M (1931) - Das Dokument des Grauens

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Das Dokument des Grauens
Eine Chronik des Horrorfilms
Band 3
It’s Alive! - Die Stunde der Untoten
Ralf Ramge
Vollausgabe, Version 1.01, Stand: 27. Dezember 2014
Im Vertrieb von: Freshpics Studios Ramge, Postfach 66, 3123 Belp, Schweiz
dokument.des.grauens@gmail.com, http://retro-park.ch
Das Dokument des Grauens
Eine Chronik des Horrorfilms
Band 3: It’s Alive! - Die Stunde der Untoten
von Ralf Ramge
Mit Bibliografie und Index
Zur Verfügung gestellt für nichtkommerzielle
Veröffentlichung und Verwendung
c
2004
- 2015 Freshpics Studios Ramge, alle Rechte vorbehalten
Umschlagfoto vorne: Boris Karloff und Marylin Harris, „Frankenstein“,
c
1931
Universal Pictures
Umschlagfoto hinten: „Island of Lost Souls“,
c
1932
Paramount
Inhaltsverzeichnis
1
Einführung
1
2
1930
9
3
Le sang d’un poète (1930)
45
4
The Bat Whispers (1930)
59
5
Dracula (1930)
81
6
Drácula (1931)
123
7
Eine kurze Reise durch die Zeit
145
Grant Wood: American Gothic (1930) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
Peter Kürten, der Vampir von Düsseldorf (1883 - 1931) . . . . . . . . . . . 149
8
M (1931)
171
9
Svengali (1931)
205
10 Die Mythen: Im Labor des Wahnsinns
Die Anfänge . . . . . . . . . . . . . . . . .
Curriculum Vitae: Victor Frankenstein . . .
Dr. Frankensteins weiterer Werdegang . . .
Arzt und Dämon: Dr. Jekyll und Mr. Hyde .
Das verbrecherische Genie: Jack Griffin . .
Unfreiwillige Mutationen: André Delambre
Facetten des Irrsinns . . . . . . . . . . . .
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221
222
229
255
290
312
323
333
11 Frankenstein (1931)
351
12 Dr. Jekyll and Mr. Hyde (1931)
393
13 1931
437
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Das Dokument des Grauens
14 Freaks (1932)
453
15 Murders in the Rue Morgue (1932)
511
16 Vampyr: Der Traum des Allan Grey (1932)
541
17 Die Mythen: Im Bann des Voodoo
Der Vodun Westafrikas . . . . . . .
Der haitianische Vodou . . . . . . .
Voodoo in New Orleans . . . . . . .
Der Zombie . . . . . . . . . . . . .
Voodoo auf der Leinwand . . . . . .
579
580
582
584
588
594
ii
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7. Eine kurze Reise durch die Zeit
167
Das Dokument des Grauens
Abbildung 7.14: Filmplakat, Deutschland 1931
168
Kapitel 8
M (1931)
Der Buchstabe M gilt in Cineastenkreisen als Synonym für Innovationen.
Da wäre zuerst die Verwendung dieses einzelnen Buchstabens als Titel für einen
Film. Kurz, einprägsam und in jeder Hinsicht aus der Masse fülliger Filmtitel herausragend. Eine Idee, so einfach wie genial.
Dann wäre da noch der Film, für welchen dieser Buchstabe steht. M (1931)1 gilt
als der beste Film, welches das deutsche Kino hervorbrachte. Der alleinstehende Buchstabe wurde mit zunehmendem Alter immer mehr zu einem Zeichen, einem Symbol
innerhalb der Filmgeschichte.
Kein anderer deutscher Film wurde so oft durch Zitate oder Nachahmungen gewürdigt; von Woody Allen (Shadows and Fog (1992)) über Robert Altman (The Player
(1992)) und Michael Powell (Peeping Tom (1959)) bis hin zu Firmenlogos des Fernsehsenders MTV oder visuellen Tricks von Regisseuren wie David Fincher reichen
die Anleihen. M war anfangs nur ein Buchstabe, aber mit zunehmendem Alter wurde
daraus immer mehr ein Symbol für filmische Qualität.
Als der französische Regisseur Jean-Luc Godard seine berühmte Dokumentation
Cinéma de notre temps: Le dinosaure et le bébe, dialogue en huit parties entre Fritz
Lang et Jean-Luc Godard (1967) drehte, stellte er Fritz Lang die Frage, welchen seiner Filme er als den besten ansähe. Fritz Lang antwortete ohne großes Nachdenken: M
(1931). Manchem durchschnittlichen Kinogänger mag diese Entscheidung zuerst irritieren, zu stark sind die visuellen Eindrücke von Filmen wie Metropolis (1926), Langs
wohl populärstem Film. M (1931) empfindet man leicht als angenehme, kleine Produktion, hübsch anzusehen, aber nicht spektakulär. Doch Langs Antwort ist durchaus
angemessen, wie man bei genauerem Hinsehen leicht selbst feststellen kann. Langs M
(1931) ist sein mit Abstand virtuosestes und vor allem komplexestes Werk - hübsch an1
M, aka M: Eine Stadt sucht einen Mörder, aka Mörder unter uns (Nero Film, Deutschland
1931, Regie: Fritz Lang, Drehbuch: Fritz Lang, Thea von Harbou, Kamera: Fritz Arno Wagner, Darsteller: Peter Lorre, Otto Wernicke, Gustaf Gründgens, Georg John, Ellen Widmann, Theo Lingen, Inge
Landgut, Theodor Loos, Friedrich Gnaß, Fritz Odemar, Paul Kemp, Rudolf Blümner, Franz Stein, Ernst
Stahl-Nachbaur, Gerhard Bienert, Karl Platen, Rosa Valetti, Hertha von Walter, Bildformat: 1.20:1, Tonformat: Movietone, Laufzeit: ca. 109 Minuten)
169
Das Dokument des Grauens
zusehen, völlig richtig, aber unter der Oberfläche lauert ein auf den ersten Blick schwer
auszumachendes Monstrum von durchaus literarischer Qualität, ein wahrhafter Geniestreich. M (1931) erzählt oberflächlich von der Jagd auf einen Mörder, einem Wettlauf
zwischen der Polizei und einem Verbrechersyndikat. Doch M (1931) ist weitaus mehr.
Der Film steckt bis unter Rand voller filmischer und erzählerischer Innovationen, welche von einer ausgefeilten Schnitttechnik bis hin zu nahezu unmerklich und damit
umso meisterlicher eingesetzten Details wie zum Beispiel der Kamerafahrt durch ein
vergittertes Fenster reichen. Der Film ist von Anfang bis Ende durchgehend mit Symbolik versehen; einige dieser Symbole ziehen sich vom Anfang bis zum Ende durch
den Film, zum Beispiel der stetige Kampf gegen den Fluss der Zeit. Der Film schildert nicht nur die Suche nach einem Mörder, sondern er erzählt auch von einem Krieg,
fast unmerklich mit stilistischen Mitteln eines Kriegsfilms inszeniert. Er ist stellenweise ähnlich technokratisch wie Metropolis (1926), serviert diese Technokratie jedoch
dezenter und stellt sie in den Dienst des Films, nicht umgekehrt. M (1931) ist eine Dokumentation des Berlins im Jahr 1930, von der gesellschaftlichen Struktur bis hin zum
Selbstwertgefühl der Berliner in den Zeiten der Wirtschaftsflaute und der Nachwehen
des ersten Weltkrieges. Und natürlich steckt auch eine Dosis Horror drin, welche man
zwar erst ausgraben muss, aber die dafür dann umso mehr fasziniert.
M (1931) vollständig zu analysieren würde ein eigenes Buch füllen. Dies alleine
wäre zwar nicht schlimm, aber Sie lesen diese Seiten ja nicht, weil Sie etwas über
die Gesellschaft der sterbenden Weimarer Republik lesen wollen, sondern weil Sie
sich für Horror interessieren. Daher wird sich dieses Kapitel inhaltlich auf das Wesentliche beschränken. Wir werden kurz auf die Handlung des Films eingehen, hier
jedoch weniger als gewohnt; eine streng chronologische Betrachtung aufeinanderfolgender Szenen entfällt, da der Film mit häufigen Kreuzverweisen durchsetzt ist und
eine solche Herangehensweise bei Langs Werk nicht dienlich wäre. Wir werden die
Vorgeschichte des Films beleuchten, ebenso wie die in ihm Mitwirkenden und deren
Herkunft. Wir stellen den Film in einen Kontext zum Horror und zeigen auf, wie er mit
der Serienmörderthematik umgeht. Wir analysieren die ersten Filmminuten stellvertretend für den Rest des Films akribisch, den Rest des Films nur ausschnittsweise. Wir
erklären Langs vortrefflichen Umgang mit suggestivem Ton. Abschließend zeigen wir
noch einige Details auf, darunter den bereits genannten unterschwelligen Kriegsfilm,
aber hier steigen wir nicht mehr in die Tiefe ein - dies bleibt dann dem geneigten Leser
und Schulklassen überlassen.
Bevor wir beginnen, bedarf es jedoch noch einiger klärender Worte. Wenn Sie sich
M (1931) in der Erwartung eines reinrassigen Horrorfilms ansehen, werden Sie maßlos
enttäuscht sein. Denn M (1931) ist einer der schwierigsten Grenzfälle. M (1931) ist
kein unmittelbarer Horrorfilm, er steht lediglich im Kontext zum Horror. Die meisten
Zuschauer dürften M (1931) als reinen Kriminalfilm einstufen. Weshalb er es trotzdem
zu einem eigenen Kapitel in diesem Buch schaffte, ist auf den ersten Blick nur schwer
zu erkennen. Die Gründe hierfür sind vor allem von filmhistorischer Natur.
170
8. M (1931)
Als M (1931) in den Kinos anlief, war er aus der Sicht des Publikums schon von
beinahe dokumentarischer Natur. Fritz Lang präsentierte einen Film, der in der Alltagswelt des Zuschauers spielte und auch bewusst aktuelle Bezüge schuf. Lang baute
Anspielungen auf aktuelle Geschehnisse und politische Entwicklungen in dem Film
ein. Gezeigte Tageszeitungen sind allesamt auf den Herbst 1930 datiert. Ähnlich wie
einst Bram Stokers Dracula, or the Undead, jedoch wesentlich konsequenter, transportierte Fritz Lang die erzählte Geschichte aus einer Fantasiewelt heraus und legte sie
direkt vor der Haustür der Zuschauer ab. Wenn nach der Vorführung des Filmes die
Lichter im Saal wieder angingen und man das Kino verließ, kehrte man nicht nur in
die eigene Stadt zurück, sondern man betrat die Welt von M (1931). Heute ist eine solche Inszenierung normal, doch damals bewahrten Filme mit emotional unangenehmen
Inhalten üblicherweise eine Distanz zum Zuschauer.
Die Geschichte, welche Fritz Lang in seinem Film so realistisch wirkend erzählt,
bezog ihre Energie aus den Ängsten des zeitgenössischen Publikums. Da waren die
psychologischen Nachbeben des Ersten Weltkrieges, welche Lang sehr geschickt nutzte, um das Publikum unterschwellig unter Druck zu setzen. Da war die wirtschaftliche
Katastrophe und die mit ihr verbundenen Sorgen, welche die Menschen plagten und
in M (1931) nicht nur nicht beschönigt, sondern dargelegt wurden. Und da war natürlich der unglaubliche Medienrummel um Peter Kürten, welcher landesweit Eltern in
schreckliche Angst um ihre Kinder versetzte, sobald diese auch nur kurz außer Haus
waren.
Diese Existenzängste bilden die Basis für M (1931) und werden durch ihn schonungslos intensiviert. Derartiges ist ein definitives Merkmal des Horrors, welches bei
M (1931) jedoch mit steigendem zeitlichen Abstand zum Jahr seiner Uraufführung immer mehr verblasste und inzwischen nur noch dann bemerkt wird, wenn man explizit
darauf hinweist. M (1931) führt vor Augen, dass Horrorelemente zwar die Zeit überdauern, ihre Wirkung jedoch in hohem Maße vergänglich ist. Aber dies war der Film,
welcher das ausführte, was Edward van Sloanes schnell zensierter Auftritt vor dem Publikum am Ende von Dracula (1930) lediglich versuchte: Er vollzog den Schritt des
Schreckens aus einer fiktiven Welt ohne Realitätsbezug in den Alltag des Zuschauers.
Der zweite wichtige Aspekt ist die filmhistorische Bedeutung des Films. M (1931)
war der Vorläufer eines Subgenres des Horrors, welches sich in den 60er Jahren entfaltete. Filme wie Peeping Tom (1959), Psycho (1960) und Sei donne per L’assassino
(1964) legten die Grundsteine für das Serienkillerkino und seine Subgenres des Giallos und des Slasherfilms. Sie waren die Väter von Filmen wie Reazione a catena
(1971), The Texas Chain Saw Massacre (1974), Black Christmas (1974), Halloween (1978), The Silence of the Lambs (1991), Henry: Portrait of a Serial Killer
(1986) und Monster (2003). Fritz Lang war den legendären Vätern des Serienkillerhorrors - Michael Powell, Alfred Hitchcock und Mario Bava - um etwa dreißig Jahre
voraus, im Filmbusiness eine unvorstellbar lange Zeit, und nicht nur das, er bildete für
sie auch die Basis ihrer eigenen Filme. Der Einfluss von M (1931) auf die genannten drei Väter des Horrors war extrem, auch durch die zwischen ihnen liegenden drei
Jahrzehnte filmischer Entwicklung und vieler Elemente aus M (1931) und seines indi171
Das Dokument des Grauens
rekten Nachfolgers Das Testament des Dr. Mabuse (1932), die sich im Laufe dieser
Zeit zu Standards der Inszenierung von Thrillern entwickelten. Man lehnt sich nicht zu
weit aus dem Fenster, wenn man prognostiziert, dass heutige Genrefilme wahrscheinlich nicht in gleicher Form daherkämen, wäre M (1931) nie gedreht worden. Wenn
man die Analogie der Väter des modernen Serienkillerhorrors weiterführt, muss man
M (1931) konsequenterweise als dessen Großvater bezeichnen.
Aber wie bereits angedeutet: Wenn Sie sich selbst nicht als filmhistorisch interessierter Leser verstehen, sondern dieses Buch als Ratgeber für die Quantität des Grauens
in Horrorfilmen sehen, sind sie mit M (1931) völlig falsch beraten.
M (1931) erzählt von der Jagd auf Hans Beckert im Berlin der jungen 30er Jahre.
Beckert ist ein an Peter Kürten angelehnter Serienmörder und seine bevorzugten Opfer sind Kinder. Zum Beginn des Films ist die Suche nach Beckert bereits auf ihrem
Höhepunkt angelangt, die Polizei und die Bevölkerung sind bereits in Aufruhr.
Die kleine Elsie Beckmann wird auf ihrem Nachhauseweg von einem Unbekannten
angesprochen und folgt ihm. Wenig später ist Elsie Beckmann tot.
Der Kindermörder teilt die Bevölkerung in drei Gruppen: die Polizei, die verängstigte Bevölkerung und die Berliner Unterwelt. Die Polizei ist hilflos und versucht mit
allen Mitteln, dem noch namenlosen Mörder auf die Spur zu kommen. Aber dieser
hinterließ bei seinen Morden nie irgendwelche Spuren, welche die Ermittler weiterbringen. Die Polizei reagiert mit immer mehr Kontrollen, von Verhören über Hausdurchsuchungen bis hin zu groß angelegten Razzien. Die Ganoven Berlins sind deshalb
sehr verärgert, denn die Suche nach dem Mörder beeinträchtigt hierdurch ihre eigenen
Geschäfte und dementsprechend haben sie ebenfalls ein großes Interesse daran, dass
Beckert endlich geschnappt wird.
Die Polizeiermittlungen werden von Inspektor Karl Lohmann geleitet, einem rundlichen Mann, der viel Gemütlichkeit ausstrahlt und im Milieu der Unterwelt bekannt
und durchaus nicht unbeliebt ist. Doch Lohmanns Nerven liegen zunehmend blank.
Die Öffentlichkeit, die Presse und vor allem die Politik setzen ihn zunehmend unter
Druck. So beschließt Lohmann in seiner Hilflosigkeit, eine gigantische Polizeiaktion
loszutreten: Jeder Garten, jede Hecke soll durchkämmt werden, die Razzien werden
verstärkt und Hausdurchsuchungen flächendeckend durchgeführt. Der Mörder weilt
mit Sicherheit in Berlin und so soll jede Wohnung genauestens und möglichst unauffällig unter die Lupe genommen werden - insbesondere jene mit Holztischen, denn
seinen letzten Brief an die Presse verfasste der Mörder auf einem solchen, wie die
Unregelmäßigkeiten in seiner Handschrift erkennen lassen.
Lohmanns Gegenpart in der Unterwelt ist Schränker, ein Supergangster. Auch
Schränker plant eine Maßnahme, welche ganz Berlin umfasst. Doch er setzt nicht wie
Lohmann auf Kontrollen, sondern auf reine Observation. Seine Geheimwaffe sind jene
Menschen, welche ein fester Bestandteil des Straßenbildes Berlins sind und sich daher
nahezu unauffällig überall bewegen können: die Zunft der Bettler.
Einer jener Bettler, ein alter und völlig blinder Luftballonverkäufer, hört eines Tages
einen Mann ein Lied pfeifen. Der Alte erbleicht, denn genau dieses Lied pfiff ein Mann
172
8. M (1931)
in Begleitung eines kleines Mädchens, welcher bei ihm einen Luftballon kaufte - am
Tag der Ermordung von Elsie Beckmann. Er ruft sofort einen sehenden Kollegen herbei, der sich an Beckerts Spur heftet.
Als er Zeuge wird, wie Beckert ein
kleines Mädchen anspricht, kritzelt dessen Verfolger in seiner Not mit Kreide
den Buchstaben M auf seine Handfläche
und rempelt Beckert im Vorbeigehen an.
Hierbei drückt er seine Handfläche auf
Beckerts Schulter und kennzeichnet ihn
so als den Mörder.
Etwa zur gleichen Zeit durchsucht
Lohmann die Wohnung Beckerts und
sein Begleiter wird stutzig. Auf einem
breiten Fensterbrett finden sich Farbreste
eines Stiftes der gleichen Art wie jenem,
Abbildung 8.1: Hans Beckert
welchen der Mörder beim Schreiben seines letzten Briefes benutzte. Und bei genauerer Suche finden Lohmann und er Abdrücke der Mine im weichen Holz des Fensterbrettes, welche identisch sind mit Passagen des Schreibens.
Sowohl der Polizei als auch der Unterwelt ist der Mörder somit bekannt. Doch Lohmann muss Beckert erst noch finden, wohingegen die Ganoven ihm bereits unmittelbar
auf den Fersen sind.
Beckert bemerkt seine Verfolger und flüchtet in ein mehrstöckiges Bürohaus. Es
ist kurz vor Feierabend und die Gangster sind zu spät; die Menschen verlassen das
Gebäude und es wird von der Wachmannschaft für die Nacht verschlossen.
Schränker reagiert umgehend. Seine Leute überwältigen den Wachmann an der
Pforte und brechen in das Gebäude ein. Jeder Raum soll durchsucht werden, bis man
den Mörder gefasst hat. Doch die Zeit und die Gegebenheiten sind gegen sie; bis zum
Morgen müssen sie Beckert gefunden haben und das Gebäude gehört dummerweise
zu einer Bank und ist entsprechend gesichert.
Beckert hat sich in einer Abstellkammer unter dem Dach verschanzt und ahnt nicht,
was in den Fluren des Bankgebäudes auf ihn wartet. Er hat aber auch ein anderes
Problem, denn der Wachmann hat ihn in dem Abstellraum eingeschlossen und er muss
es selbst schaffen, dort herauszukommen.
Beckerts Chancen scheinen sich zu verbessern, als der gefangene Wachmann an
der Pforte es schafft, einen Alarm auszulösen. Schränker und seinen Leuten bleiben
nur noch fünf Minuten, um zu verduften. Doch Schränker spielt auf volles Risiko und
tatsächlich schaffen sie es, Beckert zu finden und zu entführen, bevor die Polizei eintrifft.
Lohmann kann nicht verstehen, was das Ziel dieses Einbruchs gewesen sein könnte. In jeden Raum wurde eingebrochen, im Tresorraum wurde sogar ein Loch durch
173
Das Dokument des Grauens
die Decke gestemmt, aber der Tresor wurde nicht angetastet. Genauer gesagt wurde
absolut nichts gestohlen. Doch die Einbrecher haben bei ihrer panischen Flucht einen
der Ihren zurückgelassen und Lohmann setzt diesen mit zwielichtigen Methoden unter
Druck. Er behauptet, der Wachmann von der Pforte sei getötet worden und schließlich
bricht der Beschuldigte unter diesem Vorwurf zusammen und erklärt, man habe den
Kindermörder entführt, um ihm in einem alten Fabrikgebäude den Prozess zu machen.
Beckert befindet sich derweil vor dem Tribunal der Gesetzlosen. In einem verzweifelten Plädoyer versucht er, Verständnis für seine Situation zu wecken und schildert
den grausamen Zwang, unter welchem er die Morde beging. Sein Verteidiger versucht
nicht minder verzweifelt, Recht und Ordnung gegenüber dem Mob durchzusetzen, der
letztlich nur eines will, nämlich Beckert lynchen. Doch dieser Plan wird vereitelt, als
Lohmanns Männer eintreffen und Beckert verhaften.
Es schien für lange Zeit, als habe Fritz Lang seinen Zenit als Filmemacher überschritten. Nach großen Klassikern wie Der müde Tod (1921), Dr. Mabuse (1922),
Die Nibelungen (1924), und Metropolis (1926) schien es, als könne Langs Stern nicht
noch weiter steigen und er die Qualität seiner bisherigen Werke nicht mehr erreichen,
geschweige denn übertreffen. Der dreistündige Spione (1928) blieb hinter den Erwartungen zurück, beinahe wäre es ein Flop geworden. Und danach begann der Siegeszug
des Tonfilms, gegen welchen sich Fritz Lang sehr vehement aussprach. Der in typischer Manier von Fritz Lang ebenfalls fast dreieinhalb Stunden lange Science-FictionFilm Die Frau im Mond (1929) schien das Ende von Langs Karriere als Filmregisseur
einzuläuten. Der Film war opulent, bot viele technische Sensationen (darunter auch
einen Flug zum Mond), er war durch und durch auf die Befriedigung des Geschmacks
der breiten Masse ausgelegt - bis auf einen Punkt, denn auch Die Frau im Mond (1929)
war ein Stummfilm.
Die UFA gab sich alle Mühe, Fritz Lang davon zu überzeugen, dass Stummfilme nicht mehr vernünftig zu vermarkten seien und dass er bitte Die Frau im Mond
(1929) nachvertonen möge. Fritz Lang war in dieser Frage wesentlich zimperlicher als
zum Beispiel sein englischstämmiger Kollege Alfred Hitchcock, der sich für Blackmail
(1929) zu diesem Schritt erweichen ließ - Fritz Lang lehnte ab. Damit befand sich die
UFA auch bei Die Frau im Mond (1929) im Teufelskreis der technischen Entwicklung.
Einerseits verlangten die Besucher Tonfilme. Aber durch die miserable Wirtschaftslage
trauten sich nur wenige Kinobesitzer, die entsprechende teure Ausrüstung anzuschaffen, denn es gab einerseits noch keinen einheitlichen Standard für die Tonwiedergabe
und durch die Rezession gingen die Besucherzahlen um fast ein Drittel zurück. Die
Filmstudios wollten in der Folge keine Tonfilme produzieren, die nirgends gezeigt
werden konnten. Fritz Lang sprengte mit seinem rigorosen Nein diese Abwärtsspirale,
allerdings nicht im Sinne der UFA. Die Folge war ein Streit und Fritz Lang stieg aus
seinem Vertrag mit der UFA aus. Sein Karriereende schien damit besiegelt.
Auch in Langs Privatleben gab es eine einschneidende Veränderung. Seine Beziehung zu Thea von Harbou, seiner langjährigen und an seinem Erfolg zu einem großen
Teil mitverantwortlichen Kollaborateurin, ging in die Brüche, nachdem Fritz Lang ein
174
8. M (1931)
Verhältnis mit Gerda Maurus, der Hauptdarstellerin aus Die Frau im Mond (1929)
begonnen hatte.
19 Monate lang blieb es still um Deutschlands einstige Regieikone. Dann kreuzte
jedoch ein junges und aufstrebendes Filmstudio den Weg Fritz Langs: Nero Film.
Der Vertrag mit Nero Film gab Fritz Lang neuen Auftrieb. Zu aller Überraschung
taten sich Fritz Lang und Thea von Harbou für M (1931) wieder zusammen. Würde
der Versuch einer erneuten Zusammenarbeit Früchte tragen? Würde Lang, der sich
so lange gegen den Tonfilm wehrte, mit dem neuen Medium zurechtkommen? Fritz
Langs neues Werk wurde schon im Vorfeld von der Presse und der Filmindustrie mit
Argusaugen beäugt.
Aber Fritz Lang wäre nicht mehr der große Innovator gewesen, hätte er sich für
M (1931) kein hohes Ziel gesetzt. Sicher, er verachtete den Tonfilm, da dieser die
Kunst des Filmemachens und der Bildsprache nach Langs Meinung mit Füßen trat.
Aber Lang setzte sich hier ein Ziel: Er wollte es schaffen, den Tonfilm trotz all seiner
Nachteile im Geiste eines Stummfilmers zu nutzen und den Ton vom einen die Kunst
banalisierenden Störfaktor selbst zu einem Kunstwerk erheben.
Tonfilm als Kunst war keineswegs eine neue Idee. Als Vorbild für M (1931) dienten
hier Arbeiten Walter Ruttmanns. Ruttmann hatte zuerst mit Berlin: Symphonie einer
Großstadt (1927) auf sich aufmerksam gemacht, einer ungeheuer erfolgreichen Dokumentation über das Treiben in Berlins Straßen. Dies war jedoch ein Stummfilm und
das widersprach letztlich der Bezeichnung als Symphonie im Titel des Films. Im Mai
1930 wurde in Berlin Ruttmanns neuerliches dokumentarisches Experiment aufgeführt, Weekend (1930). Ruttmanns neues Werk tat genau das Gegenteil von dem, was
die Berlindokumentation tat: Er zeigte einen Film ohne Bilder. Bei Weekend (1930)
handelt es sich um eine komplexe Toncollage, welche ein typisches Wochenende beschreibt. Vorgeführt wurde das Werk mit geschlossenem Vorhang. Einem Freund Walter Ruttmanns, dem Tontechniker Paul Falkenberg, imponierte dieser Prototyp des
Erzählens anhand von Geräuschen sehr und er beschloss, bei seiner nächsten Arbeit
die aus Weekend (1930) gewonnenen Erkenntnisse gezielt einzusetzen. Wie Sie sicher
schon erraten haben, war Falkenbergs nächste Arbeit die Vertonung von M (1931).
Fritz Lang war von Ruttmanns Werken ebenfalls sehr angetan2 . Er übernahm die zwei
herausragendsten Arbeiten Ruttmanns in das Konzept für seinen eigenen Film: die
Dokumentation des zeitgenössischen Berlins und jenes der Toncollagen als narratives
Mittel.
Auf Fritz Langs Inszenierung des Tons werden wir noch zu sprechen kommen,
soviel sei bereits verraten. Doch wie sieht es mit der Dokumentation Berlins aus? Fritz
Lang weitete dies aus; die Darstellung Berlins als Stadt war selbstverständlich, doch
Fritz Lang wollte auch die Hintergründe des Lebens in der Großstadt nicht unerwähnt
lassen. Die deutsche Politik war im Jahr 1930 hochgradig verworren, sie lag ebenso am
2
Ob dies auch noch der Fall gewesen wäre, hätte Fritz Lang damals geahnt, dass Ruttmann einmal
der Autor von Leni Riefenstahls berüchtigtem NSDAP-Propagandafilm Triumph des Willens (1934) sein
würde?
175
Das Dokument des Grauens
Boden wie die Wirtschaft. Das Volk knabberte nicht nur an den Nachwirkungen des
Ersten Weltkrieges, was ein Trauma mit sich brachte, welches in seiner Intensität mit
jenem der Amerikaner nach den niederschlagenden Erfahrungen des Vietnamkriegs
durchaus vergleichbar war.
Es war auch die Zeit einer katastrophalen gesellschaftlichen Entwicklung. Protestwähler hatten Adolf Hitlers nationalsozialistische Partei zur zweitstärksten Fraktion im
Parlament gemacht. Hitlers Privatarmee, die SA, veranstaltete im Herbst 1930 Menschenjagden auf politisch Andersgesinnte, vor allem auf Mitglieder der KPD. Hitlers
politische Doktrin wurde durch den wirtschaftlichen Ruin des Landes noch weiter unterstützt, Unruhen in Form von Straßenschlachten waren in Berlin an der Tagesordnung. Dies musste aus Sicht von Fritz Lang in M (1931) auf jeden Fall einfließen3 .
Doch nicht nur die Politik, sondern auch die Stadt Berlin selbst sollte repräsentiert
werden. Was charakterisiert eine Metropole am ehesten? Fritz Lang entschied sich hier
für den Puls der Großstadt, ihr Eigenleben, ihr Ticken. Das Leben in einer Großstadt
wird durch den Fluss der Zeit diktiert. Menschen strömen morgens zur Arbeit und am
Nachmittag wieder nach Hause. Öffentliche Verkehrsmittel fahren den Tag über nach
festen, sich rhythmisch wiederholenden Zeitspannen ihre Strecken ab. Der Wechsel
zwischen Tag und Nacht dominiert alles - der Moloch Stadt diktiert das Leben der
darin lebenden Menschen.
In Metropolis (1926) hatte Lang dieses Thema bereits in überzeichneter Form auf
den Punkt gebracht, in M (1931) taucht es abgeschwächt erneut auf. Eine ähnliche,
beinahe karikative Darstellung wie in Metropolis (1926) hätte jedoch dem Realitätsgedanken hinter M (1931) widersprochen, weshalb Lang sich in seinem neuen Film weitgehend auf Symbole beschränkte, welche aus dem Hintergrund Einfluss auf den Film
nehmen. In M (1931) steht alles unter dem Druck der Zeit. Die Polizei und Schränkers
Bande müssen Ergebnisse liefern, bevor ein neuer Mord geschieht. Auch hier strömen
Menschen pünktlich auf die Minute aus einem Bürogebäude heraus, als die Stunde
des Feierabends naht. Die nächtliche Suche nach Beckert muss bis zum Morgen abgeschlossen sein. Nach dem Alarm des Pförtners bleiben nur fünf Minuten, um Beckert
doch noch zu finden. Über den ganzen Film verstreut tauchen Uhren auf, welche den
Fluss der Zeit verdeutlichen. M (1931) ist vom Fluss der Zeit diktiert und der Großteil
der Zeitspannen und Fristen ist von den äußeren Umständen diktiert und entzieht sich
der Kontrolle der Protagonisten, ähnlich wie es im Leben eines Stadtbürgers völlig
normal ist. Diese Abbildung des Tickens der Großstadt in M (1931) war keine triviale
Aufgabe, was vor allem darin begründet liegt, dass die Stadt selbst keine wesentliche
Rolle in dem Film spielen durfte - denn M (1931) wurde vollständig im Studio gedreht
und beinhaltet keine realen Bilder Berlins.
3
Es kann hier schon beinahe als Bestätigung empfunden werden, was sich während der Premiere des
Films im Mai 1931 vor dem Berliner Zoopalast abspielte. Während der Vorführung tobte vor dem Kino
eine Straßenschlacht und Hitlers Braunhemden mischten hierbei kräftig mit.
176
8. M (1931)
Ein Regisseur, eine Szenerie, Inhalte - diese Bestandteile reichen für einen Film
noch nicht aus. Es fehlen noch Schauspieler. Bei allen bisher genannten Punkten strebte Fritz Lang eine Höchstleistung an, und da ein Filmemacher unmittelbar von seinen
Akteuren und Aktricen abhängig ist, brauchte er auch Darsteller, welche ein ähnlich
hohes Niveau boten (eine Grundregel, welche viele Produzenten vergessen oder versuchen, hierbei auftretende Mängel durch zusätzliche Investitionen in andere Bereiche
zu übertünchen - und sei es nur das Marketing). Fritz Lang wusste, wo er die geballte
Energie und Leistungskraft der deutschen Schauspielkunst finden konnte: im Theater.
Und dort bediente sich Fritz Lang in hohem Maße; in M (1931) sind selbst die Nebenrollen mit erfolgreichen Vertretern der deutschen Bühnenwelt besetzt, lediglich die
Kinderrollen und einige Statisten bilden hier eine Ausnahme.
Der bekannteste Darsteller, welche
für M (1931) rekrutiert wurde, war eine Theaterlegende: Gustaf Gründgens.
Gründgens war bereits ein Star auf der
Bühne, als der Tonfilm aufkam und er
tat als Vollblutschauspieler das genaue
Gegenteil von dem, was die Stars und
Sternchen Hollywoods angesichts des
neuen Mediums taten: Gründgens freute sich darüber, denn jetzt konnte er seine Kunst einem größeren Publikum vorführen. Seine Filmkarriere begann er umgehend mit Hocuspocus (1930) und war
fortan regelmäßig sowohl auf der Bühne Abbildung 8.2: Gustaf Gründgens spielt
als auch auf der Leinwand zu bewundern. Schränker
Gründgens drehte bis zu seinem Tod im Jahre 1963 insgesamt etwa drei Dutzend Filme, doch wir werden ihm nur noch in seiner letzten Arbeit als Darsteller und Regisseur, Faust (1960), nochmals treffen. In M (1931) wurde der bekannte Darsteller
jedoch nicht für die Titelrolle besetzt, denn hier hatte Fritz Lang ein ganz anders As
im Ärmel. Gründgens spielte vielmehr den Erzgauner Schränker.
Für die Rolle des Mörders Hans Beckert wollte Fritz Lang einen Darsteller, welchem der Wahnsinn schon ins Gesicht geschrieben stand. Lang wurde fündig, als er
1929 eine Vorstellung von Bertolt Brechts Pioniere in Ingolstadt in dessen epischem
Theater besuchte. Dort sah er den jungen Schauspieler Peter Lorre agieren und war zutiefst beeindruckt. Der Theaterkritiker Kurt Pinthus schrieb am 2. April 1929 im Berliner 8-Uhr-Abendblatt über Lorres Schauspiel: „Ein neues Gesicht war da, ein fürchterliches Gesicht: Der hysterische Kleinbürgersohn, dessen glotzäugiger, schwammiger
Kopf gelblich aus dem Anzug quillt; wie dieser Bursche zwischen Phlegma und hysterischem Ausbruch taumelt, wie er zage geht und greift und manchmal gierig zutapst,
das werden auch Ältere als ich kaum so unheimlich auf dem Theater erblickt haben.
Dieser Mensch heißt Peter Lorre. Wenn er auch andere Gestalten so deckend darstellen
177
Das Dokument des Grauens
kann, ist hier ein Schauspieler ersten Ranges.“
Fritz Lang muss es ähnlich empfunden haben, denn Lorre wurde umgehend sein Wunschkandidat für die Rolle
des Psychopathen. Fritz Lang setzte alles
daran, Peter Lorre von seinem Vorhaben
zu überzeugen. Gut, Fritz Lang war ja
nicht irgendwer, sein Name verströmte in
der deutschen Filmwelt eine gottgleiche
Aura. Peter Lorre wusste sehr wohl das
Angebot zu schätzen, aber er war dennoch skeptisch. Der gebürtige Ungar war
nach Deutschland gekommen und hatte
dort eine intensive Liebesbeziehung zum
Abbildung 8.3: Peter Lorre in der Rolle Theater begonnen, und diese Liebe wolldes Mörders
te er nicht aufs Spiel setzen. So ließ er
sich von Fritz Lang das Versprechen abringen, keine anderen Filmangebote anzunehmen, aber dem Film gegenüber der Bühne den Vorrang zu geben, kam für Lorre nicht
in Frage. Und natürlich wusste auch Bertolt Brecht, welch eine Perle sich hier unter
seiner Darstellerriege befand und war nur allzu bereit, um Lorre zu kämpfen. Brecht
gab Lorre die Hauptrolle des Galy Gay in seiner Inszenierung von Mann ist Mann,
eines Packers, welcher in die Fänge der britischen Kolonialarmee Indiens gerät und
sich zunehmend von einem Menschen in eine Kriegsmaschine verwandelt. Peter Lorre
wählte schließlich jenen Weg, den auch John Barrymore während der Dreharbeiten zu
Dr. Jekyll and Mr. Hyde (1920) gegangen war: Tagsüber drehte er mit Fritz Lang,
abends stand er auf der Bühne.
Natürlich ist solch eine Doppelbelastung äußerst problematisch, bei John Barrymore endete es mit einem Nervenzusammenbruch. Auch auf Peter Lorres Arbeit hatte
dies Auswirkungen und als es zu terminlichen Konflikten zwischen den Dreharbeiten
zu M (1931) und den Aufführungen von Mann ist Mann kam, entschied sich Peter Lorre für Bertolt Brecht. Doch er hatte die Rechnung ohne seinen neuen Chef gemacht.
Fritz Lang war ein berühmter Regisseur, aber auch ein gnadenloser. Ähnlich wie es
später Stanley Kubrick tun sollte, peitschte Lang seine Darsteller förmlich zu Höchstleistungen und bediente sich hierbei der vollen Palette des Erzwingens von Leistungen,
bis hin zu psychologischen Tricks und offenem Sadismus. Peter Lorre wurde es zu viel
und es kam zwischen ihm und Lang zum offenen Streit. Der Streit eskalierte vollends,
als Fritz Lang gegenüber Lorre auf die Einhaltung des Vertrages pochte und drohte, ihn
notfalls auch über eine gerichtliche Anordnung ins Studio zu zwingen. Lorre blieb am
Set, allerdings ausgesprochen widerwillig - und weigerte sich den Rest seines Lebens
vehement, ein weiteres Mal mit Fritz Lang zu arbeiten, obwohl sie letztlich Seelenverwandte waren, da sie beide vor den Nazis in die USA flüchteten, um dort ein neues
Leben aufzubauen.
178
8. M (1931)
Fritz Langs Rücksichtslosigkeit gegenüber Lorres Interessen trug jedoch Früchte.
Peter Lorre war für M (1931) eminent wichtig und ohne Lorre wäre es ein anderer
und mit Sicherheit schlechterer Film geworden. Peter Lorre ist schon von seinem Äußeren her außergewöhnlich - nicht hässlich, aber andersartig. Seine etwas weinerliche
Stimme half mit, M (1931) zu einem Klassiker des Thrillers werden zu lassen. Und
dies tat sie nicht nur wegen ihres Tonfalls, sondern auch wegen Lorres Herkunft. Der
Film wird von der Berliner Zunge dominiert, und selbst wenn man Peter Lorre nicht
unmittelbar auf der Leinwand sieht, fällt sein österreichischer Akzent unterschwellig
auf und trägt diese Andersartigkeit auch in den Tonfilm hinein - und den Ton effektiv
und künstlerisch zu nutzen, war ja eines der erklärten Ziele Fritz Langs.
Und auch für Peter Lorre hat sich die Qual gelohnt, denn sie eröffnete ihm eine
zweite Karriere, die er, ohne es zum Zeitpunkt der Dreharbeiten zu wissen, dringend
nötig haben würde. Die Theaterwelt, allen voran natürlich Brechts episches Theater,
war politisch links ausgerichtet. Es war die intellektuelle Opposition zum einfachen
Volk, welches zunehmend nach rechts driftete und letztlich Hitler zur Macht verhelfen
würde. Das linke Theater stand auf der Abschussliste der Nazis ziemlich weit oben,
und somit auch Peter Lorre.
Nach seiner Flucht in die USA hatte Lorre durch M (1931) dort bereits einen Namen und der Einstieg in das Filmgeschäft fiel ihm verhältnismäßig leicht - zumindest
musste er keine Zeit mit kleinen Nebenrollen vertrödeln. Er drehte dort bereits drei
Jahre nach M (1931) mit Alfred Hitchcock The Man Who Knew Too Much (1934) und
weitere große Erfolge folgten. Dazu gehörten die Hauptrolle in Mad Love (1935) unter
der Regie von Karl Freund, die Titelrolle in der erfolgreichen Serie um den asiatischen
Detektiven Mr. Moto mit insgesamt sieben Filmen, die zwischen 1937 und 1939 entstanden (im achten Film, The Return of Mr. Moto (1965), wurde Lorres angestammte
Rolle von Henry Silva übernommen), er wirkte in The Maltese Falcon (1941), Casablanca (1942) und 20,000 Leagues under the Sea (1954) mit und blieb auch stets dem
Horrorgenre verbunden, was natürlich zum Teil auch in Lorres physischer Erscheinung begründet liegt. Wir werden Peter Lorre noch oftmals begegnen, zum Beispiel
in Arsenic and Old Lace (1941) an der Seite von Cary Grant, in einer weiteren Charakterrolle in The Beast With Five Fingers (1946) und in mehreren Filmen aus dem
Dunstkreis von Roger Corman wie Edgar Allan Poe’s Tales of Terror (1962) und
The Raven (1963) an der Seite von Vincent Price. Peter Lorre blieb bis zu seinem zu
frühen Tod im Jahr 1964 ein vielbeschäftigter Mann und ist der vielleicht bekannteste und erfolgreichste Schauspieler, der den Sprung von Deutschland nach Hollywood
wagte. Dies alles verdankt dieser großartige Mime letzten Endes Fritz Langs eiserner
Beharrlichkeit.
Nach all dieser angedeuteten Großartigkeit der Voraussetzungen des Films werfen
wir nun einen Blick auf das Ergebnis. Fritz Lang und Bertolt Brecht haben bei diesem Film geschichtliche Berührungspunkte, aber auch das Endergebnis braucht einen
Vergleich nicht zu scheuen. Auch M (1931) ist von enormer künstlerischer Qualität,
ja sogar in literarischer Hinsicht braucht er sich nicht zu verstecken. Es ist leicht zu
179
Das Dokument des Grauens
sagen, M (1931) sei der beste Film, welcher jemals in Deutschland entstand, aber es
ist für den normalen Kinogänger nicht unbedingt erkenntlich, warum dies behauptet
wird. Betrachtet man jedoch den Film mit den analytischen Mitteln, welche bei der
Literaturanalyse angewandt werden, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Um hierfür einen Eindruck zu vermitteln, betrachten wir die ersten Minuten des Films
en detail und noch einige andere Szenen etwas oberflächlicher in Form von Hinweisen; falls Sie, werter Leser, zufällig ein Deutschlehrer sein sollten, betrachten Sie dies
als Anregung zu einer erneuten Folter ihrer Schüler oder, falls Sie noch ein Thema
für eine wissenschaftliche Arbeit im Rahmen ihres Studiums der Germanistik oder der
Medienwissenschaften suchen, bekommen Sie hiermit einen heißen Tipp für ein äußerst lohnenswertes Objekt. Betrachten wir nun als Einstieg gemeinsam die Anatomie
der Anfangsszene, welche als Exposition des Filmes dient. Verzeihen Sie mir, dass ich
hierbei die Aspekte des subtilen Grauens etwas in den Vordergrund stelle; aber letztlich
ist dies das Thema dieses Buches und M (1931) zehrt unmittelbar von dieser Eigenschaft. Und falls Sie den Film anders empfinden sollten, seien Sie getröstet; ich liefere
Ihnen an dieser Stelle zur Verdeutlichung auch Szenenfotos zu jeder Einstellung mit
und gehe natürlich auch auf die für den Horrorliebhaber eher unwesentlichen Details
ein.
Der Film beginnt mit völliger Lautlosigkeit. Das phallisch anmutende Firmenemblem der Nero Film erscheint (Abbildung 8.5).
Es folgt der Titel des Films, eingebettet in eine expressionistische Zeichnung. Wir
sehen die stilisierte Hand, in deren Handfläche der Buchstabe M geschrieben steht.
Dieses Motiv ist weitgehend identisch mit dem Filmplakat. Auch hier ist noch kein
Ton zu hören, wir befinden uns gerade in einem Stummfilm (Abbildung 8.6).
Als nächste Titelkarte erscheint der Schriftzug Ein Fritz Lang Film in quadratischer
Anordnung (Abbildung 8.7). Mehr verrät der Film nicht über seine Mitwirkenden; keine Nennung von Schauspielern, keine Autoren, nichts - nur Ein Fritz Lang Film. Dies
ist nicht die einfache Nennung eines Namens, sondern ein Gütesiegel. „Hallo, ich bin
ein Film von Fritz Lang, haben Sie sonst noch Fragen?“, scheint der Film von der
Leinwand zu rufen. Alles andere ist irrelevant, das Wesentliche hat der Film hierdurch
mitgeteilt.
Noch während wir auf diesen Schriftzug starren, dröhnt eine Kirchenglocke durch
den Zuschauerraum. Der laute Glockenschlag zerreißt die bisherige Stille wie ein bedrohlicher Weckruf, der Schriftzug auf der Leinwand erlischt und der Zuschauer sitzt
für einige Sekunden im Dunkeln.
Dieser erste Ton des Film läutet eines der wesentlichen Merkmale dieses Films ein,
nämlich die bereits angesprochene Betonung des Flusses der Zeit. Aber seine Funktion
ist auch von emotionaler Art. Der Ton durchbricht die Stille aggressiv und weckt die
Emotion kurzen Erschreckens, der Klang des Tons verwandelt dies in unterschwellige Angst. Der Ton bereitet die Basis für die nun folgenden Einstellungen, welche die
Angst intonieren, die Todesangst der Mütter um ihre Kinder, ihre Hilflosigkeit gegenüber der in der Stadt lauernden ungreifbaren Gefahr.
180
8. M (1931)
Abbildung 8.4: Logo der Nero Film
Abbildung 8.5: Der Titel des Films
Abbildung 8.6: Das Gütesiegel
Abbildung 8.7: Abzählreim
Abbildung 8.8: Im Abseits
Abbildung 8.9: Von Eltern getrennt
181
Das Dokument des Grauens
Die Schwärze der Leinwand wird durchbrochen durch den Gesang von Kindern
(Abbildung 8.8). Sie singen eine Variation des in den 20er Jahren beliebten Abzählreims über Fritz Haarmann:
„Warte, warte nur ein Weilchen,
Bald kommt der schwarze Mann zu Dir,
Mit dem kleinen Hackebeilchen,
Macht er Schabefleisch aus Dir - Du bist raus!“
Die Kinder stehen auf einem Steinboden und nicht etwa auf einem Spielplatz. Dies
ist natürlich Absicht, denn ein Steinboden wirkt bedrückender und härter als Rasen
oder Sand. Er repräsentiert hier die für Kinder ungeeignete Umwelt und die Bedrohung, welcher sie ausgesetzt sind. Diese Bedrohung hat der Film noch nicht gezeigt,
aber er spricht davon. Der Haarmann-Reim ist hier unmissverständlich. Die Kinder
leben keineswegs in einer idyllischen und kindgerechten Welt, was Fritz Lang mit nur
einer einzigen Einstellung deutlich macht.
Der Haarmann-Reim teilt uns mit, dass ein Mörder in der Stadt unterwegs ist. Die
Ansicht der spielenden Kinder präzisiert dies noch genauer. Ein einzelnes Kind unterliegt durch das Abzählen einer Zufälligkeit und man weiß nicht, welches es als
Nächstes trifft. Ebenso sucht der Mörder seine Opfer, stets Kinder, zufällig aus. Einige Kinder wurden bereits ausgezählt, sie stehen neben der Gruppe im Abseits. Dies
verdeutlicht, dass die Mordserie nicht an ihrem Anfang steht, sondern bereits einige
Zeit durch die Stadt tobt. Um dies zu betonen, beginnt eine Kamerafahrt über zwei
bewegungslos an der Seite stehende Kinder hinweg (Abbildung 8.9).
Die Kamerafahrt führt die hinter den Kindern befindlich Hauswand hinauf. Jetzt
wird erkenntlich, dass die Kinder in einem Hinterhof typischer Großstadtgebäude spielen. Die mehrstöckigen Gebäude suggerieren Sicherheit. Die Kinder sind durch sie von
dem Treiben auf der Straße der Stadt abgeschirmt und geschützt; so wie Gefängnisinsassen nicht über die Mauer hinweg flüchten können, kann das Böse in diesem Fall
nicht in die Welt der Kinder eindringen. Jedenfalls in der Theorie, aber in der Praxis
sieht das anders aus. Während die Kamera hinauf in die Höhe der ersten Etage gleitet,
singen die Kinder den Haarmann-Reim erneut. Die Häuserschlucht bietet hier keinen
Schutz, der Mörder streckt dennoch seine Hand nach ihnen aus.
Auf dem Balkon hängt eine Frau Wäsche ab und legt sie in einen Korb. Sie hat
Angst um die Kinder und das Aufsagen des Reimes beunruhigt sie sehr. Sie kann
es nicht ertragen, dass der Mörder Einzug in die vermeintlich abgeschottete Welt des
Hinterhofes hält. Daher läuft sie zu dem Geländer des Balkons und ruft hinab: „Ihr sollt
det verfluchte Lied nich singen, hab ick euch jesaht. Könnt ihr nich hörn!“(Abbildung
8.10).
Doch, die Kinder hören sie, aber es ist nutzlos. Stellvertretend für alle Eltern ist
sie von den Kindern getrennt, sie sind für sie unerreichbar. Sie kann die Kinder zwar
hören und umgekehrt, aber das Geländer fungiert in diesem Film als Barriere zwischen
ihnen.
182
8. M (1931)
Abbildung 8.10: Keine Reaktion
Abbildung 8.11: Wäsche kommt
Abbildung 8.12: Solang se singen ...
Abbildung 8.13: 12:00 Uhr
Abbildung 8.14: Vor der Schule
Abbildung 8.15: Elsies Essen
183
Das Dokument des Grauens
Ihr Versuch, den Mörder aus dem Hinterhof draußen zu halten, misslingt. Die Kinder sind zwar zunächst ruhig. Doch als die Frau den Balkon verlässt und die Kinder
somit wieder aus ihrer Reichweite sind, lässt Fritz Lang die Kamera weiterlaufen, bis
anstelle des erhofften Schnittes die Kinder den Reim erneut anstimmen. Die Erwachsenen sind der Bedrohung des Mörders gegenüber offensichtlich nicht nur angsterfüllt,
sondern vor allem hilflos (Abbildung 8.11).
Die Frau trägt den Korb mit frischer Wäsche mühsam die Treppe hinauf zur Wohnung der Beckmanns (Abbildung 8.12). Frau Beckmann öffnet die Tür und die Frau,
von welcher wir nicht wissen, ob sie ebenfalls eine Mutter oder nur eine bedienstete Waschfrau ist, setzt Frau Beckmann über das Treiben im Hinterhof in Kenntnis:
„Fuffzich mal kannste den Jörn verbieten, det verdammte Mörderlied zu singen. Den
janzen Tach brülln se dir in de Ohrn. Als ob man nich jenuch von den Mörder zu hörn
kriechte.“
„Solang man se singen hört, weiß ma wenigstens, dass se noch da sind.“, antwortet
Frau Beckmann (Abbildung 8.13).
Frau Beckmann fasst hier ihre Hilflosigkeit in einem Satz zusammen. Während der
Versuch der anderen Frau, aktiv in das Geschehen einzugreifen, zwar völlig fehlschlug,
aber wenigstens noch ein Kampf gegen das drohende Unheil stattfand, ergibt sich die
Mutter Beckmann in völliger Passivität. Sie weiß, dass die Kinder noch da sind - aber
weiß sie auch, ob die Kinder in einer Minute noch da sein werden?
Fritz Lang zeigt nun eine an der Wand hängende Kuckucksuhr (Bild 8.14). Es ist
zwölf Uhr, Mittagszeit.
Erneut bringt Lang hier das Zeitmotiv ins Spiel und nutzt dies auch als verbindendes Element zur nächsten Einstellung. Die Kuckucksuhr verkündet noch akustisch die
Zeit, als Fritz Lang die Straße vor der Gemeindeschule zeigt. Der visuelle Schnitt wird
akustisch verdeckt, indem der durch den Kulissenwechsel abrupt gestoppte Ton der
Kuckucksuhr nahtlos durch das Läuten einer Kirchturmglocke weitergeführt wird. Ein
derartiger Tonschnitt war im Jahr 1931 noch nicht üblich, aber das gilt für so ziemlich
alles, was im Laufe des Films aus den Lautsprechern erschallt.
Wir sehen nun das Eingangstor der Gemeindeschule (Abbildung 8.15). Die Kamera
befindet sich in erhöhter Position auf der anderen Straßenseite. Einige Autos fahren
vorbei, aber der eigentliche Bildinhalt sind die Eltern, welche bewegungslos vor der
Tür auf ihre Kinder warten. Oder besser gesagt: Sie warten darauf, dass sie ihnen
wieder übergeben werden. Diese Einstellung ist die Erste, welche die kollektive Angst
und Hysterie des Falles Peter Kürten andeutet.
Ein Kind wird jedoch nicht abgeholt. Frau Beckmann steht nicht vor den Toren
der Schule, sondern in der Küche. Dort kocht sie das Mittagessen ihrer Tochter Elsie
(Abbildung 8.16). Fritz Lang greift mit diesem Zwischenschnitt der Geschichte voraus;
wir wissen nun, dass sich Elsie in Gefahr befindet.
Die kleine Elsie Beckmann läuft den Bürgersteig entlang, die Kamera folgt ihr. Sie
möchte die Straße überqueren, doch hierbei wird sie beinahe von einem Auto angefahren. Ein Polizist eilt zur Stelle, hält den Verkehr an und geleitet Elsie über die Straße
(Abbildung 8.17).
184
8. M (1931)
Abbildung 8.16: Elsie und Polizist
Abbildung 8.17: Der Mittagstisch
Abbildung 8.18: Nachhauseweg
Abbildung 8.19: Fahndungsplakat
Abbildung 8.20: Du hast aber einen
schönen Ball ...
Abbildung 8.21:
auf den Tisch
Das Essen kommt
185
Das Dokument des Grauens
Doch er bringt sie nicht in Sicherheit, wie er und auch die Zuschauer denken mögen. Vielmehr führt er Elsie auf den Weg in die Fänge ihres Mörders.
Erneuter Zwischenschnitt: Zuhause deckt Mutter Beckmann bereits den Tisch. Elsie kann nicht mehr weit von daheim entfernt sein (Abbildung 8.18).
Elsie läuft die Straße entlang. Sie führt einen Ball mit sich, welchen sie beim Gehen
auf den Boden wirft und in ihre Hand zurückspringen lässt (Abbildung 8.19).
Interessant ist hier die Kamerafahrt; diese fährt parallel zu Elsie die Straße entlang,
sodass Elsie im Zentrum des Bildes bleibt. Sie bewirkt, dass die Einstellung einen
Hauch von Elsies Unbeschwertheit ins Publikum transportiert. Elsie und der springende Ball bestimmen für einige Sekunden die Gefühle des Zuschauers.
Die Kamerafahrt endet an einer Litfaßsäule. Elsie bleibt davor stehen und wirft
immer wieder den Ball auf eine dort angebrachte Reklame, der Ball springt ab, Elsie fängt ihn wieder. Weiterhin dominiert der Aufprall des Balls die ansonsten sehr
sparsame Geräuschkulisse, als die Kamera sich stetig der Litfaßsäule nähert und wir
erkennen können, worum es sich bei der vermeintlichen Reklame in Wirklichkeit handelt: um ein Fahndungsplakat des Kindermörders (Abbildung 8.20).
Spätestens jetzt ist klar: Die bislang unausgesprochene Angst der Mütter um ihre
Kinder und ihr Entsetzen beim Hören des Haarmann-Reims ist nur zu gut begründet.
Elsies Ball scheint nun sowohl visuell als auch akustisch das Schicksal in hohem
Maße herauszufordern. Die Fahndungsmeldung beherrscht lange Sekunden die Leinwand, lange genug, um sie in ihrer Gänze lesen zu können. Während dieser Zeit kommt
der Ball wiederholt ins Bild geflogen, schlägt klatschend an das Plakat und springt
wieder aus dem Bild hinaus. Elsie scheint hiermit ihr Schicksal unbeabsichtigt zu besiegeln. Das Plakat ist die Schnittstelle zwischen Elsies heiler Kinderwelt und der Welt
des Kindermörders. Und was macht Elsie? Sie wirft den Ball an dieses Tor zum Grauen, sie spielt gewissermaßen mit dem Mörder. Und schlimmer noch: Sie klopft an seine
Tür.
Er wurde gerufen, und schon ist er da. Der Schatten eines Mannes fällt auf das
Plakat. Sein Kopf verdeckt das Wort Mörder (Abbildung 8.21). Der Mörder hat seinen
ersten Auftritt als Schatten, als ein Phantom, ein körperloses Wesen mit einer körperlosen Stimme, die Elsie anspricht: „Du hast aber einen schönen Ball. Wie heißt du
denn?“
„Elsie Beckmann!“, quietscht das kleine Mädchen vergnügt als Antwort.
Für Mutter Beckmann ist die Welt noch in Ordnung. Sie stellt das Essen auf den
Tisch (Abbildung 8.22). Dies ist eine subtil beunruhigende Überblendung Langs. Frau
Beckmann steht gebeugt, im gleichen Winkel wie der Schatten des Mörders am Ende
der vorherigen Einstellung, und schält mit einem Messer eine Kartoffel. Die Analogie
ist überdeutlich, wenngleich auch unauffällig in Szene gesetzt.
Wieder zeigt Fritz Lang die Kuckucksuhr, jetzt ist es 12:20 Uhr. Elsie muss jeden
Augenblick nach Hause kommen (Abbildung 8.23).
Frau Beckmann hört einige Kinder das Treppenhaus emporstürmen. Voll freudiger
Erwartung öffnet sie die Tür, doch Elsie ist nicht unter ihnen (Abbildung 8.24).
186
8. M (1931)
Abbildung 8.22: 12:20 Uhr
Abbildung 8.23: Ist es Elsie?
Abbildung 8.24: Mutter sorgt sich
Abbildung 8.25: Luftballon
Abbildung 8.26: Ist es jetzt Elsie?
Abbildung 8.27: Leeres Treppenhaus
187
Das Dokument des Grauens
Jetzt beginnt Frau Beckmann, sich Sorgen zu machen. Zuerst schaut sie den Kindern hinterher und wirft dann einen ersten Blick das Treppenhaus hinunter (Abbildung
8.25).
Nun schneidet Lang zurück auf die Straße. Wir sehen aus einer göttlichen Perspektive, wie der Fremde einen Luftballon für Elsie kauft. Der Luftballon hat eine kindliche
Gestalt: rundlicher Körper, übergroßer Kopf mit aufgemalten Gesichtszügen. Verkauft
wird er von einem blinden Bettler, der späterhin noch eine gewichtige Rolle in dem
Film haben wird (Abbildung 8.26).
Der Ton in dieser Szene ist bemerkenswert, denn der Mörder pfeift ein Lied. Es
handelt sich um das Leitmotiv aus Edvard Griegs Peer Gynt, Suite No. 1, Opus 46-4,
In der Halle des Bergkönigs. Diese bekannte Melodie ist nicht nur einprägsam, sondern
auch eine zeitgenössische Anleihe, welche den Bezug des Films zur Realität Berlins
im Jahre 1930 mitträgt, denn 1929 gab es eine beliebte und gefeierte Aufführung des
Stückes in der Hauptstadt. Jene Passage aus Peer Gynt erzählt davon, wie Peer Gynt
die Halle des Bergkönigs durchkreuzt, bedroht von Trollen und anderen Kreaturen.
Der Mörder Beckert sieht sich in einer ähnlichen Situation, wie im weiteren Verlauf
des Films wiederholt angedeutet wird. Immer dann, wenn das Monstrum in ihm erwacht, setzt die Melodie ein. Manchmal, wie in dieser Szene, pfeift er die Melodie
selbst. Manchmal jedoch entsteht sie auch in seinem Kopf, scheint von überall über
ihn hereinzubrechen und ihn schier in den Wahnsinn zu treiben, wie zum Beispiel
in einer Szene in einem Straßencafé, einem jener Art, wie auch Peter Kürten sie oft
besuchte, um dort den Schauergeschichten über die von ihm begangenen Morde zu
lauschen. Langs Einsatz von Peer Gynt, der übrigens immer von Lang selbst gepfiffen
wurde, weil Peter Lorre nicht pfeifen konnte, drückt Langs erstem Tonfilm den Stempel auf. Die Musik ist so markant und einprägsam wie das Thema aus Carol Reeds The
Third Man (1949) oder Mikis Theodorakis’ Spiel aus Alexis Zorbas (1964), allerdings
mit einem bedrohlichen Unterton. Peer Gynt brennt sich als das Lied eines Mörders in
das Gedächtnis ein.
Erneut folgt ein unvermittelter Schnitt zurück in die Küche der Beckmanns. Es
klingelt an der Tür und Frau Beckmann öffnet sie in der Erwartung, dass Elsie vor der
Tür steht. Doch es ist nur Herr Gehrke, der Zusteller der von ihr so geliebten KriminalGroschenromane (Abbildung 8.27).
Durch diesen Schnitt lässt Lang den Gedanken entstehen, dass just in dem Moment,
in welchem Frau Beckmann die neueste Folge ihrer Krimiserie entgegennimmt, Elsie
von Beckert ermordet wird.
Dass Frau Beckmann hier ausgerechnet eine Kriminalgeschichte erhält und nicht
eine Ausgabe einer üblichen Klatsch und Tratsch-Zeitschrift, kommt nicht von ungefähr. Das Verhältnis von fiktivem und realem Verbrechen ist hier eine interessante
Konstellation. Das fiktive Verbrechen dient Frau Beckmann, wie jedem anderen Menschen auch, als angenehmes Mittel der Unterhaltung. Dass man das reale Verbrechen
als grauenvoll empfindet, spielt bei diesem Genuss keine Rolle. Horrorliteratur und
-filme bilden hierbei auch keine Ausnahme. Das Bewusstsein, dass es zwischen den
geschilderten Vorgängen und der eigenen Realität eine Distanz gibt, schafft hier ein
188
8. M (1931)
ausreichendes Polster, auch wenn es kaum ein Gewaltverbrechen gibt, welches noch
nicht durch die Literatur behandelt wurde. M (1931) ist hier keine Ausnahme, und
Lang war sich dessen offensichtlich bewusst. Die Neuigkeiten von den Düsseldorfer
Morden und Peter Kürtens Enthüllungen fütterten solche Magazine und diese fanden
einen reißenden Absatz. Ein besonders auffälliges Beispiel ist hier die Ausgabe der
Tageszeitung Berliner Morgenpost vom 25. November 1929. In dieser Zeit gab es eine
Kolumne mit der Überschrift Der Kriminalist und in der genannten Ausgabe brachte die Zeitung unter dem Titel Krieg in Düsseldorf eine ausführliche Beschreibung der
bisherigen Düsseldorfer Bluttaten. Direkt daneben, noch auf der gleichen Seite, befand
sich der Abdruck einer Kriminalgeschichte von Frank Heller. Nichts anderes macht
letztlich auch Fritz Lang mit M (1931). Was immer Lang in seinem Film auch zeigen
mag, es wird stets als Fiktion vom Publikum aufgenommen werden. Daher erscheint
es also umso logischer, dass Lang sich bemühte, seinen Film in eine möglichst reale
Szenerie einzubetten, um so die Grenze zwischen Fiktion und Wirklichkeit möglichst
verschwimmen zu lassen.
Nachdem Herr Gehrke sagt, dass er Elsie nicht gesehen habe und sie sicher noch
kommen würde, beginnt sich in Frau Beckmann die nackte Angst zu regen. Sie eilt
wieder ins Treppenhaus und wirft einen Blick hinunter. Doch das Treppenhaus ist immer noch leer (Abbildung 8.28.
Diese Einstellung ist ein echter Klassiker. Wagner fotografierte das Treppenhaus
aus einem sehr steilen Winkel nahezu senkrecht hinunter, insgesamt vier Stockwerke.
Das Bild von der harten, gnadenlos anmutenden Geometrie harter Kanten dominiert.
Auch diese Einstellung wurde oft kopiert, unter anderem von Alfred Hitchcock in
Vertigo (1958), wobei Hitchcock sie noch zusätzlich um einen berühmt gewordenen
Zoom-Effekt anreicherte.
Mit von der Angst gezeichnetem Gesicht kehrt Frau Beckmann in die Wohnung
zurück (Bild 25).
Dort verharrt sie kurz, dann wirft sie erneut einen Blick auf die Uhr. Es ist mittlerweile 13:15 Uhr, Elsies Heimkehr ist bereits eine Stunde überfällig (Bild 26).
Nun schlägt Frau Beckmanns Angst in Panik um (Abbildung 8.31). Sie eilt zum
Küchenfenster und ruft Elsies Namen zur Straße hinunter. Ihr zweiter Schrei verhallt
ungehört im Treppenhaus (Abbildung 8.32), der dritte Schrei im Speicher (Abbildung
8.33).
Hier haben wir ein weiteres Beispiel für Langs grandiosen Umgang mit Ton. Wir
denken, Frau Beckmanns Rufe würden durch das Gebäude schallen, aber dem ist nicht
so. Es handelt sich hierbei um ein klassisches Voice-Over in Szenen, die stumm gedreht
wurden. Die Wucht dieser Szene ergibt sich aus ihrem Kontext. Das leere Treppenhaus,
der leere Speicher - egal wo Frau Beckmann sucht, sie wird ihre kleine Elsie nie mehr
sehen.
Der Höhepunkt dieser Einstellung ist erreicht, als Fritz Lang einen langen Blick
auf Elsies unberührtes Essgeschirr und den Stuhl, auf welchem Elsie jetzt eigentlich
sitzen sollte, aber nie mehr sitzen wird, zeigt. In dieser Einstellung ruft Frau Beckmann
189
Das Dokument des Grauens
190
Abbildung 8.28: Angst
Abbildung 8.29: 13:15 Uhr
Abbildung 8.30: Panik
Abbildung 8.31: Elsie!
Abbildung 8.32: E-L-S-I-E!
Abbildung 8.33: Der leere Teller
8. M (1931)
Abbildung 8.34: Elsie stirbt
Abbildung 8.35: Die Seele entweicht
nicht mehr den Namen ihrer Tochter, sondern es herrscht eisige Stille, Grabesstille
(Abbildung 8.34).
Die Stille hält an, als wir sehen, wie Elsies Ball aus einem Gebüsch hervorrollt.
Elsie stirbt gerade (Abbildung 8.35).
Zuletzt zeigt uns Fritz Lang den Luftballon, der nicht mehr von Elsies kleinen
Händen festgehalten wird. Er steigt als Sinnbild für Elsie Beckmanns Seele hinauf
zu einer Telegrafenleitung. Dort verfängt er sich kurz, als ob er sich nicht endgültig
von dieser Welt verabschieden wollte. Doch dann driftet er doch noch in den Himmel
hinauf. Elsie ist von uns gegangen (Abbildung 8.36).
Dies waren die ersten vier Minuten von M (1931) - die ersten vier Minuten von
insgesamt 106. Der Film hält dieses Niveau bis zu seinem Ende und nun können Sie
sich vorstellen, weshalb ich schrieb, eine umfassende Betrachtung würde ein eigenes
Buch füllen. An dieser Stelle treten wir daher auf die Bremse, zumal sich im weiteren Verlauf des Films der Horror auf reine Theorie reduziert. Die Horrormotive in der
Exposition sind, wenngleich auch subtil eingesetzt, unübersehbar, doch der Rest des
Filmes konzentriert sich darauf, ein typischer Kriminalfilm zu sein, in welchem ein
Mörder gejagt wird.
Ich habe jedoch versprochen, noch auf einige Besonderheiten des Films einzugehen.
Die Sicht des Films auf die Stadt Berlin haben wir bereits genügend erwähnt. In der
Betrachtung der ersten Filmminuten fällt aber auf, dass Fritz Lang die Stadt selbst
nicht zur Hauptperson kürt, und das wird sich in den restlichen 102 Minuten Filmdauer
auch nicht ändern. Fritz Lang zeigt keine städtischen Merkmale Berlins. Er zelebriert
die Stadt nicht, er zeigt lediglich das Leben darin. Berlin ist hier auch ein Stellvertreter für andere deutsche Großstädte. Dies hatte unter anderem auch zur Folge, dass
in der Vergangenheit einige Rezensenten unter dem Eindruck der Kürten-Hysterie da191
Das Dokument des Grauens
von ausgingen, dass M (1931) in Düsseldorf spiele. Dies ist jedoch ein Trugschluss,
denn Berlin bleibt nicht anonym. Als erstes Indiz wäre hier die Sprache zu nennen;
die Protagonisten sprechen mit Ausnahme Hans Beckerts alle eine Berliner Zunge.
Auf einem Zeitungsartikel ist der Name der Stadt zu erkennen. Im Film wird die Stadt
als die Heimat von viereinhalb Millionen Menschen bezeichnet; nur Berlin hatte im
Jahr 1930 diese Größe. Und ein Stadtplan lässt endgültig keinen Zweifel am Ort des
Geschehens, denn auf diesem ist Berlin eindeutig identifizierbar. Die Anonymisierung
der Großstadt kommt daher, dass die Stadt nicht gefilmt wurde. Der Film entstand
vollständig im Studio, dementsprechend sehen wir nur Studiobauten anstelle echter
Gebäude.
Ein kleiner Hinweis am Rande für die Filmhistoriker unter Ihnen: Einer der Bühnendesigner war ein junger Mann, der ebenfalls in die USA auswandern und dort in
Hollywood als Regisseur von B-Movies zu einer Kultfigur heranwachsen würde: Edgar G. Ulmer. Er wird uns noch wiederholt begegnen, denn er drehte Filme wie Bluebeard (1944), The Man from Planet X (1951), Daughter of Dr. Jekyll (1957) und
The Amazing Transparent Man (1960), also vorrangig echte Trashgranaten, wie die
Filmtitel bereits andeuten.
Wesentlich unverständlicher als das Portrait einer Großstadt dürfte für Sie meine
Behauptung sein, bei M (1931) handele es sich auch um einen Kriegsfilm. Es ist in der
Tat so; der Horror verschwindet zunehmend, der Krieg hält zunehmend in den Film
Einzug. Diesen interessanten Aspekt schauen wir uns nochmal genauer an, denn dies
ist notwendig, um M (1931) wirklich zu würdigen (und nebenbei ist dies auch sehr
interessant).
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, herrschte eine große Begeisterung im Volk für
den Krieg, welcher der Propaganda zufolge nur wenige Wochen oder Monate dauern
sollte. Die Menschen waren hungrig nach Neuigkeiten von der Front und ihre hauptsächlichen Informationsquellen waren Tageszeitungen und Litfaßsäulen. An Letzteren
wurden die Neuigkeiten als Plakate angeschlagen und vor ihnen bildeten sich regelmäßig Menschentrauben. Fritz Lang zitiert dies kurz nach dem Ende der Exposition.
An einer Plakatwand ist eine Kopie des Fahndungsplakats angebracht, Fritz Lang zeigt
es in einer Nahaufnahme. Dann zieht sich die Kamera zurück, zeigt zuerst einige Hüte, dann Menschen. Die Kamera entfernt sich immer weiter von dem Plakat, aber die
Menge bleibt unüberschaubar groß.
Eine nervig hohe Stimme aus dem Off liest vor, dass der Schrecken in der Stadt ein
neues Opfer heimgesucht habe. Hierbei kann es sich nur um Elsie Beckmann handeln.
Die Männer vor dem Plakat sind als Stummfilm inszeniert, die körperlose Stimme ist
das Einzige, was man hört.
192
8. M (1931)
Abbildung 8.36: Karikatur von George Grosz
Die Stimme aus dem Off gehört einem dicklichen Exemplar der Bourgeoisie, wie wir nach dem folgenden Schnitt
sehen. Dieses sitzt mit seinen Kumpanen in einer Stammtischrunde und fachsimpelt munter. Dies ist ein Anleihe
Fritz Langs an den wohl schärfsten Kritiker der kriegstreibenden Oberschicht und
erst recht der rechten Szene Deutschlands, George Grosz. Grosz warf ein
wachsames Auge auf die Weimarer Republik und machte sich mit seinen bitterbösen Karikaturen in den 20er Jahren einen Namen. Er erkannte so manche Abbildung 8.37: Fritz Lang stellt die BonUnstimmigkeit und neben den Nazis war zen aus den Bildern von Grosz nach
die fette Bourgeoisie, welche mal eben nebenher die Menschen des einfachen Volkes
für ihre Kriegsspiele verheizt, das Lieblingsthema von Grosz. Nach Hitlers Machtergreifung im Jahr 1933 verließ er Deutschland und zog nach New York, wohl wissend,
193
Das Dokument des Grauens
welches Schicksal ihn unter Hitlers Herrschaft erwartet hätte. Seine Arbeiten wurden
im Jahr 1937 von den Nazis als „entartete Kunst“ eingestuft und somit verboten.
Fritz Lang verehrte Grosz und er ließ es sich nicht nehmen, dessen Karikaturen
als Vorlage für diese Tischrunde zu benutzen. Der sprechende und Zigarren qualmende Bonze hinten links scheint einer von Grosz’ vielen Kriegskarikaturen entsprungen
zu sein und wie auch bei Grosz bekommen sich die Stammtischbrüder in die Wolle, indem sie sich in ihrem Übereifer gegenseitig beschuldigen, der Mörder zu sein
(bei Grosz waren es seinerseits „Hochverräter“). Über dem Tisch thront, wie eine alles überwachende Spinne, ein Kronleuchter. Er spendet das Licht, ohne welches die
Diskussion gar nicht möglich wäre, kontrolliert aber ebenso das Geschehen wie das
sich bei Grosz des Öfteren wiederholende Bild eines Geldsäckels, die Haupttriebfeder
hinter dem Kriege.
Langs Kritik in Form der Anspielungen auf Grosz sind schwer zu entdecken. Fritz
Lang hütete sich davor, in seinem Film offene Kritik zu üben. Andere Anleihen an
den Krieg sind offensichtlicher, aber hier stellt Fritz Lang nur dar, er kritisiert nicht.
Die auffälligsten Referenzen an den Krieg seien hier erwähnt, die Suche nach weiteren
überlasse ich dem interessierten Leser und Betrachter.
Die Polizei plant, das Gebiet um die Tatorte systematisch zu durchkämmen. Jeder
Stein soll umgedreht, jeder Vorgarten durchkämmt und jede Wohnung durchsucht werden, damit man endlich Hinweise auf den Mörder entdeckt. Der Film zeigt hier eine
generalstabsmäßige Planung. Die Ziele werde auf einem Stadtplan festgelegt wie die
Ziele eines Angriffs aus der Luft.
Schränker hingegen wählt einen anderen Ansatz. Er will die totale Kontrolle durch
Infiltration. Als Kriegsgegner der Polizei benutzt er ebenfalls einen Stadtplan, um seine
Soldaten und Agenten, die Bettler, flächendeckend geschickt zu positionieren. Seine
auf dem Stadtplan liegende Hand ballt sich zu einer Faust; im Gegensatz zu den chirurgisch anmutenden Angriffen seiner Kontrahenten möchte er die komplette Stadt in
seinen unerbittlichen Würgegriff bringen - er möchte sie besetzen.
Schränkers Armee besteht aus den Verlierern des Ersten Weltkrieges. Bettler waren in der Tat ein fester Bestandteil von Berlins Stadtbild und die meisten von ihnen
wurden im Ersten Weltkrieg zu Krüppeln geschossen. Deutschlands Großstädte litten
damals unter einem Trauma, und dieses Trauma macht Fritz Lang zu einem essenziellen Bestandteil seines Films. Die Bettler werden nicht nur gezeigt, sondern wie von
einer Meldestelle des Heeres rekrutiert. Die Kriegskrüppel schreiben sich für einen
neuen Einsatz an der Front ein.
Die Polizei hingegen zeigt das saubere Antlitz des Krieges. Hier gibt es keine gemeinen Soldaten, welche im Dreck leiden; Lohmanns Armee ist uniformiert und sauber, marschiert im formierten Gleichschritt zu den durch ihren General angeordneten
Razzien oder wird in Transportlastwagen durch die Gegend gekarrt. Sogar der Minister
kontaktiert seinen untergebenen Polizeichef und zwingt diesen zu einem Großeinsatz;
die Suche nach dem Mörder wird durch ihn wie ein Krieg auf einer politischen Ebene
ausgetragen.
194
8. M (1931)
Abbildung 8.38:
Militärische Planung Lohmanns ...
Abbildung 8.39: ... und Schränkers
Plan totaler Kontrolle
Abbildung 8.40: Polizei? Militär?
Abbildung 8.41: Kriegsversehrte
Abbildung 8.42: Westfront 1918
Abbildung 8.43: Eingekreister Feind
195
Das Dokument des Grauens
Ein ebenso interessantes Detail ist eine der Szenen, in welcher Beckert mit einem
seiner potenziellen Opfer eine Straße entlangmarschiert. Sie kommen an mehreren
Plakaten vorbei, auf welchen G.W. Pabsts meisterliches und von den Nazis später verbotenes Meisterwerk Westfront 1918 (1930) beworben wird. Diese kleine Anspielung
ist ein Detail von großer Brillanz. Westfront 1918 (1930) ist ein offensiver Antikriegsfilm, welcher den Vergleich mit dem amerikanischen Im Westen nichts Neues (1930)
nicht zu scheuen braucht. Dieses Plakat ist hier auch eine Stellungnahme Langs zum
Krieg selbst. Des Weiteren lief der Film kurz vor Drehbeginn zu M (1931) sehr erfolgreich in Berlin; das Plakat ist somit auch ein Beitrag zur Aktualität des Filmes. Drittens
ist diese Szene auch noch geschickt platzierte Werbung, denn wie M (1931) war auch
Westfront 1918 (1930) eine Produktion der Nero Film.
Motive des Kriegsfilm wie die hier genannten sind Bestandteil des Films, aber sie
dominieren ihn nicht. Man kann sich den Film anschauen, von ihm unterhalten werden,
und dennoch nimmt man sie gar nicht wahr, ähnlich wie auch einige Details aus der
Eröffnungssequenz des Films, welche wir genauer betrachteten. Gleiches gilt für eine
Vielzahl anderer Momente des Films, aber zwei davon sind so offensichtlich, wenngleich auch nicht auf Anhieb für jedermann nachvollziehbar, dass sie hier unbedingt
noch Erwähnung finden müssen. Beide Szene sind auch ein weiteres Beispiel für den
leichten Unterton des Horrors, der in diesem Film herrscht.
Die erste dieser eindrucksvollen Szenen zeigt Beckert als Gefangenen seiner selbst. Beckert begibt sich zu einem
Straßencafé. Die beiden auf der Straße
stehenden Tische sind durch eine Hecke
vom Bürgersteig abgetrennt. Wir sehen
Beckert, wie er durch die Hecke hindurch
zu einem der Tische geht und sich auf einem der Stühle niederlässt.
Nun beginnt Lang eine Kamerafahrt
über die Straße hinweg ganz nah an
die Hecke heran. Der Zuschauer schaut
durch sie hindurch den Mörder an. Die
Abbildung 8.44: Beckert wird im StraßenZweige der Pflanze wirken hierbei wie
café von seinen Dämonen heimgesucht
Gitterstäbe.
Anfangs ist Beckert noch einigermaßen normal. Er beginnt, sein Peer Gynt zu pfeifen, doch er bricht schnell wieder ab. Er greift in seine Tasche und holt eine Zigarette
hervor, führt sie zu seinem Mund.
Doch dann erwachen wieder die bösen Geister in ihm. Er beugt sich kurz mit gequältem Gesichtsausdruck nach vorne über den Tisch, seine Augen treten leicht hervor.
Noch immer sehen wir ihm durch die Hecke zu, wie Voyeure.
196
8. M (1931)
Beckert fängt sich schnell wieder. Er steckt sich die Zigarette wieder in den Mund
und möchte sie anzünden.
Doch jetzt übermannt ihn das Grauen. Er wirft die Zigarette weg und verhüllt in Panik sein Gesicht mit seinem Mantel. Aggressiv ertönt das Pfeifen der Peer Gynt-Suite.
Doch die Melodie kommt diesmal aus dem Off; Beckert pfeift sie nicht selbst, sondern
die Melodie erschallt in seinem Kopf, quält ihn, will das Monstrum zum Erscheinen
zwingen.
Fritz Lang etabliert in dieser Szene den Ton des Films als nicht zu übersehendes
Stilmittel. Die kurze Melodie wird zu einem Vorboten des Unheils und ist nicht mehr
länger nur das Liedchen, welches von einem durchgeknallten Mörder gepfiffen wird.
Im späteren Verlauf des Films kommt noch eine Szene, in welcher der blinde Luftballonverkäufer das Pfeifen hört. Er wird vom Grauen gepackt, denn er erkennt anhand
dieses Liedes, und notgedrungen nur an ihm, den Mörder. Der Mörder entfernt weit
sich von dem Blinden, bis auch der zur Hilfe gerufene Sehende Beckert fast aus den
Augen verliert - aber das Pfeifen als Ausdruck des Grauens wird einfach nicht leiser.
Auch in der zweiten Szene erwacht das Monster in Beckert, dieses Mal wehrt sich
Beckert jedoch nicht dagegen. Beckert geht hier einer seiner Lieblingsbeschäftigungen nach, dem Betrachten von Schaufenstern. Er landet vor dem Schaufenster einer
Eisenwarenhandlung und betrachtet sich die darin ausgestellten Waren.
Fritz Lang wählte hier nun plötzlich eine Kameraposition im Inneren des Geschäftes. Wir sehen Beckert durch die Glasscheibe, zusammen mit einer Reflexion in der
Auslage befindlicher Messer. Die Messer formen eine Raute um Beckerts Kopf, ihre
Klingen sind auf sein Gesicht gerichtet. Es scheint, als würden sie Beckert bedrohen,
ein Symbol für die Bedrohung des braven Beckert durch sein mordendes Ego.
Dann wechselt Lang die Kameraposition und zeigt die Auslage aus Beckerts subjektiver Sicht. Wir schauen nun direkt auf die Raute aus Messern. Doch dieses Mal
sehen wir nicht Beckerts Spiegelbild in der Glasscheibe, sondern jenes eines kleinen
Mädchens. Der Mörder ist erwacht, Beckert wird das Mädchen nun verfolgen.
Fritz Lang erreichte mit M (1931) sein Ziel, einen Tonfilm zu schaffen, welcher
dem Anspruch von Stummfilmen gerecht wird. Inszeniert nach den visuellen Maßstäben des Stummfilms und einer unbeschreiblichen tour de force beim Umgang mit
dem Ton, war M (1931) seiner Zeit weit voraus und legte die Messlatte für die filmische Qualität von Tonfilmen ein ganz Stück höher. Die Vermarktung des Films tat das
Übrige, um den Film zu einem kolossalen internationalen Erfolg zu machen.
Fritz Lang war Geschäftsmann genug, um sämtliche Unwägbarkeiten frühzeitig zu
erkennen und geschickt zu umschiffen. Seine leise Kritik an der politischen Entwicklung in Deutschland, welche nur den aufmerksamsten Beobachtern auffällt, ist nur ein
Teil des Ganzen. Langs Umsicht macht sich schon beim Titel des Films bemerkbar.
Der Arbeitstitel des Films lautete Mörder unter uns, doch dieser Titel wurde verworfen. Der Grund hierfür war, dass Fritz Lang befürchtete, dass sich Hitlers menschenjagende Lakaien angesprochen fühlen könnten. Stattdessen wählte er den Buchstaben
M als Filmtitel und auch dies war ein Geniestreich. Was bedeutet M? Mörder? Mabu197
Das Dokument des Grauens
Abbildung 8.45: Seine Taten belasten
Beckert ...
Abbildung 8.46: ... doch dann gewinnt das Monstrum die Oberhand
se? Metropolis? Der Filmtitel lässt Interpretationsspielraum und weckt Neugier. Hinzu
kommt noch, dass M wegen seiner optischen Kürze in der Liste der etwa 140 deutschen Filmproduktionen dieses Jahres sofort auffiel. Dies war ein Titel, welcher das
Potenzial hatte, Besucher ins Kino zu locken, welche ansonsten ausgeblieben wären.
Die rechte Szene zeigte sich von dem Film durchaus angetan. M (1931) ist ein
Film, welcher dahingehend interpretiert werden kann, dass die Kraft des einfachsten
Volkes, des Untergrunds, ausreicht, um der Staatsgewalt eins auszuwischen. Der andersartige, unmenschliche Mörder wird gefangen und seiner gerechten Strafe zugeführt.
M (1931) ließ die Nazis in anderer Weise als befürchtet aufhorchen. 1933, kurz
nach der Machtübernahme Hitlers, bot der Reichsminister für Volksaufklärung und
Propaganda, Dr. Joseph Goebbels, Fritz Lang die Leitung der deutschen Filmwirtschaft an. Dieses Angebot lag nahe, denn Fritz Lang war nicht nur ein Aushängeschild
der deutschen Filmwirtschaft, deren propagandistisches Potenzial Goebbels völlig zu
Recht als sehr hoch einstufte. Adolf Hitler hatte M (1926) gesehen und Goebbels
mitgeteilt, dass Fritz Lang der Mann sei, welcher ihnen den nationalsozialistischen
Film schenken würde. Außerdem war Fritz Lang bekennend deutsch-national ausgerichtet und hatte zusammen mit Carl Boese, Luis Trenker und Victor Janson die
Regie-Abteilung der NSBO, der Nationalsozialistischen Betriebsorganisation, gegründet. Aber Fritz Lang hatte kein Interesse daran, eine Propagandafilmmaschinerie zu
leiten und gab Goebbels eine hinhaltende Antwort; noch in der gleichen Nacht packte
er die Koffer und setzte sich nach Paris ab.
Seine Karriere in Deutschland war somit beendet. M (1931) wurde nach der Machtergreifung Hitlers dann doch noch verboten, aber aus einem Grund, mit welchem nie198
8. M (1931)
mand gerechnet hatte und der auch eher als Vorwand zu dienen scheint. Das Verbot
des Films beruhte darauf, dass im Dritten Reich die Darstellung von Triebtätern und
psychisch Kranken nicht erlaubt war. Fritz Langs nächster Film und Antwort auf Hitlers politischen Aufstieg, Das Testament des Dr. Mabuse (1932), wurde am 29. März
1933 von der Filmprüfstelle verboten - neun Monate vor seiner Uraufführung in Wien.
Von dem Film existieren noch zwei weitere Sprachfassungen, welche jedoch nicht
vollständig von Fritz Lang inszeniert wurden. In der französischen Sprachfassung tritt
Peter Lorre ebenfalls auf. Diese Fassung wurde nicht, wie in den USA üblich, parallel gedreht, sondern ist eine Mixtur aus Synchronisation und parallel in französisch
gedrehten Szenen. Die französische Sprachversion ist in den 1990er Jahren wieder
aufgetaucht. Im Jahr 2005 tauchte in den Archiven des British Film Institute auch eine englischsprachige Fassung auf, welche komplett (schlecht) synchronisiert war und
wohl ohne die Mitarbeit Fritz Langs entstand. Einige Szenen wurden nachgedreht, zum
Beispiel um Zeitungsschnipsel und Briefe in englischer Sprache darzustellen, aber bei
komplizierteren Einstellungen verblieb man auch hier bei den deutschen Originalbildern.
So genial M (1931) erzählt und inszeniert sein mag, ist er dennoch nicht frei von
technischen Mängeln. Hier sticht vor allem die Arbeit Fritz Arno Wagners hervor. Die
Bilder des Films sind geprägt von Problemen im Umgang mit Licht und Beleuchtung;
häufig haben Personen und Gegenstände in Tagesszenen bis zu acht Schattenwürfe
gleichzeitig und in der Szene mit dem Straßencafé filmt Wagner während der Kamerafahrt zur Hecke seinen eigenen Schatten. Auch die Tiefenschärfe entgleitet hin und
wieder seiner Kontrolle. Aber diese artifiziellen Details hielten M (1931) nicht davon
ab, als Meisterwerk zu gelten.
199
Literaturverzeichnis
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http://www.mentalfloss.com/blogs/archives/22639
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[4] Die Rekonstruktion der Taten Peter Kürtens erfolgte unter Nutzung von Protokollen des Gerichtsprozesses, zeitgenössischen Artikeln und Fotografien aus
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G.H. Mostar und R.A. Stemmle aus Kriminalreport, Ausgabe 1964, S. 219307, sowie Peter Kürten, genannt der Vampir von Düsseldorf von Elisabeth
Lenk (Hrsg.) und Katharina Kaever (Hrsg.), Eichborn 1997, 1. Auflage, ISBN
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[5] J.A. Aberdeen, Hollywood Renegades,
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[6] http://www.oas.org/juridico/mla/fr/hti/fr_hti_penal.html
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(1930)
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Bells, The (1926), 438
Bells, The (1931), 438
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Bishop Murder Case, The (1930), 17, 17,
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Black Cat, The (1934), 92
Black Christmas (1974), 173
Black Moon (1934), 606
Black Waters (1929), 524
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Traum des Allan Grey (1932)
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Die Nibelungen (1924), 176
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Dr. Hekyl and Mr. Hype (1980), 307, 308
Dr. Jekyll and Hyde ... Together Again
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Dr. Jekyll and Hyde... Together Again
(1982), 308
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Dr. Jekyll and Mr. Hyde (1920), 180, 210,
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Dr. Jekyll and Mr. Hyde (1920,I), 227,
290–292
Dr. Jekyll and Mr. Hyde (1920,II), 291,
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Dr. Jekyll and Mr. Hyde (1931), 293, 294,
314, 389, 393–397, 399–401, 406, 408,
413, 414, 416, 433–437, 440, 453, 516
Dr. Jekyll and Mr. Hyde (1932), 456
Dr. Jekyll and Mr. Hyde (1941), 294, 436
Dr. Jekyll and Mr. Hyde Rock ’n’ Roll
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Das Dokument des Grauens
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Drácula contra Frankenstein (1972), 270
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Dracula (1921, II), 83
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93, 94, 96–98, 100–105, 107–109, 112,
118–120, 123, 124, 128–144, 173, 353,
355, 357, 358, 364, 369, 375, 388, 393,
399, 436, 437, 453, 456, 464, 486, 507,
511, 517, 518, 534
Dracula (1958), 111
Dracula (1992), 101, 102
Dracula vs. Frankenstein (1971), 266,
267, 279
Dracula’s Daughter (1936), 111, 116, 396,
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Drums of Jeopardy (1931), 440
Duality of Man, The (1910), 290
Eaten Alive (1977), 149
Edgar Allan Poe’s Tales of Terror (1962),
181
Edge of Sanity (1988), 309
Ein seltsamer Fall (1914), 290
El hombre invisible ataca (1967), 318
Ella Lola, á la Trilby (1898), 206
End of the World, The, siehe Fin du monde, La (1930)
Eraserhead (1975), 506
Eve’s Bayou (1997), 609
Evil Dead, The (1982), 215
Evil of Frankenstein, The (1964), 247,
249
Exorcist, The (1973), 65
Faust (1960), 179
Fearless Frank (1967), 263
Fearless Vampire Killers, The (1967), 101
Figlia di Frankenstein (1971), 267
Figlia di Frankenstein, La (1971), 267
Fin du monde, La (1930), 39, 40, 41
Firestarter (1984), 332, 339, 340
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Flesh for Frankenstein (1973), 273–275
Fly 2, The (1989), 331, 332
Fly, The (1958), 324–326, 328, 329, 332
Fly, The (1986), 329–331
Forbidden Adventure in Angkor (1935),
28
Forbidden Love, siehe Freaks (1932)
Four Skulls of Jonathan Drake, The
(1959), 607
Frankenhooker (1990), 284
Frankenstein (1910), 3, 227, 231, 353, 356
Frankenstein (1931), 4, 230, 231, 234,
269, 277, 351, 352, 355, 359, 360, 362–
367, 369, 371, 374, 375, 378–380, 386,
388–390, 434–437, 440, 444, 453, 456,
458, 511, 512, 514, 515, 523, 532, 535
Frankenstein (1994), 287
Frankenstein (20??, II), 289
Frankenstein (20??, III), 290
Frankenstein 1970 (1958), 256, 257
Frankenstein 90 (1984), 280, 281
Frankenstein ´80 (1972), 273
Frankenstein all’italiana (1975), 277
Frankenstein and the Monster From Hell
(1974), 253, 254
Frankenstein and the Monster from Hell
(1974), 254
Frankenstein Created Woman (1967), 249
Frankenstein Island (1981), 279, 280
Frankenstein Meets the Wolf Man (1943),
237, 238
Frankenstein Must Be Destroyed (1969),
250, 252, 253, 278
Frankenstein Unbound (1990), 285, 286
Frankenstein’s Army (2012), 288, 289
Frankenstein’s Daughter (1958), 259, 260
Frankenweenie (1984), 281, 282, 288
Frankenweenie (2012), 288
Freaks (1932), 12, 447, 453–456, 462,
465–467, 470–472, 477–481, 486, 487,
499–508, 511, 549
Freddy vs. Jason (2003), 239
Filmindex
Furankenshutain no kaijû: Sanda tai Gaira House of Frankenstein (1944), 92, 239,
380
(1968), 262
Furankenshutain tai chitei kaijû Baragon House on Skull Mountain, The (1974),
607
(1965), 260–262, 288, 289
How to Make a Monster (1958), 256
Human Centipede (First Sequence), The
Galaxina (1980), 479
(2009), 342, 343
Gaslight (1944), 409
Gato y el canario, El, siehe Voluntad del Human Centipede (Fist Sequence), The
(2009), 348
muerto, La (1930)
Geheimnis des Dr. Mirakel, Das, siehe Hunchback of Notre Dame, The (1923), 4,
89, 94, 516
Murders in the Rue Morgue (1932)
Hunger, The (1983), 102
Ghost Breakers, The (1940), 594, 595
Ghost of Frankenstein (1942), 236, 406
I Was a Teenage Frankenstein (1957), 255
Ghost Train, The (1931), 441, 441
Ghost Walks, The, siehe Dangerous Affair I Was a Teenage Werewolf (1957), 255
I, Frankenstein (2013), 289
(1931)
I, Monster (1971), 304
Gojira (1954), 261, 318
I Spit on Your Grave (2010), 149
Gojira tai Hedora (1971), 255
Golem: Wie er in die Welt kam, Der I Walked With a Zombie (1943), 596, 597,
599, 605
(1920), 382
Ilorona, La (1933), 22
Gorilla Mystery, The (1930), 24, 25
Ilsa: She-Wolf of the SS (1974), 338, 339
Gorilla, The (1927), 23
Incredibly Strange Creatures Who StopGorilla, The (1930), 23, 23
ped Living and Became Mixed-Up
Graa dame, Den (1909), 3
Zombies, The (1964), 603
Gran amor del Conde Drácula, El (1970),
Ingagi (1930), 25, 26–28
303
Invasion of the Body Snatchers (1978),
Green Murder Case, The (1929), 17
263
Greene Murder Case, The (1929), 21
Invisible Agent, The (1942), 315, 316,
Gritos en la noche (1962), 319
407
Invisible Invaders (1959), 600–602, 604
Häxan (1922), 545
Invisible Man (1933), 313
Halloween (1978), 173
Invisible Man Returns, The (1940), 313
Hell-O-Vision (1936), 501
Henry: Portrait of a Serial Killer (1986), Invisible Man’s Revenge, The (1944), 92,
316, 317
173
Invisible Man’s Revenge, the (1944), 409
Hollow Man (2000), 322, 323
Horror of Frankenstein, The (1970), 252, Invisible Man, The (1933), 4, 312–314,
322, 323, 329, 406
253
Invisible Man, the (1933), 92
Horror of Party Beach, The (1964), 602
Hound of the Baskervilles, The (1931), Invisible Maniac, The (1990), 321
Invisible Woman, The (1940), 314–316
441
Island of Lost Souls (1932), 225, 596
House of 1000 Corpses (2003), 506
Island of Lost Souls (1933), 467
House of Dracula (1945), 240–242
609
Das Dokument des Grauens
It Came from Beneath the Sea (1955), 91
Januskopf, Der (1920), 83, 86, 290, 292
Jaws (1975), 29
Jekyll Hyde: The Musical (2001), 312
Jesse James Meets Frankenstein’s Daughter (1966), 262, 263
Juif polonais, Le (1931), 438
Jurassic Park (1993), 336
Just Imagine (1930), 42, 42
Kennel Murder Case, The (1933), 19
King Kong (1933), 4, 28, 366, 472, 512,
524, 537
King of the Wild (1931), 441, 444
King of the Zombies (1941), 463, 595,
596
Land of the Dead (2005), 579
Last Hour, The (1930), 41
Last House on the Left (2009), 149
Leopard Lady, The (1928), 513
Lightning Warrior, The (1931), 444, 445
Liliom (1930), 35, 36
Liliom (1933), 36
Limping Man, The, siehe Creeping Shadows (1931)
London After Midnight (1927), 85, 123,
506
M (1931), 168, 171, 171–174, 177–182,
191, 193, 194, 198–201, 437
M: Eine Stadt sucht einen Mörder, siehe
M (1931)
Mörder unter uns, siehe M (1931)
Müde Tod, Der (1921), 176
Mad Doctor of Blood Island (1968), 260
Mad Genius, The (1931), 445, 445, 446
Mad Ghoul, The (1943), 409
Mad Love (1935), 181, 467
Mad Monster Party (1967), 302
Maldición de Frankenstein, La (1972),
271, 272
610
Man from Planet X, The (1951), 194, 298
Man Who Laughs, The (1928), 89, 210,
461, 516
Mangler, The (1996), 148
Maniac (1934), 501
Manoir du diable, Le (1896), 3
Marca del Hombro-lobo, La (1968), 264
Marihuana (1936), 501
Mark of Terror, siehe Drums of Jeopardy
(1931)
Mark of the Vampire (1935), 148, 149,
406
Mary Reilly (1996), 311
Maximum Overdrive (1986), 148
Memoirs of an Invisible Man (1992), 321,
322
Mesa of Lost Women (1952), 479
Metropolis (1926), 171, 172, 176, 178,
200, 229
Metropolis (1927), 42, 550
Midnight Mystery (1930), 22
Miss Jekyll and Madame Hyde (1915),
290
Monster (2003), 173
Monster Show, The, siehe Freaks (1932)
Monster, The (1925), 60, 62, 72, 228
Monstrous del terror, Los (1969), 264
Monstruos del terror, Los (1969), 264
Monstruos del terror, Los (1970), 303
Morde in der Rue Morgue, siehe Murders
in the Rue Morgue (1932)
Most Dangerous Game, The (1932), 366,
396, 511, 524
Mother’s Day (2010), 149
Mummy’s Curse, The (1944), 407
Mummy’s Ghost, The (1944), 92
Mummy’s Hand, The (1940), 471
Mummy’s Tomb, The (1942), 471
Mummy, The (1932), 4, 463, 511, 524
Murder by the Clock (1931), 396, 446
Murders in the Rue Morgie (1932), 512
Filmindex
Picture of Dorian Gray, The (1945), 405
Piel que habito, La (2011), 223
Plague of the Zombies, The (1966), 603,
604
Plan 9 from Outer Space (1959), 602
Polish Jew, The, siehe Juif polonais, Le
(1931)
Poltergeist (1982), 50
Nachts, wenn Dracula erwacht (1969), Princess and the Frog, The (2009), 610
Procureur Hallers, Le (1930), 32
270
Psycho (1960), 173, 310
Narcotic (1932), 501
Nature’s Mistakes, siehe Freaks (1932)
New Adventures of Dr. Fu Manchu, siehe Rasputin, Demon with Wives, siehe Rasputin: Dämon der Frauen (1930)
Return of Dr. Fu Manchu, The (1930)
Night of the Living Dead (1968), 149, Rasputin: Dämon der Frauen (1930), 34
Rasuto Furankenshutain (1991), 286, 287
506, 580, 602, 604
Nosferatu: Eine Symphonie des Grauens Raven, The (1963), 181
(1922), 3, 44, 83, 95, 102, 103, 106, Re-Animator (1986), 345, 346
Reazione a catena (1971), 173
133, 390, 530
Not Against the Flesh, siehe Vampyr: Der Reefer Madness (1936), 503, 506
Return of Chandu, The (1934), 22
Traum des Allan Grey (1932)
Return of Dr. Fu Manchu, The (1930), 31,
Nutty Professor, The (1963), 300, 301
31, 439
Return of the Fly (1959), 326–329
Offspring, The (1987), 479
Revenge of Frankenstein, The (1958),
Old Dark House, The (1932), 366
245, 247
Omega Man, The (1971), 228
Revenge of the Zombies (1943), 92, 597,
Orgía del los muertos, La (1973), 303
598
Orlacs Hände (1924), 467
Revolt of the Zombies (1936), 594
Orlaks Hände (1924), 536
Rocky Horror Picture Show, The (1975),
Orphée (1950), 54
148, 277–279
Other One, The, siehe Andere, Der (1930)
Rojo Sangre (2004), 303
Outward Bound (1930), 30
Roma contro Roma (1964), 603
Peeping Tom (1959), 171, 173
Sang d’un poète, Le (1930), 45, 45, 46,
Penalty, The (1920), 4
51, 52, 54, 55
Perfect Alibi, The, siehe Birds of Prey
Santo contra la hija de Frankestein (1971),
(1930)
268
Pet Sematary (1989), 149, 486
Phantom of Paris, The (1931), 10, 448, Santo contra los zombies (1962), 603
Satan’s Sadists (1969), 266
467, 479
Phantom of the Opera, The (1925), 4, 9, Savage Intruder (1969), 413
Saw (2004), 18
16, 44, 89, 95, 136
Scared Stiff (1953), 595
Phantom, The (1931), 447
Murders in the Rue Morgue (1932), 11,
359, 424, 500, 511–517, 521, 524, 527,
529, 532, 534–537
Mysterious Dr. Fu Manchu, The (1929),
31, 439
Mystery of the Wax Museum (1933), 366,
406, 512
611
Das Dokument des Grauens
Scared the Death (1947), 479
Scotland Yard (1930), 37, 37
Sea Bat, The (1930), 29, 29, 30
Secret Witness, The (1931), 448
Sei donne per l’assassino (1964), 173
Seltsame Geschichte des David Gray, Die,
siehe Vampyr: Der Traum des Allan
Grey (1932)
Serpent and the Rainbow, The (1988), 593
Seven (1995), 18
Seven Footprints to Satan (1929), 479
She Freak (1967), 506
Sherlock Holmes Faces Death (1943), 409
Shining, The (1980), 73, 149
Show, The (1927), 455
Silence of the Lambs, The (1991), 173
Skæbnesvangre opfindelse, Den (1909),
290
Something Wicked this Way Comes
(1983), 479
Son of Dr. Jekyll, The (1951), 294, 296,
298
Son of Frankenstein (1939), 234, 236,
248, 277, 359, 401
Son of Ingagi (1940), 28
Soul of a Monster (1944), 409
Spanish Dracula, siehe Drácula (1931)
Spectre Vert, Le (1930), 38
Spider, The (1931), 449, 449
Spiral Staircase, The (1946), 72
Spooks (1930), 44
Spooks Run Wild (1940), 479
Staatsanwalt Hallers, siehe Andere, Der
(1930)
Strange Adventure of David Gray, The,
siehe Vampyr: Der Traum des Allan
Grey (1932)
Such Men Are Dangerous (1930), 36, 37
Sugar Hill (1974), 604
Svengali (1931), 125, 205, 206, 210–213,
217, 437, 445, 446, 453
Tarantula (1955), 334
612
Teenage Zombies (1959), 602
Temple Tower (1930), 38, 38
Terror
Il castello delle donne maledette (1974),
275
Terror by Night, siehe Secret Witness, The
(1931)
Terrors (1930), 28, 28, 29
Testament des Dr. Mabuse, Das (1932),
174, 201
Testament du Docteur Cordelier, Le
(1959), 298, 299, 311
Texas Chain Saw Massacre, The (1973),
149
Texas Chain Saw Massacre, The (1974),
173
The Bells (1931), 438
The Bride(1985), 283
The Two Faces of Dr. Jekyll (1960), 299,
300
Them
(1954), 599
Thirteenth Chair, The (1929), 406, 467
Thirteenth Chair, The (1937), 406
Tirlby (1923), 206
Tomei kaijin (1958), 318
Tomei ningen (1954), 318
Tower of London (1939), 406, 409
Trilby (1915), 206
Twelfth Hour, The, siehe Zwölfte Stunde:
Eine Nacht des Grauens, Die (1930)
Twilight People, The (1973), 260
Two Faces of Dr. Jekyll, The (1960), 299,
300, 307
Ultimo uomo della Terra (1964), 602
Undying Monster, The (1942), 407, 409
Unholy Night, The (1929), 38
Unholy Three, The (1925), 9, 454, 455
Unholy Three, The (1930), 9, 10–12, 24,
454
Unknown Purple, The (1923), 60, 62
Filmindex
Unknown, The (1927), 4, 455, 470, 480, Voodoo Island (1957), 606
Voodoo Man (1944), 92, 606
486, 507
Vredens dag (1943), 576
Vudú sangriento (1974), 607
Valley of the Zombies (1946), 91
Vampire, The, siehe Vampyr: Der Traum
Werewolf of London (1935), 424
des Allan Grey (1932)
West of Zanzibar (1928), 455, 465, 470,
Vampires, Les (1915–16), 62
498
Vampyr, siehe Vampyr: Der Traum des
White Zombie (1932), 534, 585, 594, 595,
Allan Grey (1932)
605
Vampyr (1932), 54
Vampyr: Der Traum des Allan Grey Wizard of Oz, The (1939), 12
(1932), 541, 542, 546–550, 555, 558, Wolf Man, the (1941), 4
Woman Eater, The (1958), 601
568, 574–576
Vampyr: L’Étrange aventure de David World War Z (2013), 579
Gray, siehe Vampyr: Der Traum des
Young Frankenstein (1974), 276, 277, 371
Allan Grey (1932)
Young Frankenstein (1975), 277
Vampyros Lesbos (1971), 270
Vertigo (1958), 191
Victor Frankenstein (1976), 279
Zombi Holocaust (1980), 341, 605
Vie amoureuse de l’homme invisible, La Zombies of Mora Tau (1957), 599, 600
Zombies of the Stratosphere (1952), 599
(1970), 319, 320
Zombies on Broadway (1945), 598, 600
Voice from the Sky, The (1930), 43, 43
Voluntad del muerto, La (1930), 16, 16, Zwölfte Stunde: Eine Nacht des Grauens,
Die (1930), 44
22, 124
613