Steildach Sanierung in Bützow nach Tornado

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Steildach Sanierung in Bützow nach Tornado
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STEILDACH Dachsanierung nach Orkan
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TEXT & FOTOS HANS-JÜRGEN KROLKIEWICZ
WIEDERAUFBAU
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Ohne Vorwarnung war er plötzlich da: Ein Tornado in der Stärke
F4 mit Windgeschwindigkeiten bis zu 350 km/h deckte im Mai
nicht nur Hausdächer der deutschen Kleinstadt Bützow, sondern
auch das Dach der aus dem 13. Jahrhundert stammenden
Stiftskirche ab. Die Reportage einer gesicherten Neudeckung.
DACH4WAND 4 / 2015
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ie stark dieser Sturm war.
zeigte sich an der bis zu die­
sem Zeitpunkt gut erhaltenen
Stiftskirche", so Architekt
DI Hartmut Böhnke, erfahre­
ner Denkmalschützer. .,Die
schwere Drehtür am Westportal wurde ausgehoben,
am Gewölbe der Kirchenhalle zeigten sich Risse. die
neuen Windeisen der in den vergangenen zwei bis
drei Jahren restaurierten Kirchenfenster hielten dem
Winddruck nicht stand, wodurch sich die großen Kir­
chenfenster leicht verformten, jedoch ohne Glasbruch."
Auch der Kirchturm wurde leicht verformt, die Tunn­
spitze, eine Kugel mit Wetterhahn, brach unterhalb
der Kugel ab. Die Ziegel der rund 2.400 Quadratmeter
großen Dachfläche der KirchenhaUe und Teile des
Krichturms wurden abgedeckt ...Wie Geschoße flog
der Ziegelbruch durch die Gegend", so Architekt
Böhnke . .,ich konnte das zufällig von meinem Büro­
fenster aus beobachten."
SIND SOLCHE WINDEREIGNISSE DENN
VORHERSEHBAR?
Tornados treten auch bei uns häufiger auf, als allge­
mein bekannt ist. Der Deutsche Wetterdienst (DWD)
rechnet mit 20 bis 60 solcher intensiven Winder­
eignisse in Deutschland pro Jahr. Allerdmgs wer­
den Starkwinde bei uns selten als „Tornado" wahr­
genommen, mit Windgeschwindigkeiten über 300
km/h. Die Archive bei TorDACH und der Europäi­
sche Unwetterdatenbank (ESWD) registrieren sol­
che Windereignisse (F2-F5 auf der Fujita-Skala) seit
1764. In Deutschland wurden bisher nur zwei Torna­
dos der höchsten Kategorie F5 (mehr als 350 km/h)
verzeichnet, und zwar am 29.Juli 1764 in Woldgek
(Mecklenburg) und am 23. April 1800 rund um Hai­
nichen (Sachsen).
Obwohl unsere Technik kommende Wetterereig­
nisse zumindest wöchentlich relativ genau vorher­
sagen kann, lassen sich exueme Gewitterzellen mit
starken Winden bisher nicht exakt und regional vor­
hersagen. Auch lässt sich nicht frühzeitig örtlich vor­
hersagen, wann und wo ein Tornado entstehen wird.
Starke Stürme können immer dann auftauchen, wenn
aufgeheizte Luft schnell in die Höhe aufsteigt und dort
auf kalte Luftschichten uifft. Dabei kann eine Wind­
scherung entstehen - die kalte Luft fällt mit hoher Ge­
schwindigkeit nach unten, die Warmluft wird dadurch
förmlich .,angesaugt" -wodurch der Aufwindbereich
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in Rotation gerät. Es bildet sich eine Windhose oder
sogar ein Tornado. Wie es beispielsweise im deut­
schen Bützow am 5.Mai dieses Jahres der Fall war.
DIE STIFTSKIRCHE BÜTZOW
Die Stiftskirche St. Maria, St.Johannes und St. Eli­
sabeth in Bützow repräsentiert einen typischen Bau
4!2015 DACHAWAND
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STEILDACH Dachsanierung nach Orkan
der Norddeutschen BacksteingotL�. Die Stadt- oder
Stiftskirche wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahr­
hunderts ursprünglich als Kollegialstiftskilche der Re­
sidenz der Schweinrer Bischöfe erbaut. Sie ist eine
dreischiffige Hallenkirche mit polyginalem Chor und
einem 74 Meter hohen Turm. Erhalten sind heute
:10ch davon das aufwendige Nordportal, Spuren der
ehemaligen Sakristei, die Mittelschiffpfeiler mit den
Kapitellen und Ansätzen der Arkadenbögen. Im 18.
Am Dach der Stihskirche
waren nach dem Orkan
umfangreiche Sanierungs­
arbeiten notwendig.
,• Im Uhrzeigersinn:
Biberschwanzklammer,
Biber-Lü�ngsziegel,
Fußpunkt mit Lühung,
Ansetzen der Schraube am
Biberschwanzziegel.
und 19. Jahrhundert wurde die Kirche restauriert und
ten Ständergerusten. Das innere Gerüst beginnt 1m
Obergeschoß des Turmschaftes. Der quadratische
Kirchturm hat einen achtseitig schindelgedeckten
Helm. Der Dachreiter wurde im späten 17. Jahrhun­
dert emchtet.
DACHSANIERUNG NACH ORKAN
Die 2 400 Quadratmeter große Dachfläche des Kn­
chenschiffs hat eine Dachneigung von 75 Grad. Für
die Sanierung wwde zunächst eine entsprechend den
heutigen Bauvorschriften notwendige Windlastbe­
teilweise umgebaut.
rechnung nach DIN EN 1991-1-4 durch das für den
Die Kirche ist eine gewölbte Backsteinhallenkirche
mit drei gleich hohen Scluffen Sie hat sieben Joche,
Hersteller der Sturmklammern Friedrich Ossenberg­
ein BinnenchoI)och mit einem 3/8-Schluss und einem
Schule in Hemer, D, tätige lngerueurburo Schulte +
Umgangschor mit drei polygonalen Kranzkapellen.
Krüger entsprechend den auf einen Erfassungsbo­
Der Außenbau wird durch Strebepfeiler, Kaffgesims
gen gemachten Vorgaben des Architekten DI Hart­
mut Böhnke erstellt Entsprechend den geografischen
und hohe drei- und vierteilige Spitzbogenfenster ge­
gliedert Die Kirche hat ein hohes Satteldach mit ba­
Daten liegt der Ort Bützow in der Windzone 2 Binnen­
rockem Dachreiter.
land. Hier zeigt sich eine gewisse Problematik der
Windlastberechung, denn die Norm geht bei Wmd­
Das Kirchendach ist ein aufgeständertes Kehl­
baikendach aus Eichenholz. Das Oberdach ist noch
zone 2 nicht von einem Sturrnereigms aus. wie es
konventionell als Kreuzstrebendach verzimmert. Das
dann eingetreten ist. Ein zusätzlicher Grund, warum
Turmdach lagert auf zwei memander verschachtel-
der Statiker forderte. dass jeder Biber der Lager-
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Dach· und Abdichtungssysteme
sch1cht mit einer Schraube befestigt, Kronendecker
mit zwei Biberschwanzklammern „FOS 415K" an der
Lagerschicht gesichert werden sollen Zur Neueinde­
ckung wurden Creaton-..Antik"-Denkr:ialbiber Korb­
bogenschnitt 18 x 38 cm Biber 1/1 gebürstet naturrot
verwendet.
Die Be- und Entlüftung des großen Dachvolumens
fordert normativ jeweils Luftungsöffnungen im Trauf­
bereich und Firstbere1ch. Da die normalen Be- und
Entlüftungsziegel die Dacharchitektur aus Sicht des
Denkmalschutzes gestört hätten, mussten andere Lö­
sungen gefunden werden. So erlaubte der Denkmal­
schützer die Ausbildung des Trauibere1chs nut einer
Traufschalung aus Rauspund. Mit diesem wird der
Spurrenfußpunkt des aus Eichenholz erstellten Kehl­
balkendaches vor Regenemtrieb geschützt. Unterhalb
der Rauspundbretter ist ein entsprechendes Lüftungs­
gitter zur Hinterluftung angeordnet. In der Dachfläche
sind oberhalb der Traufschalung in der zweiten Zie­
gelreihe Speziallüftungsziegel der BJ.bereindeckung
angeordnet. Diese Lüftungsziegel fallen optisch nicht
auf, da ihre karnmerartigen Lüftungsöffnungen sehr
flach sind und genau dem Deckbild des Antik-Denk­
malbiber entsprechen.
Der First wurde vermörtelt und die gleichen Lüf­
tungsziegel m der zweiten Reihe unterhalb des Firstes
angeordnet. Entsprechend der Windlastberechung JSt
jeweils jeder Denkmalbiber der Kronendeckung ver­
schraubt und jeder Biber der Deckschicht ffilt einem
Kronendecker an der Lagerschicht befestigt. Damit
trotzt das Dach der Stiftskirche Bützow nun kommen­
•
den Stürmen.
BAUTAFEL
Objekt Stiftskirche zu Bützow (D)
Projekt Wiederaufbau nach Sturmschaden
vom 5. Mai 2015
Bauherr Evangelisch-Lutherische Kirche in Nord­
deutschland, Kirchengemeinde Bützow (D)
Architekt Architekturbüro 01 Hartmut Böhnke, Bützow (D)
Tragwerksplanung Ingenieurbüro Klein & Wagner,
Borkow(D)
Einzelfallberechnung Sturmklammer Beratende
Ingenieure Schutte Krüger, Gevelsberg {D)
Dachdecker Dachdecker GmbH Pahl, Tarnow (D)