Scanhaus: Bauen und Brauen - Recknitztal

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Scanhaus: Bauen und Brauen - Recknitztal
WIRTSCHAFT
Scanhaus: Bauen und Brauen
Wie Scanhaus-Marlow-Chef Friedemann Kunz sein mittelständisches Unternehmen auf Wachstumskurs hält.
Von Andreas Ebel
und Elke Ehlers
Senator-Ururenkel wuchs in Schweden auf
Marlow – Neben Fertigteilhäusern
baut Scanhaus Marlow jetzt auch
eine Brauerei. Die OZ sprach mit
Firmenchef Friedemann Kunz.
OZ: Wie laufen die Geschäfte?
Friedemann Kunz: Sehr gut. Wir
bauen 592 Häuser, so viele wie
noch nie. Das 20. Jahr ist das beste
seit Scanhaus-Gründung.
OZ: Im November 1992 übernahmen Sie das Marlower Holzwerk
von der Treuhand. Warum?
Kunz: Ich wollte fortsetzen, was meine Vorfahren 100 Jahre zuvor hier
angefangen hatten. Mein Ururgroßvater hatte das Werk einmal als
Fassfabrik gegründet.
OZ: Wie kamen Sie von Fässern auf
Häuser? In Schweden hatten Sie eine Firma für Bürobedarf…
Kunz: Ich bin leidenschaftlicher
Kaufmann. Von Häusern habe ich
wenig Ahnung, dafür habe ich
Fachleute. Dass die Häuser von bester Qualität sind,das setze ich voraus. Als Kaufmann habe ich mich
gefragt, was brauchen die Menschen hier. Ich wusste, dass es in
der DDR Wohnungsnot gab. Da
dachte ich, Häuser in skandinavischer Tradition werden gebraucht.
OZ: Was ist typisch für Scanhäuser?
Kunz: Der Baustoff Holz, der sorgt
für gesundes Raumklima. Und
dann vor allem die Energieeffizienz. Bei 140 Quadratmetern
Wohnfläche braucht eine Familie
für Heizung und Warmwasser pro
Jahr nur 500 bis 600 Euro.
OZ: Das heißt, für die Energiewende sind Sie gut gerüstet?
Kunz: Ja. Branchenexperten gehen
davon aus, dass der niedrige Energieverbrauch dazu beiträgt, dass
der Marktanteil von Fertigteilhäusern weiter wächst.
OZ: Wie wächst das Kerngeschäft?
Kunz: Auf 750 Häuser pro Jahr wollen wir kommen. Das ist die Obergrenze, mit der wir die Kapazitäten
am Standort Marlow dann voll ausschöpfen. Das ist auch der Oberriegel, den wir einziehen. Allerdings
müssen wir zuvor um eine dritte
Schicht erweitern und noch 140 bis
160 Leute einstellen.
OZ: Sind Massivhäuser nicht wertbeständiger und haltbarer als Fertigteilhäuser?
Kunz: Jedes Haus hält nur dann lange, wenn man es gut pflegt. In Skandinavien und Kanada stehen Holzhäuser, die älter als 500 Jahre sind.
OZ: Wohnen Sie in einem Scanhaus?
Kunz: Ja, in der Nähe der Firma.
OZ: Was gönnen Sie sich und Ihren
Mitarbeitern zum Jubiläum?
Kunz: Am 30. November laden wir
Geschäftspartner und Weggefährten zum Empfang ein. Da werden
schon Mitarbeiter vom Standort
Marlow dabei sein. Die große Feier
für die Belegschaft soll im Dezember die Weihnachtsfeier sein, wenn
die Bauteams alle zu Hause sind.
So entsteht in Marlow eine Wand für ein Fertigteilhaus: Firmenchef
Friedemann Kunz (57) in der Produktionshalle.
Fotos (3): Frank Söllner
OZ: Verlief die Rückübertragung
1992 reibungslos?
Kunz: Für das Holzwerk gab es mehrere Bewerber. Mit unserem Konzept haben wir überzeugt. Ein Geschenk war das aber nicht, wir
mussten Auflagen erfüllen: 30 Mitarbeiter übernehmen, 2,5 Millionen D-Mark investieren.
OZ: Wie viele Leute sind Sie jetzt?
Kunz: Insgesamt 392: 40 in der
Produktion, 150 in Montageteams,
die die Häuser vor Ort aufstellen.
Hinzu kommen Bauhof, Verwaltung, Hotel. Und 85 Handelsvertreter.
OZ : Stichwort Hotel. Das Recknitztal-Hotel Marlow, aber auch Gaststätten in Rostock, Warnemünde
und Markgrafenheide gehören Ihnen. Sind Sie auch Gastwirt?
Traditionsfirma mit wechselvoller Geschichte
1891 Robert Kossow und
Carl Levermann gründen ein
Sägewerk mit Fassfabrik
1953 Enteignung in der „Aktion Rose“, Verhaftung des Inhabers Carl Kossow
1954 Verstaatlichung, später
Betriebsteil des Volkseigenen
Betriebes (VEB) Ribnitzer Polstermöbel
1992 Gründung der Scanhaus Marlow GmbH
2008 Eröffnung des Recknitztal-Hotels mit Erlebnisbrauerei
2012 ist erfolgreichstes
Jahr der Firmengeschichte:
592 Häuser werden gebaut, 2,5-Millionen-Investition in größere Brauerei.
Friedemann Kunz wurde 1955 in
Schweden geboren, wohin seine Eltern
1949 ausgewandert waren. Er ist der
Ururenkel des Marlower Senators und
Unternehmers Robert Kossow.
In Schweden besuchte Kunz die Schule und absolvierte eine Wirtschaftslehre. Der leidenschaftliche Kaufmann
übernahm zunächst das schwedische
Bürobedarf-Unternehmen seines Vaters, das viele Geschäftfspartner in
Deutschland hatte.
1992 übernahm Kunz das Marlower
Holzverarbeitungswerk und spezialisierte es auf den Bau von Holz-Fertigteilhäusern. Der Vater von 3 Söhnen
lebt mit seiner Lebensgefährtin (42) in
Marlow.
Kunz: Nein, das Recknitztal-Hotel
haben wir gebaut, um Kunden und
Geschäftspartner gut unterbringen
zu können. Die Immobilien GmbH
ist ein vom Kerngeschäft unabhängiges Standbein. Aber auch eine Sicherheit, falls es in der Hausbaubranche mal schlechter läuft.
OZ: Sollen es mehr Hotels werden?
Kunz: Ja.
OZ: Wo?
Kunz: Sage ich nicht (lacht).
OZ: Sie verkaufen 70 Prozent ihrer
Häuser außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern. Wäre ein südlicher Produktionsstandort sinnvoll?
Kunz: Unter dem Slogan „go south“
sind wir vor drei Jahren richtig
durchgestartet, das stimmt. Aber
das bezieht sich auf die Ausweitung des Vertriebsgebiets nach
Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern. Einen Produktionsstandort im Süden wird es nicht geben, definitiv. Wir arbeiten schließlich gegen einen sinkenden Markt.
OZ: Inwiefern?
Kunz: 2003 wurden in Mecklenburg-Vorpommern pro Jahr 4700
Eigenheime gebaut, heute sind es
pro Jahr noch um die 2500.
OZ: Seit 2010 ist der frühere Antenne-MV-Chef Hans-Ulrich Gienke
Scanhaus-Geschäftsführer.
Kunz: Ich habe Ulli Gienke 1996
kennengelernt, das war der Start
für eine tolle Freundschaft. Wir ticken gleich. Ich hatte ihm schon früher gesagt, wenn du den Sender
mal verlässt, komm zu uns. Dass er
dann gerade zu uns wechselte, als
wir das Unternehmen stark erweitern wollten, war eine gute Fügung. In solch einer Zeit braucht
man Freunde an der Seite.
OZ: Teilen Sie mit dem Ex-HansaAufsichtsratschef Gienke auch die
Leidenschaft für den Sport?
Kunz: Ja, Sportsponsoring ist mir
wichtig, vor allem beim Marlower
ScanHaus-Fahrrad-Cup und für
den Behindertensport. Das Engagement bei Hansa haben wir das fünfte Mal verlängert, auch bei Empor
sind wir größer eingestiegen.
OZ: Vermissen Sie Schweden?
Kunz: Im Urlaub fahre ich mit meiner Lebensgefährtin gern hin, wir
haben ein Ferienhaus dort. Und natürlich besuchen wir meine 87-jährige Mutter. Aber ich könnte mir
nicht mehr vorstellen, ständig in
Schweden zu sein. Meine Arbeit ist
mein Hobby – und die ist hier.
Lockere Plauderei: Friedemann Kunz (r.)
mit OZ-Chefredakteur
Andreas Ebel
und Reporterin
Elke Ehlers.
Die Hausmarke
„Marlower“.
OZ: Arbeit als Hobby, Sie müssen
eine tolerante Lebensgefährtin haben.
Kunz: Ja, sie arbeitet auch hier im
Betrieb. Momentan ist sie aber mit
unserem Nachwuchs zu Hause.
OZ: Sie haben drei Söhne. Wollen
die Ihr Werk fortsetzen, wie Sie
das Ihrer Vorväter?
Kunz: Möglicherweise. Der 27-Jährige absolviert ein Business-Studium in Shanghai, auch der 25-Jährige studiert.Der kleinste ist erst 15
Monate alt. Aber wenn der liebe
Gott es will und ich gesund bleibe,
kann ich noch 20 Jahre arbeiten.
Wir haben also noch viel Zeit.
OZ: Was meinen Sie als Unternehmer zum Reizthema Mindestlohn?
Kunz: Es wird Lohnerhöhungen geben, weil der Markt es verlangt.
Die Politik sollte in einer freien Wirtschaft nicht so viel steuern, der
Markt regelt das.
OZ: Wie halten Sie es in der Firma?
Kunz: Wir sind keine Aktiengesellschaft, die ihre Rendite an Aktionäre ausschüttet. Wir belohnen Mitarbeiter mit Anwesenheits-Bonus.
Wer wenig fehlt, kann pro Jahr bis
zu 1000 Euro mehr verdienen. Dafür gibt es Gutscheine, die im Firmenrestaurant oder Wellnessbereich eingelöst werden können.
OZ: Wo investieren Sie aktuell?
Kunz: Direkt neben dem Recknitztal-Hotel bauen wir eine Brauerei,
die unsere Hausmarke abfüllt. Als
Fassbier soll es in unseren, aber
auch anderen Gaststätten ausgeschenkt werden. Über Bierfässer
schließt sich der Kreis – zur Fassfabrik meines Ururgroßvaters.