabbau resultiert und die Transformation des Schadstoffes in DIC nicht mit einer signifikanten Isotopenfraktionierung sowie einer Nettoproduktion von Biomasse verbunden ist. (1) A u G 13CDIC ( GA) (1 A) u G 13C DIC (Q ) G 13C DIC ( M ) G13CDIC(GA) bezeichnet das Kohlenstoffisotopenverhältnis des DIC im Grundwasseranstrom der Kontamination. G13CDIC(Q) ist die Kohlenstoffisotopensignatur des in der Schadstofffahne gebildeten DIC. G13CDIC(M) bezeichnet das 13C/12C-Verhältnis des DIC, das im Bereich der Kontamination gemessen wurde. A und 1-A sind die Mischungsanteile der beiden Ausgangsisotopenverhältnisse (G13CDIC(GA), G13CDIC(Q)), aus denen G13CDIC(M) resultiert. Mit Hilfe von A und der Konzentration des DIC im Grundwasseranstrom der Schadstofffahne (CDIC(GA) [M]) ist es möglich, die Menge des in der Schadstofffahne gebildeten DIC (CDIC(B) [M]) zu berechnen (Gl. 2). (2) C DIC( B) C DIC( GA ) 1 A A Die mineralisierte Schadstofffraktion (CSchadstoff [M]) kann durch CDIC(B) abgeschätzt werden (Gl. 3). (3) C Schadstoff C DIC( B ) ZC ZC ist die Anzahl der Kohlenstoffatome des Schadstoffmoleküls. Es wird davon ausgegangen, dass diese Anzahl bei der Mineralisierung umgesetzt wird. 46 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 Seite 47 Als Kohlenstoffisotopenverhältnis bzw. Konzentration des DIC im Grundwasseranstrom (G13CDIC(GA) bzw. CDIC(GA)) wurde ein mittlerer Wert von -19,5 ‰ bzw. 8,3 mM angenommen. Das durchschnittliche Isotopenverhältnis des DIC im zentralen Bereich der Schadstofffahne (G13CDIC(M)) betrug -24,3 ‰. Für die Isotopensignatur des Schadstoffes wurde das 13C/12C-Verhältnis des Benzols in der Kontaminationsquelle (-28,2 ‰) aus der Messkampagne Mai 2002 (Daten nicht gezeigt) verwendet, weil Benzol den Hauptanteil der Kontamination im Untersuchungsgebiet ausmacht. Die Abschätzung ergab, dass eine Erniedrigung des Kohlenstoffisotopenverhältnisses des DIC um 4,8 ‰ einer Mineralisierung von ca. 133 mg/l Benzol (1,7 mM) entspricht. 2.1.3.4 Quantifizierung des In-situ-Schadstoffabbaus anhand der Wasserstoffisotopensignaturen im Tracerexperiment zur Validierung der Isotopenmethode Es wurde ein Konzept eines Multi-Tracer Experimentes entwickelt und zur Quantifizierung des in situ-Schadstoffabbaus in einem BTEX kontaminierten Aquifer in Zeitz eingesetzt (Fischer et al., 2004b). Dazu wurden reaktive, biologisch abbaubare Tracer und konservative Tracer gemeinsam in einen Aquifer eingespeist. Die konservativen Tracer dienten der Erfassung, der Verdünnung und Sorption im Aquifer. Aus dem Konzentrationsverhältnis reaktiver zu konservativer Tracer konnte der biologische Abbau berechnet werden. Als konservative Tracer wurden Bromid und Uranin und als reaktive Tracer ringdeuteriertes (d5) und perdeuteriertes (d8) Toluol in den oberen Aquifer des Testfeldes Zeitz eingeleitet (Fischer et al., 2004b). Die Konzentrationen von konservativen und reaktiven Tracern wurden über einen Zeitraum von etwa 140 Tagen an zwei Beobachtungslinien, die ca. 20 und 35 m im Grundwasserabstrom des Einspeisbrunnens entfernt lagen, überwacht (Abb. 28). Abb. 28: Durchgangskurven der eingespeisten Tracer am Messpunkt G 182 P2 (nach Fischer et al., 2004b) Die gemessenen Durchgangskurven der Tracer an den Messstellen dienten der Berechnung des In situAbbaus. Zur Quantifizierung wurden zwei voneinander unabhängige Methoden eingesetzt. Die erste Methode basiert auf der Konzentrationsänderung von Toluol d8 zu d5, wobei zur Berechnung des 47 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 Seite 48 Abbaus eine modifizierte Rayleigh-Gleichung (Gl. 4, Hunkeler, 2002) und ein WasserstoffIsotopenfraktionierungsfaktor (DD) aus Laborarbeiten (Morasch et al., 2001, Meckenstock & Richnow, 2002) eingesetzt worden ist. (4) Ct C0 1 Rt 1 R0 § · ¨ 1 ¸ ¨ ¸ R t · ¨¨© D1D 1 ¸¸¹ ¸ § ¨¨ ¸ © R0 ¹ Rt und R0 bezeichnen das Konzentrationsverhältnis zwischen Toluol d8 und d5 zu einer bestimmten Zeit (t) und vor der mikrobiellen Umsetzung (t = 0). Ct und C0 geben die Toluolkonzentration (d8 + d5) zu einer bestimmten Zeit (t) und am Anfang der Transformationsreaktion (t = 0) an. Der kinetische Isotopenfraktionierungsfaktor DD stellt den Zusammenhang zwischen der Änderung des Konzentrationsverhältnisses und der Konzentration in der residualen Fraktion während des mikrobiellen Abbaus her. Mit Hilfe von Gleichung 5 konnte der prozentuale biologische Abbau für jeden Probennahmezeitpunkt Bt[%] folgendermaßen berechnet werden: (5) § · § ¨ 1 ¸· ¨ ¸¸ ¨ § Ct · 1 R t § R t · ¨¨© D1D 1 ¸¸¹ ¸ ¨ ¸¸ u 100 1 ¨ ¸ B t [%] ¨¨1 ¨ 1 R ¨ R ¸ ¸ u100 . C 0 ¹ 0 © 0 ¹ © ¨¨ ¸¸ © ¹ Bt[%] wurde genutzt, um theoretische Toluolkonzentrationen Ctheo, die während des Transports durch den Grundwasserleiter nicht durch mikrobielle Umsetzung beeinflusst sind, für jeden Probennahmezeitpunkt zu berechnen (Gl. 6). (6) C theo (C d 5d 8 ) u 100 100 B t Zur Bestimmung des prozentualen biologischen Abbaus B[%] auf einer Fließstrecke zwischen Einspeisbrunnen und des jeweiligen Messpunktes wurden die Flächen der realen Durchbruchskurven aus der Summe Toluol d5 und d8 (Ad5+d8) mit den Flächen der theoretischen Toluolkonzentrationen (berechnet nach Gl. 4) (Atheo) verglichen (Gl. 5). (7) § A A d 5d8 · ¸¸ u 100 B[%] ¨¨ theo A theo ¹ © Die zweite Methode beruht auf der Konzentrationsabnahme der reaktiven Tracer im Vergleich zu den konservativen Tracern Bromid und Uranin bzw. des quasi-konservativen Tracers Toluol d8. Unter der Annahme, dass die konservativen und reaktiven Tracer ein annähernd gleiches Sorptions- bzw. Verdünnungsverhalten hatten, konnte B[%] durch die Veränderung des Verhältnisses der eingespeisten Menge der konservativen Tracer (mkons) und des deuterierten Toluols (md5+d8) im Vergleich zum Verhältnis der Durchgangskurvenflächen der konservativen Tracer (Akons) und des deuterierten Toluols (Ad5+d8) bestimmt werden (Gl. 8). (8) B[%] 100 100 u A d 5d8 m kons u A kons m d 5d8 48 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 Seite 49 Prozentualer biologischer Abbau [%] Die Berechnungen auf Grundlage der modifizierten Rayleigh-Gleichung und des Bromids ergaben annähernd gleiche Ergebnisse (Abb. 29). Die nach der “Uranin-Methode“ berechnete prozentuale Biodegradation ist deutlich höher. Dies ist auf das im Vergleich zu den deuterierten Toluolspecies veränderte Transportverhalten des Uranins zurückzuführen. Der prozentuale biologische Abbau, der durch die “Toluol d8-Methode“ bestimmt wurde, ist deutlich geringer. Das liegt daran, dass Toluol d8 nicht konservativ ist, sondern auch der mikrobiellen Umsetzung im Aquifer unterliegt (Morasch et al., 2001). Die mit der “Toluol d8-Methode“ berechnete prozentuale Biodegradation kann somit als Mindestwert des mikrobiellen Toluolabbaus angesehen werden. 100 90 80 70 60 50 40 Toluol-d8 Bromid Rayleigh Uranin 30 20 10 0 Abb. 29: Prozentualer biologischer Abbau auf der Fließstrecke zwischen Einspeisbrunnen Saf Zz 8/99 und Messpunkt G182 P2 Die Anreicherung des Wassers mit Deuterium während des Tracerversuchganges war ein qualitativer Hinweis auf die Mineralisierungsprozesse des Toluol d8 und d5 (Daten nicht gezeigt). Die Quantifizierung des Abbaus der deuterierten Toluolspezies konnte aber wegen der geringen Änderung der Deuteriumsignatur des Wassers, vermutlich auf Grund erheblicher Verdünnungsprozesse im oberen Aquifer des Standortes, nicht quantitativ ausgewertet werden. Es wurden vereinzelt deuterierte Benzylsuccinate in den Grundwasserproben nachgewiesen (Daten nicht gezeigt), die den anaeroben Abbau der deuterierten Toluole im Aquifer belegen. Der quantitative Zusammenhang zwischen deuteriertem Substrat und deuterierten Metaboliten wird gegenwärtig untersucht und kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Insgesamt sind derartige Multi-Tracer-Experimente für eine integrale Erfassung des In-situSchadstoffabbaus in einem kontaminierten Grundwasserleiter hervorragend geeignet. Zudem können Informationen zur Retardation der Schadstoffe, zur Aquiferheterogenität und zu den Fließwegen ermittelt werden. Der Aufwand für Tracerversuche ist in Bezug auf finanzielle Ressourcen und personellem Aufwand allerdings so hoch, dass diese Technik für den kommerziellen Einsatz vermutlich wenig interessant ist. Eine Vereinfachung des Konzeptes ist durch Anwendung von “PushPull-Techniken“ denkbar, die wir mit Kooperationspartnern aus der Industrie gegenwärtig erproben. 2.2 Verwertbarkeit der Ergebnisse 2.2.1 Hydrogeologische Erkundung und Modellierung Die Verwertbarkeit der Ergebnisse sind insgesamt von großer Bedeutung für die Strategien der Altlastensanierung in Deutschland. Wird die Sanierungsstrategie des Natural Attenuation von den 49 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 Seite 50 Behörden anerkannt, so können mit den am Standort erprobten und weiterentwickelten neuen, innovativen Untersuchungsmethoden enorme Kosten eingespart werden. Mit dem Aufbau des standortspezifischen Strömungsmodells steht ein Werkzeug zur Verfügung um in naher Zukunft, wissenschaftlich fundiert durch Computersimulationen die Entwicklung der Schadstofffahne voraussagen zu können. Damit kann die Akzeptanz von Natural Attenuation bei Behörden und Öffentlichkeit enorm gesteigert werden. Eine Änderung der geochemischen Verhältnisse kann dabei ebenso vom Modell berücksichtigt werden, wie die Dynamik des Grundwasser-Fließfeldes. Die am Standort eingerichteten Grundwassermessstellen werden auch in Zukunft im Rahmen des regelmäßigen Grundwassermonitorings des Ökologischen Großprojektes beprobt um die Arbeiten weiter zu führen. Aus Mitteln des UFZ wurden am Standort Zeitz eine Pilotanlage gebaut, welche die gezielte Zudosierung von Agenzien zur Beschleunigung der natürlichen Abbauprozesse erlaubt. Damit wurde am Standort die Möglichkeit geschaffen, direkt den „Natural Attenuation“- mit dem „Enhanced Natural Attenuation“-Ansatz zu vergleichen. Der Nachweis eines anaeroben Benzolabbaus unter in-situ Bedingungen in den Säulen der Pilotanlage ist ein großer wissenschaftlicher Erfolg. Zukünftig kann die Abbaurate von Benzol quantifiziert werden und die limitierenden Faktoren des anaeroben Abbaus untersucht und bestimmt werden. Somit können in naher Zukunft alternative Konzepte zur Sanierung von BTEX-Schadensfällen abgeleitet werden. 2.2.2 Toxikologisches Langzeitmonitoring Natural Attenuation als Sanierungsoption erfordert zum einen detaillierte Kenntnisse über die Zusammensetzung und die Ausbreitung von Schadstoffen und zum anderen aussagefähige und effektive Methoden zur langfristigen Überwachung der zu sanierenden Grundwasserleiter. Am Beispiel vom Standort Zeitz haben wir in der vorliegenden Arbeit zeigen können wie biologische Tests nicht nur toxikologisch relevante, bisher unerkannte, Schadstoffe aufdecken helfen sondern auch bei der Erfassung der Schadstoffverteilung eine entscheidende Rolle spielen können. Mittels kombinierter chemischer und biologischer Analysen wurde deutlich, dass am Standort Zeitz im Anstrom der früheren Benzolanlage toxikologisch relevante Stoffe zu erheblichen Konzentrationen auftreten. Für den Einsatz von Natural Attenuation im Allgemeinen und am Standort Zeitz im Speziellen folgt, dass eine Analyse der Schadstoffbelastung im Anstrom des Sanierungsstandortes von hoher Bedeutung ist. Wie der Standort Zeitz zeigt, wird dies vor allem an großräumig kontaminierten Industriestandorten mit meist multiplen Schadstoffquellen von Bedeutung sein. Unsere Untersuchungen lassen erkennen, dass sich Schadstoffe aus diesen Quellen untereinander beeinflussen und zu signifikanten Veränderungen ihrer gelösten Konzentrationen und ihres Transportverhaltens führen können. Schadstoffe, die durch eine residuale NAPL-Phase zurückgehalten werden, bilden selbst eine neue NAPL-Phase, die sich nur langsam wieder löst. Dies kann zur Folge haben, dass Standorte die auf vermutete Hauptschadstoffe hin saniert wurden für lange Zeit nach der Sanierung mit vorher nicht vorhandenen residualen NAPL-Phasen anderer Schadstoffe belastet sind. Diese Ergebnisse verdeutlichen zudem das Potenzial, welches eine kombinierte chemischtoxikologische Analyse besitzt. Zukünftige Untersuchungen sollten auf eine Erweiterung des Spektrums effektiver, kleinskaliger biologischer Tests, z.B. mittels Säugetierzellen, zur Beurteilung der Qualität des Grundwassers abzielen. Für langfristige Überwachungskonzepte zum kontinuierlichen Monitoring ist dabei die Kombination mit der passiven Probennahmetechnologie besonders attraktiv. Das im Projekt entwickelte Toximeter ist beim U.S. Patentamt angemeldet und wird derzeit durch das kleinständige Unternehmen Innovative Messtechnik-Weiss (IMW), gemeinsam mit dem Keramikdosimeter, vertrieben. Mehrere Anfragen bewiesen bereits das große Interesse anderer Forschungsgruppen und der Industrie am Keramikdosimeter und Toximeter. Gemeinsam mit IMW wurde auf Anfrage von Kevin Biggar (University of Alberta, Edmonton, Kanada) ein Antrag bei 50 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 Seite 51 der Canadian Environmental Protection Agency gestellt, die beiden Probennehmer an einem Natural Attenuation Standort einzusetzen. Von dem kanadischen Ingenieurbüro GeoSyntec wurden wir für Juli 2004 zu einem Vortrag zum Thema Passivsammler eingeladen. Allerdings bedarf es für den routinemäßigen Einsatz beim Monitoring von Natural Attenuation mittels passiver, zeitintegrierender Grundwasserprobennahme noch der Akzeptanz durch die Behörden. 2.2.3 Isotopenfraktionierung Die Isotopenmethode ist zur Beurteilung von Kontaminationsfahnen geeignet und gewinnt bei der Nutzung von NA-Strategien als Sicherungsmaßnahme zunehmend an Bedeutung. Insbesondere bei der Bewertung großflächiger Kontaminationen, für die es heute kaum technische und finanzielle Ressourcen zur aktiven Sanierung gibt, werden NA-Strategien im Rahmen des MNA angewendet werden. Dort sehen wir wesentliche Anwendungsfelder für die Isotopenmethode. Das UFZ stellt die Methode im Rahmen der wissenschaftlichen und technischen Zusammenarbeit interessierten Nutzern zur Verfügung (siehe Kap. 1.4 und 3.3). Unser gutachterliches Angebot bzw. die Ausbildung zur Nutzung der Methode wird entsprechend der Nachfrage erweitert. Ggf. sollen die Ergebnisse der Methoden zu einer Ausgründung vor Ort führen und kommerziell verwertet werden. Darüber hinaus wird die Methode im BMBF-geförderten Verbundvorhaben KORA genutzt und stellt dort ein integrales Instrument zur Beurteilung kontaminierter Grundwässer dar. Innerhalb des KORAVerbundes arbeiten wir an der Entwicklung eines Leitfadens zur Standorterkundung für NA-Vorhaben im Querschnittsthema „Isotopen und mikrobiologische Verfahren“ mit. Die Weiterentwicklung der Methode bildet heute einen wichtigen Bestandteil beantragter neuer Forschungsvorhaben (DFG, BMBF, EU), der Projektpartner (UFZ, GSF) sowie in der Kooperation mit nationalen und internationalen Universitäten und Forschungsinstituten. 2.3 Ergebnisse anderer Stellen An Isotopenmethoden zur Erfassung des mikrobiellen in situ-Abbaus wird gegenwärtig intensiv gearbeitet, wie in einer Vielzahl von Arbeiten, die während der Projektlaufzeit veröffentlicht wurden, dokumentiert ist. Der Literaturstand auf diesem Gebiet ist in 2 Übersichtsartikeln zusammengefasst (Schmidt et al., 2004, Meckenstock et al., 2004). Die Mehrzahl der Arbeiten ist mit der Bestimmung von Isotopenfraktionierungsfaktoren befasst. Die Anwendung der Methode in Felduntersuchungen beschränkt sich auf wenige Beispiele. Arbeiten zur Validierung der Methode in Tracerexperimenten mit deuterierten Komponenten, wie von uns durchgeführt (Fischer et al., 2004b), existieren nicht. Darüber hinaus gibt es keine vergleichbaren Arbeiten in denen ein Testfeld über mehrere Jahre untersucht wurde (Vieth et al., 2004). 2.4 Erfolgte und geplante Veröffentlichungen Bopp, S. (2004) Entwicklung eines Passivsammlers zur kombinierten chemischen und toxikologischen Langzeit-Überwachung von Grundwasser, Dissertation, Einreichung Juli 2004 an der Universität Rostock, Fachbereich Chemie. Bopp, S. and Schirmer, K. (2001) Passive Probenahme und toxikologisches Monitoring – Ein neues Konzept für die Langzeitüberwachung von Grundwasser. Forum der Geoökologie in Deutschland (VGöD), 12(3), p. 41. Bopp, S. and Schirmer, K. (2002) Entwicklung eines Passivsammlers zum toxikologischen und chemischen Langzeit-Monitoring in Grund- und Oberflächenwasser. Forum der Geoökologie (VGöD), 13(3), p. 18-21. 51 Projekt RETZINA Förderkennzeichen 02WT0040 Seite 52 Bopp, S. K., Schirmer, K., Weiß, H., Schirmer, M. (2002) Depth-specific passive sampling and toxicological analysis - A new approach for time-integrated monitoring of ground water – In: Proceedings of the 1st International workshop on groundwater risk assessment at contaminated sites (GRACOS), eds. Halm, D., Grathwohl, P., 180-184. TGA C61. Tübingen, Germany. Bopp, S., Schirmer, K. (2004) Toximeter: Development, Evaluation and Application. 1st International 3DVVLYH6DPSOLQJ:RUNVKRS,36:ýHVNp%XG MRYLFH&]HFK5HSXEOLF$SU– 17 2004. Bopp, S., Schirmer, K., Schirmer, M. (2004) Toximeter: ein Passivsammler zum toxikologischen und chemischen Langzeit-Monitoring von Grundwasser. Tagung der Fachsektion Hydrogeologie in der Deutschen Geologischen Gesellschaft (FH-DGG), Darmstadt, Germany, May 19-23 2004. Bopp, S., Schirmer, M., Russold, S., Altenburger, A., Schirmer, K. 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Dieses wird von der U.S.-amerikanischen Umweltbehörde (U.S. EPA) unter dem Begriff “Natural Attenuation“ (NA) zusammengefasst (OSWER, 1999). Während in mit Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylolen (BTEX) kontaminierten Aquiferen die Sorption, Verdünnung und Verflüchtigung zwar zu einem wesentlichen Schadstoffaustrag aus dem Grundwasser führen kann, trägt aber nur der mikrobielle Abbau bedeutend zu einer nachhaltigen Reduzierung der Schadstoffmenge im Grundwasser bei. Deshalb ist die Quantifizierung des Abbauvermögens autochthoner Mikroorganismen von Bedeutung. Dafür werden Informationen über die Biodegradation, die verschiedenen Abbauwege und das Transportverhalten der BTEX-Verbindungen in einem Aquifer benötigt. Eine Möglichkeit bietet die Anwendung von Tracerexperimenten mit konservativen und reaktiven Markierungsstoffen. Der Einsatz konservativer Tracer wie z.B. Salze, deuteriertes Wasser und Farbstoffe dient hauptsächlich zur Erkundung von Grundwasserfließwegen, fließgeschwindigkeiten, -verdünnung, Aquiferheterogenitäten und Verdunstung. Deshalb sollen konservative Markierungsstoffe möglichst keinem Abbau und keinen Interaktionen mit der Aquifermatrix unterliegen. Reaktive Tracer werden eingesetzt, um die Wechselwirkungen an der Aquifermatrix bzw. den physikalischen, chemischen und/oder biologischen Abbau im Grundwasser zu untersuchen. Je stärker diese Prozesse im Grundwasserleiter auf einen reaktiven Tracer einwirken, desto größer ist der Rückhalt (Retardation) bzw. Verlust auf einem bestimmten Fließweg im Vergleich zu einem konservativen Tracer. Wichtig bei dem Einsatz konservativer und reaktiver Markierungsstoffe ist deren eindeutige qualitative und quantitative Bestimmbarkeit in dem zu untersuchenden Aquiferbereich. Deshalb werden BTEX-Verbindungen häufig mit schweren stabilen Isotopen (D=Deuterium, 13C=Kohlenstoff mit der Massenzahl 13) markiert, um das Schicksal dieser Stoffe in kontaminierten Grundwasserleitern zu untersuchen. In einem Multi-Komponenten-Tracerexperiment (MKTE) konnte durch den Einsatz von perdeuteriertem Benzol (d6), Toluol (d8) sowie p-Xylol (d10) als reaktive und Bromid als konservativer Tracer die biologische Halbwertszeit der eingesetzten Schadstoffe unter sulfatreduzierenden Bedingungen und die Retardation in einem BTEX-kontaminierten Grundwasserleiter bestimmt werden (Thierrin et al., 1995). Für den Bezug auf das reale Verhalten einer Kontaminate in einem Aquifer muss gewährleistet sein, dass die deuterierten Verbindungen ein gleiches bzw. sehr ähnliches Transportverhalten wie die nicht deuterierten Verbindungen haben. In einer Laborstudie konnte gezeigt werden, dass deuterierte und nicht-deuterierte BTEX-Verbindungen identisch sorbiert und somit in einem Aquifer gleichermaßen retardiert werden (Poulson et al., 1997). Vor dem Einsatz isotopisch markierter BTEX-Verbindungen zur Bestimmung der Biodegradation in einem kontaminierten Aquifer sollten quantitative Unterschiede beim mikrobiellen Abbau von isotopisch markierten und nicht markierten Species untersucht werden. In Batch-Versuchen mit Reinkulturen wurde der Abbau von verschieden deuterierten Toluolspecies unter sulfatreduzierenden Milieubedingungen untersucht (Morasch et al., 2001). Dabei konnte gezeigt werden, dass nicht-markiertes (dn) bzw. ringdeuteriertes (d5) Toluol schneller umgesetzt wird als perdeuteriertes (d8) Toluol (Abb.1). Die Folge ist eine deutliche Fraktionierung während des Abbaus von Gemischen, bei denen Toluol mit und ohne deuterierter Methylgruppe verwendet wurden. Im Gegensatz dazu konnte bei Abbauversuchen, bei denen ein Toluolgemisch ohne deuterierte Methylgruppe (d5 und dn) eingesetzt wurde, eine sehr geringe Fraktionierung beobachtet werden. Somit wurde Toluol d5 und nicht-markiertes Toluol fast gleich schnell umgesetzt. Für die genannten Abbaureaktionen wurden Fraktionierungsfaktoren berechnet (Meckenstock & Richnow, 2002; Morasch et al., 2001) (Abb. 1.). Durch die Verwendung von deuterierten Substraten können über die Anreicherung von Deuterium in Metaboliten, Methan bzw. Wasser Aussagen über die relevanten Abbauwege bzw. Ansätze zur Quantifizierung des mikrobiellen Abbaus abgeleitet werden (Reusser et al., 2002). Platzhalter Abb.1 Unter der Berücksichtigung der angeführten Forschungsergebnisse wurde ein Konzept für ein MKTE entwickelt, das den Einsatz deuterierter Substanzen zur Bestimmung des anaeroben Abbaus und des Transportverhaltens von BTEX-Verbindungen in einem kontaminierten Aquifer überprüfen sollte. Als Modellsubstanz wurde Toluol als Gemisch aus d5 und d8 verwendet. Zusätzlich wurden Bromid und Uranin als konservative Tracer eingesetzt. Das MKTE fand im Bereich des SAFIRA-Standortes Zeitz (SAnierungsForschung In Regional kontaminierten Aquiferen) statt. Die im Rahmen des Experimentes durchgeführten Untersuchungen sind Teil des vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten RETZINA-Projektes (REferenzTestfeld Zeitz zur Implementierung des „Natural-Attenuation“-Ansatzes) (BMBF Förderkennzeichen 02WT0041). 2 Material und Methoden 2.1 Standortbeschreibung Der Untersuchungsstandort befindet sich ca. 8 km nordöstlich der Stadt Zeitz (SachsenAnhalt) im Bereich eines ehemaligen Hydrierwerkes. Hier wurden seit 1938 in großtechnischen Verfahren Treibstoffe, Schmieröle, Benzol und Paraffine auf der Basis der Braunkohlehydrierung und Erdöldestillation hergestellt. Durch die fast vollständige Zerstörung des Werkes während des zweiten Weltkrieges, Havarien, Leckagen sowie unachtsamen Umgang bei der Ver- und Entladung von Rohstoffen bzw. Produktionsgütern kam es zu großflächigen Kontaminationen des Grundwassers. Die Hydrogeologie des Standortes ist in verschiedenen Arbeiten detailliert beschrieben (Fischer et al., 2004; Gödeke et al., 2004; Vieth et al., 2003; Vieth et al., 2001). Das MKTE wurde im Bereich des stärker kontaminierten oberen Grundwasserleiters durchgeführt. Das Hauptschadenszentrum befindet sich in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Benzoltanklagers und der Destillationsanlage. Hier wurden BTEXKonzentrationen von bis zu 1000 mg/l gemessen. Diese relativ hohen Konzentrationen weisen auf residuale Schadstoffphasen im Zentrum der Kontamination hin, aus denen die Schadstofffahne gespeist wird. Entlang des nord-nordöstlichen Grundwasserabstroms des Schadenszentrums hat sich eine ca. 400 m lange BTEX-Fahne ausgebildet (Abb. 2). Anhand der hydrogeo- und isotopenchemischen Gegebenheiten des Standortes zeigte sich, dass die mikrobielle Sulfatreduktion der dominierende Abbauprozess im Bereich der Schadstofffahne ist, während die aerobe Respiration, Nitrat-, Eisen(III)-Reduktion und Methanogenese offensichtlich nur vernachlässigbare Anteile an der Schadstoffumsetzung haben (Dahmke et al., 2004; Fischer et al., 2004; Vieth et al., 2003). Das MKTE wurde im nordöstlichen Randbereich der BTEX-Fahne durchgeführt (Abb. 2). In dieser Zone sind die Toluolkonzentrationen im Grundwasser <50 µg/l. Im Vergleich dazu wurden im Schadenszentrum Toluolgehalte >40 mg/l bestimmt. Anhand der substratspezifischen Isotopenfraktionierung des Toluols entlang des Grundwasserabstroms der BTEX-Fahne konnte der mikrobielle Toluolabbau nachgewiesen werden (Vieth et al., 2003). Für das Wiederfinden der eingespeisten Tracer wurden über einen Zeitraum von ca. 4,5 Monaten an zwei Beobachtungslinien, die ca. 20 und 35 m im Grundwasserabstrom des Injektionsbrunnen (Saf Zz 8/99) liegen, Proben genommen (Abb. 2). Die Probenahme erfolgte an unausgebauten Messstellen (in Abb. 1 mit G bezeichnet), die mittels “direct push“-Verfahren abgeteuft wurden (Dr. Körner Geomonitoring, Deutschland). In die Bohrlöcher wurden PVC-Rohre eingebracht, an denen in verschiedenen Abständen Doppelventil-Gasverdrängungspumpen (IMW-Innovative Messtechnik Weiß, Deutschland) befestigt wurden, so dass eine tiefenorientierte Beprobung durchgeführt werden konnte. Dabei wurde die untere Beobachtungstiefe einer Messstelle mit P1, die mittlere mit P2 und die obere mit P3 bezeichnet. Zusätzlich wurde die Tracerausbreitung an ausgebauten Messstellen (Saf Zz 41/02, 48/02, 18/00) überwacht. Diese wurden wahlweise mit einer elektrischen Tauchpumpe (MP1, Bjerringbro, Dänemark) oder einem Grundwasserschöpfer beprobt. Platzhalter Abb.2 2.2 Tracereinspeisung Vor der Tracereinspeisung wurden aus der Messstelle Saf Zz 8/99 5 m³ Grundwasser entnommen und auf drei Tanks mit 1 m³ und einem Tank mit 2 m³ Fassungsvermögen aufgeteilt (Abb. 3). Die Tanks wurden ab der Befüllung bis zum Abschluss der Einspeisung mit Argon begast, um eine Lösung von Sauerstoff zu verhindern und das im Wasser gelöste Toluol zu entfernen. In die Tanks wurden insgesamt 10 kg Kaliumbromid und 100 g Uranin gegeben. Nachdem nach ungefähr 24 Stunden der Grundwasserspiegel in Messstelle Saf Zz 8/99 auf den gleichen Pegelstand als vor der Grundwasserentnahme gestiegen war, wurden am 08.05.2003 die Tracer innerhalb von sechs Stunden eingespeist. Aus den Tanks wurde das Wasser mit einer Saugpumpe (Gardena, Deutschland) über einen Kreislaufstrom in einer Tiefe von 12,50 m unter der Geländeoberkante (uGOK) eingeleitet (Abb. 3). Der Kreislaufstrom wurde durch eine elektrische Tauchpumpe (MP1, Bjerringbro, Dänemark) aufrecht gehalten und diente zur Homogenisierung der eingespeisten Tracer innerhalb der Messstelle. Bevor das Wasser in den Kreislaufstrom gelangte, wurde das Toluolgemisch bestehend aus 195 g Toluol d5 (CIL-Cambridge Isotope Laboratories, USA; chemischer Reinheitsgrad 98 %) und 205 g Toluol d8 (Chemotrade, Deutschland; chemischer Reinheitsgrad 99 %) mit einer Kolbenpumpe (Ismatec, Kolbenpumpenkopf FMI 365, Pumpenantrieb MCP-ISM 404, Schweiz) über eine eigens hergestellte Düse in Form sehr kleiner Tropfen dem Tracerfluss aus den Tanks kontinuierlich zu gegeben. Dadurch sollte die Bildung von Toluolphasen verhindert und somit eine möglichst homogene Mischung mit dem Grundwasser erreicht werden. Um das Fassungsvermögen des Injektionsbrunnens richtig abschätzen zu können, wurde auf Erfahrungen von Vorversuchen zurückgegriffen. Ohne die Dauer der Tracereingabe zu stark auszudehnen, wurde eine mittlere Einspeisrate von ca. 0,25 l/s angestrebt. So wurde mit Hilfe einer Wasseruhr die Rate des eingespeisten Wassers ständig kontrolliert und an Schiebern, die an verschiedenen Positionen der Apparatur eingebaut waren, eingestellt (Abb. 3). Dabei wurde die Zugabe des Toluolgemisches über eine Steuereinheit an der Kolbenpumpe stets an die Einspeisrate des Wassers angepasst. Platzhalter Abb.3 2.3 Analytik der Tracer Für die Bestimmung der Uraninkonzentrationen wurden die Proben unmittelbar nach der Probenahme mittels Fluorimeter (Avantes, Deutschland) und einer Tauchsonde aus Quarzglas (220-1100 nm, 90°-Messung; Hellma, Deutschland) analysiert. Die Bromid-, Sulfat- und Nitratkonzentrationen wurden ionenchromatographisch bestimmt. Die für die Analyse verwendete Geräteeinheit bestand aus einem Ionenchromtographen mit einer AG 11 Vorsäule (4 x 250 mm; Dionex, USA) und einer IonPac AS 11 7 Trennsäule (4 x 50 mm; Dionex, USA). Dieser war direkt mit einem ASRS-I Anionensuppressor (4mm; Dionex, USA) und einem CD 20 Leitfähigkeitsdetektor (Dionex, USA) verbunden. Die Konzentrationsbestimmung von Toluol d5 und d8 erfolgte an einem Gaschromatographen (GC 6890; Agilent Technologie, USA) gekoppelt mit einem massenselektiven Detektor (MS 5973; Agilent Technologie, USA). Zur Trennung der Analyten diente eine DB 624-Säule (30m x 0,25 mm ID x 1,4 µm FD; Agilent Technologie, USA). 2.4 Berechnungsmethoden Für die Charakterisierung des Transportverhaltens eines Stoffes im Grundwasserleiter wird häufig der Retardationsfaktor r verwendet. Er gibt an, um wieviel sich ein jeweils betrachteter Stoff gegenüber dem Grundwasser langsamer bewegt. Näherungsweise kann r wie folgt bestimmt werden: r≈ va , vt 1 wobei va die Abstandsgeschwindigkeit eines konservativen Tracers und vt die Abstandsgeschwindigkeit des zu untersuchenden Stoffes ist. Die Abstandsgeschwindigkeit kann für schmale und steile Durchgangskurven durch die Geschwindigkeit, die zum Zeitpunkt der maximalen Tracerkonzentration eintritt, approximiert werden (Käss, 1992). Zur Quantifizierung des Touolabbaus auf einer Fließstrecke zwischen Einspeisbrunnen und des jeweiligen Messpunktes wurden zwei Methoden verwendet. Die erste Methode beruht auf der Grundlage einer modifizierten Rayleigh-Gleichung (Gl. 2) (Hunkeler, 2002). Ct 1+ R t = C0 1+ R 0 ⎛ Rt ⎜⎜ ⎝ R0 ⎞ ⎟⎟ ⎠ ⎛ ⎞ ⎜ ⎟ ⎜ 1 ⎟ ⎜1 ⎟ ⎜ −1 ⎟ ⎝α ⎠ 2 Rt und R0 bezeichnen das Konzentrationsverhältnis zwischen Toluol d8 und d5 zu einer bestimmten Zeit (t) und vor der mikrobiellen Umsetzung (t = 0). Ct und C0 geben die Toluolkonzentration (d8+d5) zu einer bestimmten Zeit (t) und am Anfang der Transformationsreaktion (t = 0) an. Der kinetische Isotopenfraktionierungsfaktor α stellt den Zusammenhang zwischen der Änderung des Konzentrationsverhältnisses (d8/d5) und der Konzentration (d8+d5) in der residualen Fraktion während des mikrobiellen Abbaus her. Die Bestimmung des prozentualen biologischen Abbaus für jeden Probenahmezeitpunkt Bt[%] anhand der Veränderung der Toluolgehalte (d8+d5) ist meist ungeeignet (Teil1 von Gl. 3), weil in einem Aquifer der Konzentrationsrückgang von Toluol (d8+d5) nicht nur auf Biodegradationsprozesse sonder auch auf abiotische Effekte wie Verdünnung und Sorption zurückzuführen ist. Mit Hilfe von Gleichung 2 konnte der prozentuale biologische Abbau für jeden Probenahmezeitpunkt Bt[%] durch die Änderung des Konzentrationsverhältnisses zwischen Toluol d8 und d5 berechnet werden (Teil2 von Gl. 3). Dieses wird ausschließlich nur durch die Biodegradation beeinflusst. ⎛ ⎜ ⎛ Ct ⎞ 1+ Rt ⎟⎟ × 100 = ⎜⎜1 − B t [%] = ⎜⎜1 − 1+ R0 ⎝ C0 ⎠ ⎜⎜ ⎝ ⎛ Rt ⎜⎜ ⎝ R0 ⎞ ⎟⎟ ⎠ ⎛ ⎞ ⎜ ⎟ ⎜ 1 ⎟ ⎜1 ⎟ ⎜ −1 ⎟ ⎝α ⎠ ⎞ ⎟ ⎟ ⎟ × 100 ⎟⎟ ⎠ 3 Bt[%] wurde genutzt, um theoretische Toluolkonzentrationen Ctheo, die während des Transports durch den Grundwasserleiter nicht durch mikrobielle Umsetzung beeinflusst sind, für jeden Probenahmezeitpunkt zu berechnen (Gl. 4). C theo = ( C d5 + d 8 ) × 100 100 − B t 4 Zur Bestimmung des prozentualen biologischen Abbaus B[%] auf einer Fließstrecke zwischen Einspeisbrunnen und des jeweiligen Messpunktes wurden die Flächen der realen Durchbruchskurven aus der Summe Toluol d5 und d8 (Ad5+d8) mit den Flächen der theoretischen Toluolkonzentrationen (berechnet nach Gl. 4) (Atheo) verglichen (Gl. 5). ⎛A − A d5 + d8 B[%] = ⎜⎜ theo A theo ⎝ ⎞ ⎟⎟ × 100 ⎠ 5 Für die zweite Methode der Bestimmung des biologischen Abbaus auf einer Fließstrecke zwischen Einspeisbrunnen und des jeweiligen Messpunktes wurden die Durchbruchskurven der konservativen Tracer genutzt. Unter der Annahme, dass die konservativen und reaktiven Tracer ein annähernd gleiches Sorptions- bzw. Verdünnungsverhalten hatten, konnte B[%] durch die Veränderung des Verhältnisses der eingespeisten Menge eines konservativen Tracers (mkons) und des deuterierten Toluols (md5+d8) im Vergleich zum Verhältnis der Durchgangskurvenflächen eines konservativen Tracers (Akons) und des deuterierten Toluols (Ad5+d8) bestimmt werden (Gl. 6). B[%] = 100 − 100 × A d5+ d8 m kons × A kons m d5+ d8 6 3 Resultate und Diskussion Am Beispiel der Tracerdurchgangskurve des Messpunktes G 182 P2 (Abb. 4) wurden die Retardationsfaktoren für Toluol d5 und d8 sowie Uranin berechnet (Tab. 1). Dabei wurde Bromid als konservativer Tracer, der das Transportverhalten des Grundwassers am genauesten widerspiegelt, verwendet. Anhand der Retardationsfaktoren zeigt sich, dass Bromid im Vergleich zu Toluol d5 und d8 fast gleichartig retardiert wird. Offensichtlich ist das Rückhaltevermögen der Aquifermatrix gegenüber Toluol in Zeitz relativ gering. Deshalb scheint die Sorption als NA-Prozess am Standort Zeitz keine wichtige Rolle zu spielen. Für Uranin wurde ein deutlich größerer Retardationsfaktor bestimmt. Somit wird Uranin im Aquifer stärker sorpiert als Bromid bzw. Toluol d5 und d8 und weist demnach ein deutlich verändertes Transportverhalten auf. Platzhalter Abb. 4 Platzhalter Tab. 1 Wie am Beispiel des Messpunktes G 182 P2 ersichtlich ist, stieg das Konzentrationsverhältnis zwischen Toluol d8 und d5 im Verlauf des Tracerdurchganges an (Abb. 5). Da beide Touolspecies annähernd gleich im Grundwasserleiter retardiert bzw. verdünnt wurden, ist dieser Anstieg auf die schnellere Biodegradation von Toluol d5 gegenüber Toluol d8 zurückzuführen. Platzhalter Abb. 5 Nachdem die Konzentrationen der deuterierten Toluolspecies < 5 µg/l waren, konnte in den jeweilig beprobten Wasserpaketen eine Abnahme des Verhältnisses d8/d5 registriert werden. Dies deutet darauf hin, dass am Ende des Tracerdurchgangs der Abbau der eingespeisten Toluols eingeschränkt war. Offensichtlich wurde die mikrobielle Umsetzung durch den erheblichen Rückgang des Sulfats als relevanter Elektronenakzeptor gehemmt (Abb. 6). In Wasserpaketen mit einer Sulfatkonzentration von ca. < 20 mg/l sank das Verhältnis von Toluol d8 zu d5, was auf einen Rückgang der Biodegradation schließen lässt. Eine Limitation der Sulfatreduktion wurde ebenfalls im Kernbereich von Schadstofffahnen, in dem die Sulfatkonzentration im Vergleich zum Fahnenrand stark vermindert war, nachgewiesen (Christensen et al., 2000; Christensen et al., 2001; Cozzarelli et al., 2000). In marinen Bereichen konnte eine eingeschränkte Sulfatreduktion ab Sulfatkonzentrationen < 20 mg/l beobachtet werden (Habicht et al., 2002; Whiticar, 1999). Platzhalter Abb. 6 Mit Hilfe der Veränderung des Konzentrationsverhältnisses von Toluol d8 und d5 konnte durch Verwendung einer modifizierten Rayleigh-Gleichung der prozentuale biologische Abbau B[%] über die Fließstrecke zwischen dem Einspeisbrunnen und des jeweiligen Messpunktes berechnet werden (Kap. 3.4, Gl. 1-5). Um die Anwendbarkeit der Methode zu überprüfen, wurde am Beispiel von Messpunkt G 182 P2 zusätzlich B[%] mittels der als konservativ angesehnen Tracer Bromid und Uranin sowie dem quasi-konservativen Toluol d8 bestimmt (Kap. 3.4, Gl. 6). Die Berechnungen auf Grundlage der modifizierten RayleighGleichung und des Bromids ergaben annähernd gleiche Ergebnisse (Abb. 7). Die prozentuale Biodegradation, welche unter Verwendung von Uranin als konservativer Tracer bestimmt wurde, war deutlich höher. Dies ist auf das im Vergleich zu den deuterierten Toluolspecies veränderte Transportverhalten des Uranins zurückzuführen. Der prozentuale biologische Abbau, der Toluol d8 als konservativen Tracer in die Berechnungen einbezieht, ist deutlich geringer. Das liegt daran, dass Toluol d8 nicht konservativ ist, sondern auch der mikrobiellen Umsetzung im Aquifer unterliegt. Die mit dieser Methode berechnete prozentuale Biodegradation kann somit als Mindestwert des mikrobiellen Toluolabbaus angesehen werden. Platzhalter Abb. 7 4 Schlussfolgerung und Ausblick Durch den Einsatz der Toluolspecies d8 und d5 konnten qualitative und quantitative Aussagen über den mikrobiellen Toluolabbau am Standort Zeitz abgeleitet werden. Zusätzlich war es durch die gleichzeitige Einspeisung konservativer Tracer möglich, die Berechnungsmethode auf Grundlage der modifizierten Rayleigh-Gleichung zu überprüfen sowie das Transportverhalten der deuterierten Toluolspecies zu untersuchen. Dabei zeigte sich, dass Uranin aufgrund seines Retardationsverhaltens keine verlässlichen Ergebnisse bei der Bestimmung der Biodegradation des Toluols lieferte. Somit ist die Wahl geeigneter konservativer Tracer ein wichtiges Kriterium bei der Durchführung des hier vorgestellten Konzeptes. Für die Untersuchung des Transportverhaltens eines Schadstoffes sollte neben den deuterierten Species ein konservativer Tracer eingesetzt werden, der die Fließbewegung des Grundwassers im Aquifer widerspiegelt. Um die Quantifizierung nach der “Rayleigh-Methode“ zu überprüfen, sollte ein Tracer gewählt werden, der keinem mikrobiellen bzw. physikochemischen Abbau unterliegt, aber ein annähernd gleiches Transportverhalten wie die deuterierten Schadstoffspezies besitzt. Durch die verlässliche Abschätzung des mikrobiellen Toluolabbaus auf Grundlage der modifizierten Rayleigh-Gleichung scheint für Tracerexperimente, bei denen der in situSchadstoffabbau im Fordergrund der Untersuchungen steht, der Einsatz der deuterierten Schadstoffspezies ausreichend zu sein. Für die Abschätzung der prozentualen Biodegradation anderer Schadstoffe außer Toulol ist es jedoch erforderlich, die Fraktionierungsfaktoren der verschieden deuterierten Species zu bestimmen. Anhand der annähernd gleichen Ergebnisse, die unter Verwendung des Bromids als konservativer Tracer und der modifizierten Rayleigh-Gleichung bestimmt wurden, konnte gezeigt werden, dass die im Labor bestimmten Fraktionierungsfaktoren für die Quantifizierung der in situ-Biodegradation in kontaminierten Grundwasserleitern geeignet waren. Gleiches sollte somit auch für Berechnungen mit Isotopenfraktionierungsfaktoren, welche bei Laborabbauversuchen mit nicht isotopisch markierten Substraten bestimmt worden, gelten (Fischer et al., 2004; Griebler et al., 2004; Richnow et al., 2003a; Richnow et al., 2003b; Vieth et al., 2003; Vieth et al., 2001). In Zukunft wird überprüft, in wie weit die Anreicherung des Deuteriums in Wasser bzw. Methan infolge des anaeroben in situ-Abbaus deuterierter Schadstoffe zur Quantifizierung der Biodegradation geeignet ist. Außerdem wird versucht, durch den Nachweis von deuterierten Metaboliten Aussagen über die Abbauwege der Schadstoffe im Aquifer abzuleiten. 5 Danksagung Diese Arbeit wäre ohne die Unterstützung und Zusammenarbeit der RETZINA-Projektpartner nicht denkbar gewesen. Dafür möchten wir besonders Prof. Georg Teutsch und dessen Mitarbeitern danken. Für die technische Assistenz bei den Feldarbeiten und die Durchführung von chemischen Analysen gilt unser Dank Claudia Eckerl, Werner Kletsander, den Mitarbeitern der GFE-Consult GmbH, Dörthe von Seggern und Dr. Jürgen Mattusch. Weiterhin möchten wir uns bei Stefan Gödeke für seine Hilfestellungen besonders bei Fragen zur Hydrogeologie des Standortes bedanken. Diese Arbeit wurde durch das BMBF unterstützt (BMBF Förderkennzeichen 02WT0041). Zusätzliche Mittel wurden durch das UFZ im Rahmen des Forschungsschwerpunkts SAFIRA zur Verfügung gestellt. 6 Literatur Christensen, T.H., Bjerg, P.L., Banwart, S.A., Jakobsen, R., Heron, G., Albrechtsen, H.J., (2000) Characterization of redox conditions in groundwater contaminant plumes. Journal of Contaminant Hydrology, 45(3-4), 165-241. Christensen, T.H., Kjeldsen, P., Bjerg, P.L., Jensen, D.L., Christensen, J.B., Baun, A., Albrechtsen, H.J., Heron, C., (2001) Biogeochemistry of landfill leachate plumes. Applied Geochemistry, 16(7-8), 659-718. 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Meckenstock GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit GmbH Institut für Grundwasserökologie Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Retardationsfaktoren für Toluol d5 und d8 sowie Uranin an dem Messpunkt G 182 P2. Als konservativer Tracer wurde für die Berechnungen Bromid verwendet. Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Strukturformel deuterierter Toluolspecies und Fraktionierungsfaktoren des Abbaus von Gemischen aus verschieden deuterierten Toluolspecies durch zwei sulfatreduzierende Bakterienstämme (Meckenstock & Richnow, 2002; Morasch et al., 2001) Abbildung 2: Lageplan der Grundwassermessstellen des Standortes Zeitz mit der BTEXSchadstofffahne (Konzentrationen in mg/l aus der Messkampagne Dez. 2002). Als Pfeil ist die Hauptgrundwasserfließrichtung angegeben. Abbildung 3: Schematischer Aufbau der Einspeisapparatur Abbildung 4: Durchgangskurven der eingespeisten Tracer am Messpunkt G 182 P2 Abbildung 5: Änderung des Konzentrationsverhältnisses zwischen Toluol d8 und Toluol d5 während des Tracerdurchgangs am Messpunkt G182 P2 Abbildung 6: Änderung der Sulfatkonzentrationen während des Tracerdurchgangs am Messpunkt G182 P2 Abbildung 7: Prozentualer biologischer Abbau Einspeisbrunnen Saf Zz 8/99 und Messpunkt G182 P2 auf der Fließstrecke zwischen Tabelle 1 Messstelle G 182 P2 Entfernung vom Einspeisbrunnen [m] Entnahmetiefe [m HN] 35,08 135,90 Retardationsfaktor r Bromid Toluol d5 Toluol d8 Uranin 1 1,01 1,05 1,26 Abbildung 1 H H D H C H H C H D C D H H D D D D H H D D D D H D D Toluol dn Toluol d5 Toluol d8 Fraktionierungsfaktor α Toluolgemisch Desulfobacterium cetonicum TRM 1 d8-dn 3,244 3,276 d8-d5 2,058 2,070 d5-dn 1,009 1,014 Abbildung 2 900 850 800 750 700 SafZz18/00 G181 G182 G183 G184 SafZz48/02 G4 650 G444 G466 G5 G483 SafZz41/02 600 550 500 450 400 10 m SafZz8/99 350 300 250 200 150 100 50 0 N-NO 100 m Abbildung 3 A r g o n Tank 4 Tank 2 Tank 3 Saugpum pe Schieber Kolbenpum pe Toluol W asseruhr Schieber MP 1 Schieber Pegel Tank 1 2000 200 1800 180 1600 160 1400 140 1200 120 1000 100 800 80 600 60 400 40 200 20 0 0 20 40 60 80 Zeit [d] 100 120 0 140 Konzentration Bromid [mg/L] Konzentration Uranin, Toluol [µg/L] Abbildung 4 Uranin Toluol-d8 Toluol-d5 Bromid Konzentrationsverhältnis zwischen Toluol d8 und d5 Abbildung 5 12 10 8 6 4 2 0 0 20 40 60 80 Zeit [d] 100 120 140 Abbildung 6 450 Sulfatkonzentration [mg/l] 400 350 300 250 200 150 100 50 0 0 20 40 60 80 Zeit [d] 100 120 140 Prozentualer biologischer Abbau [%] Abbildung 7 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Toluol-d8 Bromid Rayleigh Uranin Übersichtsbeiträge 6. SETAC-Tagung Übersichtsbeiträge Passivsammler für die zeitintegrierte chemische und toxikologische Überwachung des Schadstoffgehaltes in Grund- und Oberflächenwasser Stephanie K. Bopp und Kristin Schirmer Nachwuchsgruppe Molekulare Tierzelltoxikologie, UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Permoserstr. 15, D-04318 Leipzig _________________ Korrespondenzautorin: Dr. Kristin Schirmer; e-mail: kristin.schirmer@uoe.ufz.de DOI: http://dx.doi.org/10.1065/uwsf2002.02.004 Abstract. Passive Samplers for the Time-Integrated Monitoring of Contaminants in Groundwater and Surface Water Zusammenfassung. Die Verfügbarkeit von qualitativ hochwer- tigem Wasser ist ein wichtiger Aspekt für den Schutz der belebten Umwelt und der Lebensqualität des Menschen. Bei der Überwachung der Qualität von Grund- und Oberflächenwasser kommt der Probennahme eine entscheidende Rolle zu. Dabei ist die zeitintegrierte Anreicherung von Schadstoffen in der Umwelt mittels passiver Probennehmer eine attraktive Alternative zur konventionellen Stichprobennahme. Durch eine in situ Aufkonzentrierung ermöglichen passive Probennehmer das Erfassen auch gering konzentrierter Kontaminanten bei gleichzeitiger Reduzierung von Kosten und Aufwand für eine kontinuierliche Überwachung. Man erhält Informationen über den gesamten Beprobungszeitraum und vermeidet Transport und Lagerung großer Probenvolumina. Matrixeffekte werden durch die selektive Anreicherung verringert. Verschiedene Passivsammler werden bisher zur Beprobung im aquatischen Bereich eingesetzt. Anfangs wurden wassergefüllte Dialyse-Schläuche verwendet, um Spurenelemente zu bestimmen. Später wurden Lösemittel-gefüllte Sammler und Trioleingefüllte 'Semipermeable Membrane Devices' (SPMDs) eingesetzt. In neueren Entwicklungen werden als Sammler-Phase sorptive Festphasen verwendet. Beispiele hierzu sind die 'Solid Phase Microextraction' (SPME) und das 'Membrane Enclosed Sorptive Coating' System (MESCO). Neben der Miniaturisierung haben diese beiden Probennehmer den Vorteil, dass sie thermodesorbierbar sind und somit ohne den Einsatz von Lösemitteln chemisch analysiert werden können. Gegenwärtig werden die gewonnenen Proben vom Probennehmer mittels Lösemitteln extrahiert oder thermodesorbiert und meist chemisch analysiert. Im Sinne einer kombinierten chemisch-biologischen Analyse wäre es jedoch wünschenswert, die passive Probennahme auch direkt mit toxikologischen Bewertungsverfahren zu verknüpfen. Es ist deshalb unser Ziel, einen passiven Probennehmer so zu konstruieren, dass die gesammelten Proben direkt, das heißt ohne Extraktion, in toxikologischen Tests untersucht werden können, wobei der Sammler als Expositionskammer dient. Das dem zu Grunde liegende Prinzip ist die Remobilisierung oder die direkte Verfügbarkeit adsorbierter Kontaminanten für die biologischen Testsysteme. Schlagwörter: Dosimeter; Grundwasser; Monitoring, chemi- sches; Monitoring, toxikologisches; Oberflächenwasser; Passivsammler The availability of high-quality water plays a pivotal role for the protection of the ecosystem and the quality of human life. An important step in assessing ground and surface water quality is sampling. The time-integrated accumulation of environmental contaminants by passive sampling is an attractive alternative to conventional snap-shot sampling. The in situ accumulation during passive sampling allows the detection of even lowconcentrated contaminants and reduces cost and time for continuous monitoring. Passive sampling provides information on the whole sampling period and avoids the transport and storage of large sample volumes. Matrix effects are reduced due to the selective enrichment. Various passive samplers have been developed for sampling in aqueous media. Early developments used water filled dialysis tubes for the sampling of trace elements. Later on, solvent filled devices and triolein-filled semipermeable membrane devices (SPMDs) were deployed. More recent developments use a solid rather than a liquid sorbent as the receiving phase. Examples of this are the solid phase microextraction (SPME) and the membrane enclosed sorptive coating (MESCO). In addition to comprising miniature devices, SPMEs as well as MESCO are thermodesorbable and, as such, no longer require solvent extraction. Conventionally the sampled contaminants are removed from the passive sampling devices by solvent extraction or thermodesorption in order to be analyzed chemically. For an in-depth analysis of sampled analytes, however, it would be advantageous to modify passive sampling such that sampled contaminants can also be analyzed biologically. Thus, it is our goal to construct a passive sampling device that serves both as a sampling device as well as an exposure chamber for toxicity testing. The principle underlying this technology is the bioavailability of sorbed contaminants, thereby eliminating the need for solvent extraction. Keywords: Dosimeter; groundwater; monitoring, chemical; monitoring, toxicological; passive sampler; surface water Abkürzungen /Abbreviations: MESCO: Membrane Enclosed Sorptive Coating POCIS: Polar Organic Chemical Integrative Sampler SPMD: Semipermeable Membrane Devices SPME: Solid Phase Microextraction UWSF – Z Umweltchem Ökotox 14 (1) 45 – 51 (2002) © ecomed verlagsgesellschaft AG & Co. KG, D-86899 Landsberg und Ft. Worth/TX, USA • Tokyo, Japan • Mumbai, India • Seoul, Korea 45 6. SETAC-Tagung Einleitung Wenn Grund- und Oberflächenwasser mit Schadstoffen verunreinigt sind, dann ist dies eine potenzielle Gefahr für die belebte Umwelt und die Lebensqualität des Menschen. Dabei stellen menschliche Ballungsräume besonders empfindliche Strukturen dar. Einerseits wird das Wasser in Ballungsräumen und deren Einzugsgebieten besonders intensiv zu industriellen Prozessen, zur menschlichen Erholung und zur Trinkwasseraufbereitung genutzt. Andererseits führt die intensive Nutzung des Landes zu zahlreichen Schadstoffeinträgen in das Wasser. Ein Beispiel dafür ist das Eindringen von Kraftstoffen in das Grundwasser durch undichte Kraftstofflagertanks von Tankstellen. Auch in Deutschland sind eine Vielzahl solcher Fälle dokumentiert (Effenberger et al. 2001). Das Problem der Verunreinigung von Wasserressourcen in Ballungsräumen ist von besonderer Bedeutung, da immer größere Teile der Bevölkerung in urban geprägten Landschaften wohnen. Damit kommt einer kostengünstigen, kontinuierlichen Überwachung der Qualität von Grund- und Oberflächenwasser eine stetig wachsende Bedeutung zu. Eine relativ neue Technologie, die Passivsammlertechnologie, ist dabei eine attraktive Alternative zur Stichprobennahme. Die Passivsammlertechnologie, auf deren Basis über die letzten Jahre eine Reihe von technischen Probennehmern entwickelt wurde, beruht auf der Anreicherung von Schadstoffen über einen Diffusionsgradienten an ausgewählte Sorbentien mit anschließender zumeist chemischer Analyse. Je nach Kapazität der Sorbentien kann man die Probennehmer als Equilibrium-Sammler oder Nicht-Equilibrium-Sammler einsetzen. Die Equilibrium-Sammler haben eine vergleichsweise geringe Adsorptionskapazität. In wenigen Minuten oder Stunden stellt sich ein Gleichgewicht der Schadstoffkonzentrationen zwischen Probennehmer und umgebendem Wasser ein; eine weitere Anreicherung von Schadstoffen kann danach nicht mehr erfolgen. Die Nicht-Equilibrium-Sammler zeichnen sich durch eine hohe Sorptionskapazität aus. Dadurch wird eine kontinuierliche Anreicherung von Schadstoffen über Wochen und Monate ohne Gleichgewichtseinstellung, und damit eine zeitintegrierte Probennahme, ermöglicht. Sowohl Equilibrium- als auch Nicht-Equilibrium Sammler helfen einige Probleme der Stichprobennahme zu vermeiden. Der Transport großer Probenvolumina ist nicht länger notwendig. Matrixeffekte können durch die selektive Anreicherung verringert werden. Schließlich wird das Risiko des Abbaus labiler Analyten während des Probentransportes oder der Lagerung minimiert. Im Gegensatz zu Equilibrium-Sammlern helfen Nicht-Equilibrium-Sammler darüber hinaus, den Arbeits- und Messaufwand gegenüber der Stichprobennahme um ein Vielfaches zu reduzieren und gleichzeitig den Informationsgehalt zu erhöhen. Dies resultiert daraus, dass die Sammler nach ihrer Installation am Probennahmestandort nur am Ende des Untersuchungszeitraumes zurück ins Labor transportiert und chemisch analysiert werden müssen, wobei, unter Zuhilfenahme der Fickschen Diffusionsgesetze, Aussagen über durchschnittlich vorhandene Schadstoffkonzentrationen für den gesamten Probennahmezeitraum getroffen werden können. 46 Übersichtsbeiträge Wegen ihrer Vorteile gegenüber der heute im allgemeinen praktizierten Stichprobennahme dürfte der Passivsammlertechnologie für zukünftige, langfristige Überwachungsprogramme eine wachsende Bedeutung zukommen. Vor diesem Hintergrund geben wir in diesem Artikel zunächst einen kurzen Überblick über gegenwärtig existierende Passivsammler für chemische Schadstoffanalysen. Im zweiten Teil des Artikels gehen wir auf ein Defizit gegenwärtiger Passivsammler, den meist fehlenden Bezug zu toxikologischen Schadstoffanalysen, ein. Eine Verknüpfung von passiver Probennahme mit toxikologischer Schadstoffanalyse zu ermöglichen, ist eines der Ziele unserer gegenwärtigen Arbeiten. 1 Überblick über Passivsammler für die chemische Analyse 1.1 Wassergefüllte Passivsammler Die ersten technischen Passivsammler waren wassergefüllte Dialyse-Schläuche, die innerhalb relativ kurzer Zeit ein Gleichgewicht mit dem umgebenden wässrigen Medium einstellen. Sie wurden hauptsächlich zur Bestimmung von Spurenelementen, wie z.B. Natrium- und Magnesiumionen, in Flüssen (Benes und Steinnes 1974), Seen (Mayer 1976) und Porenwasser in Sedimenten (Hesslein 1976) eingesetzt. Mayer (1976) und Hesslein (1976) entwickelten bereits Sammler, die eine kleinskalige, tiefenorientierte Probennahme ermöglichten, indem verschiedene Sammlerkammern vertikal voneinander abgetrennt wurden. Die wassergefüllten Sammler können auch für die Probennahme organischer Stoffe verwendet werden, haben aber den Nachteil, dass die Substanzen nicht aufkonzentriert werden. Sie helfen jedoch Matrixeffekte zu reduzieren. Wassergefüllte Sammler werden im Grundwasser erfolgreich zur Beprobung flüchtiger organischer Verbindungen eingesetzt, die sich bei der konventionellen Probennahme, bei der das Wasser abgepumpt wird, verflüchtigen und damit nicht erfasst würden (NAVFAC 2000). Puls und Paul (1997) verglichen verschiedene Methoden der Grundwasserbeprobung und setzten dabei unter anderem das DMLS-System (diffusion multi layer sampler) ein, das aus mehreren wassergefüllten Kammern besteht, die tiefenorientiert voneinander abgetrennt sind. Sie konnten mit dem DMLS-System wesentlich genauer die Ausdehnung der Schadstofffahnen und Konzentrationsgradienten an einem mit Chrom belasteten Standort bestimmen, als mit konventionellen Probennahmemethoden. 1.2 Lösemittelgefüllte Passivsammler Für die Bestimmung des leicht bioverfügbaren, frei gelösten Anteils an hydrophoben Schadstoffen werden häufig lösemittelgefüllte Passivsammler eingesetzt, die erstmals von Södergren (1987) beschrieben wurden. Sie imitieren mit der Aufnahme der Substanzen über eine Membran und der Anreicherung im Lösemittel die Biokonzentration im Fettgewebe von Organismen (Södergren 1990, Burmaster et al. 1991). Eine Reihe von Lösemitteln kam dabei bisher zum Einsatz. Dazu gehören Hexan, Cyclohexan und iso-Oktan. Je nach eingesetztem Lösemittelvolumen erfolgt eine Anrei- UWSF – Z Umweltchem Ökotox 14 (1) 2002 Übersichtsbeiträge cherung über Zeiträume von mehreren Wochen, so dass zeitgemittelte Werte bestimmt werden können. Zudem haben lösemittelgefüllte Sammler den Vorteil, dass sie einer chemischen Analyse leicht zugänglich sind. Nach der Exposition kann das mit Schadstoffen angereicherte Lösemittel direkt, z.B. gaschromatographisch, analysiert werden. Während der Exposition lösemittelgefüllter Sammler diffundiert ein gewisser Anteil des Lösemittels durch die Membran nach außen (Litten et al. 1993). Die Entstehung von Biofilmen, die bei langen Probennahmezeiträumen die Aufnahmekinetik von Sammlern beeinflussen können, wird durch das austretende Lösemittel verhindert. Je nach verwendetem Membran-Material kann der Verlust an Lösemittel jedoch auch so hoch werden, dass keine quantitativen Aussagen über Schadstoffkonzentrationen mehr getroffen werden können (Sabaliunas und Södergren 1996, Litten et al. 1993, Zabik et al. 1992, Burmaster et al. 1991). PolyethylenMembranen neigen zu starken Lösemittel-Verlusten, wohingegen bei Zellulose nur geringe Abnahmen festzustellen sind (Sabaliunas und Södergren 1996). Durch die Wahl geeigneter Lösemittel kann der Verlust über Polyethylen-Membranen reduziert werden (Peterson et al. 1995). 1.3 Semipermeable Membrane Devices (SPMDs) SPMDs wurden von Huckins et al. (1990) entwickelt. Sie bestehen aus einer Membran aus Polyethylen (LDPE), die mit Triolein gefüllt ist, einem Lipid, das den größten Massenanteil an neutralen Lipiden in Süßwasserfischen ausmacht. Sie werden deshalb oft mit dem Modellorganismus Fisch verglichen, da es sich um ähnliche Mechanismen der Aufnahme handelt: den Durchtritt über eine Diffusionsbarriere in einen Lipidpool. Die Anreicherungsraten der SPMDs sind wesentlich höher als in lösemittelgefüllten Sammlern, da das Verhältnis von Oberfläche zu Lipid-Volumen durch den flachen, mit einem dünnen Trioleinfilm befüllten, Schlauch optimiert ist. Durch das hohe Anreicherungsvermögen muss besonders bei den SPMDs darauf geachtet werden, dass Kontaminationen aus der Luft, die vor der eigentlichen Exposition leicht aufgenommen werden, die eigentlichen Expositionsergebnisse nicht verfälschen (Petty et al. 2000a). Um die Sammler vor mechanischer Beschädigung zu schützen werden sie in Schutzkäfigen aus Edelstahl exponiert. Diese Käfige können gleichzeitig Schwankungen in den hydrodynamischen Anströmungsverhältnissen verringern, was wünschenswert ist, solange ein ausreichender Fluss gewährleistet bleibt (Petty et al. 2000a). Nach einer bestimmten Expositionszeit werden die angereicherten Substanzen aus den SPMDs durch Dialyse gewonnen, der Extrakt aufgereinigt und analysiert. Über im Labor bestimmte Aufnahmeraten können dann die zeitgemittelten Konzentrationen des beprobten Mediums berechnet werden. Da die Aufnahmeraten jedoch unter anderem durch die Temperatur, den Aufwuchs auf der Membran und die hydrodynamischen Bedingungen beeinflusst werden können, müssen Korrekturfaktoren bestimmt werden (Vrana und Schüür- UWSF – Z Umweltchem Ökotox 14 (1) 2002 6. SETAC-Tagung mann 2001). Obwohl der Einfluss externer Faktoren auf die Aufnahmeraten nicht nur den SPMDs zu eigen sein dürfte, so scheint dieses Problem aufgrund der sehr hohen Sammelraten bei den SPMDs besonders stark ausgeprägt zu sein. In neueren Studien werden deshalb so genannte Permeability/ Performance Reference Compounds (PRCs) eingesetzt. Es handelt sich dabei um Substanzen, die den chemisch-physikalischen Eigenschaften der Zielanalyten sehr ähnlich sind. Diese Referenzsubstanzen werden vor der Probennahme in das Triolein gegeben. Über die Verlustraten der Referenzsubstanzen können im Anschluss an die Probennahme die tatsächlich aufgetretenen in situ Aufnahmeraten berechnet werden (Petty et al. 2000a, Huckins et al. 2000). In verschiedenen Studien wurden als Sammler 'leere' SPMDs ohne Triolein verwendet (Lefkovitz und Crecelius 1996, Booij et al. 1998). Die Ergebnisse im Vergleich von 'gefüllten' und 'leeren' SPMDs sind relativ ähnlich, wenn für die Quantifizierung bei den 'leeren' SPMDs Polyethylen-Wasser-Verteilungskoeffizienten herangezogen werden. Die Aufarbeitung zur chemischen Analyse wird bei 'leeren' SPMDs stark erleichtert. Jedoch sind sie anfälliger gegenüber der Bildung von Biofilmen, die Anwendung von PRCs wird erschwert und die Aufnahme in die leere Membran unterliegt aufgrund von Variationen in den Materialeigenschaften der Membranen größeren Schwankungen. 1.4 Festphasen-Sammler Andere Passivprobennehmer reichern Kontaminanten an, indem sie die Substanzen an ein festes Sorbens binden. Diese Sorbentien haben meist hohe Aufnahmekapazitäten, so dass die Probennehmer auch über einen Zeitraum von mehreren Wochen als integrative Sammler eingesetzt werden können. 1.4.1 Dosimeter (Aktivkohlesammler) DiGiano et al. (1988) entwickelten zunächst einen Passivsammler, der mit Aktivkohle gefüllt war. Die Aufnahme der Analyten wurde über eine Lochplatte definierter Dicke geregelt, die den Diffusionsweg bestimmte. Durch die Dicke der Lochplatte, d.h. den langen Diffusionsweg, waren die Aufnahmeraten jedoch zu niedrig, um in einer überschaubaren Zeit messbare Konzentrationen der Analyten zu sammeln. Sie kamen zu dem Schluss, dass der Sammler prinzipiell geeignet ist, aber durch den Einsatz einer Membran verbessert werden könnte. 1.4.2 Festbett-Sammler von Kingston et al. und POCIS (Polar Organic Chemical Integrative Sampler) Ähnliche Sammlertypen mit einem Adsorberbett, das von einer Membran überdeckt wird, wurden von Kingston et al. (2000) und von Alvarez et al. (1999) entwickelt. Kingston et al. (2000) verwenden einen Körper aus Teflon, der eine C18 Empore Disk enthält. Der Sammler kann mit verschiedenen Membranen verschlossen werden. So kann ein Sammler mit einer Polyethylen Membran für lipophilere Substanzen oder ein Sammler mit einer Polysulfon Membran für 47 6. SETAC-Tagung hydrophilere Stoffe eingesetzt werden. Der POCIS Sammler von Alvarez et al. (1999) wurde speziell für polarere Stoffe entwickelt und nutzt dafür ein Gemisch verschiedener Sorbentien, welche in einer Polyethersulfon-Membran eingeschlossen sind. 1.4.3 Keramik-Dosimeter Grathwohl (1999) entwarf das Keramik-Dosimeter, das aus einem Keramikröhrchen besteht, welches verschiedene Sorbentien beinhalten kann. Der Vorteil des Dosimeters ist das inerte Keramik-Material, in dem sich die gesammelten Substanzen nicht anreichern, was bei anderen Sammlern oft ein Problem darstellt. So entstehen keine großen Verzögerungen beim Transfer der Stoffe durch die Membran in das Sorbens und keine Verluste der Stoffe in der Membran, die nicht mit extrahiert bzw. analysiert wird. 1.4.4 Gore-Sorber Ein weiteres Modell stellt der Gore-Sorber dar, der zur Probennahme von Bodenluft und Grundwasser entwickelt wurde. Er besteht aus Sorbens-Kapseln, die in eine Membran aus Gore-Tex eingeschlossen sind. Der Sammler eignet sich speziell zur Probennahme flüchtiger und halbflüchtiger organischer Verbindungen, welche die gasdurchlässige Gore-Tex-Membran durchdringen können. Nach der Exposition können die Sorbens-Kapseln thermodesorbiert und analysiert werden (Sorge et al. 1994, Einfeld und Koglin 2000). 1.4.5 MESCO (Membrane Enclosed Sorptive Coating) Eine miniaturisierte Neuentwicklung stellt das MESCO-System von Vrana et al. (2001) dar. In einer Membran wird ein thermodesorbierbares Sorbens eingeschlossen. Der Prototyp besteht aus einem Polydimethylsiloxan (PDMS) ummanteltem Glasstäbchen in einer Zellulose-Dialyse-Membran, die mit Wasser gefüllt ist (Vrana et al. 2001). Nach der Exposition kann das beschichtete Glasstäbchen aus der Membran genommen und thermodesorbiert werden. 1.4.7 SPME (Solid Phase Microextraction) SPME wurde zunächst als unkomplizierte miniaturisierte Methode zur lösemittelfreien Probenvorbereitung entwickelt (Arthur und Pawliszyn 1990). Es handelt sich hierbei um eine an eine Spritze gekoppelte Faser, die mit sorptivem Material beschichtet ist. Die Faser wird aus der Spritze her- 48 ausgeschoben und gegenüber der Probe exponiert. Anschließend kann die Faser mit der Spritze direkt in ein Analysengerät injiziert und thermodesorbiert (Gaschromatograph) (Pawliszyn 1997) oder extrahiert (HPLC) (Negrão und Alpendurada 2001) werden. Die SPME-Methode wurde zur Feldprobennahme weiterentwickelt. Der entscheidende Schritt dabei ist die Versiegelung der Spritze vor und nach der Probennahme, um Kontaminationen von außen und Verlust der gesammelten Substanzen zu verhindern (Müller et al. 1999). Eine Teflon-Kappe erwies sich als gut geeignet. Nilsson et al. (1998) verwendeten SPME zur passiven Beprobung von Grundwasser. Aufgrund der geringen Menge an Sorbens wird SPME bisher als Equilibrium-Sammler eingesetzt und nicht zur Ermittlung zeitintegrierter Schadstoff-Konzentrationen in Wasser verwendet. 1.4.8 Diffusion Gradient in Thin Films (DGT-Sammler) Um Metalle in wässrigem Medium zu bestimmen, wurde von Davison und Zhang (1994) ein neues Verfahren entwikkelt. Es beruht darauf, dass die Substanzen zunächst durch ein Polyacrylamid-Gel diffundieren und in einer dahinter liegenden weiteren Gel-Schicht, in der Ionenaustauscher-Harze oder organische Sorbentien eingelagert sind, festgelegt werden. Das Gel, das zu 95% aus Wasser besteht, definiert über seine Dicke (in der Regel < 1 mm) genau den Diffusionsweg. Das ermöglicht die Berechnung der zeitgemittelten Konzentrationen über die Fick’schen Diffusionsgesetze. DGTSammler werden bisher hauptsächlich für Metalle verwendet, können aber prinzipiell auch für organische Substanzen eingesetzt werden. Gaiasafe-Passivsammler Der Gaiasafe-Passivsammler von Haas und Oeste (2001) besteht aus Papierstreifen oder auch Holzwolle oder Textilien als Trägermaterialien, die mit verschiedenen Chemikalien imprägniert sind, um spezifisch bestimmte Substanzgruppen zu binden. Die Fasern werden in Netzbeuteln exponiert. Die Gaiasafe-Sammler haben den Vorteil der sehr spezifischen Akkumulation und des geringen Gewichts, so dass sie leicht transportiert oder verschickt werden können. 1.4.6 Übersichtsbeiträge 2 Verknüpfung von passiver Probennahme und toxikologischer Analyse Die Vorteile der passiven Wasserprobennahme mit einer hochwertigen quantitativ-chemischen Analyse der gesammelten Umweltschadstoffe zu verbinden, stand bisher im Mittelpunkt aller technischen Entwicklungen von Passivsammlern. Dies wird auch durch die Bemühungen deutlich, die Probennehmer möglichst direkt, das heißt ohne Lösemittelextraktion, mit der chemischen Analyse zu verknüpfen, wie das im Falle der thermodesorbierbaren Passivsammler praktiziert wird. Jedoch besteht bei der Fokussierung auf chemische Analysen allein die Gefahr, dass toxikologisch relevante Schadstoffe oder Schadstoffklassen nicht aufgespürt und überwacht werden. Bei der Kontrolle von Schadstoffbelastungen in Grund- und Oberflächenwasser mittels konventioneller Stichprobennahme hat dieses Defizit zu der Empfehlung geführt, gleichberechtigt zu den chemisch-analytischen Untersuchungen toxikologische Tests vorzunehmen (Helma et al. 1998). Bei den toxikologischen Tests handelt es sich dabei meist um miniaturisierte Testsysteme zur Ermittlung des gentoxischen oder ökotoxikologischen Potentials der Wasserproben mittels Bakterien, Wasserflöhen, Algen oder in vitro Zellkulturen (z.B. Baun et al. 2000, Helma et al. 1998, Schirmer et al. 2001a). Tatsächlich belegen diese und eine Reihe anderer Studien, dass es häufig nicht oder nur teilweise möglich ist, anhand von chemischen Analysen UWSF – Z Umweltchem Ökotox 14 (1) 2002 Übersichtsbeiträge allein die wirklich auftretenden toxikologischen Effekte vorauszusagen. Es ist vielmehr die Kombination von biologischer Testung, Fraktionierung und chemischer Analyse, welche eine gezielte Identifizierung toxikologisch relevanter Umweltschadstoffe erlaubt (Brack et al. 1999, Schirmer et al. 1999, Schirmer et al. 2001b, Snyder et al. 2001). Es wäre deshalb ein wesentlicher Fortschritt für die Passivsammlertechnologie wenn es gelänge, die gesammelten Proben, neben der chemischen Analyse, auch der toxikologischen Testung zugänglich zu machen. Von Vorteil dürfte dabei sein, dass durch die selektive Anreicherung von Umweltschadstoffen in Abhängigkeit der in den Passivsammlern eingesetzten Materialien (Membranen und Sorbentien) bereits während der Probennahme eine erste Fraktionierung erfolgt (Davison et al. 2000). Die größere Nutzbarkeit und Einsatzbreite, welche der Passivsammlertechnologie durch eine Verknüpfung von chemischer und toxikologischer Analyse zukommen würde, wird bereits durch einige Studien belegt. Allerdings beschränken sich bisherige Versuche zur chemisch-toxikologischen Analyse passiv angereicherter Umweltschadstoffe auf Lösemittelextrakte aus SPMDs (Petty et al. 2000b). So ermittelten Parrott et al. (1999) eine enge Korrelation der Phenanthren/ Anthracen Fraktion von SPMD Extrakten aus Ölraffinerieausläufen und der Induktion des Cytochromes P4501A in Fischleberzellen. Whyte et al. (2000) nutzten SPMD Extrakte und eine Kombination von chemischer und biologischer Analyse um nachzuweisen, dass Regenbogenforellen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen ausgesetzt waren; ein Nachweis, der durch chemische Analyse von Gewebeextrakten exponierter Fische nicht hätte erbracht werden können. Jedoch ist die Gewinnung und Anwendung von SPMD Extrakten für biologische Analysen mit einigen Problemen behaftet. Die Extraktion des Triolein ist nicht nur sehr aufwendig und verbraucht große Mengen an Lösemitteln, es besteht auch die Gefahr der Aufkonzentrierung von Oleinsäure, die aus einer Verunreinigung des Trioleins gebildet werden kann. Oleinsäure wirkt z.B. im Leuchtbakterientest toxisch (Sabaliunas et al. 1999). 3 Gegenwärtige Entwicklungen zum chemischtoxikologischen Langzeitmonitoring Eine attraktive Alternative zu bisherigen Versuchen die passive Probennahme mit toxikologischen Analysen zu verknüpfen, ist die Nutzung von Festphasenadsorbermaterialien als Reservoir für die gesammelten Schadstoffe. Mayer et al. (1999) beluden C18 Empore Scheiben (Octadecyl-Silikat) mit halogenierten, organischen Substanzen, indem sie diese in organischen Lösemitteln auf die Scheiben aufbrachten und das Lösemittel verdampfen ließen. Brown et al. (2001) nutzten eine ähnliche Vorgehensweise um schadstoffbeladene Silikonfilme herzustellen. Das Ziel beider Arbeiten war es, in toxikologischen Untersuchungen mit Algen bzw. Leuchtbakterien konstante, durch einen Gradienten erzeugte, Konzentrationen der Schadstoffe in der wässrigen Phase zu erzeugen. Obwohl diese Arbeiten nicht im Zusammenhang mit passiver Probennahme standen zeigen sie, dass in UWSF – Z Umweltchem Ökotox 14 (1) 2002 6. SETAC-Tagung Abb. 1: Fähigkeit von adsorbiertem Fluoranthen, in darauf anheftenden Fischzellen Phototoxizität hervorzurufen. Das Fluoranthen wurde zunächst an die Polystyroloberfläche einer 48-well Zellkulturplatte adsorbiert indem 2,5 µL Stammlösung in DMSO zu 500 µL sterilem Wasser pro Well gegeben wurden (nominale Konzentration). Die Platte wurde für 24 h im Dunkeln inkubiert, in welcher Zeit ca. 70–80% des Fluoranthen an die Zellkulturoberfläche binden (Schirmer et al. 1997). Nach dieser Adsorptionsphase wurde das Wasser entfernt und jedes Well mit 50.000 RTVEE Zellen in L-15 Medium mit 10% Serum befüllt. Nach dem Anheften der Zellen auf der mit Fluoranthen beschichteten Wachstumsoberfläche für 24 h wurde das L-15 Medium mit dem Expositionsmedium L-15/ex ersetzt und die Zellen für 2 h mit UV-B bestrahlt. Die gemessene Abnahme der Fluoreszenz des Indikatorfarbstoffes AlamarBlue in Abhängigkeit von der nominalen Fluoranthenkonzentration zeigt die schadstoffabhängige Zellschädigung an. Jeder Balken repräsentiert den Mittelwert von 3 Wells ± Standardabweichung. Sterne zeigen einen signifikanten Unterschied von der Fluoranthen-freien Kontrolle an (Dunnett’s Test, α = 0,05). Die Zusammensetzung von L-15/ex, die Expositionsbedingungen zur UV-B Bestrahlung sowie die Methode zur Bestimmung der Zellvitalität mit AlamarBlue sind im Detail in Schirmer et al. (1997) beschrieben der passiven Probennahme verwendete Festphasen potenziell direkt in toxikologischen Tests zum Einsatz kommen könnten. Der Einsatz einer Festphase, welche sowohl für die passive Probennahme als auch für toxikologische Untersuchungen geeignet ist, ist auch eine der Grundlagen eines Probennehmers, welchen wir gegenwärtig entwickeln (Schirmer et al. 2001c). So fanden wir, dass Fluoranthen, welches an eine Polystyrol-Oberfläche adsorbiert war, in einer Embryozelllinie der Regenbogenforelle (RTVEE – rainbow trout very early embryo, gegenwärtig in der Entwicklung durch Bols et al.) UV-induzierte Zytotoxizität hervorrief, also den Zellen verfügbar war (Abb. 1, siehe auch Schirmer und Bols (1999)). Es ist nun unser Ziel, einen auf Diffusion basierenden passiven Probennehmer so zu konstruieren, dass er nach der Probennahme direkt, also ohne vorherige Extraktion, als Expositionskammer für toxikologische Untersuchungen zum Einsatz kommen kann (Abb. 2). Dafür testen wir gegenwärtig eine Reihe in Frage kommender Sorbentien. Diese sollen neben ihrer Kompatibilität mit kleinskaligen Biotests einer chemischen Analyse leicht zugänglich sein. 4 Ausblick Trotz ihres enormen Potentials für eine kostengünstige, langfristige Überwachung der Qualität von Grund- und Oberflächenwasser finden passive Probennehmer bisher für rou- 49 6. SETAC-Tagung Abb. 2: Schematische Darstellung eines Gerätes für passive, zeitintegrierte Probennahme und anschließende toxikologische Analyse der gesammelten Schadstoffe. Das Probennahmegerät beruht auf der Aufnahme der Schadstoffe durch Diffusion, welche durch eine semipermeable Membran gewährleistet wird. Die zeitintegrierte Anreicherung der Schadstoffe wird durch variable Adsorbermaterialien und Adsorbermengen bestimmt. Nach der Probennahme dienen die einzelnen Kompartimente des Gerätes als Kammern für miniaturisierte toxikologische Tests tinemäßige Messprogramme wenig Beachtung. Eine wichtige Herausforderung für eine stärkere Verbreitung und zukünftige Nutzung der Passivsammlertechnologie ist deshalb die Schaffung der Akzeptanz dieser Technologie vor allem bei Behörden. Dies ist um so wichtiger als das mit wachsenden Ballungsräumen und stärkerer Nutzung von begrenzten Ressourcen dem Schutz der Qualität des Wassers eine immer größere Bedeutung zukommt. Danksagung. Unser Dank gilt allen 'Passivsammler-Kollegen', v.a. Dr. Branislav Vrana, für hilfreiche Diskussionen und Anregungen. Die hier präsentierte Arbeit wird finanziell unterstützt durch das BMBF und den Projektträger Wassertechnologie und Schlammbehandlung (Förderkennzeichen 02WT0041) sowie das Centre for Research in Earth and Space Technology, Ontario, Canada (CRESTech). 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SETAC-Tagung Meeting of the Society of Environmental Toxicology and Chemistry, Leipzig, Germany, May 25-29, 2e/P005 Schirmer K, Chan AGJ, Greenberg BM, Dixon DG, Bols NC (1997): Methodology for demonstrating and measuring the photocytotoxicity of fluoranthene to fish cells in culture. Toxicology In Vitro 11, 107-119 Schirmer K, Herbrick JS, Greenberg BM, Dixon DG, Bols NC (1999): The use of fish gill cells in culture to evaluate the cytotoxicity and photocytotoxicity of intact and photomodified creosote. Environmental Toxicology and Chemistry 18, 1277-1288 Schirmer K, Tom DJ, Bols NC, Sherry JP (2001b): Ability of fractionated petroleum refinery effluent to elicit cyto- and photocytotoxic responses and to induce 7-ethoxyresorufin-odeethylase activity in fish cell lines. The Science of the Total Environment 271, 61-78 Snyder SA, Villeneuve DL, Snyder EM, Giesy JP (2001): Identification and quantification of estrogen receptor agonists in waste water effluents. 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Ihre Forschungsinteressen liegen in der Etablierung von in vitroSystemen zur Aufklärung von Schadstoffwirkungen in Vertebratenzellen und in der Entwicklung von Technologien zur frühzeitigen Detektion dieser Schadstoffwirkungen in der Umwelt. 51 Charakterisierung des mikrobiellen Schadstoffabbaus mit Hilfe von isotopenchemischen Methoden Characterisation of the biodegradation of pollutants by stable isotope techniques Anko Fischer1, Andrea Vieth2, Kay Knöller3, Thorsten Wachter4, Andreas Dahmke4, Hans-Hermann Richnow1 1 UFZ Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Department Bioremediation, Permoserstraße 15, 04318 Leipzig, Dr. H.-H. Richnow, Email: hans.richnow@ufz.de, Tel.: 0341/2352810, Fax: 0341/2352492 Dipl.-Geoökol. A. Fischer, Email: anko.fischer@ufz.de, Tel.: 0341/2352051, Fax: 0341/2352492 2 GeoForschungsZentrum Potsdam, Projektbereich 4.3, Telegrafenberg, 14473 Potsdam, Dr. A. Vieth, Email: vieth@gfz-potsdam.de, Tel.: 0331/2881431, Fax: 0331/2881436 3 UFZ Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Department Isotopenhydrologie, Theodor-Lieser-Str. 4, 06120 Halle (Saale), Dr. K. Knöller, Email: kay.knoeller@ufz.de, Tel.: 0345/5585433, Fax: 0345/5585559 4 Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Institut für Geowissenschaften, Ludewig-MeynStr. 10, 24098 Kiel, Prof. Dr. A. Dahmke, Email: ad@gpi.uni-kiel.de, Tel.: 0431/8802858, Fax: 0431/8807606 Dipl.-Geoökol. T. Wachter, Email: thw@gpi.uni-kiel.de, Tel.: 0431/8802853, Fax: 0431/8807606 Kurztitel: Isotopenfraktionierung während des mikrobiellen Schadstoffabbaus Header: Isotope fractionation during biodegradation of pollutants Kurzfassung Zur Charakterisierung des mikrobiellen in situ-Schadstoffabbaus im stark kontaminierten Grundwasserleiter des ehemaligen Hydrierwerkes Zeitz wurden isotopenchemische Methoden angewendet. Die Änderung der Kohlenstoffisotopensignatur des Methans, des gelösten anorganischen Kohlenstoffs (DIC) und des Benzols sowie die Änderung des Schwefelisotopenverhältnisses des Sulfats dienten als biogeochemische Indikatoren für die mikrobiellen Abbauprozesse. Die Anreicherung von isotopisch leichtem DIC im Bereich der Schadstofffahne spiegelt die Mineralisierung der Kontaminanten (BTEX) wider. Mit Hilfe der Anreicherungsfaktoren ε(eq)DIC-CH4 konnten methanogene Zonen überwiegend innerhalb der stark belasteten Bereiche sowie Zonen des Methanabbaus innerhalb des nördlichen Schadstofffahnenrandes nachgewiesen werden. Die Veränderung der Schwefelisotopensignatur des Sulfats zeigte, dass die Sulfatreduktion ein wesentlicher Prozess des mikrobiellen in situ-Abbaus im Bereich der Schadstofffahne ist. Anhand der Kohlenstoffisotopenfraktionierung des Benzols konnte der Schadstoffabbau in den Randzonen der Kontamination abgeschätzt werden. Für den zentralen Bereich der Schadstofffahne wurde die mikrobielle Umsetzung mit Hilfe der Änderung des 13C/12CVerhältnisses des DIC bestimmt. Die Analyse der vertikalen Struktur der Schadstofffahne ergab unterschiedliche Verteilungen isotopen- und hydrogeochemischer Parameter im Randbereich und Zentrum der Kontamination. Abstract To characterise the microbial natural attenuation potential of a BTEX contaminated aquifer at Zeitz (Germany), isotope geochemical techniques were applied. The stable carbon isotope composition of methane, DIC and benzene as well as the stable sulphur isotope signatures of sulphate were used to trace microbial degradation processes. The enrichment of isotopically light DIC within the plume clearly indicates mineralization of pollutants. The enrichment of heavy sulphur isotopes in sulphate implies that sulphate reduction is a major microbial process at the area under investigation. The carbon isotopic composition of methane reveals evidence for active methanogenesis in the contamination plume. However, at plume fringes microbial methane oxidation may compete with contaminant degraders for available electron acceptors. Additionally, at marginal parts of the plume the biodegradation of benzene was steadily estimated by the means of carbon isotope fractionation of benzene. In the centre of contamination the change of carbon isotope composition of DIC was used to estimate the biodegradation of benzene. Investigations of the vertical structure of the plume demonstrated that there are differences between the hydrogeochemical and isotopic parameters in the centre of contamination compared to the plume fringes. Einführung In kontaminierten Aquiferen können natürliche Prozesse zum Rückhalt bzw. Abbau der vorhandenen Schadstoffmenge beitragen. Die U.S.-amerikanische Umweltbehörde (U.S. EPA) fasst diese unter dem definierten Begriff “Natural Attenuation“ (NA) zusammen. Um den natürlichen Rückhalt bzw. Abbau von Schadstoffen in einem kontaminierten Grundwasserleiter als Risikosicherungskonzept anzuwenden, setzt die U.S. EPA eine Langzeitüberwachung der NA-Prozesse voraus. Aus dieser Intention heraus wurde der Begriff "Monitored Natural Attenuation" (MNA) geprägt (U.S. EPA 1999). Zum Nachweis, dass durch NA-Prozesse die vorhandene Schadstoffmenge an einem kontaminierten Standort zurückgehalten bzw. vermindert wird, sollen laut der U.S. EPA die folgenden Mindestanforderungen erfüllt werden (U.S. EPA 1999): • Dokumentation der historischen Daten der Grundwasser- und/oder Bodenchemie des Standortes, aus denen ein eindeutiger Trend der kontinuierlichen Schadstoffreduzierung hervorgeht, • Erfassung von hydrogeologischen und geochemischen Daten, aus denen indirekt die Art(en) der NA-Prozesse und die damit verbundenen Raten des Schadstoffabbaus bzw. -rückhalts am Standort abgeleitet werden können, • Durchführung von Feld- oder Mikrokosmosstudien, welche direkt Selbstreinigungspotenzial eines einzelnen NA-Prozesses am Standort aufzeigen. das Zur Planung von MNA-Vorhaben sollen die einzelnen NA-Prozesse in einem konzeptionellen Standortmodell zusammengeführt werden, um eine realistische Prognose über die zukünftige Entwicklung des Schadensfalles zu erstellen (U.S. EPA 1999). Während die U.S. EPA auch Verdünnung, Verflüchtigung und Sorption von Schadstoffen als Rückhalte- bzw. Abbauprozesse akzeptiert, sollte im Sinne der Nachhaltigkeit bei der Anwendung des MNA-Konzeptes nicht die Verlagerung sondern nur der Abbau der Schadstoffe berücksichtigt werden. In Anbetracht einer nachhaltigen Reduzierung des Gefährdungspotenzials einer Kontamination ist die Erforschung und Quantifizierung des Abbauvermögens autochthoner Mikroorganismen ein wesentlicher Faktor für die Bewertung des natürlichen Selbstreinigungspotenzials eines Aquifers. Verschiedene Forschungsarbeiten zeigen, dass die mikrobielle Umsetzung von monoaromatischen Kohlenwasserstoffen (BTEX) in kontaminierten Grundwasserleitern nicht nur unter aeroben Verhältnissen (ALVAREZ & VOGEL 1991, JINDROVA et al. 2002) sondern auch unter anaeroben Bedingungen stattfindet (COZZARELLI et al. 1990 & 1994, EDWARDS & GRIBIC-CALIC 1992, MORGAN et al. 1993, THIERRIN et al. 1993, KAZUMI et al. 1997, WEINER & LOVELY 1998, ANDERSON & LOVELY 2000). Die Abbauwege der BTEX-Verbindungen sind hinreichend bekannt und wurden in zahlreichen Publikationen beschrieben (HEIDER & FUCHS 1997, HEIDER et al. 1999, SPORMAN & WIDDEL 2000, WIDDEL & RABUS 2001, GIBSON & HARWOOD 2002). Die Biodegradation dieser Verbindungen ist häufig mit einem kinetischen Isotopenfraktionierungseffekt verbunden (DEMPSTER et al. 1997, MECKENSTOCK et al. 1999 & 2002, SHERWOOD LOLLAR et al. 1999, STEHMEIER et al. 1999, AHAD et al. 2000, HUNKELER et al. 2001, MORASCH et al. 2001 & 2002, VIETH et al. 2001, MANCINI et al. 2003, RICHNOW et al. 2003a & b, GRIEBLER et al. 2004, STEINBACH et al. 2004). Dabei werden die leichten Isotopomere des Schadstoffes schneller durch Mikroorganismen verwertet als die schweren. Folglich kommt es bei der mikrobiellen Umsetzung zu einer Anreicherung der schwereren Isotopomere in der residualen Schadstofffraktion. In Laboruntersuchungen mit verschiedenen Misch- bzw. Reinkulturen wurden für den aeroben und anaeroben Abbau der BTEX-Verbindungen Kohlenstoff- bzw. Wasserstoffisotopenfraktionierungsfaktoren bestimmt (MECKENSTOCK et al. 1999, MORASCH et al. 2001 & 2002, HUNKELER et al. 2001, MANCINI et al. 2003). Mit Hilfe der ermittelten Faktoren kann die mikrobielle BTEX-Umsetzung in einem kontaminierten Aquifer abgeschätzt werden (RICHNOW & MECKENSTOCK 1999, VIETH et al. 2001, RICHNOW et al. 2003a & b, VIETH 2003, GRIEBLER et al. 2004). Der wesentliche Vorteil dieses isotopenchemischen Konzeptes ist, dass die Isotopenzusammensetzung im Gegensatz zur Konzentration von BTEX-Verbindungen ausschließlich durch mikrobielle Abbauprozesse und nicht signifikant durch abiotische Effekte wie Verdünnung, Verflüchtigung oder Sorption beeinflusst wird (DEMPSTER et al. 1997, HARRINGTON et al. 1999, SLATER et al. 1999 & 2000, SCHÜTH et al. 2003). Deshalb ist eine signifikante Veränderung der Isotopensignatur der BTEX-Verbindungen in einem Grundwasserleiter ausschließlich auf die Umsetzung durch autochthone Mikroorganismen zurückzuführen. Dies eröffnet die Möglichkeit, den mikrobiellen Abbau in BTEX-kontaminierten Grundwasserleitern anhand der Isotopenfraktionierung zu charakterisieren und somit das Isotopenkonzept als Methode in MNA-Sanierungsstrategien zu implementieren. Des Weiteren können auch die Isotopenverhältnisse mancher Abbauprodukte (z.B. Kohlendioxid, Methan) sowie bioverfügbarer Elektronenakzeptoren Hinweise auf mikrobielle in situ-Abbauprozesse in einem kontaminierten Grundwasserleiter liefern (BARKER & FRITZ 1981, COLEMAN et al. 1993, REVESZ et al. 1995, HACKLEY et al. 1996, LANDMEYER et al. 1996, CONRAD et al. 1997 & 1999, HUNKELER et al. 1998, 1999 & 2002, BOLLIGER et al. 1999 & 2001, FANG et al. 2000, SCHROTH et al. 2001, KLEIKEMPER et al. 2002, GROSSMAN et al. 2002, FISCHER 2003, VIETH 2003, BUGNA et al. 2004). In dieser Arbeit wurde mit Hilfe von isotopenchemischen Methoden der mikrobielle Schadstoffabbau in einem Aquifer charakterisiert und abgeschätzt. Dazu wurden die Analysedaten aus zwei Stichtagsbeprobungen (Mai und Dezember 2002) herangezogen. Diese fanden im Bereich der großräumigen Benzolkontamination im oberen Grundwasserleiter des Testfeldes Zeitz statt. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen sind Teil des vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten RETZINA- Projektes (REferenzTestfeld Zeitz zur Implementierung des „Natural-Attenuation“-Ansatzes) (BMBF Förderkennzeichen 02WT0041). Das RETZINA-Verbundvorhaben ist Teil des Forschungsschwerpunkts SAFIRA (SAnierungsForschung In Regional kontaminierten Aquiferen) am UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH. Material und Methoden Probenahme Die Grundwasserproben wurden nach der DIN-Norm DIN 38402 Teil 13 gewonnen. Dabei wurde das Grundwasser mit einer elektrischen Tauchpumpe (Grundfos MP1, Bjerringbro, Dänemark) im verfilterten Bereich der Brunnen gefördert. Die Förderleistung betrug ca. 7 bis 9 l/min. Das Abfüllen in die Probenahmegefäße erfolgte erst, nachdem das zweifache Brunnenvolumen ausgetauscht worden war und die Messwerte für die chemischphysikalischen Eigenschaften des Grundwassers (Leitfähigkeit, Sauerstoffgehalt, Redoxpozential, pH-Wert und Temperatur) annähernd konstant waren. Die Bestimmung des Sauerstoffgehaltes, des Redoxpotenzials, des pH-Wertes, der Leitfähigkeit und der Temperatur wurde während des Pumpens mit geeigneten Elektroden (Oxi 325, LF 325, pH 330, pH 196T; WTW, Deutschland) durchgeführt. Für die tiefenorientierte Grundwasserbeprobung kam ein Multilevel-Packersystem (MLPS) zur Anwendung (SCHIRMER et al. 1995). Dabei wurde der Förderdruck bzw. die Takt- und Pausenzeit für die Druckbeaufschlagung der Doppelventil-Gasverdrängungspumpen (IMW Innovative Messtechnik Weiß, Deutschland) so eingestellt, dass eine blasenfreie Grundwasserprobenahme gewährleistet werden konnte. Die ca. 1 bis 2 m auseinander liegenden Pumpen arbeiteten in der Regel mit einer Förderleistung von 40 bis 80 ml/min. Diese Förderleistung ist so gering, dass bei der Probenahme die vertikalen Gradienten der isotopen- sowie hydrogeochemischen Parameter nur unwesentlich durch Vermischungseffekte beeinflusst wurden. Um die isotopen- und hydrogeochemischen Parameter der MLPS-Messstellen für eine flächenhafte Kartierung zu nutzen, wurden die Analysewerte der verschiedenen Probenahmetiefen gemittelt. Dabei wurde angenommen, dass der Mittelwert aus den Konzentrationen der einzelnen Horizonte repräsentativ für den gesamten Filterbereich ist und somit der Konzentration einer konventionell gewonnen Probe entspricht. Für die Bestimmung des mittleren Isotopenverhältnisses einer MLPS-Messstelle wurde mit Hilfe der Konzentrationen der relative Mengenanteil für jeden Horizont in einer Mischprobe berechnet. Diese wurden mit dem Isotopenverhältnis des jeweiligen Horizonts multipliziert. Die Ergebnisse ergaben in der Summe die theoretische Isotopensignatur einer über den gesamten Filterbereich beprobten Messstelle. Sulfatkonzentrationen Das Grundwasser wurde während der Befüllung in 20 ml Kunststoffflaschen (PE) mit Hilfe eines Cellulose-Acetat-Filters (Porengröße: 0,45 µm) filtriert. Bis zur weiteren Analyse wurden die Proben bei 4 °C gelagert. Für die Bestimmung der Sulfatkonzentrationen diente ein Ionenchromatographie-System DX-500 (Dionex, USA). Die ionenchromatographische Trennung erfolgte über eine IonPac AS 14-Säule (Dionex, USA), der eine anorganische und organische Vorsäule (IonPac AG 14 bzw. IonPac NG 1, Dionex, USA) vorgeschaltet war. Als Eluent diente ein Gemisch aus 3,5 mM Na2CO3 und 1,0 mM NaHCO3. Die Flussrate betrug 1,2 ml/min. Die Nachweisgrenze des Ionenchromatographie-Systems für Sulfat lag bei 1 mg/l. Schwefelisotopenverhältnisse des Sulfats Für die Bestimmung der Schwefelisotopenverhältnisse des Sulfats wurden 500 ml PEFlaschen mit Grundwasser befüllt und mit 2 ml Chloroform versetzt, um die mikrobielle Aktivität zu hemmen. Das in den Proben vorhandene Sulfid wurde mit 0,5 g Zinkacetat zu schwerlöslichem Zinksulfid umgesetzt und der Niederschlag durch Filtration (Porengröße: 0,45 µm) entfernt. Danach wurde die Probe auf einen pH-Wert von ca. 3 eingestellt und das Sulfat bei 70 °C durch Zugabe von gesättigter Bariumhydroxidlösung gefällt. Der Niederschlag in Form von Bariumsulfat wurde über einen Blaubandfilter (Porengröße: 0,45 µm) vollständig von der wässrigen Phase abgetrennt, anschließend gewaschen und bei 105 °C getrocknet. Der Filter mit der Probe wurde für 2 Stunden bei 800 °C verascht. Das verbleibende Bariumsulfat wurde zur Bestimmung des Schwefelisotopenverhältnisses von Sulfat verwendet. Die Messung des 34S/32S-Verhältnisses der Bariumsulfatprobe erfolgte an einem Isotopenverhältnis-Massenspektrometer (IRMS, Delta S, Thermo Electron, Deutschland) mit Continous Flow-Technik (GIESEMANN et al. 1994). Dabei wurde das Bariumsulfat in einem Elementaranalysator (Thermo Electron, Deutschland) bei 1020 °C unter Zudosierung von Sauerstoff zu Schwefeldioxid umgesetzt und im Heliumstrom dem IRMS zugeführt. Die Standardabweichung der beschriebenen Analysenmethode lag bei ≤ 0,3 ‰. DIC-Konzentrationen Der Gehalt an DIC in den Grundwasserproben wurde mit einem Total-Organic-Carbon Analyzer TOC 5000 (Shimadzu, Japan) bestimmt. Jede Grundwasserprobe wurde mit 25 %iger Phosphorsäure angesäuert und der zu Kohlendioxid umgesetzte DIC mit Stickstoffgas ausgetrieben. Die Bestimmung des Kohlendioxids erfolgte mittels Infrarot-Messung. Die Proben wurden dreimal vermessen. Die Nachweisgrenze lag bei 10 mgC/l. Methankonzentrationen Für die Bestimmung der Methankonzentrationen wurden 5 ml der Grundwasserprobe in 20 ml Flaschen abgefüllt und mit einem gasdichten Teflonseptum und einer Aluminiumkappe verschlossen. Die Analyse erfolgte an einem Gaschromatographen (GC) mit Flammenionisationsdektor (6890 Plus, Agilent, USA). Die Proben wurden vor der Messung in einem Headspace-Autosampler (7694, Agilent, USA) bei 80 °C 30 min equilibriert und anschließend in den GC injiziert. Für die chromatographische Trennung diente eine AT-Q 13939 Säule (30 m × 0,53 mm ID; Alltech Associates, USA). Das verwendete Temperaturprogramm hatte die folgenden Einstellungen: 35 °C, 4 min isotherm; 40 °C/min bis 220 °C, 5 min isotherm. Als Trägergas wurde Helium mit einer Flussrate von 1,8 ml/min benutzt. Die Nachweisgrenze für Methan lag bei 10 µg/l. Kohlenstoffisotopenverhältnisse des Methans und DIC Für die Bestimmung der Isotopensignatur des Methans und DIC wurden 100 bzw. 200 ml Weißglasflaschen zu je drei Viertel mit Grundwasser gefüllt. Nach der Probenahme wurden die Flaschen sofort mit einem Butylgummistopfen und einer Aluminiumbördelkappe gasdicht verschlossen und bei 4 °C bis zur Analyse gelagert. In den Flaschen befanden sich bereits ca. 10 bzw. 20 g Natriumchlorid, um die Aktivität der Mikroorganismen zu unterbinden und den Anteil des Methans sowie des Kohlendioxids in der Gasphase zu erhöhen. Vor der Analyse des Kohlenstoffisotopenverhältnisses des DIC wurden die Proben mit konzentrierter Salzsäure auf einen pH-Wert von ca. 1 bis 2 eingestellt und anschließend geschüttelt, um einen annähernd vollständigen Übergang des DIC in Form von Kohlendioxid in die Gasphase zu gewährleisten. Die Analyse der Isotopenverhältnisse des Methans und DIC erfolgte an einem GC-C-IRMSSystem (gas chromatography/combustion/isotope-ratio mass spectrometry). Dieses besteht aus einem GC (6890 Series, Agilent Technology, USA), einem Verbrennungsofen (Thermo Electron MATGC III, Deutschland), einer modifizierten Wasserfalle (Nafion® Membran, 50 cm lang, T = 0 °C) und einem Massenspektrometer (Thermo Electron MAT 252, Deutschland). Die Headspace-Proben wurden mit einer gasdichten Spritze (Hamilton, USA) in den GC eingespritzt. Die chromatographische Trennung des Methans und DIC erfolgte an einer CPPoraPLOT Q-Kapillarsäule (27,5 m × 0,32 mm ID × 10 µm FD; Chrompack, Niederlande) bei einer konstanten Temperatur von 40 °C. Als Trägergas diente Helium mit einer Flussrate von 1,8 ml/min. Jede Probe wurde fünfmal vermessen. Dabei ergaben sich für die beschriebene Analysenmethode Standardabweichungen von ≤ 0,8 ‰. Für Proben, deren Methankonzentrationen kleiner als 10 µg/l waren, konnten keine reproduzierbaren Kohlenstoffisotopenverhältnisse des Methans bestimmt werden. Die erheblich höheren DICGehalte ermöglichten eine problemlose Bestimmung der 13C/12C-Verhältnisse. Benzolkonzentrationen Für die Bestimmung der Benzolkonzentrationen wurden 250 ml Braunglasflaschen mit Schliffstopfen vollständig mit Grundwasser befüllt und bei 4 °C gelagert. Die Vermessung der Proben erfolgte innerhalb von 24 Stunden nach der Probenahme. Für die HeadspaceAnalyse wurde ein GC (5890 Series II, Agilent, USA), der mit einem Autosampler (19395 A, Agilent, USA) gekoppelt war, verwendet. Vor der Injektion in den GC wurden die Proben zur Einstellung des Phasengleichgewichtes mindestens 40 min bei einer Temperatur von 80 °C equilibriert. Die Trennung der BTEX-Verbindungen erfolgte mit Hilfe einer HP-1 Säule (50 m × 0,32 mm ID × 1 µm FD; Agilent, USA) und folgendem Temperaturprogramm: 50 °C, 1 min isotherm; 5 °C/min bis 120 °C, 8 min isotherm; 8 °C/min bis 130 °C; 20 °C/min bis 250 °C. Als Trägergas diente Stickstoff mit einer Flussrate von 1,8 ml/min. Die Nachweisgrenze der Benzolanalyse lag bei 5 µg/l. Kohlenstoffisotopenverhältnisse des Benzols Für die Isotopenanalyse des Benzols wurden 1000 ml Glasflaschen (Schott, Deutschland) vollständig mit Grundwasser gefüllt und mit einem Schraubverschluss mit teflonbeschichtetem Septum (Schott, Deutschland) verschlossen. Die Konservierung der Proben erfolgte durch die Einstellung des pH-Wertes auf 10 bis 12 mit Natriumhydroxid. Die Proben wurden bei 4 °C gelagert. Für die Extraktion des Benzols diente n-Pentan (2 - 10 ml). Das Kohlenstoffisotopenverhältnis des Benzols wurde mit dem gleichen GC-C-IRMS-System bestimmt, wie es auch für die Analyse der Isotopenzusammensetzung des Methans und DIC genutzt wurde. Je nach Konzentration der Analyten wurden 1 bis 5 µl des n-Pentanextraktes über einen CombiPAL-Autosampler (CTC Analytics, Schweiz) in den GC eingespritzt. Die chromatographische Trennung des injizierten Stoffgemisches erfolgte an einer ZB1 Kapillarsäule (60 m × 0,32 mm ID × 1 µm FD; Phenomenex Inc. Torrance, USA) und mit den folgenden Einstellungen des Temperaturprogramms: 40 °C, 3 min isotherm; 4 °C/min bis 100 °C, 5 min isotherm; 4 °C/min bis 120 °C; 20 °C/min bis 200 °C. Als Trägergas wurde Helium mit einer Flussrate von 1,5 ml/min verwendet. Alle Proben wurden fünfmal vermessen. Die Standardabweichung der 13C/12C-Messungen betrug ≤ 0,5 ‰. Die Lösungsmittelextraktion selbst hat keinen signifikanten Einfluss auf die Isotopenzusammensetzung organischer Verbindungen (DEMPSTER et al. 1997). Berechnungen Allgemein wird das Kohlenstoffisotopenverhältnis in Form der δ-Notation relativ zu dem internationalen Vienna-PeeDee-Belemnite-Standard (V-PDB) angegeben: (13 C / 12 C) Probe (1) δ13 C [‰] = 13 12 − 1 × 1000 . ( C / C) Standard Analog zu Gleichung 1 wird das Schwefelisotopenverhältnis 34S/32S als δ-Notation in Bezug auf den internationalen Vienna-Canyon-Diablo-Troylite-Standard (V-CDT) berechnet. Die kinetische Isotopenfraktionierung einer Transformationsreaktion kann mit Hilfe der Rayleigh-Gleichung beschrieben werden (RAYLEIGH 1896, HOEFS 1997): 1 R t C t α ( k ) = (2) R 0 C 0 −1 . Rt und R0 bezeichnen das Isotopenverhältnis einer Verbindung zu einer bestimmten Zeit (t) und zu Beginn der chemischen Umsetzung (t = 0). Ct und C0 geben die Konzentration der Verbindung zu einer bestimmten Zeit (t) und am Anfang der Transformationsreaktion (t = 0) an. Der kinetische Isotopenfraktionierungsfaktor α(k) stellt den Zusammenhang zwischen der Änderung der Isotopenzusammensetzung und der Konzentration einer Verbindung in der residualen Fraktion her. Für die prozentuale Abschätzung der mikrobiellen Schadstoffreduzierung (Biodegradation; B [%]) in einem verunreinigten Aquifer kann die Rayleigh-Gleichung verwendet werden. Dabei wird der prozentuale Konzentrationsrückgang aus der Änderung der Isotopenverhältnisse und dem kinetischen Isotopenfraktionierungsfaktor bestimmt: Ct R × 100 = 1 − t (3) B[%] = 1 − R0 C0 1 1 −1 α ( k ) × 100 . Voraussetzung für diese Berechnung ist das Vorhandensein geeigneter Isotopenfraktionierungsfaktoren aus Laborstudien. Diese sollten entsprechend der vorherrschenden biogeochemischen Abbaubedingungen ausgewählt werden. Außerdem muss die initiale Isotopenzusammensetzung der Schadstoffquelle, die mit Hilfe der höchsten Schadstoffkonzentrationen (C0) bestimmt werden kann, bekannt sein (RICHNOW & MECKENSTOCK 1999, VIETH et al. 2001, RICHNOW et al. 2003a & b, VIETH 2003, GRIEBLER et al. 2004). Auch die Isotopensignaturen des DIC im Bereich einer Schadstofffahne bieten die Möglichkeit den mikrobiellen Schadstoffabbau abzuschätzen (Gl. 4). Das Berechnungskonzept wurde in Anlehnung an verschiedene Feldstudien erarbeitet (BOLLIGER et al. 1999, HUNKELER et al. 1999, FANG et al. 2000, BUGNA et al. 2004). (4) A × δ 13 C DIC ( GA ) + (1 − A ) × δ 13 C DIC ( Q ) = δ 13 C DIC ( M ) δ13CDIC(GA) bezeichnet das Kohlenstoffisotopenverhältnis des DIC im Grundwasseranstrom der Kontamination. δ13CDIC(Q) ist die Kohlenstoffisotopensignatur des in der Schadstofffahne gebildeten DIC. δ13CDIC(M) bezeichnet das 13C/12C-Verhältnis des DIC, das im Bereich der Kontamination gemessen wurde. A und 1-A sind die Mischungsanteile der beiden Ausgangsisotopenverhältnisse (δ13CDIC(GA), δ13CDIC(Q)), aus denen δ13CDIC(M) resultiert. Mit Hilfe von A und der Konzentration des DIC im Grundwasseranstrom der Schadstofffahne (CDIC(GA) [M]) ist es möglich, die Menge des in der Schadstofffahne gebildeten DIC (CDIC(B) [M]) zu berechnen (Gl. 5). (1 − A ) (5) C DIC( B) = C DIC( GA ) A Die mineralisierte Schadstofffraktion (CSchadstoff [M]) kann unter verschiedenen Annahmen, die später genauer erläutert werden, anhand von CDIC(B) abgeschätzt werden (Gl. 6). (6) C Schadstoff = C DIC( B) ZC ZC ist die Anzahl der Kohlenstoffatome des Schadstoffmoleküls. Es wird davon ausgegangen, dass diese Anzahl bei der Mineralisierung umgesetzt wird. In der Literatur wird häufig die Isotopenfraktionierung während der mikrobiellen Methanbildung bzw. des -abbaus anhand einer Isotopenaustauschreaktion, welche ein spezieller Fall des allgemeinen chemischen Gleichgewichtszustandes ist, beschrieben (siehe Gl. 7) (BOTZ et al. 1996, HOEFS 1997, WHITICAR 1999, HORNIBROOK et al. 2000). Dabei handelt es sich vielmehr um eine praktische als wissenschaftlich exakte Formulierung, weil biochemische Umsetzungen in erster Linie mit einer kinetischen Isotopenfraktionierung verbunden sind (HOEFS 1997, WHITICAR 1999, HORNIBROOK et al. 2000). Unter der Annahme, dass sich das Isotopenverhältnis und die Konzentration des Eduktes während einer biochemischen Transformationsreaktion nicht nachhaltig verändern, kann die kinetische Isotopenfraktionierung näherungsweise anhand derselben Beziehung bestimmt werden, mit der die Isotopenfraktionierung unter Gleichgewichtsbedingungen beschrieben wird. (7) α(eq )Edukt − Produkt = δ13 C Edukt + 1000 δ13 C Produkt + 1000 In Gleichung 7 stellen die Ausdrücke α(eq) den Isotopenfraktionierungsfaktor für eine im Gleichgewicht befindliche Isotopenaustauschreaktion und δ13CEdukt bzw. δ13CProdukt die Kohlenstoffisotopenverhältnisse des Edukts bzw. Produkts in Form der δ-Notation dar. Die Isotopenfraktionierung zwischen Edukt und Produkt während einer Gleichgewichtsreaktion kann auch durch den Anreicherungsfaktor ε(eq)Edukt-Produkt nach folgender Beziehung ausgedrückt werden (CLARK & FRITZ 1997, HOEFS 1997): (8) ε(eq) Edukt −Produkt ≈ δ13 C Edukt − δ13 C Produkt ≈ 10 3 ln α(eq) Edukt −Produkt . Insbesondere bei relativ großen Unterschieden zwischen dem Isotopenverhältnis des Edukts und des Produkts muss beachtet werden, dass ein signifikanter Fehler aus der Anwendung von Gleichung 8 resultieren kann (CLARK & FRITZ 1997, WHITICAR 1999). Ergebnisse und Diskussion Hydrogeologie und Geochemie des Referenztestfeldes Zeitz Der kontaminierte Grundwasserleiter befindet sich ca. 8 km nordöstlich der Stadt Zeitz im Bereich eines ehemaligen Hydrierwerkes. Hier wurden seit 1938 in großtechnischen Verfahren Treibstoffe, Schmieröle, Benzol und Paraffine auf der Basis der Braunkohlehydrierung und Erdöldestillation hergestellt. Durch die fast vollständige Zerstörung des Werkes während des zweiten Weltkrieges, Havarien, Leckagen sowie unachtsamen Umgang bei der Ver- und Entladung von Rohstoffen bzw. Produktionsgütern kam es zu großflächigen Kontaminationen des Grundwassers. Der Feldstandort ist durch zwei Grundwasserleiter charakterisiert (Abb. 1). Der obere Aquifer umfasst sowohl Lockergesteine der spätpleistozänen Elsterterasse als auch fluviatile Sande und Schotter des frühen Tertiärs. Beide Schichtabfolgen werden aufgrund der fehlenden hydraulischen Trennung zu einem Grundwasserleiter zusammengefasst. Dieser hat eine Mächtigkeit von ca. 5 bis 15 m. Die Hauptgrundwasserfließrichtung des oberen Aquifers ist nach Nord-Nordost zum Vorfluter Weiße Elster gerichtet (Abb. 1). Der Grundwasserstauer ist hauptsächlich aus tertiären Schluffen und Tonen aufgebaut und ist mit Resten eines tertiären Braunkohleflözes durchsetzt. Seine Mächtigkeit variiert im Untersuchungsgebiet überwiegend zwischen 5 und 20 m. Der untere Grundwasserleiter besteht aus 5 bis 19 m mächtigen Kiesen und Sanden des Tertiärs. In einigen Bereichen besteht eine hydraulische Verbindung zwischen dem oberen und dem unteren Grundwasserleiter. Gegenstand der Untersuchungen zum mikrobiellen in situ-Schadstoffabbau in Zeitz war der vergleichbar stärker kontaminierte obere Grundwasserleiter. Das Hauptschadenszentrum befindet sich in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Benzoltanklagers und der Destillationsanlage. Hier wurden Benzolkonzentrationen von bis zu 1000 mg/l gemessen. Von untergeordneter Bedeutung im Untersuchungsgebiet sind weitere Schadstoffe wie Toluol (max. 50 mg/l), Ethylbenzol (max. 3 mg/l) und Xylole (max. 5 mg/l). Entlang des nordnordöstlichen Grundwasserabstroms des Schadenszentrums hat sich eine ca. 400 m lange Benzolfahne ausgebildet (Abb. 1). Im Grundwasser des oberen Aquifers konnten nur geringe Sauerstoff- und Nitratkonzentrationen von überwiegend < 1 mg/l bestimmt werden. Für Sulfat wurden im Grundwasser des Untersuchungsgebietes maximale Gehalte von bis zu 1400 mg/l nachgewiesen (Abb. 2). Die DIC- bzw. Methankonzentrationen sind in den stark belasteten Zonen der Schadstofffahne wesentlich höher als in den geringfügig kontaminierten Bereichen (Abb. 3 und 4). Anhand der hydrogeochemischen Gegebenheiten des Standortes zeigte sich, dass die mikrobielle Sulfatreduktion der dominierende Abbauprozess im Bereich der Schadstofffahne ist, während die aerobe Respiration, Nitrat- und Eisen(III)-Reduktion offensichtlich nur vernachlässigbare Anteile an der Schadstoffumsetzung haben (WACHTER et al. 2001, FISCHER 2003, VIETH 2003). Die methanogene Fermentation hat ebenfalls einen Einfluss auf den in situ-Abbau. Es ist jedoch davon auszugehen, dass dieser Prozess im Vergleich zur Sulfatreduktion nur einen geringen Anteil an der Schadstoffumsetzung ausmacht (FISCHER 2003, VIETH 2003). Platzhalter für Abbildung 1 Konzentrationen und Schwefelisotopenverhältnisse des Sulfats Eine deutliche Minderung der Sulfatkonzentrationen bzw. eine Änderung der Schwefelisotopensignatur des Sulfats im Bereich einer Schadstofffahne deuten auf mikrobielle Sulfatreduktion als wesentlichen Prozess des Schadstoffabbaus hin (WIEDEMEIER et al. 1999, BOLLIGER et al. 2001, SCHROTH et al. 2001, KLEIKEMPER et al. 2002). Um Bereiche der mikrobiellen Sulfatreduktion zu kartieren und diese mit Abbauzonen der Kontaminanten zu vergleichen, wurde die flächenhafte Verteilung der Konzentrationen sowie der Schwefelisotopenverhältnisse des Sulfats der Messkampagne Mai 2002 genauer untersucht. Im Grundwasseranstrom der Benzolfahne waren die Sulfatgehalte > 400 mg/l (Abb. 2). Mit dem Grundwasserabstrom in nördliche Richtung nahmen die Sulfatkonzentrationen ab, wobei sie stellenweise < 200 mg/l waren. Die niedrigsten Sulfatkonzentrationen (< 100 mg/l) wurden im Schadenszentrum sowie im nördlichen Grundwasserabstrom nachgewiesen. Im Randbereich und außerhalb der Benzolfahne betrugen die Sulfatkonzentrationen des Grundwassers > 400 mg/l. Die δ34SSO4-Werte lagen im Untersuchungsgebiet zwischen -1 und +45 ‰ (Abb. 2). Im Grundwasseranstrom der Benzolfahne wurden 34S/32S-Verhältnisse von ≤ +7 ‰ bestimmt. Entlang des Grundwasserabstroms stiegen die δ34SSO4-Werte an. In den Bereichen, in denen die Sulfatkonzentrationen < 200 mg/l waren, wurden Schwefelisotopenverhältnisse des Sulfats von ≥ +13 ‰ bestimmt. Für Bereiche, die durch Benzolgehalte von > 800 mg/l geprägt waren, schwankten die Schwefelisotopenverhältnisse des Sulfats zwischen +12 und +16 ‰. Im Vergleich zum Grundwasseranstrom waren die 34S/32S-Verhältnisse im Hauptschadenszentrum geringfügig schwerer, was auf mikrobielle Aktivität im zentralen Bereich der Schadstofffahne hindeutet. Die steigenden 34S/32S-Verhältnisse entlang des nördlichen Grundwasserabstroms gaben Hinweise, dass auf dem Fließweg zwischen Schadstoffquelle und nördlichen Fahnenrand Sulfat zunehmend mikrobiell umgesetzt wurde. Platzhalter Abbildung 2 Konzentrationen und Kohlenstoffisotopenverhältnisse des DIC In kontaminierten Grundwasserleitern können die Erhöhung der Konzentration sowie die Veränderung der Isotopensignatur des DIC auf die Bildung von Kohlendioxid während des mikrobiellen Schadstoffabbaus zurückgeführt werden (CHAPELLE et al. 1996, LANDMEYER et al. 1996, CONRAD et al. 1997 & 1999, BOLLIGER et al. 1999, HUNKELER et al. 1999, WIEDEMEIER et al. 1999, FANG et al. 2000, GROSSMAN et al. 2002, BUGNA et al. 2004). Deshalb wurden die flächenhaften Verteilungen der Konzentrationen und der Kohlenstoffisotopensignaturen des DIC aus der Messkampagne Mai 2002 näher untersucht, um mögliche Zusammenhänge zum mikrobiellen in situ-Abbau aufzuzeigen. Im Untersuchungsgebiet schwankten die Konzentrationen des DIC zwischen 43 und 252 mgC/l (Abb. 3). Im Grundwasseranstrom der Benzolfahne wurden DIC-Gehalte von < 110 mgC/l bestimmt. Die Konzentrationen des DIC nahmen in Grundwasserfließrichtung zu, wobei die höchsten Gehalte im nördlichen Grundwasserabstrom der Benzolfahne nachgewiesen wurden. Im östlichen, westlichen und nördlichen Randbereich der Kontamination betrugen die Konzentrationen des DIC < 150 mgC/l. Grundwasser mit DICGehalten > 210 mgC/l war überwiegend in der Zone des Hauptschadenszentrums und im nördlichen Grundwasserabstrom zu finden. Diese Erhöhung des DIC-Gehaltes deutete darauf hin, dass innerhalb des zentralen Bereiches der Kontamination Schadstoff mikrobiell zu Kohlendioxid umgesetzt wurde. Im Untersuchungsgebiet lagen die Kohlenstoffisotopenverhältnisse des DIC zwischen -26 und -16 ‰ (Abb. 3). Die leichtesten δ13CDIC-Werte (-26 bis -23 ‰) wurden in Bereichen bestimmt, in denen die Konzentrationen des DIC > 150 mgC/l waren. Mit abnehmenden DICGehalten wurden die 13C/12C-Verhältnisse grundsätzlich isotopisch schwerer. Der DIC mit der größten 13C-Anreicherung (-22 bis -16 ‰) wurde überwiegend im unmittelbaren Grundwasseranstrom bzw. im Randbereich der Benzolfahne nachgewiesen. Es zeigte sich, dass die δ13CDIC-Werte im stark kontaminierten Bereich des Grundwasserleiters gegenüber den weniger belasteten Zonen um ca. 5 ‰ kleiner waren. In kontaminierten Aquiferen können verschiedene abiotische und biotische Prozesse die Isotopensignatur des DIC beeinflussen. Darunter zählen vor allem die Lösung von Carbonat, der Eintrag von atmosphärischem Kohlendioxid über den Austausch von Bodenluft und die Bildung von DIC während des in situ-Schadstoff- und Methanabbaus. Entsprechend des Carbonatgleichgewichtes ist im Grundwasser mit einem pH-Wert von 6,4 bis 10,3 Hydrogencarbonat ( HCO3− ) die dominierende Spezies des DIC. Innerhalb der Schadstofffahne wurden größtenteils pH-Werte zwischen 6,5 und 7,0 bestimmt (Daten nicht gezeigt). Deshalb war davon auszugehen, dass der DIC im Untersuchungsgebiet überwiegend als Hydrogencarbonat vorliegt. Aus der Lösung von Calciumcarbonat resultiert in einem Temperaturbereich von 5 bis 10 °C eine Gleichgewichtsisotopenfraktionierung ε(eq)CO2-HCO3 von ca. 3 ‰ (CLARK & FRITZ 1997). Carbonate haben in der Regel ein Kohlenstoffisotopenverhältnis im Bereich von -15 bis 5 ‰ (CLARK & FRITZ 1997, HOEFS 1997). Folglich ist damit zu rechnen, dass aus der Lösung von Calciumcarbonat Hydrogencarbonat mit einer Kohlenstoffisotopensignatur von > -20 ‰ entsteht. Diese ist im Vergleich zu den δ13CDIC-Werten im zentralen Bereich der Kontamination (-26 bis -23 ‰) isotopisch schwerer. Somit sollte die Carbonatlösung nicht signifikant zur Bildung des DIC innerhalb der Schadstofffahne beitragen. Atmosphärisches Kohlendioxid besitzt meist ein charakteristisches Kohlenstoffisotopenverhältnis zwischen -10 und -5 ‰ (CLARK & FRITZ 1997, HOEFS 1997). Beim Eintrag von Kohlendioxid aus der Bodenluft in einen Aquifer ergibt sich in einem Temperaturbereich zwischen 5 bis 10 °C eine Gleichgewichtsfraktionierung ε(eq)CO2-HCO3 von ca. -10 ‰ (CLARK & FRITZ 1997). Somit ist damit zu rechnen, dass aus der Luft eingetragener DIC ein Kohlenstoffisotopenverhältnis zwischen 0 und 5 ‰ besitzt, welches im Vergleich zu den δ13CDIC-Werten im zentralen Bereich der Kontamination (-26 bis -23 ‰) isotopisch schwerer ist. Deshalb hat der Eintrag von atmosphärischem Kohlendioxid offensichtlich keinen signifikanten Einfluss auf die Erhöhung des DIC-Gehaltes innerhalb der Schadstofffahne. Beim nicht methanogenen Schadstoffabbau entsteht DIC, das eine ähnliche bzw. isotopisch leichtere Kohlenstoffisotopensignatur wie das Substrat besitzt (BAEDECKER et al. 1993, LANDMEYER et al. 1996, CLARK & FRITZ 1997, CONRAD et al. 1997, BOLLIGER et al. 1999, HUNKELER et al. 1998, 1999, 2001 & 2002, FANG et al. 2000). Für die Messkampagne Mai 2002 wurde im Schadenszentrum eine Kohlenstoffisotopensignatur des Benzols im Bereich zwischen -29 und -28 ‰ nachgewiesen (Daten nicht gezeigt). Somit sollte bei der nicht methanogenen Schadstoffmineralisierung DIC gebildet werden, der isotopisch leichter als der DIC im Grundwasseranstrom (-20 bis -19 ‰) ist. Somit ist offensichtlich die nicht methanogene Schadstoffmineralisierung der wesentliche Prozess, der innerhalb der Schadstofffahne zur 12C-Anreicherung des DIC führte. Der methanogene Schadstoffabbau im Untersuchungsgebiet wird offensichtlich überwiegend durch die Acetatgärung bestimmt (siehe unten). Die Isotopenfraktionierung bei der methanogenen Umsetzung von Acetat führt zur Bildung von isotopisch leichtem Methan und schwerem DIC mit einer Kohlenstoffisotopensignatur von > 0 ‰ (WHITICAR et al. 1986, BLAIR & CARTER 1992, SUGIMOTO & WADA 1993, GROSSMAN 1997). Wenn der methanogene Schadstoffabbau einen großen Einfluss auf die Bildung des DIC innerhalb der Schadstofffahne hätte, würde das DIC gegenüber dem Grundwasseranstrom isotopisch schwerer und nicht leichter sein. Deshalb trägt die methanogene Schadstoffumsetzung vermutlich nicht wesentlich zur Bildung des DIC im zentralen Bereich der Kontamination bei. In einem Grundwasserleiter führt die Methanoxidation zur Bildung von isotopisch leichtem DIC und schwerem Methan (CONRAD et al. 1999, WHITICAR 1999, GROSSMAN et al. 2002). Aus einem erhöhten Methanabbau innerhalb der Schadstofffahne sollte eine deutliche 12C- - Anreicherung des DIC resultieren. Somit wäre die Methanoxidation ein Prozess, der die isotopisch leichte Kohlenstoffisotopensignatur des DIC im zentralen Bereich der Schadstofffahne erklären könnte. Doch wurde in dieser Zone keine Methanoxidation nachgewiesen (siehe unten). Es zeigte sich, dass die 12C-Anreicherung des DIC im zentralen Bereich der Schadstofffahne hauptsächlich aus der nicht methanogenen Schadstoffmineralisierung resultiert. Dabei spielt vor allem die mikrobielle Sulfatreduktion eine wesentliche Rolle (siehe oben). Dies wird besonders deutlich an der gegenläufigen Zu- und Abnahme der Konzentrationen des DIC und des Sulfats innerhalb der Schadstofffahne (Abb. 2 und 3). Für den zentralen Bereich der Schadstofffahne wurde der Anteil an mineralisiertem Schadstoff, der aus der Veränderung der Isotopensignaturen des DIC resultiert, berechnet (Gl. 4 - 6). Als Kohlenstoffisotopenverhältnis bzw. Konzentration des DIC im Grundwasseranstrom (δ13CDIC(GA) bzw. CDIC(GA)) wurde ein mittlerer Wert von -19,5 ‰ bzw. 8,3 mM verwendet. Das durchschnittliche Isotopenverhältnis des DIC in der Schadstofffahne (δ13CDIC(M)) betrug -24,3 ‰. Für die Isotopensignatur des Schadstoffes wurde das 13C/12CVerhältnis des Benzols im Schadenszentrum (-28,2 ‰) aus der Messkampagne Mai 2002 (Daten nicht gezeigt) verwendet, weil Benzol den Hauptanteil der Kontamination im Untersuchungsgebiet ausmacht. Die Abschätzung ergab, dass eine Erniedrigung des Kohlenstoffisotopenverhältnisses des DIC um 4,8 ‰ einer Mineralisierung von ca. 133 mg/l Benzol (1,7 mmol/l) entspricht. Der Berechnung lagen verschiedene Annahmen zu Grunde. Es wurde davon ausgegangen, dass die 12C-Anreicherung des DIC innerhalb der Schadstofffahne nur aus dem nicht methanogenen Schadstoffabbau resultiert und die Transformation des Schadstoffes in DIC nicht mit einer signifikanten Isotopenfraktionierung sowie einer Nettoproduktion von Biomasse verbunden ist. Wie bereits gezeigt wurde, ist die nicht methanogene Schadstoffmineralisierung der wesentliche Prozess, der zur Bildung von isotopisch leichtem DIC innerhalb der Schadstofffahne führt. Die Lösung von Carbonat, der Eintrag von atmosphärischem Kohlendioxid über den Austausch von Bodenluft und die Acetatgärung sollte zur Bildung von isotopisch schwerem DIC führen. Die Folge wäre eine Unterschätzung der berechneten Schadstoffmineralisierung. Dies sollte jedoch zu vernachlässigen sein, weil die genannten Prozesse im Gegensatz zur nicht methanogenen Schadstoffmineralisierung wenn überhaupt nur einen geringen Anteil an der Bildung des DIC innerhalb der Schadstofffahne ausmachen (siehe oben). Ebenfalls zu vernachlässigen ist der Eintrag von leichtem DIC durch die Methanoxidation, der zu einer Überschätzung der Schadstoffmineralisierung beitragen könnte. Eine Isotopenfraktionierung in Folge des unvollständigen Schadstoffabbaus im zentralen Bereich der Kontamination könnte zur Bildung von DIC führen, der isotopisch leichter als der Schadstoff ist. Anhand eines Laborexperimentes wurde gezeigt, dass unter aeroben Milieubedingungen die Isotopensignatur des gebildeten DIC im Vergleich zu dem nicht umgesetzten Benzol bei einem Abbau von 20 % etwa 6 ‰ und einem annähernd vollständigen Abbau etwa 4 ‰ isotopisch leichter war (HUNKELER et al. 2001). Im Vergleich zur Abschätzung ohne Berücksichtigung einer Fraktionierung wäre bei einer maximalen Isotopenfraktionierung (6 ‰) zwischen gebildetem DIC und nicht abgebautem Benzol die Mineralisierung des Benzols im zentralen Bereich der Schadstofffahne um etwa 2/3 niedriger. Bisher ist die Isotopenfraktionierung zwischen dem gebildeten DIC und dem nicht umgesetzten Benzol unter anaeroben Milieubedingungen noch nicht bestimmt worden. Um eine genauere Abschätzung des anaeroben Benzolabbaus in einem kontaminierten Aquifer anhand der Isotopensignatur des DIC zu gewährleisten, ist die Bestimmung der Isotopenfraktionierung zwischen dem entstehenden DIC und dem nicht mineralisierten Benzol notwendig. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass sich die meisten BTEX-Schadstofffahnen in einer Art Gleichgewichtszustand befinden (RICE et al. 1995, MACE et al. 1997). Eine Nettoproduktion an Biomasse findet in solchen Schadstofffahnen nicht statt, weil die Sterberate der Mikroflora annähernd gleich der Reproduktionsrate ist (WIEDEMEIER et al. 1999). Der Kohlenstoff, der bei der Assimilation in die Biomasse eingebaut wird, gelangt bei der Mineralisierung der Biomasse wieder in das System zurück. Somit sollte sich eine mögliche Isotopenfraktionierung bei der Synthese und dem Abbau von Biomasse annähernd ausgleichen und kann aus diesem Grund bei der dargestellten Berechnung vernachlässigt werden. Unter den genannten Voraussetzungen konnte mit Hilfe der Änderung der Isotopensignatur des DIC der mikrobielle Benzolabbau im oberen Grundwasserleiter des Standortes Zeitz abgeschätzt werden. Dabei wurde die Berechnung auf den zentralen Bereich der Schadstofffahne beschränkt, weil mit zunehmender Entfernung von der Schadstoffquelle die Verdünnung mit unbelastetem Grundwasser zunimmt. Der DIC des unbelasteten Grundwassers ist im Vergleich zum DIC, der während des Schadstoffabbaus gebildet wird, isotopisch schwerer. Somit ist wahrscheinlich die zunehmende Verdünnung einer der wesentlichen Prozesse, der die 13C-Anreicherung des DIC im Randbereich der Schadstofffahne trotz entsprechender Schadstoffmineralisierung verursacht (Abb. 3). Folglich scheint die Abschätzung der mikrobiellen Schadstoffumsetzung auf Grundlage der Isotopensignatur des DIC für den Fahnenrand der Kontamination schwierig zu sein. Platzhalter Abbildung 3 Konzentrationen und Kohlenstoffisotopenverhältnisse des Methans Der Anstieg der Methankonzentration innerhalb eines kontaminierten Grundwasserleiters gegenüber unbelasteten Bereichen dient als ein Indiz für den methanogenen Schadstoffabbau (CHAPELLE et al. 1995, WIEDEMEIER et al. 1999). Die wesentlichen Methanbildungswege stellen die anaerobe Carbonatatmung und die Acetatgärung dar (WHITICAR et al. 1986). Beide Prozesse können bei dem Abbau von Kohlenwasserstoffen miteinander verknüpft sein (ZENGLER et al. 1999). Ein weiterer Prozess, der die Methankonzentration in einem kontaminierten Aquifer beeinflussen kann, ist die Methanoxidation (BARKER & FRITZ 1981, CONRAD et al. 1999, GROSSMAN et al. 2002). Mit Hilfe des Anreicherungsfaktoren ε(eq)DICCH4 können Methanbildungs- und -abbauprozesse tendenziell unterschieden werden. Dabei sind geringe ε(eq)DIC-CH4-Werte (< 20 ‰) ein Indiz für Methanoxidation. Mittlere Anreicherungsfaktoren (10 bis 50 ‰) weisen auf Acetatgärung und hohe Anreicherungsfaktoren (> 50 ‰) auf anaerobe Carbonatatmung als den wesentlichen Prozess der Methanbildung hin (WHITICAR et al. 1986, BOTZ et al. 1996, CLARK & FRITZ 1997, WALDRON et al. 1998, CONRAD et al. 1999, WHITICAR 1999, HORNIBROOK et al. 2000, GROSSMAN et al. 2002). Um Bereiche der Methanbildung und des -abbaus innerhalb der Schadstofffahne des Untersuchungsgebietes zu kartieren, wurde die flächenhafte Verteilung der Methankonzentrationen sowie die Anreicherungsfaktoren ε(eq)DIC-CH4 der Messkampagne Mai 2002 genauer untersucht. Die höchsten Methankonzentrationen des Grundwassers im Untersuchungsgebiet waren > 14 mg/l (Abb. 4). Sie wurden im zentralen Bereich der Schadstofffahne nachgewiesen. Die Anreicherungsfaktoren ε(eq)DIC-CH4 lagen zwischen 0 und 49 ‰ (Abb. 4), was sowohl auf Methanbildung als auch -abbau hindeutet. Da die ε(eq)DIC-CH4-Werte nicht größer als 50 ‰ waren, scheint die Acetatgärung der vorherrschende Bildungsweg des Methans im Untersuchungsgebiet zu sein. In vergleichbaren Studien konnte ebenfalls gezeigt werden, dass die Methanbildung in kontaminierten Grundwasserleitern wesentlich durch die Acetatgärung bestimmt wird (REVESZ et al. 1995, HACKLEY et al. 1996, CONRAD et al. 1999). Der nördliche Randbereich der Benzolfahne zeichnete sich durch sinkende Methankonzentrationen aus. Gleichzeitig fielen die ε(eq)DIC-CH4-Werte von 21 auf 0 ‰, was als ein Hinweis auf den Methanabbau in dieser Zone gewertet werden konnte. Offensichtlich wird in diesem Bereich, welcher durch hohe Sulfat- sowie vernachlässigbare Nitrat- und Sauerstoffkonzentrationen gekennzeichnet ist, das Methan hauptsächlich durch sulfatreduzierende Mikroorganismen umgesetzt. Aus diesem Ergebnis konnte abgeleitet werden, dass im nördlichen Randbereich der Benzolfahne bioverfügbare Elektronenakzeptoren nicht nur während des Schadstoffabbaus sondern auch während der Methanoxidation verbraucht werden. In zahlreichen Studien konnte der Abbau von Methan unter sulfatreduzierenden Milieubedingungen in marinen Sedimenten nachgewiesen werden (BURNS 1998, NIEWÖHNER et al. 1998, BOETIUS et al. 2000, MICHAELIS et al. 2002). Des Weiteren wurde die anaerobe Methanoxidation in einem kontaminierten Grundwasserleiter, der aufgrund der Infiltration von Deponiesickerwasser durch hohe Konzentrationen an Methan und schwerflüchtigen organischen Verbindungen geprägt war, beschrieben (GROSSMAN et al. 2002). Platzhalter Abbildung 4 Abschätzung des mikrobiellen Schadstoffabbaus anhand der Isotopenfraktionierung des Benzols Für die Abschätzung des prozentualen biologischen Schadstoffabbaus (B %) im oberen Grundwasserleiter des Standortes Zeitz wurden die Isotopenverhältnisse des Benzols aus der Messkampagne Dezember 2002 verwendet. Im zentralen Bereich der Schadstofffahne wurden maximale Benzolkonzentrationen von bis zu 1000 mg/l nachgewiesen (Abb. 5). Die Isotopenverhältnisse (δ13CBenzol) lagen zwischen 29,5 und -24,4 ‰ (Abb. 5). Dabei zeichnet sich die hochkontaminierte Zone durch δ13CBenzolWerte zwischen -29,5 und -28,5 ‰ aus. Besonders in den Randbereichen der Schadstofffahne wurden für Benzol isotopisch schwerere δ13CBenzol-Werte bestimmt. Da die Isotopensignatur von BTEX-Verbindungen in Grundwasserleitern nicht signifikant durch abiotische Prozesse wie Sorption, Verflüchtigung und Verdünnung beeinflusst wird, konnte davon ausgegangen werden, dass innerhalb der Schadstofffahne Benzol mikrobiell abgebaut wird. Platzhalter Abbildung 5 Mit den δ13CBenzol-Werten war es unter Verwendung von Gleichung 3 möglich, den prozentualen biologischen Benzolabbau für den oberen Aquifer des Standortes Zeitz abzuschätzen. Als Isotopensignatur der Schadstoffquelle (R0) wurde ein δ13CBenzol-Wert von 28,5 ‰, welcher als untere Grenze für die am stärksten belastete Zone charakteristisch ist, angenommen. Somit wird eine Überschätzung des prozentualen biologischen Benzolabbaus vermieden. Der mikrobielle Schadstoffabbau im oberen Grundwasserleiter des Standortes Zeitz ist im Wesentlichen mit der Sulfatreduktion und der Methanogenese verbunden. In verschiedenen Untersuchungen an kontaminierten Grundwasserleitern konnte gezeigt werden, dass die Sulfatreduktion und Methanogenese in gleichen Zonen den in situ-Abbau bestimmen (WIEDEMEIER et al. 1999, CHRISTENSEN et al. 2000 & 2001, WILLIAMS et al. 2001). Deshalb erfolgte eine Abschätzung des prozentualen biologischen Benzolabbaus für beide Prozesse. Dabei wurde für den Benzolabbau unter sulfatreduzierenden Bedingungen ein kinetischer 13 C/12C-Fraktionierungsfaktor α(k) von 1,0036 und unter methanogenen Verhältnissen von 1,0020 angenommen (MANCINI et al. 2003). Anhand der Änderung des Isotopenverhältnisses von Benzol, der verwendeten Isotopensignatur der Schadstoffquelle und der geeigneten 13C/12C-Fraktionierungsfaktoren wurde ein maximaler Benzolabbau unter sulfatreduzierenden Milieubedingungen von 69 % und unter methanogenen von 88 % bestimmt (Abb. 6). Dabei zeigte sich, dass mit größerer Entfernung von der Schadstoffquelle der prozentuale biologische Benzolabbau zunimmt. Weiterhin scheint im zentrumsnahen Bereich der Schadstofffahne kein Benzol mikrobiell umgesetzt zu werden. Aber wie bereits gezeigt werden konnte, ist auch in den zentralen Zonen mit einem Benzolabbau zu rechnen. Das Verhältnis der abgebauten Benzolfraktion gegenüber der Restfraktion ist im Schadenszentrum relativ klein, weil ständig Benzol aus der reinen Schadstoffphase gelöst wird. Somit wird in diesem Bereich die Kohlenstoffisotopensignatur des Benzols durch den mikrobiellen Abbau nur unwesentlich verändert. Zudem konnte in verschiedenen Laborversuchen sowohl unter aeroben als auch anaeroben Milieubedingungen eine signifikante Kohlenstoffisotopenfraktionierung erst nach einem Benzolabbau von > 20 % nachgewiesen werden (HUNKELER et al. 2001, MANCINI et al. 2003). Deshalb ist die Quantifizierung der Schadstoffmineralisierung auf Grundlage der 13 12 C/ C-Fraktionierung für den zentralen Bereich der Schadstofffahne eingeschränkt. Erst bei einem Benzolabbau von > 20 % scheint der Unterschied des Kohlenstoffisotopenverhältnisses zwischen dem nicht abgebauten Benzol und der residualen Fraktion groß genug zu sein, um eine ausreichend genaue Abschätzung des in situ-Abbaus zu ermöglichen. Letztendlich ist die Erfassung des mikrobiellen Schadstoffabbaus mit Hilfe der substratspezifischen Isotopenfraktionierung im Fahnenzentrum einer Kontamination ungeeignet. Platzhalter Abbildung 6 Charakterisierung der vertikalen Variabilität isotopen- und hydrogeochemischer Parameter innerhalb der Schadstofffahne Durch den Einbau eines MLPS in einige Brunnen des oberen Grundwasserleiters konnten verschiedene isotopen- und hydrogeochemische Parameter im verfilterten Bereich tiefenorientiert aufgenommen werden. Für die Untersuchungen der vertikalen Gradienten innerhalb der Schadstofffahne wurde jeweils ein repräsentativer Brunnen des Kontaminationszentrums (A) sowie für den weniger belasteten Randbereich (B) ausgesucht (Abb. 6). Dabei wurden die Daten aus der Messkampagne Dezember 2002 verwendet. Im Brunnen A konnte eine maximale Benzolkonzentration von 860 mg/l bestimmt werden. Im Gegensatz dazu sind die Benzolgehalte im Grundwasser des Brunnen B < 200 mg/l (Tab. 1). Die Kohlenstoffisotopenverhältnisse des Benzols lassen keine signifikanten Unterschiede im Vertikalprofil des Schadenszentrums (Brunnen A) erkennen. Für die Messstelle B im Randbereich der Schadstofffahne zeigte sich, dass die Benzolkonzentrationen von unten nach oben abnehmen, während gleichzeitig eine 13C-Anreicherung in der residualen Benzolfraktion zu verzeichnen ist. Dies deutet auf den mikrobiellen Abbau von Benzol im oberen Bereich der gesättigten Zone hin. Im Gegensatz zu Sulfat wurden in Brunnen B bioverfügbare Elektronenakzeptoren wie Sauerstoff, Eisen (III) und Nitrat nur in sehr geringen Konzentrationen nachgewiesen (Daten nicht gezeigt). Somit scheint die mikrobielle Sulfatreduktion in diesem Bereich den Benzolabbau wesentlich zu beeinflussen. Die Anreicherungsfaktoren ε(eq)DIC-CH4 zeigten Methanbildung in beiden Brunnen, jedoch konnten in Brunnen B höhere Methankonzentrationen nachgewiesen werden. Anhand der Höhe der ε(eq)DIC-CH4-Werte scheint in beiden Messstellen die Acetatgärung der dominierende Methanbildungsprozess zu sein. In den unteren Probenahmetiefen des Brunnens B ließen sich trotz deutlicher Veränderungen in den Benzolkonzentrationen keine Veränderungen in der Kohlenstoffisotopensignatur des Benzols gegenüber der Messstelle A nachweisen. Wahrscheinlich ist die Minderung der Benzolgehalte in den unteren Probenahmetiefen des Brunnens B hauptsächlich auf Verdünnungs- bzw. Sorptionseffekte, die keine signifikante Veränderung der Isotopensignatur des Benzols verursachen, zurückzuführen. Unterschiede zwischen beiden Beobachtungsbrunnen spiegelten sich in den Konzentrationen und Kohlenstoffisotopenverhältnissen des DIC wider. Für die Messstelle B wurden deutlich höhere DIC-Gehalte bzw. leichtere δ13CDIC-Werte als in Messstelle A registriert. Beides deutet darauf hin, dass in Brunnen A trotz vergleichbarer bzw. höherer Sulfatkonzentrationen im Gegensatz zu Brunnen B der mikrobielle in situ-Abbau offensichtlich eingeschränkt ist. Möglicherweise ist die mikrobielle Sulfatreduktion in stark kontaminierten Aquiferbereichen aufgrund toxischer Wirkungen des Benzols gehemmt (KAZUMI et al. 1997). Aufgrund des Nachweises der Methanbildung in diesen Zonen scheint ein methanogener Schadstoffabbau stattzufinden. Es war festzustellen, dass durch die vertikale Änderung der Isotopensignatur und Konzentration des Benzols der Abbau von Benzol im oberen Bereich des nördlichen Schadstofffahnenrandes nachgewiesen werden konnte. Somit bilden sich offensichtlich innerhalb einer Schadstofffahne nicht nur horizontale sondern auch vertikale Zonen des mikrobiellen in situ-Abbaus aus. Bei einer Probe, die über den kompletten Filterbereich eines Brunnens gewonnen wird, werden die Isotopenverhältnisse der verschiedenen Abbauzonen vermischt. Dabei wird immer die Isotopensignatur des Schadstoffes aus dem stärker belasteten Horizont dominieren, weil der Massenanteil an der residualen Schadstofffraktion aus diesem Bereich stets größer ist als der aus weniger kontaminierten Zonen. Im Vertikalprofil des Brunnens B zeigte sich, dass mit kontinuierlich schwerer werdenden Isotopenverhältnissen auch die Konzentrationen des Benzols abnahmen, wobei der Trend beider Parameter offensichtlich auf den zunehmenden Schadstoffabbau zurückzuführen ist. Bei einer Probenahme über das gesamte Tiefenprofil des Brunnens B würde somit die leichtere Isotopensignatur des Benzols, welche repräsentativ für den am stärksten kontaminierten Horizont bzw. Fließweg mit der geringsten Biodegradation ist, aufgrund der Mischungseffekte wesentlich die Isotopensignatur der Probe bestimmen. In einer heterogen strukturierten Schadstofffahne führt deshalb die Quantifizierung des mikrobiellen in situ-Abbaus anhand der Isotopensignaturen der Kontaminante (siehe Gl. 3) aufgrund der Vermischung von Grundwasser aus Fließwegen mit einer unterschiedlich starken Biodegradation zu einer Unterschätzung der Schadstoffumsetzung (RICHNOW et al. 2003b). Somit bietet die isotopenchemische Bestimmung des prozentualen biologischen Schadstoffabbaus auf Grundlage der konventionellen Probenahme eine entsprechende Sicherheit, das Abbaupotenzial autochthoner Mikroorganismen in einem kontaminierten Grundwasserleiter nicht zu überschätzen. Dies ist besonders relevant bei der Verwendung des prozentualen biologischen in situ-Abbaus für Langzeitprognosen der Schadstoffminderung. Platzhalter Tabelle 1 Schlussfolgerung Mit Hilfe der isotopenchemischen Untersuchung wurde der mikrobielle Benzolabbau im oberen Grundwasserleiter des Standortes Zeitz abgeschätzt. Zudem wurden wesentliche mikrobielle Redoxprozesse, die den Schadstoffbau beeinflussen, bestimmt. Damit sind in Bezug auf das eingangs beschriebene MNA-Konzept einige wichtige Bausteine zur Sicherung des Standortes Zeitz erarbeitet worden. Es zeigte sich, dass sowohl die mikrobielle Sulfatreduktion als auch die methanogene Fermentation wesentlich am Schadstoffabbau beteiligt sind. Offensichtlich finden beide Redoxprozesse statt, wobei die in situ-Biodegradation im Wesentlichen mit der mikrobiellen Sulfatreduktion verknüpft ist. Nur in Bereichen mit Sulfatkonzentrationen < 100 mg/l bzw. stark kontaminierten Zonen scheint die methanogene Fermentation eine größere Bedeutung zu haben. Als Methanbildungsweg spielt im oberen Grundwasserleiter des Standortes die Acetatgärung eine zentrale Rolle. Im nördlichen Randbereich der Schadstofffahne wird Methan abgebaut. Aufgrund der hydrogeochemischen Milieubedingungen sollte die Sulfatreduktion der dominierende Prozess des Methanabbaus sein. Der mikrobielle Benzolabbau im oberen Grundwasserleiter des Standortes Zeitz wurde anhand von zwei komplementären Methoden abgeschätzt. Mit Hilfe der Veränderung der Isotopensignatur des DIC konnte für den zentralen Bereich der Schadstofffahne auf die Höhe der Mineralisierung des Benzols geschlossen werden. Die Aussagekraft der Methode ist in den Randzonen der Kontamination eingeschränkt. In diesen Bereichen konnte jedoch der mikrobielle Benzolabbau auf Grundlage der Veränderungen der δ13CBenzol-Werte bestimmt werden. Mit dieser Methode war es nicht möglich, eine zuverlässige Aussage für die mikrobielle Umsetzung des Benzols im zentralen Bereich der Schadstofffahne abzugeleiten. Letztendlich ergänzen sich beide Methoden in ihrer Aussagefähigkeit in Bezug auf die Abschätzung des Benzolabbaus in der gesamten Schadstofffahne. Wie gezeigt werden konnte, stellt die Analyse und Auswertung der Isotopenverhältnisse von BTEX-Verbindungen, bioverfügbaren Elektronenakzeptoren und verschiedenen Abbauprodukten ein geeignetes Repertoire an Methoden zur Untersuchung des mikrobiellen Schadstoffabbaus in BTEX-kontaminierten Grundwasserleitern zur Verfügung. Da der isotopenchemische Ansatz eine Charakterisierung bzw. Abschätzung des mikrobiellen in situAbbaus ermöglicht, scheint es sinnvoll zu sein, ihn für eine zeitliche Überwachung im Sinne des MNA-Konzeptes einzusetzen. Danksagung Diese Arbeit wäre ohne die Unterstützung und Zusammenarbeit der RETZINA-Projektpartner nicht denkbar gewesen. Dafür möchten wir besonders Prof. Georg Teutsch, PD Dr. Mario Schirmer und deren Mitarbeitern danken. Für die technische Assistenz bei den Feld- bzw. Laborarbeiten gilt unser Dank Dipl.-Phys. Matthias Gehre, Ursula Günther, Werner Kletsander, Dr. Hansjörg Weiß und den Mitarbeitern der GFE-Consult GmbH. Weiterhin möchten wir uns bei Dipl.-Geol. Stefan Gödeke und Dipl.-Geol. Michael Dietze für Ihre Hilfestellungen besonders bei Fragen zur Hydrogeologie des Standortes bedanken. Außerdem danken wir dem BMBF für die finanzielle Unterstützung des RETZINA-Projektes (BMBF Förderkennzeichen 02WT0041). Zusätzliche Mittel wurden durch das UFZ im Rahmen des Forschungsschwerpunkts SAFIRA zur Verfügung gestellt. Literatur AHAD, J.M.E., SHERWOOD LOLLAR, B., EDWARDS, E.A., SLATER, G.F., SLEEP, B.E. (2000): Carbon isotope fractionation during anaerobic biodegradation of toluene: Implication for intrinsic bioremediation.- Environ. Sci. Technol. 34 (5): 892-896. ALVAREZ, P.J.J., VOGEL, T.M. 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Abb. 3: DIC-Konzentrationen [mgC/l] und δ13CDIC-Werte [‰ V-PDB] (Zahlen) im Grundwasser des oberen Aquifers (Daten aus Messkampagne Mai 2002). Der Pfeil beschreibt die Hauptgrundwasserfließrichtung. Abb. 4: Methankonzentrationen [mg/l] und ε(eq)DIC-CH4-Werte [‰ V-PDB] (Zahlen) im Grundwasser des oberen Aquifers (Daten aus Messkampagne Mai 2002). Der Pfeil beschreibt die Hauptgrundwasserfließrichtung. Abb. 5: Benzolkonzentrationen [mg/l] und δ13CBenzol-Werte [‰ V-PDB] (Zahlen) im Grundwasser des oberen Aquifers (Daten aus Messkampagne Dezember 2002). Der Pfeil beschreibt die Hauptgrundwasserfließrichtung. Abb. 6: Benzolkonzentrationen [mg/l] und prozentualer biologischer Benzolabbau [%] (Zahlen) unter sulfatreduzierenden (Wert vor dem Schrägstrich) und methanogenen (Wert nach dem Schrägstrich) Milieubedingungen (Daten aus Messkampagne Dezember 2002). Die markierten Werte zeigen die Lage der Brunnen, die für die tiefenorientierten Untersuchungen genutzt wurden. Tab. 1: Brunnen Probenahmetiefe [m uGOK] Benzol [mg/l] δ13CBenzol [‰] Sulfat [mg/l] Methan [µg/l] εDIC-CH4 [‰] DIC [mgC/l] δ13CDIC [‰] A Fahnenzentrum 11,0 12,5 13,5 14,5 381 863 646 735 -28,6 -28,5 -28,7 -28,6 389 309 339 256 372 148 227 1352 17,0 26,1 24,8 26,7 120 144 135 153 -23,4 -23,4 -23,4 -22,4 B Fahnenrand 10,2 11,2 13,0 14,5 60 137 186 195 -26,9 -27,7 -28,6 -28,7 358 154 176 160 3124 4531 4901 1264 25,3 23,8 20,9 21,7 119 182 187 190 -26,1 -26,5 -25,2 -25,4 Abb. 1 146,5 mNN 0 II 700 600 I II Oberer Aquifer -10 500 -20 GW-Stauer 400 300 -30 N 100 m 200 I 100 0 Unterer Aquifer -40 Kies Grober Sand Sand Silt Braunkohle Ton Ton (Tertiär-Basis) Abb. 2: Benzol 1300 12 10 6 45 1200 9 1100 1000 40 18 18 21 12 1612 1 15 13 25 900 800 700 8 -1 600 500 400 300 13 200 100 m 7 7 N-NO 100 0 Abb. 3: Benzol -22 -22 -25 -23 -25 -24 -21 -24 -25 -25 -22 -22 -20 -22 -24 -17 -24 -25 -24 -20 -24 -23 -24 -23 -24 -20 -22 -25 -19 -24 -22 -24 -21 210 190 170 150 130 110 -23 -24 -16 100 m 230 -23 -20 -21 -23 90 -26 -19 70 N-NO -22 50 Abb. 4: Benzol 14 0 1 27 21 30 23 32 34 36 21 19 35 28 49 13 12 11 10 9 30 8 30 27 29 33 30 31 37 27 18 47 31 24 25 22 24 7 6 5 24 36 32 100 m 23 32 4 22 3 2 38 35 N-NO 1 35 0 Abb. 5: -26,0 -28,0 -28,2-28,3 -27,9 -28,7 -24,4 -27,6 -27,9-28,2 -25,9 -28,2 -28,2 -27,9 -28,5 -29,0-24,8 -28,5 -28,7 -28,6 -28,6 -27,8 -28,5 -27,5 -29,5 100 m -27,5 -26,3 -28,0 -27,0 N-NO 950 900 850 800 750 700 650 600 550 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Abb. 6: 51/73 B 14/24 7/13 5/8 0 15/25 69/88 22/36 16/26 10/17 53/74 7/13 7/13 16/27 0 0 65/85 0 0 0 0 0 18/31 0 A 24/39 46/67 14/24 0 100 m 35/54 950 900 850 800 750 700 650 600 550 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Fachbeiträge Benzenabbau im Grundwasser unter verschiedenen RedoxBedingungen Stefan Gödeke, Holger Weiß, Ralf Trabitzsch, Carsten Vogt, Thorsten Wachter, Mario Schirmer Kurzfassung In Abwesenheit von Sauerstoff kann Benzen im Grundwasser unter verschiedenen Redox-Bedingungen abgebaut werden. Die für den anaeroben Benzenabbau relevanten Elektronenakzeptoren werden anhand einer Literaturstudie bewertet. Es wird deutlich, dass nur wenige Studien existieren, die unter In-situ-Bedingungen und ohne Zusätze von Auxiliarsubstraten einen anaeroben Benzenabbau nachweisen konnten. Die bei den Laborversuchen eingesetzten Benzenkonzentrationen sind im Vergleich zu realen Schadensfällen eher gering. Anaerober Benzenabbau beginnt meist erst nach längeren Lag-Phasen. Sulfat als terminaler Elektronenakzeptor hat für den anaeroben Benzenabbau die größte Bedeutung. In einem Sanierungsexperiment (ANDERSON & LOVLEY 2000) konnte der Benzenabbau durch Sulfatzugabe bereits stimuliert werden. Abstract Degradation of Benzene in Groundwater Under Variable Redox Conditions Benzene has been proven to be biodegraded in the absence of oxygen by a variety of terminal electron acceptors. The most relevant are described in a literature review. So far only few studies exist that verified benzene degradation at groundwater temperatures with naturally occurring bacteria and without addition of nutrients. The utilised benzene concentrations in the laboratory experiments are often small, compared to real contaminations. Long lag periods until the start of benzene degradation are possible. Furthermore, it is demonstrated that the electron acceptor sulphate is of particular importance for the anaerobic degradation of benzene. One field experiment (ANDERSON & LOVLEY 2000) was able to stimulate benzene degradation under sulphate-reducing conditions. Einleitung a33333333333333333333333333333333333 Dipl.-Geol. S. Gödeke, Dr. H. Weiß, Dipl.-Ing. R. Trabitzsch, UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Department Grundwassersanierung, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig, Telefon: 0341-235-2333, Telefax: 0341-235-2126, stefan.goedeke@ufz.de Dr. C. Vogt, UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Department Umweltmikrobiologie, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig Dipl.-Geoökol. T. Wachter, Institut für Geowissenschaften, Abteilung Angewandte Geologie, Christian-Albrechts-Universität Kiel, Olshausenstr. 40/60, 24098 Kiel, PD Dr. M. Schirmer, UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Department Hydrogeologie, Theodor Lieser-Str. 4, 06120 Halle (Saale) Eingang des Beitrages: 20.12.2002 Eingang des überarbeiteten Beitrages: 19.09.2003 232 G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 4/2003 undw Grundwasserkontaminationen durch aromatische Kohlenwasserstoffe gehören weltweit zu den häufigsten Kontaminationen. Diese Schadensfälle können regionale Ausmaße erreichen (Weiß et al. 2001). Da bei größeren Schadensherden eine Dekontamination mittels aktiver Sanierungsmaßnahmen i.d.R. zu unverhältnismäßig hohen Aufwendungen führt bzw. technisch kaum durchführbar ist, wurde in den letzten Jahren intensiv an der Entwicklung von kostengünstigen Sanierungsstrategien geforscht. Als besonders erfolgversprechend in diesem Zusammenhang werden In-situ-Reaktionswände (TEUTSCH et al. 1996) sowie die Verfahren des „Enhanced Natural Attenuation“ und „Monitored Natural Attenuation“ angesehen. Von entscheidender Bedeutung für den Einsatz von „Monitored Natural Attenuation“ als Alternative zu klassischen Sanierungsverfahren ist ein Verständnis der für den Schadstoffabbau verantwortlichen Redox-Prozesse (Elektronenakzeptorverhältnisse) im Grundwasser. Art und Umfang des natürlichen Schadstoffabbaus hängen neben den jeweiligen autochthonen Mikroorganismen besonders von der Menge und der Art der Elektronenakzeptoren im Aquifer ab (BORDEN et al. 1995). Nach dem Eindringen von Schadstoffen (wie z. B. flüssige Kohlenwasserstoffe) entwickeln sich im Bereich des Schadensherdes und im Abstrom sehr schnell anaerobe Verhältnisse, da die Aktivität aerober Mikro- DOI 10.1007/s00767-003-0004-9 Fachbeiträge organismen den im Grundwasser gelösten Sauerstoff schnell verbraucht. Der nach dem aeroben Abbau einsetzende anaerobe Abbau vollzieht sich meist langsamer als der aerobe Abbau. Ein Forschungsschwerpunkt der letzten Jahre in diesem Zusammenhang ist der anaerobe Abbau von Benzen als wichtigstem Vertreter der BTEX-Aromaten (Benzen, Toluen, Ethylbenzen, Xylene), da Benzen aufgrund seiner kanzerogenen Wirkung die bedenklichste BTEX-Komponente ist. Obwohl Anreicherungskulturen unter verschiedenen Elektronenakzeptorbedingungen beschrieben wurden, in denen Benzen unter Verbrauch des jeweiligen Elektronenakzeptors verschwand (z. B. BURLAND & EDWARDS 1999, KAZUMI et al. 1997, LOVLEY et al. 1996), konnte in zahlreichen Studien unter feldnahen Bedingungen kein Benzenabbau unter anaeroben Verhältnissen festgestellt werden (z. B. ACTON & BARKER 1992, ALVAREZ & VOGEL 1991, BARBARO et al. 1992). In der vorliegenden Arbeit sollen die für den Benzenabbau verantwortlichen Elektronenakzeptorverhältnisse anhand einer umfassenden Literaturstudie dargestellt und bewertet werden. Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen des vom BMBF geförderten RETZINA-Projektes (Referenz-Testfeld Zeitz zur Implementierung des Natural Attenuation Ansatzes am Standortes eines ehemaligen Hydrierwerkes in Sachsen-Anhalt; TEUTSCH et al. 1999). Benzen macht hier mit bis zu 99 MassenProzent, bezogen auf die Gesamtzahl der organischen Verbindungen, den Hauptschadstoff aus. Neben Benzen ist Toluen der zweite Haupt-Grundwasserkontaminant. Die Maximalkonzentrationen von Benzen und Toluen wurden mit 800 bzw. 50 mg/l gemessen. Der Grundwassserschaden befindet sich in unmittelbarer Umgebung einer ehemaligen Benzendestillations-Anlage, auf dem Gelände des früheren Hydrierwerkes Zeitz. Benzenabbau unter aeroben Verhältnissen Unter aeroben Verhältnissen verläuft der Benzenabbau deutlich schneller als unter anaeroben Verhältnissen. Der Abbauweg verläuft dabei über Brenzkatechin zum CO2 (RIBBONS & EATON 1992). In zahlreichen Feldstudien wurde ein Benzenabbau nachgewiesen (z. B. AMERICAN PETROLEUM INSTITUTE 1994). DAVIS et al. (1994) z. B. berichten in einer Feldstudie von einem Benzenabbau von 25 mg/l. Am häufigsten wurde ein Benzenabbau allerdings in Labor-Mikrokosmenstudien beobachtet (z. B. NIELSEN et al. 1996, ALVAREZ et al. 1998). Die Anwesenheit von anderen Kohlenwasserstoffen wie z. B. Ethanol und Methanol kann den Abbau von Benzen verzögern (MOLSON et al. 2002). Benzenabbau unter mikroaerophilen Bedingungen In einigen Untersuchungen wird von einer Minimalkonzentration gelösten Sauerstoffes von 1–1,5 mg/l berichtet, um den Abbau von aromatischen Kohlenwasserstoffen und im Besonderen von Benzen einzuleiten (CHIANG et al. 1989, WILSON & BOUWER 1997). Untersuchungen von YERUSHALMI et al. 2001 machten deutlich, dass bereits Spuren von gelöstem Sauerstoff (0,05 mg/l) Benzenumsatz ermöglichen. Höhere gelöste Sauerstoffkonzentrationen (bis zu 1 mg/l) bewirkten in den Ansätzen einen größeren Benzenumsatz. Die Ansätze unter strikt anaeroben Bedingungen zeigten indes keinen Benzenumsatz. Neben Phenol ließen sich Brenzkatechin und Benzoat als intermediäre Abbauprodukte identifizieren (YERUSHALMI et al. 2001). Benzenabbau unter anaeroben Verhältnissen Während der aerobe Abbau von Benzen bereits 1961 von MARR & STONE nachgewiesen wurde, ist der anaerobe Abbau von Benzen erst in den letzten zwei Jahrzehnten bekannt geworden (WARD et al. 1980). In den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass die Stimulation des anaeroben BTEX-Abbaus für die Behandlung von Grundwasser-Schadensfällen die höchste Priorität besitzt (WIEDEMEIER & RIFAI 1999). Die von den Mikroorganismen für den Abbau verwendeten Elektronenakzeptoren werden mit abnehmendem Energiegewinn in einer bestimmten Reihenfolge verbraucht. Zuerst wird Nitrat, anschließend Mangan (IV), Fe (III), Sulfat und CO2 umgesetzt. Wegen der im Grundwasser nur gering vorhandenen Mangankonzentrationen hat Mangan als Elektronenakzeptor nur eine geringe Bedeutung. Ist ein Elektronenakzeptor verbraucht bzw. nur noch in geringer Konzentration vorhanden, wird der nach dem Energiegewinn nächstgünstige Elektronenakzeptor verbraucht (ULRICH & EDWARDS 2003). Räumlich können sich die einzelnen Elektronenakzeptorprozesse im dmBereich überlappen (CHAPELLE 2000). Wesentliche Voraussetzungen für den anaeroben Schadstoffabbau sind generell an den Standort angepasste Mikroorganismen sowie eine ausreichende Versorgung mit Elektronendonatoren, Elektronenakzeptoren und Nährstoffen. Redoxpotenzial, pH-Wert, Temperatur und Anwesenheit weiterer Schadstoffe spielen auch eine große Rolle. Potenzielle anaerobe benzenabbauende Bakterien sind Angehörige des Azoarcus/Thauera Cluster (BTEX-Abbau unter denitrifizierenden Bedingungen), Geobacteraceae (unter Fe(III)-reduzierenden Bedingungen) und Desulfobacteriaceae unter sulfatreduzierenden Bedingungen (BIN et al. 2002). Konsortien von Mikroorganismen könnten beim anaeroben Benzenabbau auch eine Rolle spielen (LOVLEY 2000). Die frühen Studien von GRBIC-GALIC und VOGEL (VOGEL & GRBIC-GALIC 1986, GRBIC-GALIC & VOGEL 1987) weckten großes Interesse am anaeroben Benzenabbau. VOGEL und GRBIC-GALIC wiesen Benzenabbau unter methanogenen Bedingungen nach, wobei sie aus Klärschlämmen stammende Anreicherungskulturen verwendeten. Auch unter methanogenen Bedingungen werden Konsortien von Mikroorganismen verantwortlich gemacht (LOVLEY 2000). Zu von Mikroorganismen maximal tolerierten Benzenkonzentrationen liegen bisher wenige Ergebnisse vor. ULRICH & EDWARDS (2003) beobachteten für ihre methanogenen Kulturen eine maximal tolerierte Benzenkonzentration von 900 µM, und für ihre nitrat- und sulfat-reduzierenden Kulturen eine maximal tolerierte Benzolkonzentration von 400 µM. Benzenabbau unter nitratreduzierenden Bedingungen Die Grundgleichung der Denitrifikation lautet: [1] 6 NO3– + 6 H+ + C6H6 → 6 CO2 + 6 H2O + 3 N2, wobei der Einfachheit halber ein Zellwachstum vernachlässigt G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 4/2003 undw 233 Fachbeiträge und eine vollständige Umwandlung von Nitrat zu Stickstoff angenommen wird. Für die vollständige Oxidation des Benzens sind 30 Elektronen erforderlich. Die Vollständigkeit der Nitratumwandlung, hängt von der jeweiligen Enzymstruktur der Mikroorganismen ab. Zahlreiche Studien (z. B. ANID et al. 1993, REINHARD et al. 1997) warfen Zweifel auf, ob ein Benzenabbau unter denitrifizierenden Bedingungen überhaupt möglich ist. Auch bei den Felduntersuchungen (BARBARO et al. 1992 und ACTON & BARKER 1992) in Borden, Ontario, Kanada, konnte kein Benzenabbau unter denitrifizierenden Bedingungen nachgewiesen werden. Diese Studien deuten darauf hin, dass präferenziell vor Benzen die TEX- Komponenten wie Toluen, Ethylbenzen und Xylole abgebaut werden (s. a. CUNNINGHAM et al. 2001). Längere Verzögerungszeiten des Abbaus bei Anreicherungskulturen (NALES et al. 1998) deuteten nicht auf einen Insitu-Abbau von Benzen hin. Allerdings zeigten die Laborstudien, dass ein Benzenabbau unter denitrifizierenden Bedingungen möglich ist (NALES et al. 1998, BURLAND & EDWARDS 1999). Die gemessenen Verhältnisse zwischen Elektronenakzeptor und Elektronendonator wichen z. T. erheblich von den theoretischen Verhältnissen ab. Gegenwärtig existieren nur zwei Stämme der Gattung Dechloromonas (Stamm RCB und Stamm JJ) in Reinkultur, die Benzen unter anaeroben Bedingungen metabolisieren. Diese beiden Stämme verwendeten Nitrat als Elektronenakzeptor und sind fakultativ anaerob, d. h. sie können auch Sauerstoff als Elektronenakzeptor verwenden. Nitrat wurde bei den Untersuchungen zu Stickstoff reduziert (COATES et al. 2001). Mithilfe des Gens für die 16S ribosomale RNA (16S rDNA), welches in allen Mikroorganismen vorhanden ist (RÖLING & VAN VERSEVELD 2002) und als phylogenetischer Marker verwendet wird, kann man Informationen über die in bestimmten Umgebungen vorhandenen Mikroorganismen gewinnen, ohne diese kultivieren bzw. in Reinkultur vorliegen haben zu müssen. ULRICH & EDWARDS (2003) fanden über 16S rDNA-Sequenzvergleiche heraus, dass 70 % der Bakterien einer nitrat-reduzierenden benzenabbauenden Kultur, phylogenetisch zu über 90 % den bereits erwähnten Azoarcus und Dechloromonas Gattungen ähnelte. durch Laborstudien (LOVLEY et al. 1994) bestätigt. Weitere Untersuchungen in diese Richtung zeigten, dass die Zugabe von Huminstoffen den Benzenabbau besser stimulierten als alle Chelatbildner (LOVLEY et al. 1996). Die Ursache hierfür liegt in einem verbesserten Elektronentransfer zwischen Elektronendonator und Elektronenakzeptor. Diese Redoxprozesse können dabei auf lokal eng begrenzte Zonen eines Aquifers fixiert sein. Anhand von Studien mit Sediment aus der eisenreduzierenden Zone des Aquifers in Bemidji (Minnesota) wurde beispielsweise Benzen ohne Verzögerung zu CO2 umgesetzt. Diese Sedimente wiesen eine um mehr als zweifach höhere Anzahl von Bakterien der Gattung Geobacteraceae auf, als Sedimente aus benachbarten eisenreduzierenden Zonen (ANDERSON et al. 1998). Mikrokosmenstudien konnten Phenol als Zwischenprodukt des Abbaus unter methanogenen und sulfatreduzierenden Bedingungen nachweisen (COZZARELLI et al. 1990). Allerdings ist keine der bisher isolierten Stämme der Gattung Geobacteraceae in der Lage, Benzen zu oxidieren (LOVLEY 2000). Benzenabbau unter sulfatreduzierenden Bedingungen Die Grundgleichung der Sulfatreduktion lautet: [3] 30 H+ + 15 SO42– + 4 C6H6 → 24 CO2 + 15 H2S + 12 H2O Der entstehende Schwefelwasswerstoff ist bei Anwesenheit von Schwermetallen wie z. B. Eisen im Grundwasser kaum nachweisbar, da er sowohl mit Eisen(II) als auch mit Eisen (III) sulfidische Festphasen bildet (DOS SANTOS AFONSO & STUMM 1992). Andererseits wirkt eine Anreicherung von H2S inhibierend auf den Abbau aromatischer Kohlenwasserstoffe. In Laborversuchen unter sulfatreduzierenden Bedingungen konnte durch Zugabe von Eisen die Sulfidtoxizität verringert werden und der Abbau von Toluen und Xylen stimuliert werden (EDWARDS et al. 1992, BELLER et al. 1992). Nach unserem Kenntnisstand wurde bisher nur ein Sanierungsexperiment durchgeführt, in dem es möglich war, den anaeroben Benzenabbau in einem mit Mineralöl-Kohlenwasserstoff (MKW) kontaminierten Grundwasserleiter zu stimulieren(ANBenzenabbau unter DERSON & LOVLEY 2000). In dem Sanierungsexperiment wurde mittels 40 Injektionsbrunnen Sulfat in einen Grundwasserleiter eisenreduzierenden Bedingungen in Ponca City, Oklahoma, USA, injiziert. Über einen Zeitraum von Die Grundgleichung unter Fe (III) reduzierenden Bedingungen 84 Tagen injizierte man mittels Injektionsbrunnen je ca. 19 l lautet: Sulfatlösung (NaSO4) mit einer Konzentration von ca. 780 mg/l, die Bromid als Tracer enthielt. Vergleiche zwischen Benzen und [2] 60 H+ + 30 Fe(OH)3 + C6H6 → 6CO2 + 30 Fe2+ + 78 H2O Sulfatkonzentrationen ergaben, dass der Benzenabbau 53 % Aus der Gleichung wird deutlich, dass beim Benzen-Abbau der Sulfatreduktion ausmachte. Es ist wahrscheinlich, dass der hohe Fe2+-Konzentrationen anfallen. Fe(II) ist allerdings durch restliche Teil des Sulfats mit anderen organischen KohlenstoffMessungen bei Anwesenheit von Sulfid (S2–), das beim Benzen- verbindungen umgesetzt wurde und zum Wachstum der Bakteabbau unter sulfatreduzierenden Bedingungen freigesetzt wird, rien beitrug (s. auch WEINER & LOVLEY 1998). schwer nachzuweisen, da das Fe(II) in Form von Eisensulfiden Das Feldexperiment wurde auf der Grundlage von Laborexpeausgefällt wird. Das Eisen(III), welches meist in Form schwer rimenten durchgeführt, welche den Benzenabbau unter methalöslicher Fe-Oxide vorliegt, ist für viele Mikroorganismen nur nogenen Bedingungen nachwiesen. Bei Sulfatzugabe zu diesen schwer verfügbar. Für eine Umsetzung ist ein direkter Kontakt Ansätzen wurde der Benzenabbau deutlich stimuliert. Mit 14C markiertem Benzen versetzte Sedimentproben, die anaerob zwischen der Oberfläche der Eisenoxide und der Mikroorganismen nötig (LOVLEY et al. 1991). Zugesetzte Chelatbildner, wie inkubiert wurden, zeigten eine ohne Verzögerung einsetzende 14 CO2-Entwicklung. Nur unter methanogenen und nicht unter Nitrilotetraessigsäure (NTA) sowie Ethylendiamintetraessigsulfatreduzierenden Bedingungen wurde bei den Laborexperisäure können dabei den Abbau beschleunigen. Dies wurde 234 G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 4/2003 undw Fachbeiträge rem Sauerstoff. Spätere Isotopenstudien zeigten, dass das Kohlenstoff-Atom des Phenols aus dem Kohlenstoff des Benzens hervorging (WEINER & LOVLEY 1998). Letztere konnten auch Acetat und Propionat als weitere Abbauprodukte nachweisen. Allerdings wurde bei den Studien deutlich, dass die Menge des entstandenen CO2 aus ungeklärten Gründen deutlich niedriger war, als die Menge, welche sich theoretisch hätte ergeben müssen (VAN BEELEN & VAN KEULEN 1990, GRBIC-GALIC & VOGEL 1987). Einen gehemmten Abbau von BTEX unter methanogenen Bedingungen beobachteten ebenfalls BEKINS et al. (2001). Zusammenfassung Abb. 1: Relative Wichtung der einzelnen BTEX-Abbaumechanismen (nach WIEDEMEIER & RIFAI 1999) Generell existieren wenige Mikrokosmen-Studien, die unter Grundwasser Temperaturen mit natürlich vorhandenen Bakterien und ohne Zusätze von Nährstoffen einen anaeroben Benzenabbau nachweisen konnten. Oft sind längere Verzögerungsmenten Phenol als Zwischenprodukt des Abbaus nachgewiezeiten des Abbaus zu verzeichnen, die als Indiz dafür zu werten sen. Phenol kann aber durchaus auch als Abbauprodukt unter sulfatreduzierenden Bedingungen auftreten (CALDWELL & SUFLITA sind, dass sich die Mikroorganismen erst adaptieren müssen. Anhand der umgesetzten Menge von Elektronenakzeptoren 2000). Die Autoren wiesen neben Phenol auch Benzoat unter auf den tatsächlichen Schadstoffabbau zu schließen ist schwiesulfatreduzierenden und methanogenen Bedingungen nach. Eine direkte Benzenoxidation zu CO2 ohne Zwischenschritte ist rig, da ein Teil der Elektronenakzeptoren für das Wachstum der Bakterien umgesetzt wird, ohne das ein Schadstoffabbau allerdings auch möglich (LOVLEY et al. 1995, LOVLEY 2000). Der Nachweis von intermediären Abbauprodukten ist generell auf- stattfindet. Entscheidend für die Quantifizierung sowie ein grund der chemischen Eigenschaften dieser Verbindungen (z. B. weitergehendes Verständnis des anaeroben Benzenabbaus ist neben der Charakterisierung der hydrogeologischen und geoFlüchtigkeit und Polarität) und deren raschen Umsetzung chemischen Verhältnisse die Charakterisierung der mikrobielschwierig. Zur Oxidation von Benzen unter sulfatreduzierenden Bedingun- len Verhältnisse, unter denen der Schadstoffumsatz stattfindet. gen sind die meisten Literaturangaben vorhanden. Eine Studie Unter eisenreduzierenden Bedingungen wurde ein In-situ-Abvon WIEDEMEIER & RIFAI (1999) zeigte, dass Sulfat für die relative bau von Benzen nachgewiesen. Allerdings steht meist nur ein Wichtung der BTEX-Abbaumechanismen im Vergleich zu den geringer Teil des Eisenpools für den Schadstoffabbau zur Verfügung. Ein Benzenabbau unter nitratreduzierenden BedingunElektronenakzeptoren die größte Bedeutung hat (Abb. 1). Die gen konnte bisher nur in zwei Laborstudien nachgewiesen werStudie basierte auf Untersuchung von Redox-Prozessen an 38 den. Die einzigen bisher existierenden Bakterien in Reinkultur, Standorten in den USA. Eine Studie von WISOTZKY & ECKERT die Benzen unter anaeroben Bedingungen abbauen können, (1997) zeigte, dass der BTEX-Abbau im Grundwasser eines ehemaligen Gaswerksstandortes zum überwiegenden Teil durch verwenden Nitrat als Elektronenakzeptor. Auch unter methanogenen Bedingungen konnte kein Benzenabbau in situ nachSulfatreduktion verursacht wird. Die Sulfatreduktion wird besonders in den Regionen und Aquiferen von Bedeutung sein, in gewiesen werden (BEKINS et al. 2001). denen der Sulfatgehalt geogen hoch ist, woraus sich unterschied- Aus den Ergebnissen der Literaturstudie und den Felddaten ist liche Bewertungstendenzen zwischen nordamerikanischen und deutlich geworden, dass Sulfat als Elektronenakzeptor für den anaeroben Benzenabbau die größte Bedeutung besitzt. In einem europäischen Untersuchungen erklären lassen. Sanierungsexperiment (ANDERSON & LOVLEY 2000) konnte der Benzenabbau durch Sulfatzugabe stimuliert werden. Weitere Benzenabbau unter Untersuchungen werden mithilfe einer reaktiven Transportmodellierung den Anteil der Sulfatreduktion am anaeroben methanogenen Bedingungen Benzolabbau am Standort genauer quantifizieren. In einer weiDie Methanogenese lässt sich generell in den Prozess der Gäteren Veröffentlichung soll anhand von Felddaten des RETZIrung (Gl. 4) und den der Respiration (Gl. 5) unterteilen. Die NA-Standortes die Bedeutung der Sulfatreduktion für den anGrundgleichungen für den Benzenabbau unter methanogenen aeroben Benzenabbau genauer erläutert werden. Bedingungen lauten: [4] C6H6 + 6 H2O → 3 CH3COOH + 3H2 [5] 3CH3COOH → 3 CH4 + 3 CO2 12H2 + 3 CO2 → 3 CH4 + 6 H2O Als Zwischenprodukt des Abbaus unter methanogenen Bedingungen beschrieben GRBIC-GALIC & VOGEL (1987) Phenol . Mittels Isotopenstudien wurde nachgewiesen, dass der Sauerstoff des Phenols aus dem Wasser stammte und nicht aus molekula- Danksagung Wir danken der Projektleitung des RETZINA-Projektes und allen am Projekt beteiligten Personen für die gute Zusammenarbeit. Wir danken dem BMBF für die Finanzierung des Projektes. Unser Dank gilt Herrn Olaf Böhme, Herrn Dr. Matthias Borkert, Frau Katja Büscher, Herrn Helko Kotas, Herrn Andreas Schossland (GFE–Consult GmbH) für das Standortmanagement. G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 4/2003 undw 235 Fachbeiträge Literatur Acton, D.W. Barker, J.F. (1992): In-situ biodegradation potential of aromatic hydrocarbons in anaerobic groundwaters.- J. Contaminant Hydrology 9: 325–352. Alvarez, P.J.J., Vogel, T.M. (1991): Substrate Interactions of Benzene, Toluene and Para-xylene during Microbial Degradation by Pure Cultures and Mixed Culture Aquifer Slurries.- Appl. Environ. 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G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 4/2003 undw 237 Fachbeiträge Dioxin-ähnliche Wirkungen durch Grundwasser am Industriestandort Zeitz Kristin Schirmer, Stephanie Bopp, Sandra Russold, Peter Popp Kurzfassung Im Rahmen der Etablierung des Standortes Zeitz (Sachsen-Anhalt) als Referenztestfeld zur Implementierung des Natural-Attenuation-Ansatzes, haben wir Grundwasser auf seine Fähigkeit untersucht, eine Dioxin-ähnliche Wirkung hervorzurufen. Die Dioxin-ähnliche Wirkung ist die Arylhydrocarbon Rezeptor-vermittelte Induktion des Proteinkomplexes Cytochrom CYP1A, welches als 7-Ethoxyresorufin-O-Deethylase (EROD) Enzymaktivität in einer Fischleberzelllinie gemessen wurde. Von 32 Probennahmestellen wiesen sieben eine signifikante EROD-Induktion auf, welche zu einem geringen Teil auf Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe zurückzuführen war. Ein weiterer Teil der EROD-Induktion konnte den Substanzen Benzofuran, Indan und Inden zugesprochen werden, welche hier erstmalig als EROD-Induktoren identifiziert wurden. Alle Probennahmestellen mit signifikanter EROD-Induktion lagen im Anstrom bzw. westlich des früheren Standortes der Benzolanlage in Zeitz, was einen signifikanten Einfluss von Benzol vor allem auf den Transport und das Lösungsverhalten EROD-induzierender Grundwasserkontaminanten vermuten lässt. Insgesamt zeigen diese Untersuchungen, wie eine Kombination von chemischer und biologischer Analytik zu einer deutlich verbesserten Aussagekraft führt und somit zu einer nachhaltigen Überwachung der Qualität von Grundwasser beitragen kann. a33333333333333333333333333333333333 Dr. K. Schirmer, Dipl.-Geoökol. S. Bopp, S. Russold, Department für Zelltoxikologie, UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig, Telefon: 0341-235-2699, Telefax: 0341-235-2401, E-Mail: kristin.schirmer@ufz.de, stephanie.bopp@ufz.de Dr. P. Popp, Department für Analytik, UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig, Telefon: 0341-235-2408, Telefax: 0341-235-2625, E-Mail: peter.popp@ufz.de Eingang des Beitrages: 28.11.2003 Eingang des überarbeiteten Beitrages: 09.01.2004 Abstract Dioxin-like Responses Elicited by Groundwater at the Industrial Site Zeitz As part of setting up the test field Zeitz (Saxony-Anhalt, Germany) as a reference site for the implementation of Natural Attenuation as a remediation option, we have investigated groundwater for its ability to cause a dioxin-like response. The dioxin-like response is the aryl hydrocarbon receptor-mediated induction of the protein complex cytochrome CYP1A, which was measured as 7-EthoxyresorufinO-deethylase (EROD) enzyme activity in a fish liver cell line. Out of 32 sampling locations, seven showed significant EROD induction, which could be explained, to a minor extent, by the presence of polycyclic aromatic hydrocarbons. Another small portion of the EROD induction was attributed to the low molecular weight compounds, Benzofuran, Indane and Indene, which were shown for the first time to act as EROD inducers. All sampling locations showing significant EROD induction were located upstream or to the west of the former benzene production site in Zeitz. This indicates that benzene is likely to affect the transport and dissolution of EROD-inducing groundwater contaminants. In sum, this study shows how a combination of chemical and biological analysis can greatly augment knowledge about site characteristics and thus contribute to a sustainable monitoring of groundwater quality. Einleitung Dioxin-ähnliche Substanzen sind eine Gruppe weit verbreiteter Umweltkontaminanten. Diese Gruppe von Kontaminanten ist durch die Fähigkeit gekennzeichnet, den sogenannten ArylHydrocarbon-Rezeptor (AhR) Signaltransduktionsweg in Zellen, z. B. der Leber von Wirbeltieren, zu aktivieren. Der Mechanismus, welcher dem AhR-Signaltransduktionsweg zugrunde liegt, ist gleichzeitig der am besten verstandene Weg, über welchen Dioxin-ähnliche Substanzen toxisch wirken. So zählen die Immundysfunktion, endokrine Disruption, Reproduktionstoxizität, Entwicklungsdefekte und die Kanzerogenität zu den Wirkungen, welche der Aktivierung des AhR-Signaltransduktionsweges zugeschrieben werden (ABBOTT et al. 1994, OKEY et al. 1994, POLAND & KNUTSON 1982, SAFE et al. 1997). Im ursprünglichen, engeren Sinne bilden die halogenierten aromatischen Kohlenwasserstoffe, wie z. B. die polychlorierten Dibenzo-p-Dioxine DOI 10.1007/s00767-004-0019-x G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw 33 Fachbeiträge und Furane sowie die polyhalogenierten Biphenyle, die Gruppe der Dioxin-ähnlichen Substanzen. Zusätzlich zu ihrer Fähigkeit zur Aktivierung des AhR-Signaltransduktionweges zeichnen sich diese Substanzen durch ihre Persistenz und Bioakkumulierbarkeit aus. Das höchst potente und toxischste Mitglied dieser Gruppe ist das 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-Dioxin (TCDD). Allerdings gibt es eine steigende Zahl strukturell verschiedener Substanzen, d. h. auch nicht-halogenierte aromatische Kohlenwasserstoffe, welche als AhR-Liganden identifiziert wurden. Da auch diese den AhR-Signaltransduktionsweg aktivieren, und damit zumindest einen Dioxin-typischen, potenziell Toxizität auslösenden, Weg beschreiten, zählen diese Substanzen im weiteren Sinne ebenfalls zu den „Dioxin-ähnlichen“. Eine in diesem Zusammenhang gut charakterisierte Gruppe an Substanzen sind die Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAKs) (e. g. BOLS et al. 1999, JUNG et al. 2001, SCHIRMER et al. 2001, WILLETT et al. 1997). Über die Aktivierung des AhR-Signaltransduktionsweg sind diese im Unterschied zu TCDD im Allgemeinen in Organismen gut abbaubar und damit wenig bioakkumulierbar. Jedoch können gerade die Abbauprodukte toxisch wirken und langfristige Expositionen Effekte auslösen, welche ansonsten dem TCDD zugeordnet werden (BILLARD et al. 1999). Eine von vielen möglichen Quellen Dioxin-ähnlicher Substanzen sind Hochtemperaturverbrennungsprozesse in der Verarbeitung von Öl oder Kohle (SUESS 1976). Dioxin-ähnliche Substanzen können sowohl chemisch, aufgrund ihrer Identität, als auch biologisch, aufgrund ihrer Wirkung, detektiert werden. Die Detektion anhand der biologischen Wirkung eröffnet dabei die Chance, das gesamte Dioxin-ähnliche Potenzial einer Probe erfassen, und nachfolgend im Vergleich mit chemischen Analysen bewerten zu können. Im Zentrum einer solchen Bewertung liegt das von EADON et al. (1986) entwickelte Toxizitäts-Äquivalenz-Konzept. Dieses Konzept basiert auf den so genannten Toxic Equivalency Factors (TEFs). Ein TEF bewertet die Potenz einer einzelnen Substanz, Dioxinähnlich zu wirken, relativ zu TCDD, wobei TCDD den Faktor „1“ (bzw. 100 %) erhält. Mithilfe der TEFs ist es möglich, die Wirkung einer Substanz derjenigen Konzentration an TCDD zuzuordnen, welche die gleiche Wirkung hervorrufen würde (SAFE 1990). Diese Konzentration wird als Toxic Equivalency Concentration (TEC) bezeichnet. Für eine komplexe Mischung können die TECs für die einzelnen bekannten Substanzen addiert werden, um so eine TEC für die gesamte Mischung zu erhalten. Dieses Prinzip hat sich bisher unter anderem für die Bewertung komplex belasteter Umweltproben bewährt. Dazu gehören industriell belastete Sedimente (BRACK et al. 2000, 2002, BRACK & SCHIRMER 2003, GALE et al. 2000, HOLLERT et al. 2002, STRONKHORST et al. 2002) und Oberflächengewässer (PARROTT et al. 1999, WHYTE et al. 2000). Einen biologischen Nachweis Dioxin-ähnlicher Substanzen und die Anwendung des Toxizitäts-Äquivalenz-Konzeptes im Grundwasser gab es bisher jedoch nicht. Im Unterschied zu Sedimenten und Oberflächengewässern werden Grundwässer bisher kaum auf ihre biologischen Wirkungen analysiert. Dies ist überraschend, kommt doch der Überwachung der Qualität des Grundwassers als wertvolle Wasserressource, z. B. bei der Trinkwassergewinnung aber auch bei Industrieprozessen und in der Landwirtschaft, eine besondere Bedeutung zu. Dieser Bedeutung würde eine integrale Bewertung über vielfältige Informationen, wie chemische Identität kombiniert mit biologischer Wirkung, am ehesten gerecht werden (HELMA et al. 1998). So definierte auch die US EPA (1999) „Natural 34 G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw Attenuation“ unter anderem als die Fähigkeit eines Grundwasserleiters, die Toxizität von Schadstoffen so weit zu reduzieren, dass die menschliche Gesundheit und das Ökosystem nicht gefährdet sind. Vor diesem Hintergrund untersuchten Baun und Kollegen die Wirkung von nichtflüchtigen Grundwasserkontaminanten am Standort zweier Dänischer Mülldeponien auf das Wachstum einzelliger Algen. Während bei einem der Standorte in 114 m Entfernung von der Deponie keine Toxizität mehr vorlag (BAUN et al. 2000), lagen bei der zweiten Deponie auch 135 m abströmig der Schadstoffquelle noch signifikant toxische Wirkungen vor (BAUN et al. 2003). Dies deutet darauf hin, dass Grundwasserkontaminanten im letzteren Fall nicht effizient zurückgehalten oder abgebaut wurden. Dabei konnte nur weniger als 1 % der Toxizität mithilfe der chemisch analysierten Kontaminanten erklärt werden. Auch an dem hier untersuchten Standort einer früheren Benzolanlage in Zeitz zeigten erste Untersuchungen mit zellulären Tests eine geringe Übereinstimmung von chemischer Analyse und beobachteter Zellvitalität (BOPP et al. 2003). Dies bestätigt die Sicht der US EPA, dass die Reduktion der Toxizität für den Einsatz von Natural Attenuation, aber auch anderer Sanierungsstrategien, ein wesentliches Kriterium ist. Das Ziel der hier vorliegenden Arbeit war es, das Grundwasser am Referenzstandort für Natural Attenuation, dem Standort Zeitz, auf Dioxin-ähnliche Wirkungen zu untersuchen. Dieses Ziel verfolgten wir vor dem Hintergrund, dass in Zeitz über Jahrzehnte chemische Synthese und Raffinerieprozesse auf Öl bzw. Kohlebasis durchgeführt wurden, was die Präsenz Dioxinähnlicher Substanzen vermuten lies. Dioxin-ähnliche Substanzen wurden dabei über die AhR-vermittelte Induktion eines spezifischen Proteins, des Cytochrom CYP1A, gemessen als 7Ethoxyresorufin-O-Deethylase (EROD) Enzymaktivität, in einer Zelllinie der Regenbogenforellenleber RTL-W1 angezeigt. Materialien und Methoden Grundwasserprobennahme Repräsentative Grundwasserproben wurden bei einer Pumprate von 400 l pro Stunde mittels einer MP-1 Grundfos-Pumpe gewonnen. Zuvor wurden der pH-Wert und die Leitfähigkeit bestimmt, welche generell zwischen 6,8 und 7,5 bzw. zwischen 1.300 und 1.600 mS/cm lagen. Die Proben wurden für die biologischen Analysen in 50 ml, für die chemischen Analysen in 250 bis 1.000 ml braunen Schott Glasflaschen gesammelt. Die Flaschen wurden vollständig mit Grundwasser gefüllt, um Verflüchtigung von Substanzen in den Gasraum hinein zu verhindern. Die Proben wurden bei 4 °C transportiert und innerhalb von 24 bis 72 Stunden analysiert. Chemische Analysen Die Grundwasserproben wurden, je nach Zielstellung, ein bis drei verschiedenen Analysen unterzogen. Auf der Grundlage von Vorkenntnissen zum Standort der ehemaligen Benzolanlage in Zeitz zielten die chemischen Analysen in allen Fällen auf die BTEX Komponenten (Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylole) ab. Diese wurden entsprechend der DIN-Norm 38 407-F9-1 von der Firma Drahn & Partner GmbH gaschromatographisch identifiziert und quantifiziert. Die untere Nachweisgrenze betrug dabei 2 µg/l. Zur Erfassung des Anteils von Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs) im Grundwasser Fachbeiträge wurden Proben zudem in einigen Fällen auf die Präsenz ausgewählter US EPA PAKs untersucht. Diese Analysen beruhten auf der DIN-Norm 38 407-F18 und wurden ebenfalls von der Firma Drahn & Partner GmbH durchgeführt. Dabei waren die Nachweisgrenzen in der Hochdruck-Flüssig-Chromatographie (HPLC) mit Fluoreszenzdetektion wie folgt: Phenanthren, Anthracen, Fluoranthen, Pyren, Benzo[a]anthracen, Chrysen, Benzo[k]fluoranthen, Dibenzo[a,h]anthracen – je 0,005 µg/l, Benzo[b]fluoranthen – 0,02 µg/l, Benzo[g,h,i]perylen – 0,01 µg/l, Indeno[1,2,3-cd]pyren – 0,04 µg/l. Schließlich galten spezielle Analysen der Präsenz nieder-molekularer organischer Substanzen, welche möglicherweise neben BTEX in signifikanten Konzentrationen aufzufinden waren. Dafür wurde die Gasphase – Solid Phase Microextraction (SPME) Technik mit anschließender Gaschromatographie-Massenspektroskopie (GC/MS) eingesetzt (WYPYCH & MAÑKO 2002). Benzofuran, Indan, Inden, Naphthalin, Acenaphthen, Acenapthylen und Fluoren waren mit dieser Methode mit einer Nachweisgrenze von 0,005 µg/l erfassbar. Biologische Analysen Zellkultivierung Für die Untersuchungen zur Fähigkeit von Grundwasser zur EROD-Induktion wurde grundsätzlich die Leberzelllinie der Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss), RTL-W1, eingesetzt. Diese Zelllinie wurde von LEE et al. (1993) etabliert und auf ihre Fähigkeit zur CYP1A Induktion und Expression der EROD-Aktivität überprüft. In anfänglichen Untersuchungen zur Grundwassertoxizität wurde zusätzlich die Leberzelllinie der Regenbogenforelle R1, welche von AHNE (1985) entwickelt wurde, zur Bestimmung der Wirkung des Grundwassers auf die Zellvitalität eingesetzt. Eine EROD-Aktivität ist in dieser Zelllinie nicht nachweisbar (SCHIRMER et al. 2000). In späteren Untersuchungen wurden sowohl die Messungen zur EROD-Induktion als auch die zur Zellvitalität ausschließlich in RTL-W1, wie unten beschrieben, durchgeführt. Die Zellen wurden routinemäßig in 75 cm2 Nunc-Zellkulturflaschen bei 18 °C in normaler Atmosphäre kultiviert. Das Kultivierungsmedium war Leibovitz’ L-15 Medium, welches mit 2 % Antibiotika (100 µg/ml Streptomycin, 100 IU/ml Penicillin) und 5 % fötalem Rinderserum (FBS) (alle Zutaten von Gibco/ BRL) entsprechend den Angaben in BOLS & LEE (1994) und SCHIRMER et al. (1994) versetzt wurde. Für Expositionsversuche wurden je 75.000 Zellen pro 500 µl Medium in die Vertiefungen von 48-Well-Platten eingesät und über einen Zeitraum von 24 h zur Anheftung der Zellen inkubiert. Vorbereitung der Wasserproben für die Exposition Für die Exposition von Wirbeltierzellen gegenüber Wasserproben ist es notwendig, isotone osmotische Bedingungen zu schaffen (DAYEH et al. 2002). Zu diesem Zweck wurde Grundwasser 9 : 1 mit einer 10fach konzentrierten Pufferlösung (Earle’s-G, RUSSOLD 2003) versetzt. Damit betrug die höchste, im Biotest eingesetzte, Grundwasserkonzentration 90 % der Ausgangsprobe. Verdünnungsreihen wurden ebenfalls in Earle’s-G zubereitet, wobei durch entsprechende Arbeitstechniken darauf geachtet wurde, Verluste leicht flüchtiger Grundwasserkontaminanten durch Evaporation gering zu halten. Schließlich wurde den Proben 5 % FBS zugesetzt, welches für die Fähigkeit der RTLW1-Zellen zur EROD-Induktion unerlässlich ist. Für die Exposition von Zellen gegenüber Einzelsubstanzen wurden letztere in Earle’s-G mit 5 % FBS gelöst und nachfolgend den Zellen zugesetzt. Exposition Nach ihrer Anheftung wurden die Zellen einmal mit Earle’s-G gespült und nachfolgend mit je 500 µl der in Earle’s-G vorbereiteten Proben versetzt. Neben den experimentellen Proben enthielt jede 48-Well-Platte einen Standard mit TCDD als Positivkontrolle (1–77 pmol/l TCDD). TCDD wurde dafür in Dimethylsulfoxid (DMSO) gelöst und mit einer Glaskapillare zudosiert, wobei die Endkonzentration an DMSO pro Well 0,5 % betrug. Um wiederum Verdunstungsverluste zu minimieren wurden die Platten mit Folie abgeklebt und die Deckel mit Parafilm fest verschlossen. Die Exposition erfolgte bei 18 °C für 24 h. Enzym- und Zellvitalitätsmessungen Nach der Exposition erfolgte die Messung der Enzymaktivität (mit Zugabe von 7-Ethoxyresorufin [7-ER; Sigma] als Substrat), und parallel der Zellvitalität (mittels 5-CFDA-AM [Molecular Probes] als Indikator der Integrität der Zellmembran), an lebenden Zellen mittels eines Fluoreszenzplattenmessgerätes, wie bei GANASSIN et al. (2000) beschrieben. Zur Berechnung der spezifischen Enzymaktivität erfolgte die Bestimmung des Gesamtproteingehaltes mittels der Fluorescaminmethode (LORENZEN & KENNEDY 1993). Datenanalyse Die spezifischen Enzymaktivitäten einer jeden Probe wurden berechnet als % des maximalen Enzymaktivitätswertes für die TCDD-Kontrolle (BRACK et al. 2000). Die Fluoreszenzmessungen für die Zellvitalität wurden berechnet als % der Earle’s-GMediumkontrolle. EC50-Kalkulationen beruhten auf einer nicht-linearen Regressionsanalyse der Dosis-Wirkungsdaten mittels eines logistischen Modells (GraphPad Software Inc.). Eine Probe wurde dann als signifikant EROD-induzierend eingestuft, wenn folgende Kriterien erfüllt waren. Das erste Kriterium war eine signifikante ANOVA über den Konzentrationsbereich (α = 0,05). Das zweite Kriterium war ein signifikanter Unterschied zwischen der Kontrolle und zumindest der höchsten eingesetzten Konzentration (Dunnett’s Test; α = 0,05). Das dritte Kriterium war ein signifikanter Unterschied von zwei oder mehreren nacheinander folgenden Konzentrationen (Tukey’s Test; α = 0,05). Eine Übersicht zur Methodik der biologischen Analysen ist in Abbildung 1 dargestellt. Ergebnisse und Diskussion Dioxin-ähnliche Substanzen sind, bedingt durch ihre Toxizität und potenzielle Kanzerogenität, wichtige Zielanalyten bei der Überwachung der Umwelt. Nachweismethoden, welche auf miniaturisierten biologischen Testsystemen wie Wirbeltierzellkulturen beruhen, haben dabei gegenüber chemisch-analytischen Methoden den Vorteil, dass sie anstelle ausgewählter Schadstoffe über das toxikologische Potenzial aller Substanzen in einer Umweltprobe integrieren. Zudem sind sie in der Regel schneller und kostengünstiger als chemische Analysemethoden. Für eine vollständige Dosis-Wirkungsanalyse der in dieser Arbeit angewandten Messung der EROD-Induktion mit paralleler Messung der Zellvitalität in der Leberzelllinie RTL-W1 belaufen sich die Materialkosten pro Probe auf ca. € 30. Dieses Testsystem wurde bisher in zahlreichen Studien zur Erfassung G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw 35 Fachbeiträge Abb. 1: Übersicht über die eingesetzte Methodik der Detektion Dioxinähnlicher Wirkungen mittels des Zellmodells RTLW1 und der AhRabhängigen Induktion der ERODAktivität. Die Dosis-Wirkungskurve in der linken unteren Ecke repräsentiert eine typische DosisWirkungskurve, wie sie mit der Kontrollsubstanz TCDD erreicht wurde. des Potenzials von Einzelsubstanzen und von Extrakten aus Geweben, Sedimenten oder Oberflächenwasser im Hinblick auf Dioxin-ähnliche Wirkungen angewandt (z. B. BOLS et al. 1999, BRACK & SCHIRMER 2003, CLEMONS et al. 1997, SCHIRMER et al. 2001, WHYTE et al. 1998). Der Einsatz dieses Zellkultursystems für die Erfassung Dioxin-ähnlicher Wirkungen durch unbehandeltes Grundwasser ist dagegen neu. Basierend auf den Kriterien für eine signifikante EROD-Induktion, d. h. signifikante ANOVA und das Vorliegen einer DosisWirkungsbeziehung, verursachten Proben aus sieben von 32 Probennahmebrunnen eine Dioxin-ähnliche Wirkung (Abb. 2). Unter diesen sieben Brunnen befanden sich alle direkt im Anstrom liegenden Probennahmepunkte (GWMS 307/99, BR12/80, IB 12/95, GWMS 5A/99), sowie drei Probennahmestellen westlich bzw. nord-westlich der früheren Benzolanlage (GWMS 501/97, SB 24/94, GWMS 314/99). Die höchste EROD-Induktion wurde dabei in den Proben der vier Brunnen im Anstrom gemessen, trotz einer signifikanten Beeinträchtigung der Zellvitalität bei den Proben aus Brunnen GWMS 307/99 und vor allem 5A/99 (Tab. 1). Letzterer Brunnen nahm insgesamt eine Sonderstellung ein. Trotz seiner Lage im Anstrom war er durch deutlich erhöhte Benzolkonzentrationen gekennzeichnet. Die Ursache dafür liegt möglicherweise in der Nähe dieser Probennahmestelle zu Lagertanks, welche in früheren Nutzungsplänen eingezeichnet waren. Die Lokalisation einer Dosis-abhängigen EROD-Induktion, und damit die Präsenz Dioxin-ähnlich wirkender Substanzen, im Anstrom der früheren Benzolanlage konnte in wiederholten Experimenten über den Verlauf von eineinhalb Jahren bestätigt werden (Abb. 3). Dies ist ein Indiz für das Vorhandensein multipler Schadstoffquellen an diesem komplex belasteten und viel36 G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw Abb. 2: Lage der ehemaligen Benzolproduktionsstätte am Standort Zeitz und der in dieser Studie untersuchten Grundwasserprobennahmestellen. Probennahmestellen, welche eine signifikante EROD-Induktion lieferten sind fett markiert. Fachbeiträge Tab. 1: Übersicht über Grundwasserprobennahmestellen welche während der Stichtagsbeprobung im November 2000 eine signifikante ERODInduktion in RTL-W1 Zellen hervorriefen. (a) Werte beziehen sich auf den höchsten messbaren Gehalt an Grundwasser – 90 % in 1 x Earle’s. Alle angegebenen Enzymwerte lagen mindestens 10fach über der EROD-Aktivität in Earle’s Medium, welches als Kontrolle diente. STABW = Standardabweichung. (b) TCDDmax wurde mittels nicht-linearer Regressionanalyse anhand der sigmoidalen TCDD-EROD-Induktionskurven berechnet, welche auf jeder Platte als Kontrolle mitgeführt wurden. Die Absolutwerte der maximalen EROD-Induktion für die TCDD Kurven lagen dabei zwischen 30 und 40 pmoles Resorufin/mgProtein x min. % TCDD max bezieht sich auf die Mittelwerte der EROD-Aktivität in 90 % Grundwasser in 1 x Earle’s Medium (Zeile 1 der Tabelle) (c) Werte beziehen sich auf Vitalitätsmessung nach 2 h Schadstoffexposition mittels CFDA-AM in separaten Zellkulturplatten mit R1 Zellen in Earle’s Medium ohne Serumzusatz. (d) Die höchsten Benzolwerte wurden erwartungsgemäß direkt unter der früheren Benzolanlage mit Werten von bis zu 4,9 · 105 µg/l (GWMS 507/97) gemessen. Dies entspricht ca. 30 % der Wasserlöslichkeit von Benzol. Probennahmestelle GWMS 307/99 GWMS 5A/99 IB 12/95 BR 12/80 GWMS 501/97 SB 24/94 GWMS 314/99 (a) EROD-Aktivität ± STABW [n=6] (pmoles Resorufin/mgProtein x min) 1,2 ± 0,2 1,4 ± 0,3 2,7 ± 0,4 6,5 ± 1,0 0,5 ± 0,2 0,7 ± 0,2 0,7 ± 0,2 (b) % EROD-Aktivität im Vergleich zu TCDDmax 3,4 4,5 6,9 16,5 1,2 1,6 1,6 (c) % Zellvitalität ± STABW im Vergleich zur Vitalität in Earle’s Medium [n=5] 76 ± 6 17 ± 8 95 ± 3 107 ± 2 96 ± 3 99 ± 6 92 ± 6 (d) Benzolgehalt der Proben (µg/l) [n=1] 620 17.000 9,1 75 6,9 2,4 8,7 Gesamt-BTEX-Gehalt der Proben (µg/l) [n=1] 620 17.000 15,5 75 6,9 2,4 11 seitig genutzten Standort. Frühere Nutzungspläne zeigen Paraffin- und Kraftstofflagertanks ca. 100 bis 200 m süd-, südwestlich der Benzolanlage (RUSKE et al. 1999). In einer Studie an Ratten konnte nach Injektion einer technischen Chlor-Paraffinmischung keine EROD-Induktion in der Leber nachgewiesen werden, obwohl die Paraffinmischung eine synergistische Steigerung der EROD-Induktion durch ein polybromiertes Diphenylether (PBDE) bewirkte (HALLGREN & DARNERUD 2002). Im Unterschied zur fehlenden EROD-Induktion durch eine Abb. 3: Dosis-abhängige Induktion der EROD-Aktivität in RTL-W1Zellen durch Grundwasser aus dem Brunnen 12/80 während drei Probennahmeereignissen im Verlauf von eineinhalb Jahren. Zusätzlich zur Kontrolle (0 %) wurde Grundwasser in jeweils drei verschiedenen Konzentrationen (22,5, 45, und 90 %) eingesetzt. Jeder Balken bildet den Durchschnitt von sechs Replikaten auf einer Zellkulturplatte mit den dazugehörigen Standardabweichungen ab. Chlor-Paraffinmischung in der Rattenleber verursachte die wasserlösliche Fraktion von Diesel und Benzinkraftstoff eine zeitabhängige Induktion der EROD-Aktivität im Europäischen Aal (PACHETO & SANTOS 2001). Diese EROD-Induktion wurde der Präsenz von Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs) in den Kraftstoffen zugeschrieben. Allerdings sind Kraftstoffe in der Regel arm an höher-molekularen PAKs, wie z. B. Benzo[a]pyren und Chrysen, welche die Fähigkeit zur Bindung an den Ah-Rezeptor mit nachfolgender Enzyminduktion besitzen (BOLS et al. 1999, PISKORSKA-PLISZCZYNSKA et al. 1986, WILLETT et al. 1997). Tatsächlich konnten auch im Grundwasser im Anstrom der früheren Benzolanlage am Standort Zeitz höher-molekulare PAKs nicht, oder nur zu sehr niedrigen Konzentrationen nahe der Detektionsgrenze, nachgewiesen werden (Tab. 2). Basierend auf dem Konzept der TCDD Äquivalenzfaktoren (TEFs) entsprach z. B. die Gesamtbelastung des Grundwassers aus dem Brunnen 12/80 mit Prioritäts-PAKs einer TCDD Konzentration von 1,62 · 10–4 µg/l bzw. 0,5 pmol/l (Tab. 2). Dieser Konzentration an TCDD kann im Zellkultursystem RTL-W1 nur eine sehr geringe Wirkung betreffs der EROD-Induktion zugesprochen werden (Abb. 1). Dies deutet darauf hin, dass weitere Substanzen für die Präsenz der Dioxin-ähnlichen Wirkung im Grundwasser verantwortlich sind. Auffallend waren diesbezüglich relativ hohe Konzentrationen an den nieder-molekularen organischen Substanzen Benzofuran, Inden und Indan, wobei die Konzentration von Indan ca. 3,5-fach über der von Naphthalin lag (Tab. 2 + 3). Im Unterschied zu den 16 Prioritäts-PAKs gab es bislang keine Untersuchungen zur Fähigkeit zur Induktion der EROD-Aktivität durch Benzofuran, Indan und Inden. Dosis-WirkungsanaG r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw 37 Fachbeiträge PAK Mittelwert ± STABW [µg/l] (a) EROD-Induzierer TEC(c) in RTL-W1 Zellen [µg/l] (TEF) (b) Naphthalin 14,26 ± 1,56 – n. zt. (d) n. zt. Acenaphthylen < 0,0050 – n. zt. n. zt. Acenaphthen 0,542 ± 0,066 – n. zt. n. zt. Fluoren 1,123 ± 0,077 – n. zt. n. zt. Phenanthren 1,495 ± 0,131 – n. zt. n. zt. Anthracen 0,058 ± 0,004 – n. zt. n. zt. Fluoranthen 0,054 ± 0,035 – n. zt. n. zt. Pyren 0,026/0,022/< 0,02 – n. zt. n. zt. Benzo[a]anthracen < 0,005/< 0,005/0,015 (0,000 043) 6,45 · 10 –7 2,00 · 10–3 Chrysen < 0,005/0,005/0,017 (0,000 047) 7,99 · 10 –7 2,48 · 10–3 Benzo[b]fluoranthen < 0,02/0,022/0,171 (0,000 193) 3,30 · 10 –5 1,01 · 10–1 –5 7,42 · 10–2 Benzo[k]fluoranthen < 0,005/< 0,005/0,023 (0,001 039) 2,39 · 10 Benzo[a]pyren < 0,005/< 0,005/0,074 (0,000 302) 2,23 · 10 –5 6,93 · 10–2 Dibenzo[a,h]anthracen 0,005/< 0,005/0,016 (0,000 350) 5,60 · 10 –6 1,74 · 10–2 Benzo[g,h,i]perylen < 0,01/0,012/0,062 (kein TEF) n. zt. n. zt. Indeno[1,2,3-cd]pyren < 0,04/< 0,04/0,273 (0,000 278) 7,59 · 10 –5 2,36 · 10–1 Summe TEC 1,62 · 10 –4 5,04 · 10–1 lysen in RTL-W1 Zellen für die einzelnen Substanzen zeigten auf, dass alle drei in der Lage waren, eine signifikante ERODInduktion hervorzurufen. Allerdings lagen die Konzentrationen, welche 50 % der maximalen EROD-Induktion hervorriefen (EC50-Werte), weit über den im Grundwasser gemessenen Konzentrationen (siehe als Beispiel Abb. 4 für Indan). Die EC50Werte, welche zur Berechung der TEFs herangezogen wurden (Tab. 3), betrugen 4,54 · 104 µg/l für Benzofuran, 2,15 · 104 µg/l für Indan und 6,72 · 101 µg/l für Inden, im Vergleich zu 1,48 · 10–3 µg/l (4,60 pmol/l) für TCDD. Benzofuran, Indan und Inden konnte demnach, unter der Annahme einer additiven Wirkung, eine Dioxin-ähnliche Wirkung im Grundwasser zugeschrieben werden, welche 1,62 · 10–5 µg/l bzw. 0,050 pmol/l TCDD gleichkam. Dies entspricht einem Sechstel der TCDD Äquivalenzkonzentration der EROD-induzierenden PAKs. 38 TEC(c) [pmol/l] Die Entdeckung, dass Benzofuran, Indan und Inden eine Induktion der EROD-Aktivität bewirken, ist für die Beurteilung des Risikos von verunreinigtem Grundwasser von erheblicher Bedeutung. Diese Substanzen sind häufige Grundwasserkontaminanten, welche sich zu relativ hohen Konzentrationen in Wasser lösen und damit im Grundwasser gut transportiert werden. So zeigten BROHOLM et al. (1999), dass Benzofuran, als eine Komponente einer Kreosotkontamination, nahezu ungehindert durch eine Säule mit tonhaltigem Bodenmaterial hindurchwanderte. Über sonstiges Umweltverhalten und die Toxikologie von Benzofuran ist wenig, für Indan und Inden im Prinzip nichts bekannt. In einer zweijährigen Studie mit Ratten und Mäusen zeigte sich, dass Benzofuran vor allem in Mäusen kanzerogen wirken kann (NTP Technical Report 1989), sodass die Internationale Behörde für Krebsforschung (International Organische Substanz Mittelwert ± STABW [µg/l] (a) (TEF) (b) TEC(c) [µg/l] TEC(c) [pmol/l] Benzofuran 0,375 ± 0,047 0,000 000 032 1,20 · 10 –8 3,73 · 10–5 Indan 54,63 ± 4,95 0,000 000 069 3,77 · 10 –6 1,17 · 10–2 Inden 0,562 ± 0,049 0,000 022 1,24 · 10 –5 3,85 · 10–2 Summe TEC 1,62 · 10 –5 5,02 · 10–2 G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw Tab. 2: Analyse der 16 US-EPA-PAKs im Grundwasser im Anstrom der Benzolanlage am Beispiel der Probennahmestelle BR12/80 und vorhersagbare Relevanz für die EROD-Induktion. (a) Analyseergebnisse stammen aus drei unabhängigen Proben, welche im Verlauf einer Woche im Januar 2003 genommen wurden. Werte wurden einzeln aufgeführt wenn eine oder mehrere der drei Analysen für die gleiche Substanz unter der Detektionsgrenze lagen. (b) TEF = TCDD Equivalency Factor; siehe BOLS et al. (1999). Dieser Faktor sagt aus in welchem Verhältnis das Potenzial der Substanz, EROD-Induktion hervorzurufen, zum Potenzial von TCDD steht. Dabei wird TCDD der Faktor 1 zugeschrieben. (c) TEC = TCDD Equivalency Concentration; Ausgehend von der Konzentration der Substanz und dem TEF wird berechnet, welcher Konzentration an TCDD die Wirkung der Substanz entspricht: Konz Substanz (µg/l) × TEF = TEC (µg/l). Falls für die Berechnung kein Mittelwert vorlag wurde der höchste gemessene Wert für die Berechnung herangezogen. Die TEC Werte in µg/l wurden mittels des Molekulargewichts für TCDD (321,97 g/mol) in pM TCDD umgerechnet um einen direkten Vergleich mit der TCDD Standardkurve (Abb. 1) zu ermöglichen. (d) n. zt. = nicht zutreffend Tab. 3: Konzentrationen an Benzofuran, Indan und Inden im Grundwasser im Anstrom der Benzolanlage am Beispiel der Probennahmestelle BR12/80 und vorhersagbare Relevanz für die EROD-Induktion. (a) Analyseergebnisse stammen aus drei unabhängigen Proben, welche im Verlauf einer Woche im Januar 2003 genommen wurden. (b) TEF = TCDD Equivalency Factor; siehe Tabelle 2. Die Berechnung erfolgte anhand der EC50 Konzentrationen, welche aus den DosisWirkungsbeziehungen der Substanzen und der TCDD-Kontrolle gewonnen wurden: EC50 für TCDD/EC50 für Substanz. (c) TEC = TCDD Equivalency Concentration; siehe Tabelle 2. Fachbeiträge Abb. 4: Dosis-abhängige Induktion der EROD-Aktivität in RTL-W1Zellen durch Indan. Jeder Messpunkt stellt den Durchschnitt von zehn Replikaten auf einer Zellkulturplatte mit den dazugehörigen Standardabweichungen dar. Signifikante Unterschiede gegenüber der Mediumkontrolle (Dunnett’s Test) sind mit einem Stern gekennzeichnet. Messpunkte mit unterschiedlichen Buchstaben waren voneinander verschieden (Tukey’s Test). Agency for Research on Cancer (IARC), das U.S. Toxikologieprogramm (National Toxicology Program – NTP) und die Arbeitssicherheit- und Gesundheitsadministration (Occupational Safety & Health Administration – OSHA) Benzofuran in die Liste der Krebserreger aufgenommen haben. Die hier beschriebene Induktion des CYP1A, gemessen als EROD-Aktivität, mag dabei erste Hinweise auf den Mechanismus der Wirkung von Abb. 5: Dosis-abhängige Hemmung der TCDD-induzierten ERODAktivität in RTL-W1-Zellen durch Benzol. TCDD wurde den Zellen unmittelbar vor Benzol mit einer Konzentration von 9,69 pmol/l (entspricht ca. dem EC50-Wert) zugesetzt Jeder Messpunkt stellt den Durchschnitt von zehn Replikaten auf einer Zellkulturplatte mit den dazugehörigen Standardabweichungen dar. Signifikante Unterschiede gegenüber der Mediumkontrolle (Dunnett’s Test) sind mit einem Stern gekennzeichnet. Messpunkte mit unterschiedlichen Buchstaben waren voneinander verschieden (Tukey’s Test). Das Insert zeigt die in den RTL-W1-Zellen parallel gemessene Zellvitalität. Benzofuran geben. Insgesamt deuten die Ergebnisse auf eine bisher unberücksichtigte Gruppe umweltrelevanter, niedermolekularer Substanzen mit der Fähigkeit hin, zumindest auf dem hier untersuchten biochemischen Signaltransduktionsweg wie Dioxine zu wirken. Dabei sind diese Substanzen als nichtklassische EROD-Induzierer einzustufen, da sie weder in Größe noch in Struktur typischen EROD-Induktoren, wie TCDD und PAKs, ähneln. Tatsächlich wurden über die vergangenen 10 Jahre eine Reihe „nicht-klassischer“ EROD-Induktoren beschrieben. Verschiedene Hypothesen gehen davon aus, dass solche Substanzen den AhR auf Wegen aktivieren können, die nicht von einer Ligandenbindung an den Rezeptor abhängen (DELESCLUSE et al. 2000). Da das Aufdecken solcher Mechanismen zu einem völlig neuen Verständnis toxikologischer Wirkungen derartiger Substanzen führen kann, haben wir begonnen, die Regulation der EROD-Induktion durch Benzofuran, Indan und Inden näher zu charakterisieren. Trotz der erfolgreichen Identifikation einiger EROD-Induktoren im Grundwasser im Anstrom der Benzolanlage am Standort Zeitz war der Anteil an biologischer Wirkung, welcher anhand der Potenz dieser Substanzen vorausgesagt werden konnte, im Vergleich zu der tatsächlich gemessenen EROD-Induktion im Grundwasser gering. Zwei Ursachen können dafür angeführt werden. Erstens deuten die Ergebnisse darauf hin, dass ein Großteil der tatsächlichen EROD-Induktoren im Grundwasser bisher nicht analysiert wurden. Eine gezielte, über die biologische Wirkung (d. h. die EROD-Induktion) geleitete, Fraktionierung mit anschließender Substanzidentifikation könnte zukünftig diese Wissenslücke schließen helfen. Dabei ist die Identifikation toxikologisch relevanter Substanzen vor allem im Hinblick auf gezielte Sanierungsstrategien von Bedeutung. So gelang es z. B. BRACK & SCHIRMER (2003) die EROD-Induktion, welche durch ein stark mit unpolaren organischen Substanzen belastetes Fließgewässersediment in RTL-W1 Zellen hervorgerufen wurde, auf bisher in der Routineanalytik nicht berücksichtigte, hoch-potente Substanzen zurückzuführen. In diesem Zusammenhang wurden bereits auf CYP1A-Induktoren abgestimmte Fraktionierungsschemata etabliert (BRACK et al. 2003), welche es nun auf nieder-molekulare, polarere Substanzen zu erweitern gilt. Eine zweite Ursache für die Diskrepanz zwischen vorhergesagter und gemessener EROD-Induktion kann eine synergistische Mischungswirkung der identifizierten EROD-Induzierer und/oder anderer Substanzen im Grundwasser sein. Immerhin führte der, durch HALLGREN & DARNERUD (2002) beschriebene, synergistische Effekt durch Chlor-Paraffine auf bromierte Diphenylether zu einer siebenfachen Steigerung der ERODInduktion in der Leber von Ratten. Daraus folgt, dass Mischungsexperimente für das Verständnis und die Vorhersagbarkeit von Dioxin-ähnlichen Wirkungen zukünftig unabdingbar sind. Unter Berücksichtigung der vielfältigen und langfristigen Nutzung der Industrieanlage in Zeitz, mit Kohle und Öl als Ausgangstoffe für chemische Syntheseverfahren, ist das Auffinden von Dioxin-ähnlichen Wirkungen im unbehandelten Grundwasser nicht überraschend. Auffällig war jedoch die eng begrenzte Lokalisation entsprechender Grundwasserprobennahmestellen im Anstrom und westlich der ehemaligen Benzolanlage, nicht aber direkt auf dem Gelände oder im Abstrom derselben. Daraus leiteten wir zunächst die Hypothese ab, dass hohe Benzolkonzentrationen, welche direkt unter der ehemaligen Anlage (GWMS 507/97) bis 30 % der Wasserlöslichkeit von Benzol erG r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw 39 Fachbeiträge reichten, eine Induktion der EROD-Aktivität in RTL-W1 hemmten. In Mischungsexperimenten mit der Modellsubstanz TCDD und mit Benzol fanden wir tatsächlich eine signifikante Hemmung der TCDD-induzierten EROD-Aktivität (Abb. 5). Mit einer konservativen Bewertung kann von einer Hemmung der ERODAktivität bei Benzolkonzentrationen von mehr als 1 · 105 µg/l ausgegangen werden. Allerdings enthielten nur acht der insgesamt 32 Probennahmestellen Benzolkonzentrationen, welche über diesem Wert lagen. Um weitere signifikante Hemmeffekte durch die Grundwassermatrix auszuschließen, wurde zudem eine Grundwasserprobe (SafZZ 12A-1/00), welche einen bekannten Gehalt an Benzol von ca. 1 · 105 µg/l hatte, mit unterschiedlichen Konzentrationen an TCDD versetzt und ebenfalls auf die Fähigkeit zur EROD-Induktion untersucht. Dabei zeigte sich eine Reduktion von ca. 25 % des Potenzials von TCDD zur maximalen Induktion der EROD-Aktivität. Diese Reduktion lässt einen kompletten Verlust der EROD-Induktion durch 1 · 105 µg/l Benzol und die Grundwassermatrix in natürlich gelassenen Grundwasserproben unwahrscheinlich erscheinen. Dieses Ergebnis bestätigt Erfahrungen mit original belassenen Wasserproben aus Industrieausläufen, welche ebenfalls die Sensitivität eines optimierten Zellbioassays für den Nachweis zytotoxischer Wirkungen nicht oder nur wenig beeinflussten (DAYEH et al. 2002). Um die eng begrenzte Lokalisation von Grundwasserprobennahmebrunnen mit signifikanter EROD-Induktion dennoch erklären zu können, postulierten wir schließlich eine zweite Hypothese. Diese sagt aus, dass der hohe Anteil an residualem Benzol in der Aquifermatrix zu einer Partitionierung von anströmenden Grundwasserkontaminanten in die residuale Benzolphase hinein führt. Dies bedeutet, dass Benzol die Löslichkeit und den Transport anströmender Substanzen so verändert, dass letztere durch Benzol zunächst retardiert werden. Erst mit, und zum Teil auch erst nach, dem Herauslösen der residualen Benzolphase aus dem Aquifer werden diese retardierten Substanzen in die wässrige Phase zurück gelöst. Tatsächlich konnte diese Hypothese sowohl durch eine Grundwasserfluss- und Schadstofftransportmodellierung (RUSSOLD et al. 2003, RUSSOLD 2003), als auch mittels eines kleinskaligen Durchflusssäulenexperimentes (RUSSOLD 2003) bestätigt werden. Eine detaillierte Aufarbeitung dieser Hypothese ist nicht das Ziel der hier präsentierten Arbeit. Da jedoch diese Hypothese aus der vorliegenden Arbeit heraus entwickelt wurde, zeigt sie, wie biologische Grundwasseranalysen zusätzlich zur Identifikation toxikologisch relevanter Substanzen zum Verständnis der Verteilung und damit des Transportes dieser Substanzen herangezogen werden können. Schlussfolgerungen Zusammenfassend stellt diese Arbeit das Potenzial und die Relevanz biologischer Grundwasseranalysen bei der Charakterisierung belasteter Standorte und bei der Entscheidungsfindung für oder wider bestimmte Sanierungsstrategien unter Beweis. Speziell für die langfristige Sanierung mittels „Natural Attenuation“ am Standort der früheren Benzolanlage in Zeitz empfehlen wir in Bezug auf Dioxin-ähnlich wirkende Substanzen eine detaillierte chemisch-biologische Analyse relevanter Kontaminanten im Anstrom. Diese Analyse könnte auf zwei Wegen 40 G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw erfolgen. Der mikrobielle Abbau EROD-induzierender Grundwasserkontaminanten könnte in Kombination mit den biologischen Wirkungstests an Gesamtwasserproben untersucht werden, um Aussagen über die Abbaubarkeit der EROD-induzierenden Wirkung, speziell im Vergleich mit dem intrinsischen Abbau z. B. von Benzol oder Toluol, treffen zu können. Eine zweite, weitere Option wäre die Identifikation relevanter Grundwasserkontaminanten im Anstrom mittels der bereits vorgeschlagenen Biotest-geleiteten Fraktionierung. Aus der Identität der Substanzen könnte auf ihre Mobilität im Untergrund und auf ihre Bedeutung für die Qualität von Grundwasser im Allgemeinen und für den Standort Zeitz im Speziellen geschlossen werden. Diese Informationen sind z. B. für eine langfristige Betrachtung des Standortes wichtig, da sie Hinweise auf eine eventuell notwendige Neubewertung der Grundwasserqualität nach Reduzierung des Hauptschadstoffes Benzol geben können. Das auf der RTL-W1 Zelllinie beruhende Indikatorsystem für Dioxin-ähnlich wirkende Substanzen mittels der Messung der EROD-Induktion wäre dabei für beide Wege der chemisch-biologischen Analyse geeignet. Danksagung Unzählige fleißige Hände haben zum Gelingen dieses Forschungsvorhabens beigetragen. Unser spezieller Dank gilt Peggy Wellner, Dörte von Seggern, Petra Keil, Stephanie Knauert, Iris Christmann und Ingrid Ränker für ihre technische Unterstützung, sowie Rolf Altenburger, Werner Brack und Mario Schirmer für viele konstruktive Diskussionen. Finanziell unterstützt wurde diese Arbeit im Rahmen des RETZINA (Referenztestfeld Zeitz zur Implementierung des Natural Attenuation Ansatzes) Projektes durch das BMBF und den Projektträger Wassertechnologie und Schlammbehandlung (Förderkennzeichen 02WT0041). Literatur Abbott, B.D., Perdew, G.H., Birnbaum, L.S. (1994): Ah receptor in embryonic mouse palate and effects of TCDD on receptor expression.- Toxicol. Appl. Pharmacol. 126: 16–25. Ahne, W. (1985): Use of fish cell cultures for toxicity determination in order to reduce and replace the fish tests.- Zentralblatt für Bakteriologie, Mikrobiologie und Hygiene [B] 180: 480–504. Baun, A., Jensen, S.D., Bjerg, P.L., Christensen, T.H., Nyholm, N. (2000): Toxicity of organic chemical pollution in groundwater downgradient of a landfill (Grindsted, Denmark).- Environ. Sci. Technol. 34: 1647–1652. Baun, A., Reitzel, L.A., Ledin, A., Christensen, T.H., Bjerg, P.L. 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Zwischen beobachteten und berechneten Durchbruchskurven wurde eine gute Übereinstimmung erzielt, sodass das Modell für die Planung weiterer Feldexperimente und als Grundlage für eine reaktive Transportmodellierung genutzt werden kann. Die hydraulischen Leitfähigkeiten im Untersuchungsgebiet ändern sich in vertikaler und horizontaler Richtung im Bereich weniger Dezimeter z. T. stark, was von dem numerischen Modell nur begrenzt wiedergegeben werden kann. Für die Modellierung der Tracerausbreitung ist die Kenntnis der Kf-Wert-Verteilung im Bereich des Infiltrationsbrunnens besonders wichtig, weil sie die Struktur der Tracerfahne im Abstrom wesentlich beeinflusst. Die Wahl des numerischen Verfaha33333333333333333333333333333333333 Dipl.-Geol. S. Gödeke, Dr. H. Weiß, UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Department Grundwassersanierung, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig, Telefon: 0341-235-2333, Telefax: 0341-235-2126 E-Mail: stefan.goedeke@ufz.de Prof. Dr. H. Geistlinger, PD Dr. habil. M. Schirmer, UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Department Hydrogeologie, Theodor-Lieser-Str. 4, 06120 Halle (Saale) Dipl.-Geoökol. A. Fischer, Dr. habil. H.H. Richnow, UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Department Bioremediation, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig Eingang des Beitrages: 25.11.2003 Eingang des überarbeiteten Beitrages: 27.12.2003 rens für die Lösung der Transportgleichung hatte bei der Kalibrierung des Strömungsmodells einen großen Einfluss. Während mit dem in MT3DMS vorhandenen TVD („Total Variation Diminishing“)-Algorithmus eine akzeptable Lösung gefunden wurde, zeigten sich bei der Verwendung des MOC („Method of Characteristics“)-Verfahrens signifikante Fehler in der Massenbilanz. Abstract Flow and Transportmodelling at the Natural Attenuation Site Zeitz Reliable numerical models are of primary importance for the evaluation of Natural-Attenuation processes at field sites. Modelling the flow and transport of a conservative tracer, a more realistic distribution of the hydraulic conductivity values for the numerical model was achieved and a good fit between calculated and observed breakthrough curves was obtained. The flow model can be used for the planning of future field experiments and constitute the basis for reactive transport simulations. The hydraulic conductivity distribution estimated from sieve analysis resulted in an underestimation of the transport velocities. Large changes of hydraulic conductivities in vertical and horizontal direction can only partially be reflected by the numerical model. Small-scale heterogeneities and changing hydraulic conditions affect the certainty of the prediction. For the simulation of the tracer spreading, the knowledge of the hydraulic conductivity distribution around the injection well is of prime importance. While the TVD (”Total Variation Diminishing“) method showed acceptable results, the MOC (”Method of Characteristics“) method produced large mass balance errors. Einleitung Die hier vorgestellten Arbeiten sind Teil des vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten RETZINA-Projektes (REferenzTestfeld Zeitz zur Implementierung des „Natural-Attenuation“-Ansatzes, BMBF Förderkennzeichen 02WT0041). Das RETZINA-Verbundvorhaben ist wiederum Bestandteil des Forschungsschwerpunkts SAFIRA (SAnierungsForschung In Regional kontaminierten Aquiferen) am UFZ – Umweltforschungszentrum Leipzig/Halle (UFZ). DOI 10.1007/s00767-004-0016-0 G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw 3 Fachbeiträge Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurde am Standort des ehemaligen Hydrierwerks Zeitz ein Referenztestfeld zur Untersuchung der natürlichen Schadstoffrückhalte- und Abbauprozesse (Natural-Attenuation(NA)) eingerichtet. Aufbauend auf die Standort-Infrastruktur (Bohrungen, hydraulische Untersuchungen, geophysikalische Messungen etc.) wurde in den Jahren 2000 bis 2003 an Fragen der praktischen Implementierung des „Natural-Attenuation“-Konzepts gearbeitet. Im Vordergrund stand dabei die Frage, inwieweit die vor kurzem im Wesentlichen in den USA entwickelten Leitfäden umsetzbar sind. Die Anforderung an die Standorterkundung im Hinblick auf ihre Eignung, NA-Prozesse zu erfassen, muss kritisch betrachtet werden. Weiterhin muss noch geklärt werden, inwieweit eine Abnahme der messbaren Konzentrationen allein aufgrund von Verdünnung und Dispersion (Mischung) bei der Anwendung von NA berücksichtigt werden kann. Besonders kritisch gesehen wird die Bewertung der Aussagesicherheit in Bezug auf die Prognose langer Zeiträume, die typisch für Natural-Attenuation (NA)-Vorhaben sind. Hier besteht erheblicher Entwicklungs- bzw. Nachbesserungsbedarf. Die beteiligten Institutionen (Universität Tübingen, Universität Kiel und UFZ) des RETZINA-Verbundvorhabens arbeiten auf verschiedenen Gebieten z. T. seit mehr als 8 Jahren an der Entwicklung innovativer, sowie räumlich und zeitlich integraler Messverfahren. Diese sind für die Quantifizierung der NA-Raten im Feldmaßstab unbedingt erforderlich. Numerische Simulationen sind für den Nachweis und die Erfassung von NA-Prozessen im Grundwasser unerlässlich. Insbesonders reaktive Transportmodellierungen sind für die Einschätzung der unterschiedlichen Prozesse (wie z. B. Dispersion und mikrobiologischer Schadstoffabbau) von großer Bedeutung (SCHIRMER et al. 2000, MAYER et al. 2001, SCHÄFER 2001). Wichtige Ziele der Modellierungen sind Abschätzungen der Schadstofffrachten sowie Prognosen über die mögliche Ausdehnung einer Schadstofffahne. Die Grundlage hierfür ist ein detailliertes hydrogeologisches Modell (OSWER 1997). Für den Aufbau eines numerischen Grundwasserströmungsmodells, welches die Basis für eine reaktive Transportmodellierung darstellt, werden in der Regel eine Vielzahl von Daten aus unterschiedlichen Bereichen benötigt (FH-DGG 1999), wie Topographie (z. B. Relief, Gewässernetz, etc.), Hydrologie (z. B. Vorfluterverhältnisse, Niederschlag), Geologie (z. B. Stratigraphie) und Hydrogeologie (z. B. Kf-Wert-Verteilungen, Grundwasserstände). Ein wesentlicher Schritt bei der Entwicklung des numerischen Modells ist die Festlegung und die Zusammenfassung hydrogeologischer Einheiten mit vergleichbaren hydraulischen und hydrochemischen Eigenschaften (ANDERSSON & WOESSNER 1992). Dieser Prozess beinhaltet zumeist eine Vereinfachung bzw. Schematisierung der geologischen Verhältnisse. Auch wenn die für den Aufbau verwendeten Techniken und Methoden sehr unterschiedlich sein können, haben sie alle das Ziel, die Änderung eines untersuchten Grundwassersystems auf jegliche äußere Beanspruchung (z. B. Pump-Maßnahmen) vorherzusagen. Allerdings besteht für jedes Modell ein einheitliches Problem: die sich ergebenden Lösungen sind nicht eindeutig. (MCLAUGHLIN & TOWNLEY 1996, CASTRO & GOBLET 2003). Die Variation von Randbedingungen, Kf-Werten und Transmissivitäten eines Modells ermöglichen verschieden gleich gute Lösungen für die Anpassung berechneter Daten an im Feld gemessene Werte. Daher ist es von besonderer Bedeutung, das entwickelte numerische Strömungsmodell mit Felddaten zu überprüfen und gegebenenfalls erneut zu kalibrieren (OSWER 1997). Die Überprüfung des numerischen Modells kann z. B. mit Daten von geophysikalischen Messungen, Pumpversuchen oder Tracerversuchen erfolgen (FH-DGG 1999). Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Ergebnisse von Strömungsmodellierung und Tracer-Transportmodellierung auf Basis eines hydrogeologischen Standortmodells darzustellen und zu diskutieren. Diese sollen später als Grundlage für eine reaktive Transportmodellierung dienen. Abb. 1: Lage des Untersuchungsgebietes mit Detailausschnitt des Tracerversuchsgebietes, sowie Lage des hydrogeologischen Profilschnittes (A–B). Dargestellt sind der ehemalige Bebauungsstand aus dem Jahre 1990 und die Lage der Grundwassermessstellen (schwarze Punkte). 4 G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw Fachbeiträge Historischer Überblick des Standortes Zeitz Das ehemalige Hydrierwerk Zeitz liegt am Südrand des Weißelsterbeckens ca. 40 km südlich von Leipzig. Es wurde 1939 gegründet, um Treibstoffe, Schmierstoffe, Paraffin und Benzen für die Kriegsindustrie zu produzieren. Die auf Braunkohle basierende Produktion kam in vielen Bereichen zum Stillstand, als das Altwerk in den Jahren 1944/45 bei Luftangriffen nahezu vollständig zerstört wurde. Durch beschädigte Rohrleitungen und Tanks konnten große Mengen meist flüssiger Kohlenwasserstoffe im Untergrund versickern. Im Jahr 1963 erfolgte der Beginn der Benzenproduktion in der dafür eigens konstruierten Benzenanlage. Der Untersuchungsstandort des RETZINAProjektes liegt im Grundwasserabstrom der Fläche der ehemaligen Benzenanlage. (Abb. 1). Das Rohprodukt für die Benzengewinnung hatte eine charakteristische Zusammensetzung (Tab.1, HENNING et al. 1979). Die Hauptkontaminanten im Grundwasser sind Benzen mit Konzentrationen von max.1 g/l und Toluen mit Konzentrationen bis zu 50 mg/l. Aufgrund des geringen Massenanteils von Toluen im Einsatzprodukt würde man derartig hohe Toluenkonzentrationen im Grundwasser zunächst nicht erwarten (siehe Tab. 1). Durch die Extraktivdestillation lag Toluen allerdings im so genannten „Sumpf-Produkt“ in erhöhten Konzentrationen vor. Hauptursachen der Grundwasserkontamination sind vermutlich Leckagen im Produktkreislauf, sowie undichte unterirdische Entwässerungsleitungen. Durch die Zerstörung der oberen Deckschichten als Folge der Bombardierung konnten die Schadstoffe leichter in den Boden eindringen. Nach der Stillegung der Produktion 1990 begann der Rückbau sämtlicher Anlagen. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur in Folge der Kriegseinwirkungen, sondern über den gesamten Produktionszeitraum Kontaminationen in das Grundwasser gelangten. Dies belegt der Nachweis von Dimethylformamid im Grundwasser, welches erst ab 1974 in der Benzenanlage als Lösungsmittel eingesetzt wurde. Hydrogeologischer und hydrochemischer Überblick Das Untersuchungsgebiet befindet sich am Südrand des Weißelsterbeckens auf einer Flussterrasse der Weißen Elster. Die tertiären und quartären Schichten fallen grundsätzlich dach- Tab. 1: Zusammensetzung des Rohproduktes für die Benzen-Produktionsanlage Zeitz Komponente Masse [%] Benzen 82,86 Methylcyclopentan 8,11 Cyclohexan 2,93 n-Hexan 1,23 Cyclopentan + 2,3- u. 2,2- Dimethylbutan 0,92 2-Methylhexan 0,56 1 trans 2-Dimethylcyclopentan + 2,2,4-Trimethylpentan 0,53 3-Methylhexan 0,48 2-Methylpentan 0,42 1 cis 3-Dimethylcyclopentan 0,39 3-Methylpentan 0,37 n-Heptan 0,35 3-Äthylpentan + 1 trans 3-Dimethylcyclopentan 0,31 2,3-Dimethylpentan + 1,1 Dimethylcyclopentan 0,21 Isopentan 0,07 Toluen u.a. 0,07 n-Pentan 0,06 Methylcyclohexan 0,06 n-Butan 0,03 1 cis 2-Dimethylcyclopentan 0,03 Äthylcyclopentan 0,02 ziegelartig nach Norden und Nordosten ein, sodass im Süden die älteren Schichten oberflächennah anstehen und im Norden bzw. Nordosten die jüngeren Ablagerungen vorliegen (EISSMANN & LITT 1994). Die hydrogeologische Situation im Bereich des Testfeldes ist durch zwei Aquifersysteme gekennzeichnet, welche durch Ton und Braunkohlenschichten voneinander getrennt sind. Die beiden Aquifere werden im folgenden Text als oberer und unterer Aquifer angesprochen. In der unmittelbaren Umgebung des Untersuchungsstandortes ist dieser Stauerkomplex diskontinuierlich und z. T. nicht vorhanden. Die Grundwasserfliessrichtung ist prinzipiell nach N-NO zum Vorfluter Weiße Elster gerichtet. Der Grundwasserstand liegt bei 8–10 m unter Abb. 2: Schematisches hydrogeologisches Profil (ZRichtung zweifach überhöht) G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw 5 Fachbeiträge Flur. Der Grundwasserleiter baut sich aus quartären (Elsterund Saale-Glazial) und tertiären Kiesen und Sanden auf. Diese lassen sich als Bildung eines „braided river“-Systems charakterisieren. Ablagerungen dieses Typs sind verantwortlich für Heterogenitäten, welche die lokale Grundwasserströmung entscheidend beeinflussen (HEINZ et al. 2003). Die Mächtigkeit des oberen Aquifers schwankt zwischen wenigen dm und 9 m, wobei Ablagerungen mit einer geringen Durchlässigkeit das Grundwasser lokal stauen und steile hydraulische Gradienten verursachen. Diese Ablagerungen stehen in Verbindung mit lokalen Hochlagen des flözführend liegenden Tonkomplexes, der eine Mächtigkeit von bis zu 20 m aufweist (Abb. 2). Im südlichen Teil des Untersuchungsgebietes nimmt die Mächtigkeit des Grundwasserstauers stark ab und ist stellenweise unterbrochen. Die überwiegend in den Tonkomplex eingebettete Kohle weist einen hohen Schwefelgehalt (ca. 2 %) auf. Darüber folgen quartäre Flussschotter der Elster, sowie ein Lösslehmkomplex. Die oberste Schicht wird von anthropogenen Ablagerungen gebildet, die eine Mächtigkeit von bis zu 2,5 m erreicht. Die Schichten fallen, bedingt durch die abfallende Tertiärbasis, nach N bzw. NO ein. Die paläogeographische Lage und Dynamik des damaligen Flusssystems haben die Schichtung der quartären und tertiären Ablagerungen entscheidend beeinflusst. Als Folge von synsedimentären und subrosiven Prozessen sind die Mächtigkeiten der Schichten variabel und z. T. gegeneinander versetzt. Der Haupt-Elektronenakzeptor am Standort ist Sulfat (WACHTER et al. 2004). Deutlich verringerte Sulfatwerte im Vergleich zu Messstellen außerhalb des Testfeldes, sowie erhöhte Hydrogenkarbonat- und Methanwerte zeigen einen In-situ-Abbau der Schadstoffe an. Allerdings liegen die Benzengehalte im Grundwasser 150 m im Abstrom zum Schadensherd z. T. noch über 300 mg/l. Die Ausbreitung der Toluenfahne im Grundwasser ist deutlich geringer als die Ausbreitung der Benzenfahne. Hydraulische Parameter Zur Ermittlung von hydraulischen Kenngrößen wurden Pumpversuche, Siebanalysen und Slug-Bail-Tests ausgewertet. Die Zeit-Absenkungskurven der Pumpversuche wurden nach den Methoden von Cooper-Jacob und die Wiederanstiegskurven nach der Theis-Gleichung bzw. modifizierten Theis-Gleichung für ungespannte Aquifere ausgewertet (KRESIC 1997, GFE 2001). Die Siebproben wurden nach dem Verfahren von Beyer analysiert (BEYER 1964, GFE 2001). Bei den feinkörnigen Materialien (Schluff, Ton und Kohle) erfolgte die Bestimmung der hydraulischen Leitfähigkeit (Kf-Werte) in Durchlässigkeitsversuchen mittels Triaxialzelle (PRINZ 1991). Anhand der Siebanalysen wurden die Kf-Werte für die einzelnen Aquifermaterialien bestimmt (Tab. 2). Siebwerte oberhalb des Grundwasserspiegels sind in der Statistik nicht berücksichtigt. Es zeigte sich, dass abgesehen von den Materialien Kohle und Ton, die Durchlässigkeiten über einen großen Bereich schwanken. Die Mediane der Kf-Werte bei Feinkies und Grobsand liegen sehr eng zusammen. Entscheidend für die Durchlässigkeitsbestimmung einer Probe ist generell der Feinkornanteil. Durchweg niedrigere hydraulische Durchlässigkeiten wiesen Proben aus der ungesättigten Zone auf. Die Varianz (σ²ln kf) der aus den Sieb-Werten berechneten ln-transformierten hydraulischen Leitfähigkeiten ergab für den oberen Grundwasserleiter einen 6 G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw Tab. 2: Statistische Auswertung der Kf-Wert Bestimmungen aus Siebwertproben der einzelnen geologischen Materialien hinsichtlich Minimum, Maximum und Median (kompletter Datensatz) Material Median Kf [m/s] Minimum Maximum Anzahl Feinkies 3,9 · 10–4 7,80 · 10 –6 2,54 · 10 –2 186 Grobsand 3,7 · 10–4 2,32 · 10 –5 2,46 · 10 –3 104 –4 4,17 · 10 –6 9,33 · 10 –4 139 8,20 · 10 –12 9,50 · 10 –5 25 Mittelsand 1,5 · 10 –8 Schluff 9,00 · 10 Ton 1,76 · 10 –10 Kohle 8,95 · 10 –9 2,32 · 10 –11 1,73 · 10 –9 6,99 · 10 –10 1,55 · 10 –8 13 5 Wert von 2,86 und für den unteren Grundwasserleiter einen Wert von 1,83. Im Vergleich hierzu wurden für das Testfeld in Borden, Ontario (SUDICKY 1986) eine Varianz σ²ln kf von 0,38 und für den Aquifer der Horkheimer Insel (PTAK & TEUTSCH 1994) eine Varianz σ²ln kf von 2,38 ermittelt. Aufgrund der Heterogenität des Aquifers wurde bei den durchgeführten Tracerversuchen erwartet, dass die Ausbreitung des Tracers durch präferenzielle Fließwege beeinflusst wird. Modellierung der stationären Strömungsverhältnisse Für die Erstellung des geologischen Standortmodells wurde die Software Gocad (MALLET 1993) genutzt (GYÖRÖSI 2001). Dabei erfolgte eine Klassifizierung der Materialien Ton, Tertiärbasis-Ton, Braunkohle, Schluff, Sand, Grobsand und Kies anhand der geologischen Bohrkernaufnahme (s. a. Abb. 2). Ein wesentlicher Schritt bei der Anfertigung des Modells war die räumliche Interpolation der vorhandenen stratigraphischen Schichten mittels einer Kombination aus 1D-und 2D-Kriging. Die Strömungs- und Transport-Modellierung erfolgte mit Modflow (HARBOUGH & MCDONALD 1996) und MT3DMS (ZHENG & WANG 1999) unter der Oberfläche von GMS 4.0 (Groundwater Modeling System). Das Modell wurde je nach Erkundungsstand des Testfeldes aktualisiert. Bis heute wurden 70 Kernbohrungen (Ø 150 mm) für die Erkundung des oberen Grundwasserleiters abgeteuft und als Grundwassermessstellen ausgebaut. Weitere 50 Messstellen wurden mit der Geoprobe-Technologie eingerichtet (DIETRICH & TEUTSCH 2001). Die Diskretisierung des Modells in x,y,z – Richtung beträgt 5 m × 5 m × 0,5 m. Die Schichtmächtigkeit ist konstant. Um die Rechenzeit zu verkürzen, wurde das zunächst in 113 Schichten unterteilte Modell auf 20 repräsentative Schichten des oberen Grundwasserleiters reduziert und der Ausschnitt auf 250 m × 250 m × 10 m begrenzt. Die Grundwasserneubildung wurde mit einem Wert von 190 mm/a im Modell berücksichtigt (LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ SACHSEN-ANHALT 1999). Die Berechnung der Grundwasserneubildung beruht auf dem Bagrov-GluglaVerfahren (GLUGLA & TIEMER 1971). Als Randbedingungen werden Festpotenziale an allen 4 Rändern im Modell verwendet. Die Kf-Werte für die klassifizierten Materialien (s. o.) wurden anhand der Kf-Wert Bestimmungen aus Siebwertproben im Modell berücksichtigt (siehe Medianwerte Tab. 2). Während des Kalibrierungsprozesses erfolgte in einem iterativen Prozess die Änderung der Randbedingungen, wobei sich an den Was- Fachbeiträge Für die effektive Porosität wurde in Anlehnung an Entwässerungsversuche ein Wert von 0,25 für alle hydraulisch aktiven Fazies angenommen (GFE 2001). Die vertikalen hydraulischen Leitfähigkeiten sind mit einem Betrag von 1/10 der horizontalen hydraulischen Leitfähigkeit im Modell berücksichtigt. Die Modellierung der Tracer-Ausbreitung erfolgte instationär für einen Zeitraum von 50 Tagen (siehe Tab. 4 für die Parameter der Tracer-Modellierung). Vor der Modellierung der Tracerausbreitung durch MT3DMS erfolgte mittels Modpath (POLLOCK 1994) die Überprüfung der Fließrichtung und Ankunftszeit des Tracers. Der Tracer breitet sich dabei nicht in Hauptfließrichtung (N bzw. NO), sondern in N-NW Richtung aus. Die mittlere Abstandsgeschwindigkeit im Gesamtgebiet beträgt 0,5 m/d, während sie im Tracerversuchsgebiet bei 1,5 m/d liegt. Unter der Annahme, dass die ermittelten Porositäten von größerer Genauigkeit als die hydraulischen Durchlässigkeiten sind, wurden die Porositäten während der Kalibrierung nicht verändert. Bei der Modellanpassung wurden die longitudinale Dispersivität und die Kf-Werte der hydraulisch aktiven Fazies Sand, Grobsand und Kies variiert. Es zeigte sich, dass die auf den Siebwerten basierenden hydraulischen Leitfähigkeiten zu einer deutlichen Unterschätzung der Tracer-Ausbreitungsgeschwindigkeit führten (siehe Tab. 2), speziell für Mittelsand: 1,5 · 10–4, Grobsand 3,7 · 10–4 und Feinkies 3,9 · 10–4 [m/s]. Die Pumpversuche ergaben im Vergleich hierzu für den oberen Grundwasserleiter Modellierung der Ausbreitung einen Mittelwert 4,4 · 10–4 [m/s] sowie von 5,1 · 10–4 im Mittel des konservativen Tracers Bromid bei Verwendung des Slug-Bail-Tests. Im Laufe des Anpassungsprozesses ergaben sich daher für die Die untersuchte Fließstrecke des Tracers beträgt 35 m. Es wurde Materialien Sand, Grobsand und Kies höhere horizontale hyinsgesamt eine Masse von 10 kg Kaliumbromid über einen Zeit- draulische Leitfähigkeiten mit Werten von 1,5 · 10–4, 6,5 · 10–4 raum von 7 h in die Messstelle Saf Zz 8 eingespeist (Tab. 3, Abb. 2). und 6,9 · 10–4 [m/s]. Die Abbildungen 3–7 stellen die mit der Die Multilevel-Messstellen (Geoprobe-Technologie) sind in zwei TVD-Methode modellierten Durchbruchskurven gegenüber Beobachtungsreihen angeordnet. Die Entfernung der Beobach- den experimentell ermittelten Durchbruchskurven der vorderen tungsreihen zum Infiltrationsbrunnen betragen 24 bzw. 35 m. und hinteren Beobachtungsreihe des besten AnpassungsergebDie Probennahme an den Messstellen erstreckte sich über einisses dar (siehe auch Abb. 1 für die Lage der Messstellen). Die nen Zeitraum von 4 Monaten. Die Lage der Minidruckpumpen (Förderrate: 1,5–2,5 l/h) der hinteren Beobachtungsreihe befinTab. 4: Parameter für Tracerversuchsmodellierung det sich generell einen halben Meter tiefer als die der vorderen Reihe. Je nach Tiefe der Minidruckpumpen konnten die einzelGröße Modellgebiet (x,y,z) 250 m × 250 m × 10 m nen Messpunkte den jeweiligen Modellschichten zugeordnet Diskretisierung ∆x, ∆y, ∆z 5 m × 5 m × 0,5 m werden. Lokal: 1 m × 1 m × 0,5 m Um numerische Dispersion zu minimieren, wurde das Gitter lokal feiner diskretisiert. Die Zellengröße und die Wahl der Anzahl Zellen 132.000 Zeitschritte wurden so gewählt, dass Peclet- und Courant-Kri- Berechnungszeitraum 50 d terium erfüllt sind. Die Gitter-Peclet-Zahl sollte generell imZeitschritt ∆t 0,0135 d mer kleiner gleich 2 sein. Bei einer expliziten Zeit-Diskretisierung muss das Courant-Kriterium < 1 sein (RAUSCH et al. 2002). hydraulische Leitfähigkeiten Sand: 1,5 · 10–4 serständen in der Nähe des Modellrands befindlicher Messstellen orientiert wurde. Mit einem mittleren absoluten Fehler von 8,8 cm (∆ h), bezogen auf einen gesamt ∆ h von 1,8 m konnte ein befriedigendes Kalibrierungsergebnis erzielt werden. Im Hinblick auf die nachfolgende Transportmodellierung und die variablen hydraulischen Verhältnisse am Standort, war es von entscheidender Bedeutung, die Kalibrierung des Modells mit einem zum Zeitpunkt des Tracerversuches aktuellen Datensatz (Mai 2003) durchzuführen, weil erhebliche Grundwasserspiegelschwankungen im Untersuchungsgebiet vorkommen. Dies wird durch einen Grundwasseranstieg von ca. 2 m im Zeitraum Mai 2002 bis Januar 2003 deutlich. In diesem Zeitraum wurden die stärksten Grundwasserspiegelschwankungen beobachtet. Bei der Strömungsmodellierung zeigte sich, dass im mittleren Bereich des Untersuchungsgebietes eine Zone verminderter hydraulischer Leitfähigkeit vorliegt, welche einen steilen hydraulischen Gradienten und im unmittelbaren Grundwbstrom erhöhte Abstandsgeschwindigkeiten verursacht. In diesem Zusammenhang wird die Mächtigkeit des oberen Aquifers z. T. stark reduziert. Pumpversuche in diesem Gebiet ergaben, dass kein hydraulische Kontakt zwischen benachbarten Messstellen besteht (MYKSIS 2001), was mit dem numerischen Modell bestätigt werden konnte. Tab. 3: Einleitbedingungen des Tracerversuchs Tracer (Menge [kg]) Kaliumbromid (10) Eingabekonzentration [g/l] 1,34 Infiltrationsrate [l/s] 0,24 Infiltrationsdauer [h] 7 Einhängtiefe Pumpe [m u. GOK] 12,5 Infiltrationsbrunnen Saf Zz 8/99 Filterlänge [m] 6 der klassifizierten Materialien [m/s] Grobsand: 6,5 · 10–4 Kies: 6,9 · 10–4 effektive Porosität (Grundwasserleiter) 0,25 mittlerer hydraulischer Gradient (lokal) 0,01 mittlere Fließgeschwindigkeit (lokal) 1,5 m/d Gitter-Peclet-Zahl 2 Courant-Zahl 0,01 longitudinale Dispersivität αL / transversale Dispersivität αT 0,05 longitudinale Dispersivität αL / vertikale Dispersivität αV 0,01 G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw 7 Fachbeiträge 8 Abb. 3: Modellierte und experimentelle Tracerdurchbruchskurve des Tracers Bromid für Geo 444 (Pumpentiefe: 135,92 mNN, maximal beobachtete Konzentration: 107 mg/l) Abb. 4: Modellierte und experimentelle Tracerdurchbruchskurve des Tracers Bromid für Geo 466 (Pumpentiefe: 136,52 mNN, maximal beobachtete Konzentration: 133 mg/l) Kurven sind dabei auf die jeweilige Maximalkonzentration normiert. Es handelt sich um die Durchbruchskurven mit den im Abstrom auftretenden höchsten gemessenen Konzentrationen (95–133 mg/l). Das verhältnismäßig langsame Abfallen der Konzentrationen ist ein deutliches Anzeichen von Heterogenitäten sowie über die Fließstrecke variierende hydraulische Leitfähigkeiten. So verringern sich z. B. die Abstandsgeschwindigkeiten von 3 m/d über die Fließstrecke auf 0,4 m/d. Die experimentell ermittelten Konzentrationen der Kurven weichen z. T. deutlich von den simulierten Konzentrationen ab. Dennoch konnte für die modellierten Kurven generell ein gutes Anpassungsergebnis erzielt werden. Im Unterschied zu Messergebnissen erreicht der Tracer im Modell die Messstelle Geo 183 etwas zu früh (Abb. 8). Die späte Ankunft des Tracers mit Konzentrationen bis zu 45 mg/l nach 55 Tagen bei Messstelle Geo 4 (siehe Abb. 1) konnte vom Modell nicht wiedergegeben werden. Dieser Messpunkt liegt 4 m weiter östlich und 0,5 m unterhalb der Beprobungsebene von Messpunkt Geo 444P2 (Abb. 3). Für diese Messstelle sind allerdings nur 4 Messwerte vorhanden. Weiterhin war es nicht möglich, die geringen gemessenen Konzentrationen (bis zu 5 mg/l) der Messstelle Geo 483 zu modellieren. Diese Messstelle liegt nur 1,5 m von Messstelle Geo 466 entfernt (Abb. 4), wo wegen der höchsten gemessenen Konzentrationen in dieser Tiefe der Massenschwerpunkt der Tracerfahne erwartet wurde. Es zeigte sich, dass die Fließgeschwindigkeiten in vertikaler und horizontaler Richtung z. T. stark variieren. Aufgrund von Dispersion erreicht der Tracer Messstellen später, bei denen sich die Pumpe in einer Tiefenlage bzw. Schicht befindet, in der kein Tracer infiltriert wurde. Es wird deutlich, dass engräumige Heterogenitäten die Tracerausbreitung beeinflussen und daher lokal größere Prognoseunsicherheiten bestehen. Diese Ergebnisse liegen in Übereinstimmung mit Untersuchungen von ZHENG & GORELICK (2003). Da die experimentellen Kurven tendenziell etwas gestreckter als die berechneten sind, wird angenommen, dass die longitudinale Dispersivität αL im untersuchten Gebiet in Realität etwas größer als der im Modell verwendete maximale Wert von 0,5 m ist. Dieser Wert ergab sich während der iterativen Modellanpassung. Abb. 5: Modellierte und experimentelle Tracerdurchbruchskurve des Tracers Bromid für Geo 181 (Tiefe: 135,87 mNN, maximal beobachtete Konzentration 98 mg/l) Abb. 6: Modellierte und experimentelle Tracerdurchbruchskurve des Tracers Bromid für Geo 182 (Pumpentiefe: 135,9 mNN, maximal beobachtete Konzentration: 105,5 mg/l) G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw Fachbeiträge Abb. 7: Modellierte und experimentelle Tracerdurchbruchskurve für Geo 183 (Pumpentiefe:136 mNN, maximal beobachtete Konzentration: 97 mg/l) Die sensitivsten Parameter bei der Modellkalibrierung waren neben den hydraulischen Leitfähigkeiten von Sand und Grobsand und der longitudinalen Dispersivität, besonders die Filterfläche, über die der Tracer infiltriert wird. Die Dimension der sich im Abstrom ausbildenden Tracerfahne wird bereits wesentlich durch das von der Infiltration erzwungene Strömungssystem und der Kf-Wert-Verteilung unmittelbar um den Injektionsbrunnen bestimmt (Abb. 8). Der Tracer wird sich während der Infiltration bevorzugt in den Schichten mit hoher hydraulischer Leitfähigkeit ausbreiten. Die Breite der Tracerfahne wird für den Fall, dass ein Großteil der Tracermasse sich in einer gut leitfähigen Schicht ausbreitet, wird daher größer sein, als wenn die Tracermasse homogen über die gesamte Filterstrecke des Infiltrationsbrunnens in den Aquifer eintreten kann. Daher ist hier eine genaue Kenntnis der Kf-Werte (z. B. mittels tiefenorientierter Slug-Bail-Tests) besonders wichtig. Um zu überprüfen, wie stark die Ergebnisse der verschiedenen numerischen Lösungs-Algorithmen voneinander abweichen, wurde ein Vergleich durchgeführt. Dabei wurden die Finite- Abb. 9: Modellierte und experimentelle Konzentrationen des Tracers Bromid für Messpunkt Geo 182 Abb. 8: Abhängigkeit der Tracerausbreitung von der Kf-Verteilung in der Umgebung des Infiltrationsbrunnens: a) aufgrund von hohen KfWerten in einer Schicht breitet sich ein Großteil der Tracermasse in dieser Tiefenlage aus, b) der Tracer verteilt sich aufgrund gleicher KfWerte, gleichmässig über die gesamte Filterstrecke des Infiltrationsbrunnens. Differenzen-, die TVD- („Total Variation Diminishing“) und die MOC- („Method of Characteristics“) Methode miteinander verglichen. Es zeigte sich, dass nur mit dem massenkonservativen TVD Algorithmus (LEONARD 1988) eine akzeptable Lösung erzielt werden konnte. Anpassungen nach der Finite-Differenzen-Methode und der MOC-Methode hätten zu physikalisch zu geringen Dispersivitäten im Modell geführt. Der Begriff TVD der genannten Methode bezieht sich dabei auf die Eigenschaft, die Summe der Konzentrationsunterschiede zwischen benachbarten Zellen mit zunehmenden Transportschritten zu verringern, was eine notwendige Voraussetzung zur Vermeidung von Oszillationen ist (ZHENG & BENNETT 2002). Insgesamt ergaben sich zwischen den einzelnen Methoden größere Unterschiede (Abb. 9). Es war davon auszugehen, dass die Finite-DifferenzenMethode aufgrund der Anfälligkeit zur numerischen Dispersion die schlechteste Anpassung liefern würde. Auch die TVD-Methode zeigt numerische Dispersion, allerdings deutlich weniger als bei der Finite-Differenzen-Methode (MEHL & HILL 2001). Wie aus Abbildung 9 ersichtlich, weist die dispersionsfreie MOC-Methode (KONIKOW & BREDEHOEFT 1978), bei der die Konzentrationen im Modellgitter über Partikel berechnet werden, im Vergleich zu den anderen Methoden die schmalste Durchbruchskurve auf. Allerdings liegen die berechneten Konzentrationen nach der MOC-Methode deutlich unter den Konzentrationen, die mit der TVD-Methode berechnet wurden. Beim Vergleich der Massenbilanzen weist die MOC-Methode die größten Fehler auf (Tab. 5, EL-KADI 1988). Die Massenbilanz der MOC-Methode ist besonders bei scharfen Konzentrationsfronten in Verbindung mit hohen Fließgeschwindigkeiten oft fehlerhaft. Indem die Mindestanzahl der G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw 9 Fachbeiträge Tab. 5: Zusammenfassung der Massenbilanzfehler in % für das TVDund MOC-Verfahren (mit mind. 2 Partikeln pro Zelle) Zeit [d] Fehler [%], TVD Fehler [%], MOC 10 7,7 · 10 –4 45,3 20 6,8 · 10 –4 45,2 30 6,4 · 10 –4 45,5 40 4,8 · 10 –4 46,2 50 –4 4 · 10 47,4 Danksagung Wir danken der Projektleitung des RETZINA-Projektes und allen am Projekt beteiligten Personen für die gute Zusammenarbeit, dem BMBF für die Finanzierung des Projektes (BMBF Förderkennzeichen 02WT0041), Oliver Spott für die Hilfe bei der Erstellung der Abbildungen, Ralf Trabitzsch (UFZ), Olaf Böhme, Dr. Matthias Borkert, Katja Büscher, Helko Kotas, Andreas Schossland (GFE-Consult GmbH) für das Standortmanagement. Wir danken der Mitteldeutschen Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft mbH, der Landesanstalt für Altlastenfreistellung und der GICON GmbH für die gute Zusammenarbeit. Partikel pro Zelle von 2 auf 16 erhöht wurde, konnte die Bilanz der MOC-Methode zwar verbessert werden, sie lag aber immer Anmerkung noch bei jedem Zeitschritt bei über 20 %. Es wird deutlich, dass die Wahl des numerischen Lösungsalgorithmus die ModellieProduktnamen werden lediglich zu Identifikationszwecken im rungsergebnisse entscheidend beeinflusst. Somit wäre z. B. eine Text verwendet. Modellkalibrierung auf Basis des Finite-Differenzen Verfahrens (z. B. aus Gründen der Zeitersparnis) in diesem Fall mit großen Fehlern behaftet gewesen. Literatur Zusammenfassung Der durch den Tracerversuch untersuchte Ausschnitt des Aquifers ist geprägt von steilen hydraulischen Gradienten und variablen Fließgeschwindigkeiten. Die Fließrichtung im Untersuchungsgebiet weicht dabei von der Hauptströmungsrichtung ab. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit sinkt mit zunehmender Fließstrecke von 3 m/d auf 0,5 m/d. Durch die Modellierung der Ausbreitung des konservativen Tracers konnte eine für den Standort zuverlässigere Abschätzung der Kf-Werte des numerischen Strömungsmodells erzielt werden. Zwischen beobachteten und berechneten Durchbruchskurven wurde eine gute Anpassung erzielt, sodass das Modell für die Planung weiterer Feldexperimente am Standort und als Grundlage für eine reaktive Transportmodellierung genutzt werden kann. Die zuerst verwendeten Kf-Werte aus Siebanalysen führten zu einer deutlichen Unterschätzung der Tracerausbreitungsgeschwindigkeit. Insbesonders für die Materialien Grobsand und Feinkies ergaben sich deutlich höhere Abstandsgeschwindigkeiten im Vergleich zu den Kf-Werten der Siebanalysen. Die Überprüfung und Rekalibrierung des Strömungsmodells mit Hilfe von Felddaten ist daher von großer Bedeutung. Es zeigte sich, dass die Auswahl des numerischen Lösungsalgorithmus (TVD-, MOC-, Finite-Differenzen-Verfahren) einen bedeutsamen Einfluss auf das Modellierungsergebnis hat. Während mit dem TVD-Algorithmus eine akzeptable Lösung gefunden wurde, zeigten sich bei der Verwendung des MOC-Verfahrens erhebliche Fehler in der Massenbilanz. Die sich in vertikaler und horizontaler Richtung im Bereich weniger dm z. T. stark ändernden hydraulischen Leitfähigkeiten können vom numerischen Modell nur begrenzt wiedergegeben werden. Durch kleinskalige Heterogenitäten sowie sich ändernde hydraulische Verhältnisse wird die Prognoseunsicherheit des numerischen Modells erhöht. Für eine realistischere Beschreibung der Tracerausbreitung sollten weitere Kf-Werte für das Untersuchungsgebiet, mithilfe von Slug-Bail-Tests und Pumpversuchen ermittelt werden. Für die Modellierung der Tracerausbreitung ist die Kenntnis der Kf-Wert-Verteilung im Bereich des Injektionsbrunnens von besonderer Bedeutung. 10 G r und w asser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 1/2004 undw Anderson, M.P., Woessner, W.W. 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Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die im Verbundprojekt eingesetzten und entwickelten innovativen Erkundungsmethoden, wie Toximeter, Messung der Isotopensignatur, Modellierung der Strömungs- und Transportprozesse geeignet sind, das natürliche Abbau- und Rückhaltepotential einer Grundwasserkontamination zuverlässig einzuschätzen. Die durch das Projekt gewonnenen Erkenntnisse sind von grundlegender Bedeutung für die gesamte Praxis der Altlastensanierung in Deutschland und liefern damit einen wertvollen Beitrag für die nachhaltige Nutzung von ehemaligen Altlastenstandorten. Wissenschaftlich-technischen Ergebnisse des Vorhabens, die erreichten Nebenergebnisse und die gesammelten wesentlichen Erfahrungen In dem Verbundprojekt konnten erstmals neue und integrale Meßmethoden für Natural Attenuation Untersuchungen eingesetzt werden und detailliert mit auf Punktmessungen basierenden Methoden verglichen werden. Als besonders erfolgreich erwiesen sich in diesem Zusammenhang die Messung der Isotopensignatur und die toxikologischen Untersuchungen. Von großer Bedeutung auch aufgrund der geologischen Heterogenität des Standortes erwies sich die geologisch-hydrogeologische Erkundung des Standortes. Bei der Realisierung zukünftiger NaturalAttenuation Projekte wird dieser Punkt besonders wichtig sein. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass ein erhebliches Natural Attenuation Potential am Standort wirksam ist. Im Zeitraum der Untersuchung war die Schadstofffahne relativ stabil. In einem Säulenversuch konnte ein Benzenabbau unter in situ-Bedingungen nachgewiesen werden. Dieses Ergebnis unterstreicht eindeutig die Wirksamkeit der natürlichen Abbauvorgänge am Standort. Als Kern-Methoden beim Nachweis von Natural Attenuation können aufgrund der Projektergebnisse der Imissionspumpversuch (IPT), toxikologische Tests, Isotopenanalysen sowie geochemische Untersuchungen (wie Bestimmung von Elektronenakzeptorangebot und -nutzung) angesehen werden. Für den eindeutigen Nachweis von Natural Attenuation über die Fließstrecke sollte eine Abnahme der Schadstoffmasse über die Fließstrecke, eine Zunahme der d13C-Werte, sowie eine Abnahme von Elektronenakzeptoren festgestellt wurde. Eine Voraussetzung in diesem Zusammenhang ist, dass vom numerischen Modell eine stationäre Fahne prognostiziert wurde. Sind die Aussagen nicht eindeutig, sollten weitere Tests und Untersuchungen durchgeführt werden, wie die Verwendung einer anderen Kontrollebene beim Immissionspumpversuch oder die erneute Anpassung des numerischen Modells (sie nachfolgende Abbildung.) (0) Numerisches Modell Æ stationäre Fahne prognostiziert (A) Kernkonzept IPT (Fahnenquerschnitt abgedeckt, 2-4 Kontrollebenen) (B) Toxikologischer Test der Grundwasserproben (C) Isotopenanalyse der Grundwasserproben (D) Geochemische Untersuchung (Elektronenakzeptorangebot und –nutzung) Eindeutige Mehrdeutige Aussagen in Abnahme der Schadstoffmasse Schadstoffmasse Abnahme derToxizität Toxizität Zunahme der dC13Werte Abnahme der Elektronenakzeptoren Numerisches Modell Anpassen Andere Kontrollebenen Chem. Analyse Fraktionierung Zusätzliche toxikolog. Tests Empfindlichere Tests (2H/D) 13 dC -Werte Einzeltests am Fahnenrand Elektronenakzeptoren Zusätzliche geochem. Parameter NA eindeutig NA nachgewiesen NA nicht nachgewiesen Monitoring Monitoring Andere Sanierungstrategie erarbeiten Abb. E1: Integraler Nachweis von Natural Attenuation Erfindungen/Schutzrechtanmeldungen Das im Projekt entwickelte Toximeter ist beim U.S. Patentamt angemeldet und wird derzeit durch das kleinständige Unternehmen Innovative Messtechnik-Weiss (IMW), gemeinsam mit dem Keramikdosimeter, vertrieben. Wirtschaftliche Erfolgsaussichten nach Projektende Die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten bei der Umsetzung der Ergebnisse des Projektes können als sehr gut eingeschätzt werden. Der natürliche Rückhalt und Abbau von organischen Schadstoffen in Aquiferen (‘Natural Attenuation’) als Sanierungsstrategie sollte alternativ zu den konventionellen, kostenintensiven und meist nur begrenzt effektiven Techniken (z.B. ‘pump and treat’) eingesetzt werden. Dies birgt in günstigen Fällen das Potential einer enormen Kosteneinsparung bei Sanierungsfällen. Die Implementierung von NA als Teil einer Sanierungskonzeption wird derzeit gemeinsam mit den Behörden vorbereitet. Wie bereits im Projektantrag formuliert, ist es Ziel des interdisziplinären, technisch orientierten Verbundvorhabens RETZINA, kostengünstige, praxisnahe Methoden zu entwickeln, welche die standortübergreifende Quantifizierung und Bewertung von ‘Natural Attenuation’ als eine an bundesdeutschen Verhältnissen angepasste, alternative Sanierungsmethode ermöglichen sollen. Die im Projekt entwickelten Methoden und Technologien, wie die Isotopenmethode zur Quantifizierung des Abbaus und die wegweisenden zeitintegrierenden Probennahmesysteme (Toximeter) werden potentiell enorme Kosten bei der Standorterkundung und beim Monitoring einsparen helfen. Das Verfahren zur Quantifizierung des biologischen in situ-Abbaus mit stabilen Isotopen gewinnt zunehmend an Akzeptanz, was an den zahlreichen Leistungen, die wir im Projektzeitraum im Rahmen der wissenschaftlich-technischen Kooperation mit Industriepartnern erbracht haben, deutlich wird. Auch wenn sich neue wissenschaftliche Fragen eröffnet haben, sind in diesem Zusammenhang die konzeptionellen Entwicklungen auf dem Testfeld u.a. entscheidend gewesen. Aus unserer Sicht ist die Isotopenmethoden in der Beurteilung von BTEX-Schadensfällen schon heute solide, kostengünstig und einfach anzuwenden. Daher wird sie in der Grundwasserüberwachung zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Des weiteren kann eingeschätzt werden, dass nach einer weiteren ein- bis zweijährigen Entwicklungszeit, ein robuster Prototyp des Toximeters für den Feldeinsatz zur Verfügung stehen wird. Nach einem weiteren Jahr kann damit gerechnet werden, das Toximeter serienmäßig zu produzieren und einzusetzen. Erste Gespräche mit zwei interessierten Industriepartnern sind bereits geführt worden. Wissenschaftlich-technische Erfolgsaussichten nach Projektende Die wissenschaftlichen und technischen Erfolgsaussichten des Projektes nach Projektende können auch weiterhin als äußerst gut eingeschätzt werden. Die in dem Verbundprojekt beteiligten Forschungsgruppen (Universität Tübingen, UFZ, und Universität Kiel) verfügen bereits über umfangreiche, bundesweit und international anerkannte Erfahrung im Bereich der Hydrogeologie, der organischen, anorganischen und Isotopen-Hydrogeochemie, der Ökotoxikologie und der Grundwassermodellierung. Mit dem interdisziplinären Verbundvorhaben RETZINA besteht erstmalig die Möglichkeit, bereits bestehende Methoden aus unterschiedlichen Fachgebieten an einem kontaminierten Standort gezielt zur Quantifizierung und Langzeit-Überwachung der Effektivität von natürlichen Abbauprozessen, und somit der Entwicklung der Schadstofffahne(n), einzusetzen und weiterzuentwickeln. Die Erfassung des mikrobiellen Abbaus anhand von Isotopentechniken hat erheblich dazu beigetragen die Eignung der Methoden zu erhöhen und damit Akzeptanz zu schaffen. Projektergebnisse fließen in Forschungskooperationen mit Industrieunternehmen ein. Eine mögliche Ausgründung im Rahmen des wissenschaftlichen Services kann gegenwärtig noch nicht abschließend beurteilt werden. Sie hängt entscheidend von der politischen Akzeptanz des “NA-Konzeptes“ ab. Dabei werden die Empfehlungen der Arbeitsgruppen des KORA-Verbundes zum einen aber auch die Akzeptanz der zuständigen Wasserbehörden zum anderen, entscheidend den Umfang der Nutzung von MNA als Sicherungsmaßnahme prägen. Wenn die Akzeptanz von NA-Maßnahmen steigt und Regelwerke zur Durchführung entsprechender Vorhaben erarbeitet sind, werden die Isotopenmethoden sicher einen entscheidenden Beitrag zur Standorterkundung und im Monitoring liefern. Somit wird die Bereitstellung eines entsprechenden Angebotes in der Analytik und Beratung kommerziell attraktiv werden. Gegenwärtig kann aus kommerziellen Aufträgen etwa eine Technikerstelle am UFZ finanziert werden. Bei steigender Nachfrage wird die Ausgründung einer isotopenanalytischen Firma ggf. mit interessierten Kooperationspartnern im regionalen Wirtschaftraum von uns geprüft werden. Die Ergebnisse des Projektes werden direkt in den BMBF-KORA-Projektverbund einfließen. Wie unten die Literaturliste belegt, zeigt die große Anzahl an Beiträgen zu Konferenzen und Tagungen, sowie die Publikation von Journalartikeln, dass im Projekt sehr gute und wissenschaftlich hochwertige Ergebnisse erzielt worden sind. Wissenschaftlich und wirtschaftliche Anschlussfähigkeit für eine mögliche notwendige nächste Phase Die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Anschlusssfähigkeit des Projektes kann als als sehr gut eingeschätzt werden. Angesichts des neuen Bodenschutzgesetztes, der Länder-Wassergesetzgebung, der Wasserrahmenrichtlinie, der Grundwassertochterdirektive und auch der enormen potentiellen Sanierungskosten für kontaminierte Standorte in Europa sind die Ergebnisse des Kooperationsprojektes RETZINA sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene von größter Bedeutung. Zudem ist die Isotopenmethode für chlororganische Verbindungen zentraler Bestandteil von F&EVorhaben, die sich in der Beantragung befinden. Die Projektergebnisse bilden u.a. die Basis für ein MARIE-CURIE- Projekt (Host fellowships for Early Stage Research Training, EST “Assessment of in situ-Transformation of Xenobiotic Organic Material (AXIOM)“ das kürzlich genehmigt wurde. In diesem Projekt werden wir junge Wissenschaftler in der Anwendung von Isotopenmethoden ausbilden. Darüber hinaus arbeiten wir an verschiedenen Forschungsvorhaben unter Federführung der Firma GICON Dresden (Dr. Grossmann) zur Nutzung der Isotopenmethoden in der Charakterisierung des NA-Potentials innerhalb angewandter Forschungsvorhaben. Die Methoden sollen insbesondere zur Untersuchung, Vorbereitung und Planung von NA-Vorhaben, vergleichbar zum Testfeld Zeitz, im Mitteldeutschen Raum eingesetzt werden. Aus Mitteln des UFZ wurden am Standort Zeitz eine Pilotanlage gebaut, welche die gezielte Zudosierung von Agenzien zur Beschleunigung der natürlichen Abbauprozesse erlaubt. Damit wurde am Standort die Möglichkeit geschaffen, direkt den „Natural Attenuation“- mit dem „Enhanced Natural Attenuation“-Ansatz zu vergleichen. Unter anderem aus diesem Grund zeigte sich während der Projektlaufzeit, dass eine ganze Reihe der entwickelten Methoden, Strategien und Technologien ein großes Potential besitzen und über die Projektlaufzeit hinaus weiterentwickelt werden sollten. Gleichzeitig wurden eine Reihe neuer Vorstellungen entwickelt, die eine weitere Projektphase als äußerst sinnvoll erscheinen lassen. Aus diesem Grund wurde die Projektskizze INTERPLAN (Integrierte Erkundungs-, Prognose- und Monitoringstrategie für die Implementierung von NA- und ENA-Konzepten) entwickelt und beim Projektträger eingereicht. Die Schwerpunkte des INTERPLAN-Projektes sind im folgenden zusammengefasst. In dem interdisziplinären Vorhaben INTERPLAN sollen auf dem hervorragend charakterisierten und gut ausgebauten Testfeld Zeitz neue Erkundungsmethoden und Verfahren zu folgenden thematischen Schwerpunkten von übergeordnetem Interesse bearbeitet werden. (1) Durch den Einsatz neuer Testsysteme wird die Effizienz der Erkundung von Aquiferinhomogenitäten als ein entscheidender Parameter für NA-Prozesse verbessert und ökonomischer gestaltet. (2) Durch die Entwicklung zeitintegrierter Probenahmeverfahren wird die toxikologische Überwachung und Beurteilung kontaminierter Grundwässer im Rahmen eines chemisch-biologischen Monitorings wissenschaftlich und ökonomisch möglich. (3) Die Entwicklung von Tracerverfahren erlaubt eine verbesserte Erfassung der biologischen und chemischen Reaktivität in Verbindung mit Aquiferinhomogenitäten. (4) Die Analyse des Benzolabbaus sowie die Charakterisierung der Struktur und Funktion der authochthonen mikrobiellen Biozönose sollen Wissenslücken zum in situ Abbau schließen, um die Prognosesicherheit über die Erfassung des in situ Abbaupotentials anhand der Isotopenfraktionierungsmethode zu erhöhen. (5) Ergebnisse aus den Schwerpunkten werden zur Modellierung des reaktiven Transports von Kontaminanten im Rahmen numerischer Simulation und inverser Auswertung verwendet. Die Feldparameter werden zur Entwicklung eines nutzerfreundlichen Modells zur Beurteilung von NA-Prozessen und deren Prognose im Rahmen der Standorterkundung und zur Entscheidungshilfe für zukünftige Nutzer zur Auswahl und Planung von Sanierungsstrategien verwendet. Die Schwerpunkte 1 bis 5 ergänzen die BMBF geförderten Projekte im Verbund KORA und fügen sich in die Querschnittsthemen Geologie/Erkundung, Probennahme/Erkundung/Monitoring, Mikrobiologie/Isotopen und Modellierung ein. Arbeiten die zu keiner Lösung geführt haben Die Projektergebnisse wurden in zahlreichen Publikationen der Öffentlichkeit dargestellt. Alle Arbeiten haben zur Erweiterung des Kenntnisstandes beigetragen und in diesem Sinne zu einer Lösung geführt. Die sehr komplizierten geologischen Verhältnisse am Standort bedingten, dass auch in der letzten Projektphase noch Erkundungsbohrungen nötig waren. Daher konnte eine Simulation des reaktiven Stofftransports im Projektzeitraum nicht durchgeführt werden. Einhaltung der Kosten- und Zeitplanung Der Kosten- und Zeitrahmen konnte mit den beantragten und genehmigten Änderungen eingehalten werden. Berichtsblatt 1. ISBN oder ISSN 2. Berichtsart geplant Schlussbericht 3a. Titel des Berichts Referenztestfeld Zeitz zur Implementierung des „Natural Attenuation“ Ansatzes (RETZINA) 3b. Titel der Publikation 4a. Autoren des Berichts (Name, Vorname(n)) Dr. habil. Richnow,. Hans-Herrmann.; Dr. Schirmer, Kristin; Dr. habil. Schirmer, Mario; Dr. Vieth, Andrea; Dipl.-Geoökol. Bopp, Stephanie; Dipl.-Geoökol. Fischer, Anko; Dipl. Geol. Gödeke, Stefan; Dipl. Geoökol. Russold, Sandra 4b. Autoren der Publikation (Name, Vorname(n)) 5. Abschlussdatum des Vorhabens 31.12.2003 6. Veröffentlichungsdatum geplant 7. Form der Publikation Bericht 8. Durchführende Institution(en) (Name, Adresse) Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH in der Helmholtz-Gemeinschaft Permoserstr. 15 04318 Leipzig 9. Ber. Nr. Durchführende Institution 10. Förderkennzeichen 02WT0041 11a. Seitenzahl Bericht 65 *) 11b. Seitenzahl Publikation 13. Fördernde Institution (Name, Adresse) 12. Literaturangaben 186 Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 14. Tabellen 8 53170 Bonn 15. Abbildungen 29 16. Zusätzliche Angaben 17. Vorgelegt bei (Titel, Ort, Datum) 18. Kurzfassung Im Rahmen des RETZINA Projektes wurde ein Meßfeld in der Nähe von Zeitz (Sachsen-Anhalt) eingerichtet, welches es ermöglicht in seiner Detailliertheit bundesweit einmalig, Natürliche Abbau- und Rückhalteprozesse von Schadstoffen im Grundwasser zu erforschen. Dort sind die lokalen Grundwasserleiter am Standort hochgradig mit BTEX kontaminiert. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass ein erhebliches Natural Attenuation Potential am Standort vorhanden ist. Durch die Konstruktion des standortspezifischen Strömungsmodells steht ein Werkzeug zur Verfügung um die Entwicklung der Schadstofffahne voraussagen zu können. Das Modell wurde erfolgreich angewendet um den Transport eines konservativen Tracers zu simulieren. Durch ein in situ-Säulenexperiment konnte ein Benzenabbau unter sulfatreduzierenden Bedingungen nachgewiesen werden. Für die toxikologische Beurteilung der Schadstofffahne am Standort Zeitz wurde eine Methodik zur direkten Untersuchung von Grundwasserproben mittels drei Zellvitalitätstests und eines spezifischen Enzyminduktionstests (EROD) anhand von Wirbeltierzelllinien entwickelt. Während die Benzolschadstofffahne in ihrem Verlauf gut durch die Ergebnisse der Zellvitalitätstests abgebildet werden konnten, fanden sich im Anstrom der Schadstofffahne höhere oder zumindest genauso hohe Werte für die Zellvitalitätstests als auch für die Induktion der EROD Aktivität. Im Hinblick auf die Identifikation der für die EROD Induktion verantwortlichen Substanzen im Anstrom wurden Benzofuran, Inden und Indan, erstmalig als EROD Induzierer identifiziert, die einen Teil der Wirkung erklären konnten. Mischungsexperimente zeigten, dass hohe Benzolkonzentrationen zu einer Hemmung der EROD Aktivität führen können, am Standort Zeitz jedoch nur zum Teil die fehlende EROD Induktion unter der Benzolanlage erklären. Zusätzliche Untersuchungen anhand einer Modellierung mit dem Programm BIONAPL3D, sowie einem Säulenversuch zur Überprüfung der Ergebnisse der Modellierung ergaben, dass die hohen Benzolkonzentrationen im Grundwasser einen Einfluss auf die Löslichkeit und den Transport anderer relevanter Grundwasserschadstoffe haben. Des Weiteren wurde ein passiver Probennehmer für die kombinierte chemisch-toxikologische Analyse (das Toximeter) entwickelt. Der Sammler wurde in Labor-Versuchen geprüft und durch einen Feldversuch an einem PAK-belasteten Standort validiert. Dabei zeigte sich, dass das Toximeter in seinem jetzigen Design für Substanzen mit einem log Kow Wert von 4,5-6 geeignet ist und für andere Substanzen zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Wasserkonzentrationen führt. Zur Charakterisierung des mikrobiellen Schadstoffabbaus im stark kontaminierten Grundwasserleiter des ehemaligen Hydrierwerkes Zeitz wurden isotopenchemische Methoden angewendet. Die Änderung der Kohlenstoffisotopensignatur des gelösten anorganischen Kohlenstoffs (DIC) und des Benzols dienten als biogeochemische Indikatoren für die mikrobiellen Abbauprozesse. Die Anreicherung von isotopisch leichtem DIC im Bereich der Schadstofffahne spiegelt die Mineralisierung der Kontaminanten (BTEX) wider. Anhand der Kohlenstoffisotopenfraktionierung des Benzols konnte der Schadstoffabbau in den Randzonen der Kontamination abgeschätzt werden. Für den zentralen Bereich der Schadstofffahne wurde die mikrobielle Umsetzung mit Hilfe der Änderung des 13C/12C-Verhältnisses des DIC bestimmt. Die Analyse der vertikalen Struktur der Schadstofffahne ergab unterschiedliche Verteilungen isotopen- und hydrogeochemischer Parameter im Randbereich und Zentrum der Kontamination. Weiterhin wurde mit Hilfe eines Multi-Komponenten-Tracerexperimentes der anaerobe in situ-Schadstoffabbau im Zeitzer Grundwasserleiter untersucht. Im Rahmen des Versuches wurden ring- (d5) und perdeuteriertes (d8) Toluol als reaktive Tracer sowie Uranin und Bromid als konservative Tracer in den Zeitzer Grundwasserleiter eingeleitet. Die Berechnungen der prozentualen Biodegradation auf Grundlage einer modifizierten Rayleigh-Gleichung und des Bromids ergaben annähernd gleiche Ergebnisse. Die prozentuale Biodegradation, welche unter Verwendung von Uranin als konservativer Tracer bestimmt wurde, war deutlich höher. Dies ist auf das im Vergleich zu den deuterierten Toluolspecies veränderte Transportverhalten des Uranins zurückzuführen. 19. Schlagwörter Grundwasser, Kontamination, BTEX, Natural Attenuation, Multilevelprobenahme, Sulfat, Numerische Modellierung, Toxikologie, Isotopenfranktionierung 20. Verlag *) 21. Preis Auf das Förderkennzeichen des BMBF soll auch in der Veröffentlichung hingewiesen werden. BMBF-Vordr. 3831/03.99 Document Control Sheet 1. ISBN or ISSN 2. Type of Report planned final report 3a. Report Title Reference test site Zeitz for the implementation of the “Natural Attenuation” approach 3b. Title of Publication 4a. Author(s) of the Report (Family Name, First Name(s)) Dr. habil. Richnow,. Hans-Herrmann.; Dr. Schirmer, Kristin; Dr. habil. Schirmer, Mario; Dr. Vieth, Andrea; Dipl.-Geoökol. Bopp, Stephanie; Dipl.-Geoökol. Fischer, Anko; Dipl. Geol. Gödeke, Stefan; Dipl. Geoökol. Russold, Sandra 4b. Author(s) of the Publication (Family Name, First Name(s)) 5.End of Project 31.12.2003 6. Publication Date planned 7. Form of Publication report 8. Performing Organization(s) (Name, Address) 9. Originator’s Report No. UFZ – Centre of Environmental Research Permoserstr. 15 04318 Leipzig Germany 10. Reference No. 02WT0041 11a. No. of Pages Report 65 11b. No. of Pages Publication 13. Sponsoring Agency (Name, Address) 12. No. of References 186 Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 14. No. of Tables 8 53170 Bonn 15. No. of Figures 29 16. Supplementary Notes 17. Presented at (Title, Place, Date) 18. Abstract New integral methods for the quantification and determination of Natural Attenuation processes in groundwater were applied for the first time at the test site Zeitz. Due to the large number of established monitoring wells (80) natural attenuation processes were investigated in great detail. The test site is located downstream of a former benzene production facility. The investigations showed that Natural Attenuation processes are clearly ongoing at the site. With the construction of the site specific flow model a tool is available which allows predicting the development of the contaminant plume in the near future. The flow model was applied for the simulation of the transport of a conservative tracer. In situ column experiments gave evidence for the anaerobic degradation of benzene under sulfate reducing conditions. In order to evaluate the contaminant plume using toxicological approaches, a method for direct testing of groundwater samples in three cell viability and a specific enzyme induction test (EROD) using vertebrate cell lines was developed. While the contaminant plume at and downstream the benzene production site could be confirmed by the toxicological assays, an increased impairment of cell viability and EROD induction was found upstream. These effects could only partly be explained by the BTEX components. In order to identify compounds, responsible for the measured EROD induction upstream, benzofurane, indene, and indane were found to be capable to elicit EROD induction for the first time, but could only partly explain the observed phenomena. Because of the specific EROD response, elicited by dioxin-like acting substances, and the clear spatial limitation of EROD induction effects, additional experiments including a modelling approach using BIONAPL3D and column experiments were performed. The results showed that the high benzene concentrations were influencing the solubility and the transport behaviour of other ground water contaminants. Besides, a passive sampling device for combined chemical and toxicological analysis (the Toximeter) was developed. The suitability of the sampler was proofed in laboratory experiments and validated in a field trial at a PAH contaminated site. It was observed that the Toximeter in its current design is suitable for sampling of substances with a log Kow of 4.5-6 and led to an underestimation for other substances concerning the true water concentration. Biological analysis of Toximeter samples in the newly developed EROD solid phase assay showed that the observed effects could be explained only partly by the determined PAH concentrations and point to the presence of other relevant contaminants at the investigated site. To characterise the microbial natural attenuation potential of a BTEX contaminated aquifer at Zeitz (Germany), geochemical isotope techniques were applied. The stable carbon isotope composition of DIC and benzene was used to trace microbial degradation processes. The enrichment of isotopically light DIC within the plume clearly indicates mineralization of pollutants. At marginal parts of the plume the biodegradation of benzene was estimated by means of the carbon isotope fractionation of benzene. In the centre of contamination the change of carbon isotope composition of DIC was used to estimate the biodegradation of benzene. Investigations of the vertical structure of the plume demonstrated that there are differences between the hydrogeochemical and isotopic parameters in the centre of contamination compared to the plume fringes. Additionally, for quantification of in situ-biodegradation ring-deuterated (d5) and per-deuterated (d8) toluene as reactive tracer and fluorescein as well as bromide as conservative tracers were infiltrated into the BTEX contaminated aquifer at Zeitz. The quantification of in situ-biodegradation applying the Rayleigh-equation relative to bromide gave nearly identical results. Fluorescein was retarded in the aquifer and is unsuitable for calculations. The isotope fractionation approach was proven in the tracer experiment and is valid to quantify in situ-biodegradation. 19.Keywords Natural Attenuation, groundwater, BTEX, toxicology, numerical modeling, tracer test, EROD, isotopic fractionation 20. Publisher 21. Price BMBF-Vordr. 3832/03.99