Bericht Streuobst-Altbestände
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Bericht Streuobst-Altbestände
Abschluss - Bericht zum Förderprojekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land Das Förderprojekt ‚Streuobst-Altbestände im Göttinger Land’ wurde finanziert über die Niedersächsische Bingo Umweltstiftung für Naturschutz, dem EU-Programm für den ländlichen Raum Leader und dem Landkreis Göttingen. Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Gliederung 1 Ausgangssituation und Projektziele 2 Projektmanagement und Maßnahmenumsetzung 2.1 Umsetzung von Pflege- und Schnittmaßnahmen 2.2 Erfassung und Förderung ausgewählter Leit- und Zielarten 2.3 Öffentlichkeitsarbeit, Umweltbildung und Netzwerkarbeit 3 Zusammenfassung und Ausblick 1 Ausgangssituation und Projektziele Der Anbau von hochstämmigen Obstbäumen auf zumeist in Dorfnähe gelegenen Streuobstwiesen und die regionale Vermarktung des Obstes besaß im südlichen Niedersachsen über mehrere Jahrhunderte bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts eine große Bedeutung. Mit der stetig abnehmenden Wirtschaftlichkeit des Hochstamm-Obstanbaus im 20. Jahrhundert gingen wie auch in anderen Regionen Deutschlands die Streuobstwiesen drastisch zurück. Die heute noch verbliebenen Streuobst-Altbestände sind die letzten Zeugen dieser Epoche (siehe Anhang: Auswertung & Situation der StreuobstWiederholungskartierung im Landkreis Göttingen). Diese Flächen verfügen heute in der Regel über eine ausgesprochene hohe Diversität an Obstsorten und haben sich aufgrund der nur extensiven Nutzung in den letzten Jahrzehnten zu wertvollen Rückzugsgebieten für eine Vielzahl bedrohter Tier- und Pflanzenarten entwickelt. Aufgrund des sehr fortgeschrittenen Alters der Obstbäume, unzureichende Bestandsverjüngung und bedingt durch häufige Nutzungsaufgabe ist ihr Erhalt heute extrem bedroht, wie die von 2012 bis 2014 durchgeführte Streuobst-Wiederholungskartierung des Landschaftspflegeverbandes eindrucksvoll bestätigt hat. Aus diesem Grund hat der Landschaftspflegeverband (LPV) im zurückliegenden Projektzeitraum drei Ziele zum beispielhaften Erhalt der Streuobstwiesen-Altbestände im Göttinger Land verfolgt: 1. Umsetzung von Pflege- und Schnittmaßnahmen 2. Erfassung und Förderung ausgewählter Leit- und Zielarten 3. Öffentlichkeitsarbeit, Umweltbildung und Netzwerkarbeit 2 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) 2 Projektmanagement und Maßnahmenumsetzung Die Umsetzung sämtlicher im Finanzierungs- und Kostenplan dargestellten Maßnahmen erfolgte im Zeitraum Januar 2014 bis Juli 2015. Für diesen Projektzeitraum stellte der Landschaftspflegeverband mit befristetem Arbeitsvertrag und einer 0,5 AK-Stelle den Mitarbeiter Hubertus Rölleke ein, der als Projektleiter für die Umsetzung des Gesamtvorhabens zu ständig war. Die vom Verband dafür verauslagten Personalkosten bis zum 31.07.2015 betrugen insgesamt 34.954,08 € (s. Anlage - Zahlenmäßiger Nachweis zu 3.1). Zwischen den einzelnen Sachkostenpositionen (Punkt 3.2 des Förderantrags; vgl. Tabelle 1) gab es leichte Ausgabenverschiebungen, die jedoch unterhalb der Toleranzgrenzen blieben. So erhöhten sich die Ausgaben im Bereich Honoraraufträge (um 3,9 %) und Pflegemaßnahmen (um 0,2 %), hingegen verminderten sie sich im Bereich Materialbeschaffung um 19,3 %, so dass der Gesamtkostenrahmen eingehalten werden konnte. Projektflächen Pflegemaßnahmen Artenhilfsmaßnahmen Streuobst-Altbestände Altbaumschnitt Totholzmanagement extensive Beweidung Grünspecht Wildbienen Fledermäuse A-1 X X X X X A-2 X X X X X A-3 X X X X A-4 X X A-5 X X X A-6 X X A-7 X X A-8 X X A-9 X X X Jungbestände (Referenzfl.) Grünspecht Wildbienen Fledermäuse J-1 X J-2 X J-3 X X X Wiesel X X Artenerfassungen Wildbienen Fledermäuse X X X X X X X Wiesel X X X Wildbienen Fledermäuse X X Tabelle 1: Übersicht der im Rahmen des Altbestände-Projekts umgesetzten Maßnahmen (fett: BestPractice-Beispielflächen). 2.1 Umsetzung von Pflege- und Schnittmaßnahmen1 In insgesamt neun Streuobst-Altbeständen wurden diverse Pflegemaßnahmen durchgeführt. Sie lassen sich den drei Kategorien Altbaumschnitt, Totholzmanagement und extensive Unterwuchsnutzung zuordnen. Schnittmaßnahmen zur Altbaumpflege bzw. –sanierung (ohne Totholzmanagement; s. u.) wurden in sieben StreuobstAltbeständen an insgesamt 90 Altbäumen ausgeführt. Maßnahmen zum Totholzmanagement und zur extensiven Grünlandnutzung wurden in jeweils vier Altbeständen an insgesamt fünf Standorten umgesetzt, und zwar in den drei Best-Practice-Flächen (siehe Abschnitt 2.1.1) sowie jeweils einem weiteren Streuobst-Altbestand (siehe Tabelle 1). 1 Zur ausführlichen bildlichen Dokumentation der durchgeführten Pflege-, Schnitt- und Artenschutzmaßnahmen maßnahmen wurde eine separate Foto-CD erstellt. 3 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Bei den Schnittmaßnahmen wurden vorrangig stark pflegebedürftige Altbäume berücksichtigt. Dabei handelt es sich um Obstbäume in der Alters- oder Abgangsphase, deren Kronen aufgrund unterlassener Schnittmaßnahmen im Laufe der Zeit zu dicht geworden sind und/oder deren Statik durch weit ausladende Äste beeinträchtigt ist. Altbäume mit abgestorbenen Kronenteilen, ausgedehnten Vermorschungen und Astoder Stammhöhlen, die aus obstbaulicher Perspektive einen geringen Wert haben und daher traditionell entfernt bzw. ersetzt wurden, sind aus naturschutzfachlicher Sicht als Habitatbäume unbedingt erhaltenswert und rechtfertigen ebenfalls lebensverlängernde Pflegemaßnahmen (s. u. „Totholzmanagement“). Wo immer möglich, wurde bei allen Schnittmaßnahmen mehr als armdickes Totholz im Baum belassen. Durch den Auslichtungs- und Erneuerungsschnitt von Altbäumen lassen sich mehrere Ziele gleichzeitig erreichen: ein fachgerechter Winterschnitt steigert einerseits Baumvitalität und –stabilität und verbessert gleichzeitig die Belichtungsverhältnisse innerhalb und unter der Baumkrone. Somit erhöht sich die Eignung des Teilhabitats „Baumkrone“ für Vögel und Insekten, und der halboffene Charakter des Biotoptyps Streuobstwiese bleibt erhalten. Demselben Ziel dient eine extensive Nutzung des Unterwuchses, die entweder durch ein- oder zweischürige, abschnittsweise Mahd mit Abräumen des Mähguts oder eine Beweidung mit Tieren erfolgen kann. Die niedrige Vegetationshöhe nicht verbrachter, in Abständen kurzgehaltener Streuobstwiesen verbessert den Zugang zu Beutetieren für biotoptypische Vogelarten wie Gartenrotschwanz, Grünspecht oder Steinkauz sowie Fledermäuse und andere insektenfressende Säugetiere wesentlich (bzw. ermöglicht ihn überhaupt erst). Eine Weidenutzung reichert das Beutespektrum durch den Kot der Weidetiere zusätzlich um dungfressende Insekten (wie z. B. Mistkäfer oder Dungfliegen) an. Zusätzlich können durch den Tritt der Tiere punktuelle Bodenverwundungen entstehen, die ggf. als Nistmöglichkeiten für bestimmte Wildbienenarten in Frage kommen. Erfolgt die Beweidung dann noch in Koppelhaltung als Umtriebsweide, so dass im Gegensatz zur Standbeweidung zwischen den einzelnen Weidegängen mehrwöchige Ruhephasen liegen, erhöht sich durch das kontinuierliche Blütenangebot auch die Lebensraumqualität für blütenbesuchende Insekten wie bspw. Wildbienen. Aus diesen Gründen wurde die Nutzung des Unterwuchses in drei Best-PracticeFlächen auf eine abschnittsweise Beweidung mit Schafen umgestellt (Flächen A-1 und A-3) bzw. eine Beweidung wieder aufgenommen (Fläche A-2). Dazu wurde Kontakt mit zwei Schäfereien aufgenommen und vorbereitende Maßnahmen durchgeführt, wie der Abbau alter Verbiss-Schutzeinrichtungen mit Stacheldrahtzäunen (Rinder) sowie die Anbringung von neuen Stammschutzgattern aus Holz - Sparschalungsbrettern für nachgepflanzte 10-jährige Jungbäume in den Altbeständen. Eine weitere Projektfläche wurde durch eine Entkusselungsmaßnahme (Himbeere, Schlehe, Hartriegel) für die Beweidung vorbereitet. Beim Totholzmanagement ging es vor allem darum, stark dimensioniertes, besonntes Totholz als Nahrungs- und Nistrequisit für höhlen- oder totholzbewohnende Vogel-, 4 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Säugetier- und Insektenarten zu erhalten und mittelfristig zu sichern. Dazu wurden abgestorbene dicke Seitenäste gezielt entnommen, aufgemetert und in unmittelbarer Nähe zum Ursprungsort zu Totholzstapeln aufgeschichtet. Anbrüchige Kronen(teile) wurden immer dann erhalten, wenn keine Sicherheitserwägungen dagegen sprachen. In Fällen, wo die Zugänglichkeit der Obstbestände für Menschen bzw. Weidetiere vorrangig war, wurden abgestorbene Kronen(teile) fallweise auch bis auf den Stamm und die Leitastansätze zurückgenommen, wobei das anfallende Totholz wie oben beschrieben gesichert wurde. Ein solchermaßen stabilisierter Kronentorso ist weniger windwurfgefährdet und bietet totholzbewohnenden Arten wie den Larven xylobionter Käfer, Schmetterlinge oder Holzwespen für viele Jahre Nahrung und Lebensraum. Als Sekundärbesiedler können sich dann bspw. Wildbienen oder Solitärwespen einfinden. 2.1.1 Best-Practice-Beispiele In drei Streuobst-Altbeständen wurden sämtliche Maßnahmenkategorien (Pflegemaßnahmen, Artenerfassungen und Artenhilfsmaßnahmen) umgesetzt. Diese Streuobstwiesen sollen daher vorab ausführlich als Best-Practice-Beispiele vorgestellt werden (alle übrigen Streuobstflächen mit Maßnahmenumsetzungen werden dagegen in Abschnitt lediglich stichwortartig beschrieben): A-1 Streuobstwiese am Eschenberg bei Bremke Die Streuobstwiese eines ortsansässigen Imkers liegt am Übergang der bewaldeten Kuppe des Eschenbergs zur intensiver genutzten Agrarlandschaft zwischen Bremke und Appenrode. Sie bildet mit einer unterhalb gelegenen Ackerbrache, südlich angrenzenden Magerrasens mit eingestreuten Obstbäumen sowie Heckenstrukturen einen naturnahen Lebensraumkomplex, der zwischen Wald und Ackerlandschaft sowie dörflichem Siedlungsraum vermittelt und von Erholungssuchenden gern genutzt wird. Auf der Wiese befindet sich ein Bienenhaus des Eigentümers mit derzeit fünf Wirtschaftsvölkern der Honigbiene. Der Unterwuchs wurde vor Projektbeginn unregelmäßig mit Pferden beweidet. Im Rahmen des Altbeständeprojekts wurden auf der Wiese die Kronen von acht ApfelAltbäumen durch Auslichtungs- und Verjüngungsschnitte saniert. Das Schnittgut wurde zum kleineren Teil zu Reisighaufen aufgeschichtet, der größte Teil jedoch in vorhandene Heckenstrukturen eingebaut bzw. genutzt, um diese „nach Benjesart“ zu verlängern. Mehrere in jüngster Zeit anbrüchig gewordene bzw. abgestorbene Kronen oder Teile davon wurden durch Entlastungsschnitte gesichert; das anfallende Totholz anschließend trocken gelagert, indem es vor Ort zu Totholzhaufen aufgeschichtet wurde. Der Unterwuchs wird seit 2014 durch eine Schafherde in zwei Durchgängen pro Jahr extensiv beweidet, was in den Folgejahren fortgesetzt werden soll. Im Rahmen des Altbeständeprojekts wurden in den Jahren 2014 und 2015 die Wildbienen- und Fledermausarten auf der Fläche erfasst. Außerdem wurden zwei Wiesel- 5 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) kästen aufgestellt und elf Fledermaushöhlen sowie drei Niststeine für Wildbienen und Solitärwespen aufgehängt (s. Abschnitt 2.2). A-2 Streuobstwiese am Neubaugebiet südwestlich von Dransfeld Die „Dornröschenwiese“ bei Dransfeld ist eine ehemals als Halb- und Hochstammplantage von einer ortsansässigen Gärtnerei zur Versorgung der lokalen Bevölkerung angelegte Streuobstwiese. Sie liegt am südwestlichen Ortsrand des Unterzentrums im direkten Anschluss an ein Neubaugebiet und ist rundherum durch einen teilweise unterbrochenen Gürtel von Heckenstrukturen vom angrenzenden Acker bzw. Grünland abgegrenzt. Die Fläche ist geprägt durch einen verhältnismäßig dichten Obstbaumbestand, der in Verbindung mit den jahrzehntelang ungeschnittenen Kronen eine starke Beschattung des Unterwuchses bewirkt hat. Durch die Aufgabe der Unterwuchsnutzung verstärkt, ist partiell bereits ein waldartiger Charakter mit dominierenden Stickstoffzeigern (Brennnesseln, Giersch) einerseits und Verbuschungstendenzen durch aufkommende Gehölze (Pflaumengebüsche, Eschen) entstanden, der auf Dauer eine Sukzession zum Wald befürchten ließ. Gleichzeitig ist der Obstbaumbestand aber außergewöhnlich Obstarten- (Apfel, Birne, Pflaume, Süßund Sauerkirsche, Walnuss) und sortenreich (mindestens 35 verschiedene Obstsorten wurden von Pomologen identifiziert). Die Streuobstwiese wurde daher im Jahr 2013 vom Landschaftspflegeverband auf zwölf Jahre gepachtet, um sie als Modellfläche für eine Wiederaufnahme der Streuobstnutzung und –bewirtschaftung instand zu setzen und für Schulungen zu Baumund Wiesenpflege, aber auch für die Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen (s. auch 2.3: Obstversteigerung). Bereits im Winter 2012/13 fanden erste Schnittmaßnahmen statt, außerdem wurde der Bestand für Schulungen zur Altbaumpflege genutzt (Projekt „Streuobstkultur im Göttinger Land“). Im Spätwinter 2014 wurden dann im Rahmen des Altbeständeprojekts umfangreiche Schnitt- und Pflegemaßnahmen (Auslichtungs- und Erneuerungsschnitt an 25 Altbäumen, Entfernung standortfremder Gehölze, Bestandsauflichtung) durchgeführt. Parallel dazu wurde auf der Wiese in zwei ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen durch Baumwarte und weitere Aktive aus dem Streuobst-Arbeitskreis des LPV Reste des ehemaligen Stacheldrahtzauns sowie Müll entfernt, um die Fläche für die vorgesehene Beweidung vorzubereiten. Diese fand 2014 in zwei Weidedurchgängen statt und soll fortan jährlich wiederholt werden. Darüber hinaus wurden 2014 und 2015 die Fledermausarten auf der Fläche erfasst. Außerdem wurden zwei Wieselkästen aufgestellt und neun Fledermaushöhlen sowie drei Niststeine für Wildbienen und Solitärwespen aufgehängt (siehe Abschnitt 2.2). A-3 Streuobstwiese an der Charlottenburger Straße in Göttingen-Geismar Die Streuobstwiese der Realgemeinde Geismar im gleichnamigen Göttinger Ortsteil zieht sich vom Südwestrand des Göttinger Waldes am Stadtrand entlang und bildet den Rest eines ehemals noch viel größeren Obstwiesenstreifens, der bis zum Altdorf 6 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) reichte. Die Fläche ist nachweislich seit über 200 Jahren als Obstwiese genutzt worden, so daß eine optimale Biotopkontinuität für Arten der halboffenen Kulturlandschaft gegeben ist. Die Realgemeinde als Eigentümerin der Fläche hat seit zwei Jahrzehnten kontinuierlich abgängige Bäume durch Nachpflanzungen ersetzt, so daß die Bestandsverjüngung vorläufig gesichert scheint. Seit ca. 15 Jahren werden die Stämme abgestorbener Altbäume nicht mehr gerodet, sondern als Torso erhalten (Jungbäume werden in die Lücken des Altbestands gepflanzt). Die Fläche zeichnet sich dementsprechend durch einen hohen Totholzanteil aus. Die Wiese wurde bis 2012 mit Rindern beweidet (Standweide von Mai bis September). Dadurch hatte der Unterwuchs einen sehr kurzrasigen Charakter mit wenigen Blühaspekten. Nachdem der Tierhalter den Pachtvertrag gekündigt hatte, lag die Wiese 2013 komplett brach, was kurzfristig zu einer Verbesserung des Blütenangebots führte, auf Dauer aber eine Verbrachung bzw. Verbuschung mit entsprechender Artenverarmung nach sich gezogen hätte Im Rahmen des Altbeständeprojekts wurde daher ein Schäfer als neuer Tierhalter für die Beweidung der Fläche gefunden. Zur Vorbereitung der Beweidung wurden die alten, nicht mehr funktionstüchtigen Verbiss-Schutzeinrichtungen abgebaut und neue Verbiss-Schutzgatter für Schafe an den Jungbäumen angebracht (s. Foto). 7 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Der Baumbestand besteht ca. zur Hälfte aus Süßkirschen, die zum größten Teil die Abgangsphase erreicht haben und nach und nach absterben. Die Kronen von in jüngerer Zeit abgestorbenen Bäumen wurden daher durch Entlastungsschnitte gesichert und das angefallene Totholz anschließend direkt vor Ort zu Totholzstapeln aufgeschichtet. Darüber hinaus wurden in den Jahren 2014 und 2015 die Wildbienen- und Fledermausarten auf der Fläche erfasst. Außerdem wurden zwölf Fledermaushöhlen und drei Niststeine für Wildbienen und Solitärwespen aufgehängt (s. Abschnitt 2.2). Auf der knapp 2 ha großen Fläche befindet sich seit 2012 ein Bienenstand mit durchschnittlich fünf Wirtschaftsvölkern. 2.1.2 Weitere Projektflächen, auf denen Maßnahmen umgesetzt wurden2 (Altbestände + Jungbestände als Referenzflächen): A-4 Streuobstwiese am Ortsrand von Bösinghausen: Schnittpflege von elf ApfelAltbäumen; Artenförderung durch Aufhängen von zwei Bienenniststeinen; außerhalb des Projekts Nachpflanzung von hochstämmigen Obstbäumen durch die Eigentümer. A-5 Streuobstkomplex bei Friedland: Schnittpflege von neun Apfel-Altbäumen, Totholzmanagement anbrüchiger bzw. abgängiger Pflaumenbäume (2), Anlage von Reisighaufen; Artenförderung durch zwei Bienenniststeine. A-6 Streuobstwiese „Große Meyerholzbreite“ Harste: Schnittpflege von neun Altbäumen, Entnahme standortfremder Gehölze und Verbuschungen, Anlage von Reisighaufen; Artenförderung durch zwei Bienenniststeine und einen Wieselkasten; außerhalb des Projekts Nachpflanzung von hochstämmigen Obstbäumen durch den Eigentümer geplant. A-7 Streuobstwiese am Ortsrand von Lippoldshausen: Schnittpflege von 17 Altbäumen, Anlage von Reisighaufen; Artenförderung durch zwei Bienenniststeine. A-8 Streuobstwiese am Ortsrand von Varlosen: Schnittpflege von elf Altbäumen; Artenförderung durch zwei Bienenniststeine; außerhalb des Projekts Nachpflanzung von hochstämmigen Obstbäumen durch den Eigentümer. A-9 Streuobstkomplex am Wendebachstausee: Entkusselung von Gehölzaufwuchs (Schlehe, Zwetschge, Himbeere, Hartriegel und Wildrosen) als weidevorbereitende Maßnahme; Artenförderung durch drei Grünspechtkästen, zwei Bienenniststeine und einen Wieselkasten; außerhalb des Projekts Obstbaumschnitt (ehrenamtlich im Rahmen von Fortbildungskursen für die Göttinger Baumwarte). 2 Teilweise außerhalb des Altbeständeprojekts. 8 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) J-1 Streuobstwiese bei Billingshausen: Artenförderung durch Aufstellung eines Wieselkastens und Aufhängen von zwei Bienenniststeinen; außerhalb des Projekts Nachpflanzung von hochstämmigen Obstbäumen durch den Eigentümer. J-2 Streuobstwiese der Jacobikirchgemeinde zw. Knutbühren u. Elliehausen: Erfassung der Wildbienenarten; Artenförderung durch zwei Wieselkästen und zwei Bienenniststeine. J-3 Streuobstkomplex bei Lippoldshausen mit Kirschen-Altbestand und LPVSortengarten (Junganlage): Erfassung der Fledermausarten; Artenförderung durch drei Grünspechtkästen, neun Fledermaushöhlen, zwei Wieselkästen und vier Bienenniststeine. 2.2 Erfassung und Förderung ausgewählter Leit- und Zielarten Um den konkreten Habitatwert von Streuobstwiesen für die biotoptypischen Leit- und Zielartengruppen Fledermäuse und Wildbienen zu ermitteln, wurden Artenerfassungen in Auftrag gegeben und von April 2014 bis Ende Mai 2015 durchgeführt (siehe die jeweiligen Sachberichte).3 Beide Tiergruppen sind funktionell bedeutsam (im Sinne von Ökosystemdienstleistungen wie Bestäubung oder als Gegenspieler von Schadorganismen) und enthalten viele seltene und/oder gefährdete Arten. Begleitend dazu wurden auf allen Projektflächen Artenhilfsmaßnahmen für verschiedene biotoprelevante Arten umgesetzt. Diese umfassten im engeren Sinne die Förderung durch Ausbringung geeigneter Nisthilfen (für Grünspecht, Hermeline und Mauswiesel, Fledermäuse und Wildbienen, s. u.). Im weiteren Sinne können auch die durchgeführten Pflegemaßnahmen (Auslichtung der Obstbaumkronen, Sicherung von Habitatbäumen, Extensivierung des Unterwuchses, Anlage von Reisighaufen oder Benjeshecken) als Artenhilfsmaßnahmen gewertet werden, da sie die Biotopqualität verbessert und Biotopstrukturelemente gesichert oder zusätzlich geschaffen haben. 2.2.1 Artenerfassungen: In insgesamt fünf Streuobstbeständen, darunter jeweils einem Jungbestand als Vergleichsfläche, wurden Erfassungen der dort vorkommenden Fledermaus- bzw. Wildbienenarten vorgenommen (siehe Tabelle 1). Die Wildbienen kartierte der DiplomBiologe Thomas Fechtler (Projektgruppe Andrena); die Fledermäuse wurden durch den Regionalbetreuer Hans-Joachim Haberstock (NABU) erfasst. 3 Die Brutvogel-, Tagfalter- und Heuschreckenfauna auf Streuobstwiesen im Landkreis Göttingen wurden punktuell bereits in den Jahren 1999 bis 2001 erfasst. 9 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) a) Wildbienen Insgesamt konnten in den drei untersuchten Streuobstbeständen 68 Arten aus 16 Gattungen nachgewiesen werden (siehe Tabelle 2).4 Das entspricht mehr als einem Viertel der aktuell5 im niedersächsischen Hügelland vorkommenden 250 Wildbienenarten – und das in nur drei Streuobstbeständen mit einer Fläche von zusammengenommen etwas über 4 Hektar. Den Stellenwert dieses Ergebnisses zeigt der Vergleich mit ähnlichen Untersuchungen: So hatte Silke BECKEDORF auf 15 Streuobstwiesen im Landkreis Göttingen insgesamt 60 Wildbienenarten aus 15 Gattungen gefunden. 6 Paul W ESTRICH hat „in Streuobstwiesen Südwestdeutschlands [...] bei eigenen Untersuchungen insgesamt 70 Bienenarten festgestellt“.7 Knapp ein Drittel der auf den Untersuchungsflächen vorkommenden Wildbienenarten wird in der niedersächsischen Roten Liste4 für das Berg- und Hügelland als gefährdet eingestuft (Gefährdungskategorien 1-3 und G). Davon ist fast die Hälfte „vom Aussterben bedroht“ (RL 1: vier Arten) bzw. „stark gefährdet“ (RL 2: sechs Arten), ein weiteres Drittel gilt als „gefährdet“ (RL 3: sieben Arten). Drei der nachgewiesenen Wildbienenarten sind sogar deutschlandweit bestandsbedroht (Gefährdungskategorien 3 oder G), drei weitere stehen auf der Vorwarnliste der Bienen Deutschlands. 8 Den größten Anteil zur dokumentierten Wildbienendiversität steuert der Altbestand A-3 in Göttingen-Geismar bei: während der Jungbestand J-2 (Knutbühren) mit 32 Arten und der Altbestand A-1 (Bremke) mit 35 Arten jeweils etwa die Hälfte der insgesamt nachgewiesenen Wildbienenarten aufweist, beherbergt die Fläche in Geismar mehr als drei Viertel des Gesamtartenspektrums (siehe Tabelle 3). 4 Zusätzlich kommt auf allen untersuchten Flächen die nicht unter das Naturschutzrecht fallende Honigbiene vor, da auf jeder Wiese ein Bienenstand eines Imkers/einer Imkerin mit mehreren Völkern existiert. 5 THEUNERT, R. (2002): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Wildbienen mit Gesamtartenverzeichnis (1. Fassung, Stand 1. März 2002). – Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 22(3): 138-160. 6 BECKEDORF, S. (2000): Artendiversität und Bestäubungsleistung von Wildbienen auf Streuobstwiesen. – Unveröff. Diplomarbeit, Universität Göttingen: 95 S. + Anhang. 7 W ESTRICH, P. (2015): Wildbienen der Streuobstwiesen. – In: BUND Frankfurt, GroßStadtGrün 2/2015: 47-51. 8 W ESTRICH, P. & al. (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Bienen (Hymenoptera, Apidae) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(3): 373-416. 10 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Deutscher Arten Untersuchungsflächen Rote Liste-Arten (Nds.-H) Gattungsname gesamt J-2 A-1 A-3 gesamt G 3 2 1 Sandbienen 13 5 6 11 5 1 2 2 Wollbienen 2 1 2 1 1 Pelzbienen 1 1 1 Hummeln 6 5 6 4 Schmarotzerhummeln 4 1 3 4 2 1 1 Keulhornbienen 1 1 Kegelbienen 1 1 1 Langhornbienen 1 1 1 1 Furchenbienen 1 1 1 1 Maskenbienen 1 1 Schmalbienen 8 7 5 3 2 1 1 Blattschneiderbienen 4 1 4 2 1 1 Sägehornbienen 1 1 1 1 Wespenbienen 11 7 4 10 4 1 2 1 Mauerbienen 10 4 4 8 2 1 1 Blutbienen 3 1 2 1 0 *incl. Chelostoma & Heriades 68 32 35 52 21 4 7 6 4 Boden- Kuckucks- Stängel- TotholzPollennister bienen nister Besiedler spezialisten 13 2 1 4 1 1 1 1 1 1 8 3 3 1 1 7 8 6 12 11 11 1 11 25 3 19 Tabelle 2: Auf den Untersuchungsflächen im Rahmen des Altbeständeprojekts nachgewiesene Wildbienenarten mit Angaben zur Gefährdungssituation und ökologischen Spezialisierung. Die vielfach stark spezialisierten Wildbienenarten sind ausgezeichnete Bioindikatoren für diverse ökologische Faktoren, weshalb ein Vergleich der Untersuchungsflächen Aufschluss über wertgebende Habitateigenschaften bzw. wildbienenrelevante Strukturen zu geben vermag. Um den Einfluss der unterschiedlichen Flächengrößen auf die Artenzahlen (Arten-Areal-Beziehung) auszuschließen, wird für jeden Streuobstbestand der relative Anteil der Kuckucksbienenarten an der Artenzahl bzw. der Stängelnister, Totholzbesiedler, Pollenspezialisten und nestgrabenden Arten an der Gesamtzahl nestbauender Arten zugrunde gelegt. Bodennistende Arten, die ihre Nester selbst graben, sind mit einem Anteil von 51 % an den nestbauenden Arten etwas unterrepräsentiert (verglichen mit dem Anteil von ca. 70 % an der Bienenfauna Deutschlands). Die ökologische Gilde der Kuckucksarten (Sozialparasiten und Brut-/Futterparasiten) ist mit 27,9 % leicht überproportional vertreten (D: 24,1 % parasitische Arten). Dagegen ist der Anteil der Pollenspezialisten an den nestbauenden Arten mit 22,4 % wiederum unterdurchschnittlich (D: ca. 30 % oligolektische Arten). Die Gruppe der strikten Totholzbesiedler ist mit einem Anteil von ebenfalls 22,4 % an den nestbauenden Arten (D: 12,7 % xylobionte) überproportional stark vertreten (siehe Tabelle 3; Vergleichsangaben nach W ESTRICH 1991/2011). Im Flächenvergleich zeigt sich, dass bis auf die nestgrabenden Arten alle spezialisierten Artengruppen die höchsten Anteile im Streuobst-Altbestand A-3 haben. Während der erhöhte Anteil nestgrabender Arten im Jungbestand J-2 auf den ehemaligen Ackerstandort und in Resten vorhandene Offenbodenbereiche zurückgeführt werden kann, weist der höhere Anteil parasitischer Arten auf die wesentlich ältere Biotoptradition von Altbestand A-3 im Vergleich zu Altbestand A-1 und Junganlage J-2 hin: Eine langandauernde Habitatkontinuität unterstützt die Ansiedlung und das Fortbestehen von Kuckucksbienenpopulationen, die als Parasiten notwendigerweise seltener als ihre Wirte sein müssen und daher einem höheren lokalen Aussterberisiko unterliegen. 11 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Ebenso lässt sich der hohe Anteil stängelnistender Arten als Hinweis auf die Bedeutung langjähriger regelmäßiger Beweidung deuten: Weidetiere erzeugen durch Verbiss zahlreiche Stängelanschnitte, durch die Bienenweibchen der Zugang in das Stängelinnere ermöglicht wird. Der deutlich erhöhte Anteil totholzbesiedelnder Arten weist ebenfalls auf eine gute Verfügbarkeit spezifischer Nistrequisiten hin: in diesem Fall seit längerem abgestorbene Totholzstämme/-äste, in denen bereits diverse Insektenlarven (Käfer, Schmetterlinge, Holzwespen) Fraßgänge angelegt haben und die von Wildbienen und vielen weiteren Stechimmenarten als Folgesiedler genutzt werden. Im ebenfalls stark erhöhten Anteil von Pollenspezialisten dürfte sich die höhere floristische Vielfalt blühender Pflanzenarten und die abschnittsweise Beweidung positiv widerspiegeln: Vielfalt erzeugt Vielfalt. Untersuchungsfläche J-1 (Knutbühren) Artenzahl absolut relativ gesamt 32 47,1% nestgrabende Arten 13 56,5% Kuckucksbienenarten 9 28,1% stängelnistende Arten 4 17,4% Totholzbesiedler 3 13,0% Pollenspezialisten 3 13,0% RL-Arten 4 12,5% A-1 (Bremke) absolut relativ 35 51,5% 13 50,0% 9 25,7% 5 19,2% 3 11,5% 2 7,7% 5 14,3% A-3 (Geismar) absolut relativ 52 76,5% 18 50,0% 16 30,8% 8 22,2% 9 25,0% 9 25,0% 18 34,6% alle Flächen absolut relativ 68 100,0% 25 51,0% 19 27,9% 12 24,5% 11 22,4% 11 22,4% 21 30,9% Tabelle 3: Wildbienenarten mit Indikatorfunktion auf den Untersuchungsflächen des StreuobstAltbeständeprojekts. In absoluten Zahlen kommen zwei Drittel der stängelnistenden Arten, fast drei Viertel der nestgrabenden Arten und mehr als vier Fünftel der Kuckucksbienen, Totholzbesiedler und Pollenspezialisten im Streuobst-Altbestand A-3 in Göttingen-Geismar vor. Da spezialisierte Nahrungs- und Nistweisen vielfach mit einer erhöhten Gefährdungsdisposition einhergehen, ist der durchschnittlich vierfach höhere Anteil nach der Roten Liste gefährdeter Arten nicht überraschend. Dennoch bleibt es bemerkenswert, daß alle im Rahmen der Untersuchung festgestellten vom Aussterben bedrohten, sechs von sieben stark gefährdeten und sämtliche als gefährdet eingestuften Arten auf einer einzigen Streuobstwiese vorkommen!9 Aus Wildbienensicht dürfte daher die hier vorliegende räumliche Vernetzung von lückigem, ungleichaltrigen Obstbaumbestand mit viel stehendem, gut besonnten Totholz sowie abwechslungsreicher, in mehreren Teilabschnitten beweideter artenreicher Krautschicht, ergänzt um Zusatzstrukturen wie Hecken, Säume und Gebüsche, der idealen Streuobstwiese bereits sehr nahekommen. 9 Insbesondere angesichts der Tatsache, daß direkt auf der Fläche seit mehreren Jahren ein Honigbienenstand mit fünf Wirtschaftsvölkern existiert. 12 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) b) Fledermäuse Insgesamt wurden auf den vier Untersuchungsflächen acht Fledermausarten (s. Tabelle 4) und somit annähernd die Hälfte aller regelmäßig in Niedersachsen vorkommenden „Handflügler“ nachgewiesen. Am häufigsten wurde die Zwergfledermaus angetroffen. Lediglich drei Arten kamen auf allen untersuchten Streuobstwiesen vor (wobei der Kleinabendsegler auf Fläche A-2 lediglich im Vorbeiflug registriert wurde). Ein Artenquintett aus Fransenfledermaus, Kleinabendsegler, Abendsegler, Rauhautund Zwergfledermaus ist mit überdurchschnittlicher Stetigkeit auf den Untersuchungsflächen vertreten (nur auf Fläche A-2 fehlten Abendsegler und Rauhautfledermaus). Die Breitflügelfledermaus und das Mausohr (J-3) sowie die Mückenfledermaus (A-1) kamen dagegen lediglich auf einer Untersuchungsfläche vor. Bis auf die erst vor wenigen Jahren als eigenständige Art von der Zwergfledermaus abgetrennte Mückenfledermaus werden alle gefundenen Arten in der Roten Liste der Säugetiere Niedersachsens10 geführt: Mit der häufigeren Zwergfledermaus ist nur eine Art lediglich „gefährdet“ (RL 3), fünf weitere Arten gelten als „stark gefährdet“ (RL 2), der Kleinabendsegler als „vom Aussterben bedroht“ (RL 1). In der aktuelleren Roten Liste der Wirbeltiere Deutschlands11 werden bis auf Zwerg- (ungefährdet) und Mückenfledermaus (Daten defizitär) sowie Breitflügelfledermaus (Vorwarnliste) alle übrigen Arten als gefährdet eingestuft. Somit sind von den acht auf den Untersuchungsflächen belegten Arten sieben für Niedersachsen und fünf sogar bundesweit als bestandsbedroht eingestuft (vgl. Tabelle 4). Fledermausart Breitflügelfledermaus Mausohr Fransenfledermaus Kleinabendsegler Abendsegler Rauhautfledermaus Zwergfledermaus Mückenfledermaus Arten gesamt: A-1 A-2 A-3 x x x x X x 6 x (x) X x x x x X J-3 x x x x x x X 3 5 7 Stetigkeit RL Nds. RL D 25% 2 V 25% 2 3 100% 2 3 100% 1 G 75% 2 3 75% 2 G 100% 3 25% k.A. D 8 7 5 Tabelle 4: Auf den Untersuchungsflächen im Streuobst-Altbeständeprojekt nachgewiesene Fledermausarten mit Angaben zur Stetigkeit und Gefährdungssituation. Beim Vergleich der Untersuchungsflächen fällt die geringe Artenzahl im Altbestand A-2 (Dransfeld) auf. Die Gründe hierfür dürften in der relativen Lichtarmut, bedingt 10 HECKENROTH, H. & al. (1993): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Säugetierarten (1. Fassung 1.1. 1991). – Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 13(6): 221-226. 11 HAUPT, H. & al. (Red.) (2009): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 1: Wirbeltiere – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(1): 386 S.. 13 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) durch den tlw. waldartigen Charakter der Baumschicht, die partielle Verbuschung des Bestands und die stellenweise sehr dichte Krautschicht aus stickstoffliebenden Arten (Brennnesseln, Giersch, Himbeere etc.) liegen. Außerdem liegt im Gegensatz zu den anderen Untersuchungsflächen keine Waldrandsituation vor. Die beiden Untersuchungsflächen A-1 bei Bremke und A-3 (Göttingen-Geismar) haben ein sehr ähnliches Artenspektrum, das sich nur durch das Vorkommen der seltenen Mückenfledermaus bei Bremke unterscheidet. Die fünf „Kernarten“ Fransenfledermaus, Kleinabendsegler, Abendsegler, Rauhaut- und Zwergfledermaus (s. o.) sind möglicherweise regional typisch für zwischen Siedlungsraum und Waldrand gelegene, mehr oder weniger lichte und regelmäßig beweidete Streuobst-Altbestände mit Zusatzstrukturen (wie Hecken, Waldränder und offene Bereiche mit artenreichem, extensiv genutzten Grünland). Der Streuobstkomplex J-3 bei Lippoldshausen mit seinem großen Jungbestand und einem angrenzenden Süßkirschen-Altbestand weist die größte Artenvielfalt auf: sieben von insgesamt acht auf den Untersuchungsflächen nachgewiesenen Fledermausarten kommen hier vor, lediglich die seltene Mückenfledermaus fehlt. Die Kombination aus sehr offenem Jungbestand mit artenreicher Vegetation und halboffenem StreuobstAltbestand, ergänzt um Hecken und Waldrandbereiche und eingebettet in eine insgesamt noch sehr strukturreiche Landschaftsmatrix, ergibt offenbar in der Summe ein beinahe ideales Nahrungshabitat für Fledermäuse. Bei den Besatzuntersuchungen der aufgehängten Nistkästen 12 wurden auf zwei Flächen Fledermäuse in den Flachkästen festgestellt. Dieses positive Ergebnis konnte nicht unbedingt erwartet werden, da bekannt ist, dass Fledermäuse „frische“ Kästen nur sehr zögerlich annehmen. Für eine abschließende Auswertung und Evaluierung der eingesetzten Kunsthöhlen war die Projektlaufzeit aber eindeutig zu kurz. Daher ist für die kommenden Jahre ein Monitoring der Fledermauskästen auf den Untersuchungsflächen durch einen Fledermaus-Regionalbetreuer vorgesehen. Auf allen vier Untersuchungsflächen brüteten Meisen in den Rundkästen; auf drei Flächen gab es Nester sozialer Faltenwespen. Daneben wurden die Hohlräume der Rundkästen häufig von Ohrwürmer und Spinnen besiedelt, während sich in den Flachkästen regelmäßig Nachtfalter, z. T. in hoher Anzahl, aufhielten. c) Schlussfolgerungen für die Pflege und Bewirtschaftung von Streuobstwiesen Wie die Ergebnisse der Fledermaus- und Wildbienenerfassung belegen, können Streuobstwiesen wertvolle Nist- und Nahrungshabitate für viele seltene, z. T. gefährdete Arten sein. Der konkrete naturschutzfachliche Wert eines Streuobstbestands hängt dabei von einer Reihe von Faktoren ab, die sich teilweise gegenseitig bedingen oder in ihrer Wirkung verstärken können. Als besonders bedeutsam haben sich nach den 12 Naturhöhlen und Rindenspalten wurden nicht flächendeckend untersucht, da fast jeder Altbaum Möglichkeiten zur Quartiernahme durch Fledermäuse aufweist und eine systematische Erfassung den zeitlichen Rahmen der Untersuchung gesprengt hätte. 14 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) durchgeführten Untersuchungen die folgenden Habitateigenschaften bzw. Zusatzstrukturen erwiesen [mit Bedeutung für Fm = Fledermäuse / Wb = Wildbienen]: stark dimensioniertes, stehendes, gut besonntes Totholz mit Naturhöhlen [Fm] und Insektenfraßgängen [Wb] halboffener, durchsonnter Baumbestand mit artenreicher Krautschicht [Fm+Wb] extensive, abschnittsweise Nutzung des Unterwuchses durch Mahd/Heuernte oder Beweidung [Fm+Wb] durch Beweidung geschaffene Zusatz- und Mikrostrukturen wie verbissene Pflanzenstängel und Bodenverwundungen [Wb] sowie Dunghaufen [Fm] Zusatzstrukturen wie Hecken und Waldränder [Fm+Wb] sowie lückige Bodenvegetation oder schütter bewachsene Böschungen bzw. vegetationsfreie Abbruchkanten [Wb] Biotopanbindung durch Hecken, Gehölz- oder Grünstreifen [Fm] 2.2.2 Artenfördermaßnahmen13: Auf den Projektflächen wurden Nisthilfen für den Grünspecht, Hermeline und Mauswiesel, Fledermäuse sowie Wildbienen ausgebracht (vgl. Tabelle 1). Im Einzelnen waren es sechs Grünspechtkästen (drei verschiedene Modelle mit je zwei Kästen), elf neuartige Kästen für Wieselarten14, 41 Fledermaushöhlen (20 neuartige HolzFlachkästen, sechs Rundkästen aus Holzbeton und 15 Holz-Viereckkästen) und 29 Niststeine für Wildbienen, die als Artenhilfsmaßnahmen aufgehängt (bzw. im Falle der Wieselkästen aufgestellt) wurden. a) Die Nistkästen für den „Vogel des Jahres 2014“, den Grünspecht, wurden vom NABU-Bundesverband zur Verfügung gestellt und ehrenamtlich von Mitgliedern der NABU-Ortsgruppe Münden (im Sortengarten Lippoldshausen) bzw. Mitgliedern des LPV-Streuobstarbeitskreises (auf der Streuobstwiese am Wendebachstausee) aufgehängt. Alle übrigen Nistkästen und –hilfen wurden aus Projektmitteln angeschafft und auf die einzelnen Streuobstbestände verteilt. b) Die Wieselkästen sollen die Ansiedlung von Hermelinen und/oder Mauswieseln als effektive Mäuseprädatoren auf den Streuobstwiesen erleichtern, um so die biologische „Schädlings“-Bekämpfung auf diesen Flächen mit Hilfe natürlicher Gegenspieler zu verbessern und die Bestandsverjüngung bei Nachpflanzungen insbesondere von Apfelbäumen zu sichern.15 13 Eine bildliche Dokumentation der verwendeten Nisthilfen wird separat zur Verfügung gestellt. 14 Dieser Kastentyp wurde vom BUND Lemgo speziell zur Förderung der beiden heimischen Wieselarten Hermelin und Mauswiesel entwickelt und in Zusammenarbeit mit einer Lebenshilfewerkstatt hergestellt und vertrieben. 15 Näheres unter http://www.bund-lemgo.de/Mauswiesel_und_Hermelin.html bzw. http://pomologenverein.de/aktuelles/detail/article/hermelin-und-mauswiesel-helfen-bei-der-bekaumlmpfung-vonwuumlhlmaumlusen.html 15 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) c) Die drei Nistkastentypen für Fledermäuse wurden so ausgewählt, dass sie von möglichst vielen Arten besiedelt werden können, um das potenzielle Artenspektrum vollständig abzudecken (kleine und große Arten). Da robuste und wartungsarme Modelle ausgewählt wurden und die Nisthöhlen nach Abschluss der Erfassung auf den Flächen verbleiben, können sie auch weiterhin besiedelt und längerfristig als Nistrequisit genutzt werden. Zudem kann in den nächsten Jahren die Besiedlung der Kästen im Rahmen eines ehrenamtlich organisierten Monitorings weiter verfolgt werden. d) Die Bienen-Niststeine aus gebranntem Ton (Entwicklung von Volker Fockenberg /www.wildbiene.com) sind ebenfalls wartungsfrei und können, einmal angebracht, über viele Jahre hinweg diversen Wildbienen und Solitärwespen auf Streuobstwiesen geeignete Nistplätze bieten.16 Die Nisthilfen wurden auf den Projektflächen bewusst erst nach Abschluss der Wildbienenerfassung im Frühsommer 2015 aufgehängt. Einerseits sollte so eine Verfälschung der Kartierergebnisse vermieden werden. Andererseits richtete sich die Verteilung der Bienensteine auf die Projektflächen auch nach den Resultaten der Artenerfassungen: in Streuobst-Neuanlagen ist das mangelnde Angebot an Totholz mit Fraßgängen ein limitierender Faktor für das Vorkommen vieler solitärer Wildbienen und weiterer Stechimmen (Grabwespen, solitäre Faltenwespen), die in vorhandenen Hohlräumen nisten. Durch Aufhängen geeigneter Nisthilfen kann die Habitatqualität für diese Arten verbessert und die Gewährleistung wichtiger Ökosystemfunktionen wie Bestäubung oder Schädlingsregulierung unterstützt werden. 16 Bislang wurden 28 verschiedene Hautflüglerarten als Besiedler der Nisthilfen nachgewiesen. 16 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Abbildung 1: Zur Förderung lebensraumtypischer Arten auf Streuobstwiesen ausgebrachte Nisthilfen (im Uhrzeigersinn von l. o.: Fledermaus-Flachkasten Modell Leitl, Fledermaus-Rundhöhle Schwegler, Niststein für Wildbienen und Solitärwespen, Nistkasten für Hermeline und Mauswiesel). 17 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) e) Zusätzlich konnten mit dem bei den Pflegemaßnahmen anfallenden Schnittgut biotopverbessernde bzw. neue Biotopstrukturen schaffende Maßnahmen umgesetzt werden. So wurden etwa Reisighaufen gezielt angelegt, vorhandene Heckenstrukturen stabilisiert bzw. erweitert und Totholzstapel aufgeschichtet (Flächen A-1 bis A-3 sowie A-5 bis A-7; Abbildung 2). Abbildung 2: Schaffung von zusätzlichen Biotopstrukturen durch angefallenes Kronenschnittholz (im Vordergrund: Verlängerung vorhandener Hecke; im Hintergrund: Reisighaufen auf der Fläche). 2.3 Umweltbildung, Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerkbildung In den Jahren 2014 und 2015 wurden insgesamt fünf öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen durchgeführt, bei denen die naturschutzfachliche und sortenkundliche Bedeutung von Streuobst-Altbeständen im Mittelpunkt stand. Darüberhinaus wurde stets die Relevanz von Streuobstwiesen für die menschliche Ernährung thematisiert (Stichwort „regionale Produkte“ wie naturtrüber Direktsaft, Honig, Allergikeräpfel). Sämtliche Veranstaltungen wurden über lokale/regionale Medien (Tages- und Wochenzeitungen, Rundfunk), den Streuobst-Emailverteiler des Landschaftspflegeverbands sowie fallweise das Internet (www.Streuobstwiesen-Niedersachsen.de, Homepage des Pomologenvereins) breit gestreut, wobei stets auch auf die Förderung des Projekts „Streuobst-Altbestände im Göttinger Land“ durch das LEADER-Programm der EU und Mittel der niedersächsischen BINGO-Umweltstiftung hingewiesen wurde. Am 29. Juni 2014 fand als regionale Leuchtturmveranstaltung für das Jubiläumsprojekt der niedersächsischen BINGO-Umweltstiftung (s. u.) ein Kirschenfest auf der Streuobstwiese der Realgemeinde Geismar statt. Es startete mittags mit einer Fortbildung für die Göttinger Baumwarte zu „Sortenwahl, Anbau und Pflege von Süßkirschen“ (Abbildung 3). Ab dem frühen Nachmittag war die Wiese auch für die Allgemeinheit geöffnet. Die Besucher konnten selbst Kirschen pflücken, die 18 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) von Dr. Annette Braun-Lüllemann zusammengetragene Ausstellung mit fast 80 traditionell angebauten Kirschsorten bestaunen (Abbildung 5) oder mitgebrachte Früchte von der Pomologin bestimmen lassen (Abbildung 6).17 Viele weitere Informationsstände und -angebote aus den Bereichen Obstbaum- und Wiesenpflege, Naturschutz und Imkerei rundeten das abwechslungsreiche Besucherangebot ab (siehe Abbildung 4). Außer der Realgemeinde Geismar als Eigentümerin der Streuobstwiese beteiligten sich ehrenamtlich Mitglieder des LPV-Streuobst-Arbeitskreises, der Sensenclub Bodenfelde, der Göttinger Imkerverein, Vertreter des NABU, die Biologische Schutzgemeinschaft Göttingen und die lokale BUND-Kreisgruppe an der Veranstaltung. Der BUND-Landesverband Niedersachsen stellte das Jubiläumsprojekt „Streuobstwiesen blühen auf!“ der BINGO-Umweltstiftung vor. Abbildung 3: Fortbildung für die Göttinger Baumwarte mit der Pomologin Dr. Annette Braun-Lüllemann. 17 Das Zusammenstellen der Sortenausstellung und die Sortenbestimmung durch Dr. Annette BraunLüllemann wurden über das Projekt-Nr. U 246 / 14 JH: Aktionstage Kirschsortenvielfalt im Landkreis Göttingen der niedersächsischen BINGO-Umweltstiftung gefördert. 19 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Abbildung 4: Ankündigungsplakat für das Kirschenfest 2014 in Geismar. 20 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Abbildung 5: Regionale Kirschsortenvielfalt aus Streuobst-Altbeständen im Göttinger Land Abbildung 6: Sortenbestimmung beim Kirschenfest des Landschaftspflegeverbands mit Dr. Annette Braun-Lüllemann (Pomologenverein; sitzend), Stefan Ott (BUND-LV Niedersachsen; 2. v. r.) und dem niedersächsischen Umweltminister Stefan Wenze (ganz rechts). 21 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Im September 2014 wurde auf der „Dornröschenwiese“ bei Dransfeld erstmals eine öffentliche Obstversteigerung durchgeführt (siehe Abbildung 7). Mit der Veranstaltung sollten erste Kontakte zu möglichen zukünftigen Nutzungsinteressenten geknüpft werden. Nachdem die bisher durchgeführten und noch geplanten Maßnahmen zur Wiederaufnahme der Streuobstwiesenbewirtschaftung erläutert und auf Nachfrage Hinweise zur Obstbaumpflege gegeben worden waren, wurden die zu ersteigernden Apfelbäume mit ihren Sorteneigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten vorgestellt und versteigert. Eine für den 12. Oktober 2014 geplante Streuobstwiesenführung in Zusammenarbeit mit dem Naturpark Münden musste aus gesundheitlichen Gründen leider kurzfristig abgesagt werden. Abbildung 7: Einladungsplakat für die Obstversteigerung in Dransfeld. Am 7./8. März 2015 fand in Kooperation mit dem Waldpädagogikzentrum Göttingen/Regionalen Umweltbildungszentrum (RUZ) Reinhausen ein zweitägiges Wildbienenseminar statt (siehe Abbildung 8). Es war als zentrale Veranstaltung zur ökologischen Umweltbildung im Rahmen des Streuobst-Altbeständeprojekts mit 29 TeilnehmerInnen, darunter Streuobstinteressierte, Naturschützer- und ImkerInnen, sehr gut besucht (siehe Abbildung 9). Mit dem Diplom-Biologen Rolf Witt konnte ein ausgewiesener Fachmann und Kenner der niedersächsischen Hautflüglerfauna als Hauptreferent gewonnen werden (siehe Abbildung 10). Daneben gab es weitere Kurzreferate von LPV-Seite zur Bedeutung von Streuobstwiesen für Wildbienen & Solitärwespen sowie zur Kartierung von Streuobstbeständen und Wildbienen im Landkreis Göttingen. Der BUND-Landesverband Niedersachsen stellte das Projekt „Wildbienen-Netzwerk Niedersachsen“ vor, das ebenfalls von der niedersächsischen BINGO-Umweltstiftung gefördert wird. Fazit: an zwei Tagen erfuhren die TeilnehmerInnen alles Wichtige über Lebensweise, Gefährdung und Schutz von Wildbienen, Solitärwespen & Co., unter besonderer Berücksichtigung von Streuobstwiesen als Lebensstätten für diese faszinierenden Arten. Wer als Bienen-Interessierte/r zum Seminar gekommen war, verließ es als Bienenbegeisterte/r… 22 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Abbildung 8: Programm des Wildbienenseminars als Bestandteil im Streuobst-Altbeständeprojekt. 23 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Abbildung 9: Dipl.-Biologe Thomas Fechtler stellt die Wildbienenkartierung des LPV vor. Abbildung 10: Dip.-Biologe Rolf Witt (rechts) erläutert das Nistplatzangebot für Wildbienen und Solitärwespen im Garten des Regionalen Umweltbildungszentrums (RUZ) in Reinhausen. 24 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) Am 25. April 2015 wurde auf der Streuobstwiese in Geismar zur Obstblüte eine Führung für die „Göttinger Naturforscher“, die Kindergruppe von BUND und Biologischer Schutzgemeinschaft (BSG) Göttingen, durchgeführt (siehe Abbildung 11). Abbildung 11: Bericht zum Naturforschertreffen auf der Homepage der BUND-Kreisgruppe Göttingen. Am 11. Juli 2015 wurde im Rahmen der regelmäßigen Fortbildungsangebote für die Göttinger Baumwarte und weitere Streuobstinteressierte erneut ein Sommerschnittkurs im Streuobstkomplex am Wendebachstausee angeboten. Dabei wurden auch die im Rahmen des Altbeständeprojekts durchgeführten Schnitt- und Pflegemaßnahmen (Entbuschung) vorgestellt und einige der ausgebrachten Nisthilfen demonstriert (Grünspecht- und Wieselkästen, Bienenniststeine). Darüber hinaus nahm der Projektleiter Hubertus Rölleke am 14. Juli 2015 an einem Erfahrungsaustausch zur bienenfreundlichen Aufwertung von Lebensräumen in der Landesgeschäftsstelle des BUND-Niedersachsen teil, bei dem Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus dem Streuobst-Altbeständeprojekt kurz vorgestellt und in die Diskussion eingebracht werden konnten. 25 Abschlussbericht zum Projekt Streuobst-Altbestände im Göttinger Land (2014/15) 3 Zusammenfassung und Ausblick Im Rahmen des Förderprojekts „Streuobstwiesen-Altbestände im Göttinger Land wurden wichtige Maßnahmen zur Verbesserung der Biotopqualität und zur Förderung lebensraumtypischer Tierarten auf einem Dutzend Streuobstwiesen im Landkreis Göttingen umgesetzt. Darüber hinaus konnten wichtige Erkenntnisse über das Vorkommen und die Lebensraumansprüche der biotoprelevanten Artengruppen Wildbienen und Fledermäuse gewonnen werden. Für diese und weitere Tierarten (Grünspecht, Hermelin und Mauswiesel) wurden teilweise neuartige Nisthilfen erprobt. Im Ergebnis hat sich gezeigt, welch große Bedeutung der Kulturlebensraum Streuobstwiese für den Artenschutz frei lebender Tiere in unserer Landschaft hat. Diesem hohen Stellenwert entsprechend ist der finanzielle und organisatorische Aufwand zur Aufrechterhaltung der Bewirtschaftung bzw. für die Umsetzung zusätzlicher, spezieller Pflegemaßnahmen ebenfalls sehr hoch. Demgegenüber steht nach wie vor das Fehlen einer landesweiten Fördermaßnahme für die naturschutzgerechte Baumpflege auf Streuobstwiesen und die Anlage zusätzlicher, biotoprelevanter Strukturen (wie Hecken, Totholz-, Reisig- oder Steinhaufen) im Mittelpunkt des Streuobstbetrachters. Das Umweltministerium in Hannover versucht aktuell hier über eine in Vorbereitung befindliche Fördermaßnahme (EFRE-Richtlinie zu Landschaftswerten) Abhilfe zu schaffen. Bei entsprechender Genehmigung und Ausgestaltung der Förderrichtlinie für Streuobstflächen können hier ggf. ab 2016 neue Finanzmittel zur Pflege von Altbeständen zur Verfügung stehen. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Projekts „Streuobstwiesen-Altbestände“ fließen bereits jetzt in die Beratungspraxis des Landschaftspflegeverbandes zur Erhaltung von Streuobstwiesen und ihrer Entwicklung zu artenreichen Lebensräumen im Landkreis Göttingen und darüber hinaus ein. Um den Restbestand der heimischen Streuobstwiesen mit ihren faunistischen und pomologischen Schätzen langfristig zu sichern, bedarf es aber nicht nachlassender Bemühungen und vor allem gesicherter Förderinstrumente. Göttingen, 31.07.2015 gez. Klaus König (Geschäftsführer) gez. Hubertus Rölleke (Projektleiter) 26