Virtual Communities – Gruppe, Netzwerk oder Gemeinschaft?

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Virtual Communities – Gruppe, Netzwerk oder Gemeinschaft?
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Institut für Soziologie
Scharnhorststr. 121
48151 Münster
Wintersemester 2007/2008
Erstprüfer: Prof. Dr. Matthias Grundmann
Zweitprüfer: Prof. Dr. Rolf Eickelpasch
Virtual Community
–
Gruppe, Gemeinschaft oder Netzwerk?
Hausarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magister Artium.
Vorgelegt am 20.3.2008 von:
Karoline Schulte-Frohlinde / Matrikelnummer: 303484 Studiengang: Soziologie (Hf)
und Neuere und Neueste Geschichte (Nf) im 9. Fachsemester und
Kommunikationswissenschaft (Nf) im 7. Fachsemester.
Anschrift: Hammerstr. 33, 48153 Münster. Kontakt: 0251 – 2844876,
0176 – 21506269 oder karofroh@hotmail.com
I Titelblatt…….…………………………………………………………………
1
II Inhaltsverzeichnis…………………………………………………………….
2
III Hauptteil………………………………………………………………………
3
1 Auf den ersten Blick ein Problem…………………….……………………..
3
2. Das Internet - Eine kurze Bestandsaufnahme…………………………….
6
2.1 Der Wandel im WWW von Web 1.0 zu Web 2.0……………………… 11
2.2 Wer nutzt das Netz?........................................................................... 21
3. Social Software und Virtual Community…………………………………..... 30
3.1 Gemeinschaft und Gesellschaft nach Ferdinand Tönnies…………… 37
3.2 Imagined Communities………….………………….………………….
40
3.3 Was ist nach soziologischer Definition soziale Gemeinschaft?.......... 45
4. Kommunikation, CMC und Handlungsräume…….………………………
49
4.1 Subjektkonstruktion, Sozialisation und Identität.................................. 58
4.2 Realität und Virtualität aus mediologischer Sicht….…………………
70
5 Oralität und Virtual Communities.............................................................
84
6 Fazit – Gibt es Gemeinschaft im Netz?….…………………………………
88
IV. Anhang…………………………………………………………………………. 92
IV.A Verzeichnis der Abkürzungen………………………………………………
92
IV.B Begriffslexikon……………………………………………………………….… 93
IV.C Bildbeispiele..………………………………………………………………… 101
IV.D Gesprächsanalyse, Fragebögen und Interviews………………………… 125
IV.D.1 CC – Beispiel zur Oralität im Netz…………………….…………… 125
IV.D.2 Fragebögen und narrative Interviews ……………………..……… 132
IV.E Daten-DVD mit Medienbeispielen und Herleitungsnachweisen………..
137
V Literatur……………………………………………………………………....... 138
VI Links…………………………………………………………………………… 146
VII Abbildungsverzeichnis………..……………………………………………… 147
2
III Hauptteil
1 Auf den ersten Blick ein Problem
In der vorliegenden Magisterarbeit soll das Konzept der Virtual Community, das
Howard Rheingold 1993 mit Erscheinen des Buches ‚The Virtual Community:
Homesteading on the Electronic Frontier’1 geprägt hat, vor dem Hintergrund
technischer Entwicklungen und den daraus resultierenden Folgen erneut einer
Analyse unterzogen werden. ‚Virtual Community’ ist als Konzept seit jeher
problematisch wahrgenommen worden. „Virtual Community is certainly one of the
most used, and perhaps abused, phrases in the literature on computer-mediated
communication (CMC).”2 Da die soziologische Definition von ‚Community’, also
Gemeinschaft, deutlich von dem differiert, was unter ‚Virtual Community’ im
allgemeinen Sprachgebrauch verstanden wird und wegen des Adjektivs ‚Virtual’ (dt.:
virtuell) ist die Bezeichnung seit Erscheinen des Buches von Rheingold unzählige
Male auf seine theoretische Anwendbarkeit geprüft worden. Das Konzept ‚Virtual
Community’ erlangt Hand in Hand mit so genannter Social Software während der
Durchsetzung typischer Web 2.0 Anwendungen eine neue Relevanz.3 Der Wandel
von Web 1.0 zu Web 2.0 fällt mit dem Zusammenbruch der Börse im Herbst 2001
zusammen - diese beiden Konzepte werden ebenfalls bis zu ihrem Ursprung
zurückverfolgt und definiert. Eine kurze Chronologie der Technikgeschichte und eine
Klärung der mit den verschiedenen Phasen der Entwicklung des Internet jeweils
einhergehenden technischen Fachbegriffe ist unverzichtbar, um im Gewimmel der
Netze und Anwendungen und deren sozialen und gesellschaftlichen Folgen den
Überblick zu behalten.
Im Folgenden wird neben der Definition von Social Software eine erste definitorische
Annäherung an das Konzept ‚Virtual Community’ vorgenommen und das Konzept zu
seinem originären Ursprung zurückverfolgt. An dieser Stelle stellen sich folgende
Fragen: Was ist eine ‚Virtual Community’ und was nicht? Wie sind Gruppen,
Netzwerke und Gemeinschaften generell im Internet einzuordnen? Können im
Internet Gemeinschaften im soziologischen Sinne entstehen oder gibt es nur
1
Rheingold, Howard (1993 [2000]): The Virtual Community: Homesteading on the Electronic Frontier.
(Download am 19.2.2008: Introduction - http://www.rheingold.com/vc/book/intro.html; Chapter 1 – The
Heart of The WELL - http://www.rheingold.com/vc/book/1.html; Chapter 2 – Daily Life in Cyberspace:
How
the
Computerized
Counterculture
Built
a
New
Kind
of
Place
http://www.rheingold.com/vc/book/2.html)
2
Wilbur, Shawn P. (2000): An Archaeology on Cyberspaces: Virtuality, Community, Identity. In: Bell,
David / Kennedy, Barbara M. (eds.): The Cybercultures Reader. London / New York. S. 45.
3
Eine Googlesuche mit dem Suchbegriff ‚Virtual Community’ ergibt am 22.2.2008 19,3 Millionen
Treffer, das Konzept ist also zumindest wohl bekannt.
3
Gruppen, Netzwerke, soziale Netzwerke und Imaginierte Gemeinschaften? Wie ist
Virtual Community grundsätzlich zu definieren?
Um die sich in Kapitel 2 abzeichnenden Problematiken und die Frage nach der
tatsächlichen Anwendbarkeit des Konzepts ‚Virtual Community’ aufzulösen, muss
das Konzept Virtual Community aus gemeinschaftssoziologischer Perspektive
untersucht werden. Zunächst werden dazu die Ursprünge sozialer Gemeinschaft bei
Tönnies4 verortet. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Das führt dazu, dass er ein
Grundbedürfnis nach Vergemeinschaftung hat und fest in einer sozialen Umwelt
verankert
ist.5
„
[…]
soziale
Gemeinschaften
[etablieren]
sich
„unterhalb“
gesellschaftlich[er] […] Strukturen.”6 Daher muss jede Gemeinschaft auch aus
gesellschaftstheoretischer und –politischer Perspektive analysiert werden. Aus
gemeinschaftssoziologischer Sicht sind sowohl die Motive (Werte, Interessen, Ziele)
des Zusammenschlusses einzelner Akteure zu untersuchen, als auch die
Strukturiertheit der Beziehungen und der Grad der formalen Organisation von
Gemeinschaft. Außerdem müssen die Prozesse der Gemeinschaftsbildung bzw.
Vergemeinschaftung, sowie die Strukturelemente von Gemeinschaft untersucht
werden. Gemeinschaften müssen gesellschaftlich verortet werden.7 Sonderformen
der sozialen Gemeinschaft sind beispielsweise Intentionale8 oder Imaginierte
Gemeinschaften9 – auch diese werden als Konzeptbegriffe definiert. Dem
gemeinschaftssoziologischen
Ansatz
folgend
wird
‚Virtual
Community’
wird
außerdem aus etymologischer Perspektive untersucht. „ […] in the sense we are now
creating a space in which people of the planet can have that kind of communication
relationship. […] When we are all together in Cyberspace we will see, what the
human spirit, and the basic desire to connect, can create here.” 10 Die Vertreter der
Theorie, dass Virtual Communities Gemeinschaften im soziologischen Sinne sind,
konstruieren das Internet bzw. Virtualität als Sozialraum. Eine wachsende Zahl von
Nutzern und ständige Verfügbarkeit des Internet sind Voraussetzung für die
Entstehung eines sozialen Handlungsraums - ‚Virtual Communities’ sind also aus
4
Tönnies, Ferdinand (1935 [1887]): Gemeinschaft und Gesellschaft. Grundbegriffe der reinen
Soziologie. Leipzig.
5
Vgl. Grundmann, Matthias (2006a): Sozialisation. Skizze einer allgemeinen Theorie. Konstanz. S.
56.
6
Grundmann, Matthias (2006b): S. 21
7
Vgl. ebd. S. 22ff.
8
Ebd.
9
Anderson, Benedict (1983): Imagined Communities: Reflections on the Origin and Spread of
Nationalism. London.
10
Barlow, John Perry (Gründer der Electronic Frontier Foundation) et al. (1. August 1995): What are
we doing on-line? Harpers Magazine. S. 40.
4
handlungstheoretischer Perspektive zu untersuchen. In diesem Kontext werden die
Begriffe
Kommunikation,
Raum,
das handelnde
Subjekt,
Sozialisation
und
Identitätskonstruktion definiert, da sie die theoretische Grundlage für die Definition
einer ‚Virtual Community’ bilden.
„An increasing number of people are finding their lives touched by collectivities which
have nothing to do with physical proximity. A space has opended up for something
like ‘community’ on computer networks, at a time when so many forms of ‘real life’
community seem under attack, perhaps even by the same techno-cultural forces that
make the Internet culture possible.”11 Bei Barlow und Wilbur wird offensichtlich, dass
die Nutzung von Internet durch eine große Anzahl User Folgen hat, die die
Wahrnehmung
der Wirklichkeit verändern. In
der
Arbeit
soll
mittels des
mediologischen Ansatzes eine Einordnung von Internet und Virtualität und damit
auch von ‚Virtual Communities’ in den historischen Kontext vorgenommen werden.
Mediologie ist eine Wissenschaft der Zeichen. Anders als klassische Medientheorien
wird hier jedoch die Auffassung vertreten, dass Bedeutung und Sinn nicht nur über
Kommunikation übertragen wird, sondern dass das übertragende Medium selbst als
Kulturträger fungiert. Somit wird auch die Analyse des technischen Rahmens von
Internet über den mediologischen Blick gebührend mit einbezogen. Neuere Ansätze
zur Definition virtueller Gemeinschaften, vor allem in der anglo-amerikanischen
Communityforschung,
ziehen
zur
Erklärung
von
‚Virtual
Communities’
die
Oralitätsthese von Ong12 hinzu. Ong vergleicht orale mit auralen Kulturen. Das
besondere an der „Kultur“, die im Internet entsteht, ist, dass sie sowohl Kennzeichen
oraler als auch auraler Kulturen zeigt. In Kapitel 5 werden deshalb ‚Orality’ und
‚Literacy’ verglichen und die Bedeutung der Oralitätsthese für die Untersuchung
virtueller Gemeinschaften herausgestellt. Schlussendlich wird Virtuelle Gemeinschaft
unter
Einbeziehung
aller
Beobachtungen
definiert.
Es
werden
dann
drei
verschiedene Subtypen von ‚Virtual Community’ identifiziert. Um semantisch
überhaupt eine Handlungsgrundlage zu haben wird im kommenden Kapitel zunächst
die
Entstehungsgeschichte
und
die
technische
Entwicklung
des
Internet
nachgezeichnet. Die Betrachtung der technischen Umwelt von ‚Virtual Community’
wird mit einer Analyse der aktuellen Nutzerzahlen und der Zugangsbarrieren zum
Internet bzw. zur vollständigen Nutzung der Möglichkeiten, die sich durch das
Internet ergeben können, abgeschlossen. Steigende Nutzerzahlen sind die
11
12
Wilbur: S.45.
Ong, Walter J. (1982): Orality and Literacy. The Technologizing of the World. London.
5
Voraussetzung für den Erfolg von Anwendungen im Netz; die aus der
Produktionswilligkeit der Nutzer entstehende Masse der neuen Anwendungen
wiederum lockt neue Nutzer ins Netz. Nicht jeder hat dabei die gleichen Chancen,
die Möglichkeiten des Internet, geschweige denn, das Internet überhaupt, zu nutzen.
2. Das Internet – eine kurze Bestandsaufnahme
Wenn in dieser Arbeit die Rede vom Internet ist, so wird der Begriff Internet synonym
für den Begriff ‚World Wide Web’ (WWW) genutzt. ‚Web’ ist eine Verkürzung der
Bezeichnung World Wide Web. Ebenfalls synonym für die Bezeichnung WWW ist
mittlerweile der Begriff ‚Netz’ allgemein gebräuchlich - Netz ist wiederum die
Verkürzung für Internet, also streng genommen nur vernetzte Rechner. Wenn mit
Internet das WWW bezeichnet wird, so ist dies technisch und sachlich falsch.
Dadurch, dass aber allgemeiner Konsens über die Inhalte von Internet als Konzept
besteht,
wird in dieser
vorgenommen,
da
die
Arbeit bewusst
oben
genannten
keine
definitorische
Termini
dermaßen
Beschränkung
eng
in
den
Alltagssprachgebrauch eingebunden sind, dass eine an dieser Stelle konzeptionell
sicherlich sinnvolle inhaltliche Festschreibung langfristig vermutlich keinen Bestand
hätte. Dementsprechend wird im Folgenden, sofern nicht gesondert gekennzeichnet,
das Hypertextsystem13 World Wide Web auch als Internet, Web und Netz
bezeichnet. Als wichtig anzumerken bleibt allerdings: ‚Internet’ hat in der
Vergangenheit auch schon anderen großen Computernetzwerken als Label gedient,
so dass es zu generellen Verständigungsschwierigkeiten kommen kann, wenn man
sich ältere wissenschaftliche Arbeiten zum ‚Internet’ ansieht. In den Beiträgen ist
beispielsweise oft nicht das heutige World Wide Web mit ‚Internet’ gemeint, sondern
das Usenet14, das Unix User Network. Problematisch ist, dass Annahmen, die vor
rund zwei Dekaden über ein Netzwerk wie das Usenet getätigt wurden, nicht
zwingend übertragbar sind auf die Anwendungen, die heute im WWW zur Verfügung
stehen, so dass schon allein aus diesem Grund eine Revision der vorliegenden
Hypothesen und Begriffe zum Ent- und Bestehen von Virtual Communities sinnvoll
ist.
Rechnerverbünde
bzw.
-Netzwerke
eint
das
Benutzen
desselben
13
Hypertextsysteme, auch Hypermediasysteme genannt, sind multilineare Textsysteme (Text
beinhaltet in diesem Verständnis jedweden medialen Inhalt, also neben Text z.B. auch Videos,
Musikdateien, Graphiken etc.), deren einzelne Einheiten durch so genannte Hyperlinks miteinander
verbunden sind. Hypertext- bzw. Hypermediasysteme haben daraus folgend eine Netzstruktur.
14
Netzwerk aus Rechnern, die mit dem Betriebssystem Unix laufen. Unix ist ein rein textbasiertes
Betriebssystem.
6
Betriebssystems15 und der jeweilig dazugehörenden Programmiersprache. Die sich
dem Nutzer aus diesen verschiedenartigen Computernetzwerken eröffnenden
Möglichkeiten der Vernetzung der Rechner und die Probleme, die durch die
einheitliche Bezeichnung der Netzwerke WWW und Usenet als Internet entstehen,
werden im späteren Verlauf der Arbeit in Kapitel 5 erneut zur Diskussion gestellt
werden. Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass das ein WWW Hypertextsystem ist,
auf das über das Internet (meint hier: die verbundenen Rechner), zugegriffen werden
kann.
Die Ursprünge des Internet, also der zu Kommunikationszwecken verbundenen
Rechner, wurzeln in der militärischen Aufrüstung während des Kalten Krieges in den
60er Jahren des 20. Jahrhunderts.16 Damals wird das Arpanet (Advanced Research
Projects Agency Network) von der US-Amerikanischen Luftwaffe in Auftrag gegeben
und vom MIT (Massachusetts Institute of Technology) entwickelt. Das Arpanet ist ein
dezentrales Netzwerk, dass die für das Verteidigungsministerium forschenden
amerikanischen Universitäten miteinander verbinden sollte und 1969 umgesetzt wird.
Die Verbindungen werden damals über Telefonleitungen hergestellt. Nach drei
Jahren sind 60 Computer in das Netzwerk eingebunden, nach zehn Jahren 200
(siehe Abbildung 6 in Kapitel 2.2). 1989 gibt das Pentagon das Internet frei – in
diesem Jahr sind 100 000 Rechner registriert. Das militärische Arpanet wird 1990
abgeschaltet, die Ära des zivilen Internet beginnt. Mit der Freigabe setzt die
Kommerzialisierung des Internet ein. Die National Science Foundation (NSF), eine
unabhängige Einrichtung der Regierung der USA, fördert fortan die Entstehung eines
kommerziellen Marktes für Internet Service Provider (ISP). Im Jahre 1993, mit der
Einführung des graphischen Webbrowsers Mosaic, gibt es weltweit bereits 500
Server17. Ein (Web)Browser ist ein Programm mit dem sich elektronisch verarbeiteter
medialer Text anzeigen lässt. Das Wort Browser ist etymologisch zurückzuführen auf
das englische Verb ‚to browse’, das sowohl mit ‚äsen’ als auch mit ‚stöbern’ oder
‚schmökern’ zu übersetzen ist. Das Internet kann, bildlich gesprochen, mittels eines
Browsers abgegrast werden; es wird ‚gesurft’. Die Erfindung des Browsers 1990 ist
die bedeutsamste Neuerung in den Anfangstagen der Computerkommunikation,
15
Programm zur Generierung einer Benutzeroberfläche. Textbasiert sind zum Beispiel Unix und
Linux. Graphische Benutzeroberflächen können mit Windows oder Mac OS X erzeugt werden. Die
ersten PCs mit Benutzeroberflächen waren Atari, Commodore, Apple Macintosh und Amiga.
16
Vgl. Hafner, Katie / Lyon, Matthew (2000): Arpa Kadabra oder Die Geschichte des Internet.
Heidelberg. S. 32ff.
17
‚Server’ hat zwei Bedeutungen: 1) Software, also ein Programm, dass mit einem anderen
Programm (dem Client) kommuniziert und so Zugang zu Diensten verschafft. 2) Hardware, also ein
Rechner oder Rechnerverbund, auf dem ein oder mehrere Server laufen.
7
denn erst durch seine Existenz ist eine nahezu grenzenlose Vernetzung von
Dokumenten und Anwendungen möglich. Man bezeichnet deshalb Webbrowser auch
als die ‚killer application’18 bei der Entwicklung des Internet - denn ohne Browser
gäbe es das Internet, so wie es heute existiert, nicht. Auf andere ‚killer applications’
wird später in diesem Kapitel erneut eingegangen.
Lange vor der Freigabe des militärischen Internet, des Arpanet, haben im Jahr 1979
Tom Truscott, Steve Bellovin und Jim Ellis an der Universität von North Carolina in
den USA zwei Unix Rechner zusammengeschlossen. Ziel war das Anbieten einer
freien Alternative zum Arpanet. Zwar gelang es im Laufe der Zeit einige Tausend
Rechner
zu
vernetzen,
aber
die
Anschlussfähigkeit
war
aufgrund
des
Datenübertragungsprotokolls (UUCP19) daran gebunden, dass jeder zu integrierende
Rechner
ebenfalls
Rechnerverbund
über
das
entstehenden
Betriebssystem
Unix
Netzwerk,
Usenet,
dem
lief.
Im
wird
aus
diesem
über
Email20
kommuniziert: es besteht einerseits die Möglichkeit persönliche Nachrichten zu
verschicken, andererseits die Möglichkeit sich in öffentlichen Foren zu äußern.21
Im Usenet entstehen Mailinglisten und Newsgroups. Mailinglisten sind geschlossene
Gruppen, deren Mitglieder sich gegenseitig Nachrichten zukommen lassen. Innerhalb
einer Mailingliste sind diese Email-/Briefwechsel öffentlich. Mailinglisten gelten dabei
als die Urform der Newsgroup. Eine Newsgroup ist ein Diskussionsforum, das über
Rechnerverbünde, in diesem Fall das Usenet, und einen Newsreader22 im Usenet
konstruiert werden. Die Newgroups sind in verschiedene Hauptthemengebiete, in so
genannte Threads, gegliedert. Innerhalb dieser Threads können einzelne Themen
(inhaltlich analog zum Hauptthema) „aufgemacht“ werden. Diese „Unterfragen“
werden ebenfalls als Threads bezeichnet. Am besten lässt sich das am Bild eines
schwarzen Bretts veranschaulichen: Jeder dem jeweiligen Rechnerverbundsystem
zugeschaltete User kann mittels seines Rechners Botschaften in den Threads
hinterlassen, die wiederum von allen anderen teilnehmenden Usern eingesehen
18
killer application: revolutionäre Anwendung im Internet oder WWW die schon existierenden
Technologien zum Durchbruch verhilft.
19
Unix to Unix Copy Protocol
20
Die Email wurde 1971 von Ray Tomlinson erfunden, der damals beim privaten
Forschungsunternehmen BBN (Bolt, Beranek and Newman) mit dem Aufbau des Arpanet beschäftigt
war. Die ersten Mails wurden mit dem von ihm entwickelten Programm SNDMSG/READMAIL
verschickt. Vgl. Hafner / Lyon: S.222ff.
21
Technisch betrachtet basieren auch die Nachrichten, die in öffentlichen Foren geposted werden, auf
dem Prinzip der Email. Um Email nutzen zu können, muss ein spezielles Programm installiert werden,
der so genannte Email-Client oder auch Mail-User-Agent (MUA). Dieses Programm wiederum
kommuniziert mit einem Server, der Nachrichten an den gewünschten Empfänger übermittelt.
22
Software zur Erfassung, Verarbeitung, Darstellung und Erstellung von Email.
8
werden können. Alle User könnten nun ihrerseits auf den geposteten Text reagieren,
ebenfalls mit einer Botschaft, die wiederum im Forum unter der jeweiligen Unterfrage
eingestellt wird und somit ebenfalls für jeden anderen Teilnehmer sichtbar ist. Im
Gegensatz
zu
Webforen23
oder
Webmail24,
wo
die
Funktionen
der
Nachrichtendarstellung und Nachrichtenverarbeitung zentral vorgegeben sind, ist die
Darstellungs- und Verarbeitungsweise bei Newsgroups und Mailinglisten abhängig
vom jeweilig installierten Newsreader. Das Usenet seinerseits ist ein einziges, rein
textbasiertes Forum.25
Ein weiterer Konsens, der im Usenet durch den Dialog der Teilnehmer entstand, ist
die Netiquette26. Die Netiquette betrifft sowohl das Mailverhalten als auch das
Diskussionsverhalten.
Unnötige
Crosspostings27
und
Multipostings28
werden
beispielsweise allgemein nicht geduldet. Das Benutzen eines Pseudonyms ist
entweder akzeptiert oder unerwünscht, dies variiert von Hierarchie zu Hierarchie. Der
Umgangston, der zum Teil auch mehr als rau sein kann, ist ebenfalls von der
Hierarchie, zusätzlich aber vom Gesprächsklima in der jeweiligen einzelnen Gruppe
geprägt. Im Laufe der Zeit wurden innerhalb des Usenets die Usenet-Laws29
formuliert.30 Inhaltlich wird die eigentlich eher diffuse Netiquette als Verhaltenskodex
auch im World Wide Web allgemein anerkannt. Aufgrund der unterschiedlichen
Auffassung von Netiquette können Verhaltensmuster im World Wide Web abhängig
vom jeweiligen Kontext also ebenfalls sehr stark schwanken.
Der
Zugang
zum Usenet
war
durch die
vorausgesetzte
Benutzung
des
Datenprotokolls UUCP und die Verteilung der Datenströme auf einige wenige Server
23
Diskussionsforen im World Wide Web.
Emailprovider im World Wide Web.
25
Um einen Überblick über die Newsgroups im Usenet zu erhalten, erfolgte eine allgemein als
verbindlich angenommene Unterteilung in zunächst sieben Gruppen, die sogenannten Major Seven
oder Big Seven. Diese waren comp (Computer), sci (Wissenschaft), soc (Gesellschaft), talk
(Geplauder), rec (Kultur), news (das Usenet selbst) und misc (Undefinierbares). Die Major Seven
wurden 1995 um die Gruppe hum (Menschen betreffendes) erweitert – man spricht nun von den Big
Eight. Jede Newsgroup bildet für sich eine so genannte Hierarchie.
26
Kunstwort aus den englischen Wörtern ‚Net’ und ‚Etiquette.’ Vgl. Döring, Nicola (2003):
Sozialpsychologie des Internet. Die Bedeutung des Internet für Kommunikationsprozesse, Identitäten,
soziale Beziehungen und Gruppen. Göttingen. S.66ff.
27
Crosspostings sind Beiträge, die in mehreren Foren gleichzeitig geposted werden. Dabei werden sie
direkt beim Absenden über die verschiedenen Foren verteilt.
28
Multipostings stehen ebenfalls in mehreren Foren, werden dort aber einzeln abgesetzt und
verbrauchen so mehr Speicherkapazität und Rechenzeit bei den verarbeitenden Servern. Sie werden
grundsätzlich von den Usenet-Nutzern abgelehnt.
29
Beobachtbare Regelmäßigkeiten im Diskussionsverhalten.
30
Ein interessantes Beispiel wäre Godwin`s Law: Das Godwinsche Gesetz besagt, dass im Verlauf
langer Forumsdiskussionen zu einem bestimmten Zeitpunkt von demjenigen, der das Einstellen der
Diskussion ohne Ergebnis erzwingen will bzw. mangels vorhandener anderer Argumente, ein
Vergleich mit dem NS-Regime oder mit Adolf Hitler in die Diskussion eingebracht wird, um diese zum
Erliegen zu bringen.
24
9
begrenzt. Die Administratoren des Usenet jener Zeit hatten nahezu unbegrenzte
Macht über die Zulassung neuer Newsgroups und die Inhalte der bestehenden – sie
konnten das gesamte Usenet kontrollieren. Dies änderte sich erst mit der Einführung
des Datenprotokolls NNTP (Network News Transport Protocol) Mitte der Achtziger
Jahre. Über das NNTP konnten Daten über TCP/IP31 (Protokoll) verschickt werden.
Der Datentransfer musste nicht mehr zwangsweise über UUCP stattfinden, sondern
konnte damit über das ‚Internet’ (den gesamten Rechnerverbund, der das Usenet
bildet) selbst erfolgen. Das Usenet war danach nicht mehr nur auf einige wenige
Server angewiesen. Im Folgenden wurde nahezu der komplette Datenverkehr auf
NNTP umgestellt - NNTP wird zum Protokoll, auf dem die gesamte Kommunikation
im Usenet beruht. Dadurch, dass durch die Dezentralisierung jeder NNTP nutzende
User über den eigenen Newsreader Newsgroups gründen konnte, stieg die Zahl der
Newsgroups
nach
Einführung
von
NNTP
insgesamt
exponentiell
an,
die
32
Machtposition der regulierenden Superadministratoren war weg gebrochen.
Das erste Programm, das das einfache Navigieren durch die zunehmende Masse
von Dokumenten im Usenet ermöglichte, das WorldWideWeb (W3), wurde 1990 von
Tim Berners-Lee am CERN (Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire) bei
Genf entwickelt. Das W3 war der erste Webbrowser; also das erste Programm, das
unidirektionale Verlinkungen zuließ und nicht zwingend bidirektionale benötigte, also
Hypertext erst ermöglichte. W3 sollte ursprünglich dem Austausch zwischen
Wissenschaftlern bzw. genauer: der Verflechtung wissenschaftlicher Dokumente
dienen. Als Tim Berners-Lee den W3 programmierte, ging mit der Erfindung
Browsers auch die von Hypertext und die des HyperText Transfer Protocols (HTTP)
einher. Genau wie UUCP und NNTP werden mit HTTP Daten über ein
Computernetzwerk übertragen. In der ersten Generation konnte W3 ausschließlich
Text anzeigen, da es für das textbasierte Betriebssystem Unix programmiert worden
war. Am CERN werden einige Rechner auf Basis des HTTP zusammengeschlossen,
um W3 überhaupt benutzen zu können – dies sind die ersten Rechner, die das
Hypertextsystem World Wide Web bilden, das heutige Internet. So wurde HTTP das
Protokoll, auf dessen Ursprüngen auch heute noch die Kommunikation im World
Wide Web basiert. Durch die Programmiersprache HTML (HyperText Markup
Language) werden die Inhalte der Texte, die im WWW verlinkt sind, seit damals
dargestellt. Die meisten Browser sind dazu programmiert HTML-Dokumente bzw.
31
32
Transmission Control Protocol. Vgl. Vgl. Hafner / Lyon: S.289ff.
Vgl. IV.C.1: Wachstum des Usenet zwischen 1979 und 1995, S., und Abb. 3 in Kapitel 2.2, S. 101.
10
Hypertexte, die HTML-codiert sind, darzustellen. Berners-Lee benannte das
Programm WorldWideWeb/W3 allerdings später in ‚Nexus’ um, um Verwechslungen
zu vermeiden, denn der Name dieses Programms war in der Zwischenzeit Namen
gebend für das mittlerweile global zugängliche Hypertextsystem World Wide Web
geworden. 1992 gelang es dem amerikanischen Studenten Pei-Yuan Wei erstmals,
einen Browser zu programmieren, der auch Graphiken anzeigen konnte, „Viola“.
1993 stellte die amerikanische Institution NCSA (National Center for Supercomputing
Applications) den ersten rein graphischen Webbrowser33 Mosaic, der von Marc
Andreessen programmiert worden war, zum freien Download34 ins WWW.
Die Einführung des Mosaic und die daraufhin sprunghaft steigenden Nutzerzahlen
waren Vorraussetzung für die Entwicklung eines globalen Marktes für ISP,
Hardware-
und
Softwareanbieter.
Die
ökonomischen
Gewinner
der
ersten
Hochphase der IT-Branche35, der Dot.com-Revolution, waren in erster Linie
Unternehmen wie Apple, Microsoft und zum Beispiel der Browseranbieter Netscape.
Microsoft stellte mit Windows die Markt führende Anwendung im Bereich
Betriebssysteme. Der Webbrowser Netscape Navigator ist quasi der, ebenfalls von
Marc Andreessen, mittlerweile Gründer und Inhaber der Firma Netscape,
programmierte Mosaic-Nachfolger. Der Internetboom, der durch die globale
Einführung World Wide Web und durch die, die Navigation vereinfachenden,
Webbrowser ausgelöst wurde, mündete ökonomisch in der so genannten Dot.comBubble36, die im Herbst 2001 zerplatzte.
2.1 Der Wandel im WWW von Web1.0 zu Web 2.0
Genau hier ist der Übergang von Web 1.0 zu Web 2.0 zu verorten. Diese
verhältnismäßig inhaltsleeren bzw. mehr als schwammigen Label beinhalten doch
zumindest den Versuch einer Annäherung an die nach 2001 im Internet
stattfindenden, schwer zu fassenden Veränderungen, seien sie ökonomischer,
technischer oder sozialer Natur. Wie viel Einfluss die Einführung dieser beiden
33
Graphische Browser ihrerseits basieren auf ‚graphischen Benutzeroberflächen’. Jedes graphische
Betriebssystem erzeugt eine graphische Benutzeroberfläche. Es wird dort über spezielle, eben
graphische Oberflächen, also z.B. über das Ansteuern von Icons, mit einem Cursor navigiert. So wird
die Handhabung von einer Vielzahl von Programmen auch für Laien möglich.
34
Download hat eine Doppelbedeutung: Mit Download ist gemeint, dass man Programme und
Dokumente zur Installation oder zur Archivierung aus dem Netz auf den eigenen Rechner lädt. Streng
genommen werden aber zum Beispiel alle medialen Texte, die man sich mittels eines Browsers
ansieht, ebenfalls downgeloaded. Sie werden allerdings in den Browser geladen.
35
IT = Information Technology
36
Spekulationsblase an der Börse zwischen ca. 1995 und 2001
11
Sammelbegriffe dennoch auf eine Benennung der Veränderungen nach 2000 hatte,
sei illustriert durch 52,4 Millionen Treffer bei einer Google-Suche nach dem Begriff
„Web 2.0“ am 15.2.200837.
Die Termini Web 1.0 und Web 2.0 wurden anlässlich der Namensgebung einer
Medienkonferenz zum Thema Internet von Dale Dougherty, Vizepräsident von
O`Reiley Media Inc., konstruiert, um den maßgebenden Veränderungen im Netz
nach 2001 gerecht zu werden und zugleich einen nominellen Ansatzpunkt für die
Analyse der Entwicklung des WWW zu haben. Die sich aus diesen Überlegungen
ergebende ‘Web 2.0 Conference’ fand 2004 erstmals statt. Tim O`Reilley, Präsident
von O´Reilley Media Inc., zieht aus dem Zusammenbrechen der Börse und den
hundertfachen
Insolvenzen
von
Start-Ups
und
den
daraus
resultierenden
Entwicklungen im World Wide Web folgenden Schluss: „The pretenders are given the
bum's rush, the real success stories show their strength. […] The web was more
important than ever, with exciting new applications and sites popping up with
surprising regularity.”38 Im World Wide Web wurden nach 2001 Anwendungen jeder
couleur
en
masse
vor
allem
umsonst
zur
Verfügung
gestellt.
Die
Produktionswilligkeit, mit der der Nutzer Programme mitgestaltete, führte zu einer
rasanten Entwicklung einzelner Anwendungen. Marc Andreessen sagt über den
Zeitraum nach 2001: „Jedes Jahr gibt es eine völlig neue, durchschlagende
Anwendung, die absolute killer application. Erst ist es Ebay, dann Napster, dann
PayPal, MySpace39, Facebook, YouTube40 und so weiter.“41
Jede dieser Webanwendungen war revolutionär und hat für sich genommen einen
Boom ausgelöst, der jeweils eine Vielzahl von Nachahmeranwendungen provoziert
hat. So ist aus dem Markt der Benutzersysteme ein ungleich größerer Markt der
Anwendungen entstanden, auf den zudem von jedem Rechner der Erde aus, sofern
dieser ans World Wide Web angeschlossen ist, nahezu jedermann, unabhängig von
Datum und Uhrzeit, zugreifen kann. Wer tatsächlich die Zugangsbarrieren zum World
Wide Web umgehen kann und wem das Web auch in Zukunft verschlossen bleiben
wird, das wird in Kapitel 3.1 kurz thematisiert werden. Der Wandel erfasst alle
Bereiche der Vermittlung von Inhalten mittels World Wide Web; mehr noch,
Telefonie, Fernsehen, Musik, Filme – einfach alles ist über das World Wide Web
37
Sucht man beispielsweise nach dem Begriff „Internet“, ergeben sich mehr als zwei Milliarden Hits.
O´Reilley, Tim (2005): What is Web 2.0? (Download am 17.2.2008 unter
http://www.oreillynet.com/pub/a/oreilly/tim/news/2005/09/30/what-is-web-20.html)
39
Myspace - Siehe Bildbeispiel IV.C.2 und IV.C.7ff im Anhang, S. 101.
40
Youtube - Siehe Bildbeispiel IV.C.3 im Anhang, S. 102.
41
„Alles wandert ins Netz“. Interview mit Marc Andreessen. In: DER SPIEGEL # 7/11.02.2008. S.72.
38
12
abrufbar und ohne Umwege nutzbar oder abspielbar. „…das Internet [wird] gerade
zum wichtigsten Medium überhaupt. Im Grunde kommen jetzt alle Verbraucher zu
uns rüber. Telekommunikation, Video, Musik, Nachrichten – alles wandert ins Netz,
und zwar massenweise. In den Neunziger haben wir bloß darüber gesprochen, das
waren Experimente. Jetzt passiert es wirklich.“42
Wie weit reichend die
Konsequenzen beispielsweise für das Verlagswesen sind, soll durch diese
verhältnismäßig exemplarischen Beispiele veranschaulicht werden: Der Brockhaus,
eine Institution in der deutschen Lexikalandschaft, wird ab dem 15.4.2008 in ein
reines Onlineportal umgewandelt.43 Das Traditionsblatt ‚The Capital Times’ aus
Madison, Wisconsin, USA, wird am 25.4.2008 aufgrund der schlechten Auflagen der
Printausgabe im Sommer 2007 diese zugunsten der Onlineausgabe aufgeben. Das
sei marktwirtschaftlich die einzige Chance, die Zeitung als Marke und als
körperliches Unternehmen zu erhalten, so die Begründung des Chefredakteurs Dave
Zweifel.44 Neben der Entstehung eines Marktes für Nachrichten im Internet, werden
konstant weitere Anwendungen eingeführt, die alle möglichen anderen Medien
verdrängen. Als weitere gefährdete Branchen seien die Film- und die Musikindustrie
zu nennen. Es scheint dennoch generell einen Trend zu geben, Produkte, zum
Beispiel mp3s, also Musik, online zu kaufen45 - die Musikindustrie wagt mit dem
Verkauf von mp3s online typisch Web 2.0, also durch Verlagerung der Anwendung
ins Netz, den ersten Schritt in einen vollständig neuen Markt, der, siehe ‚Brockhaus’
und ‚The Capital Times’, langfristig durchaus in der Lage wäre, den nun noch
bestehenden größtenteils abzulösen. Im Folgenden soll nun ein kurzer Überblick
über momentan relevante Webanwendungen und viel genutzte Programme gegeben
werden, damit ein Gefühl für den Umfang der Menge der Anwendungen entsteht und
eine Ahnung dessen, was die Folgen davon sein könnten. Web 2.0 ist nach diesem
Vergleich weniger ein klar bestimmbares oder seinerseits bestimmendes Etikett,
sondern
eher
ein
radikal
anderer
Zustand
als
der
im
Web
1.0.
Die
Anwendungspräferenzen und Interessen der Nutzer des Web 2.0 bestimmen das
Webangebot, also die Inhalte von Web 2.0. Thematisiert werden außer den von
42
Ebd.
„Strategische Neuausrichtung bei Brockhaus“ (Download am 21.2.2008 unter
http://www.brockhaus.de/presse/detail.php?nid=17&id=537)
44
Vgl. „Die Zeitung, die aufhört, Zeitung zu sein“. In: SPIEGEL online am 13.2.2008. (Download am
17.2.2008 unter http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,534993,00.html)
45
oder den Tausch von Dokumenten einfach ins Usenet zu verlegen: siehe
http://www.usenetvergleich.com/?id=Bittorent
43
13
0´Reilley
identifizierten
Konzepten
Taxonomy,
Folksonomy,
Publishing
und
Participation (siehe Abb.3) auch die Begriffe „Mitmach-Netz“46 und Produsage47.
Web 1.0
Double Click
Ofoto
Akamai
Mp3.com
Britannica Online
Personal Websites
Page Views
Screen Scraping
Publishing
Content Management Systems
Directories (Taxonomy)
wird zu
►
►
►
►
►
►
►
►
►
►
►
Web 2.0
Google AdSense
Flickr
BitTorrent
Napster
Wikipedia
Blogging
Cost Per Click
Web Services
Participation
Wikis
Tagging (Folksonomy)
Abb.1: Beispiele des Wandels von Anwendungen im Wechsel von Web 1.0 zu Web 2.0.48
Ebenfalls in Anlehnung an Abb.3 werden Webservices, Wikis und Wikipedia und
Google Ads erklärt. Neben Onlinespiele werden Chat, Instant Messenger und Private
Messages in Webforen als Web 2.0 typische Anwendung identifiziert und definiert.
Danach wird der Vollständigkeit halber das Konzept Web 3.0 mit Beispielen aus den
Bereichen mobiles Netz und Triple Play vorgestellt. Die Anwendungen, die typisch
sind für das Web 1.0 werden an dieser Stelle vernachlässigt, da ihr Charakter durch
das folgende Beispiel deutlich wird.
Der Wandel von der Taxonomy zur Folksonomy und von Publishing zu Participation
als grundsätzliches Prinzip soll hier als besonders signifikant heraus gestellt werden.
Die Begriffe Taxonomy und Folksonomy beziehen sich auf das Prinzip des Hortens
von Informationen: Taxonomy beinhaltet als Konzept die Vorstellung eines
geschlossenen Systems, das nur von autorisierten Accounts49 aus ergänzt oder
verändert werden kann und deren Inhalte dem User zwar zur Ansicht zur Verfügung
stehen, auf die er jedoch nicht regulierend zugreifen kann, geschweige denn
46
Vgl. Gscheidle, Christoph / Fisch, Martin (2007): Onliner 2007. Das „Mitmach-Netz“ im
Breitbandzeitalter. In: Media Perspektiven 08/2007. S. 393.
47
Bruns, Axel (2007): Produsage: Towards a Broader Framework For User-Led Content Creation.
(Download am 22.2.2008 unter http://de.scientificcommons.org/21225069). Die Konzepte Prod-User
und Prod-Usage sollen auf die Doppelrolle des Nutzers als Produzent (Producer) und Konsument von
Inhalten (User) im Web 2.0 hinweisen.
48
In Anlehnung an O´Reilley: ebd.: Fettschreibung soll die starke Relevanz einiger Anwendungen
bzw. die der Veränderungen unterstreichen. In Vorbereitung auf die ‘Web 2.0 Conference’ versuchte
deren Veranstalter, O´Reilley Media Inc., einen jeweils gemeinsamen Nenner für Web 1.0 und Web
2.0 zu finden, mit dem der grundsätzlichen Charakter der Veränderungen im WWW festhalten kann.
Die Abbildung im Text, die Vorlage für die hier erstellte Abbildung ist, muss insofern kritisiert werden,
als dass in einem Schema unreflektiert sowohl Anwendungen und Programme, als auch Firmen und
generelle Charakterzüge, die jeweils typisch für Web 1.0 bzw. Web 2.0 sind, in einen Topf geworfen
werden.
49
Accounts: Benutzerkonten.
14
Verlinkungen50 anbringen kann. Mit Folksonomy, auch collaborative tagging51 oder
social tagging, ist gemeint, dass jeder so genannte Tags52, also Links, über das
WWW verteilen kann. Tags markieren Teile des Contents53 von Websites54.
Taggt man Wörter oder andere Inhalte beispielsweise auf dem eigenen Blog55, so
entsteht über kurz oder lang eine eigene Tagcloud56. Einzelbegriffe lassen sich dann
wiederum über Metatagsammlungen wie Technorati oder Delicious, Suchmaschinen,
abrufen. Diese führen bei einer Suche eines durch den Blogbetreiber getaggten
Worts zurück zum Blog. Die Blogosphere57 ist sicherlich eines der interessantesten
und dynamischsten Phänomene im Web 2.0, dazu später im Kapitel 5 mehr. Das
Setzen von Tags funktioniert ebenso wie das Setzen von Bookmarks. Mit Social
Bookmarking
Tools58
wie
mr-wong.de,
einer
Metalink-
bzw.
Metabookmarksammlung, kann das Hypertextsystem WWW durch jeden User mit
noch mehr Hyperlinks59 versehen und auch nach eben diesen Bookmarks
durchsucht werden. Während in der Taxonomy also nur Einzelne an der Erschaffung,
Gestaltung und Verlinkung von Inhalten beteiligt waren, so ist es in der Folksonomy
im Endeffekt jeder User. Dieses Grundprinzip der Teilhabe jedes Einzelnen am
WWW wird einfacher durch das Begriffspaar Publishing und Participation (siehe Abb.
1) illustriert: Publishing als Grundprinzip des Web1.0 meint, dass das Veröffentlichen
von Anwendungen und die Macht über deren Inhalte und ihren Preis in den Händen
von Wenigen liegt, mit Participation ist gemeint, dass sich dies grundlegend geändert
hat, hin zum Prinzip der Möglichkeit der Partizipation eines jeden Einzelnen. Das
heutige WWW wird deshalb landläufig auch als „Mitmach-Netz“ bezeichnet. Diese
Formulierung greift aber zu kurz. Das von Axel Bruns 2007 vorgeschlagene
ökonomiebasierte
Konzept
des
‚Prod-usage’
bzw.
das
des
‚Prod-users’
50
Link (Verlinkung / (Hyperlink)) / verlinken: das Verlinken von Webcontent, also der Verweis auf
anderen Inhalt innerhalb eines Hypertextes.
51
collaborative tagging: Meint das kollaborative Erstellen und Managen von Tags um Websitecontent
zu klassifizieren und zu konnotieren. Synonym für social tagging und folksonomy.
52
Tag/ to tag: ursprünglich synonym für die Unterschrift eines Graffiti-Sprayers, meint heute das
taggen von Webcontent. Tags sind Metadaten.
53
Content: jedweder medialer Inhalt einer Hypertexteinheit.
54
Website: Hypertextdokument im WWW.
55
Blog: Kurzform von Weblog. Zusammengesetztes Kunstwort aus Web und Logbook (dt..:
Tagebuch). Vgl: Alby, Tom (2007): Web 2.0. München. S. 21ff. Siehe auch Bildbeispiel IV.C.11, S.
107ff.
56
Tagcloud: Eine ungeordnete Masse einzelner Tags. Tags mit viel Relevanz, also häufiger
Verlinkung, werden größer angezeigt, als solcher mit weniger Relevanz, die verhältnismäßig klein
angezeigt werden. Siehe auch Bildbeispiel IV.C.15 im Anhang, S. 109.
57
Kunstwort aus Blog und Logosphere (in etwa: Sphäre der Worte). Blogosphere meint die
Gesamtheit aller Blogs bzw. Blogprovider im WWW.
58
Social Bookmarking Tool: siehe auch IV.C.16, S. 110.
59
Einzelne Wörter innerhalb medialer Texte, die getaggt sind nennt man Hyperlinks.
15
charakterisiert hingegen die oben genannten Veränderungen zusammenfassend und
trifft damit den Nagel auf den Kopf: Die Verschmelzung der Begriffe Producer und
User illustriert die Bindung des Erfolgs von Anwendungen an die Produktions- und
Konsumfreudigkeit des Internetnutzers und damit in einem Wort das Erfolgsprinzip
des Web 2.0. Bruns’ Ansatz umfasst allerdings noch mehr als nur den Wandel
innerhalb des World Wide Web: „Produsage overcomes some of the systematic
problems associated with translating industrial-age ideas of content production into
an informational-age, social software, Web 2.0 environment.“60 Ein besonderes
Kennzeichen ist das Entstehen des so genannten ‚Long Tail’: Durch Killer
Applications wie Ebay und das einfache Erstellen von Websites entstehen neue
Märkte im Netz.61
Abb. 2: Long Tail62
Bruns erhebt Produsage so zum Funktionsmodus der Informations- bzw.
Wissensgesellschaft. Zur Charakterisierung der durch die Computerisierung
entstehende Globalgesellschaft und zur historischen Einordnung der momentanen
Gesellschaftsform sei später in Kapitel 4 noch ein Wort gesagt.
Typisch für die Phase des Web 2.0 ist auch, dass bestimmte Services wie Email, die
normalerweise über den zentral installierten MUA abgewickelt werden, ins Netz
60
Vgl. Bruns (2007).
Bei Ebay gibt es eine Unzahl so genannter Powerseller, die Umsätze machen, von denen man
Leben kann. Daraus ist eine eine besondere Form des Unternehmertums entstanden. Die so
genannten Mompreneuers (Kunstwort aus Mom (Mother) und Entrepreneur (engl.: Unternehmer))
werden die Umsätze, die sie mit Online-„Hinterhofverkäufen“ und Online-„Garagenbusinesses“
erwirtschaften, zur festen Größe beim Bruttoinlandsprodukt eines jeden Landes.
62
Download am 8.3.2008 unter: http://www.thelongtail.com/conceptual.jpg
61
16
abwandern.
Ein
Webmailanbietermarkt
entsteht:
Email
wird
so
zum
wie
selbstverständlich genutzten und vor allem nicht mehr hinterfragten Webservice –
spricht man von Email, so ist automatisch Webmail gemeint. Einzig große Intranets,
wie zum Beispiel Universitätsnetzwerke, verfügen über genug Serverkapazität um
eigene Maildomains einrichten zu können. Auf dieser wiederum können die User auf
ihre Accounts über ihren eigenen Rechner mittels des Webbrowsers, also wiederum
das WWW, zugreifen. Die bekanntesten Webmailprogramme sind heutzutage die
von Providern wie Google, Web.de, MSN (hotmail.com) oder Gmx. Auch
Bildbearbeitungsprogramme beispielsweise müssen nicht mehr zentral auf dem
Rechner installiert werden, sondern sind online verfügbar (Bsp. SplashUp). Selbiges
gilt für sämtliche Officeprogramme. Sogar das Hochladen einzelner Bildern muss
nicht mehr über einen eigenen Server erfolgen, nicht einmal ein Imagehost63 wie
imageshack.us oder photobucket.com ist mehr von Nöten – es gibt Provider wie
imagehost.ro, die Gratis-Webspace anbieten, ohne auch nur die persönlichen Daten
abzufragen und das Hochladen eines Bildes mit nur zwei Clicks ermöglichen.
Rollenspiele werden nicht mehr daheim allein oder mit wenigen anderen Mitspielern
auf LAN-Parties64 gezockt65, sondern online mit extrem hohen Teilnehmerzahlen.
Online werden sowohl klassische Games gespielt, als auch kommerzielle wie zum
Beispiel World of Warcraft (WoW),66 Doom, Half-Life oder Counterstrike. Hinter WoW
steckt eine gigantisch große Spielewelt. Über 10 Millionen Accounts sprechen für
Millionen von Usern.67 Es gibt auch Spiele, die gemeinsam von den Spielenden
entwickelt werden, ohne dass sich einer der Mitspieler davon monetären Gewinn
verspricht, wie zum Beispiel Land der Häuptlinge (LdH).
Aus demselben Grund warum die Spieler und Programmierer von LdH ihr Spiel
gemeinsam fortlaufend optimieren, nämlich der Erschaffung von Etwas um seiner
63
Imagehost: Anbieter von Webspace zum Hochladen von Images.
LAN – Local Area Network
65
Das Verb ‚zocken’ wird hier mit Absicht verwendet. Es verweist auf die Existenz der so genannten
Gamers Community und die Bedeutung der Spiele in der Lebenswelt der Gamer. Das besondere
Kennzeichen des Spiels ist hier quasi verloren gegangen – es wird nicht um des Spielens willen
gespielt. Die Spiele sind der Lebensinhalt der Gamer und die Gamer damit sowohl Begründer als
auch Zielgruppe der darauf aufbauenden Spieleindustrie. Ein Beispiel dafür sei, dass für die
Entwicklung und das Marketing eines Spiels je nach angestrebter Qualität und erwünschtem
Markterfolg zwischen 100 und 500 Leute involviert sind und so in Lohn und Brot stehen. Es gibt,
ähnlich gesponserten Profisportlern, Game Pros (engl. Game Professionals = Profispieler), die von
großen Spieleproduzenten finanziert werden.
66
WoW - Siehe Bildbeispiel IV.C.18, S. 111.
67
ca. 4 – 7 Millionen. Jeder Spieler kann mehrere Accounts erstellen. Da allerdings auch jeder
Account kostenpflichtig ist, ist es unwahrscheinlich, dass Spieler mehr als 4 oder 5 Accounts haben.
Generell ist es jedoch normal, dass die Spieler mehr als einen Account haben.
64
17
Existenz willen, ist das Netzwerk Wikipedia68 entstanden. Wikipedia ist sicherlich
eines der ehrgeizigsten Projekte im Netz überhaupt. Jeder, der will, kann an dieser
Online- Enzyklopädie im WWW mitschreiben, die alles, was im Universum existiert
erfassen soll. Die Richtigkeit der Artikel soll durch ein Wächtersystem gewährleistet
sein, das zwar nicht immer greift, durch das man aber das ‚Vandalentum’69 dennoch
im Großen und Ganzen im Griff hat. In Anlehnung an die Bezeichnung Wikipedia
entstehen in letzter Zeit massenhaft Wikis70, auch Wikiwebs genannt, zu jedem
denkbaren Thema. Wikis sind Webseiten, die nicht nur von jedem gelesen, sondern
auch von jedem geändert werden können. Ein Autorisierungsrequest71 kann, falls
notwendig,
selbstverständlich
durch
Moderatoren
oder
Administratoren
zwischengeschaltet werden.
Google ist eines der erfolgreichsten Unternehmen des Web 2.0 - „Google das mal“
ist zur ultimativen Empfehlung in jeder Lebenslage geworden. Das Unternehmen72,
ist allerdings nicht nur mit seiner Suchmaschine73 erfolgreich, es werden außerdem
so genannte Applets74 und Gadgets75 zur Verfügung gestellt, die entweder zentrale
Anwendung ersetzen oder den Desktop76 sinnvoll ergänzen.
Die Masse der
Anwendungen kann hier aus Zeitgründen nicht im Einzelnen erklärt werden. Bezug
nehmend auf Abb.3 sollen allerdings noch GoogleAds erklärt werden: GoogleAds
sind eine Revolution in der Onlinewerbung. Der Sammelbegriff für GoogleAdword
und GoogleAdSense. GoogleAdwords sind am besten folgendermaßen zu erklären:
Der Werbetreibende kann die Wörter „kaufen“, die sein Produkt am besten
beschreiben. Startet ein User bei Google eine Suchanfrage mit gerade jenem Wort,
so werden ihm zusammen mit dem Suchergebnis entweder text- oder imagebasierte
Anzeigen für das Produkt des Werbenden geliefert, die AdWords. Der Clou ist, dass
der Werbende das „Schalten der Anzeige“ nur bezahlen muss, wenn der User die
Anzeige auch tatsächlich anklickt.77 Google AdSense sind so zu erklären: Der
68
Wikipedia: Siehe Bildbeispiel IV.C.19 im Anhang, S. 112.
Vandalen: User, die mutwillig bei Wikipedia Inhalte zerstören oder Blödsinn schreiben.
70
Wiki (hawaiianisch: schnell). Vgl. auch Gewehr, Jan-Eric / Lochmann, Cordula / Szugat, Martin
(2006): Social Software. Unterhaching. S.49 ff. Siehe Bildbeispiel IV.C.20f im Anhang, S. 112f.
71
Request (engl.): Anfrage
72
Das klassisch in den 90ern als Start-Up in einer Garage gegründet wurde,
73
Google Search Bar. Siehe IV.C.23, S. 114.
74
Applet: Programm, das im Rahmen eines anderen Programms betrieben wird, z.B. in einem
Webbrowser; Apps: Anwendungsprogramm/Computerprogramm, siehe Software
75
Gadget: siehe auch IV.C.17, S. 110.
76
Desktop: graphische Oberfläche auf dem Bildschirm. siehe ebd.
77
Will man seinem Konkurrenten schaden, kann man durch Klickbetrug (Die Anzeige des
Konkurrenten wird wiederholt (z. T. millionenfach) durch Software angeklickt.) dessen
Werbeausgaben in exorbitante Höhen treiben. Dem soll die 2006 von Google erstmals ausgewiesene
Invalid-Click-Rate (Anteil der ungültigen Clicks an der Gesamtzahl der Clicks) einen Riegel
69
18
Betreiber einer Website78 erlaubt das Schalten von Anzeigen auf seiner Site.
AdSense durchsucht den Content79 der Site und generiert Anzeigen anderer
Werbetreibender, deren Waren zur Website passen. AdSense generiert nun Textoder Imageanzeigen, die daraufhin auf der Website veröffentlicht werden. Außerdem
kann der Betreiber einer Website den Besuchern seiner Website das Durchsuchen
des WWW ermöglichen. Klickt der Besucher Anzeigen an, die ihm über die Site
gezeigt werden, so erhält der Websitebetreiber von Google für jeden Click einen
bestimmten Geldbetrag. Durch Google Ads wird Werbung erstmals tatsächlich quasi
personalisiert an einen potentiellen Kunden heran getragen.
Eine interessante Weiterentwicklung von Chatprogrammen dieser Tage sind die so
genannten Instant Messenger, kurz IMs (Bspe: Skype80, ICQ): Durch IMs sind
jederzeit einzelne Verbindungen zwischen zugeschalteten Rechnern zustande zu
bringen, so dass stringente, geschriebene Dialoge zwischen den dahinter stehenden
Einzelpersonen entstehen können, die strukturell Telefonaten ähneln. Programme
wie Skype ermöglichen außerdem die Herstellung von Telefonleitungen inklusive
Bildtelefonie und Konferenzschaltungen (VoIP81). Von IP-Adresse82 zu IP-Adresse ist
das Telefonieren sogar kostenlos. IMs sind evolutionär betrachtet Nachfolger des
ersten Chatprogramms PLANET, das für das Arpanet entwickelt wurde, und der
klassischen MUAs des Usenet und des frühen WWW. Sowohl Chatprogramme als
auch IMs werden zentral auf dem eigenen Rechner installiert, sie sind somit nicht im
eigentlichen Sinne eine Web 2.0 Anwendung, da sie nicht im Browser stattfinden.
Skype beispielsweise ist zentral auf dem Rechner installiert, benutzt jedoch das
WWW und die Server des WWW um Verbindungen herzustellen. Es bündelt die
Anwendungen Telefonie, Datenübertragung und Chat83, ermöglicht selbst aber keine
Wiedergabe von Audiodateien oder audiovisuellen Datenpaketen. Dies muss
wiederum über webexterne Player84 erfolgen. Während durch IMs Kommunikation
zwischen zwei Personen hergestellt wird, können an einem Chat zwei und mehr
Personen
teilnehmen.
Ein
für
diese
Arbeit
grundsätzlich
anzunehmender
vorschieben und zugleich die Clicks für die Werbetreibenden transparenter machen (vgl. „Google
macht Umgang mit Klickbetrug transparenter“ In: trojaner-info.de am 26.7.2006. (Download am
19.2.2008 unter http://www.trojaner-info.de/news2/klickbetrug-google-invalid-clicks.shtml).
78
Website: Hypertextdokument im WWW.
79
Content: jedweder medialer Inhalt einer Hypertexteinheit.
80
Siehe auch Beispielbild IV.C.20 und IV.D.7, Skypedialoge im CMC-Beispiel zur Oralität im Netz.
81
Voice over IP, Internettelefonie.
82
Internet-Protokoll-Adresse: Dient zur eindeutigen Adressierung von Rechnern innerhalb eines
Netzwerks. Entspricht in ungefähr einer Telefonnummer.
83
Chat und Webchat: Programme zur direkten zeitgleichen Kommunikation.
84
Programme zum Abspielen von Video oder Audiodateien. Siehe auch IV.G Daten-DVD. Ordner:
Anhang → Medienbeispiele → Player.
19
Kommunikationsbegriff wird in Kapitel 3.2 noch gesondert geklärt werden. Den
klassischen Chat findet man mittlerweile eher im Internet, er ist zum Webchat
geworden. Auch bei Chats hat sich ein Verhaltenskodex heraus kristallisiert: Die
Chatiquette85 verbietet in der Regel Gepöbel, Beleidigungen und rassistische oder
faschistische Äußerungen.
Auch Instant Messaging und Private Messaging unterliegen einem inoffiziellen
Verhaltenskodex, ähnlich der Chatiquette. Personal bzw. Private Messages (PMs)
sind persönliche Nachrichten innerhalb der Öffentlichkeit von Diskussionsforen im
Web oder eines Webchat. Sie sind im Prinzip nicht mehr als eine Email innerhalb
eines Emailsystems. Es muss kein separates Programm installiert werden; durch die
Verlagerung eines Forums ins Netz wird die Anwendung dezentralisiert. Das heißt:
die PM erreicht ihren Empfänger über dessen Account beim jeweiligen Forum.
Besonders ist dabei, verglichen mit dem klassischen Aufbau von Diskussionsforen,
egal in welchem Rechner- oder Textnetz, dass die Email eben Private bzw. Personal
ist und von den anderen Nutzern des Forums nicht gesehen werden kann, aber die
Email dennoch streng genommen Teil des Forums ist. PMs erlauben schnellere,
weniger umständliche, Rechen- und Speicherkapazität sparende und direkte
Kommunikation unter Forenteilnehmern im Vergleich zur Kommunikation in Foren in
den Anfangstagen der Internets Usenet und WWW.
Eine derartige technische Variante ist in Rechnerverbünden wie dem Usenet nicht
möglich: Das Usenet ist wie ein Forum strukturiert, hier fehlt aber die Möglichkeit der
Private Email (Message) innerhalb des Emailsystems Forum. Diese Möglichkeit ist
nur bei Webforen mit einer Anwendungsbündelung gegeben. Die Inhalte der
Newsgroups im Usenet sind für alle sichtbar. Wollen zwei Nutzer dort für die anderen
unsichtbar Botschaften austauschen, so müsste dies über den MUA (Mail User
Agent) geschehen. Das ist umständlich, aufwändig und braucht Rechenzeit und
Serverkapazität. Der Austausch von persönlichen Nachrichten in den Webforen,
Webchat und Social Networks86 in Web 2.0 und die funktionellen und konzeptionellen
theoretischen Konsequenzen, die sich daraus ergeben werden in Kapitel 5 genauer
beleuchtet.
85
Kunstwort aus den englischen Wörtern ‚Chat’ und ‚Etiquette’.
Soziale Netzwerke. Interessantes Konzept, das in den Kapiteln 2.2, 4 und 5 wieder aufgegriffen und
definiert werden wird.
86
20
Was die Zukunft des WWW betrifft: Selbst der Begriff Web 3.087 steht bereits im
Raum, allerdings noch relativ undefiniert. Eine Prognose, die das Konzept Web 3.0
beinhaltet, ist die, dass sämtliche Anwendungen inklusive des WWW, aufs
Mobiltelefon verlagert werden.88 Ein weiteres Beispiel ist die Möglichkeit des so
genannten Triple Play89. Ursprünglich ist dies ein Charakterzug von Geräten, die
sowohl Audio und Video als auch Daten verarbeiten können. Heutzutage bedeutet
Triple Play allerdings eher die Bündelung der drei audiovisuellen Dienste Fernsehen,
Telefonie und Internet. Dabei kann das Medium sowohl der Fernseher, als auch der
Rechner oder das Mobiltelefon sein. Ein gutes Beispiel ist die Konsole Wii90, die an
den Fernseher angeschlossen wird: Eigentlich zum Spielen mit einem oder mehreren
Playern gedacht, kann über sie zusätzlich ins Internet gegangen werde und auch
über ein Wii-internes Instant Messenger Programm mit anderen Wii-Nutzern Kontakt
aufgenommen werden und es können CDs und DVDs abgespielt werden.91
2.2 Wer nutzt das Netz?
87
Googlesuche am 22.2.2008 ergab 24.500.000 Treffer für den Suchbegriff Web 3.0.
Schlussfolgerung: Das Konzept hat einen mittleren Bekanntheitsgrad.
88
Erste Versuche der Umsetzung dieser Medienkombination sind beispielsweise das iPhone
(Mobiltelefon mit Touchscreen von Apple, siehe IV.C.24, S. 114, der amerikanischen Firma Apple
oder das Blackberry der kanadischen Firma RIM (Research In Motion). Viel versprechender als das
iPhone88, bei dem Apple wiederum den Fehler macht Programm und Gerät zu binden, ist
beispielsweise die Google-Software Android. Android ist ein Betriebssystem fürs Handy, das mit
jedem internetfähigen Mobiltelefon mit den technischen Voraussetzungen für eine graphische
Benutzeroberfläche genutzt werden kann und das gratis downgeloaded werden kann. Google besinnt
sich also auf sein eigenes Erfolgskonzept, das konform geht mit den Erfahrungen, die in der Ära des
Web 2.0 gesammelt wurden, und setzt auf den Vertrieb von Anwendungen. Ein Fehler, Gerät und
Software nur als Paket anzubieten wie Apple es macht, ist es insofern, als dass sich bei der
Entwicklung des WWW die Verknüpfung von Hardware und Software erwiesenermaßen nicht nur
einmal als Fallstrick in der langfristigen Marktpositionierung eines Produkts oder einer Marke erwiesen
hat. Warum sollte sich, alle Erfahrungswerte der ersten IT-Bubble zusammennehmend, eine derart
enge Verbindung von Software und in diesem Falle Mobiltelefon langfristig lohnen? Die einzige
Erklärung, die man für das Handeln von Apple hinzuziehen könnte, ist die, dass Apple seit jeher eine
Sonderrolle in der IT-Branche einnimmt. Apple Produkte bestechen in der Regel durch ästhisches
Design und derzeit noch unvergleichliche Benutzerfreundlichkeit und haben weltweit Anhänger, die
sich niemals, und zwar aus Prinzip nicht, für andere als Apple-Produkte und –Programme entscheiden
würden. (Apple-Fans: Siehe dazu IV.D.2, Skypedialog Stoj und Karoline, S. 131.) Ob diese Position so
unantastbar ist, wie Apple bei seinem Handeln voraus setzt, wird sich noch zeigen. Die Welle der
Empörung, die Apple von Seiten der Kunden ob des sagenhaften Preises und der mangelhaften
Ausstattung des IPhone bei dessen Einführung entgegen schlug, lässt jedenfalls Anderes vermuten.
89
Googlesuche am 22.2.2008 ergab 3.010.000 Treffer für den Suchbegriff ‚Triple Play’.
Schlussfolgerung: Das Konzept wird im Internet wenig diskutiert.
90
Wii: Spielkonsole von Nintendo. Siehe auch Bildbeispiel IV.C.25, S.114.
91
Siehe auch das Video „Supermarket 2.0“ auf der Daten DVD im Anhang in Medienbeispiele; siehe
dazu
auch
http://2007.kinnernet.com/
(Download
am
17.3.2008
unter:
http://de.youtube.com/watch?v=e9MgHuitMwU).
21
Viele sind heute „drin“92. Aber was heißt das konkret? Neben der historischen
Entwicklung der
Spaltung
und
Host- und Nutzerzahlen wird in diesem Kapitel auf die Digitale
die
Digitale
Kluft
eingegangen
werden.
Neben
klassischen
Zugangsbarrieren, sowohl technischer, demo- oder geographischer Natur und den
Softskills, werden konkrete Nutzergruppen, nach Alter und Fähigkeiten differenziert,
ausgemacht. Dass in den Jahren seit 2000 eine verlässliche Netzinfrastruktur
entstanden ist, ist nicht zu übersehen. Dieser Wandel von Web 1.0 zu Web 2.0 wäre
allerdings ohne den extremen Zuwachs der Nutzerzahlen seit Einführung des WWW
nicht möglich gewesen. Eine große Zahl von Nutzern ist für den Erfolg der typischen
Web2.0 Anwendungen unbedingt notwendig.
Um eine Vorstellung von den Dimensionen des Nutzeranstiegs zu vermitteln, soll
zunächst wird die Zahl der Hosts weltweit, also die Anzahl der IP-Adressen im Netz
erfasst werden: Im Dezember 1969 werden vier Rechner als ARPANET vernetzt.
1979 entsteht das Usenet, es gibt dann insgesamt 188 vernetzte Rechner.
Date
----12/69
06/70
10/70
12/70
04/71
10/72
01/73
06/74
03/77
12/79
08/81
05/82
08/83
10/84
10/85
02/86
11/86
12/87
07/88
10/88
01/89
Hosts
--------4
9
11
13
23
31
35
62
111
188
213
235
562
1,024
1,961
2,308
5,089
28,174
33,000
56,000
80,000
|
+
|
|
|
|
|
|
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10/89
10/90
01/91
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01/96
07/96
01/97
07/97
Hosts
Networks
Domains
---------------- --------130,000
650
3,900
159,000
837
313,000
2,063
9,300
376,000
2,338
535,000
3,086
16,000
617,000
3,556
18,000
727,000
4,526
890,000
5,291
20,000
992,000
6,569
16,300
1,136,000
7,505
18,100
1,313,000
8,258
21,000
1,486,000
9,722
22,000
1,776,000
13,767
26,000
2,056,000
16,533
28,000
2,217,000
20,539
30,000
3,212,000
25,210
46,000
3,864,000
37,022
56,000
4,852,000
39,410
71,000
6,642,000
61,538
120,000
9,472,000
93,671
240,000
12,881,000
134,365
488,000
16,146,000
828,000
19,540,000
1,301,000
Abb. 3: Das Wachstum des Internet - Anzahl der Hosts, Netzwerke und Domains zwischen
1969 und 199793
92
„Bin ich drin?“ Werbekampagne für AOL Deutschland mit Boris Becker im Jahre 1999. Mit dieser
Kampagne gewann AOL zwischen Oktober und Dezember 1999 1.2 Millionen Neukunden nur in
Deutschland.
93
Download am 4.3.2008 unter: http://www.zakon.org/robert/internet/timeline/#Growth Hosts =
Computersystem mit registrierter IP-Adresse; Networks = registrierte Domains; Domains = registrierte
Domainname.
22
Zwischen 1979 und 1986 steigt die Zahl der Rechner, die dem Usenet zugeschaltet
werden kontinuierlich an und zwar bis zur Einführung von NTTP – zwischen 1986
und 1987 steigt die Zahl der Hosts quasi über Nacht von knapp 5000 auf rund
30.000. Ein weiterer großer Sprung ergibt sich nach der Abschaltung des ARPANET
1989 – bis 1990 vervierfacht sich die Zahl der Hosts innerhalb eines Jahres. Mit
Einführung des World Wide Web 1990 wuchs die Zahl der Internetnutzer bis Januar
1993 um rund eine Million auf 1 313 000.
Date
----01/95
07/95
01/96
07/96
01/97
07/97
01/98
07/98
Hosts
|
----------5,846,000
8,200,000
14,352,000
16,729,000
21,819,000
26,053,000
29,670,000
36,739,000
Date
+
----| 01/99
| 07/99
| 01/00
| 07/00
| 01/01
| 07/01
| 01/02
| 07/02
Hosts
|
----------43,230,000
56,218,000
72,398,092
93,047,785
109,574,429
125,888,197
147,344,723
162,128,493
Date
+
----|
01/03
|
01/04
|
07/04
|
01/05
|
07/05
|
01/06
|
07/06
|
Hosts
----------171,638,297
233,101,481
285,139,107
317,646,084
353,284,187
394,991,609
439,286,364
Abb. 4: Anzahl der Hosts zwischen 1995 und 2006.94
Die Einführung von Mosaic zu diesem Zeitpunkt bedeutet eine weitere unglaubliche
Zunahme der Hostzahlen: Im Januar 1994 hat sich die Gesamtzahl wiederum fast
verdoppelt auf 2 217 000. 1998 wurde ein besseres empirisches Erfassungssystem
eingeführt, dass auch rückwirkend genauere Zahlen als in Abb. 6 liefert. So werden
beispielsweise für Januar 1995 nicht nur 4 852 000 Hosts gezählt, sondern sogar 5
846 000 (vergleiche Abbildung 7). Zwischen 1993 und dem Börsencrash 2000
steigen die Hostzahlen von 2 Millionen IP-Adressen um über 100 Millionen Adressen
im Januar 2001. Momentan gibt es weltweit fast eine halbe Milliarde Hosts. Es ist
notwendig, an dieser Stelle die Frage zu stellen, wer tatsächlich von den aktuellen
Entwicklungen profitieren kann.
94
Download am 4.3.2008 unter: http://www.zakon.org/robert/internet/timeline/
23
Abb. 5: Prozentuale Nutzung des Internet auf den Kontinenten weltweit 2007.95
Neben
der
Tatsache,
dass
überhaupt
Zugang
zu
einem
Rechner
mit
Internetanschluss vorhanden sein muss, ist die wichtigste Einschränkung, dass nicht
je Host nur ein User bzw. Nutzer zu verzeichnen ist. Dass der IP-Anschluss und der
anhängige Rechner nur von einer einzelnen Person genutzt wird, ist im weltweiten
Mittel betrachtet die absolute Seltenheit; es ist vielmehr so, dass gerade in Afrika,
Asien und Russland auf einen Rechner, also auf einen Host bzw. eine IP-Adresse,
Hunderte von Nutzern bzw. Usern kommen. Um ein realistisches Bild der
Internetnutzung zeichnen zu können, ist es also notwendig, zwischen Host und User
zu unterscheiden. Weltweit gibt es derzeit zwar rund eine halbe Milliarde Hosts, aber
mehr als eine Milliarde User. In Europa gibt es insgesamt 348 Millionen Nutzer.96
Wie in Abbildung 8 zu sehen ist, entspricht dies einer prozentualen Internetnutzerrate
von 43,4%. Spitzenreiter sind die Nordamerikaner – über 70% können auf das
Internet zugreifen.
95
„World Internet Penetration Rate“. Quelle: www.internetworldstats.com ausgewertet durch die
Miniwatts Marketing Group.
(Download am 6.3.2008 unter http://www.internetworldstats.com/stats.htm.)
96
Vgl. ebd.: die Gesamtzahl der Internetnutzer wird Ende des Jahres 2007 auf 1 319 872 109
Milliarden geschätzt. Vgl.: Graphik „Internetnutzer weltweit in Millionen“.
24
Abb. 6: Entwicklung der Nutzerzahlen des WWW in Deutschland zwischen 1997 und 2006.
Basis: Erwachsene ab 14 Jahren in Deutschland.97
Erschreckend sind die Zahlen für Afrika und vor allem Asien und zwar insofern, als
dass die Asiaten zwar zahlenmäßig die größten Nutzergruppen weltweit stellen,
prozentual ist der Anteil der Nutzer an der Gesamtbevölkerungszahl jedoch extrem
niedrig. Es sind 510 Millionen Asiaten Online, dies entspricht aber nur einem
prozentualen Anteil von 13,7% an der Gesamtbevölkerung Asiens. 44 Millionen
Afrikaner sind online, das sind nur 4,7% der Bevölkerung Afrikas. Im Mittel kann nur
ein Fünftel aller Menschen auf das Internet zugreifen.98
Für die Nutzerzahlen in Deutschland ergibt sich zwischen 1997 und 2006 folgendes
Bild (siehe Abbildung 8): Waren 1998 knapp 10 % der Deutschen online, so waren
es fünf Jahre später, 2003, schon über die Hälfte aller Deutschen. Zu ergänzen
wären in Abbildung 8 die Nutzerzahlen aus dem Jahr 2007: 40,8 Millionen der
deutschen Bundesbürger sind online (zum Vergleich: das ist fast genau so viele wie
die Menge der Afrikaner, die online sind), das entspricht einem Anteil von 62,7% an
der Gesamtbevölkerung.99 Auf den Zeitraum von 1997 bis 2007 bezogen, also nur 10
Jahre, bedeutet das für Deutschland eine Nutzerzahlensteigerung um 964,6%.
97
In: Internet zwischen Hype, Ernüchterung und Aufbruch. 10 Jahre ARD/ZDF-Onlinestudie. S. 2.
(Download am 21.2.2008 unter
http://www.br-online.de/br-intern/medienforschung/ard_zdf_onlinestudie/startseite/)
98
„World Population by regions“.
99
Vgl. Eimeren, Birgit van / Frees, Beate (2007): Internetnutzung zwischen Pragmatismus und
Youtube-Euphorie. In: Media Perspektiven 08/2007. S. 363.
25
Der einfachste Schluss, der hier zunächst gezogen werden könnte, ist, dass man
zwischen Onlinern100 und Nonlinern unterscheiden könnte – Onliner haben Zugang
zum Internet, Nonliner nicht. Dass es jedoch auch bei der Nutzung feinere
Abstufungen gibt, kann nicht von der Hand gewiesen werden. Derjenige, der einen
Rechner für sich allein zur Verfügung hat, kann selbstverständlich mehr
Möglichkeiten ausschöpfen als derjenige, der sich die Onlinezeit mit anderen teilen
muss. Web 2.0 in vollem Umfang wirklich nutzen kann allerdings nur derjenige, der
einen Rechner mit Internetzugang Zuhause hat, also die Möglichkeit hat, an jedem
Tag der Woche zu jeder Stunde des Tages aufs Internet zuzugreifen, also 24/7, vor
allem auch ohne von instabilen Stromnetzen abhängig zu sein. Manuel Castells
sammelt die Einschränkungen 2001 nach der Analyse amerikanischer Datensätze
von 2000 unter dem Label ‚Digital Divide’. Darunter fasst er eine globale digitale
Spaltung, die sich mit Verbreitung des Internet ebenfalls ausdehnt bzw. immer mehr
manifestiert.101 Begrenzter oder kein Zugang zum Netz führen dem entsprechend
langfristig zur Marginalisierung eines Teils der Weltbevölkerung. Um zu einem
Ausgangspunkt zu kommen, von dem aus man die tatsächliche Nutzergruppe der
aktuell möglichen Web-2.0-Anwendungen bestimmen kann, sollen im weiteren
Verlauf diese und andere Annahmen Castells auf Deutschland übertragen werden.
Um Web 2.0 Anwendungen vor allem im graphischen Bereich bedienen und
ausnutzen zu können, ist neben dem permanent verfügbaren Anschluss unbedingt
eine Breitbandverbindung wie DSL notwendig.102
In Deutschland werden derzeit 18,6 Millionen DSL-Anschlüsse genutzt.103 Bei DSLAnschlüssen ist zu beachten, dass über die so genannten Router104 mehrere
Rechner zu gleichen Bedingungen ans WWW angeschlossen werden können.
100
Siehe Begriffslexikon und (N)Onliner Atlas:
http://www.initiatived21.de/N-ONLINER-Atlas.309.0.html
101
Vgl. Castell Manuel (2001): Die Internet-Galaxie. Internet, Wirtschaft und Gesellschaft. Wiesbaden.
S.261ff.
102
Ebd.: S. 270.
103
Die 100 000 Kunden, die auf einen Anschluss warten (siehe Abbildung 9), sind ebenfalls von einem
äußeren Faktor abhängig: es wird mittlerweile als Geschäftspraxis der Telekom beschrieben, Kunden
die bei alternativen Anbietern Verträge abschließen, warten zu lassen und die eigenen Kunden beim
Anschluss vorzuziehen. Der Ex-Monopolist ist noch immer derjenige, der über die so genannten ‚Tals’,
der Teilnehmeranschlussleitungen, die von den Hauptverteilerstationen aus in die Wohnungen der
Kunden laufen, verfügt; Die Telekom ist also für die Freischaltung fast aller Tals verantwortlich. (Vgl.
Schmundt, Hilmar (2008): Gedrängel im Nadelöhr. In: DER SPIEGEL 10/08. S.170.)
104
Router: Hardware, die eintreffende Netzwerk-Pakete zu den entsprechenden Zielnetzen
weiterleitet.
26
Abb. 7: Breitbandanschlüsse in Millionen in Deutschland zwischen 2001 und 2007105 und
DSL-Auststattung 2003 – 2006.106
Dementsprechend kehrt sich das Verhältnis, dass Castells vor allem für Dritte-WeltLänder als Einschränkung beschrieben hat, zumindest für Deutschland und die DSLZugänge, um: Es ist wahrscheinlich, dass je DSL Anschluss mehrere Rechner
genutzt werden, also je Host mehrere Rechner angeschlossen sind und damit
mehrere Nutzer gleichwertig Zugriff aufs Internet haben. Diese Hypothese wäre
allerdings separat zu untersuchen. Betrachtet man die zweite Graphik in Abbildung
acht, so wird auf den ersten Blick klar, dass die Bevölkerung ab 50 Jahren über
deutlich weniger DSL-Anschlüsse verfügt als die Bevölkerung unter 50 Jahren. Die
Bevölkerung unter 50 Jahren ist 2006 im Mittel ca. zur Hälfte online und zwar,
zumindest was die Schnelligkeit der Datenübertragung betrifft, web-2.0-fähig. Da
diese Zahlen nun von 2006 sind, scheinen sie auf den ersten Blick zu alt um heute,
im März 2008, für diese Arbeit in punkto Genauigkeit uneingeschränkt gültig zu sein.
Legt man diesem Zahlen jedoch die Zahlen aus Abbildung 7 und dem darauf
folgenden Text zugrunde, insbesondere die Steigerung der Nutzerzahlen am Anteil
der Gesamtbevölkerung, die zwischen 2006 und 2007 nur rund 3 % beträgt, so kann
davon ausgegangen werden, dass die ungleiche Verteilung zum Nachteil der so
105
Vgl. Schmundt, Hilmar (2008): Gedrängel im Nadelöhr. In DER SPIEGEL 10/08. S.170.
DSL-Auststattung 2003 – 2006. Quellen: ARD/ZDF Onlinestudien 2003 – 2006. In: Fisch, Martin /
Gescheidle, Christoph (2006): Onliner 2006: Zwischen Breitband und Web 2.0 – Ausstattung und
Nutzungsinnovation. In: Media Perspektiven 8/2006. S.432.
106
27
genannten Silversurfer107 weiterhin besteht. Die Digital Inclusion ist in Deutschland
aber nichtsdestotrotz im weltweiten Vergleich als hoch einzustufen.108
Als weitere Gründe für eingeschränkten Zugang zum Netz führt Castells die
Zugehörigkeit zu einer niedrigen Einkommensklasse an (mit Ausnahme von
Studenten, da Internet für den Zugang zu Bildung auch im Jahr 2000 bereits
immanent
wichtig
war),
Alter,
Geschlecht,
für
die
USA
Ethnie
bzw.
Migrationshintergründe, den Beruf und vor allem Bildung auf verschiedenen Ebenen.
Castells zufolge ist sowohl die Art der Schule (öffentlich vs. privat) als auch die
Qualifikation der Lehrkräfte und das Erziehungskonzept bzw. das familiäre Umfeld
maßgeblich für das Erlernen eines qualifizierten Umgangs mit dem Internet.109 Er
konstatiert außerdem, dass es unverzichtbar ist, Englisch sprechen zu können, da
die Nutzung des WWW sonst ebenfalls eingeschränkt ist. Neben der technischen
Voraussetzung eines rund um die Uhr nutzbaren Internetzugangs ist nach Castells
eine weitere Dimension für das Entstehen und die Manifestierung der Digital Divide
zu analysieren: Castells führt als einen der wichtigsten Gründe für die Entstehung
der Digital Divide Bildungsungleichheiten auf unterschiedlichen Ebenen an. Diese
Einschränkungen konkretisiert er insofern, als dass er eine Bildungs- bzw.
Wissenslücke, ein Digital Gap ausmacht. Nutzern mit geringem Einkommen, mit
Migrationshintergrund in naher Vergangenheit, von öffentlichen Schulen mit
schlechten Lehrern oder Nutzern aus bildungsfernen Familien bzw. solchen mit
ungünstigen Erziehungskonzepten ist der Zugang zum Internet erschwert und zwar
insofern, als dass sie die Ressourcen, die diesen Bevölkerungsgruppen über das
Internet zur Verfügung stehen würden, nicht zu nutzen, also zu gebrauchen
verstehen. Anstatt Inhalte zu erlernen, kommt es in der digitalisierten Umgebung des
Menschen darauf an zu erlernen, wie man recherchiert und Inhalte einordnet bzw.
sich aneignet. „Die entscheidende Frage besteht darin, vom Lernen zum Lernen des
Lernens zu wechseln, weil […] der größte Teil der Information sich online befindet,
und das, worum es geht, die Fähigkeit ist, zu entscheiden, nach was man suchen
soll, wie man darauf zugreifen kann, wie man es verarbeitet und wie man es für die
spezifische Aufgabe nutzt, auf die die Informationssuche zurück geht. […] das neue
107
Silversurfer: Internetnutzer ab dem fünfzigsten Lebensjahr.
Digital Inclusion: wird nach dem Digital Opportunity Index (DOI) gemessen.
(siehe
auch
Maplecroft
Interactive
Maps.
Download
am
6.3.2008
unter:
http://worldahead.maplecroft.http://worldahead.maplecroft.com/loadmap?template=min&issueID=422c
om/loadmap?template=min&issueID=422).
109
Vgl. Castells: S. 272ff.
108
28
Lernen [orientiert sich] auf die Entwicklung der Bildungskompetenz, Information in
Wissen und Wissen in Handeln zu verwandeln.“110
111
An dieses Zitat schließt sich
die Frage nach einer genauen Definition von Information und Wissen an – diese wird
in Kapitel 4 erfolgen. Die Wissenslücke, das Digital Gap, das durch diese
separierenden Ausgangsbedingungen entsteht, ist nicht auf den ersten Blick
offensichtlich.
Nach Fisch und Gescheidle nutzen in Deutschland 70% der 14 – 19 Jährigen Instant
Messenger, knapp die Hälfte der 20 – 29 Jährigen (49%) und rund ein Fünftel der
Nutzer zwischen 30 und 39 Jahren (21%). Sogar 76 % der 14 – 19 Jährigen gibt an
regelmäßig in Foren oder Chatrooms aktiv zu sein. Auch von den 30 – 39 Jährigen
wird von 29 % diese Möglichkeit des WWW wahrgenommen. 57% der 14 – 19
Jährigen nutzen Wikipedia, aber nur 20% Fotogalerien wie Flickr und nur 11% Blogs.
Die 20 – 29 Jährigen nutzen Wikipedia zu 45%, Blogs zu 9% und Fotogalerien
ebenso oft wie die Jüngeren. Die Nutzung von Fotogalerien halbiert sich bei den 30 –
39 Jährigen interessanterweise auf die Hälfte. Ab dem 30. Lebensjahr nimmt bei
allen dann folgenden Alterskohorten die Nutzung von Wikipedia, Blogs und
Fotocommunities rapide ab. Sämtliche Anwendungen, die Fisch und Gescheidle
vergleichen, werden von Frauen übrigens durchweg weniger häufig genutzt.112 Es
scheint auf den ersten Blick so, als hätte die sich Generation der nach 1983
geborenen (waren bei der Einführung von Mosaic zehn Jahre alt) das Internet von
selbst erschlossen. Wirft man aber einen Blick auf die Nutzung typischer Web 2.0
Anwendungen, so wird klar, dass es gravierende Unterschiede bei der Kenntnis und
Inanspruchnahme gerade bei bestimmten Anwendungen gibt.
Fisch und Gescheidle finden bei der Teilmenge der User über 14 Jahre, die
Wikipedia, Blogs oder Fotocommunities bereits besucht haben heraus, dass von den
32% aller User, die Wikpedia nutzen zwar 92% Informationen abgerufen haben, aber
nur 7% jemals etwas eingestellt haben oder sich in den Wikiwebs zu Themen
geäußert haben. Von den 7%, die Blogs überhaupt kennen und nutzen, haben nur
28% jemals etwas in einen Blog geschrieben; 12% der Teilmenge nutzt Flickr, aber
110
Dutton, William H. (1999): Society on the Line: Information Politics in the Digital Age. Oxford / New
York. S. 37.
111
Es sei an dieser Stelle außerdem kurz auf das Konzept des ‚Blended Learning’ verwiesen, also das
gemeinsame Erarbeiten von Inhalten über das WWW mittels Wikis und Content Management
Systemen wie der Moodle-Plattform, immer ergänzend zu realer Lehre. Siehe IV.C.20, S. 112.
112
Fisch / Gescheidle (2006): S. 434ff.
29
ebenfalls nur 28% haben jemals selbst Fotos eingestellt.113 Daraus ergibt sich, dass
nur 2,5 % aller Nutzer die aktuell möglichen Web 2.0-Anwendungen auch tatsächlich
aktiv nutzen. Die Nutzer sind vermutlich hochgebildet und mehrheitlich zwischen 14
und 29 Jahre alt. Es kann davon ausgegangen werden, dass nur rund 1 Million
deutsche Nutzer Web 2.0-Anwendungen tatsächlich in vollem Umfang bedienen
können und das auch tun. Die Gründe für diese wirklich kleine Nutzergruppe liegen
auf der Hand: die ungleiche Fähigkeit zur Nutzung muss in der von Castells
definierten Bildungs- bzw. Wissenslücke, also der zweiten Dimension der Digital
Divide begründet sein, ist also hier auf grundsätzlich vorliegende, institutionalisierte
Bildungsungleichheiten in Deutschland zurück zu führen. Die sehr kleine, aktive Web
2.0-Anwendergruppe
kann
als
Wissens-,
Bildungs-
oder
letztendlich
als
Kommunikations(technik)elite beschrieben werden. Wie diese Gruppe im Vergleich
zu den Nutzergruppen, die Web 2.0 Anwendungen passiv nutzen und den Usern, die
nur die Grundfunktionen des WWW nutzen, zu definieren ist, wird in Kapitel 4.3
genau beschrieben.114115
Um die, für die Frage nach der Existenz von Gemeinschaft im Netz notwendigen, zu
definierenden Begriffe abzuleiten, seien zunächst die wichtigsten Fakten aus
Kapiteln 2 noch einmal kurz auf den Punkt gebracht: Es gibt mehrere Internets, aber
in der Alltagssprache ist mit Internet das World Wide Web gemeint. Die technischen
Entwicklungen und Experimente zwischen 1969 und 1990 führen zur Erfindung des
Webbrowsers und damit zur Entstehung des WWW und schlussendlich zur
Entwicklung des rein graphischen Browsers Mosaic 1993, dessen Existenz wiederum
der Startschuss für die rasante Entwicklung des WWW ist und zum Boom in der IT113
Vgl. die Graphiken „Genutzte Internetangebote zu Web 2.0“ und „Art der Nutzung von Web 2.0Angeboten“ in Fisch / Gescheidle (2006): S. 436 und IV.G Daten-DVD, Anhang → Graphiken und
Bilder
114
Neben der Digitalen Spaltung bzw. der sich manifestierenden Digitalen Kluft hat die zunehmende
Nutzung des Internet weitere gravierende Folgen: Die IT-Branche entwickelt sich mit der steigenden
Zahl der Nutzer zur schmutzigsten Industrie der Welt. Für eine einzige Googlesuche beispielsweise
verbrauchen die dahinter stehenden, rechnenden Server so viel Strom zur Kühlung, wie benötigt
werden würde, eine Glühlampe 10 Minuten lang brennen zu lassen. Der Traffic auf youtube.com
verursacht momentan soviel CO² Ausstoß wie der gesamte jährliche Flugverkehr Deutschlands. 114
Auch wenn dieser Umstand noch keine Medienrelevanz erreicht hat und dementsprechend nur einer
kleinen Öffentlichkeit bekannt ist, rüstet sich die IT-Branche schon jetzt mit so genannten Green IT
Kampagnen für den Sturm der Entrüstung, der losbrechen wird, sobald dieses Thema in vermutlich
naher Zukunft aufs mediale oder politische Tapet gebracht wird.
115
Ebenfalls der enormen Zahl der Nutzer geschuldet ist derzeit die Überlegungen im Parlament der
Europäischen Union, Internet, neben Strom und Wasser, zur Grundversorgung des Menschen
hinzuzuzählen: „Wäre es nicht sinnvoll […] den Internet-Zugang als Universaldienst zu definieren, der
so selbstverständlich zur Wohnung gehört wie Strom, Wasser oder Gas? „Ein solches Vorgehen wird
derzeit bei der EU-Kommission in Brüssel beraten“, sagt Erika Mann, die sich als SPD-Abgeordnete
im Europaparlament für eine derartige Lösung einsetzt. Bis zum Herbst soll ein so genanntes
Grünbuch die Entscheidung beschleunigen.“ Schmundt: ebd.
30
Branche führt. Die Dotcom-Revolution des Web 1.0 endet mit dem Platzen der
Dotcom Bubble. Dies wiederum leitet den Wandel im WWW zur Phase Web 2.0 ein.
Das Web 2.0 funktioniert nach dem Prinzip des Produsage, es ist ein „MitmachNetz“, aber nur eine Million deutsche User nutzen Web 2.0 aktiv. Der Wandel zu
Web 3.0 hat begonnen - unklar ist, welche Auswirkungen dieser
tatsächlich
langfristig haben wird. Eine weitere Entwicklung ist im Wandel von Web 1.0 zu Web
2.0 bedeutsam: Der Einsatz so genannter Social Software.
3. Virtual Community
Im Rahmen des Wandels zu Web 2.0 werden verschiedenartige, so genannte Social
Softwares programmiert, was in jüngster Zeit dazu führt, dass mit der zunehmenden
Inanspruchnahme der darauf basierenden Social Networks im WWW der bereits
1993 mit Erscheinen des Buches ‚The Virtual Community: Homesteading of the
Electronic Frontier’ von Howard Rheingold eingeführte Begriff ‚Virtual Community’ in
den Medien und im Internet diskursiv wieder signifikant häufig verwendet wird. Vor
dem Hintergrund, dass Rheingolds Buch bereits vor 15 Jahren erschienen ist, also
zu einem Zeitpunkt als erst 1,3 Millionen Hosts existierten und selbst angesichts der
Tatsache, dass im Jahr 2000, also zum Zeitpunkt der Auflage aus der hier zitiert
wird, erst 72,4 Hosts registriert waren, wirkt das Zitat “Millions of people on every
continent also participate in the computer-mediated social groups known as virtual
communities, and this population is growing fast”116 bei einer Zahl von 1,2 Millarden
Usern weltweit Ende 2007, prophetisch.
Dies alles macht eine Revision des Konzepts ‚Virtual Community’ unabdingbar, der
hier zunächst eine genaue Betrachtung der Bezeichnung Social Software voraus
gehen soll. Im Laufe des Wandels des World Wide Web vom Web 1.0 zum Web 2.0
wird ‚Social Software’ zum geflügelten Wort. Nähert man sich dem Terminus
interpretierend zunächst über die Übersetzung vom Englischen ins Deutsche und
übersetzt ‚Social Software’ mit Soziale Software, so wird klar, dass in diesen Begriff
ein breites Spektrum von Funktionen und Leistungen hinein interpretiert werden
kann. Social Software heißt nicht, dass die Software für sich genommen sozial ist
oder gar handelt, sondern bezeichnet Programme und Anwendungen, die entweder
dem Herstellen von Computernetzwerken oder so genannter Social Networks im
Web dienen sollen. Implizit wird bei dieser Bezeichnung angenommen, die
116
Rheingold,
Howard
(2000):
Introduction
http://www.rheingold.com/vc/book/intro.html).
(Download
am
19.2.2008
unter
31
Beziehungen, die zwischen den Mitgliedern solcher Netzwerke entständen, seien
sozialer Natur. Diese Annahme bedarf einer Überprüfung, die in Kapitel 4
vorgenommen werden wird und im Zusammenhang mit dem Kommunikations- und
dem Subjekt- bzw. Identitätsbegriff erfolgen soll. Im Grunde genommen kann man
unter den Begriff Social Software alles fassen, was in irgendeiner Form eine
technische Verbindung zwischen zwei Einzelgeräten oder Einzelprogrammen
ermöglicht, auch wenn damit letztendlich sogar Hardware eingeschlossen ist. Aus
dem Verständnis von Social Software als Kommunikationsinstrument bzw. –medium
heraus müssten, neben Telefonen, Mobiltelefonen, Konsolen (die an TV-Geräte oder
Bildschirme angeschlossen werden müssen) und Spielecomputern wie dem
Gameboy, zentrale, also auf dem Rechner installierte Emailprogramme oder
technische Strukturen wie die der Newsgroups des Usenet bzw. die Programme, die
sie erzeugen, als Social Software eingestuft werden. Erstgenannte Elemente sind
eigentlich Hardware - dass der Begriff Social Hardware noch nicht existiert, ist an
und für sich schon ein Wunder, gibt es doch Beispiele genug, siehe die Konsole
Nintendo Wii, die im Übrigen internetfähig ist und sowohl über ein Email- als auch ein
IM-Programm verfügt. Beim Spielen mit Wii gibt es einen Multiplayermodus117, der es
mehreren Mitspielern erlaubt mittels eines Controllers gemeinsam Bewegungsspiele
zu spielen. Spiele wie Singstar können zwar auch allein gespielt werden, dieses ist
aber ein mit Vorliebe auf Partys aufgestelltes Spiel oder eines, das im kleinen Kreis
ebenfalls mit mehreren daheim gespielt wird.118 Das noch „junge“ Konzept ‚Social
Software’ betrifft im Alltagsverständnis allerdings eigentlich die Software- bzw.
Programmsysteme, die hinter so genannten Virtual Communities im WWW stehen.
Social Software ist der Motor von Websites bzw. Providern wie youtube.com
(Videocommunity), flickr.com (Fotocommunity), myspace.com und StudiVZ (Social
Networks),
last.fm
(Internetradio
und
Listenercommunity),
vox.com
(Bloggercommunity) und Ähnlichen. Wichtig ist an dieser Stelle festzuhalten, dass
theoretisch und technisch sowohl Netzwerke im Internet auf Social Software basieren
als
streng
genommen
auch
Spielergemeinschaften,
die
durch
Vernetzung
elektronischer Geräte entstehen - in der öffentlichen Wahrnehmung und im
allgemeinen Sprachgebrauch sind mit Social Software aber nur die Programme
hinter den so genannten Virtual Communities gemeint. „Mit Social Software
117
Multiplayer = mehrere Spieler in einem Spiel.
Konsolen werden zur Inbetriebnahme an ein Fernsehgerät angeschlossen. Zumindest die Wii ist
damit, was die Bindung von Anwendungen betrifft, ähnlich zu Triple Play eine typische Web 3.0
Anwendung.
118
32
bezeichnet man Software Systeme, die die Zusammenarbeit und die Kommunikation
zwischen Akteuren stützen.“119
Das Konzept ‚Virtual Community’ wurde erstmals 1993 mit dem Erscheinen des
Buchs120 von Howard Rheingold einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Rheingold
selbst ist Psychologe und lehrt unter anderem Soziologie an der Universität in
Berkeley, Kalifornien, USA. Seine Erfahrungen, die er in der Virtual Community The
WELL sammelte führten ihn zu der Annahme, dass innerhalb von Netzwerken oder
Gruppierungen im Internet Gemeinschaft im soziologischen Sinne entstehen kann.
The WELL, Whole Earth `Lectric Link, ist eine Gruppierung die 1985 im Usenet
entstanden ist, also relativ zeitgleich mit der Erfindung von NTTP und damit dem
ersten sprunghaften Anstieg von IP Adressen und damit auch Usern im Netz
zusammen fällt. Die Gruppierung wird von Stewart Brand und Larry Brilliant
gegründet – sie entsteht aus einem Dialog von Autoren und Lesern des Whole Earth
Review.121 The WELL wird heute von der Salon Media Group betreut, die auch
verantwortlich ist für salon.com, ein Online News Magazin. Die Teilnehmer von The
WELL werden auf der Internetpräsenz im WWW derzeit folgendermaßen
beschrieben: “The regulars in this place include noted authors, programmers,
journalists, activists and other creative people who swap info, test their convictions
and banter with one another in wide-ranging conversations.”
122
Die User oder
Mitglieder von The WELL tauschen sich in Foren aus, wie sie beispielsweise in
Kapitel 2 beschrieben wurden. Heute allerdings ist der technische Aufbau der Foren
im Vergleich zum Aufbau und zur technischen Funktionsweise der Newsgroups der
80er Jahre differenzierter.
Howard Rheingold beschreibt das Nutzerverhalten der User oder Mitglieder von The
WELL in ‚The Virtual Community’ so: „[…] a few dozen of us, scattered across the
country, few of whom rarely if ever saw the others face-to-face, had a few years of
minor crises to knit us together and prepare us for serious business when it came our
way. Another several dozen read the conference regularly but contribute only when
119
Stegbauer, Christian /Jäckel, Michael (2008): Social Software – Herausforderung für die
mediensoziologische Forschung. In: Dies.: Social Software. Wiesbaden. S. 7. S. 7 – 10.
120
Rheingold, Howard (Erstveröffentlichung 1993 / 2000): The Virtual Community. Homesteading On
The
Electronic
Frontier.
(Download
am
19.2.2008:
Introduction
http://www.rheingold.com/vc/book/intro.html; Chapter 1 – The Heart of The WELL http://www.rheingold.com/vc/book/1.html; Chapter 2 – Daily Life in Cyberspace: How the
Computerized Counterculture Built a New Kind of Place - http://www.rheingold.com/vc/book/2.html)
121
Vgl. http://www.well.com/index.html. Whole Earth Review: Magazin, das aus dem von Steward
Brand gegründeten CoEvolution Quarterly hervorgegangen ist und nun Whole Earth heißt. Der
Untertitel ist von Anfang an Access to Tools und Ideas.
122
Vgl. http://www.well.com.
33
they have something important to add. Hundreds more every week read the
conference without comment, except when something extraordinary happens.”123
Außergewöhnliche Umstände sind für Rheingold, auch das beschreibt er im Buch,
reale Vorfälle, also beispielsweise Heirat, Geburten oder Tod.124 Analog zu den
Erfahrungen, die Rheingold bei (oder in?) The WELL gemacht hat, beschreibt er den
Cyberspace als Raum. Er legt dieser Einstufung als Raum, in dem mittels Computer
Mediated Communication (CMC)125 Konversationen entstehen können, die Theorie
der ‚Dritten Orte’ des amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg126 zugrunde.
Oldenburg zufolge sind ‘Dritte Orte’, also (wie im Untertitel beschrieben)
Kaffeehäuser, Gemeindezentren, Friseursalons, „ […] largely a world of its own
making, fashioned by talk and quite independent of the institutional order of the larger
society. […]”127, neben der eigenen Wohnung als erstem Ort und der Arbeitsstelle als
zweitem Ort. Und weiter: „Third places exist on neutral ground […] Within these
places, conversation is the primary activity and the major vehicle for the display and
appreciation of human personality and individuality. […] The character of a third
place is determined most of all by its regular clientele and is marked by a playful
mood, which contrasts with people's more serious involvement in other spheres.”128
Im letzten Teil der Definition ergibt sich eine interessante Übereinstimmung mit der,
zugegebenermaßen euphemistischen Selbstbeschreibung von The WELL auf deren
Website. “The WELL is a place made of words, an extraordinary word palace with
thousands upon thousands of topics of interest.”129
Sowohl in oder bei ‚Dritten Orten’ als auch bei The WELL ist Konversation mit
Anderen das Ziel aller Beteiligten. In der Selbstschreibung scheint bereits durch, was
Rheingold konkret beschreibt: Bei der erneuten Betrachtung von Rheingolds
Beschreibung von The WELL fällt auf, dass er mit seiner Beschreibung des
Nutzerverhaltens bei The WELL das Zusammentreffen von Menschen an Dritten
Orten beschreibt, mit dem Unterschied, dass es sich bei The WELL nicht um einen
real existierenden Ort handelt, sondern dass dies ein vorgestellter Ort im Netz ist.130
123
Vgl. Rheingold (2000): Chapter 1 – The Heart of The WELL.
(Download am 19.2.2008 unter http://www.rheingold.com/vc/book/1.html)
124
Vgl. Rheingold (2000): Introduction.
125
Auf CMC wird in Kapitel 4.1 detailliert eingegangen werden.
126
Oldenburg, Ray (1997, Ertveröffentlichung 1989): The Great Good Place – Cafes, Coffee Shops,
Community Centers, Beauty Parlors. New York.
127
Ebd. Zitiert nach Hellmann, Uwe (2007): Das Internet als Dritter Ort? (Download unter:
http://markeninstitut.wordpress.com/2007/11/27/das-internet-als-dritter-ort/)
128
Oldenburg. Zitiert nach Rheingold (2000): Chapter 1.
129
Vgl. http://www.well.com/index.html.
130
Die gegebene räumliche Trennung hier außer acht lassend.
34
Abb. 8: Logo von The WELL 2007131
Oder, anders herum, Ray Oldenburg scheint mit seiner Definition ‚Dritter Orte’ den
grundsätzlichen Charakter des Internet zu beschreiben. Nicht jeder kann diese
Vorstellung von Raum teilen, die zumindest im Selbstverständnis von The WELL fest
verankert zu sein scheint. Sowohl der Raumbegriff als damit einhergehend auch ein
Begriff von Zeit bzw. ihrer Relativität, und im Vergleich dazu der Begriff des
Zeitpunktes, werden in den Kapitel 4 eingehender thematisiert werden. Oldenburg ist
davon überzeugt, dass ‚Dritte Orte’ für das Entstehen von Gemeinschaft unabdingbar
notwendig sind. „…nothing contributes as much to one’s sense of belonging to a
community as much as ‘membership’ in a third place”132 Das Gefühl der
Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft wird nach Oldenburg durch die Mitgliedschaft in
oder zu einem ‚Dritten Ort’, man könnte auch sagen durch die regelmäßige
Anwesenheit an einem Ort und die sich dort immer wieder ergebende Konversation
mit denselben Menschen, wird ein Gemeinschaftsgefühl getriggert und dadurch ist
Gemeinschaft selbst erst möglich. Überraschenderweise schreibt Rheingold zur
Atmosphäre „die entsteht, wenn man (...) mit WELL Kontakt aufnimmt [. Sie] ist der
Atmosphäre sehr ähnlich, die aufkommt, wenn man kurz ins Café, die Kneipe oder
den Aufenthaltsraum reinschaut, um zu sehen, wer da ist, und ob ein kleiner Schwatz
angesagt ist"133 Genau deswegen definiert er Virtual Communities als „ […]
Gemeinschaften, die aus dem Netz entstehen, wenn genug Leute öffentliche
Diskussionen lange genug aufrecht erhalten, mit genügend menschlichen Gefühlen,
131
Download am 7.3.2008 unter: http://www.well.com. Interessant ist das Icon an zweiter Stelle im
Wort WELL. Es ersetzt ein ‘e’ und steht für Earth, also Erde oder Welt. Es ähnelt dem @ Symbol
insofern, als dass das ‚e’ ebenfalls „eingekreist“ ist. Das E des Wortes Electric entfällt und findet sich
ebenfalls im „E-im-@-Kreis“-Symbol an zweiter Buchstabenstelle des Wortes WELL wieder – es soll
also die Assoziation einer Electric Earth, einer Virtual World, geweckt werden. Das verkürzte Wort
`Lectric könnte zurückgeführt werden auf das lateinische Wort ‚lectare’, was soviel wie amüsieren,
ergötzen oder belustigen bedeutet. The WELL ist also eine elektronische oder virtuelle Welt, die
unterhält.
132
Oldenburg: Ebd. Zitiert nach Hellmann: Ebd.
133
Rheingold, Howard (1994): Virtuelle Gemeinschaft Soziale Beziehungen im Zeitalter des
Computers. Bonn / Paris. S. 41.
35
um persönliche Bindungen im Cyberspace zu bilden.“134 Bei Hagel und Singer sind
Virtual Communities so definiert: „Virtual communities build on network users
widespread desire to connect with each other around common areas of interest.”135
Die deutsche Übersetzung von Community, Gemeinschaft, ist soziologisch bereits
definiert und überhaupt nicht mit dem in Einklang zu bringen, was im alltäglichen
Sprachgebrauch und nach Rheingolds Definition unter ‚Virtual Community’
verstanden wird. Nach Definition des Begriffs durch Rheingold ist allerdings klar,
dass er mit Virtual Communities keineswegs Gruppen wie Mailinglisten oder
Netzwerke wie die Newsgroups im Usenet meint, sondern dass er proklamiert, dass
soziale Gemeinschaft im soziologischen Sinne im Netz innerhalb von Gruppen und
Netzwerken entsteht. Das Internet oder WWW selbst ist nach Rheingold als Raum zu
verstehen, die Websites oder Foren sind die verschiedenen Orte. The WELL ist
dementsprechend einer von vielen möglichen ‚Dritten Orten’, die analog zur sozialen
Realität, ebenfalls sozial sind. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass sich die
Communityforschung im anglo-amerikanischen Raum im Gegensatz zur deutschen
Gemeinschaftsforschung
Lebensgemeinschaften
(Gemeinden)
vor
und
beschäftigt,
so
allem
mit
nachbarschaftlich
dass
der
Formierung
organisierter
Forschungsergebnisse
dörflicher
Gemeinschaften
aus
dem
anglo-
amerikanischen Raum im Kontext der Forschungsfrage auf ihre Validität hin geprüft
werden müssen.136 Mit dem Aufkommen der typischen Web 2.0 Anwendungen und
daraus folgend dem Einsatz von Social Software, gewinnt das Konzept Virtual
Community wie gesagt eine neue mediale, vor allem aber wirtschaftliche
Relevanz.137 Die Mitgliederzahlen der Online Communities sind unglaublich groß.
Facebook ist gerade mit einer deutschen Version an den deutschen Markt gegangen.
Die deutsche Myspace Version gibt es bereits seit August 2006; sie hat derzeit rund
4,5 Millionen Mitglieder.138
134
Ebd.: S. 16.
Hagel, John / Singer, Marc (1999): Networth. New York. S. 88.
136
Vgl. Grundmann, Matthias (2006b): Soziale Gemeinschaften: Zugänge zu einem vernachlässigten
soziologischen Forschungsfeld. In: Ders. et al.: Soziale Gemeinschaften. Experimentierfelder für
kollektive Lebensformen. Berlin. S. 13f.
137
Im Juli 2005 wurde Myspace für 580 Millionen Dollar von Rupert Murdoch gekauft. Der Holtzbrinck
Verlag hat StudiVZ 2007 für 85 Millionen Euro gekauft. Facebook wird seit dem Einstieg von Microsoft
sogar mit 15 Milliarden Dollar bewertet. Vgl. Bonstein, Julia (10.3.2008): „Stupser contra Gruschler“. In
DER SPIEGEL 11/08. S. 110.
138
Ebd.
135
36
Abb. 9: Mitgliederzahlen deutscher und weltweiter Online Communities im Vergleich.139
Brian Cruikshank, Vizepräsident des Marktforschungsunternehmens Ipsos Insight
konstatiert bereits 2006: „The frequency of visitation to social networking websites
globally implies that many Internet users are no longer simply ‘trying out’ these sites,
but rather adopting social-networking as a significant part in their evolving digital
lifestyle. What will be interesting to monitor is the affect social networking will have on
other online and offline entertainment behaviors that ultimately compete for a share
of the consumer’s disposable time.”
140
Es wird deshalb nun neben dem Ursprung
einer Theorie der Gemeinschaft in den kommenden Kapiteln das Konzept der
Imagined Community vorgestellt und eine soziologische Definition von sozialer
Gemeinschaft vorgenommen. Damit einher gehend ist es unabdingbar nötig, CMC
und deren Bedeutung für Gruppen und Netzwerke bzw. die aus CMC entstehenden
Konversationen genau zu definieren. Ebenfalls zu konkretisieren ist die Annahme
Rheingolds, das Internet sei ein Raum oder werde als Raum wahrgenommen, in dem
kommuniziert und gehandelt wird. In diesem Kontext muss auch die Frage nach der
Emergenz von Öffentlichkeit gestellt werden. Des Weiteren wird die Konstruktion des
139
Vgl. Bonstein.
Executive Vice President & Managing Director von Ipsos Insight's Technology & Communications
Practice. Siehe dazu auch Graphik im Anhang, Beispielbild IV.C.32, S. 118. Frequentierung von
Social Networking Sites zwischen 2005 und 2006 im globalen Vergleich. S. (Download am 25.2.2008
unter:
http://www.ipsos-na.com/images/media/mr070703-2.jpg)
140
37
Subjekts und die Entwicklung von Persönlichkeit und Identität im virtuellen Kontext
zu bestimmen sein. Daraus folgend ist die Frage zu stellen, ob Beziehungen, die
zwischen Menschen im Netz bestehen, sozial sind, ob also im Internet sozial
gehandelt werden kann. Damit einhergehend soll die Frage nach der Möglichkeit der
Emergenz von Intersubjektivität im Web gestellt werden. Dies alles wird in Kapitel 4
geschehen.
Zuallererst
werden
jedoch
die
Ursprünge
des
soziologischen
Gemeinschaftsbegriffs bei Ferdinand Tönnies untersucht.
3.1 Gemeinschaft und Gesellschaft nach Ferdinand Tönnies
Die soziologische Definition von sozialer Gemeinschaft geht ursprünglich auf den
Gemeinschaftsbegriff
in
Ferdinand
Tönnies
Publikation
Gemeinschaft
und
Gesellschaft zurück.141 Die erste Auflage von 1887 stieß auf wenig öffentliches
Interesse. Die zweite Auflage von 1912 fand in den damals entstehenden
Jugendbewegungen viele Rezipienten. Tönnies sah seine Aufgabe nicht so sehr in
der Teilhabe an der Konstruktion einer soziologischen Theorie, sondern in der
Dokumentation der Entstehung bürgerlich-demokratischer Strukturen.142 Vorbilder
sind für Tönnies Hobbes in Großbritannien143 und Spinoza in den Niederlanden, wo
die Entstehung von Bürgerlichkeit und die Reflexion dieses Prozesses viel weiter
fortgeschritten sind144 und außerdem den Bundesgenossen Hegel.145 Tönnies
unterscheidet beim Menschen zwei Grundformen von Rationalität, und zwar „…den
Willen, sofern in ihm das Denken, und das Denken, sofern darin der Wille enthalten
ist.“146 Matthias Grundmann umschreibt dies so: „… in jedem Handeln [drückt sich
ein] Wollen [aus], also ein Denken darüber, mit welchen Mitteln welche Zwecke
erreichbar sind, wie Bedürfnisse befriedigen können und das soziale Miteinander
organisiert werden kann. […] [Es basiert] auf dem Willen der Akteure, sich sozial zu
verbinden, um gemeinsame Interessen besser vertreten zu können.“147
141
Tönnies, Ferdinand (1988): Gemeinschaft und Gesellschaft. Grundbegriffe der reinen Soziologie.
Darmstadt.
142
Vgl. Bickel, Cornelius (1991): Ferdinand Tönnies. Soziologie als skeptische Aufklärung zwischen
Historismus und Rationalismus, Opladen. S. 53.
143
Walther, Manfred (1991): Gemeinschaft und Gesellschaft bei Ferdinand Tönnies und in der
Sozialphilosophie des 17. Jahrhunderts oder: Von Althusius über Hobbes zu Spinoza – und zurück, in:
ders., S. 83 – 106.
144
Merz-Benz, Peter-Ulrich (1991): Die begriffliche Architektonik von „Gemeinschaft und
Gesellschaft“, in: Clausen, Lars / Carsten Schlüter (Hrsg.): Hundert Jahre »Gemeinschaft und
Gesellschaft«. Ferdinand Tönnies in der internationalen Diskussion. Opladen. S. 31 - 64.
145
Vgl. Opielka, Michael (2004): Gemeinschaft in Gesellschaft: Soziologie nach Hegel und Parsons.
Wiesbaden. S. 24.
146
Tönnies (1988): S. 73.
147
Grundmann, Matthias (2006b): S. 9f.
38
Die dichotome Unterscheidung in Gemeinschaft und Gesellschaft resultiert insofern
aus den zwei Willen, als dass aus dieser hervor- „gehet […], wie Wesenwillen zu
Gemeinschaft die Bedingungen in sich trägt, Kürwille aber Gesellschaft hervor
bringt.“148
Das Wollen wird also bei Tönnies spezifiziert in zwei Ausprägungen
unterschieden, in das Grundbedürfnis nach sozialer Bindung (Wesenwillen) und das
Streben nach Organisation des Zusammenlebens.149 Wesenwille ist nach Tönnies
das „psychologische Äquivalent des Leibes, oder das Prinzip der Einheit des Lebens,
sofern dieses unter derjenigen Form der Wirklichkeit gedacht wird, welcher das
Denken selber angehört.“150 Kürwille hingegen entspricht dem ‚Ich’, „insofern als es
aller übrigen Eigenschaften entkleidet und wesentlich denkend begriffen wird [...]“151
Dabei geht die „…Theorie der Gemeinschaft […] von der vollkommenen Einheit
menschlicher Willen aus, welche trotz der empirischen Trennung […] sich
erhalte.“152, denn „Die allgemeine Wurzel dieser Verhältnisse ist der Zusammenhang
des vegetativen Lebens durch die Geburt; die Tatsache, dass menschliche Willen,
insofern, als dass jeder einer leiblichen Konstitution entspricht, durch Abstammung
und Geschlecht miteinander verbunden sind und bleiben, oder notwendiger Weise
werden“153 Insofern ist für Tönnies die Verbundenheit aller Menschen über den
Wesenwillen und den Kürwillen natürlich, die daraus entstehenden sozialen Gebilde
jedoch sozusagen ‚kultürlich’154, da sie erst durch die Willen des Menschen
entstehen. Gemeinschaften und Gesellschaft bilden nach Tönnies zusammen
sozusagen einen Kulturraum. Über die Willen sind alle Menschen eines Kulturraums
miteinander verbunden – Beziehungen von Menschen sind Beziehungen der Willen.
Tönnies unterscheidet in die organische und mechanische Bindung - Bindung „wird
entweder als reales und organisches Leben begriffen – dies ist das Wesen der
Gemeinschaft, oder als ideelle und mechanische Bildung – das ist der Begriff der
Gesellschaft.“155 Thomas Dierschke präzisiert dies so: „Die Beziehungen, die auf der
Grundlage des Wesenwillen bestehen, nämlich die Gemeinschaften, sind demnach
lebendige, organisch gewachsene Beziehungen, die auf eine gemeinsame
148
Tönnies (1979):Gemeinschaft und Gesellschaft. Grundbegriffe der reinen Soziologie. Darmstadt.
S.135.
149
Grundmann (2006b): S. 10f.
150
Tönnies, Ferdinand (1935): Gemeinschaft und Gesellschaft. Grundbegriffe der reinen Soziologie.
Leipzig.
S. 87.
151
Tönnies (1935): S. 88f.
152
Tönnies (1988): S. 7.
153
Tönnies (1988): S. 7.
154
Dieser Begriff stammt aus dem theoretischen Rahmen des methodischen Konstruktivismus und
wird auf den Mitbegründer Paul Lorenzen zurückgeführt.
155
Tönnies (1935): S. 5.
39
Vergangenheit zurück blicken können. Die Beteiligten haben ein umfassendes
gemeinsames Verständnis von dem, was sie tun. […] Gesellschaft lässt sich […] als
ein Beziehungsgeflecht mit ideellem und mechanischem Charakter beschreiben und
kann so durchaus auch mit dem verglichen werden, was unter dem Wort
Marktwirtschaft verstanden wird.“156
Die Willen der Menschen werden wiederum beeinflusst von der kultürlichen
Umgebung und von der natürlichen, also der tatsächlich gegebenen, biologistischen
und geographischen und außerdem der von Menschen gemachten, jeweils für das
einzelne
Individuum verfügbare,
technischen
Umwelt.
Dementsprechend
ist
Gemeinschaft wie auch Gesellschaft historisch abhängig. Gemeinschaft entsteht und
gestaltet sich immer wieder neu aus sich selbst heraus. Grundlage für die
Entstehung von Gemeinschaft ist nach Tönnies eine gegenseitig-gemeinsame,
verbindende Gesinnung; diese ist als eigener Wille der Gemeinschaft aufzufassen,
als Consensus. Consensus bezeichnet das Einverständnis zwischen den Mitgliedern.
Die Merkmale für Gemeinschaft sind Einverständnis, Gefallen, regelmäßige
Kontakte,
gemeinsame
Werte,
freiwillig
anerkannte
Autoritäten
und
ein
Kräftegleichgewicht zwischen den Mitgliedern. Nach Tönnies löst übermäßige
Konzentration
von
Entscheidungsmacht
auf
einzelnen
Mitgliedern
einer
Gemeinschaft diese auf. Tönnies unterscheidet insgesamt drei verschiedene Typen
von Gemeinschaft: Die Gemeinschaften des Blutes, des Geistes und des Ortes. Die
Gemeinschaft des Blutes entsteht zwischen den Mitgliedern einer Familie und
zwischen Verwandten.157 Die Beziehungen der Gemeinschaftsmitglieder sind hier
unmittelbar, nicht zweckrational und von unreflektierter Empathie und Instinkt
geprägt. Das Verständnis, dass unter den Mitgliedern von Geistesgemeinschaften
füreinander entsteht, beruht auf dem sich aus dem gemeinsamen Werthorizont der
Mitglieder ergebenden Handlungsrahmen und gemeinsamen Sinnstrukturen, an
denen die jeweiligen Handlungen ausgerichtet werden. Geistesgemeinschaften sind
beispielsweise religiöse Gruppierungen, Freundeskreise oder Interessengruppen.
Die dritte Form der Gemeinschaft ist die der Nachbarschaft, der Ehe und des
Hauses. Diese erste Definition von Gemeinschaft und Gesellschaft ist insofern
unvollständig, als dass Gemeinschaft und Gesellschaft bei Tönnies Konzeptbegriffe
156
Dierschke, Thomas (2006a): Organisation und Gemeinschaft. Eine Untersuchung der
Organisationsstrukturen Intentionaler Gemeinschaftenim Hinblick auf Tönnies Gemeinschaftsbegriff.
In: Grundmann et al. (Hrsg.): Soziale Gemeinschaften. Experimentierfelder für kollektive
Lebensformen. Berlin. S. 77f.
157
Vgl. Grundmann (2006b): S. 11ff.
40
sind.158 Die Mitgliedschaft zu einer solchen Gemeinschaft basiert auf lokaler Nähe,
gemeinsamem Besitz oder Abhängigkeit voneinander. Verbunden sind die Mitglieder
untereinander über gemeinsame Verwaltung oder Ordnung oder über gemeinsame
Arbeit. Das Verständnis, das hier entsteht, beruht auf Gewöhnung.159 Eine Auflösung
dieses Problems und damit die Erfassung von Gemeinschaften sowohl in der Mikround Makroebene, als auch in der Meso- und Exoebene, und eine gültigere Definition
von sozialer Gemeinschaft überhaupt, ist erst durch das Konzept der Imaginierten
Gemeinschaft von Benedict Anderson möglich.
3.2 Imagined Communities
Der amerikanische Politologe Benedict Anderson160 bis zu seiner Emeritierung
Professor an der Cornell University veröffentlichte 1983 das Buch ‚Imagined
Communities’.161 Das Konzept entstammt der politischen Nationalismusforschung
und hat damit direkte Auswirkungen auf die Geschichtswissenschaft, da die
Entstehung der einzelnen Nationen im Folgenden historisch anders zugeordnet
werden können. Benedict Anderson nimmt Tönnies´ Konzept von Gemeinschaft als
Ausgangspunkt, um Gemeinschaften in der differenzierten Postmoderne wieder
greifbar zu machen. Grundlage für die „vorgestellte Gemeinschaft“ ist, dass die
Wahrnehmung der Wirklichkeit grundsätzlich Ergebnis eines intersubjektiven,
gesellschaftlichen
Communities
Konstruktionsprozess
entsteht
somit
im
ist.162
Rahmen
Das
des
Konzept
Linguistic
der
Turn
Imagined
in
den
158
Vgl. Dierschke, Thomas et al. (2006b): Soziologische Gemeinschaftsforschung: Ein
programmatisches Fazit. In: Grundmann et al. (Hrsg.): Soziale Gemeinschaften. Experimentierfelder
für kollektive Lebensformen. Berlin. S. 190.
159
, „…die erstens tief in ihren jeweiligen, spezifischen Welten [Hervorhebung durch den Autor], in
ihren historischen, sozialen, mentalen und technologischen Kontexten verankert sind und nur in
diesen Zusammenhängen fasslich werden, zweitens, und noch wichtiger, dass sie in reziproker Weise
relativ sind, in diesem Sinne auch nur wechselseitig relative Ansprüche geltend machen können. Jede
der beiden Konstruktionen bezahlt ihren Geltungsanspruch mit dem Verlust der Totalkompetenz,
muss sich mit jeweils der Teilkompetenz begnügen, die der anderen zum Glück der Totalität fehlt.
Gemeinschaft ist wahr, insofern darin das Organische der Wirklichkeit im Sinne des sich selbst
erzeugenden Seins begriffen werden kann, aber sie hat nicht das Zeug zum Demiurgen, wie
Gesellschaft, die, wie die technologischen und intelligiblen Äquivalente Mechanik und Wissenschaft,
wirksam werden kann, aber eben als Fiktion eines organischen Ganzen, dem sie als sein Bestandteil
immer schon eingeschrieben ist.“ In: Dunkow, Michael (2000): Ferdinand Tönnies´ Gemeinschaft und
Gesellschaft – Eine Zusammenfassung. Winterthur. (Seminararbeit im WS 99/00 im Seminar
Lebensstile
und
sozialer
Wandel.
Download
am
7.3.2008
unter:
http://soziologie.ch/texts/docs/Toennies.pdf) S. 9.
160
bis zu seiner Emeritierung Professor an der Cornell University
161
Erstveröffentlichung in Deutschland (1988): ‚Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines
folgenreichen Konzepts. Berlin.
162
Vgl. Berger, Peter L. / Luckmann, Thomas (2001): Die gesellschaftliche Konstruktion der
Wirklichkeit. Frankfurt / a.M.. S. 175f.
41
Sozialwissenschaften in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts vor einem
konstruktivistischen Hintergrund.
Aus der objektiven Betrachtungsweise des Historikers ist Nation ein, epochal
betrachtet, neuer Begriff - kaum zweihundert Jahre alt, eine „kümmerliche[n]
Einbildung[en] der jüngeren Geschichte.“163 Benedict Anderson beschreibt Nation als
„eine
vorgestellte
politische
Gemeinschaft
–
vorgestellt
als
begrenzt
und
souverän.“164 Vorgestellt ist die Nation deshalb, weil im Kopf eines jeden, der Mitglied
davon ist, eine Vorstellung ihrer Gemeinschaft existiert, obwohl ein Kennenlernen Vis
à Vis untereinander aufgrund ihrer räumlichen Ausdehnung ausgeschlossen ist.
Begrenzt ist die Nation, weil sie innerhalb genau bestimmbarer, allerdings variabler
territorialer Grenzen liegt. Jenseits ihrer Grenzen liegen andere Nationen. Souverän
ist sie deshalb, weil sie sich als unmittelbare freie Gemeinschaft versteht. Die Nation
wird als Gemeinschaft vorgestellt, weil sie als Verbund von Gleichen verstanden
wird, die sich selbst ebenfalls als Gemeinschaft begreifen.165 Der Definition des
Soziologen M. Rainer Lepsius zufolge ist Nation „zunächst eine gedachte Ordnung,
eine kulturell definierte Vorstellung, die eine Kollektivität von Menschen als Einheit
bestimmt.“166 Wenn Lepsius von kulturell definierter Vorstellung schreibt, dann
beschreibt er damit den diskursiven Prozess, in dem die Kriterien für die Art der
Einheit von Menschen mit Bedeutung belegt werden. Die Kriterien für die Art der
Einheit sind in der Ordnungsvorstellung der Nation angelegt und können
verschiedener Art sein. „Sind dies ethnische Kriterien, so bestimmt sich eine Nation
als ethnische Abstammungseinheit; sind dies kulturelle Kriterien, so stellt sich die
Nation
als
Sprachgemeinschaft
dar;
sind
es
Kriterien
staatsbürgerlicher
Rechtsstellung, so ist die Nation eine Einheit von Staatsbürgern.“167 Die Nation ist
eine Konstruktion, die eine homogene Gemeinschaft, ein ‚Wir’, beinhaltet. „National
organisierte Gesellschaften bestimmen Grenzen nicht nur nach außen, sondern auch
nach innen. Die Form beider Grenzziehungsprozesse variiert: Sie kann selbst
wiederum nach ‚innen’-, d.h. durch eine essentialistische , sei es kulturelle, religiöse
oder ‚natürliche’ Bestimmung des ‚Wir’, oder ‚außen’-geleitet sein, d.h. durch eine
mehr auf Regeln des Ausschlusses beruhende Selbstbestimmung charakterisiert
163
Anderson, Benedict (1988): Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreiches Konzepts.
Frankfurt/Main. S.14.
164
Anderson, Benedict (1988): ebd. S.14ff.
165
Vgl. Ebd.: S.15.
166
Lepsius, M. Rainer (1990): Interessen, Ideen und Institutionen. Opladen. S.233.
167
Ebd.
42
sein.“168 Dementsprechend wird also die Identität einer Nation, die eine nationale
Gemeinschaft als Kollektividentität begreift, ebenfalls im sozialen Diskurs konstruiert.
Neben der Konstruktion der Bedeutung von Nation bzw. des Inhalts des Begriffs
Nation findet im diskursiven Prozess der Konstruktion von Repräsentation auch die
Konstruktion von Nationalidentität statt. Die Nation schafft sich relational zu anderen
Nationalidentitäten ein Bild von sich selbst. Denn „eine Nation konstituiert sich über
Selbst- und Fremdbilder. Im Bild von dem Fremden gewinnt man ein Bild von sich
selbst. Und umgekehrt: Am Selbstbild formt sich das Bild des Fremden. Insofern ist
in jedem Nationalismus immer die Abgrenzung vom Nationfremden eigen.“169 Dieser
Prozess wird auch als ‚Othering’ bezeichnet. Der Begriff geht auf Irit Rogoff zurück
und meint die Konstitution des Anderen durch Abgrenzung vom Anderen und daraus
folgend die Konstitution des Selbst. Für Mona Singer ist Identifikation die „Definition
einer Andersheit, die die Wir-Identität der Definierenden erst zu einer bezugsvollen
Identität macht. Jede Identifikation ist ein Akt der Unterscheidung und der
Grenzziehung und ist damit immer auch unlösbar mit dem wovon sie sich absetzen
will, verbunden. Und das bedeutet, dass wenn wir über andere reden, zugleich über
uns selbst reden.“170
Nationalidentität muss definiert werden als die Identifikation eines Kollektivs mit der
Vorstellung,
die
es
sich
von
Nation
und
Nationalkultur
gemacht
hat.
Nationalbewusstsein, Sprache, Literatur, und eigene Geschichtsschreibung sind
Kategorien kollektiver Identifikation. Sie bilden die überwölbende Sinninstanz
kollektiver Identität.171 Der Kollektivierungsprozess, in dessen Zuge eine ‚Wir’Gruppe und ein ‚Wir’-Ideal gebildet werden, ist ein Prozess der Grenzziehung. Bei
der Grenzziehung ist die Unterscheidung eines Innens vom Außen konstitutiv. Die
Grenzziehung
selbst
findet
innerhalb
Nationalkultur
statt.
„Ethnisch-nationale
der
Konstitution
Semantiken
des
haben
Diskurses
die
der
Funktion,
gesellschaftliche Einheit zu simulieren. […] Schon aus logischen Gründen ist dann
alles, was jenseits des Einschlusshorizonts der jeweiligen Nation liegt, fremd.“172
Sprache und deren Bedeutung für die Konstruktion von Wirklichkeit wird im Rahmen
168
Bielefeld, Uli (1991): Das Konzept des Fremden und die Wirklichkeit des Imaginären. In: Ders.: Das
Eigene und das Fremde. Hamburg. S. 99.
169
Langewiesche, Dieter (2000): Nation, Nationalismus, Nationalstaat in Deutschland und Europa.
München. S.49
170
Singer, Mona (1998): Fremd. Bestimmung. Zur kulturellen Verortung von Identität. Tübingen. S. 30
171
Nassehi, Armin (1990): Ethnizität und funktionale Differenzierung. Kurzfassung des Vortrags auf
dem Soziologentag 1990 in Frankfurt. S.2f.
172
Nassehi, Armin (1995): Der Fremde als Vertrauter. Soziologische Beobachtungen zur Konstruktion
von Identitäten und Differenzen. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 47, H.3, S.
452.
43
der Konstruktion von Identität in Kapitel 4.2 noch gesondert thematisiert werden. Es
kann für die Bildung von Nationalidentität überspitzt festgehalten werden: „Das Bild
des Fremden ist das Horrorkabinett des verdrängten Eigenen.“173 Erdheim führt dazu
weiter aus: „Das Bewusstsein einer nationalen organischen Einheit bedurfte des
Fremdenhasses, um die realen Konflikte unbewusst zu machen. Was die
Gesellschaft zusammenhielt, war alles andere als Sympathie.“174 Schon Nietzsche
hat bei der Analyse von Kollektivierungsprozessen festgehalten: „Je bestimmter eine
organische Einheit (z.B. eine Gemeinde, Herde) sich zum Bewusstsein kommt, umso
stärker ist ihr Hass gegen Fremde. Die Sympathie mit den Zugehörigen und der
Hass gegen das Fremde wachsen miteinander.“175 Die Herstellung einer ‚Wir’Gruppe hatte neben der Betonung der eigenen Größe also auch die Konstruktion
eines gefährlichen inneren und äußeren Feinds zur Folge.176 Jeismann verortet die
Ausbildung nationaler Semantiken und nationaler Identität als Reaktion auf innere
oder äußere Krisen.177
Sowohl Lepsius als auch Anderson legen dem Begriff Nation und der Bildung eines
Bewusstseins von Nation kulturelle Wurzeln zugrunde, denn „nationale Kulturen
konstruieren Identitäten, indem sie Bedeutungen der ‚Nation’ herstellen, mit denen
wir uns identifizieren können; sie sind in Geschichten enthalten, die über die Nation
erzählt werden, in den Erinnerungen, die ihre Gegenwart mit der Vergangenheit
verbinden und in den Vorstellungen, die über sie konstruiert werden.“178 Der Bildung
von Nationalidentitäten ist also die Bildung von Nationalkultur vorausgesetzt. Nation
ist „gesellschaftliche Konstruktion, […] Imagination und Erfindung, die nur so lange
ihre politische Wirkung behält, wie sie im kulturellen Gedächtnis und vor allem in der
gesellschaftlichen Werteordnung lebendig bleibt.“179 Der Bildung einer Nation muss
also die Konstituierung eines Nationalbewusstseins vorausgehen; die Vorstellung
einer nationalen Gemeinschaft muss in den Köpfen vorhanden sein, damit reale
Auswirkungen wie die Nationsbildung stattfinden können. Erst mit der Schaffung von
Territorialstaaten, die von den Fürsten der Renaissance durchgesetzt werden, wird
173
Erdheim, Mario (1988): Die Repräsentanz des Fremden. In: ders. (Hg.): Psychoanalyse und
Unbewusstheit in der Kultur. Frankfurt/M. S. 246.
174
Ebd.
175
Nietzsche, Friedrich (1931): Die Unschuld des Werdens. Bd.2. Leipzig. S.376.
176
Vgl. Bielefeld: S.111.
177
Vgl. Jeismann, Michael (1992): Das Vaterland der Feinde. Studien zum nationalen
Selbstverständnis in Deutschland und Frankreich. Stuttgart. S.13.
178
Hall, Stuart (1994a): Die Frage der kulturellen Identität. In: Ders. Rassismus und kulturelle Identität.
Ausgewählte Schriften 2. Hamburg. S.201.
179
Langewiesche, Dieter (2004): Nachwort zur Neuauflage. Eric J. Hobsbawms Blick auf Nationen,
Nationalismus und Nationalstaaten. In: Hobsbawm, Eric J.: Nation und Nationalismus. Frankfurt/Main.
S.225.
44
die Grundlage für größere und homogenere sozial-politische Einheiten gelegt, die die
Basis
für
die
Entwicklung
eines
Nationalbewusstseins
sein
können.
Die
Verstaatlichung einzelner Gebiete geht mit einer ethnischen und sprachlichen
Vereinheitlichung einher. Die Durchsetzung einer Schriftsprache und die Verbreitung
und Zugänglichkeit zum gedruckten Wort für breite Bevölkerungsschichten ist in
erster Linie Grundlage für die Ausbildung eines Nationalbewusstseins. Durch die
Verschriftlichung
Sprachraum
gesprochener
angehörenden,
Umgangssprachen
Menschen
„der
wurden
sich
Hunderttausende,
die,
ja
einem
Millionen
Menschen in ihrem eigenen Sprachbereich gewahr - und gleichzeitig der Tatsache,
dass ausschließlich jene Hunderttausende oder Millionen dazu gehörten.“180 Die
Vorstellung einer Gemeinschaft von Menschen, die dieselbe Sprache sprechen und
die klar abzugrenzen ist von anderen Gemeinschaften von Menschen, die diese
Sprache eben nicht sprechen, ist zugleich der Beginn der national vorgestellten
Gemeinschaft.181
Der Brite Stuart Hall knüpft die Entstehung von Nationalkultur in der Vorstellung
eines Kollektivs an die Nutzung verschiedener diskursiver Strategien.182 Er wählt
zunächst die Erzählung der Nation aus, die im Zusammenhang von Geschichten,
Vorstellungen, geschichtlichen Ereignissen, nationalen Symbolen und Ritualen
diskursiv konstruiert wird. Das Alltagsleben des Einzelnen wird hier an das Schicksal
der Nation gebunden. In diesem Kontext erscheint nationale Identität als
ursprünglich, traditionell verwurzelt und natürlich. „Traditionen, die so erscheinen als
wären sie alt, oder dies behaupten, sind oft erst vor kurzem entstanden oder
manchmal erfunden.“183 Die Natürlichkeit und Unveränderbarkeit des Konstrukts
Nation bzw. Nationalidentität ist nach Hobsbawm eine notwendige historische
Fiktion. „'Invented tradition' is taken to mean a set of practices, normally governed by
overtly or tacitly accepted rules and of a ritual or symbolic nature, which seek to
inculcate certain values and norms of behaviour by repetition, which automatically
implies continuity with the past. In fact, where possible, they normally attempt to
establish continuity with a suitable historic past. [...] However, insofar as there is such
reference to a historic past, the peculiarity of 'invented' traditions is that the continuity
with it is largely factitious. In short, they are responses to novel situations which take
the form of reference to old situations, or which establish their own past by quasi180
Anderson, Benedict (1988): Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreiches Konzepts.
Frankfurt / Main. S. 51.
181
Hall (1994a): S.201.
182
Vgl. ebd. S.202ff.
183
Hobsbawm, Eric J. (1992): The Invention of Tradition. Cambridge. S. 1.
45
obligatory repetition.184 Diese angenommene Natürlichkeit der Tradition und der
Verhältnisse scheint beispielsweise bei Tönnies an vielen Stellen durch und führt zur
dogmatischen Trennung in organische oder mechanische Beziehungen.185 Diese
begrenzte Perspektive führt zur Dichotomie von Gemeinschaft und Gesellschaft und
damit einher gehend entsteht die Ausschließlichkeit, dass Bindungen bzw.
Beziehungen entweder als organisch, bei Tönnies gleichbedeutend mit real, oder als
mechanisch einzustufen sind. Dadurch ist die Bildung von Gemeinschaften bei
Tönnies noch von der realen Verbindung der einzelnen Mitglieder einer
Gemeinschaft abhängig.
3.3 Wie ist soziale Gemeinschaft soziologisch definiert?
Nach soziologischer Definition ist soziale Gemeinschaft eine soziale Entität, also eine
Gruppe von Individuen, die an einem bestimmten, real begrenzten geographischen
Ort und zu einer bestimmten Zeit bzw. Zeitpunkt in einem klar abgesteckten
Sozialraum handeln
miteinander
umgehen.
Die
Individuen
innerhalb
einer
bestimmten sozialen Gruppe teilen gemeinsame Interessen; ein gemeinsamer
Wertehorizont konstituiert sich. Vergemeinschaftung findet immer innerhalb eines
sozialen Raums innerhalb eines bestimmten, umweltabhängigen Handlungsrahmens
statt. Notwendig für das Bestehen von Gemeinschaft ist die Reziprozität der
Beziehungen der Individuen innerhalb einer sozialen Gemeinschaft, kommunikative
Dichte, gemeinsame Lebenspraxis oder -Kultur, Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit.
„Gemeinschaften sind es, die jenseits individueller Handlungsinteressen eine
gemeinsame Lebenspraxis konstituieren. Sie setzen eine gewollte Zusammenkunft
individueller Akteure und den Willen nach einer gemeinsamen Lebenspraxis und
Führung voraus. Mehr noch: Sie lassen sich nicht anhand formaler Kriterien der
Mitgliedschaft bestimmen, sondern lediglich durch das konkrete Handeln individueller
Akteure in Hinblick auf ein gemeinsames Handlungsziel.“
186
Hinreichend für die
Existenz von sozialer Gemeinschaft ist die Konstitution eines Innen, die Motive für
und das Ausmaß von Selbstbindung und eine formalrechtliche Verfassung. Innerhalb
von Gemeinschaften werden sowohl Gemeinschafts- als auch (Teil-)Individual184
Ebd.
Interessant in Bezug auf die Annahme eines natürlichen Verhältnisses ist beispielsweise dies: „Und
folglich ist auch die Sphäre des gemeinschaftlichen Lebens und Arbeitens den Frauen vorzüglich
angemessen, ja notwendig. Ihnen ist das Haus, und nicht der Markt, das eigene oder Freundes
Gemach, und nicht die Straße, Stätte des Wirkens.“ Ferdinand Tönnies (1979): Gemeinschaft und
Gesellschaft. S. 135.
186
Grundmann, Matthias (2006b): S. 9.
185
46
Identitäten konstruiert. Nachhaltig müssen Gemeinschaften insofern sein, als dass
sich die Zugehörigkeit zu ihr auf die weitere Lebensführung des mitwirkenden
Individuums auswirken muss. Soziale Gemeinschaften zeichnen sich, mit Ausnahme
der anthropologisch bedingten Form von Gemeinschaft - ‚Familie’ - vor allem durch
freiwillige Selbstbindung aus. Funktionell sind soziale Gemeinschaften unabdingbar
notwendig,
um
verlässliche
Sozialbeziehungen
aufzubauen,
um
also
ein
lebenswichtiges soziales Netz zu knüpfen – nach Darwin hat jeder Mensch das
Grundbedürfnis Teil einer Gemeinschaft zu sein, da der „Mensch […] ein soziales
Tier“ 187 ist.
Eine besondere Form der Gemeinschaft ist die der Intentionalen Gemeinschaft. In
Intentionalen
Gemeinschaften leben die Menschen
zusammen,
teilen
eine
gemeinsame Lebenswelt und die Individuen haben daraus folgend einen
Lebensstil.188
gemeinsamen
Intentionale
Gemeinschaften
und
Gemeinschaft
überhaupt konstituieren sich durch Ausbildung einer Gemeinschaftsidentität in
Abgrenzung zu anderen Gruppen. Konstitutiv für die dadurch konstruierte
Gruppenidentität sind somit die jeweilige Eigen- bzw. Selbstzuschreibungen und die
Zuschreibungen auf die jeweilige Nicht-Gemeinschaft. Sowohl Formen der privaten
Lebensführung (Partnerschaften, Wohngemeinschaften, Kommunen) als auch
politische und religiöse Gruppierungen (Parteien, Religionsgemeinschaften) und
Organisationen
Formationen
(Genossenschaften,
können
Subgemeinschaften
Vereine)
Gemeinschaften
bilden.
Soziale
bilden
sind
bzw.
Gemeinschaft
soziale
in
Gruppen.
ihnen
werden
Diese
können
dazu
sich
genutzt,
Kollektivinteressen zu optimieren; vom Individuum werden soziale Gemeinschaften
zur Optimierung der Individualinteressen genutzt.
Die zentralen Dimensionen der sozialen Gemeinschaft sind gemeinsame ‚Werte’,
‚soziale Beziehungen’ und die Form der ‚Organisation’ innerhalb der Gemeinschaft –
diese Dimensionen formen das Gemeinschaftsleben.189 Die drei Dimensionen
werden ergänzt durch die Dimension der Ökonomie. Jeder dieser Dimensionen
können ‚Realitäten’ oder ‚Visionen’ zugeschrieben werden.190 Die ersten drei
Dimensionen lassen sich außerdem auf jeweils zwei Ebenen untersuchen.
187
Darwin, Charles (1859; deutsche Übersetzung von Victor Clarus 1872): Über die Entstehung der
Arten. Bd. II: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl. Berlin. S.71
188
Vgl. Grundmann (2006a): S. 22.
189
Ebd.: S. 21.
190
Vgl. Grundmann, Matthias (2006c): Gemeinschafts-Experimente. Soziale Gemeinschaften –
Experimentierfelder des Zusammenlebens. (Unveröffentlichter Foliensatz aus dem Seminar
Sozialisation und Gemeinschaft, SoSe 2006, WWU Münster)
47
Gemeinschaftstyp, Dimensionen und die nun im Folgenden beschriebenen Ebenen
und Realitäten bzw. Visionen bedingen einander gegenseitig. ‚Werte’ können auf der
individuellen und der gemeinsamen (bzw. Gemeinsamkeit erzeugenden) Ebene
gesondert analysiert werden. Auf der individuellen Ebene können Interessen und
Motive festgestellt werden, auf der Gemeinsamen allgemeine, den Gesellschaftstyp
kennzeichnende Werte und gesellschaftspolitische Leitvorstellungen. Auf der zweiten
Ebene sind außerdem konkrete, Beziehung und Lebensführung betreffende Normen
auszumachen. Werte können gesellschaftspolitische, religiöse und spirituelle Realität
erlangen. ‚Soziale Beziehungen’ können auf der persönlichen und emotionalen
(Freundschaft, Einverständnis, Intimität) oder auf der institutionalisierten bzw.
zweckbestimmten Ebene (Arbeit / Organisation von sozialen Beziehungen innerhalb
einer sozialen Gemeinschaft) beschrieben werden. Die Realität von Beziehungen
umfasst
private
und
kollektive
Bindungen
oder
beispielsweise
Konfliktlösungsstrategien. Die Dimension ‚Organisation’ kann durch Analyse von
Organisationsgrad, also Grad der Institutionalisierung und juristischen Normbildung,
und -Struktur bestimmt werden. Abhängig von dieser Dimension sind verschiedene
Realitäten: Hierarchien, funktionale Differenzierung, also zum Beispiel das
Herausbilden von Funktionsrollen, und das Entstehen von realen Körperschaften,
also beispielsweise Institutionen. Die Dimension der Ökonomie bestimmt sowohl
private, als auch kollektive oder genossenschaftliche Realität.
Bis
hierher
wurden
bereits
folgende
Gemeinschaftstypen
identifiziert:
Die
Gemeinschaften des Blutes, des Geistes und des Ortes, Imaginierte Gemeinschaften
und die verschiedenen Formen der Intentionalen Gemeinschaft. Für alle diese
Gemeinschaften gilt: je größer die Zahl der Mitglieder einer Gemeinschaft, desto
geringer ist die Kontaktdichte bzw. die Chance auf tatsächliche Begegnung der
Mitglieder innerhalb der Gemeinschaft. Aus diesen Definitionen von sozialer
Gemeinschaft ergeben sich stets folgende Bezugspunkte zur Definition des zu
analysierenden Gemeinschaftstyps: Ökonomie, öffentliche Diskurse, Recht und
Normen bzw. Werte. Diese werden durch die Dimensionen ‚Beziehungen’ und
‚Organisation’ ergänzt.191 Soziale Gemeinschaften können insgesamt aus vier
Perspektiven beobachtet werde: aus etymologischer, handlungstheoretischer,
gesellschaftstheoretischer
191
192
und
gesellschaftspolitischer.192
Die
etymologische
Ebd.
Grundmann (2006b): S.15ff.
48
Perspektive, also die Analyse der Benennung des Gemeinschaftstyps gibt Auskunft
über den Nutzen der Mitgliedschaft in einer Gemeinschaft für deren Mitglieder, zum
Teil auch über die Motive der Mitgliedschaft oder die jeweils geteilten Interessen
bzw. Intentionen. Handlungstheoretisch kann Gemeinschaft über die Analyse der
Prozesse des Aushandelns des Gemeinsamen innerhalb einer Gemeinschaft und die
Untersuchung von Kommunikation und der Formen des Interessenaustauschs
greifbar
gemacht
werden.
Auch
die
Art
der
Zugehörigkeit
und
die
Handlungsalternativen, die im Rahmen der Norm einer Gemeinschaft liegen, können
hier empirisch erfasst werden. In gesellschaftstheoretischer Hinsicht sind die
Prozesse sozialer Schließung zu untersuchen, die Organisation des Gemeinsamen
und
die
Tradierung
Handlungsorientierungen.
bzw.
Institutionalisierung
gemeinsamer
Wert-
und
Aus der gesellschaftspolitischen Perspektive ist die
kollektive Bindung im Vergleich zur Individualbindung zu betrachten. In dieser
Sphäre
kann es auch
zur
Ideologisierung
von
Gemeinschaft
kommen. 193
„Forschungspraktisch folgt […] , dass man nicht von vorneherein eine bestimmte
Wirkung eines bestimmten Ereignisses auf ein gegebenes Subjekt unterstellen darf,
sondern dass dieses Ereignis so zu nehmen ist, wie das Subjekt es wahrgenommen
und interpretiert hat, und diese erfordert eine Rekonstruktion seines spezifischen
Hintergrundes.“194 Grundsätzlich sind Gemeinschaften in dieser Arbeit zu verstehen
als „Akteurskonstellationen, deren Zusammenhang durch eine auf ein gemeinsames
Merkmal
bezogene
kollektive
Identität
und
deren
soziale
Ordnung
durch
identitätsgeleitetes Handeln hergestellt wird.“195
Kommt man zurück zur Hauptfrage, also danach, ob Gemeinschaft im Sinne Tönnies
im Internet, also sowohl im Usenet (Bsp. The WELL) als auch im World Wide Web im
Rahmen von Web 2.0 Anwendungen, entstehen kann, dann müssen zunächst einige
Begriffe und Konzepte definiert werden. In Kapitel 4 werden aus Kapitel 2 und 3
folgend Information und Wissen, Zeit und Zeitpunkt, sowie Kommunikation und CMC
definiert werden. Es wird außerdem ein jeweils schlüssiger Identitäts-, Subjekt-,
Sozialisations-, Handlungs- und Raumbegriff eingeführt werden. Eine besondere
Rolle werden in diesem Kontext Sprache, Wahrnehmung, Bewusstsein und Realität
193
Vgl. Grundmann (2006b): S.13.
Geulen, Dieter (2000): Zur Konzeptualisierung des Verhältnisses von externen und internen
Bedingungen im Prozess lebenslanger Sozialisation. In: Hoerning, Erika M. (Hg.): Biographische
Sozialisation. Stuttgart. S. 197.
195
Gläser, Jochen (2004): Der unmögliche Subtyp. Unter welchen Oberbegriff passen „virtuelle
Gemeinschaften? In: In: K.-S. Rehberg (Hg.): Soziale Ungleichheit - Kulturelle Unterschiede.
Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Frankfurt.
S. 1885.
194
49
spielen. Es wird in Kapitel 4 versucht werden, den Rückbezug zum Versuch der
Definition von Virtual Communities stets aufrecht zu erhalten.
4. Kommunikation, CMC und Handlungsräume
Nimmt man mit der Benennung von Virtual Community durch Rheingold an, dass
unter Umständen tatsächlich eine Form von virtueller Gemeinschaft emergiert, dann
muss diese Form von Gemeinschaft aus soeben präzisierten Perspektiven und in
allen gerade beschriebenen Dimensionen und Ebenen untersucht werden. Dies ist
durch verschiedene Studien im Usenet ansatzweise versucht worden. Die geringe
Zahl der IP-Adressen und User zu Usenet-Zeiten ließ aber im Großen und Ganzen
nur den Rückschluss zu, dass es sich bei den Mailinglisten und Newsgroups nach
soziologischer Definition mehrheitlich nur um Gruppen und Netzwerke handelt. Durch
die in Kapitel 2. beschriebene Entstehung des World Wide Web und den in Kapitel
2.1 beschriebenen Wandel von Web 1.0 zu Web 2.0 und Web 3.0 werden die
technischen Möglichkeiten der Nutzung im Internet 2008 beschrieben. Damit einher
gehend
wurde
der
ökonomische
und
gesellschaftspolitische
Kontext
der
Internetentwicklung genau beleuchtet. Auch die Bedeutung der Existenz des Internet
für die juristische Dimension wurde zumindest ansatzweise hingewiesen. Damit
wären die Dimensionen Recht, Ökonomie und technische Gegebenheiten zumindest
aus gesellschaftsökonomischer und -politischer
Ebene ansatzweise beschrieben.
Empirisch wurde der Kreis der Nutzer, die Web 2.0 Anwendungen aktiv nutzen auf
ca. 2,5% der Onliner in Deutschland eingekreist, das entspricht rund einer Million
Menschen. Weltweit gibt es aus Kapitel 2.3 folgend 1,2 Milliarden Onliner. Es ist also
zu überprüfen, wie viel Prozent der Weltbevölkerung Web 2.0 Anwendungen passiv
nutzen. Außerdem ist zu bestimmen, wie viel Prozent der Onliner in Deutschland
Web 2.0-Anwendungen konstant passiv gebrauchen. Die Gruppen der aktiven und
passiven User von Web 2.0 Anwendungen und die Gruppe derjenigen, die das Netz
eher eingeschränkt nutzen, werden im Verlauf von Kapitel 4.2 genau definiert und
benannt werden. Erst damit wäre die quantitative Analyse der demographischen
Gegebenheiten im Internet vollständig. Anschließend ist zu präzisieren, welche
sozialen Folgen die Existenz einer noch relativ undefinierten Sphäre hat, in der,
zumindest theoretisch, Milliarden von Menschen miteinander in Kontakt treten
könnten.
An
dieser
Stelle
wird
offensichtlich,
dass
‚Virtual
Community’
auch
aus
handlungstheoretischer Perspektive untersucht werden muss, damit überprüft
50
werden kann, ob soziale Interaktion im Netz stattfindet, aus der Intersubjektivität
entstehen kann. Eine diskursive Näherung an das Konzept ‚Virtual Community’
wurde in Kapitel 3.1 bereits begonnen, wird aber erst in Kapitel 5 vollständig zuende
geführt. Vernachlässigt wurden bislang die handlungstheoretische Perspektive, die
etymologische
und
die
gesellschaftstheoretische
Perspektive,
sowie
die
Dimensionen ‚Beziehungen’, ‚Organisation’, und ‚Ökonomie’ innerhalb von so
genannten Virtual Communities. Außerdem muß im weiteren Verlauf eine Analyse
der Ebenen der Dimensionen Beziehungen, Werte und Organisation erfolgen.
Inwieweit gerade die letzten beiden Punkte im Rahmen dieser Arbeit geleistet
werden können, soll zunächst dahin gestellt bleiben. Nach Kapitel 3 davon
ausgehend, dass der virtuelle Raum vereinzelt als soziales System aufgefasst wird,
muss im Folgenden untersucht werden, wie ein soziales System grundsätzlich
strukturiert ist und welche Funktionen es hat. Zunächst wird damit ein grundlegendes
Verständnis dafür entwickelt wie ‚soziales System’ definiert wird.
„Die Elemente sozialer Systeme, also ihre nicht weiter auflösbaren Letzteinheiten,
bezeichnet Luhmann als Kommunikationen.“196 Luhmann identifiziert somit zunächst
Handlung als falschen Ausgangspunkt für die Bildung sozialer Systeme. Er sieht
Handlung als Produkt eines Systems und nicht als Ursache. Kommunikation ist in
diesem Verständnis unausweichlich eine soziale Operation und geht folgerichtig mit
jedem
sozialen
System
einher.
Kommunikation
ist
nach
Luhmann
eine
obligatorische, auf jede soziale Situation folgende Operation. Hieraus lässt sich
folgern, dass jede Kommunikation eine Anschlusskommunikation nach sich zieht.
Kommunikation hat eine emergente Realität, das heißt eine höhere Seinsstufe
entsteht aus der Niederen durch Selbstdifferenzierung und neuen Selbstaufbau und
bildet dementsprechend einen Sachverhalt sui generis - Kommunikation bildet also
durch sich selbst eine Klasse. Kommunikationen und Kommunikationssysteme
generieren die Elemente, aus denen sie bestehen, selbst; sie sind autopoietisch. Das
Konzept der Autopoiesis wird angewandt, weil alles, was funktional für die Bildung
und Aufrechterhaltung eines Systems ist, durch das System selbst produziert und
reproduziert wird und das jeweils in einer Umwelt unter Beschränkung durch diese.
Dies fasst Luhmann für Kommunikation so zusammen: „Nur Kommunikation kann
Kommunikation beeinflussen; nur Kommunikation kann Einheiten der Kommunikation
196
Kneer, Georg/ Nassehi, Armin (1993): Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme. München. S.
65.
51
dekomponieren und nur Kommunikation kann Kommunikation kontrollieren und
reparieren.“197 Kommunikation selbst entsteht durch die Synthese von drei
verschiedenen Selektionen, „deren Selektivität und deren Selektivitätsbereich
überhaupt erst durch Kommunikationen konstituiert werden.“198
Diese sind die
Selektion der Mitteilung, die Selektion der Information dieser Mitteilung und
selektives Verstehen oder Missverstehen dieser Mitteilung und ihrer Information. Es
gibt keine kausalen Abhängigkeiten zwischen diesen Komponenten, sie sind im
zirkulären Sinne wechselseitig füreinander Vorraussetzung. Kommunikation kann
nicht in Einzelschritte zerlegt werden; auch wenn jeder Schritt für sich erkannt und
analysiert werden kann, die Selektionen existieren ausschließlich zusammen. Alle
drei Operationen sind zugleich aufeinander bezogen. Nur zusammen erzeugen sie
Kommunikation, das heißt also auch, dass Kommunikation nur zustande gebracht
wird, wenn die Selektionen zur Kongruenz gebracht werden.199 Selektion als
Voraussetzung für die Entstehung von Kommunikation zu nehmen heißt, dass das
Prinzip des Verstehens die basale Voraussetzung für das Entstehen von
Kommunikation ist. Mit Verstehen ist das Verstehen der Differenz von Information
und Mitteilung gemeint. Kommunikation erkennt und versteht die Differenz zwischen
dem Inhalt einer Information und den Gründen, aus denen der Inhalt mitgeteilt wird.
Alle drei Komponenten des Differenzierungs- bzw. Verstehensprozesses müssen
jeweils als Selektion erfahren werden und eben dadurch unterschieden werden.
Dieser Vorgang wiederum unterscheidet Kommunikation von Wahrnehmung.200
Wenn die Selektionen nicht vollzogen werden, entsteht keine Kommunikation: „Die
Wahrnehmung bleibt zunächst ein psychisches Ereignis ohne kommunikative
Existenz.“201 Daraus zieht Luhmann den Schluss, dass der Mensch nicht
kommunizieren kann: „Nur die Kommunikation kann kommunizieren.“202 Dieses Zitat
illustriert, was Luhmann als Prämisse zu übernehmen fordert: Der Mensch sei als
Aktant durch das soziale System Kommunikation abzulösen. Nicht der Mensch,
vielmehr das Bewusstsein, ist kommunizierendes Element in einem sozialen System
bzw. Hersteller von Kommunikation, sondern Kommunikation ist autopoietisch.
197
Luhmann, Niklas (1995): Soziologische Aufklärung 6. Opladen. S.101 f.
Ebd.: S. 118.
199
Ebd.: S. 115 f.
200
Wahrnehmung ist nicht ohne weiteres anschlussfähig. Jeder nimmt wahr; das Wahrgenommene ist
jedoch im psychischen System eingeschlossen und für alle anderen psychischen Systeme
intransparent. Das Wahrgenommen kann vom psychischen System eingebracht werden, aber nur
wenn die Eigengesetzlichkeit des Kommunikationssystems übernommen wird.
201
Ebd.
202
Luhmann, Niklas (1990): Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main. S. 31.
198
52
Kommunikation stellt sich innerhalb des eigenen Systems rekursiv immer wieder neu
her. Auf der Ebene organischer, neuronaler und psychischer Prozesse ist
Kommunikation ausgeschlossen. Der Mensch selbst ist kein System, sondern eine
bestimmte
Menge
unterschiedlicher
eigenständiger
Systeme
ohne
gesamtautopoietische Einheit. Nach Luhmann wirken die Systeme zwar insofern
aufeinander ein, als dass beispielsweise Bewusstsein ohne das Vorhandensein
eines organischen Körpers gar nicht erst möglich ist, aber sie sind füreinander in
erster Linie zu verarbeitende Umwelteinflüsse. Wichtig ist an dieser Stelle, explizit
zwischen Kommunikationssystem und dem psychischen System des Menschen,
dem Bewusstsein, zu differenzieren: Jedes Bewusstsein denkt für sich, es würde
kommunizieren, genau das tut es aber nicht: Es denkt die Kommunikation eben nur.
Das psychische System ist nur eines der Systeme des Menschen und damit von den
anderen Systemen des Menschen, beispielsweise dem neuronalen System, zu
trennen.
Das Bewusstsein ist ein autopoietisches System. Sein kleinstes Element ist der
Gedanke. Existenziell für das Bestehen eines autopoietischen Systems ist, wie oben
bereits erwähnt, die selbstreferentielle Geschlossenheit des Systems. Es verarbeitet
Umwelteindrücke nur zu systemeigenen Bedingungen und es produziert die eigenen
kleinsten unteilbaren Elemente aus eigenen, bereits bestehenden selbst. Bezüglich
des Systems Bewusstseins heißt das, dass der einzelne existente Gedanke nur der
aktuell gedachte ist und zugleich auf unzählige, im Hintergrund präsente, andere
verweist. Signifikantes Merkmal ist die Anschlussfähigkeit; damit ist gemeint, dass
auf jeden Gedanken ein neuer Gedanke folgen muss, da sonst der autoreproduktive
Prozess des Systems unterbrochen ist und dann auch das System aufhört zu
existieren. Ebenfalls notwendig für das Bestehen eines autopoietischen Systems ist
die bereits genannte Geschlossenheit. Gemeint ist damit, dass die im psychischen
System stattfindenden Prozesse ebenfalls nur nach systemeigenen Bedingungen
funktionieren. Diese Prozesse sind zudem für alle anderen psychischen Systeme
nicht wahrnehmbar, also intransparent für andere psychische Systeme in einem
einzelnen System eingeschlossen. Die an Kommunikation beteiligten psychischen
Systeme sind somit füreinander Black Boxes.203 Das Bewusstsein nimmt im Kontext
der Rekonstruktion eines sinnhaften Kommunikationsbegriffs auch insofern eine
Sonderrolle ein, als dass nur das psychische System die Kommunikation reizen
kann,
203
also
ein
„Rauschen
im
Programm“
ausmacht.
Eine
Irritation
der
Kneer, Georg / Nassehi, Armin: S. 72.
53
Kommunikation durch Bewusstsein kann zum Systemproblem werden, das die
Anschlusskommunikation verhindern kann und so den Zusammenbruch des
Kommunikationssystems auslösen kann. Problematisch ist bei Luhmann in erster
Linie die dogmatische Trennung der Systeme. Die Systeme Kommunikation und
Bewusstsein sind innerhalb des Systems Mensch keineswegs so autark, wie
Luhmann behauptet. Sie existieren zwar separat voneinander, können sich jedoch
gegenseitig maßgeblich beeinflussen.
Habermas rückt Handlung wieder in den Fokus. Er differenziert Gesellschaft in
System und Lebenswelt. Er schlägt zur Beschreibung der oben aufgeführten
Problematik das Modell der ‚Kolonisierung der Lebenswelt’ durch systemische
Imperative vor. Die Systeme Ökonomie und Politik haben sich zusammen mit der
funktionalen Differenzierung von Gesellschaft entwickelt.204 „Wenn […] diese
Steuerungsmedien Einfluss auf die Lebenswelt nehmen, „kolonialisieren“ sie sie […].
Dieser Umstand beschreibt […] das Problem moderner, funktional differenzierter
Gesellschaften. Sie verlieren die kommunikative und damit die verständnis-orientierte
Erdung.“205 Innerhalb der Lebenswelt kumuliert das kulturelle Hintergrundwissen. Vor
dem Hintergrund der Lebenswelt treten Individuen miteinander kommunikativ
handelnd in Aktion: „Kommunikatives Handeln spielt sich innerhalb der Lebenswelt
ab, die den Kommunikationsteilnehmern im Rücken bleibt. Diesen ist sie nur in der
präreflexiven
Form
von
selbstverständlichen
Hintergrundwissen
präsent“206
Habermas entlehnt den Handlungsbegriff bei Weber, der in Handeln, Soziales
Handeln und Verhalten unterscheidet, immer voraussetzend, dass „Handeln an sich
[…] ein menschliches Verhalten [sei], […] mit einem subjektiven Sinn verbunden.“207
Nach Bahrdt ist Handeln im Unterschied zu sozialem Handeln auf Objekte
gerichtet.208 Weber forciert damit eine dichotome Weltaufteilung, „indem er subjektive
Faktoren und ihren Bezugspunkt in der materielle und in der sozialen Welt
unterscheidet. Sinn ist in diesem Zusammenhang eine sozial vermittelte Kategorie209,
die sich auf die Bildung allgemeingültiger Typen stützt und konsensbasiert ist. Damit
ihre Handlungen konsensbasiert sein können, orientieren sich Menschen in ihrer
204
Vgl. Nikolow, Esther Dschamilja (2008): Entscheidungsfindung zwischen Subjektivität und
Determinismus. Westfälisch Wilhelms Universität Münster. (unveröffentlichte Magisterarbeit. Prüfer:
Prof. Dr. Matthias Grundmann). S. 33.
205
Ebd.
206
Habermas, Jürgen (1995): Theorie des kommunikativen Handelns. Bd.1. Handlungsrationalität
und gesellschaftliche Rationalisierung. Suhrkamp: Frankfurt a.M. S. 449.
207
Weber, Max (2005): Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie. Frankfurt
am Main. S. 3.
208
Bahrdt, Hans Paul (1994): Schlüsselbegriffe der Soziologie. München. S. 31.
209
Weber, Max (2005): S. 4.
54
Konzeption an Argumenten, d.h. sie handeln rational.“210 Soziales Handeln definiert
Weber wie folgt: „Soziales Handeln, (einschließlich des Unterlassens oder Duldens)
kann orientiert werden am vergangenen, gegenwärtigen oder für künftig erwartbare
Verhalten anderer. […] Die ’anderen’ können Einzelne und Bekannte, oder
unbestimmt viele und ganz Unbekannte sein.“211 Verhalten ist in diesem Sinne zu
verstehen als nicht-intentional, spontan, reflektiert und unbewusst. „Wie jedes
Handeln kann auch das soziale Handeln bestimmt sein I. zweckrational: durch
Erwartungen des Verhalten von Gegenständen der Außenwelt und von anderen
Menschen und unter Benutzung dieser Erwartungen als „Bedingungen“ oder als
‚Mittel’ für rational, als Erfolg erstrebte und abgewogene eigene Zwecke, - 2.
wertrational: durch bewußten Glauben an den – ethischen, ästhetischen, religiösen,
und wie immer sonst zu deutenden – unbedingten Eigenwert eines bestimmten
Sichverhaltens rein oder als solchen und unabhängig vom Erfolg, - 3. affektuell,
insbesondere emotional: durch aktuelle Affekte und Gefühlslagen, - 4. traditional:
durch eingelebte Gewohnheit.“212 Das zweckrationale Handeln bei Weber betrachtet
Habermas als Grundlage aller anderen Handlungstypen213 und entwickelt in
Anlehnung an den Handlungsbegriff Webers die Theorie des ‚Kommunikativen
Handelns’.
‚Kommunikative Handlungen’ entstehen dann „…wenn die Handlungspläne der
beteiligten Aktoren nicht über egozentrische Erfolgskalküle, sondern über Akte der
Verständigung koordiniert werden. Im kommunikativen Handeln sind die Beteiligten
nicht primär am eigenen Erfolg orientiert; sie verfolgen ihre individuellen Ziele unter
der Bedingung, dass sie ihre Handlungspläne auf der Grundlage gemeinsamer
Situationsdefinitionen aufeinander abstimmen können. Insofern ist das Aushandeln
von Situationsdefinitionen ein wesentlicher Bestandteil der für kommunikatives
Handeln erforderlichen Interpretationsleistungen.“214 Insofern ist ‚Kommunikatives
Handeln’
auch
intersubjektives
Handeln,
also
weder
strategisch,
nicht
erfolgsorientiert, aber auf das gemeinsame Ziel, in diesem Fall Verständigung,
ausgerichtet. „Kommunikatives Handeln stützt
sich auf einen kooperativen
Deutungsprozess, in dem sich die Teilnehmer auf etwas in der objektiven, der
sozialen und der subjektiven Welt zugleich beziehen, auch wenn sie in ihren
Äußerungen thematisch nur eine der drei Komponenten hervorheben. […]
210
Nikolow: S. 25.
Weber, Max (1972): Wirtschaft und Gesellschaft. Tübingen. S. 11.
212
Weber, Max (2005): S. 17.
213
Vgl. Habermas : S. 22.
214
Ebd.: S. 385.
211
55
Verständigung bedeutet die Einigung der Kommunikationsteilnehmer über die
Gültigkeit einer Äußerung; Einverständnis die intersubjektive Anerkennung des
Geltungsanspruchs, den der Sprecher erhebt.“215 Das gemeinsame Ziel ist die
Verständigung,
Ziel
des
Verständigungsprozesses
jedoch
Einverständnis.
„Einverständnis beruht auf gemeinsamen Überzeugungen.“216 Diese sind zusammen
mit dem kulturellen Hintergrundwissen in die Lebenswelt eingebettet. Damit steht bei
Habermas, anders als bei Luhmann, Handlung im Zentrum der Entstehung sozialer
Systeme, denn „das Eingreifen in die materielle Welt der Gegenstände unterliegt
Kausalitätsbeziehungen,
die
sich
empirisch
erklären
lassen.
Die
tätige
Auseinandersetzung mit der sozialen Welt unterliegt […] Regeln, diese sind aber
wandelbar und damit kontingent.“217 Esther Nikolow fasst zusammen, „ […] dass die
vom Menschen selbst geschaffenen Strukturen begrenzend auf ihn zurückfallen.
Bisher genannt[…] waren Normierung von Handlungen und Sprache. Handlungen in
dem Sinne, dass in spezifischen Situationen bestimmte Reaktionen des Gegenübers
vorausgesagt werden können. Für Sprache gelten Normen insbesondere für die
Regelung des symbolischen Zeichengebrauchs.“218 Besagte Strukturen bilden den
Handlungsrahmen, in dem Individuen sozial interagieren.
In diesem Verständnis ist jeder Sozialraum auch, wenn nicht in allererster Linie ein
kommunikativer Raum, in dem innerhalb diskursiver Prozesse Bedeutung hergestellt
wird. Entsteht in diesem Kontext ein komplexes semantisches System, eine Sprache,
das von allen in jenem Raum lebenden Teilnehmern gesprochen wird, ist für alle die
natürliche und ‚kultürliche’ Umweltumgebung gleich und konstituiert sich ein Wertebzw Normenkanon, so kann auch vom Entstehen eines Kommunikativen
Kulturraums gesprochen werden. Das Entstehen von Netiquette und Chatiquette
weist auf die Emergenz eines, unter Umständen gemeinschaftsbildenden, auf die
Virtualität begrenzten Norm- bzw. Wertekanon hin. Inwiefern dadurch hier auch ein
Handlungsrahmen abgesteckt wird, kann an dieser Stelle noch nicht schlüssig
beantwortet
werden.
Wenn
nun
das
Internet
als
sozialer
Raum
und
dementsprechend als Handlungsraum219 verstanden wird, in dem Individuen
miteinander agieren, so stellt sich hier die Frage, ob die Interaktion der in der
215
Ebd.: S. 184.
Ebd.: S. 387.
217
Nikolow: S. 24.
218
Ebd.: S.30.
219
“action frame of reference” – es werden vier Subsysteme des allgemeinen Handlungssystems der
Gesellschaft unterschieden: Organische Systeme, Persönlichkeitssysteme, Soziale Systeme und
Kulturelle Systeme. Vgl. Parsons, Talcott / Shils, Edward (Hg.) (1959): Toward a General Theory of
Action. Cambridge. S.110ff.
216
56
sozialen
Realität
gleich
gesetzt
werden
kann
und
ob auch im Internet
Intersubjektivität entsteht.
An dieser Stelle stellt sich die Frage danach, wie Verständigung bzw. Verständnis
zwischen Individuen, die im Internet agieren, entstehen kann. Rheingold schreibt
dazu lapidar: „CMC is a way to meet people, whether or not you feel the need to
affiliate with them on a community level. It's a way of both making contact with and
maintaining a distance from others.”220 Auffällig ist, dass Rheingold mit CMC
offensichtlich auch die Möglichkeit der Konversation mehrerer Individuen meint. Es
ist
also
schwierig
Communication,
Kommunikation,
Konversation
und
Kommunikatives Handeln zu trennen und sinnvoll zueinander in Bezug zu setzen.
Deshalb sei zunächst CMC definiert: „…die Mensch-Computer-Kommunikation stellt
einen speziellen Fall […] [der Kommunikation] dar. Bei CMC handelt es sich […] um
die Verkopplung von wenigstens zwei Mensch-Computer-Kommunikationen mit Hilfe
einer Computer-Computer-Kommunikation, also einer Sequenz der Form »Mensch
(ego) – [Computer (i) – Computer (ii)] – Mensch (alter)».“221 Andreas Metzner stuft
CMC als eine Form der mittelbaren Kommunikation ein. „Mittelbare Kommunikation
liegt dann vor, wenn keine raum-zeitliche Co-Präsenz vorliegt und trotzdem
kommuniziert wird, entweder mittels eines Boten oder/und mittels eines Mediums (=
medienvermittelte, medialisierte bzw. mediatisierte Kommunikation). Im einfachsten
Fall geschieht das mittels eines Symbolons, das dem Boten mitgegeben wird, mittels
eines geschriebenen Textes […], der von Personen befördert wird, unter Nutzung
von Transportmitteln, unter Nutzung von Übertragungsmedien, und schließlich: durch
[…] CMC.“222 Nach Metzner ist CMC ‚Kommunikatives Handeln’, also Handeln, hier
wohl eher tippen, das auf andere bezogen und an andere gerichtet ist.
Es ist außerdem ist zwischen der zeitgleichen synchronen (Telefonieren, Chat, VoIP,
IM) und der asynchronen, zeitversetzten Kommunikation (Email, Posts in Foren) zu
unterscheiden. Durch CMC sind verschiedene Kommunikationsmuster realisierbar
(1 : 1 (eins zu eins); 1 : n (einer an viele), m :1 (viele an einen) und m : n (viele an
viele)).
223
Metzner betont, dass vor allem in der aktuellen Web 2.0 Umgebung im
Netz CMC „die Grenzen herkömmlicher medialer Kommunikation in gemeinsamen
Umgebungen
zu
überschreiten
[ermöglicht],
indem
die
den
Zugang
zu
220
Rheingold (2000b): Chapter 1.
Metzner-Szigeth, Andreas (2006): Cyber-Identitäten und Virtuelle Gemeinschaften – SozialPsychologische Überlegungen, in: Metzner-Szigeth, Andreas / Ursua, Nicanor (Hrsg.): Netzbasierte
Kommunikation, Identität und Gemeinschaft, Berlin. S. 51.
222
Metzner: ebd.
223
Vgl. ebd. f.
221
57
computergenerierten virtuellen Handlungs(um)welten ermöglicht. Dabei wird nicht
mehr nur kommuniziert, sondern auch virtuelle interagiert, z.B. in den Spielewelten
der MUDs (Multi User Dungeons).“224 Demnach entsteht Intersubjektivität zwischen
den im Internet handelnden Individuen sowohl durch Kommunikatives als auch durch
Soziales Handeln im Netz. Rheingold scheint jedenfalls mit CMC beides zu meinen,
also sowohl zeitgleiche Konversationen als auch zeitversetzt verschickte oder
gepostete und erhaltene Textnachrichten. Er sagt, dass an ‚Dritten Orten’ im Netz
mittels CMC Verständnis hergestellt wird. Damit erschließt sich hier, warum
Rheingold den virtuellen Raum als Handlungsraum beschreibt, wenn er Parallelen zu
Dritten Orten zieht. Charles Soukup geht sogar soweit CMC als virtuellen Dritten Ort
zu beschreiben.225
An dieser Stelle wäre wiederum ein Modell aus der Wirtschaft Zweck zu entfremden.
Der Voice Long Tail226 von Christopher Wood ist originär konstruiert worden, um eine
visuelles Modell zu haben, mit dem so genannten „Konversationsmärkte“ im Internet
abgebildet werden können. VoIP wird als Branchenzweig mit Zukunft gesehen. Um
das Konversationspotential im Internet zu dokumentieren werden in der Graphik The
Voice Long Tail Online Communities, also Social Networks wie Facebook, mit
einbezogen, um zu demonstrieren, welches Gesprächspotenzial im Internet besteht.
Die Kopplung von Internettelefonie und Communitynutzern als Kunden der VoIPMärkte weist auf ein viel interessanteres Phänomen hin. Es wird nicht länger mittel
eines Kommunikationsmediums Verständigung zwischen nur zwei Personen
hergestellt: Individuen nutzen Telefon, Mobiltelefon (mit SMS, MMS, Email), Instant
Messenger, Email, Foren und Plattformen, sowie Personal Messages in Foren und
auf Plattformen, um über Kreuz zu interagieren. Dieser Umstand wird hier als Cross
Communication (CC)227 benannt. Um daran teilzunehmen ist es unabänderbar
notwendig, mehrmals am Tag bestimmte Portale aufzusuchen bzw. mit dem Instant
224
Ebd.: S. 53.
Vgl. Soukup, Charles (2006): Computer-mediated communication as a virtual third place: building
Oldenburg’s great good places on the world wide web. London.
226
The Voice Long Tail - Siehe Beispielbild IV.C.35, S. 120.
227
Vgl. mit Marc Prensky’s Konzept der Digital Natives und Digital Immigrants (siehe auch Kapitel 4.2,
S. 76f) „Digital Natives are used to receiving information really fast. They like to parallel process and
multi-task. They prefer their graphics before their text rather than the opposite. They prefer random
access (like hypertext).” Prensky, Marc (2001): Digital Natives, Digital Immigrants. In: On the horizon.
(Download
am
15.3.2008
unter:
http://www.marcprensky.com/writing/Prensky%20%20Digital%20Natives,%20Digital%20Immigrants%20-%20Part1.pdf) S. 3.
225
58
Messenger online zu sein und auch ein Mobiltelefon zu haben.228 Welche
Auswirkungen das hat, wird in Kapitel 5 beschrieben werden.
4.1 Subjektkonstruktion, Sozialisation und Identität
Generell die Annahme voraussetzend, dass moderne, differenzierte Gesellschaften
nur
mit
selbstständigen
Persönlichkeiten
funktionieren
können,
entwickelt
Hurrelmann das Modell des produktiv Realität erzeugenden Subjekts, das sich vor
allem gegen die von Durkheim entwickelte Vorstellung, das Subjekt adaptiere
vorgegebene
gesellschaftliche
und
sozialen
Strukturen
lediglich,
richtet.229
Persönlichkeit umfasst ein spezifisches Gefüge aus Merkmalen, Eigenschaften,
Einstellungen und Handlungskompetenzen. Die Kombination der Elemente stellt den
individuellen Teil von Persönlichkeit, weitere Anteile ergeben sich aus dem
Sozialcharakter einer Gesellschaft.230 Persönlichkeit ist einerseits abhängig von den
genetischen Anlagen des Menschen und andererseits von der Gesamtsumme der
auf
ihn
einwirkenden
Umwelteinflüsse.
Persönlichkeitsentwicklung
ist
dementsprechend ein ständig stattfindender Austauschprozess zwischen dem
Subjekt, dessen gesellschaftlich vermittelter Umwelt und seinen Anlagen. Die
Betonung liegt beim diesem Ansatz auf der produktiven Komponente innerhalb des
so genannten Sozialisationsprozesses. Ziel des Sozialisationsprozesses ist die
Genese
der
Persönlichkeit,
des
Selbstbilds
und
der
Identität,
kurz,
die
Subjektwerdung, die Vermittlung bzw. Erlangung von Handlungskompetenz und
daraus folgend die Integration in die jeweils existente Gesellschaft.
Sozialisation ist dann erfolgreich, wenn ein „hohes Maß an Symmetrie von objektiver
und subjektiver Wirklichkeit (und natürlich Identität)“231 erlangt wird. „Sozialisation
bezeichnet den Prozess der Entstehung von Persönlichkeit in produktiver
Auseinandersetzung mit den natürlichen Anlagen, insbesondere den körperlichen
und psychischen Grundmerkmalen (der ‚inneren Realität’) und mit der sozialen und
physikalischen Umwelt (der ‚äußeren Realität’).“232 Persönlichkeit ist in diesem
Kontext ebenfalls zu definieren. Roth beschreibt Persönlichkeit konzeptionell so:
„Menschen zeigen in dem was sie tun ein zeitlich überdauerndes Muster. Dies
228
Ebd. S. 2: Digital Natives „are used to the instantaneity of hypertext, download music, phones in
their pockets, a library on their dektop, beamed messages and instant messanging. They´ve been
networked most or all of their lives. They have little patience for lectures, step-by-step-logic, and “telltest” instruction.” Siehe auch IV.D.1, CC-Beispiel, S. 125.
229
Vgl. Hurrelmann, Klaus (2002): Einführung die die Sozialisationstheorie. Weinheim/Basel. S.20.
230
Tillmann (2000): Sozialisationstheorien. Reinbek. S.12.
231
Berger, Peter L. / Luckmann, Thomas (2001): Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit.
Frankfurt a.M.. S.175.
232
Hurrelmann, Klaus (2002): Einführung in die Sozialisationstheorie. Weinheim/Basel. S. 7.
59
nennen wir ihre Persönlichkeit. Sie ist eine Kombination von Merkmalen des
Temperaments, des Gefühlslebens, des Intellekts und der Art zu handeln, zu
kommunizieren und sich zu bewegen. Personen unterscheiden sich gewöhnlich
untereinander in der Art dieser Kombination. Zur Persönlichkeit gehören
insbesondere die Gewohnheiten, d.h. die Art und Weise, wie sich eine Person
normalerweise verhält.“233
Hurrelmann stellt bei seinem Theorieansatz die Erlangung von Handlungskompetenz
in den Mittelpunkt und bedient sich dabei des symbolischen Interaktionismus nach
Mead (siehe unten). Vorraussetzung für die Bildung von Handlungskompetenz ist ein
„Zustand individueller Verfügbarkeit und der angemessenen Anwendung von
Fertigkeiten und Fähigkeiten zur Auseinandersetzung mit der äußeren Realität, also
den sozialen und dinglich-materiellen Lebensbedingungen.“234 Auf der Grundlage der
Basiskompetenzen werden diese speziellen „Fertigkeiten und Fähigkeiten, die
Vorraussetzung für ein soziales Handeln sind, nur über einen symbolisch vermittelten
Prozess der Interaktion von Menschen miteinander verstanden […], der sich über
wechselseitige Interpretation von sozialen Situationen vollzieht.“235 Während der
frühen
Phasen
der
Sozialisation
sollen
also
grundsätzliche
Verhaltens-,
Kommunikations- und Interaktionsstrategien eingeübt werden. Die Vermittlung von
Fertigkeiten und Fähigkeiten ist an ein System von Symbolen gebunden, dieses
System kann z.B. Sprache sein (siehe auch Identitätskonstruktion nach Hall, S. 63.).
„Der
Heranwachsende gewinnt
mit
der Einübung in die Grundmodi des
Sprachgebrauchs die Fähigkeit, die Subjektivität der eigenen Erlebnisse von der
Objektivität der vergegenständlichten Wirklichkeit, der Normativität der Gesellschaft
und der Intersubjektivität der sprachlichen Kommunikation selbst abzugrenzen.“236
Es wird in diesem Zuge also auch ein Bewusstsein für die soziale Realität entwickelt.
Hurrelmann macht als primäre Sozialisationsinstanzen soziale Netzwerke wie
Familie
und
Freundeskreis
aus,
als
sekundäre
gesellschaftlich
etablierte
Sozialisationsinstanzen wie Kindergarten, Schule und Bildungseinrichtungen; die
tertiären Sozialisationsinstanzen sieht er in formellen wie informellen sozialen
Organisationen, also in Freizeitorganisationen, in Medien und in Peergroups.237
Während der primären Sozialisation findet die Internalisierung, die Erfassung der
233
Roth, Gerhard (2007): Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten. Warum es so schwierig ist, sich
und andere zu ändern. Stuttgart. S. 15
234
Hurrelmann, Klaus (1986): Einführung in die Sozialisationstheorie. S. 160.
235
Hurrelmann (1986): ebd.
236
Habermas (1995): S. 445.
237
Vgl. Hurrelmann, Klaus: (2002): S. 32 ff.
60
objektiven Welt statt, in die das Individuum hineingeboren wird. Einen großen
Stellenwert während der primären Sozialisation hat der Erwerb von Sprache.
Sprache ist zugleich Inhalt und Instrument der Sozialisation. Während des
Spracherwerbs eignet sich das Individuum Bedeutungswelten an, vor deren
Hintergrund die eigene Identität positioniert wird. Sprache ist basal notwendig, um
Bedeutung und Sinn zu konstruieren. „Sinn entsteht aus Lücken. Der Mensch ist ein
Sinn suchendes Tier, immer darauf aus, Bedeutung zu bilden.“238
Die gesamte anthropologische Evolution des Menschen ist begleitet von der
Entwicklung von Sprachen. Sprache hat stets einen Doppelcharakter: Zum einen
kann sie ein Kriterium der Zugehörigkeit sein. Wenn ein Mensch eine bestimmte
Sprache spricht, so wird er zur jeweiligen Sprach- bzw. der daraus hergeleiteten
Kulturgemeinschaft gerechnet. Zum anderen ist Sprache gleichzeitig jedoch auch
das Repräsentationssystem, innerhalb dessen Bedeutungen konstruiert werden.
„Representation is the process in which members of a culture use language (broadly
defined as any system which deploys signs, any signifying system) to produce
meaning. [...] Things do not have in themselves any fixed, final or true meaning. It is
in us – in society, within human cultures – who make things mean who signify.”
239
Eine Vereinheitlichung von Sprache und die Einführung einer dazugehörigen
Schriftsprache ist demnach nicht nur ein Kriterium, auf dessen Grundlage das
Bewusstsein von der Existenz einer Sprachgemeinschaft erwächst, sondern zugleich
das Instrument, mit dem in einem diskursiven Prozess Inhalte und Bedeutungen
konstruiert bzw. miteinander verknüpft werden. „Die Sprache […] [ist] ein innerer
Bereich, den Sprechende gemeinsam schufen und aufrechterhielten.“240 Aus
Symbolen und Repräsentationen werden zusammen mit kulturellen Institutionen
auch nationale Kulturen gebildet.241 „Eine nationale Kultur ist ein Diskurs – eine
Weise, Bedeutungen zu konstruieren, die sowohl unsere Handlungen als auch
unsere Auffassungen von uns selbst beeinflusst und organisiert.“242 Esther Nikolow
präzisiert dies so: Es ist „wichtig, […] Metarepräsentationen […] sprachlich [so] zu
verobjektivieren und zu entäußern, dass sie von seinem Gegenüber verstanden
238
Wilfried Korfmacher (Professor am Fachbereich Design der Fachhochschule Düsseldorf) über
Kommunikationsdesign. In: „Design muss manchmal enttäuschend sein“ (am 3.10.2004 auf WELT
ONLINE;
Download
am
9.3.2008
unter:
http://www.welt.de/printwams/article116092/Design_muss_manchmal_enttaeuschend_sein.html)
239
Hall, Stuart (1997): Representation – Cultural Representation and Signifying Practises. London.
S.61.
240
Said, Edward (1978): Orientalism. New York. S.136.
241
Vgl. Hall, Stuart (1994a): Die Frage der kulturellen Identität. In: Ders. Rassismus und kulturelle
Identität. Ausgewählte Schriften 2. Hamburg. S.201.
242
Ebd.
61
werden. Diese Handlung bedarf eines hohen Strukturierungsrades, um ihr Ziel
erreichen zu können.“243
Im Prozess der Grenzziehung nach innen und außen findet gleichzeitig die
Etablierung
des
bezeichnenden
Repräsentationssystem,
innerhalb
Repräsentationssystems
dessen
die
Definition
statt.
der
Das
Andersheit
vorgenommen wird, ist ein binärer Identifikationsraum, der zugleich eine Wertung
enthält. „Nur dadurch, dass man den Unterschied zwischen Innen und Außen, Oben
und Unten, Männlich und Weiblich, Dafür und Dagegen scharf pointiert, kann ein
Anschein von Ordnung geschaffen werden. […] Der Versuch, die […] Ereignisse […]
unter einem noch völlig unerprobten Blickwinkel wahrzunehmen und zu beurteilen,
konnte
nur
erfolgreich
sein,
wenn
der Wahrnehmung
gleichsam gewisse
Markierungen geboten, Grenzziehungen vorgenommen wurden, die nicht nur das
Eigene vom Fremden, Feindlichen trennten, sondern Wert und Bedeutung dieses
Eigenen durch einen hohen Grad an Gefährdung betonten.“244 Um die moderne
Dichotomie von Identität und Differenz zu unterbrechen, führt Derrida den sich durch
einen Buchstaben vom Wort ‚différence’ unterscheidenden Begriff ‚différance’ ein.
Dieser bedeutet sowohl Unterschied als auch Aufschiebung.245 Der Begriff soll
verdeutlichen, dass „die Bedeutung eines Zeichens immer nur durch den
aufschiebenden Umweg über andere Zeichen zu erfassen ist, und nie durch einen
direkten Bezug zum Zeichen selbst.“246 Diese Produktion und Erfassung von
Bedeutung, die im Reflexionsraum zwischen dem Eigenen und dem Anderen
konstruiert
wird,
geschieht
ausschließlich
über
verschiedene
Repräsentationssysteme.
„Nicht das Andere definiert das Eine, indem es sich selbst als das Andere definiert:
es wird von dem Einen, das sich als das Eine versteht, als das Andere gesetzt.“247
Dem Individuum ist der signifikante Andere entgegengesetzt, dessen Rollen und
Einstellungen er übernimmt. „Die Alterität ist eine grundlegende Kategorie des
menschlichen Denkens. Keine Gemeinschaft definiert sich jemals als die Eine, ohne
243
Esther: S. 28.
Douglas, Mary (1985): Reinheit und Gefährdung. Eine Studie zur Vorstellung von Verunreinigung
und Tabu. Berlin. S. 15f.
245
Vgl. Hall, Stuart (1994b): Alte und neue Identitäten, alte und neue Ethnizitäten. In: Ders.:
Rassismus und kulturelle Identität. Ausgewählte Schriften 2. Hamburg. S.75.
246
Supik, Linda (2005): Dezentrierte Positionierung. Bielefeld. S. 46.
247
Beauvoir, Simone de (1994): Beauvoir, Simone de (1994): Das andere Geschlecht. Sitte und
Sexus der Frau. Reinbek. S. 14.
244
62
sich sofort die Andere entgegenzusetzen.“248 Der Andere hat insofern einen
Doppelcharakter, als dass er zum einen Teil der Umwelt bzw. äußeren Realität ist
und zum anderen als Vermittler zwischen Umwelt und Individuum fungiert; der
Andere filtert die äußere Realität dabei vor dem Hintergrund der eigenen
Erfahrungen, so dass die durch ihn vermittelte Umwelt zugleich immer von seinen
Einschätzungen und Vorstellungen gefärbt ist. „Durch seine Identifikation mit
signifikanten Anderen wird [das Individuum] fähig, sich als sich selbst und mit sich
selbst zu identifizieren, seine eigene subjektive kohärente und plausible Identität zu
gewinnen.“249 Der Identitätserwerb durch die Identifikation des signifikanten Anderen
ist Voraussetzung für das Vermögen zur Identifikation des generalisierten Anderen.
Durch die Identifikation mit der Allgemeinheit gewinnt die Selbstidentifikation an
Festigkeit und Dauer. Hat sich die Vorstellung des generalisierten Anderen im
Bewusstsein des Individuums angesiedelt, so ist es subjektiv im Besitz eines Selbst
und einer Welt und somit gesellschaftlich handlungsfähig. Während der sekundären
Sozialisation werden rollenspezifisches Wissen und Subwelten sowie deren
spezifisches Vokabular internalisiert. Institutionalisierte Rollen und stark differenzierte
Rollenbilder
haben
sich
im
gesellschaftsevolutionären
Prozess
der
Differentialisierung ergeben.250 Sozialisationstheorien haben also neben der
Subjektwerdung und der Persönlichkeitsentwicklung außerdem die Ausbildung von
Identität und die Erarbeitung eines schlüssigen und wirksamen Selbstbilds als
Bestandteile des Sozialisationsprozesses im Fokus. „Mit Identität ist dabei die
Kontinuität des Selbsterlebens auf der Basis des Selbstbilds gemeint.“251
Mead unterscheidet bei der Konstruktion eines theoretischen Identitätsbegriffs
zwischen dem personalen Identitätsanteil, dem „I“, und dem sozialen Anteil, dem
„Me“.252
Während
Selbstwahrnehmung,
das
„I“,
das
Selbstbild,
Selbstbewertung
und
aus
den
Selbstreflexion
Ergebnissen
der
von
individuellen
Handlungskompetenzen und der eigenen Verhaltensweisen hervorgeht, beinhaltet
das „Me“ die Aneignung der sozialen Anforderungen der Umwelt an das Individuum.
Die Differenz zwischen „I“ und „Me“ eröffnet einen Reflexionsspielraum, innerhalb
dessen durch permanente Neuaushandlung des Verhältnisses zwischen diesen
beiden Polen Identität aktiv durch das Individuum konstruiert wird. Um Identität in
diesen Kontext einordnen zu können, ist hier der Identitätsbegriff von Stuart Hall kurz
248
Ebd.: S. 13.
Berger / Luckmann (2001): S.142.
250
Vgl. ebd.: S.139ff.
251
Hurrelmann, (1986): S. 167.
252
Vgl. Mead, George Herbert (1988): Geist, Identität und Gesellschaft. Frankfurt am Main. S. 207 ff.
249
63
vorgestellt. Das Konzept, das Hall von Identität hat, setzt sich folgendermaßen
zusammen: Identität ist immer an einem bestimmten Knotenpunkt eines Diskurses
gebildet, sie ist immer eine temporäre Positionierung. “I use `identity` to refer to the
meeting point, the point of suture, between on the one hand the discourses and
practises which attempt to `interpellate`, speak to us or hail us into place as the
social subjects of particular discourses, and on the other hand, the processes which
produce subjectivities, which produce us as subjects which can be `spoken`.
Identities are thus points of temporary attachment to the subject positions which
discursive practises construct for us.”253 Identität und Differenz konstituieren sich
innerhalb eines Repräsentationssystems gegenseitig und sind für die Existenz des
anderen jeweils unbedingt notwendig. Differenz ist dabei nicht als oppositionelles
Gegenstück zur Identität zu verstehen, sondern als Essentialismus.
In der kontemporären Gesellschaft haben Massenmedien auf allen Ebenen und in
allen Phasen der Sozialisation zunehmend an Bedeutung gewonnen. „Die gesamte
soziale und materielle Umwelt wird […] stark mediatisiert. Massenmedien sind zu
einem durchgehenden Bestandteil der sozialen Lebensbedingungen geworden und
treten gleichzeitig in allen Lebensphasen und Lebenssituationen als Vermittler der
äußeren Realität auf.“254 Medien sind dabei zugleich Teil der äußeren Realität des
Menschen. Lothar Mikos stuft dem folgend auch Medien als Sozialisationsinstanz
ein.255 Neben dem Subjekt werden auch Tätigkeiten und Interaktionen, Institutionen
und die Gesamtgesellschaft von Medien und Medieninhalten durchdrungen und
beeinflusst. Medien wirken somit als vertikaler Faktor auf den gesamten
Sozialisationsprozess ein, da „Medien […] sowohl direkt und teilweise gar offensiv
als auch indirekt und mittelbar auf das Individuum einwirken, sein Verhalten positiv
bzw. negativ sanktionieren, konditionieren, bewerten, unterstützen oder auch
ablehnen.“256 In klassischen Ansätzen ist bislang konsequent postuliert worden, dass
Medien während der Nutzung kein Feedback an das Individuum geben, dass also
keine wechselseitige Interaktion zwischen Medium und Individuum stattfindet und
253
Hall (1996): Who needs identity? In: Hall, Stuart/ du Gay, Paul (Hrsg.) (1996): Questions of cultural
Identity. London. S. 5.
254
Hurrelmann, Klaus (2002): S. 255.
255
Vgl. Mikos, Lothar (2004): Medien als Sozialisationsinstanz und die Rolle der
Handlungskompetenz. In: Hoffmann, Dagmar / Merkens, Hans (2004): Jugendsoziologische
Sozialisationstheorien. Weinheim/München. S.158f.
256
Hoffmann, Dagmar (2006): Bedarf es einer Mediensozialisationstheorie? CD-Rom-Beilage. In: K.S. Rehberg (Hg.): Soziale Ungleichheit - Kulturelle Unterschiede. Verhandlungen des 32. Kongresses
der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München 2004. Frankfurt. S.3325.
64
dementsprechend das Moment der Spiegelung im Interaktionsprozess Subjekt –
Medium wegfällt. Daraus folgend wurde vorschnell der Schluss gezogen, dass weder
Rollenidentifikation, noch Verhaltensadaption oder Werteinternalisierung im Kontext
der Mediennutzung stattfinden kann. Dies führte dazu, dass Medien zur bloßen
Freizeitbeschäftigung degradiert werden und die tatsächliche Sozialisationsmacht
der Medien ausgeklammert wird.257 „Medien [können allerdings] sowohl direkt und
teilweise gar offensiv als auch indirekt und mittelbar auf das Individuum einwirken,
sein Verhalten positiv bzw. negativ sanktionieren, konditionieren, bewerten,
unterstützen oder auch ablehnen.“258 Dies bedeutet im Rückschluss, dass
Rollenübernahmen und damit die Aneignung von Umwelt und dazugehörigen Werten
und
Normen
auch
während
der
Mediennutzung
geschehen.
„Die
Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Anderen findet nicht mehr nur in
direkter Kommunikation innerhalb sozialer Kontexte statt, sondern auch über die
symbolischen Welten der Medienprodukte in der Medienrezeption und -aneignung. In
der Rezeption einzelner Medienprodukte kommt es zur Wahrnehmung des Selbst am
Anderen.“259
Die Identifikation des Individuums mit und die Abgrenzung von medialen Akteuren ist
somit auch Grundlage der Identitätsbildung. Das Individuum setzt sich innerhalb des
Interaktionsprozesses Medium – Subjekt „sinnverstehend mit dem Medienangebot
auseinander, mit der Möglichkeit, einen identitätsstiftenden Gewinn aus dieser
Beschäftigung mit sich am gesellschaftlich Anderen zu ziehen.“260 Die Medien und
damit auch das World Wide Web werden zu einer „kulturellen Ressource […], die der
Einzelne bei der Bewältigung der Aufgabe, über die Form seiner Lebensführung und
damit seine soziale Identität zu entscheiden“261 nutzt. Denn „Identitätsarbeit anhand
medialer Texte ist in einer sich immer weiter ausdifferenzierenden Gesellschaft eine
Notwendigkeit,
weil
nur
noch
die
Medien
zwischen
den
verschiedenen
Lebensbereichen vermitteln können.“262 Betont wird in aktuellen Ansätzen also vor
allem die interaktionistische Perspektive: Das Individuum tritt mit seiner Umwelt in
257
Hoffmann, Dagmar (2007): Bedarf es einer Mediensozialisationstheorie? S.3325f. In: Hoffmann,
Dagmar / Mikos, Lothar: Mediensozialisationstheorien. Neue Modelle und Ansätze in der Diskussion.
Wiesbaden. S.3324 – 3334.
258
Hoffmann (2007): S.3325.
259
Mikos (2004): S.162.
260
Charlton, Michael / Neumann, Klaus (1986): Medienkonsum und Lebensbewältigung in der Familie.
München /Weinheim. S.52.
261
Weiss, Ralph (2002): Schluss: Entgrenzte Schaustellung – öffentlich verfügbares Selbst?. In: Weiß,
Ralph / Groebel, Jo (Hrsg.): Privatheit im öffentlichen Raum. Medienhandeln zwischen
Individualisierung und Entgrenzung. Opladen. S.163.
262
Vgl. Mikos (2004): S.163.
65
Interaktion. Es besteht dabei eine Wechselseitigkeit von intentionaler und nichtintentionaler Einflussnahme der das Individuum umgebenden Umwelt und innerer
Aneignungsprozesse. Um Medien als Ressource für Bildung von Identität nutzen zu
können und um die über mediale Inhalte vermittelten Werte und Normen erlernen zu
können, muss der Umgang mit Medien erlernt werden. Es sind spezielle Fertigkeiten
und Fähigkeiten notwendig, um medial handlungsfähig zu werden. Mediale
Handlungsfähigkeit wird mit dem Begriff Medienkompetenz umschrieben. Das
Konzept Medienkompetenz seinerseits ist nur denkbar, wenn man das produktiv
Realität erzeugende Subjekt voraussetzt. Bettina Hurrelmann erweitert das Modell
des gesellschaftlich handlungsfähigen, produktiv Realität erzeugenden Subjekts und
bezieht die Mediatisierung der Gesellschaft mit ein: „Die Mediatisierung aller
Wirklichkeitsbezüge schließlich impliziert die Notwendigkeit, im Handeln über
intersubjektive Kommunikation hinaus zu denken, die Ambivalenz auszuhalten, dass
eigene wie fremde Wirklichkeitskonzepte und Normvorstellungen durch die Medien
präformiert, aber auch erweitert werden, dass in der Mediengesellschaft öffentliches
Handeln nicht im ‚herrschaftsfreien Diskurs’ und besseren Argument gesichert ist,
sondern
einer
mediengerechten
Inszenierung
bedarf.
Gesellschaftlich
handlungsfähig ist das Subjekt unter diesen Bedingungen vermutlich aufgrund eines
flexiblen, toleranten und dialogischen Umgangs mit Alterität in sich selbst und
anderen in der unmittelbaren sozialen Interaktion und aufgrund eines kritischkonstruktiven, aber auch distanzierten bis spielerisch-ironischen Umgangs mit den
anonymen Anforderungen von Institutionen und Systemen.“263
Soziale und mediale Realitäten sind wirklich. „Die Wirklichkeit der Alltagswelt
erscheint […] objektiviert, das heißt konstituiert durch eine Anordnung der Objekte,
die schon zu Objekten deklariert worden waren, längst bevor ich auf der Bühne der
Welt erschien. Die Sprache, die im alltäglichen Leben gebraucht wird, versorgt
unaufhörlich mit den notwendigen Objektivationen und setzt mir die Ordnung, in
welcher diese Objektivationen Sinn haben und in der die Alltagswelt mir sinnhaft
erscheint.“264 Wirklichkeit ist demnach eine gesellschaftliche Konstruktion. Der
unmögliche Anachronismus ‚Ich gehe ins Internet’ ergibt nur Sinn, wenn Virtualität
der sozialen Realität als gleichwertiger diskursiver Konstruktionsraum gegenüber
263
Hurrelmann, Bettina (2002): Zur historischen und kulturellen Relativität des „gesellschaftlich
handlungsfähigen Subjekts“ als normativer Rahmenidee für Medienkompetenz. In: Groeben, Norbert /
Hurrelmann, Bettina: Medienkompetenz. Vorraussetzungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim /
München. S.122
264
Berger/Luckmann (2001): S. 24.
66
gestellt wird. Soziale Realität und Virtualität reizen und beeinflussen sich gegenseitig
– das Internet hat messbare und nachvollziehbare Auswirkung auf Wirtschaft, Recht
und Medienindustrie. Die Wahrnehmung eines virtuellen Raums ist also geknüpft an
seine diskursive Konstruktion. Bei Foucault sind „Diskurse mit Ermächtigungs- und
Ausschlusskriterien verkoppelt […]. Dazu zählen etwa akademische Grade oder
Rezensionsweisen. Diese Kriterien unterscheiden mögliche legitime Sprecher von
nicht-legitimen Sprechern; sie konstituieren damit Subjekt-Positionen. Sowohl die
Aussagen wie auch die Menge möglicher Sprecher sind unterschiedlichen
Verknappungsprozessen unterworfen: Ritualen der Qualifikation, Kommentierungen,
die den Stellenwert von Aussagen im Diskurs bewerten, Wahr-Falsch-Urteilen, die
bewahrenswerte „Ergebnisse“ selektieren u. a.“265 Berger und Luckmann präzisieren
hier ferner: „Wer zum Typus der Wissenden oder Nichtwissenden gehört, das wird,
wie das Wissen selbst, das von den einen an die anderen weitergegeben werden
soll, zur Angelegenheit gesellschaftlicher Definition. […] Das Problem logischer
Kohärenz entsteht [also] zuerst auf der Ebene der Legitimierung, dort wo Konflikte
zwischen verschiedenen Legitimationen […] und ihren Sachverwaltern auftreten.“266
Foucault verweist auf die „Unterscheidung von marginalen und dominanten
Diskursen […]. Diskurse dominieren dann, wenn sie legitimiert sind, über die
Legitimität von Wirklichkeitsperspektiven. […] Erst das Wissen über und die
allgemeine Akzeptanz von Verhaltenskodizes macht [Werte und Normen] sozial
verbindlich267 und [wird damit] relevant für individuelles Handeln.“268 Und weiter: „Es
geht um die Teilhabe an diesen [Wirklichkeits-] Setzungsprozessen […] Wissen
beinhaltet aus dieser Perspektive in erster Linie eine Anleitung zum „wie“, nicht aber
zum „warum“ von Handlungen. Der Spielraum, in dem jeder einzelne handelt,
entspricht nicht den Grenzen der Lebenswelt, sondern einer bestimmten Teilmenge
dieser.“269
Wie es zur Entwicklung eines virtuellen Bewusstseins kommt, also zur Entstehung
der Wahrnehmung des Internet als Raum, lässt sich am Besten durch eine
Betrachtung der Entstehung des Medialitätsbewusstseins nachvollziehen. Groeben
entwickelt unter Rückgriff auf den Subjektbegriff von Bettina Hurrelmann ein
265
Keller, Rainer (2008): Wissenssoziologische Diskursanalyse. Grundlegung eines
Forschungsprogramms. Wiesbaden. S. 136f.
266
Berger/Luckmann (2001): 75f.
267
Vgl. Greve, Werner (1994): Handlungserklärung. Die psychologische Erklärung menschlicher
Handlungen. Bern. S. 40.
268
Nikolow: S. 34f.
269
Ebd.
67
siebendimensionales Modell der Medienkompetenz.270 Eine der sieben Dimensionen
umfasst
sowohl
Medialitätsbewusstsein
als
auch
Medienwissen.
Mit
Medialitätsbewusstsein ist gemeint, dass das Individuum schon während der
primären Sozialisation lernt, zwischen Medialität und Realität und zwischen
fiktionalen
und
dokumentarischen
Formen
zu
unterscheiden.
Medienwissen
strukturiert Groeben in die horizontalen Faktoren 1) Wissen über wirtschaftliche,
rechtliche und politische Rahmenbedingungen einzelner Medien, 2) Wissen über
spezifische
Arbeits-
und
Operationsweisen
von
spezifischen
Medien
und
Mediengattungen, 3) Wissen zur inhaltlichen Bewertung der Intention von Inhalten
und 4) das Wissen um Medienwirkungen.271 Entsprechend dieser Definition von
Medienbewusstsein und -Wissen, wären die gleichen Fähigkeiten im Erlernen des
Umgangs mit dem Internet dringend notwendig. Es wäre zu überlegen, ob zukünftig
bei der Entwicklung von Virtualitätsbewusstsein in einem Atemzug auch von
virtuellen Kernkompetenzen272 gesprochen werden kann, die beispielsweise schon in
der Schule vermittelt werden müssen. Eingeschlossen wären in diesen Prozess der
Entwicklung eines Virtualitätsbewusstseins auch die Unterscheidung zwischen
sozialer und virtueller Realität und die Unterscheidung der Formen Fiktion und
Dokumentation, sowie die Aneignung eines Basisinternetwissens. Die Erschließung
der Fertigkeiten und Fähigkeiten wiederum ist nur möglich über so etwas wie virtuelle
Sozialisation, während der ein Virtualitätsbewusstsein und auch Virtuelle Identitäten
ausgebildet werden.
Oft werden Virtuelle Identitäten im Vergleich zur realen oder wirklichen Identität als
defizitär bezeichnet oder als Möglichkeit endlich das wahre ‚Ich’, die ‚echte Identität’
ans Tageslicht zu kehren. Andreas Metzner-Szigeth schlägt eine andere Perspektive
vor, die auch dieser Arbeit zugrunde liegen soll. Es ist „nicht zwischen fiktiv-virtuellen
und real-lebensweltlichen Identitäten zu unterscheiden, denn auch außerhalb von
‚virtueller Realität’ und Internet-Kommunikation, im ‚richtigen Leben’ also, kann man
fiktive Identitäten annehmen, Rollen spielen, nur eben nicht so leicht […]. Das
Repertoire für Fiktionen ist schon im RL273 vorhanden, der menschlichen Lebenswelt,
und die VR274 schöpft hier aus den vollen ohne absolut Neuartiges hervor zu
270
Vgl. Groeben, Norbert (2002): Dimensionen der Medienkompetenz: Deskriptive und normative
Aspekte. In: Groeben, Norbert / Hurrelmann, Bettina (2002): Medienkompetenz. Vorraussetzungen,
Dimensionen, Funktionen. Weinheim / München. S.160ff.
271
Vgl. ebd.: S.167f.
272
In Anlehnung an Medienkompetenz.
273
Real Life
274
Virtual Reality
68
bringen.“275 Unterscheidet man in eine moderne und in eine postmoderne Identität,
dann ist Identität im modernen Sinne „das Bewusstsein einer Person, sich von
anderen Menschen zu unterscheiden (Individualität) sowie über die Zeit (Kontinuität)
und verschiedene Situationen (Konsistenz) hinweg im Kern dieselbe, durch
bestimmte Merkmale ausgezeichnete Person zu bleiben […]“276 Postmoderne
Identitätskonzepte stellen Veränderung bzw. Vielfalt in den Mittelpunkt. „Identität wird
heute als komplexe Struktur aufgefasst, die aus einer Vielzahl einzelner Elemente
besteht (Multiplizität), von denen in konkreten Situationen jeweils Teilmengen
aktiviert sind oder aktiviert werden (Flexibilität). Eine Person hat also aus dieser
Perspektive nicht nur eine wahre Identität, sondern verfügt über eine Vielzahl von
gruppen-, raum-, rollen-, tätigkeits- oder körperbezogene Teil-Identitäten. Diese TeilIdentitäten bilden zusammen kein stabiles oder homogenes Ganzes, sondern eher
ein – in lebenslanger Entwicklung befindliches – Patchwork […] oder […] Pastiche
[…].“277 Identität soll im Kontext dieser Arbeit postmodern verstanden werden. Die
Gründe hierfür liegen darin, dass es „sowohl im philosophischen als auch
lebenspraktischen Sinn, […] keine Möglichkeit gibt, letztbegründet zu entscheiden,
was denn nun (an einer „virtuellen“ Online-Identität) „wirkliche“ Identität ist und was
nicht.“278 Jede Identität ist für sich genommen ohnehin eine Konstruktion. „Ohne den
Moment des Imaginativen ist menschliche Identität […] gar nicht möglich.“279 Es wird
klar, dass Online-Identitäten große Anteile am (virtuellen) Selbstbild des Users
haben. Im Rückschluss stellt bei demjenigen, der virtuelles Bewusstsein und eine
oder mehrere virtuelle Identitäten ausbildet, der virtuelle Identitätsanteil auch einen
Teil der individuell wahrgenommen personalen und sozialen „realen“ Identität.
Michael Wesch,
Anthropologe
an
der
Kansas
State
University
vergleicht
Cyberidentitäten mit denen, die in Stammeskulturen konstruiert werden. „In tribal
cultures, your identity is completely wrapped up in the question of how people know
you. When you look at Facebook, you can see the same pattern at work: people
projecting their identities by demonstrating their relationships to each other. You
define yourself in terms of who your friends are.”280
275
Metzner: S. 66.
Döring, Nicola (2003): Sozialpsychologie des Internet. Die Bedeutung des Internet für
Kommunikationsprozesse, Identitäten, soziale Beziehungen und Gruppen. Göttingen S.325f.
277
Ebd.
278
Metzner: S. 65.
279
Ebd.: S. 49.
280
In: Wright: ebd.
276
69
Um im virtuellen Raum als sozialem Raum agieren zu können ist es also
unabdingbar nötig, virtuelle Teil-Identitäten zu konstruieren, denn sonst ist soziales
bzw. kommunikatives Handeln in dem Umfang, in dem es nötig wäre um Virtual
Communities zu bilden, nicht denkbar. Die Vorteile virtueller Identität liegen in der
Unsichtbarkeit von sozialer Position, Geschlecht, Habitus281 und körperlicher
Gegebenheiten. „Because we cannot see one another in cyberspace, gender, age,
national origin, and physical appearance are not apparent unless a person wants to
make such characteristics public.”282 Aber auch hier stellt sich wiederum die Frage,
nach welchen Kriterien und wie sich die Subjekte im Sozialraum Internet
positionieren bzw. positioniert werden und ob auch hier habituelle Besonderheiten
entwickelt werden, die vielleicht sogar zu Prozessen sozialer Schließung führen
können. Auch diese Frage ist hier nicht zu lösen. Festzuhalten bleibt allerdings die
wichtige Rolle der Sozialisation im Prozess der Gemeinschaftsbildung bzw.
Vergemeinschaftung: „Aus sozialisationstheoretischer Perspektive lässt sich [sagen]
[…],
dass
Gemeinschaften
eine
besondere,
sozial
integrative
Bedeutung
zukommt.“283
Medialitätsbewusstsein muss im Vorlauf oder parallel zu Virtualitätsbewusstsein
entwickelt werden, da erstens im Netz Medienprodukte konsumiert und durch das
Individuum eingeordnet werden müssen und zweitens für das Vermögen zur
Vorstellung abstrakter bzw. abstrahierter, imaginierter sozialer Handlungssphären
vermutlich
vorauszusetzen
ist.
Zu
überlegen
ist
hier
außerdem,
ob
die
Handlungstheorie um den Ansatz des Virtuellen Handeln zu erweitern ist, was im
Rahmen dieser Arbeit nicht vorgenommen werden kann. Es ist nicht zu leugnen,
dass im Netz zwar im Sinne Habermas’ kommunikativ gehandelt wird, wie aber der
von
Metzner-Szigeth
ergänzte
Ansatz
des
„virtuellen“
Handlungsrahmens
einzuordnen ist, kann hier nicht beantwortet werden. Denkbar wären Erweiterungen
im Sinne des ‚Virtual Acting’, ‚Virtual Social Networking’ oder ‚Virtual Socializing’.284
Das Erlernen von ‚Virtual Social Networking’ und ‚Virtual Socializing’ ist ebenfalls nur
prozesshaft im Rahmen einer sozusagen virtuellen Sozialisation denkbar. Die
Differenzierung von Medialitätsbewusstsein und Virtualitätsbewusstsein macht ein
281
„Jeder Habitus ist aufgrund seiner Erzeugungsbedingungen individuell.“ Bauer, Ullrich (2002):
Selbst- und/oder Fremdsozialisation. Zur Theoriedebatte in der Sozialisationsforschung. Eine
Entgegnung auf Jürgen Zinnecker. In: Zeitschrift der Soziologie für Erziehung und Sozialisation (ZSE)
4/02. S. 75.
282
Rheingold (2000b): Chapter 1.
283
Grundmann (2006b): S. 17.
284
Siehe dazu auch Kapitel 4.2.
70
weiteres Problem offensichtlich. Das Internet läuft zwar per se unter der Definition
Medium, de facto werden aber mehr Eigenschaften als nur die eines Mediums
gebündelt bzw. Medialität kann in vielerlei Form über das Internet konstruiert werden.
Um dieses definitorisch scheinbar unüberschaubare Dilemma aufzulösen, soll in
Kapitel 4.2 ein konstruktivistischer Kunstgriff über den mediologischen Ansatz
erfolgen, so dass Virtual Communities in der virtuellen Wirklichkeit verorten werden
können.
4.2 Realität und Virtualität aus mediologischer Sicht
Die bis hierher erklärten Begriffe, das Abkürzungsverzeichnis und das Begriffslexikon
im Anhang zeigen zusammen mit der Präzisierung der Internetnutzerzahlen in
Kapitel 2, dass die von Rheingold implizit vorgeschlagene Definition der Virtual
Reality als Sozial- oder vielleicht sogar Kulturraum heute nicht mehr abwegig ist. Für
die Kommunikationselite (siehe S. 29) gewinnt Internet als virtuelle Sphäre
zwangsläufig eine ähnliche Relevanz wie die soziale Realität in der Lebenswelt.
Dass sich damit einhergehend auch ein virtueller Sprachraum oder sogar Kulturraum
gebildet hat, kann hier zwar nur hypothetisch vermutet werden, die Masse der
Beispiele in Kapitel 5 und der Umfang des Anhangs lässt dies jedoch stark vermuten.
Rheingold konstatiert: „In virtual communities, the sense of place requires an
individual act of imagination.”285 Das Individuum selbst, und nur das Individuum, kann
virtuelle Realität konstruieren. Konstruieren mehrere Individuen virtuelle Realität und
tauschen sich darüber aus, so wird im Laufe der Zeit Konsens darüber entstehen,
welche Grenzen und auch Werthorizonte für virtuelle Realität(en) abzustecken sind.
Hier bleibt immer noch, Virtual Communities aus gesellschaftstheoretischer und
etymologischer Perspektive zu untersuchen. Gesellschaftstheoretisch kann dies
vermutlich am besten über die Mediologie geschehen. „Wenn der Mediologe auf
jemanden trifft, der mit dem Finger auf den Mond zeigt, dann betrachtet er nicht den
Mond, sondern den Finger und die Geste des Zeigens.”286 Wissenschaftliche Objekte
285
Rheingold (2000b): Chapter 2.
Hier zitiert nach Weber, Thomas (1999): Nachwort - Zur mediologischen Konzeption von Jenseits
der Bilder 286 In: Régis Debray: Jenseits der Bilder. Eine Geschichte der Bildbetrachtung im
Abendland. Rodenbach. S. 403 - 411. (Download am 28.2.2008 unter:
http://www.avinus-magazin.eu/html/jenseits_der_bilder.html) Im Original : Merzeau, Louise (1998):
Ceci ne touera pas cela. In : Cahiers de médiologie, Nr. 6. S. 27. „Celui de l’idiot à qui l’on montre la
lune, et qui regarde le doigt ; celui de l’étranger, qui ouvre de grands yeux sur ce que nous ne voyons
même plus ; celui du funambule, qui ne voit pas le vide mais la corde où il avance en équilibre.“
(Download am 11.3.2008 unter: http://www.mediologie.org/)
286
Debray (1991): Cours de médiologie general. Paris.
286
71
sind in der Mediologie demnach sowohl Subjekte als auch Zeichen bzw. vor allem
die Konstruktion der Zeichen, also Sprache, Bilder und Medien aller Art: „Die
Kommunikation hält sich aufgrund ihrer Matrixverbindung mit den Massenmedien in
erster Linie an das Universum der sprachlichen und verwandten Zeichen (die
‚musikalische Sprache’, die ‚filmische Sprache’), während die Übermittlung jenseits
und unterhalb des Verbalen noch ganz andere Sinnträger einschließt: Gesten und
Orte genauso wie Wörter und Bilder, Zeremonien ebenso wie Texte, Körperliches
und Architektonisches ebenso wie ‚Intellektuelles’ und ‚Moralisches’“.287 1979
veröffentlichte Régis Debray die Studie ‚Le pouvoir intellectuel en France’. Dort
wurde der Begriff Mediologie erstmals verwendet, jedoch nicht programmatisch. Das
ändert sich in der 1991 veröffentlichten Publikation ‚Cours de médiologie général’288
289
- Thomas Weber konkretisiert dabei die Etymologie der Bezeichnung Mediologie
so: „…der Begriff Mediologie [bezieht] sich keineswegs nur auf Massenmedien […].
Das Wort „Medio“ steht nicht für „Medium“, sondern bezeichnet ein Ensemble von
technisch und sozial bestimmten Mitteln der symbolischen Übermittlung.“290 Nach
Debray existiert das Medium nicht. „Man kann es ersetzen durch Institutionen
(Schule),
technische
Apparate
(ein
Radiogerät,
eine
Kinoleinwand,
eine
Kathodenröhre), Material (Papier, Leinwand, Magnetband, Ziegelstein), soziale
Codes (Grammatik, Syntax) und allgemeine Kommunikationsformen (mündliche,
schriftliche, gedruckte, audiovisuelle, informatische).“291 Aktuell wäre dieses Zitat um
den Apparat Computer zu erweitern, Material müsste um die (technisch möglichen)
Anwendungen und Webservices ergänzt werden, also um alle Programme oder
Programmsysteme, die Inhalt darstellen oder bündeln können und die erst mit
Beginn der Phase Web 2.0 überhaupt möglich geworden sind. „Soziale Codes“
schließt Netiquette und Chatiquette ebenso ein wie Internetneologismen, aber auch
sich eventuell entwickelnde Habitus. Virtuelle Realität fällt unter das, was Debray als
Medio bezeichnet. Es bleibt zu überlegen, ob für die natürliche, ‚kultürliche’ und
287
Debray, Régis (2000): Introduction à la médiologie. Paris. S. 9. „La communication „s’en tient
prioritairement, du fait de son lien matriciel avec les mass-médias, à l’univers des signes linguistiques
ou apparentés (le langage musical, le langage filmique), alors que la transmission inclut, au-delà et en
deçà du verbal, bien d’autres supports du sens: des gestes es des lieux autant que de mot et des
images, de cérémonies autant que des textes, du corporel et de l’architectural autant que ‘l’intellectuel’
et du ‘moral’.“
288
Beide Paris.
289
1992 erscheint, ebenfalls in Paris ‚Vie et mort de l’image. Une histoire du regard en Occident’,
zugleich die Doktorarbeit von Régis Debray.
290
Weber, Thomas.
291
Debray (1991): S. 18.
72
technische Umwelt nicht vereinfachend der Begriff Mediosphäre292 anstatt Umwelt
oder Welt genutzt wird – man würde damit der Vielfalt der Sphären, Ebenen oder
Systeme einen Sammelbegriff gegenüberstellen, der einen Wirklichkeitsraum
umschreibt, in den alle derzeit relevanten technischen, gesellschaftlichen und
sozialen Gegebenheiten fallen und in dem auch die verschiedenen Realitäten
problemlos ko-existieren könnten.
Mit der Veröffentlichung ‚Transmettre’ von 1997 führt Debray den Begriff des
‚Tansmettre’ (der Übermittlung) im Unterschied zu Kommunikation ein. Er
unterscheidet dort unter anderem auch in ‚matière organisée, kurz M.O., und
‚organisation materielle’, kurz O.M. „Unter M.O. ist z.B. ein Kunstwerk zu verstehen,
während O.M. eher eine Institution oder eine Form der gesellschaftlichen
Organisation bezeichnet.“293 Nach Debray ist ‚Transmettre’ eine „Übermittlung […]
eine durch einen individuellen und kollektiven Körper – in der Doppelbedeutung von
‚dies ist mein Leib’ und ‚die Körperschaften’ – optimierte Kommunikation. Es gibt
durchaus Kommunikationen, die unmittelbar und direkt sind, von ‚Herz zu Herz’
gehen, aber eine Übermittlung ist niemals unmittelbar oder unpersönlich. […] Ferner
gibt es zwar Kommunikationsakte, doch Übermittlung ist immer ein Prozess in Form
einer Prozession294.“295 Dabei fungieren „ […] Bilder […] [und Symbole] neben
anderen Trägermedien und Symbolhandlungen als zentrale Transmitter. Dass
Übermittlung über Körper/schaften erfolgt, trifft in besonderer Weise auf die
Bildübermittlung zu, denn Bilder werden von Körpern generiert, aufgeführt und
rezipiert und über Körper/schaften übertragen.“296 Thomas Weber präzisiert dies
insofern, als dass er sagt, dass „…die kulturelle Übermittlung ist [immer] […] an
materielle Bedingungen [geknüpft], und zwar in doppelter Weise: zum einen durch
die konkrete Organisation des Materials, also z.B. von Farbe und Leinwand zu einem
Gemälde, zum anderen durch die materielle Organisation, das heißt die
292
In Anlehnung an das noch folgende Sphärenmodell von Debray.
Vgl.: Weber, Thomas. Siehe als Beispiel auch: Debray, Régis (1997): Transmettre.
Paris. „L’historien tient qu’il n’y a pas d’Empire (O.M.) sans routes (M.O.), et le géographe qu’il n’y a
pas de routes sans Empire.“ S. 31.
294
Im Griechischen paradosis, was mit ‚Tradition’ übersetzt wird.
295
Debray, Régis (2000): S. 4.
„Une transmission est une communication optimisées par un corps, individuel ou collectif – au double
sens de «ceci est mon corps» et de «les grand corps». S’il est des communications immédiates,
directes, joyeusement, transitive, une transmission est ni immédiate ni impersonnelle. Ce peut être
une relation interpersonnelle, techniquement appareillée, mais ou l’interface technique n’est pas
condition suffisante. Ensuite, s’il y a des actes de communication, la transmission est toujours un
processus, en forme de procession (en grece paradosis, traduit par tradition).“
296
Mersmann, Birgit (2007): Mediologie als Methode. Eröffnungsvortrag zur gleichnamigen Tagung
am 18.5.2007 in Berlin. (Download am 11.3.2008 unter:
http://www.mediologie.avinus.de/2007/12/04/eroffnungsvortrag-birgit-mersmann/#_ftn1)
293
73
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.“297 Er ergänzt diese Erklärung durch die
Unterscheidung und den Vergleich von Kommunikation und Übermittlung: „Während
Kommunikation prinzipiell ein räumlicher Transport ist, der ein Netz knüpft (wie z.B.
das WWW), bei dem es immer einen Sender und einen Empfänger gibt, die zwar an
unterschiedlichen Orten, nicht aber in verschiedenen Zeitaltern sein können, ist die
Übermittlung ein Transport in der Zeit, der zeitlich voneinander entfernte Subjekte
miteinander verbinden […] kann. Sie erfordert nicht die physische Präsenz eines
Senders und kann sich über Jahrhunderte hinweg vollziehen.“298 Er vergleicht
außerdem im folgenden Kommunikation als aktuelle Information, die weitergegeben
wird,
mit
Übermittlung
jahrhundertealter
als Weitergabe
Kenntnisse
und
eher
faktischer,
eines
unter
Umständen
gesamtgesellschaftliches
Wissenskontingents. Beide werden über Medien allerlei Art weitergegeben.299 Der
Vergleich der hier zwischen Wissen und Information gezogen wird, sei in seiner
Tragweite später noch einmal aufgegriffen. In Bezug auf die Untersuchung des
Begriffs Virtual Community wäre somit neben den aus der soziologischen
Gemeinschaftsforschung adaptierten Perspektiven, Realitäten, Dimensionen und
Ebenen, die Untersuchung der „Mediosphäre“ ebenfalls vorzunehmen, da nur so ein
vollständiges Bild der Umgebung und somit die Entstehungsvoraussetzungen
Virtueller Gemeinschaften konkret erfasst werden können. Nach Debray sind sowohl
O.M.s als auch M.O.s Kulturträger und somit in diesem Rahmen untersuchenswert.
Die Parallelelen zur Ebene der Dimension ‚Organisation’ in der soziologischen
Gemeinschaftsforschung sind deutlich – als Fazit wäre darauf hinzuweisen, dass
somit außerdem die technische Struktur von beispielsweise Plattformen wie
Facebook,
Myspace
untersuchen ist.
und
Studivz aus organisationssoziologischer
Sicht
zu
Es ist zu fragen, ob die Online Communities das Vermögen
entwickeln, zum Kulturträger zu werden. Das kann hier ebenfalls analytisch nicht
geleistet werden. Die Notwendigkeit der Ausführlichkeit von Kapitel 2 erschließt sich
hier jedoch noch einmal explizit.300
Die Mediologie eignet sich zur Annäherung an das Konzept Virtual Community
insofern, als dass sie „keine Medientheorie [ist] (wie etwa die von Baudrillard oder
Virilio), sondern eher eine Wissenschaftsdisziplin in Gründung, die sich nicht nur
durch einen Gegenstand, sondern durch die von ihr angewandte Analysemethode
297
Weber, Thomas: ebd.
Ebd.
299
Ebd.
300
Auch die, auf den ersten Blick unwissenschaftlich wirkenden, als Beispiele angeführten Videos aus
dem Internet gewinnen in dieser Perspektive als Kulturträger erst ihre vollständige Bedeutung.
298
74
definiert.“301 Die Kultur- und Bildwissenschaftlerin Birgit Mersman, Redakteurin des
Online Magazins ‚Transmitter’, unterstreicht die Vorteile der Analysemethode:
„Mediologie als Methode ist enorm vielseitig in ihrer Anwendbarkeit, wendig im
Umgang und produktiv im Hinblick auf ihren Output. Sie verfügt über ein
unschätzbares inter- wie transdisziplinäres Potential, das es überhaupt erst
auszuschöpfen gilt. […] Den kulturellen Übermittlungsprozessen von Bildern,
insbesondere den interkulturellen, wird nur selten Rechnung getragen. Dies ist umso
erstaunlicher, als dass Bilder nicht einfach nur übertragen werden, sondern auf ihren
globalen Wanderwegen immer auch etwas von sich selbst, ihrem kulturellen Erbe,
ihrer Tradition, ihrer Kodifizierung mit übertragen.“302 Debray bemängelt, dass oft die
Mittel und Techniken, mit denen Bedeutungen konstruiert und übertragen werden,
analytisch vernachlässigt werden. So werde das Verständnis der Wirkung von
Symbolen beeinträchtigt. „Übermittlung entfaltet sich als ein historisches Kontinuum,
durch das sich Kultur als Tradition ausbildet und definiert. Weil Bilder maßgeblich an
diesem Prozess beteiligt sind, stellen sie materialisierte Repräsentationen des
kollektiven Gedächtnisses dar. Aufgeladen mit Kultur, transformieren sie selbst zu
Kulturtransmittern. Als solche sind sie automatisch in interkulturelle Übertragungsund Austauschprozesse eingebunden.“303 Dies ist für die Ausgangsfrage dieser
Magisterarbeit insofern interessant, als dass das Internet in doppelter Weise
gesellschaftlich wirksam wird: Zum einen wird es Teil der Mediosphäre, also der
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, zum anderen ist mit der Erfindung des
graphischen Browsers das Internet zu einem globalen Distributionsinstrument von
„Bildern“ (gemeint sind mediale Texte aller Art) geworden. Dass heißt auch, dass alle
diejenigen, die in der Lage sind eine virtuelle Realität wahrzunehmen, außerdem in
der Lage sind, sozusagen globalisierte Codices und Werte wahrzunehmen und
außerdem die Normen, die ausschließlich in der virtuellen Wirklichkeit entstehen.
Welche Folgen die Entstehung eines virtuellen Kulturraums mit einer unbestimmten
Menge sich darin aufhaltender Individuen langfristig haben kann, dass kann ebenfalls
in dieser Arbeit nicht erfasst werden.
Besonders sind bei der Mediologie als Analysemethode die Berücksichtigung der
Korrelation der technologischen, soziologischen, religiösen, politischen oder
künstlerischen
Einflussfaktoren
und
eine
starke
Berücksichtigung
der
301
Ebd.
Mersmann, Birgit (2007): Mediologie als Methode. Eröffnungsvortrag zur gleichnamigen Tagung
am 18.5.2007 in Berlin. (Download am 11.3.2008 unter:
http://www.mediologie.avinus.de/2007/12/04/eroffnungsvortrag-birgit-mersmann/#_ftn1)
303
Ebd.
302
75
Technikgeschichte.304 Debray unterscheidet deshalb in zwei Achsen, die zu
untersuchen sind: die vertikale Achse umfasst die technischen, symbolischen und
politischen Umstände und Gegebenheiten des zu analysierenden Sachverhalts. Die
horizontale Achse entwickelt er bereits in ‚Cours de médiologie général’. Debray
bindet hier die Entwicklung von Zeichen, Sprache, Kunst und Musik an die
anthropologische Entwicklung und differenziert in drei verschiedene Zeitalter: die
Logosphäre, die Graphosphäre und die Videosphäre. Die Sphären sind jeweils
besonders durch die in ihnen genutzten Medien charakterisiert: Logosphäre ist durch
mündliche
Tradierung
und
handschriftliche
Aufzeichnungen
geprägt,
die
Graphosphäre beginnt mit der Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg und den
Beginn der Videosphäre datiert Debray auf die Einführung des Farbfernsehens
1968.305
306
Die Einteilung in drei Sphären wird vor allem im ‚Cahiers de médiologie’
Nr. 6 (1998) kritisiert: Daniel Bougnoux veröffentlicht mit ‚Si, j’étais médioloque’ einen
offenen Brief an Debray, dass er entgegen Debrays Meinung sehr wohl findet, dass
Massenmedien ein Hauptsujet der Mediologie seien.307 Yves Jeanneret stellt die
Bezeichnung
Mediologie
generell
in
Frage
und
schlägt
anstatt
dessen
„Mediographie“ vor308 und Louise Merzeau identifiziert eine vierte Sphäre, die
Hypersphäre309, um die Digitale Revolution stärker zu betonen.310 Dieser letzte
Ansatz sei maßgeblich für das historische Verständnis bzw. die Einordnung von
Virtualität und damit auch Virtual Communities in den gesamtgesellschaftlichen
Kontext. An dieser Stelle wird vorgeschlagen, die Dritte Sphäre von Debray, die
Videosphäre, komplett zu ignorieren oder diese als Vorlauf der „Hypersphäre“ zu
relativieren. Louise Merzeau ist im theoretischen Diskurs nicht allein mit ihrer
304
Vgl. Weber, Thomas. Als Vorbilder Debrays werden an der Stelle der Prähistoriker Leroi –
Gourhan, McLuhan und als besonderer Einfluss die Rezeption des Essay ‚Das Kunstwerk im Zeitalter
der technischen Reproduzierbarkeit’ von Walter Benjamin genannt.
305
Ebd.
306
Ebd. „Diese Einteilung stützt sich nicht allein nur auf einen Medienwechsel, sondern wird erst
möglich durch das Zusammenspiel von symbolischen Formen, Medien und kollektiver Organisation,
die sich verändern. Erst dann hat aus mediologischer Sicht ein epochaler Paradigmenwechsel
stattgefunden, der auch die Machtverhältnisse und ihre Legitimierung, die Mechanismen des
Glaubenmachens miteinbegreift. […] So hat etwa die Einführung des Buchdrucks keineswegs nur eine
höhere Auflage von Büchern und insbesondere der Heiligen Schrift ermöglicht, sondern auch eine
Veränderung der Denkweise angestoßen.“
307
Bougnoux, Daniel (1998): Si, j’étais médioloque. In : ‚Cahiers de médiologie’ Nr. 6. S. 63.
308
Jeanneret, Yves (1998) : La médiographie à la croisée des chemins. In : ‚Cahiers de médiologie’
Nr. 6. S. 93ff.
309
Merzeau: S. 37ff.
310
An dieser Stelle sei auf das Video ‚The Machine is Us/ing Us’ des Anthropologen Dr. Michael
Wesch verwiesen (Projekt-HP: http://mediatedcultures.net/). In dem Video wird die Entwicklung und
Bedeutung von Text zu Hypertext und des WWW bzw. von Web 2.0 Anwendungen in weniger als fünf
Minuten auf den Punkt gebracht. (zu finden in IV.G Daten-DVD, Anhang → Medienbeispiele →
Medienbeispiele → 1 – WESCH - The Machine is Us/ing US. Download am 7.3.2008 unter:
http://de.youtube.com/watch?v=NLlGopyXT_g).
76
Einschätzung der Bedeutung der Einführung von Hypertext und damit einhergehend
des WWW bzw. des Internet, wie man es heute kennt.
Abb. 10: Vom Gespräch zu CMC.311
Marc Presnky312 konstatiert bereits 2001 radikale Veränderungen des Lernverhaltens
amerikanischer Studierender. „Our students have changed radically. Today´s
students are no longer the people our educational system was designed to teach.”313
Er verortet die Ursache dieser Veränderungen in den aktuellen Veränderungen und
Erneuerungen der technischen Umwelt und der permanenten Interaktion der
Studierenden damit. Die Studenten, die er beschreibt, „have spent their entire lives
surrounded by and using computers, videogames, digital music players, video cams,
cell phones, and all the other toys and tools of the digital age.314 Today´s average
college grads have spent less than 5 000 hours of their lives reading, but over 10 000
hours playing video games (not mention 20 000 hours watching TV), computer
games, email, the Internet, cell phones and instant messaging are integral parts of
their lives.”315 Hier stellt sich also erneut die Frage, wie die Gruppe derjenigen zu
bezeichnen ist, die das Internet als Raum wahrnehmen und die anderen User im
Netz als Aktanten. Prensky schlägt die Unterscheidung in „Digital Natives“ und
311
Graphik von Gary Fogelson. In: Wright, Alex (2.12.2007): Friending, Ancient or Otherwise. New
York Times Online (Download am 17.3.2008 unter:
http://www.nytimes.com/2007/12/02/weekinreview/02wright.html?_r=1&oref=slogin)
312
Amerikanischer Autor und Programmierer mit Wirtschaft- und Technikabschlüssen von Harvard
und Yale.
313
Prensky (2001): S. 1. Interessant ist vor allem die Wortwahl Presnkys´: ‚the people’ könnte hier
auch mit ‚das Volk’ übersetzt werden.
314
Die Vorstellung eines neuen Zeitalters findet sich also nicht nur bei Merzeau (Hypersphäre),
sondern auch bei Prensky (Digital Age), oder bei Barlow, John Perry et al. (August 1995): What are
we Doing On-Line? Harpers Magazine. „With the development of the Internet, and with the increasing
pervasiveness of communication between networked computers, we are in the middle of the most
tranforming technological event since the capture of fire. I used to think it was the biggest thing since
Gutenberg but now I think you have to go back farther.” S. 36.
315
Presky (2001a): S. 1; Prensky, Marc (2001b): Digital Natives Digital Immigrants Part II: Do they
really think they are different? In: On the horizon. NCB University Press Vol.9 / No.6. New York. S. 1:
„Our children today are being socialized in a way that is vastly different from their parents. […] over 10
000 hours playing videogames, over 200 000 emails and instant messages sent and received, over 10
000 hours of talking on digital cell phones; over 200 000 hours watching TV (a high percentage fast
speed MTV), over 500 000 commercials seen – all before kids leave college. And, maybe at the very
most, 5000 hours of book reading.”
77
„Digital Immigrants“ vor. „It is very likely that our students` brains have physically
changed – and are now different from ours – as a result how they grew up. But
wether or not this is literally true, we can say with certainty that their thinking patterns
have changed. […] Some refer to them as the N-[for Net]-gen or the D-[for Digital]gen. But the most useful designation I have found for them is Digital Natives. Our
students today are all “native speakers” of the digital language of computers, video
games and the Internet.”316 Die Digital Natives sind sozusagen ‚Eingeborene’,
Muttersprachler317 im Internet. „Those of us who were not born into the digital world
but have, at some later point in our lives, become fascinated by and adopted many or
most of the aspects of the new technology are, and always will be compared to them,
Digital Immigrants.” 318 Natives und Immigrants verfügen vermutlich gleichermaßen in
unterschiedlichem Umfang bzw. Ausmaß über ein Virtualitätsbewusstsein, sind
virtuell sozialisiert und können virtuell „socializen” bzw. „networken“. „Today´s older
folks were „socialized“319 differently from their kids, and are now in the process of
learning a new language.”320 In dieser Arbeit sollen die Konzepte Digital Native und
Digital Immigrant jedoch nicht an das Alter der Nutzer geknüpft, sondern so
verstanden sein, dass die aktiven Web 2.0 Nutzer Natives sind, die passiven jedoch
Immigrants. Erneut von der Interpretation der aktuellen Nutzerzahlen der ARD/ZDF
Online Studie (siehe auch Kapitel 2.2, S. 24ff.) kann davon ausgegangen werden,
dass ca. 8, 6 Millionen Menschen Web 2.0 Anwendungen überhaupt nutzen, das
sind 21% aller deutschen Onliner.321 Aktiv sind davon, wie gesagt, rund eine Million
Menschen, passiv hingegen ca. 6,8 Millionen Menschen, das sind ca. 79% aller Web
2.0-Nutzer. Hier tut sich wiederum das von Castells beschriebene Digital Gap auf:
Eine riesige Zahl verhältnismäßig junger Nutzer kann aufgrund mangelhafter
316
Ebd. (2001a): S. 1.
Man könnte fast soweit gehen zu fragen „Sprichst Du Internet?“ angesichts der riesigen Menge von
Fußnoten, die in dieser Magisterarbeit nicht zur Zitation, sondern zur Begriffsklärung verwendet
werden. Sowohl das anhängige Abkürzungsverzeichnis und das Begriffslexikon als auch das CC –
Beispiel zur Oralität im Netz und Analyse der Gesprächsequenz, sowie die Interviews zeigen, dass die
hier emergierenden Begriffe oft keine bloßen Anglizismen sind, sondern für sich sinnhafte Konzepte.
Nach Hall also Repräsentationen, die für sich stehen, deren Bedeutung diskursiv in einer kulturellen
Sphäre konstruiert wird und deren Existenz abhängig ist von Etwas, das bereits benannt ist und das
auf die Lebenswelt (nach Habermas), die Welt oder Umwelten (nach Luhmann), die Wirklichkeit, den
semantischen Raum, die ökonomische Sphäre, also einfach alles maßgeblich Einfluss nimmt: dem
Internet.
318
Ebd. f.
319
Hier erschließt sich endlich der Rückbezug zur vorgeschlagenen „virtuellen Sozialisation“.
320
Prensky (2001a): S. 2.
321
Weltweit gibt es im Oktober 2007 180 Millionen Blogger. Geht man davon aus, dass der
prozentuale Anteil der Blogger an der Zahl der User weltweit ungefähr dem Anteil der Natives und
Immigrants entspricht, dann können 15% aller User weltweit als Natives klassifiziert werden. Siehe
321
dazu auch Anhang IV.C.?? Blog Traffic
weltweit: unique users October 2007. Quelle:
ComScore. (Download am 27.2.2008 unter: http://blogs.guardian.co.uk/digitalcontent/category/deals/)
317
78
didaktischer Konzepte, die neue Technologien und den Umgang mit ihnen nicht in
den Schulunterricht einbetten, und eine sozusagen unvollständige virtuelle
Sozialisation Web 2.0-Anwendungen nicht vollständig bedienen und ist deshalb von
den Ressourcen, die das Internet bieten kann, abgeschnitten. Zudem ist die
eingeschränkte virtuelle Sozialisation insofern gefährlich als dass, wenn die
Anleitung zum reflektiven Umgang mit Virtualität, Virtualitätsbewusstsein und
beispielsweise Virtuellen Identitäten fehlt, die gesellschaftlichen Strukturen, die sich
im Internet zu entwickeln beginnen, weder erkannt, noch zum individuellen Vorteil in
einer globalisierten Welt genutzt werden können.322 Um diejenigen, die das Netz in
erster Linie zur Informationssuche nutzen, von den Natives und Immigrants zu
unterscheiden, taucht in der Blogipelago323 neuerdings das Meme324 ‚Digital
Tourist’325 häufig auf.326 Mit Digital Tourists seien hier diejenigen bezeichnet, die das
Netz nur äußerst eingeschränkt nutzen, also wie gesagt zur Informationssuche und
für Email oder Online-Shopping. Es liegt gar nicht im Vermögen der Digital Tourists,
so umfassend im Netz zu agieren, wie Natives und Immigrants dies tun. Würde das
Internet als Kulturraum und als Handlungsraum mit einer eigenen Sprache327
klassifiziert werden, so wären viele Phänomene im Internet leichter zu bestimmen
und dem gesamtgesellschaftlichen Kontext zuzuordnen.328
322
Mehr noch: Fälle wie die Amokläufe und Schulmassaker weltweit, die Selbstmorde nach
Portalstalking oder -Mobbing, Kindesmißbrauch durch „nette Onkel“ die Kinder und Jugendliche in
Chats kennelernen oder, im extremsten Fall, der Kannibale von Rothenburg, der sein Opfer im
Internet fand zeigen, dass der Umgang mit dem Netz kein Kinderspiel(zeug) ist und die Nutzung
angeleitet werden muss.
323
Blogipelago: Kunstwort aus Blog und ‚archipelago’ (engl. Archipel, Inselgruppe oder –Kette)
324
Memes: Neologismus zur Beschreibung eines Schlagworts, das im Internet die Runde macht.
325
Siehe auch IV.D Fragebögen und Interviews. S. 132ff.
326
Siehe auch Map of Online Communities im Anhang. Die Vorstellung der Natives der Virtualität als
Raum geht so weit, dass „Karten“ davon existieren.
327
Gruppen wie „Smilies sind was für Sozialverhaltenskrüppel“ bei studivz.net illustrieren, dass es
mittlerweile eine Sprache im Netz gibt, die weit über Smilies und Kürzel (lol, rofl, omg, imho etc…)
hinausgeht. Die Netz-Natives beginnen, sich gegenüber denjenigen, die sich dieses „Internetjargons“
nicht bedienen können, die eben nicht „Internet“ sprechen, abzugrenzen. Dabei ist vor allem zu
beachten, dass sich ähnlich zu Schichten, Klassen, Milieus oder wie auch immer, ähnliche Gruppen
im Internet zu konstituieren beginnen. Rabiate semantische Konzepte und die die Konstruktion von
Internetgruppenidentitäten liegen einer neuer Form von Gruppenrivalität zugrunde (siehe Gruppen wie
EMO=AIDS bei myspace.com). Dies ist könnte sich zu einer neuen Form des Rassismus entwickeln,
bei dem die Grenzen von Identitäten nicht durch Ethnie und Nationalität oder den ökonomischen und
sozialen Status gesetzt werden, sondern durch den Grad der Bildung, den des Wissens um das
aktuelle Tagesgeschehen bzw. die neuesten technischen Entwicklungen. Soziales Ansehen hängt im
Netz nicht von Körper, Aussehen, Sportbegabung oder materieller Begütertheit ab, sondern von
semantischem Vermögen, Eloquenz und Intellekt und der Produktionsfähigkeit und dem kritischen und
reflektierten Konsum der über das Internet erhältlichen Informationen.
328
Zur Konkretisierung der Vorstellung von Natives, Immigrants und Tourists und auch von
Virtualitätsbewusstsein zu bekommen sei hier auf IV.C.37, S.122ff und IV.D Fragebögen und
Interviews, S. 132f, verwiesen.
79
Ausgehend vom epochalen Blick, den Debray dennoch überzeugend einführt,
könnten in der Symbol-, Sprach-, Medien- und Kommunikationstechnikentwicklung
Vergleiche zum Konzept des ‚sozialen Mutterschoßes’ gezogen werden. Nach Arnold
Gehlen ist der Mensch ein biologisches Mängelwesen329; Adolf Portman konstatiert,
der Mensch sei eine physiologische Frühgeburt.330 Nach Gehlen ist der Mensch
organisch unspezialisiert und bei der Geburt organisch unfertig, also quasi auf dem
Stand eines Embryos stehen geblieben. Er zeichnet sich vor allem durch
Instinktreduktion aus. Portman beschreibt den Menschen als Lebewesen, das erst im
extrauterinen, also im ersten Lebensjahr körperlich, also organisch, und funktionell
so weit reift, dass er, seiner Art entsprechend, als höheres Säugetier erkannt werden
kann. Daraus resultiert, dass der Mensch lebensnotwendig auf den so genannten
sozialen Mutterschoß angewiesen ist. Die ersten drei Sphären nach Debray sind für
die Entstehung des Internet und insbesondere des WWW, also auch die Erfindung
von Hypertext und des W3 1990, notwendig Vorraussetzung für die Emergenz der
von Louise Merzeau vorgeschlagene ‚Hypersphäre’. Hypersphäre bezeichnet nicht
das Internet selbst, sondern das Zeitalter, die Ära, in der Menschen beginnen,
Hypertextnetzwerke zu konstruieren - das Digitale Zeitalter. Die Einführung von
Hypertext im Jahr 1990 ist in der Tat eine Revolution, die der Erfindung des
Buchdrucks gleichkommt. Durch Hypertext ist die Entstehung des World Wide Web
erst möglich: Mit dem WWW entsteht ein unüberschaubar riesiges (Hyper)Textuniversum, zu dem zunächst einmal jeder der Zugang hat, auch Zutritt hat. Erst
mit der Existenz von Hypertext konnte der Mensch anfangen, überhaupt ein
Virtualitäts- und damit auch Netzwerkbewusstsein zu entwickeln. Angelegt und damit
bereits „vorbereitet“ ist die Vorstellung von Virtualität, also auch der Fähigkeit der
Wahrnehmung eines virtuellen sozialen Raums, bereits zuvor in zahlreichen fiktiven
Geschichten in Literatur und Film.331 Dass allerdings für die Nutzung aller Möglichkeit
329
Gehlen, Arnold (1940): Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt. o.A.
Portmann, Adolf (1953): Das Tier als soziales Wesen. o.A.
331
Schon Salman Rushdie sagte in seiner ersten Veröffentlichung, dem Science Fiction Roman
Grimus: „Certain kinds of science aspire to the condition of poetry.”331 (Rushdie, Salman (1975):
Grimus.
London.
S.
6.
Zitiert
nach
Spivak.
(Download
am
11.3.2008:
http://english.emory.edu/Bahri/Grimus.html)) Nur kurz erwähnt seien hier der Film ‚Matrix’, die
Animationskurzfilmsammlung ‚Animatrix’, die Science Fiction Reihe ‚Shadowrun’ und der Roman
‚Gelb’ von Jeff Noon. Hervorragende ältere literarische Beispiele für die mediale Verbreitung eines
konstruktivistischen Grundgedankens sind der Roman ‚20 000 Meilen unter dem Meer’ von Jules
Verne und ‚Candid’ von Voltaire. Überhaupt ist Konstruktivismus ein Thema, dass in vielen
Subkulturen immer wieder aufgegriffen wird. Siehe beispielsweise auch die Texte der Hamburger
Schule Band Tocotronic (bezeichnenderweise außerdem Urheber des Albums ‚Digital ist Besser’).
Hier ‚Hi Freaks’: „ […] Gegenüber einer Welt, deren Umriss uns gefällt - Ganz klein am Horizont kann
man Dinge sehen, Dinge die wir nicht verstehen - Das Geschehen lässt uns auseinander gehen hinein
in einen Wald aus Zeichen – […] Was wir sehen bedeutet nichts - Der so genannte Realismus fällt
330
80
des Netzes auch ein immenses Repertoire an Fähigkeiten und Fertigkeiten erlernt
werden muss, war beim Vergleich mit aktuellen Mediensozialisationstheorien
absehbar. Die Untersuchung, welche dies genau sind, ist hier in vollem Umfang nicht
zu leisten, da es an dieser Stelle den Rahmen vollends sprengen würde. Verwiesen
sei aber auf die in Kapitel 2 erwähnten global erkennbaren Zugangsbarrieren und die
notwendige
Entwicklung
von
Virtualitätsbewusstsein
und
Aneignung
von
Internetwissen. Notwendig für das Agieren im virtuellen Raum ist in jedem Fall ein
grundlegendes Verständnis für Hypertext, dem das Erlernen von Lesen und
Schreiben und auch Tippen voraus gehen muss. Die Veränderung der Denkweise,
die Debray an den jeweiligen epochalen Wechseln verortet, könnten anthropologisch
jeweils als evolutionäre Ausweitung der Abstraktions- bzw. Konstruktionsfähigkeit
des Menschen beschrieben werden. Im Rahmen eines technischen Mutterschoßes,
innerhalb dessen sich erst Medien und dann Hypertext (und Internet) entwickelt
werden, wird auch ein virtueller, als real wahrgenommener Raum konstruiert. Mit der
fortschreitenden Veränderung der technischen (medialen und virtuellen) Umwelt,
geht mit der schrittweisen Entwicklung des Bewusstseins einher und des
Abstraktionsvermögens des Menschen, das reziprok zur technischen Entwicklung
immer komplexer wird.332 Damit einher geht außerdem eine immer extremere
Differenzierung von Rollen und Identitäten in der sozialen und gesellschaftlichen
Realität. Die Erfindung von Sprache bzw. Zeichen und Schrift waren jeweils
Meilensteine in der anthropologischen Entwicklung des Menschen. Neben Régis
Debray macht auch Benedict Anderson mit der Erfindung des Buchdrucks durch
Gutenberg eine Veränderung der Wahrnehmung aus und zwar die Veränderung des
Zeitverständnisses bzw. die Wahrnehmung von Zeit und Zeitpunkt - der
mittelalterliche
Zeitbegriff,
der
eine
grundsätzliche
Vorherbestimmung
und
Abhängigkeit von Schicksal beinhaltet und außerdem stark religiös beeinflusst ist,
verändert sich grundlegend. Parallelen könnten zur Veränderung des Raum- und
Realitätsbegriffs gezogen werden und auch zur erneuten Relativierung von Zeit: Im
Internet kann unabhängig von der Uhrzeit agiert werden; es ist nicht einmal
nicht weiter ins Gewicht - Dein Gesicht ist eine Welt, deren Umriss mir gefällt […] Gegenüber eines
Traums, der ein anderer ist als noch vor Tagen als wir erstmals wagten […] Ein Schatten an der
Wand, dessen Umriss uns gefällt - Wir sind gewillt zu übersehen, was wir jetzt noch nicht verstehen
[…] Gegenüber eines Gegenübers, das mal wieder nicht ich selber bin, so gesehen kommts hin: was
wir täglich sehen, sind Dinge, die wir nicht verstehen.“ (Siehe Medienbeispiele auf DatenDVD für
Trailer von Matrix und Songtext.)
332
Vergleiche die anthropologische Entwicklung des Menschen von Anbeginn der Zeit bis zu den
frühen Kulturen bei Herbert Wendt und den technischen und wissenschaftshistorischen Verlauf von
der Antike über die Alte Geschichte bis zu den Anfängen des Früh-Mittelalters (aus archäologischer
Sicht) bei Ceram.
81
notwendig, dass die interagierenden Individuen zur selben Zeit anwesend sind (siehe
synchrone, asynchrone und mittelbare Kommunikation). Darüber hinaus, und das ist
das Erstaunliche, erfährt das Verständnis von Raum eine Relativierung.333
Räumliche Trennung wird von den Individuen als verhältnismäßig irrelevant
empfunden – über das Internet ist ein virtueller Raum gegeben in dem die Individuen
sowohl direkt miteinander als auch mit mehreren über die Online Communities334
verhältnismäßig unanhängig vom geographischen Standort und der Uhrzeit
interagieren können. Evolutionär bzw. epochal betrachtet ist der Zeitraum zwischen
Erfindung des Buchdrucks und dem Platzen der Dotcom Bubble notwendig, damit die
Menschheit intellektuell ein verhältnismäßig hohes Abstraktionslevel erreichen kann,
so dass die, durch die technischen Voraussetzungen entstehenden Möglichkeiten
der virtuellen Vernetzung überhaupt erst erkannt und wahrgenommen werden
können und selbst das nur über die Vorstellung des Virtuellen Raums als
Sozialraum.
Hier schließt nun die für die Definition virtueller Gemeinschaften notwendige
gesellschaftstheoretische Perspektive an. Man erkennt die enorme Unsicherheit
bezüglich der Charakterisierung des aktuellen Gesellschaftstyps anhand der Vielfalt
der momentan existierenden Label. Informations-, Wissens-, Internet-, Online- oder
Cybergesellschaft sind nur einige davon. Betrachtet man auch Gesellschaft eher aus
mediologischer Sicht, also im epochalen Kontext, dann fällt auf, dass vor allem
‚Wissen’ und ‚Information’ als Präfixe denkbar ungeeignet sind – sowohl Wissen als
auch Information haben bereits mit der Erfindung des Buchdrucks und vermutlich
noch mehr mit der Entstehung des Zeitungswissens (was Information betrifft) bzw.
der Etablierung von Bildungsinstitutionen (Schulen und Universitäten) ungemein viel
Bedeutung gewonnen. Sie eignen sich daher nicht um die momentane Gesellschaft
angemessen zu benennen. Die Präfixe ‚Internet’, ‚Cyber’ und ‚Online’ begrenzen den
Blick und fokussieren die Geschehnisse im Netz selbst, vernachlässigen dabei aber
die tatsächliche Konstitution der „Realgesellschaft“, wenn man die derzeit
bestehende im gesamthistorischen Kontext betrachtet. Dazu sei aber zunächst noch
einmal verwiesen auf die Veränderung der individuellen Wahrnehmung und damit
auch die Änderung der Konstruktion von Wirklichkeit und beispielsweise auch von
Öffentlichkeit im Laufe der Zeit.
333
334
Siehe CC Beispiel – Situation – Räumliche Trennung ist irrelevant. S. 125.
siehe CC Beispiel und Kapitel 5 (S. 84).
82
Mit dem Aufkommen und der Verfügbarkeit von dokumentarischen und fiktionalen
Formen wie Zeitung und Roman für breite Bevölkerungsschichten im ausgehenden
18. Jahrhundert entsteht die Vorstellung von Gesellschaft in Form „…eines sozialen
Organismus, der sich [scheinbar] bestimmbar durch eine homogene und leere Zeit
bewegt…“335 Damit einher geht, wie in Kapitel 3.2 beschrieben, die Entstehung der
Vorstellung nationaler Gemeinschaften und homogener Sprachgemeinschaften bzw.
Kulturräume. So entsteht "jenes bemerkenswerte Vertrauen“ und Einverständnis
unter den Mitgliedern imaginierter Gemeinschaften in die eigentlich doch „anonyme
Gemeinschaft“.336 Diese ist eine genaue Beschreibung der Gemeinschaften im
Internet, also virtueller Gemeinschaften zu sein und zugleich eine der Web 2.0 bzw.
durch CC gestützten Gemeinschaften in der sozialen und gesellschaftlichen Realität.
Am besten geeignet, um die derzeitige Gesellschaftsform zu beschreiben scheint
demnach die Netzwerkgesellschaft.337 Prensky berschreibt das ebenfalls als
Phänomen: Digital Natives „[…] function best, when networked.“338 Ob daraus und
aus der Perfektion des Netzwerkens und Socializens online über Plattformen, Foren,
VoIP und Instant Messenger und nicht zuletzt auch Handys unter Umständen eine
globale Virtuelle Gesellschaft, sozusagen eine Hypersociety, im Entstehen begriffen
ist soll hier zumindest als Frage formuliert werden.
Nun soll das Konzept ‚Virtual Community’ endlich auch aus etymologischer
Perspektive betrachtet werden - vor allem das Adjektiv ‚Virtual’ wurde bislang
sträflich vernachlässigt. Virtual, zu Deutsch virtuell, hat seine etymologischen
Ursprünge im französischen ‚virtuel’ und im mittellanteinischen ‚virtualis’, Dies heißt
‚als Möglichkeit vorhanden’ und leitet sich ab vom lateinischen ‚virtus’, was Kraft,
Tüchtigkeit, Tugend und auch Mannhaftigkeit bedeutet. Virtuell ist also das, „was
nach Anlage oder Vermögen als Möglichkeit vorhanden ist; was intrinsisch alle
Bedingungen seiner Realisierung erfüllt; auch scheinbar; denkbar.“339 Da Virtual
Communities in virtuellen Umwelten, so genannten Virtual Realities, entstehen, soll
Virtuelle Realität ebenfalls noch einmal kurz definiert werden. Metzner-Szigeth
unterscheidet zwischen dem artifiziellen Raum340 als Produkt der VR-Technik und
335
Anderson (1988): S.30.
Ebd.
337
Vgl. Castells: S.9ff.
338
Prensky: S. 2.
339
Brockhaus u. a.. Zitiert nach: Münker, Stefan (1997): Was heißt eigentlich Virtuelle Realität? In:
Münker, Stefan / Roesler, Alexander: Mythos Internet. Frankfurt am Main. S. 109.
340
Artifizieller Raum: durch VR-Technik hergestellte virtuelle Realität.
336
83
dem Kybernetischen341. Im kybernetischen Raum wird mittels CMC kommuniziert.
Der kybernetische Raum ist der, von dem Rheingold spricht, wenn er The WELL als
Ort formuliert und Vergleiche zu den Dritten Räumen von Ray Oldenburg zieht.
Insgesamt ist hier festzuhalten, dass mit dem Entstehen des kybernetischen Raums
von einer bestimmten Gruppe nicht nur „virtuelle Realität“ wahrgenommen werden
kann bzw. konstruiert wird, sondern dass darin vermutlich auch Virtuelle Identitäten
und Virtuelle Gemeinschaften entstehen könnten. An dieser Stelle sei vorgeschlagen
für den artifiziellen (virtuellen) Raum in Zukunft die Bezeichnung Touchable Virtual
Reality oder, für Anwendungen in der weiter entfernten Zukunft, Sensual Virtual
Reality, vorgeschlagen sein.
Kapitel 2 bis 4 zusammenfassend ist festzustellen, dass Konzepte und Theorien
interdisziplinär zusammengetragen werden müssen, um sich dem Konzept Virtual
Community adäquat zu nähern: Produsage und Web 1.0, 2.0 und 3.0 sind
Wirtschaftskonzepte, Das Konzept der Imagined Communities stammt aus der
Nationalismustheorie, also aus einem historischen Kontext. Imagined Community ist
ein, den evolutionären anthropologischen Prozess betrachtendes Konzept; damit
einher geht Abstraktion des Subjektbegriffs, Kommunikationsbegriffs, Systembegriffs
und der Definition von Gemeinschaft. Diese Konzepte sind als soziologische Themen
bezüglich ihres Inhaltes immer auch in dem historischen Kontext zu sehen, in dem
sie stehen. Die Beleuchtung aller äußeren Umstände ist also tatsächlich
unumgänglich notwendig, um Virtual Community identifizieren, analysieren und
theoretisch fassen zu können. Das Wissen um technischen Grundstrukturen und die
durch wissenschaftliche Analyse von Sozialität (in und an der sozialen Realität)
gebildeten Theorien werden genutzt, um den virtuellen Netzraum von innen heraus
zu erschließen.
5 Oralität und Virtual Communities
Kapitel 2 bis 4 haben gezeigt, dass „Menschen neue Medien annehmen und ihre
Lebensweise mit erstaunlicher Geschwindigkeit verändern [können]. Computer […]
und Kommunikationsnetzwerke liefern die technologische Infrastruktur der Computer
Mediated Communication [und der Cross Communication]; das Raumkonzept, in
dem sich Worte, menschliche Beziehungen, Daten, Reichtum und Macht der
341
Kybernetischer Raum: der imaginierte virtuelle Raum.
84
Menschen zeigen, die CMC-Technologien benutzen, ist der Cyberspace.“ 342 Daraus
schlussfolgert Rheingold: „Virtuelle Gemeinschaften sind kulturelle Aggregate, die
dann entstehen, wenn genug Menschen oft genug im Cyberspace aufeinander
stoßen.“343 Virtual Communities „[…] fulfill our need to be recognized as human
beings, and as members of a community,” sagt der Kommunikations- und
Medienwissenschaftler Lance Strate.344 „We all want to be told: You exist.”345
Sprachen wird in diesem Kontext eine besondere Bedeutung zugeschrieben. Schon
Anderson betont eine herausragende Eigenschaft von Sprache - sie vermag „[…]
vorgestellte Gemeinschaften hervorzubringen [...]."346 Neuere Ansätze aus der
Anthropologie347,
der
Kulturwissenschaft
und
der
Kommunikations-
und
Medienwissenschaft greifen deshalb die Oralitätsthese von Walter J. Ong auf.348
Lance Strate begründet das so: “Orality is the base of all human experience.”349
Vor allem mit Stammeskulturen und deren Ritualen werden Virtual Communities
aktuell verglichen. Anders als in Stammeskulturen, in denen hochgradig formalisierte
Rituale konstruiert werden, scheinen „[…], social networks […] a level of casualness
and familiarity that would be unthinkable in traditional oral cultures”350 zumindest
online gesellschaftsfähig gemacht zu haben. Hier sind wiederum Rückbezüge zur
Theorie der ‚Dritten Orte’ von Oldenburg herzustellen – ohne einen ‚Raum’ kann
keine orale Kultur existieren. Während bei Oldenburg das Entstehen von
Gemeinschaft an den sozialen Raum geknüpft ist, ist bei Ong die Entstehung von
Gruppen an orale Kommunikation geknüpft. „Oral communication unites people in
groups.”351
Walter Ong war Professor für Literaturwissenschaft an der St. Louis University und
Schüler
von
Marshall
McLuhan. Er
vergleicht
oral
basierte
Kulturen
mit
schriftbasierten und unterscheidet dazu in ‚Orality’ und ‚Literacy’. Dabei unterstreicht
er vor allem die unterschiedliche Wirklichkeitskonstruktion: Die Welt einer oralen
342
Rheingold (1994): Der Alltag meiner virtuellen Gemeinschaft. In Faßler, Manfred / Halbach, Wulf R.
(Hg.): Cyberspace – Gemeinschaften, Virtuelle Kolonien, Öffentlichkeiten. S. 95f.
343
Ebd.
344
Lance Strate ist Associate Professor am Institut für Communication and Media Studies an der
Fordham University. In: Wright: Ebd.
345
Ebd.
346
Anderson (1988): S. 115.
347
Siehe vor allem Michael Wesch (Projekt-HP: http://mediatedcultures.net/).
348
„If you examine the Web through the lens of orality, you can’t help but see it everywhere. […]
Orality is participatory, interactive, communal and focused on the present. The Web is all of these
things.” Irwin Chen, a design instructor at Parsons who is developing a new course to explore the
emergence of oral culture online. In: Wright: ebd.
349
„We evolved with speech […] We didn’t evolve with writing.” Lance Strate In: Wright: ebd.
350
Wright: ebd.
351
Ong, Walter J. (1982): Orality and Literacy. The Technologizing of the World. London. S. 69.
85
Kultur352 ist „dynamic and relatively unpredictable, an event-world rather than an
object-world [...] and [also] highly personal and polemic, at least in part because of its
orality.“353 Die Welt einer schriftbasierten, einer auralen Kultur hingegen ist
traditionell. „Its traditionalism is closely related to the problems of acquiring, storing,
and retrieving knowledge […]
354
In oral cultures, speech itself is used to manage
neutral objective information less than in typographic, technological cultures.355 1982
unterscheidet Ong in „Orality and Literacy” außerdem in ‚primary’ und ‚secondary
orality’ „to describe the tendency of electronic media to echo the cadences of earlier
oral cultures. “356 Ong präzisiert das Verhältnis von Primärer und Sekundärer Oralität
so: „Primary orality, literacy, and secondary orality are interacting vigorously with one
another in confusing complex patterns.”357 Die Unterscheidung in primary und
secondary orality “seems especially prescient in light of the social-networking
phenomenon.”358 Lance Strate betont die Bedeutung dieses Ansatzes für die
Gemeinschaftsforschung (im Internet). „Secondary orality has a leveling effect. In a
primary oral culture, you would probably refer to me as ‘Dr. Strate,’ but on MySpace,
everyone calls me ‘Lance’.” 359 Diese Besonderheit von CMC hat Sara Kiesler schon
1986
beschrieben:
„Computer
mediated
communications
can
break
down
hierarchical and departmental barriers, standard operating procedures, and
organizational norms."360 Ongs Ansatz wird auch von der ‚Toronto School of
352
„Oral cultures tend to develop personality structures somewhat different from those of writing
cultures.” Ong (1973/74): S.14. Welche Persönlichkeitsstrukturen kann Hypertext dann hervorbringen?
353
Ong (1973/74): S.12ff.
354
“An oral culture, we must remind ourselves, is one in which nothing can be “looked up”. […] An oral
culture is deeply aware of this evanescent quality of words. Homer expresses this awareness when he
sings of “winged words”. At the same time oral cultures consider words more powerful than do men
from technological cultures […]. If words have wings, this can mean not only that they do not endure in
time or place but also that they are strong. It takes more strength to fly than to walk. […] An oral
culture faces a major problem in preserving its knowledge. […] Basically, the solution is to standardize
utterance making it highly fixed or “traditional”. Of course, in a way, all words are standardizations,
more or less fixed, but oral cultures, much more than writing cultures, standardize whole phrases and
traffic constantly in proverbial and other fixed expressions. […] In this kind of culture highest marks are
given to superlatively skilled performance of what is already known and expected. There is little if any
interest in “originality” or “creativity” in plot or character such as grew up with the late typographical
phenomenon called the Romantic Age.” Ong, Walter J. (1973/74): Orality, Literacy, and Personality. S.
5ff. (Script zur Vorlesung an der Lincoln University) (Download am 17.3.2008 unter:
http://libraries.slu.edu/sc/ong/digital/lectures.html) Das Konzept der Oralität wurde erstmals in dem
Aufsatz „The Literate Orality of Popular Culture” in Ong: Rhetoric, Romance, and Technology: Studies
in the Interaction of Expression and Culture, Ithaca, erwähnt.
355
Ong (1973/74): S.13.
356
Wright: ebd.
357
Ong, Walter J. (1979): Literay and Orality in Our Times. ADE Bulletin 58. S. 3. S. 1 – 7.
358
Ebd.
359
In: Wright: ebd.
360
Kiesler, Sara (1986): The hidden messages in computer networks. Harvard Business Review. S.
64.
86
Communication’361 verfolgt, denn Ong beschreibt ‚Literacy’ als „ […] absolutely
necessary for the development not only of science but also of history, philosophy,
explicative understatement of literature and of any art, and indeed for the explanation
of language itself.”362
Heute wird Oralität in Kultur- und Medienwissenschaften und in der Umgangssprache
konträr zu anderen Medienformen positioniert.363 „The framing of orality […]
encourages its place within the paragone of the printed and spoken word, and
suggests a single-sensory conception of media – that orality exists in a dialectical
relationship with literacy, and that communication is a competition between eye and
ear.”364 Courtney MacNeil kritisiert die Oralitätsthese bzw. deren Anwendbarkeit:
„The characterization of literacy and orality as existing in an unequal dichotomy
creates what Foley calls the “Great Divide” between the two genres365, and
encourages the notion of orality as a primitive or undeveloped medium.” Darüber
hinaus wird das Problem der Terminologie weiterhin verkompliziert durch Ongs
„differentiation between primary and seconday orality. […] His model denies the
potential for an equivalency between the printed and the spoken word.”366
Dieser Gedanke findet sich bereits bei Richard Lanham: „ […] the computer´s
oscillation between reader and writer reintroduce the oscillation between literate und
oral coordinates that stands at the center of classical Western literature.”367 Das führt
dazu, dass die Trennung von Orality und Literacy nicht aufrecht erhalten werden
kann.368 “We can no longer think of orality as the absence of writing… [but] as an
organization of discourse ruled by rhythm. The manifestation of a gestural mode, of a
361
Vertreter: Harold Innis, Eric Havelock, Marshall McLuhan, Walter Ong. “Orality is the marker of
tribal man.” Playboy Interview Marshall McLuhan (März 1969). (Download am 16.3.2008 unter:
http://www.columbia.edu/~log2/mediablogs/McLuhanPBinterview.htm)
Der
Vergleich
von
gesprochenen zu geschriebenen Formen „helps to appreciate the nature of the spoken word.“
McLuhan, Marshall (2001): Understanding Media: the Extensions of Man. London. S.79.
362
Ong (1982): S. 15.
363
Vgl. Wright: „“The term “orality” is used, both in media studies and in the everyday world: as
existing in competition with other media forms.”
364
MacNeil, Courtney (2007): Orality. (Universität Chicago; Download am 16.3.2008 unter:
http://csmt.uchicago.edu/glossary2004/orality.htm)
365
Foley, John Miles (2002): How to Read an oral Poem. Chicago. S. 26.
366
„For Ong, orality exists either in isolation from literacy, or as subservient to it: in the schema of
primary and secondary orality, mutual interdependency between the two media is not a recognized
possibility. […] The hierachical notion of „ secondary orality“ […] seems unable to keep up with the
ongoing cyber-revolution that was, in Ong´s era, in its earliest phase; in a world of e-mail
communication music downloading and Chat Rooms, the question is not wether, but rather of how the
oral and textual are integreated. […] the advent of contemporary internet culture has encouraged the
recognition that oral and textual need to be viewed from a hierarchical perspective.” MacNeil,
Courtney (2007).
367
Lanham, Richard A. (1983): Literacy and the Survival of Humanism. New Haven. S. 106.
368
„Jay David Bolter observes, the everschifting nature of modern hyper-text is not unlike that of the
fluid mutability of the [Homeric] oral performance.” MacNeal: ebd. Vgl. auch Bolter, Jay David (1991):
Writing Space - The Computer, Hypertext and the History of Writing. Hillsdale. S. 191.
87
corporality and a subjectivity within language. With the means of the spoken within
the spoken. Within the means of the written within the written.”369 In diesem Sinne
definieren auch Wesling und Slawek Oralität: „Orality is not what is spoken, but what
allows one to speak. Orality forms the speaking subject, and rhythm takes the most
active part in this work with language.”370 Courtney MacNeils Definition von Oralität
baut darauf auf: „Whether orality manifests itself through an epic, a folktale, a lyric, a
lament, a dirge, or a charm, the medium is innately connected with cultural
knowledge.”371 Sie legt besonderen Wer darauf in Erinnerung zu rufen, dass „to this
day, the majority of the world´s inhabitants use orality as their primary communicative
medium, and the “global village”372 of modern media is in fact not as “global” as the
lens of Occidentialism might lead us to believe.373 […] Orality is a means through
which we exchange information.”374 Abschließend fast sie zusammen „the study of
orality[…] must recognize all of the medium´s diverse functions; while the Western
conception is primarily aesthetic, it is important to recall that the medium also serves
the practical purposes of knowledge-exchange and transmission within a
community.”375 Auch John Perry Barlow konstatiert 1995 die Veränderung der
Distribution von Wissen und Information im Internet. „I think we´re moving away from
information – through information actually – and back toward experience.”376 Legt
man der Betrachtung von Virtual Communities aus gemeinschaftssoziologischer und
mediologischer Sicht zusätzlich die Oralitätsthese zugrunde, so können sowohl die
besonderen technischen Formen von Kommunikation als auch die mittels dieser
„Medien“ weitergegebenen „kultürlichen“ Besonderheiten greifbar gemacht werden.
Oralität selbst (mündlich und schriftlich!) kann außerdem im Sinne der Mediologie als
Kulturträger verstanden und untersucht werden.377
369
Meschonnic, Henri (1989): La rime et la vie. Paris. S. 275. Zitiert nach Wesling, Donald / Slawek,
Tadeusz (1995): Literary Voice. The Calling of Jonah. New York. S. 171. siehe dazu auch
Meschonnic, Henri (1982): Critique du rythme. Paris. S. 35. „Elle [die Dichtung] est une activité de
langage, un mode de signifier qui expose plus que tous les autres que l’enjeu du langage, de son
historicité, est le sujet, le sujet empirique comme fonction de tous les individus. Elle fait une exposition
du sujet."
370
Wesling / Slawek: ebd.
371
MacNeil: ebd.
372
Siehe auch McLuhan, Marshall (1962): The Gutenberg Galaxy: The Making of Typographic Man.
Toronto. Und McLuhan, Marshall / Powers, Bruce R. (1989): The Global Village: Transformations in
World Life and Media in the 21st Century. New York.
373
MacNeil: ebd.
374
Ebd.
375
Ebd.
376
Barlow: S. 40.
377
Siehe als Versuch eines Ansatzes auch CC Beispiel, Fragebögen und Interviews.
88
6 Fazit – Gibt es Gemeinschaft im Netz?
Bevor die Hauptfrage der Arbeit, also wie Virtual Communities zu definieren sind,
wieder ins Zentrum gerückt wird, sollen zunächst noch einmal die Thesen von
Barlow, Gründer der ‚Electronic Frontier Foundation’ und Rheingold, Autor von „The
Virtual Community“ in Erinnerung gerufen werden. „Beide vertreten die Geburt eines
neuen Typs menschlicher Gemeinschaft, die „online“ Menschen miteinander
verbindet, die Interessen oder Werte teilen, und auf diese Weise Unterstützung oder
Freundschaft befördern. Die Bildung virtueller Gemeinschaften wird hierbei als eine
Art naturwüchsiger Prozess begriffen, der mit der „Besiedlung“ oder „Kolonisierung“
des Cyberspace in Gang gesetzt wird und von dem man hofft, er könne so etwas wie
eine massenhafte „soziale Bewegung“ des Aufbruchs in den Cyberspace
einleiten.“378 Nachdem in Kapitel 3 und 4 das Grundbedürfnis des Menschen nach
Gemeinschaft genau beleuchtet worden ist und der Cyberspace als sozialer Raum,
virtuelle Gemeinschaften und virtuelle Identitäten definiert worden sind, sind die
Definitionen von Virtuellem Raum und Virtueller Gemeinschaft von Barlow,
Rheingold, Hagel und Singer in Kapitel 1 und 3 nachzuvollziehen und können in ihrer
Bedeutung und Präzision erkannt werden. Konform damit gehen auch frühe
Definitionen von Virtual Community nach Barry Wellmann: „People bring to their online interactions such baggage as their gender, stage in cy-world, cultural milieu,
socioeconomic status, and off-line connections with others.”379 Virtualität muss der
realen Identität insofern als ebenbürtig gegenübergestellt werden, als dass sie Teil
der sozialen Realität und der Lebenswelt ist. Reguläre Analysen „almost always
treat[s] the internet as an isolated social phenomenon without taking into account
how interactions on the net fit with our aspects of people´s lives. The Net is only one
for many ways in which the same people may interact. It is not a separate reality.”380
Gemeinschaften müssen nicht nur „solidary groups of densely-knit neighbors [sein]
but could also exist as social networks of kin, friends, and workmates who do not
necessarily live in the same neighbourhoods. It is not that the world is a global
village, but as McLuhan originally said, one´s “village” could span the globe. […]”381
Nimmt man alle technischen Möglichkeiten zusammen, mit denen Menschen sich
über Internet miteinander in Verbindung setzen können, so entstehen zig
378
„Zusammen mit dieser „zivilgesellschaftlichen“ Bestimmung des Internet wird auch eine deutlich
ant-etatistische und anti-kommerzielle Ausrichtung deutlich.“ Metzner: S. 74.
379
Gulia, Milena / Wellman, Barry (1997 [veröffentlicht 1999]): Net Surfers don´t ride alone: Virtual
Communities as Communities. In: Wellman, Barry: Networks in the Global Village. Boulder. S. 3.
380
Ebd.
381
Ebd. S. 2.
89
verschiedene Formen von Virtual Community. „Virtuelle Gemeinschaft taugt [dabei
jedoch] bestenfalls als Sammelbezeichnung, nicht aber als Begriff.“382 Virtual
Community ist somit vielmehr eine weitere Kategorie theoretisch definierbarer
Gemeinschaft, vergleichbar mit ‚sozialer Gemeinschaft’, ‚Intentionaler Gemeinschaft’
oder ‚vorgestellter Gemeinschaft’. Besonderes Kennzeichen von Virtual Communities
ist , dass sich „ […] im Falle der virtuellen Gemeinschaften die Beteiligten im
„richtigen“ Leben (RL) nicht kennen müssen, sich nie gesehen haben und vielfach
auch nie sehen werden, also keine F2F-Kommunikation unterhalten (haben bzw.
werden).“383
Es sind drei verschiedenen Subtypen von Virtual Community differenzierbar: eine
Form von Virtual Community mit Merkmalen der Imaginierten Gemeinschaft, eine
Form von Virtual Community mit Merkmalen von sozialer Gemeinschaft und soziale,
„reale“ Gemeinschaften, die Web-2.0-gestützt sind. Unter die Virtuelle Imaginierte
Gemeinschaft fallen alle Netzwerke, die durch Social Software entstehen und zwar
sowohl so genannten Social Networks384, also Plattformen, als auch Blogs oder
beispielsweise Wikipedia und auch Diskussionsforen. Umgangssprachlich wird für
diese Art von Virtual Community immer öfter der Begriff ‚Online Community’
eingesetzt. Die Mitglieder dieses Typs von Virtual Community haben Accounts bei
denselben Portalen (Video- oder Fotocommunities wie Flickr oder Youtube),
Plattformen
(Myspace,
Facebook,
StudiVZ)
oder
Themencommunities
(soulsurfers.com, surfblog.com). Dort, also im gleichen Netzwerk, sind Individuuen
unter Umständen Mitglied in der gleichen (Groß-)Gruppe385, aber sie kennen sich
ebenfalls nicht persönlich. Ethnie und Nationalität sind verhältnismäßig irrelevant; sie
werden durch die Zugehörigkeit zum jeweiligen Social Network ergänzt (oder gar
382
Gläser: S. 1890.
Metzner – Szigeth: S.75.
384
Siehe auch IV.C.34, S. 121: The World Map of Social Networks. Quelle: Datensätze von Alexa
(siehe auch Abbildungen 1 und 2) aufbereitet mit den Programmen von valleywag.com durch Lucas
Shaw von der Firma Wandamere (http://www.wandamere.com/). Zeitliche Einstufung: Deutlich neuer
als C.4; Mindmapping gewinnt erst in allerjüngster Zeit solch enorme Popularität. Man findet „Maps“
(siehe auch Map of Online Communities) zu fast jedem Thema und in tausendfachen symbolischen
und textlichen Varianten. Download am 25.2.2008 unter: http://valleywag.com/tech/data-junkie/theworld-map-of-social-networks-273201.php
385
BEISPIELE: Portale als Virtual Communities: youtube.com (IV.C.3, S. 102, youporn.com, flickr.com
(IV.C.26, S. 115), last.fm (IV.C.27, S. 115). Interessant ist in diesem Zusammenhang die Entstehung
der Blogipelago. Die so genannte Blogger Community, also die Gesamtheit aller Blogger, kann am
besten mit dem Konzept der imaginierten Gemeinschaft erfasst werden. Beispiele IV.C.11ff: Alias
Blogs (siehe Captain Pansen, S. 109), Scientific Blogs (S. 107f. siehe Bildbeispiele Sozlog und
Internet Gesellschaft), siehe auch Hard Blogging Scientiests; Political- und Erlebnisblogs (siehe
surfblog.de, S. 108). Social Networks: studivz.net (siehe IV.C.28ff, S. 116ff), facebook.com,
meinespd.de, myspace.com (Es können nicht nur Bilder, sondern auch Videos, Musikplayer mit den
Playlists der Seitenbetreiber oder Slideshows mit HTML in die Seite integriert werden.) Siehe
außerdem Gruppen bei StudiVZ: Beispiel IV.C.31, S. 117.
383
90
ersetzt?). Zugehörigkeit zu nationalen Gemeinschaften, Ethnie oder originären
Sprach- bzw. Kulturräumen verliert in der Virtualität an Relevanz.386 “Members of
virtual communities take for granted that computer networks are also social networks
spanning large distances.”
387
Deshalb entstehen im Internet Gemeinschaften, die
denen in der sozialen Realität gleichen – der Typ der virtuellen sozialen (oder
intentionalen)
Gemeinschaft.
Hier
wirkt
unter
anderem
Oralität
als
gemeinschaftsbildende Konstante und außerdem die Tatsache, dass eine bestimmte
Anzahl Menschen das Internet als (sozialen) Raum wahrnimmt. Diese Form von
Virtual Community umfasst auch Gemeinschaften, die im Netz aus Internetkontakten
entstehen und die dann im Folgenden zu realweltlichen Kontakten werden. „In der
VR werden Beziehungen geknüpft, deren Überführung in das RL von vorne herein
angestrebtes Ziel und essentieller Bestandteil derselben ist, unabhängig davon, wie
oft dies tatsächlich geschieht.“388 Der dritte Typ von Virtual Community wiederum
bezieht sich auf Gemeinschaften, deren Grundstein zwar in der sozialen Realität
gelegt ist; der Prozess der Vergemeinschaftung findet jedoch im Internet mittels CC
statt. „ […] bereits existierende soziale Netzwerke, Clubs, Verbindungen (sportliche,
akademische, betriebliche, Hobby, thematische etc.) [drängen] ins Netz und [bilden]
virtuelle Filialen, [es] entstehen systematische Verbindungen.“389 Die Individuen
nutzen das Internet zwar in erster Linie als Kommunikationsmedium, aber auch zur
Übermittlung von Links und allen möglichen Medienformaten. So entstehen im
Internet Web
2.0
gestützte
soziale
Gemeinschaften
und innerhalb
dieser
Gemeinschaften auf Oralität basierende Austauschbeziehungen ähnlich zu denen in
Stammeskulturen. Der Computer und das Internet sind für diese Art der
Kommunikation notwendig Voraussetzung.
In dieser Arbeit ist gezeigt worden, dass ‚Virtual Community’ weder nur ein (soziales)
Netzwerk noch eine Gruppe ist, sondern ein soziologisches Subjekt sui generis, denn
sie
ist
eine
Sonderform
der
soziologischen
Gemeinschaft.
Zukünftige
Forschungsfelder für die Soziologie tun sich damit für die Sozialwissenschaften,
insbesondere
die
Soziologie,
Psychologie
und
die
Medien-
und
Kommunikationswissenschaft auf.
386
Und wird nicht nur durch Social Networks ersetzt. Auch Interessengruppen, politische Parteien
oder der Musikgeschmack können online personale Identität stiftend wirken.
387
Milena / Wellmann: S. 2.
388
Metzner-Szigeth: S. 76.
389
Metzner-Szigeth: Ebd.
91
IV. Anhang
IV.A Verzeichnis der Abkürzungen:
* - Küsschen
Ajax – Asynchronous JavaScript and XML
Arpanet – Advanced Research Projects Agency Network
CERN - Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire
CMC – Computer Mediated Communication
CSS – Cascading Style Sheets
DHTML – Dynamic Hypertext Mark-Up Language, heutzutage auch DOM-Scripting
DOI - Digital Opportunity Index
E/e – E/electronic
HP - Homepage
HTML – HyperText Mark-up Language
HTTP – HyperText Transfer Protocol
IM – Instant Message oder Instant Messenger
imho – in my honest / humble opinion
IP (-Adress) – Internet-Protocol-Adress
IRC – Internet Relay Chat
ISP – Internet Service Provider
IT – Information Technology
LAN – Local Area Network
LdH – Land der Häuptlinge
lol – laughing out loud
MIT – Massachusetts Institute of Technology
MUA – Mail-User-Agent
NCSA - National Center for Supercomputing Applications
NSF – National Science Foundation
NNTP - Network News Transport Protocol
omg – Oh my god!
PM – Private oder Personal Message
rofl – rolling on the floor laughing
TAL – Teilnehmeranschlußleitung
TCP – Transmission Control Protocol.
Usenet – Unix User Network
UUCP – Unix To Unix Copy Protocol
92
VoIP – Voice over IP
VR – Virtual Reality
W3 – WorldWideWeb
Web – Kurzform für World Wide Web
WELL, The – Whole Earth `Lectric Link
WoW – World of Warcraft
WWW – World Wide Web
XHTML – Extensible Hypertext Mark-Up Language
XML – Extensible Mark-Up Language
IV.B Begriffslexikon
Account: Benutzerkonto
Adspend: Anteil der Onlinewerbekosten an den Gesamtwerbekosten eines
Unternehmens
Adword: siehe GoogleAds
AdSense: siehe Google Ads
Anwendung: Sammelbegriff für Programme und Portale auf dem Rechner und im
Web.
Applet: Programm, das im Rahmen eines anderen Programms betrieben wird, z.B.
in einem Webbrowser
Apps: Anwendungsprogramm/Computerprogramm, siehe Software
Avatar: Entweder Profilbild in Foren oder auch Spielfigur wie zum Beispiel in Second
Life (inwieweit Second Life als Spiel zu definieren ist, würde hier zu weit führen)
Betriebssystem: Programm zur Generierung einer Benutzeroberfläche. Textbasiert
sind zum Beispiel Unix und Linux. Graphische Benutzeroberflächen können mit
Windows oder Macintosh erzeugt werden. Die ersten PCs mit Benutzeroberflächen
waren Atari, Macintosh und Amiga.
BitTorrent: (Oft illegal) von Einzelusern zur Verfügung gestellter Content, der gratis
downgeloaded werden kann.
Blended Learning: Internet gestütztes Lehren und Lernen.
Blog: Kurzform von Weblog. Zusammengesetztes Kunstwort aus Web und Logbook
(zu dtsch.: Tagebuch).
Blogipelago: Kunstwort aus Blog und ‚archipelago’ (engl. Archipel), also einer
Inselgruppe oder –Kette, meint die Gesamtheit aller Blogs und die dahinter
93
stehenden Blogprovider im WWW. Meme aus dem, noch, so genannten
textbasierten
Netzwerk
bzw.
Hypertext-
/Hyperlinsystem,
der
Blogosphere.
Blogipelago erfasst metaphorisch die Struktur der „Blogosphere“ viel besser. Das
Konzept ist allerdings noch so gut wie unbekannt. Eine Googlesuche ergab am
29.2.2008 nur 588 Treffer. Die Kreation solcher Wörter würde sicherlich in den
Bereich der →compass-rose-shaped-island (siehe auch Abb.? Map of Online
Communities“) fallen, also die Definition der Virtualität aus der Virtualität heraus.
Blogosphere: Kunstwort aus Blog und Logosphere (in etwa: Sphäre der Worte).
Blogosphere meint ebenfalls die Gesamtheit aller Blogs und die dahinter stehenden
Blogprovider im WWW.
Bookmarks: ursprünglich “Lesezeichen” auf dem eigenen Rechner, die beim Surfen
durchs WWW vom User gesetzt werden um Sites später wiederfinden zu können.
Browser: siehe Webbrowser.
Chat: siehe S. 29ff.
Chatroom: Chatraum in dem ein Mehrbenutzer-Chat stattfindet.
Chatiquette: Kunstwort aus den englischen Wörtern Chat und Etiquette
Client: Computerprogramm das die Verbindung mit einem Server (siehe Server)
aufnimmt um mit ihm Nachrichten auszutauschen.
collaborative tagging: Meint das kollaborative Erstellen und Managen von Tags um
Websitecontent zu klassifizieren und zu konnotieren. Synonym für social tagging und
folksonomy.
Comment: öffentlicher Kommentar auf Social Network Sites oder in der Blogipelago.
Content: jedweder medialer Inhalt einer Hypertexteinheit.
Content Management System: Programmsystem zur Verwaltung von Inhalt von
Websites oder Intranets.
Crosspostings sind Beiträge, die in mehreren Foren gleichzeitig geposted werden.
Dabei werden sie direkt beim Absenden über die verschiedenen Foren verteilt.
Desktop: graphische Oberfläche auf dem Bildschirm
Dezentral: findet im WWW bzw. Online statt
Digital Divide: Siehe Text S. 26ff.
Digital Gap: → siehe Digital Divide
Digital Immigrants: → siehe Digital Natives
Digital Natives: (siehe IV.D.2 Fragebögen und Interviews, S. 125ff.)
94
Digital Tourists: → siehe Digital Natives
Document / Dokument: medialer Text, der in einem bestimmten Format
abgespeichert worden ist.
Dotcom Bubble: Spekulationsblase an der Börse zwischen ca. 1995 und 2001
Dotcom Revolution: Entstehung eines globalen Marktes für Hard- und Software.
Download hat eine Doppelbedeutung: Zum einen ist mit Download gemeint, dass
man Programme und Dokumente zur Installation oder zur Archivierung aus dem Netz
auf den eigenen Rechner lädt. Streng genommen werden aber zum Beispiel alle
medialen Texte,
die
man
sich
mittels eines Browsers ansieht, ebenfalls
downgeloaded. Sie werden allerdings in den Browser geladen.
Email: Um Email nutzen zu können, muss ein spezielles Programm installiert
werden, der so genannte Email-Client oder auch Mail-User-Agent (MUA). Dieses
Programm wiederum kommuniziert mit einem Server, der Nachrichten an den
gewünschten Empfänger übermittelt.
Email Client: → siehe Mail User Agent
Flatrate: Internetzugang rund um die Uhr.
Folksonomy: siehe Text S. 14ff.
Godwin´s Law: 1990 von Mike Godwin eingeführtes Konzept.
GoogleAds: siehe Text S.
Hardware: elektronische Geräte
Hierarchie: Jede der Newsgroups im Usenet bildet eine Hierarchie.
Homepage: Website oder Internetpräsenz einer Person, Institution/Organisation
oder Firma.
Host: Entweder Anbieter von Content oder eines Services oder synonym für eine
registrierte IP-Adresse (Achtung! ≠ User; Nutzer)
Hypertext: mit Hyperlinks versehener medialer Text
Hypermediasystem: synonym für Hypertextsystem
Hypertextsysteme sind multilineare Textsysteme (Text beinhaltet in diesem
Verständnis jedweden medialen Inhalt, also neben Text z.B. auch Videos,
Musikdateien, Graphiken etc.), deren einzelne Einheiten durch so genannte
Hyperlinks miteinander verbunden sind. Hypertext- bzw. Hypermediasysteme haben
daraus folgend eine Netzstruktur.
95
Image: Jegliches Bild im Netz, also auch Bewegliche wie .gifs.
Imagehost: Anbieter von Webspace zum Hochladen von Images
Invalid Click Rate: Anteil der ungültigen Clicks an der Gesamtzahl der Clicks.
Internet: Computernetzwerk zwischen Rechnern oder Servern oder zwischen
Rechnern über Server.
Internetpräsenz: siehe → Homepage oder → Website
Internet Relay Chat: rein textbasieretes Chatsystem in dem beliebig viele
Teilnehmer über so genannte Channel Kontakt treten können. Ebenfalls möglich ist
das Zwiegespräch unter zwei Teilnehmern, dies wird Query genannt. Voraussetzung
der Nutzung von IRC ist, wie bei der Ursprungsform der Email, dass ein IRCProgramm zentral auf dem Rechnergespeichert wird, der so genannte IRC-Client. Es
gibt aber aus entwicklungstechnischen Gründen mittlerweile nicht mehr nur IRCClients, die zentral auf dem Rechner installiert sind, sondern auch Updates für den
Browser, mit denen derartige Funktionalitäten in den Browser selbst eingebunden
werden. IRC selbst ist der direkte Vorgänger von IMs, Querys sind die Vorformen der
PM.
iPhone: internetfähiges Mobiltelefon mit Touchscreen von Apple
iPod: Gerät zum Abspielen von mp3s und Videos.
iTunes: Programm zum Abspielen von Audiodateien
killer application: revolutionäre Anwendung im Internet oder WWW die schon
existierenden Technologien zum Durchbruch verhilft.
Klickbetrug: Das Google AdWord eines Konkurrenten wird wiederholt (z. T.
millionenfach) angeklickt und treibt so dessen Werbeausgaben in die Höhe.
(Hyper)Link / verlinken: Verweis auf ein anderen Inhalt innerhalb eines
Hypertextes.
Linux: Betriebssystem
Long Tail: These von Chris Anderson, nach der sich im Internet vor allem
Nischenprodukte besonders gut verkaufen lassen.
Mac OS: Betriebssystem für Macintosh bzw. Apple Rechner
Major Seven: siehe Big Seven.
Mash-Up: Kombination verschiedener Inhalte, zum Beispiel zweier Websites. Inhalt
auf Website 1 wird getaggt, beim Navigieren mit dem Cursor zum getaggten Inhalt
von Website 1 erscheint der Content von Website 2 in einem Pop-Up Window.
96
Meme: Neologismus zur Beschreibung eines Schlagworts, das im Internet die Runde
macht.
Mailingliste: siehe S. 8ff.
Mail User Agent: Programm, dass Email darstellt und verarbeitet.
Mompreneur: Kunstwort aus Mom (Mother) und Entrepreneur (engl.: Unternehmer)
Mosaic: erster voll funktionsfähiger gratis downloadbarer Browser
Multipostings stehen ebenfalls in mehreren Foren, werden dort aber einzeln
abgesetzt und verbrauchen so mehr Speicherkapazität und Rechenzeit bei den
verarbeitenden Servern. Sie werden grundsätzlich von den Usenet-Nutzern
abgelehnt.
Multiplayer: mehrere Spieler in einem Spiel.
Netiquette: Kunstwort aus den englischen Wörtern Net und Etiquette.
Netscape Navigator: Browser
Newsgroup: Siehe S. 8ff.
Newsreader: Programm zur Erfassung, Verarbeitung, Darstellung und Erstellung
von Email.
Nexus: Browser
Nonliner: Möglichkeit der Internetnutzung durch diesen Nutzer ist eingeschränkt
oder gar nicht gegeben.
Nutzer: → User
Onliner: Möglichkeit der Internetnutzung durch diesen Nutzers ist voll gegeben.
Participation: siehe Text S.14ff.
Pinnwand: Im Browserfenster sind über der Pinnwand noch einige der Gruppen zu
sehen. Bei den grauen Gruppen können nur diejenigen, die in derselben Gruppe
sind, sehen, dass man ebenfalls Mitglied ist. „Die Sichtbarkeit“ kann individuell
eingerichtet bzw. eingeschränkt werden, genauso wie die Sichtbarkeit des OnlineSeins oder die Abstufung der Sichbarkeit der Fotoalben (mir Unbekannte dürfen im
Modus ‚eingeschränkte Sichtbarkeit’ meine Fotoalben nicht sehen) → siehe auch
IV.C.30, S. 117.
Player: Entweder Spieler in einem elektronischen Spiel, siehe auch Gamer, aber
ebenfalls synonym für Programm zum Abspielen von Audio- und Videofiles.
Pop-Up Window: Extrafenster im Browser.
97
(to) post/ a post/ a posting: Das Hinterlassen einer Text- oder Bildnachricht in einer
Newsgroup oder in einem Forum im WWW. Steht außerdem synonym für das
Hinterlassen von so genannten Comments auf persönlichen Profilseiten oder die
Recommendations, also Empfehlungen, auf kommerziellen Seiten/Anbietern wie
Amazon oder z.B. bei Preisvergleichsseiten und auch als Bewertungen von
Einzeldokumenten bei so genannten Communities wie YouTube, Flickr oder
Last.FM.
Powerseller: Verkäufer mit mit einer schnellen Warenumschlagsgeschwindigkeit bei
Ebay.
Produsage / Produser: Die Konzepte Prod-User und Prod-Usage sollen auf die
Doppelrolle des Nutzers als Produzent (Producer) und Konsument von Inhalten
(User) im Web 2.0 hinweisen.
Programmiersprache: „Sprache“ nur in dem Sinne, dass Programme in
Programmiersprachen geschrieben werden.
Protokoll: siehe Text S. 8ff.
Provider: Anbieter von Services oder Serverkapazität.
Publishing: siehe Text S. 14ff.
Request: Anfrage
Router: Hardware, die eintreffende Netzwerk-Pakete zu den entsprechenden
Zielnetzen weiterleitet.
Server hat zwei Bedeutungen: 1) Software, also ein Programm, dass mit einem
anderen Programm (dem Client) kommuniziert und so Zugang zu Diensten
verschafft. 2) Hardware, also ein Rechner oder Rechnerverbund, auf dem ein oder
mehrere Server laufen.
Slideshow: ein Programm, in das Fotos eingespeist werden, die dann ähnlich einer
Diashow nacheinander gezeigt werden. Kann mittels HTML in Hypertext auf
Websites integriert werden.
Silversurfer: Internetnutzer ab dem fünfzigsten Lebensjahr.
Social Bookmarking Tool: Programm oder Metatagsammlung, mit oder zur der
jeder Tags hinzufügen kann, also Content für andere bookmarkt.
Social Network: „Soziales“ Netzwerk im Netz, das auf Social Software basiert.
Social Software: Software zur Herstellung von Social Networks im Net.
Software: Programm
98
Stream: konstanter Datenstrom vom Host über einen Server zu einem Browser.
Meint, dass Content wie Musik oder Videos direkt in den Browser geladen und
angehört bzw. –gesehen werden können. Ein Download auf den eigenen Rechner ist
nicht mehr nötig.
Tab: Browserfenster im Browserfenster. So können mehrere Sites gleichzeitig im
Browser geöffnet sein, die ähnlich wie bei einem Aktenreiter immer wieder
aufgerufen werden können.
Tag / to tag: ursprünglich synonym für die Unterschrift eines Graffiti-Sprayers, meint
heute das Taggen von Webcontent. Tags sind Metadaten.
Tagcloud: Eine ungeordnete Masse einzelner Tags. Tags mit viel Relevanz, also
häufiger Verlinkung, werden größer angezeigt, als solche mit weniger Relevanz, die
verhältnismäßig klein angezeigt werden.
Taxonomy: siehe Text S. 14ff.
Top 8: Die Avatare der „besten Freunde“ auf der Myspaceprofilseite. Ursprüngliche
war die Anzeige auf acht Freunde limitiert. Heute können beliebig viele Topfriends
angezeigt werden. Die Art der Einpassung ins Profil ist über HTML durch den User
selbst programmierbar.
Thread: siehe Text S. 8.
Traffic: Sammelbegriff für vielerlei Art von Datenverkehr oder Datenaufkommen / Kontingent
Triple Play: ursprünglich ist damit die Bindung von Audioplay, Videoplay und
Datenverarbeitung in einem Gerät gemeint. Heute die Bündelung von TV, Telefonie
und Internet auf einem Gerät, wahlweise dem Fernseher, dem Mobiltelefon oder dem
Rechner.
Unix: Betriebssystem
Usenet: Unix ist ein rein textbasiertes Betriebssystem (siehe Verzeichnis der
Abkürzungen).
Usenet Laws: Beobachtbare Regelmäßigkeiten im Diskussionsverhalten.
User: Jemand, der generell die Möglichkeit hat Online zu gehen.
Vandale: User, der mutwillig bei Wikipedia Inhalte zerstört oder Blödsinn schreibt.
99
Web 1.0: Konzept für das WWW im Zeitraum zwischen 1993 und 2000. Modus:
Taxonomy.
Web 2.0: Konzept für das WWW ab 2000. Modus: Folksonomy.
Web 3.0: Konzept für das WWW nach Web 2.0. Das WWW wird über handyfähige
Betriebssysteme
und
graphische
Benutzeroberflächen
auf
dem Handy
ins
Anzeigen
des
Mobilfunknetz integriert.
(Web)applet: siehe → Applet.
(Web)Browser:
Programm
zum
Durchsuchen
und
Hypermediasystems World Wide Web.
(Graphische) Webbrowser basieren auf ‚graphischen Benutzeroberflächen’. Jedes
graphische Betriebssystem erzeugt eine graphische Benutzeroberfläche. Es wird dort
über spezielle, eben graphische Oberflächen, also z.B. über das Ansteuern von
Icons, mit einem Cursor navigiert.
Web(chat): → siehe Chat
Webforen: Diskussionsforen im World Wide Web
Webmail: Emailprovider im World Wide Web
Website: Hypertextdokument im WWW.
Whole Earth Review: Magazin, das aus dem von Steward Brand gegründeten
CoEvolution Quarterly hervorgegangen ist und nun Whole Earth heißt. Der Untertitel
ist von Anfang an ‚Access to Tools and Ideas’.
(Nintendo) Wii: Konsole von Nintendo. Siehe auch Bildbeispiel IV.C.25, S. 114.
Wiki (hawaiianisch) : schnell.
Windows: Betriebssystem von Microsoft.
XML HTTP Request ist die Lokalisierungsanfrage an den Webbrowser bei einer
Suche nach einer XML HTTP Adresse, also einem XML Dokument, dass unter einer
HTTP Adresse abgelegt ist.
100
IV.C Bildbeispiele
IV.C.1 Wachstum des Usenet zwischen der Gründung 1973 und 1995.390
Datum
---1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
Sites
----3
15
150
400
600
900
1,300
2,200
~MB
---
~Posts
-----2
10
0.05
20
35
120
225
1.0
375
2.0
946
Groups
-----3
241
|
+
|
|
|
|
|
|
|
|
Datum
---1987
1988
1990
1991
1992
1993
1994
1995
Sites
------5,200
7,800
33,000
40,000
63,000
110,000
180,000
330,000
~MB
--2
4
10
25
42
70
157
586
~Posts
-----957
1933
4,500
10,000
17,556
32,325
72,755
131,614
Groups
-----259
381
1,300
1,851
4,302
8,279
10,696
~ annähernd: MB - megabytes pro Tag, Posts - articles pro Tag
IV.C.2 Myspace hinter den Kulissen - Startseite des Myspace Users Captain
Pansen.391
390
Wachstum des Usenet zwischen der Gründung 1979 und 1995. Download am 4.3.2008 unter:
http://www.uniklinikum-giessen.de/med3/history/internet/Geschichte_Internet.html)
391
von hier aus wird wie bei einem Content Management System (→ siehe Begriffslexikon) alles
gesteuert.
Myspace
hinter
den
Kulissen.
Download
am
19.3.2008
unter:
http://home.myspace.com/index.cfm?fuseaction=user.
101
IV.C.3 Screenshot der Startseite von youtube.com392
IV.C.4 Screenshot Startseite piratebay.org393
392
393
Download am 2.3.2008 unter: http://de.youtube.com
Download unter am 1.3.2008 unter: http://thepiratebay.org/
102
IV.C.5 Mash Up
IV.C.6 Info Tag bei Google Maps
103
IV.C.7 Screenshot des myspace.com Profils des Users Captain Pansen mit
einem last.fm-Widget und im Widget ist ein kleines Albumcover, ein Infotag zu
sehen.394
394
Screenshot des myspace.com Profils des Users Captain Pansen mit last.fm-Widget und Mash-Up.
Download am 2.3.2008 unter:
http://profile.myspace.com/index.cfm?fuseaction=user.viewprofile&friendid=3264338
104
IV.C.8 Screenshot eines Teils des Myspaceprofils des Users Captain Pansen
mit verschiedenen Videoplayern und den Avataren der „Top 8“. 395
395
Videos The Cure „Just like heaven” und The Destillers “Drain the Blood” (von youtube.com und
von myspace.video durch HTML-Tags) integriert. Links im Bild sind die Interessen zu sehen; rechts im
Bild die „Freunde“. → Top 8 siehe Begriffslexikon; Screenshot eines Teil des Myspaceprofils des
Users Captain Pansen mit verschiedenen Videoplayern. Download am 1.3.2008 unter:
http://profile.myspace.com/index.cfm?fuseaction=user.viewprofile&friendid=32643318
105
IV.C.9 Screenshot des Myspaceprofils von Captain Pansen396 mit Slideshow
und Anfang der „Comments.“397
396
mit durch HTML integrierte Slideshow und Graphik links im Bild, rechts im Bild „Freunde“ und die
„Comments“ mit dem Avatar des Nachrichtenschreibers links neben dem Text. → Slideshow & →
Comments siehe Begriffslexikon. Hier wird auch anderer graphischer und medialer Content geposted.
397
Screenshot des Myspaceprofils von Captain Pansen mit Slideshow und Anfang der Comments
Download
am
1.3.2008
unter:
http://profile.myspace.com/index.cfm?fuseaction=user.viewprofile&friendid=32643318.
106
IV.C.10 Screenshot des Bandprofils der Donots bei Myspace.398
IV.C.11 Blog Internet Gesellschaft der Dozenten Thies Albers und Thomas
Dierschke des Instituts für Soziologie der WWU Münster.399
398
Screenshot des Bandprofils der Donots.
Die gerade zunächst in Japan ein Album veröffentlicht haben. Der einzige Track im Payer ist
vermutlich der Opener des Albums und „soll für sich stehen“. Man kann, sofern man ein Profil bei
myspace.com hat, „Freund“ der Donots werden, zum Beispiel dem Streetteam beitreten oder den
Podcast der Band („Die relaxte Kluftpuppe), sowie diverse Newsletter abonnieren oder abbestellen.
Man erhält Bulletins und kann persönliche Comments hinterlassen. Von der Band werden
beispielsweise exklusive Fotos zur Verfügung gestellt oder Brainstorming-Wettbewerbe organisiert.
Download am 2.3.2008 unter: http://profile.myspace.com/index.cfm?fuseaction=user.viewProfile
&friend-ID=41454008
399
Download unter: http://www.internet-gesellschaft.net.
107
IV.C.12 Sozlog von Dr. Tina Guenther als Beispiel für einen Science Blog 400
IV.C.13 Surfblog.de als Beispiel für eine Erlebnisblogcommunity401
400
Sozlog von Dr. Tina Guenther als Beispiel für einen Science Blog Download am 2.3.2008 unter:
http://sozlog.de/
401
Surfblog.de als Beispiel für eine Erlebnisblogcommunity. Download am 2.3.2008 unter:
http://www.surfblog.de/.
108
IV.C.14 Aliasblog des Users Captain Pansen402
IV.C.15 Tagcloud403
402
Aliasblog des Users Captain Pansen. Download am 2.3.2008 unter: http://captainpansen.vox.com/
Tagcloud → siehe Begriffslexikon. Download am 1.3.2008 unter: http://jilltxt.net/wpcontent/uploads/2006/10/tagcloud-bards-to-blogs.png
403
109
IV.C.16 Social Bookmarking Tool ‘mr-wong.de’404
IV.C.17 Screenshot vom Desktop mit last.fm-Player und Google Gadget405
404
Startseite des Social Bookmarking Tool Mister Wong. Download am 5.3.2008 unter:
http://www.mister-wong.de/ . Rechts unten im Bild eine Tagcloud im Kontext.
405
Am 2.3.2008. Siehe auch Begriffslexikon.
110
IV.C.18 World of Warcraft406
406
World of Warcraft: Bild 1) typische Lebensformen Elf, Zwerg und Mensch. Download am 5.3.2008
unter: http://www.damageonline.com/World_of_Warcraft.pid.PC1779G.htm // Bild 2) Interaktion zweier
Avatare. Download am 5.3.2008 unter:
http://www.netzwelt.de/picture/images/articles/wow_screen02_1110908038.jpg // Bild 3) Getümmel
von Avataren – die Namen der Figuren stehen in blau über den Avataren.Rechts oben im Bild der
Standort
in
WoW.
Download
am
5.3.2008
unter:
http://www.philoking.com/wpcontent/uploads/2007/01/WindowsLiveWriter/WorldofWarcraftPoorFrameRatesonWindowsVi_F89F/sc
reenshotwow21.jpg
111
IV.C.19 Wikipedia Hauptseite407
IV.C.20 Diskussionswiki im Learnweb der WWU Münster408
407
408
Wikipedia Startseite - Download am 2.3.2008 unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite.
Mein eigenes Profil.
112
IV.C.21 Diskussionswiki bei Wikipedia. Screenshot am 1.3.2008409
IV.C.22 Screenshot vom Desktop mit mehreren offenen Skype-Fenstern.
409
Screenshot
eines
Diskussionswiki
bei
Wikipedia.
Download
am
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Diskussion:Datenverkehr&action=edit&section=2
1.3.2008:
113
IV.C.23 Google Search Bar410
IV.C.24 Apple iPhone411
IV.C. 25 Nintendo Wii412
410
Siehe Begriffslexikon; Download am 2.3.2008 unter: http://www.google.de/
iPhone - Download am 5.3.2008 unter: http://www.handyexperte.de/blog/?p=23
412
Download am 5.3.2008 unter: http://www.wii-reviews.de/
411
114
IV.C.26 Screenshot von flickr.com413
IV.C.27 last.fm414 Profil und last.fm Dashboard am 1.3.2008
413
Fotocommunity; Download am 2.3.2008 unter: http://www.flickr.com/.
Listenercommunity;
Screenshot
eines
last.fm-Profils
(Download
unter:
http://www.lastfm.de/user/Karottek/ und eines last.fm Dashboard (der persönlichen Startseite;
Download am 1.3.2008 unter: http://www.lastfm.de/dashboard/)
414
115
IV.C.28 Screenshot einer Startseite bei Studivz.net 415
IV.C.29 Screenshot eines Profils bei studivz.net 416
415
Screenshot einer persönlichen Startseite bei studivz.net. Download am 2.3.2008 unter:
http://www.studivz.net/Profile/97f76cd11bc6095e
416
Screenshot
eines
Profils
bei
studivz.net.
Download
am
2.3.2008
unter:
http://www.studivz.net/Profile/97f76cd11bc6095e
116
IV.C.30 Screenshot einer Pinnwand bei studivz.net417
IV.C.31 Screenshot von Gruppen im Studivz418
417
Screenshot einer Pinnwand bei studivz.net. Im Browserfenster sind über der Pinnwand noch einige
der Gruppen zu sehen. Bei den grauen Gruppen können nur diejenigen, die in derselben Gruppe sind,
sehen, dass man Mitglied ist. „Die Sichtbarkeit“ kann individuell eingerichtet werden. (Download am
2.3.2008 unter: http://www.studivz.net/Profile/97f76cd11bc6095e)
418
Screenshot von Gruppen im Studivz auf der Seite von KSF (Download am 2.3.2008 unter:
http://www.studivz.net/Profile/97f76cd11bc6095e).
117
IV.C.32 Frequentierung von Social Networking Sites zwischen 2005 und 2006
im globalen Vergleich.419
IV.C.33 Blog Traffic420
419
Frequentierung von Social Networking Sites zwischen 2005 und 2006 im globalen Vergleich.
Quelle:
Ipsos
Insights
2007.
Download
am
25.2.2008
unter:
http://www.ipsosinsight.com/pressrelease.aspx?id=3556
420
Datenaufkommen / -kontingent in der Blogosphere insgesamt in Gigabyte. weltweit: unique users
October
2007.
Quelle:
ComScore.
(Download
am
27.2.2008
unter:
http://blogs.guardian.co.uk/digitalcontent/category/deals/)
118
IV.C.34 The World Map of Social Networks421
421
The World Map of Social Networks. Quelle: Datensätze von Alexa (siehe auch Abbildungen 1 und
2) aufbereitet mit den Programmen von valleywag.com durch Lucas Shaw von der Firma Wandamere
(http://www.wandamere.com/). Zeitliche Einstufung: Deutlich neuer als C.4; Mindmapping gewinnt erst
in allerjüngster Zeit solch enorme Popularität. Man findet „Maps“ (siehe auch Map of Online
Communities & Schema F) zu fast jedem Thema und in tausendfachen symbolischen und textlichen
Varianten. Download am 25.2.2008 unter: http://valleywag.com/tech/data-junkie/the-world-map-ofsocial-networks-273201.php
119
IV.C.35 Long Tail of Conversation422
422
The Long Tail og Conersation Download am 13.3.2008 unter: http://www.saunderslog.com/images
/2006/01/Voice%20Long%20Tail.JPG
120
IV.C.36 ‘The Map of Online Communities and Other Points of Interest’ nach
Randall Munroe. 423
423
(Download am 25.2.2008 unter http://xkcd.com/256/.) Auf alten Weltkarten steht am Rand der Welt
oft „Hic sint leones” (lat. „Hier sind Löwen“). In dieser Karte steht am Rand „Here be anthropomorphic
dragons” (engl.: „Hier seien menschenähnliche Drachen“).
121
IV.C.37 Fragebogen
122
123
124
V.D Gesprächsanalyse, Fragebögen und Interviews
V.D.1 CC – Beispiel (zur Oralität im Netz)
Zur Entstehung von CC im Internet unter Einbeziehung von Social Software (hier: der
Instant Messenger Skype und die Plattform StudiVZ).
Avatare
Stebbl
Marie
Karoline/KSF
Suse
Stoj
Situation: Suse und Marie haben zusammen Graphikdesign studiert und beide
gerade das Diplom gemacht. Suse ist daraufhin nach Dresden geflogen, um ihren
Freund Stebbl zu besuchen, der kurz zuvor von Münster nach Dresden versetzt
worden ist und in diesem Zusammenhang den Wohnort gewechselt hat. Danach ist
Suse zunächst zu ihrer Schwester Steffi nach Mainz gefahren, dann zu ihrer anderen
Schwester Bini. Suse und Karoline wohnen zusammen in einer WG mit Julia, Joe
und dem Terrier Pipi. Stoj ist der Exfreund von Julia und seit der Beziehung zu Julia
mit Joe, Karoline, Suse und Stebbl befreundet. Marie kennt er ebenfalls persönlich,
die Bindung ist allerdings eher nicht als enge Freundschaft zu bezeichnen, der Grad
der Bindung würde eher dem entsprechen, was landläufig unter die Formulierung
‚gute Bekannte’ fällt. Stebbl und Karoline hingegen kennen Marie gut und sind mit ihr
befreundet.
Besonderheiten dieses Beispiels:
Kleinschreibung, Slang & Umgangsprache, auffällig viele technische und aktuelle
(populär)kulturelle Bezüge. Klar erkennbare Codes, die in einem diskursiven (an
Oraliät angelehnten) Prozess konstruiert worden sind. Deutlich erkennbar sind auch
125
persönliche Stilblüten und somit eine „orale“ Positionierung. Die eigene Sprache bzw.
die verwendeten Wörter sind identitätsstützend.
Das geht soweit, dass
Individualitäten aus eine 1:1 Kommunikation bei Skype öffentlich gemacht werden,
weil jeder der an der öffentlichen Konversation beteiligten Akteure, den Charakterzug
kennt und so für keinen der Mitlesenden Verständnisprobleme ergeben. Außerdem
ist an einer Stelle das regulierende Eingreifen von Suse auf den Dialog zwischen
Stebbl und Stoj auf Stebbls Pinnwand als Durchsetzen einer umgebungsabhängigen
(also konkret von dieser Gemeinschaft abhängenden) ‚Netiquette’ zu deuten.
Gesprächssequenz - Tabellarischer Ansatz zur semantischen Analyse
Gruppeneigene Codes
Slang / Jargon
„Individualitäten“/ persönlicher Stil
Lautmalereien
Technische Begriffe
Technik- / Internetneologismen
„heimisch werdsch sonntag, wenn ich
den
weg vom mannheimwochenend
antret!
so bis dahin alles blitzeblank und
galant, zz!
heue abend wird hier erstma
geschicket
und geschönt, wie damals bei´n
kommanders, nur neue
leutokäyschen!
jahaaaa...
kuss fürn hund“
→ hier quasi alles auf einmal.
424
Apfelbuch, Apfelcam, herz an herz,
mstopia, nürch, heimie etc.
Foddos, bidde, herzken, ey, neee,
Strebertussi, isch etc.
suse: kusses, liebste kinder und
kinderinnen, gesusedrückt,
ksf: hach, suseillu, susetypo und karotext
etc.
pahahahahaaaaaa, kischer kischer!,
hach, luv ya (= love you)
ibook, .exe, apfelbuch = Laptop von
Apple, apfelcam = die Kamera, die beim
Macbook
installiert
ist
(implizit
voraussetzend, dass alle integrierten
Anwendungen des Macbook bekannt
sind) etc.
Nerd etc.
„pahahahahaaaa... dann is nächste
zeit
jawohl erstmal Ä-kording anjesacht,
wa!
kusses from your typotusses***“ 424
→ hier quasi alles auf einmal.
*** = drei Küsschen
126
Pinnwände im StudiVZ
Pinnwand Marie am 22.2.2008: Pinnwand Suse am 22.2.2008
Suse (FH Münster) schrieb am 22.02.2008 um 14:16 Uhr
ey und will unbedingt die diplomfoddos
sehen, wenn ich wieder da bin!
kusses, herzken~
Suse (FH Münster) schrieb am 20.02.2008 um 17:41 Uhr
muss i denn, muss i denn zuhum städele
hinaus, städele hinaus... mitm rad,
mitm rad, mitm rad, kamerad! neee, am
sonntag abend wieder in mstopia! bis
dahin gutgehenlassen, herzchen!
gesusedrückt
Pinnwand Suse am 22.2.2008
KSF .... (Uni Münster) schrieb am 22.02.2008 um 13:22 Uhr
HAAAAAAAAAAHAHAHAHAHAHAHAHHAAAA
Stoj (Uni Osnabrück) schrieb am 22.02.2008 um 13:01 Uhr
[10:21:05] Karoline : heute hab ich mein
tagebuch geschrieben, dass stoj die
coolste sau is.
[10:23:55] Karoline : der hat nämlich
ein ibook und kann gut tanzen. trinken
auch gut!!!!
[10:24:11] Karoline : hach
KSF .... (Uni Münster) schrieb am 22.02.2008 um 09:31 Uhr
du warst zu früh fort, deshalb noch
dies:
[09:35:54] Karoline : luv ya nürch
[09:36:32] Karoline : ich wollt ich wär
ein hund ist für erwachsene und muss
susetypo und suseillu und karotext
haben!!!!!!!!!!!
[09:37:00] Karoline : ich bin übrigens
neuerdings kord.exe (thanks marie)
[09:37:27] Karoline : karo+word=kord,
das schreibprogramm, ergo .exe
KSF ....(Uni Münster) schrieb am 21.02.2008 um 20:50 Uhr
mein heimie kommt zurück!! nee, ich
halt alles in schuss, frag joe, aber
magistern hat gerad priorität.. ich
freu mich auf dich, du geliebtes
eheweib!
Stoj (Uni Osnabrück) schrieb am 21.02.2008 um 14:58 Uhr
127
Nee, komm heim. Aber lass den Ossi weg.
Ausser Mars Volta, da darf er. Aber das
ist ja in Köln.
Stoj (Uni Osnabrück) schrieb am 21.02.2008 um 14:57 Uhr
Bleib weg.
KSF .... (Uni Münster) schrieb am 20.02.2008 um 16:48 Uhr
ja. komm heim.
marie (FH Münster) schrieb am 20.02.2008 um 12:30 Uhr
komm zurück!!
Stoj (Uni Osnabrück) schrieb am 19.02.2008 um 12:49 Uhr
Frechheit! Ich bin ein nerd, und keine Strebertussi!!
Pinnwand KSF am 22.2.2008
Suse (FH Münster) schrieb am 22.02.2008 um 14:05 Uhr
pahahahahaaaaaa, ihr seid zuuuu wutzig!
kischer kischer! liebste kinder und
kinderinnen, hach isch freu mich auf
euch!
Suse (FH Münster) schrieb am 22.02.2008 um 10:40 Uhr
pahahahahaaaa... dann is nächste zeit
jawohl erstmal Ä-kording anjesacht, wa!
kusses from your typotusses***
Suse (FH Münster) schrieb am 20.02.2008 um 17:39 Uhr
heimisch werdsch sonntag, wenn ich den
weg vom mannheimwochenend antret!
so bis dahin alles blitzeblank und
galant, zz!
heue abend wird hier erstma geschicket
und geschönt, wie damals bei´n
kommanders, nur neue leutokäyschen!
jahaaaa...
kuss fürn hund
Pinnwand von Stoj am 22.2.2008
Stebbl (FH Bingen) schrieb am 22.02.2008 um 10:03 Uhr
ick wollt auch schon meinen!
hier so rambo und so, ick hab den noch
nicht gesehen. hab mir aber vorgestern
mal planet terror ausse dvd-thek
ausgeliehen! net schlecht, wenne ma auf
viel blut, innen nach außen und wenig
handlung stehtst.... rein damit in die
maschine und glubscher (das sagt man
128
glaub ich hier) auf. rambo ist aber auf
der liste ganz oben würd da aber ehr
auf deine anwesenheit auf dem
partnersitz zählen! muahahhaah. cheers
Stebbl (FH Bingen) schrieb am 22.02.2008 um 00:00 Uhr
datt mit dem ossi hab ich nich gehört!
Suse (FH Münster) schrieb am 21.02.2008 um 19:18 Uhr
laberlaber schnack schnack /// usw.
Suse (FH Münster) schrieb am 19.02.2008 um 12:22 Uhr
boooooooooooaaaaaaaaaah, stoj!!!
... du siehst aus wie ne
oberstrebertuss!
bahhhh aaahhh
Stebbl (FH Bingen) schrieb am 16.02.2008 um 20:12 Uhr
der osten läßt mich modern...alta! da kann ich
nix für ehhh. warst du schon im tempel und hast
dem john r. gehuldigt?
Pinnwand von Stebbl am 22.2.2008:
Susanne (FH Münster) schrieb am 22.02.2008 um 14:08 Uhr
fiese möps, ihr!
Stoj (Uni Osnabrück) schrieb am 22.02.2008 um 12:55 Uhr
Spatz, wenn du einen Partnersitz für
uns reservierst, bin ich sofort dabei.
Aber sag Suse nichts, ich glaub, die is
ganz schön eifersüchtig
Stoj (Uni Osnabrück) schrieb am 22.02.2008 um 00:08 Uhr
Brahahahaha!!! Tschuldige, ich wollte
Grenzgänger sagen...
Stoj (Uni Osnabrück) schrieb am 18.02.2008 um 15:26 Uhr
John J. wird dieser oder nächster Woche
beigewohnt. Zeitmangel verschafft mir
diesen unbefriedigenden Zustand.
Ätzend. Und bei dir? Ihr seid doch
hoffentlich beide rein?
Stoj (Uni Osnabrück) schrieb am 15.02.2008 um 16:00 Uhr
Stebbl, du müffelst!
129
Skypedialoge
Zu Skype: Die Übertragung von Nachrichten durch Skype erfolgt, wenn beide Nutzer
gleichzeitig online sind. Als IM kann Skype eigentlich nur genutzt werden, wenn eine
Flatrate vorhanden ist und der Nutzer oft online ist, da sich die potenziellen
Interaktionspartner
sonst
verpassen.
Voraussetzung
ist,
dass
überhaupt
Gesprächspartner vorhanden sind; es ist also eine große Menge Nutzer mit
Breitbandzugang und ausreichendem Arbeitsspeicher für das Entstehen von
Kommunikation über einen IM notwendig. Die jeweils anderen Skype Nutzer können
als „Kontakt“ zum Account des Nutzers hinzugefügt werden. Der Status der anderen
Benutzer in der Kontaktliste wird durch Icons angezeigt. Über Skype kann allerdings,
wie bereits erwähnt, ebenfalls telefoniert werden. Dabei ist sowohl VoIP möglich, als
auch Videotelefonie und außerdem Datenübertragung von Nutzer zu Nutzer. Über
den IM können Links verschickt werden.
Suse und Karoline am 22.2. über den Skype-Account von Suses Schwester Steffi in
Mainz, deshalb wird Susanne im Folgenden als Steffi angezeigt:
[09:16:00] Karoline : bis dahin küss ich dich in gedanken
[09:25:51] Steffi : auf meinem schreibtisch liegt die karte vom Name gelöscht verlag.
schick mir ma bidde name und tel.nr! danke
[09:27:01] Karoline : Name und Telefonnummer wurden gelöscht
[09:27:18] Karoline : ich will immer noch "ich wollte ich wär ein hund" machen.
[09:27:49] Karoline : ausserdem wäre ich für die kinderbücher "pipi, der punkerhund"
und james, der piratenhund"
[09:28:00] Karoline : das wär so geil..
[09:28:04] Karoline : bitte bitte.
[09:28:09] Karoline : ich wollt ich wär ein hund
[09:28:12] Karoline : bitte!
[09:34:58] Steffi : jajajajjajajaaaa
[09:35:17] Steffi : so, ich überlegs mir!
[09:35:33] Steffi : herz an herz und schüss, my dear
Die letzten vier Nachrichten von Karoline wurden nicht übermittelt, da Suse den
Rechner ausgeschaltet hat. Die Nachrichten wurden daraufhin von Karoline bei
Skype ausgeschnitten und auf die Pinnwand von Suses Studivz-Profil kopiert.
[09:35:54] Karoline : luv ya nürch
[09:36:32] Karoline : ich wollt ich wär ein hund ist für erwachsene und muss susetypo
und suseillu und karotext haben!!!!!!!!!!!
[09:37:00] Karoline : ich bin übrigens neuerdins kord.exe (thanks marie)
[09:37:27] Karoline : karo+word=kord, das schreibprogramm, ergo .exe
130
Stoj und Karoline am 22.2.2008:
[12:09:13] Stoj : ich mach hier meinen kram fertig und schau dann, wie es um meine
zeit bestellt ist. werd mein apfelbuch heute wahrscheinlich abholen können, daher
nicht ganz sicher mit zeit. meld mich gegen 4-halb fünf.
[12:09:24] Karoline : uiuiui!!!!
[12:09:36] Karoline : dann gibts demnächst stojfotia
[12:09:45] Stoj : aber ja, aber ja!!
[12:09:53] Karoline : also noch mehr stojfotia als jetz schon..
[12:09:55] Karoline : hach hach
[12:10:00] Stoj : hahaha
[12:10:34] Karoline : wenigstens kannst mit den apfelcam keine arschfotos mehr
machen
[12:10:51] Karoline : ausser von dir selber
[12:11:19] Stoj : nee, die hab ich eh nich dran, weil is nur ein ibook, kein neues. aber
photoshop läuft gut. und icomic. jaul!
[12:11:56] Karoline : oh, das meint ich gar nich. also du bist kein arsch. aber du
kannst nur noch deinen eigenen hintern fotografieren. wie bart simpson mit der
spionkamera
[12:12:11] Karoline : aso..
[12:12:13] Karoline : aha.
[12:12:17] Karoline : apple. ts.
[12:12:20] Karoline : alles quatsch.
[12:12:33] Stoj : laberlaber brabbelbrabbel faselfsael
[12:12:53] Karoline : ich warte bis vergleichbare anwendungen im web auftauchen
und dann benutz ich die mit meinem billigrechner und hab das gleiche ergebnis.
[12:13:15] Stoj : nie im leben. dafür setz ich mich jetzt täglich in mir vorher
unbekannte cafes und proll.
[12:13:33] Karoline : apple ist metaphorisch gesprochen "viel lärm um nichts"
[12:13:38] Karoline : es sieht nur schön aus.
[12:13:47] Stoj : für schmales geld nehm ich gerne viel lärm
[12:14:02] Karoline : und gehst dann mit der ästhetik prollen
[12:14:13] Karoline : allerdings sind eh nur blenderfans davon begeistert
[12:14:36] Stoj : ausserdem hat der 12" und is perfekt für die uni. du wirst von den
ergebnissen begeistert sein und schrreist: stoj, stoj, mehr apfelsachen machen,
losloslos!!!
[12:14:54] Stoj : warts nur ab!
[12:15:02] Karoline : ich warte dann demütig auf die vorlage für mein geschrei nürch
[12:15:11] Stoj : das kannst du
[12:15:15] Karoline : feini..
[12:15:32] Karoline : los, wir beide weiterarbeiten und dann tierarztparty..
[12:16:03] Stoj : zystenpolonäse und furunkelbreakdance. ich bin fan - ich geh hin.
[12:16:20] Karoline : geilo
[13:08:36] Stoj : lol@suse studivzprofil!!
131
IV.D.2 Fragebögen und narrative Interviews
Es wurde bisher zwischen Onlinern und Nonlinern unterschieden. Um diese binäre
Unterscheidung zu verfeinern, wurde das Konzept der Digital Natives, Digital
Immigrants und Digital Tourists hinzugezogen.
Es
wurde
ein
Bekanntenkreis
Fragebogen
an
zehn
entwickelt, der
Personen
zwischen
im direkten
22
Jahren
Verwandtenund
54
und
Jahren
weitergegeben worden ist, die zur in Kapitel 2 beschriebenen Kommunikationselite
gehören dürften. Alle ausgefüllten Fragebögen sind auf der Daten-DVD425 zu finden.
Es wurden sowohl Natives als auch Immigrants und Tourists bzw. ein Silversurfer
identifiziert. Interessant ist, dass sich nur eine Minderheit im Internet als Teil einer
Gemeinschaft fühlt, aber viele Natives und Immigrants das Internet als Erweiterung
der sozialen Realität betrachten.
Es wurden im Folgenden drei schriftliche Interviews mit Digital Natives und
Immigrants geführt. Suse ist ein Immigrant, der sich im Internet als Teil einer
Gemeinschaft erlebt und der Virtualität als Erweiterung der sozialen Identität
empfindet. Stoj, ein Native, empfindet genauso. Danimon, ebenfalls ein Native, fühlt
sich nicht als Teil einer Gemeinschaft, sieht das Internet aber als Teil der sozialen
Realität und könnte in der Organisation ihrer sozialen Beziehungen nicht auf das
Internet verzichten.
Suse, 26 Jahre, weiblich
Wie sieht Dein Internettag aus? Starten der Chatprogramme Skype, ICQ.
Emails checken bei StudiVZ, Myspace gmx und web.de. Danach führe ich mir
auf meiner Startseite Intro.de neuste Infos und auch Artikel in der Rubrik „Steil“
zu Gemüte. Im Folgenden checke ich online mein Konto (dies jedoch nicht
täglich). Zuvor antworte ich, falls neue e-mails und nachrichten vorhanden, auf
die Einträge in den genannten Communities (Myspace, StudiVZ). Je nachdem
wie viel Zeit ich am Rechner verbringe oder daran konzentriert arbeite, überprüfe
ich diese Accounts mehrmals am Tag, um entweder meine Freizeit zu planen
oder mir kleine Pausen zur Ablenkung oder zur Sozialkontaktpflege zu nehmen.
Welche
Webservices
nutzt
Du?
Mitfahrgelegenheit.de,
Map24.de,
425
Unter Anhang – Eigenes – Fragebögen – ausgefüllte Fragebögen. Zur Fragebogenentwicklung
siehe entsprechenden Ordner.
132
deuthschebahn.de, Widgets, wetter.de, etc.
Wo hast Du überall Accounts? Siehe Frage 1 und laFraise.com
Hast Du eine besondere „Interneterinnerung“? Mein erster Account bei
Web.de, den ich immer noch habe, hat mich enorm begeistert, so dass ich
jahrelang
intensive
Unterhaltungen
und
Freundschaften
(im
Ausland)
aufrechterhalten habe, die sonst telefonisch und postal kaum möglich oder sehr
anstrengend gewesen wären. Ein weiterer Fortschritt war natürlich DSL. Die
Flatrate hat jegliche Form des Informierens und des „Unterhaltens“, egal wann
und wo, möglich gemacht.
Kriegst Du manchmal einen "Tunnelblick" vorm Internet und vergisst die
Zeit? Auf jeden Fall. Ich verliere mich dann von einer interessanten Seite zur
nächsten. Die Zeit vergeht dabei im Fluge, dass ich es manchmal gar nicht
registriere, dass ich schon viel länger daran sitze, als ich geplant hatte. Vor
allem, wenn ich über Kreuz kommuniziere, sprich mehrer Accounts gleichzeitig
nutze und man sich dabei noch links zu Filmen und Songs schickt. Ebenso
eröffnet mir diese Situation auch viele „Wege“ zu neuen Informationen, die mich
dann in dieser Zeit begeistern, weshalb es mich dann im Endeffekt doch nicht
immer ärgert.
Ist das Internet für die Vernetzung Deiner sozialen Kontakte wichtig?
Inwiefern? Sicher. Denn vieles, was ich sonst in anderen Medien nicht
mitbekomme, erhält durch das Internet gleich eine ganz andere Art der
Bedeutung. Ich kann mir sofort ein Bild machen und weiß über jegliche Details zu
Veranstaltungen (Ausstellungen, Konzerte, Filme etc.) bescheid, welche ich dann
im Folgenden in meine Freizeitplanung einbeziehe und daraufhin meine sozialen
Kontakte mit diesen Interessen verbinde. Ebenso, wie schon erwähnt, ist das
Pflegen von Kontakten im Ausland, oder im Falle von Zeitdruck viel einfacher.
Oftmals auch intensiver (mittlerweile durch Telefonie über z.B. Skype) und
prägnanter, wenn man sich untereinander kurze Informationen oder Daten
schickt. Der Fakt, dass man in der Nutzung von Instantmessages nebenbei auch
noch anderes erledigen kann, ist für mich damit noch effektiver.
Nimmst Du Virtualität als Teil Deiner (sozialen) Realität wahr? Ich denke
133
schon. Denn allein, welche Kontak- und Informationsmöglichkeite ich nutzen
kann, begünstigt mir den Zusammenhalt meiner Freundeskreise und Pflege
jedes einzelnen Kontaktes für sich.
Danimon, 26 Jahre, weiblich
Wie sieht Dein Internettag aus? Aufstehen und Macbook (liebevoll Apfelbuch
genannt) aufklappen. Befindet sich im Nachts nur im Ruhezustand und ist sofort
verfügbar. Emails checken (AppleMail vergleichbar mit MS Outlook verwaltet alle
Webmailaccounts) und iTunes öffnen. WDR5 Echo des Tages, Indiefeed.com
und Arnd Zeiglers Fußball Kolumne im Podcast hören. Währenddessen Kaffee
kochen, frühstücken und Zeitung lesen. Zumindest Seite 1 bis 3. Starten der
Chatprogramme (Skype) und (Adium -> fasst ICQ, AIM und MSN zusammen).
StudiVZ, Myspace.com, Spiegel.de, Internetforum, Twitter.com, last.fm starten
und Neuigkeiten überprüfen. Homepages (nicht privat) updaten. „Apfelbuch“ ist
gleichzeitig Kommunikationsbasis und Stereoanlage.
Welche Webservices nutzt Du? Webmail Accounts, Google Gadgets, Widgets
für Dashboard, RSS-Feeds, Omni Growl, Peel...
Wo hast Du überall Accounts? studivz.net, myspace.com, twitter.com,
vox.com,
virb.com,
facebook.com,
last.fm,
flickr.com,
photobucket.com,
comunio.de, pownce.com, wordpress.com, blogspot.com, diverse Foren. Rest
siehe oben.
Hast Du eine besondere „Interneterinnerung“?
Ende der 1990er Jahre. Mit 56k Modem und AOL am heimischen PC sitzend.
Internet in Zeitlupe. Immense Kosten, wenig Leistung. Trotzdem ausreichend
Ablenkung.
Kriegst Du manchmal einen "Tunnelblick" vorm Internet und vergisst die
Zeit? Ja, das passiert schnell, da das Internet so intensiv vor allem für das
Pflegen der privaten Kontakte aber auch Job-bedingt genutzt werden muss.
Ist das Internet für die Vernetzung Deiner sozialen Kontakte wichtig?
134
Inwiefern? Ja, sehr. Viele der Kontakte a) sind nur so b) viel leichter zu
kontaktieren. Einige dieser Freundschaften sind durch Web2.0 entstanden und
warum sollte man auch nicht weiter über Web2.0 kommunizieren... Außerdem ist
tippen angenehmer als telefonieren. Hehe.
Nimmst Du Virtualität als Teil Deiner (sozialen) Realität wahr? Ja, auf jeden
Fall. Ich habe definitiv ein Online Leben, dass sich teilweise vom Real Life
unterscheidet. Somit ist die Virtualität ein Teil meiner sozialen Realität.
Stoj, 29 Jahre, männlich
Wie sieht Dein Internettag aus? Im Folgenden die Nutzung beim ersten
Einschalten am Tag, bzw. nach Abwesendheit vom PC über einen längeren
Zeitraum (alles daheim). Email-Konten prüfen (alle via Outlook), Starten der
Chatprogramme (Skype, Icq, msn), Anmeldung in das Intranet des Arbeitgebers,
mehrere Tabs im Browser öffnen und folgende Seiten über gespeicherte Links
aufrufen:
studiVZ,
MySpace,
Onlinebanking,
Spiegel.de,
DIY
(http://www.thisisfakediy.co.uk/news), Penner.de (Browsergame), Uni-Server,
communio.com
(Browsergame),
kicker.de.
Folgenutzung
abhängig
von
gebotenen Aktualitäten. In aller Regel wird auf gesendete Mails zunächst
geantwortet, dann auf mögliche Einträge und Nachrichten bei MySpace und
studiVZ. Des Weiteren mögliche Aktionen bei den Browsergames - die Intensität
aber abhängig von Reaktionen, die von Nöten sind. Im weiteren Tagesverlauf
werden diese Aktionen vier bis fünfmal wiederholt, abhängig von der Zeit, die vor
dem PC verbracht wird. Mal mehr, aber auch mal weniger.
Welche Webservices nutzt Du? Rapidshare.de (Dateien up- und Download),
wWbmail, atoolo.com (Dateienauslagerung), Google Gadgets, Widgets, rssfeeds. Weitere siehe oben. Zu dem Services, die man automatisch nutzt, die mir
aber nicht ad hoc einfallen, da sie mehr aus der Situation heraus bedient werden
müssen.
Wo hast Du überall Accounts? Siehe oben, plus noch Ebay, kicktipp.de,
youtube.com, photobucket.com, flicker.com, last.fm, vox.com (+ weitere Blogs),
135
Webmail (Google, Gmx, web.de), …
Hast Du eine besondere „Interneterinnerung“? Erinnerungen aus der Zeit
Mitte bis Ende der Neunziger: Gute Erinnerungen an die Ebay-Anfangszeit, da
dort sehr häufig aktiv gewesen. Ebenso an Napster und Kazaa sowie weitere
„Musik- und Filmtauschbörsen“. Des Weiteren noch an AOL, da es noch nie
einen beschisseneren Webmail- und Internetprovider gegeben hat - Das war
selbst zu der Zeit unterirdisch. Freude über die zunehmende Geschwindigkeit bei
den Verbindungen (DSL) und den Übergang von Web 1.0 zu Web 2.0.
Kriegst Du manchmal einen "Tunnelblick" vorm Internet und vergisst die
Zeit? Ja, sehr häufig sogar. In der Regel dann, wenn ich mich in den Untiefen
mancher Musikblogs bewege und von Link zu Link klicke und viel lese. Das
geschieht nach ca. einer halben Stunde der intensiven Recherche und endet bei erfolgreicher Selbstdisziplinierung - nach mehreren Stunden.
Ist das Internet für die Vernetzung Deiner sozialen Kontakte wichtig?
Inwiefern? Ja. Daher wichtig, weil viele Kontakte a) über das Internet
entstanden sind und b) diese und weitere Kontakte darüber gepflegt werden via
Mail, StudiVZ, Myspace, … Viele dieser Kontakte sind untereinander vernetzt,
sodass manche Gruppenunterhaltungen über das Internet getätigt werden, sowie
Absprachen für Konzertbesuche etc. (Beispiel Bulletin)
Nimmst Du Virtualität als Teil Deiner (sozialen) Realität wahr? Das sollte sich
ja mittlerweile mehr als bestätigt haben… Ja, das tue ich. Die „Virtualität“ ist Teil
meiner (sozialen) Realität. Ich drücke mich (auch) über das Internet aus.
Für das Ausfüllen der Fragbögen, die Interviews und die Erlaubnis der Nutzung der
Pinnwände und Skypedialoge möchte ich mich herzlich bei meiner Mutter und
meinem Bruder Julius, bei Suse, Marie und Joe, bei Stoj, Stebbl, Vitus und Resa und
bei Henning und Danimon bedanken.
136
IV.E Daten-DVD mit Medienbeispielen und Herleitungsnachweisen
137
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6.3.2008
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VII Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Beispiele des Wandels von Anwendungen im Wechsel von Web 1.0 zu
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unter : http://www.oreillynet.com/pub/a/oreilly/tim/news/2005/09/30/
what-is-web-20.html)……………………………………………………………………
14
Abb. 2: Long Tail
(Download am 8.3.2008 unter: http://www.thelongtail.com/conceptual.jpg)...........
16
Abb. 3: Das Wachstum des Internet - Anzahl der Hosts, Netzwerke und
Domains
zwischen
1969
und
1997
(Download
am
4.3.2008
unter:
http://www.zakon.org/robert/internet/timeline/#Growth).........................................
22
Abb. 4: Anzahl der Hosts zwischen 1995 und 2006 (Download am 4.3.2008
unter: http://www.zakon.org/robert/internet/timeline/).............................................
23
Abb. 5: Prozentuale Nutzung des Internet auf den Kontinenten weltweit 2007.
Vgl. „World Internet Penetration Rate“. Quelle: www.internetworldstats.com
ausgewertet durch die Miniwatts Marketing Group.
(Download am 6.3.2008 unter http://www.internetworldstats.com/stats.htm.).......
23
Abb. 6: Entwicklung der Nutzerzahlen des WWW in Deutschland zwischen
1997 und 2006. Basis: Erwachsene ab 14 Jahren in Deutschland. In: Internet
zwischen Hype, Ernüchterung und Aufbruch. 10 Jahre ARD/ZDF-Onlinestudie.
S.
2.
(Download
am
21.2.2008
unter
http://www.br-online.de/br-
intern/medienforschung/ard_zdf_online/studie/startseite/) ……….........................
24
Abb. 7: Breitbandanschlüsse in Deutschland zwischen 2001 und 2007. In:
Schmundt, Hilmar (2008): Gedrängel im Nadelöhr. In: DER SPIEGEL 10/08.
S.170. UND: DSL-Auststattung 2003 – 2006. Quellen: ARD/ZDF Onlinestudien
2003 – 2006. In: Fisch, Martin / Gescheidle, Christoph (2006): Onliner:
Zwischen Breitband und Web 2.0 – Auststattung und Nutzungsinnovation. In:
Media Perspektiven 8/2006. S. 431 – 440……………………………………..……..
Abb.
8:
The
WELL
Logo
2007
(Download
am
8.3.2008
26
unter
http://www.well.com)..............................................................................................
34
Abb. 9: Mitgliederzahlen deutscher und weltweiter Online Communities im
Vergleich. In: Bonstein, Julia (10.3.2008): „Stupser contra Gruschler“. In DER
SPIEGEL 11/08. S. 110…………………………………………………………………
36
147
Abb. 10: Vom Gespräch zu CMC. Graphik von Gary Fogelson. In: Wright, Alex
(2.12.2007): Friending, Ancient or Otherwise. New York Times Online
(Download
am
17.3.2008
unter:
http://www.nytimes.com/2007/12/02/weekinreview/02wright.html?_r=1&oref=slo
gin).........................................................................................................................
76
148