von Thomas Harris erzählt die Geschichte von Hannibal Lecter

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von Thomas Harris erzählt die Geschichte von Hannibal Lecter
"Sebastian Finsterwalder" <1014@gmx.de>
„Hannibal“ von Thomas Harris erzählt die Geschichte von Hannibal Lecter,
einem psychopathischen, hochintelligenten Massenmörder, der seine Opfer mit
Vorliebe verspeist und deshalb auch „Hannibal the Cannibal“ genannt wird, und
die Geschichte von FBI-Agentin Clarice Starling, die sich ehrgeizig in ihre
Arbeit stürzt um über den Tod ihres Vaters hinwegzukommen.
Der Autor, der 1940 in Jackson, Mississippi geborene Thomas Harris begann
seine Schriftstellerkarriere als Journalist. Nach jahrelanger Arbeit als
Gerichtsreporter in den USA und Mexiko wurde er Redakteur der Associated
Press in New York. Seinen ersten Roman „Schwarzer Sonntag“ vollendete
Harris 1975. Es folgten „Roter Drache“ 1981, „Das Schweigen der Lämmer“
1988 und schließlich „Hannibal“ 1999. Über Harris selbst ist wenig Persönliches
bekannt. der Pressescheue Schriftsteller lebt zurückgezogen und gibt in der
Regel keine Interviews.
Charakteristisch für Harris Bücher ist die Verkörperung des Bösen durch einen
psychopathischen, hochintelligenten Serienkiller. Seine perfekteste Darstellung
des puren Bösen gelang Harris in der Figur des Dr. Hannibal Lecter.
Dieser hat in Thomas Harris „Hannibal“ nicht seinen ersten Auftritt. In drei von
vier Büchern des Autors spielt der mörderische Psychiater eine Rolle. Zum
ersten Mal in „Roter Drache“, Harris zweitem Roman nach „Schwarzer
Sonntag“. Lecter besetzt in dem 1981 erschienenen Werk einen kleinen,
eindrucksvollen Part und man ahnt noch nicht, wie wichtig Lecter in Harris
späteren Büchern wird. „Roter Drache“ wurde 1986 von Michael Mann unter
dem Titel „Manhunter“ verfilmt, stieß jedoch leider zurecht auf wenig
Resonanz.
Anders ist dies sicher mit „Das Schweigen der Lämmer“, Lecters erster großer
Rolle und dem ersten Auftritt von Clarice Starling. Das 1988 veröffentlichte
Werk wurde zwei Jahre später von Jonathan Demme mit Anthony Hopkins und
Jodie Foster in den Hauptrollen verfilmt, erhielt fünf Oscars und gilt jetzt schon
als Klassiker des Psychothrillers.
Harris schickt im „Schweigen der Lämmer“ die junge FBI-Anwärterin Clarice
Starling auf die Jagd nach den Serienkiller Buffalo Bill, der seine ausschließlich
weiblichen Opfer abhäutet. Angewiesen auf den sich in Haft befindenden
Hannibal Lecter, der Buffalo Bill therapiert hatte, geht Starling ein gefährliches
Spiel mit dem brillanten Psychiater ein. Um Details über Buffalo Bill zu
erhalten muss Starling dem Doktor persönliche Erlebnisse aus ihrer Kindheit
preisgeben, und kommt so zu einer sehr intimen Beziehung zu einem
grausamen, klugen Monster. Die junge Starling erzählt vom frühen Tod ihres
Vaters und anderen traumatischen Kindheitserlebnissen und Lecter gibt ihr im
Gegenzug Hinweise zur Ergreifung von Buffalo Bill. Starling gelingt es so
schließlich den Serienmörder zu töten, aber auch Lecter erreicht sein Ziel. Ihm
gelingt eine sowohl blutige als auch spektakuläre Flucht. Ein letztes Mal meldet
er sich bei Clarice Starling um ihr zu versichern, dass er nicht vorhabe sie
aufzusuchen. Danach taucht Lecter unter.
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Sieben Jahre später.
Starlings Karriere beim FBI hat sich entgegen allen Erwartungen nicht nach
oben entwickelt. Wegen des Unterlassens sexueller Gunstbezeugungen sabotiert
ihr Vorgesetzter, Paul Krendler, seit Jahr und Tag ihre Karriere. Starling arbeitet
nicht wie von ihr gewünscht in der Abteilung für Verhaltensforschung, sondern
macht noch immer Drecksarbeit fürs FBI. Bei einem dieser Aufträge, einer
Drogenrazzia, verliert Starling ihren Ausbilder und Freund John Brigham und
erschießt außerdem den Kopf des Drogensyndikats, Evelda Drumgo, während
diese ihr Baby im Arm hält. Die Aktion wird live im Fernsehen übertragen und
Starling soll nun als Sündenbock für das Scheitern der Razzia, bei der insgesamt
acht Tote zu beklagen sind, herhalten. Auch in den Medien wird Starling die
alleinige Schuld zugeschoben und sie vergräbt sich in ihrem Zuhause bis sie
schließlich einen Brief von Hannibal Lecter erhält. Dieser ist die erste Spur des
Doktors seit über sieben Jahren und bringt Starling wieder ins Rennen. Sie wird
zu Mason Verger bestellt.
Mason Verger, ein stark entstellter, ans Bett gefesselter Superreicher und
einziges überlebendes Opfer von Lecter plant seit Jahren grausame Rache dafür
zu nehmen, dass Lecter ihn auf grausame Weise verstümmelte. Um dieses
Vorhaben zu verwirklichen scheut Verger weder Kosten noch Mühen und
verfolgt jede Spur Lecters unbarmherzig. Verger händigt Starling ein
Röntgenbild aus, von dem er glaubt es sei von Dr. Lecter. Starling erpresst
Lecters alte Krankenakte von dessen früheren Pfleger Barney und stellt mit
dieser tatsächlich fest, dass das Röntgenbild von Lecter stammt. Verger, der
vorhat Lecter von in Sardinien gezüchteten Killerschweinen bei lebendigem
Leibe zerfleischen zu lassen erhält indessen einen heißen Tipp aus Florenz.
Eben dort, in Florenz, lebt Rinaldo Pazzi, Inspektor der Questura, der Jahre
zuvor durch die Ergreifung des Serienkillers „Il Mostro“ berühmt wurde. Pazzi
wurde sehr hoch gelobt und um so tiefer fiel er, als sich herausstellte, dass er
den falschen verhaftet hatte. Pazzi wurde innerhalb der Questura gemobbt und
jeder Aufstiegsmöglichkeit beraubt. Er hat seinen Glauben an die italienische
Justiz verloren.
Da erscheint es logisch, dass Pazzi, als er den in Florenz wohnhaften Dr. Fell als
Hannibal Lecter identifiziert, ihn nicht verhaftet, sondern einen Handel mit
Mason Verger abschließt. Verger verlangt einen Beweis dafür, dass es sich bei
Dr. Fell tatsächlich um Lecter handelt, und Pazzi beschafft mit einigen
Schwierigkeiten Fingerabdrücke. Verger schickt daraufhin seine sardischen
Schweinezüchter nach Florenz, damit diese Lecter mit Pazzis Hilfe lebendig
fassen. Dr. Hannibal Lecter jedoch hat die Lunte längst gerochen. Am Abend
seiner geplanten Ergreifung tötet er Rinaldo Pazzi auf bestialische Weise, bringt
einen der Sarden um und entwischt. Das FBI und die Questura glauben wie auch
Mason Verger, der seine sardischen Gefolgsleute samt den Killerschweinen auf
seine Farm in Maryland ruft, dass Lecter in die USA flieht.
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Starling wird wieder mit dem Fall Lecter betraut. Sie richtet sich ein Büro im
Keller des J. Edgar Hoover Buildings ein, das sie „Hannibals Heim“ tauft und
versucht durch Lecters geschmackliche Eigenheiten, was besonders Autos,
Weine und Lebensmittel angeht, den Aufenthaltsort des Doktors zu finden.
Verger, der einen Drohbrief von Lecter erhielt, lässt Starling über den von ihm
gekauften Paul Krendler überwachen und hofft über sie an Lecter
heranzukommen. Dieser sitzt währenddessen bereits in einem Flugzeug in die
USA. Im Flug träumt Lecter von seiner toten Schwester Mischa. Als beide noch
Kinder waren, musste der sechsjährige Hannibal mit ansehen, wie seine
Schwester von Deserteuren gegen Ende des zweiten Weltkriegs getötet und
verspeist wurde. Lecter kam nie über den Verlust seiner Schwester hinweg, wie
auch Starling nie den Tod ihres Vaters überwinden konnte.
Mason Verger erkauft sich indessen Informationen über die seltsame Beziehung
zwischen Starling und Lecter von dessen früheren Pfleger Barney und will
Starling als Köder für Lecter benutzen. Damit der Doktor Starling hilft, und sich
so eventuell verrät, soll sie ihm leidend gezeigt werden. Verger beauftragt
Krendler Starling suspendieren zu lassen.
Lecter reist ohne Probleme in die USA ein und mietet sich ein Haus an der
Küste von Maryland. Als er sich auf einer Waffenmesse mit Messern ausrüstet,
stößt er auf einen ihm sehr unsympathischen Wilderer. Nur Tage später wird der
Wilderer mit einem Pfeil im Kopf neben einem von ihm erlegten Hirsch
gefunden. Dem Hirsch sind Leber und Bries entfernt worden, dem Wilderer nur
das Bries, da dessen Leber zirrhös war. Starling wird informiert und findet ein
Haar bei der Leiche, das sich als eines von Hannibal Lecter herausstellt. dieser
entwendet unterdessen die Gebeine von Starlings Vater.
Starling wird schließlich vom Dienst suspendiert, da ihr auch ihr Mentor Jack
Crawford nicht helfen kann. Er leidet an seinem schwachen Herz und steht kurz
vor der Pensionierung.
Lecter, der hofft, durch Starling seine tote Schwester Mischa ersetzen zu
können, stiehlt aus einem Krankenhaus unbemerkt mehrere Narkotika wie
Chloralhydrat oder Scopolamin. Doch Lecters Glück ist nicht von Dauer.
Vergers Leute erspähen ihn auf dem Überwachungsvideo eines Weinhändlers.
Die Sarden stellen Lecter, als er eine Flasche Wein als Geburtstagsgeschenk in
Starlings Wagen hinterlegen will. Sie betäuben Lecter und schleifen ihn in ihren
Wagen. Zwar ist Starling Zeugin des Überfalls, kann jedoch nicht rechtzeitig
eingreifen. Sie ahnt jedoch, dass Mason Verger der Auftraggeber der Entführer
ist und macht sich mit Brighams Waffe auf den Weg zur Farm des
Multimillionärs. Dort treffen Vergers Leute bereits alle Vorbereitungen, Lecter
an die Killerschweine zu verfüttern. Kurz bevor Lecter von einem Gabelstapler
in den Schweinepferch hinabgelassen wird, erreicht Starling die Farm, erschießt
einen von Vergers Männern, kettet zwei weitere an den Gabelstapler und
schneidet Dr. Lecter los. Allerdings übersieht Starling einen der Sarden, dem es
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gelingt, sie mit einem Betäubungspfeil außer Gefecht zu setzen. die Schweine,
aggressiv und hungrig, stürmen gegen das Gatter ihres Pferches und
durchbrechen es schließlich. Lecter flieht zu Fuß und trägt Starling mit sich. Da
die Schweine bei Lecter keine Angst wittern, greifen sie ihn nicht an, sondern
machen sich über die angeketteten Sarden her. Lecter gelingt mit Starling die
Flucht in ihrem Auto.
Mason Verger ist geschwächt durch den Verlust seiner Männer und die Flucht
Lecters. Masons Schwester Margot wagt es nun endlich sich an ihrem
verstümmelten, entstellten Bruder zu rächen. Mason hatte seine Schwester in
ihrer Kindheit oft vergewaltigt. Margot tötet Mason und nimmt seinem
Leichnam Sperma ab, um einen Erben für das Vermögen der Vergers zu zeugen.
Lecter pflegt Starling in seinem Haus in Maryland gesund, setzt sie unter
Drogen und unterzieht sie Hypnose. Er therapiert Starlings Trauer um ihren
Vater und konfrontiert sie mit seinen Gebeinen. Starling spricht mit ihrem Vater.
Sie spricht sich aus und es scheint, als sei sie endlich über den Verlust ihres
Vaters hinweggekommen, doch Starling ist nicht mehr sie selbst. Sie spricht und
handelt wie in Trance und Lecter gibt ihr weiterhin Medikamente.
Der Psychiater entführt Paul Krendler, Starlings Erzfeind, und schneidet ihm die
Schädeldecke auf. Als Lecter mit Starling beim Abendessen sitzt nimmt er
Krendler, der noch bei vollem Bewusstsein ist, die Schädeldecke ab und nimmt
eine Leukotomie an ihm vor. Lecter entfernt scheibenweise Teile aus Krendlers
weißer Gehirnmasse und verzehrt sie mit der völlig neben sich stehenden
Starling, wodurch Krendler nicht stirbt, sondern nur allmählich den Verstand
verliert. Lecter entfernt immer mehr von Krendlers Gehirn und tötet ihn
schließlich, als dieser nur noch unartikulierte Laute von sich gibt.
Drei Jahre später erspäht Barney Lecter und Starling zusammen in einer Oper in
Buenos Aires.
Ein überraschendes, faszinierendes und unnatürliches Ende eines spannenden
Romans. Stephen King hat das Buch mit „besser als Das Schweigen der
Lämmer“ rezensiert. „Hannibal“ ist aber nicht besser als jedes Buch, das ich
zuvor gelesen habe, es ist anders.
Obwohl der Leser nach „Roter Drache“ und „Das Schweigen der Lämmer“
endlich einen Einblick in Hannibal Lecters Gedanken bekommt und obwohl
schließlich ein Motiv für Lecters Morde gegeben wird, gelingt es Harris den
Leser am Ende mit der Bösartigkeit Dr. Lecters zu überrumpeln.
Viele Leser stößt der „geistige Tod“ Starlings am Schluss des Buches vor den
Kopf, weil es ihre Erwartungen nicht erfüllt. Auch die comichafte
Überzeichnung einiger Charaktere wie beispielsweise Mason Verger oder
Hannibal Lecter führte bei Kritikern und Lesern zu harscher Kritik, doch so
schafft Harris eine surreale, seltsam anmutende Stimmung.
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Insgesamt halte ich „Hannibal“ nicht für ausgezeichnet, nicht für hervorragend,
sondern einfach für anders. Und das ist meiner Meinung nach das größte
Kompliment, das man einem Buch machen kann.