Vorzeitige Kündigung eines Fertighaus-Vertrags
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Vorzeitige Kündigung eines Fertighaus-Vertrags
Ratgeber Recht Hin und wieder kann es vorkommen, dass Käufer eines Fertighauses ihren Vertrag kündigen wollen – zum Beispiel wegen nicht eingehaltener Absprachen oder Insolvenz des Hausherstellers. Unsere Experten erklären, was dabei zu beachten ist. Vorzeitige Kündigung eines Fertighaus-Vertrags D er Vertrag über die Errichtung eines Fertighauses ist bekanntlich ein Werkvertrag – auch wenn Elemente eines Kaufvertrages wegen der Bestandteile des Hauses enthalten sind. Bei der Kündigung des Vertrages enthält das Werkvertragsrecht eine Besonderheit. Der Fertighausvertrag ist nämlich vom Besteller („Käufer“) jederzeit kündbar. Das wird als „freie Kündigung“ bezeichnet. Der Unternehmer („Verkäufer“) hat bei einer freien Kündigung jedoch einen Anspruch auf die volle vereinbarte Vergütung. Er muss sich allerdings diejenigen Aufwendungen anrechnen lassen, die er durch die Aufhebung des Vertrages erspart. Über die Höhe dieses anzurechnenden Betrages gab es in der Praxis immer Streit. 58 Hausbau 3/4 - 2010 Denn der Unternehmer wollte sich natürlich möglichst wenig anrechnen lassen, während der Besteller des Hauses („Käufer“) versuchte, den zu zahlenden (Rest-)Preis möglichst weit zu drücken. Das Forderungssicherungsgesetz führte Anfang 2009 eine Erleichterung für den Unternehmer ein. Diese gilt für alle Verträge, die nach dem 01.01.2009 geschlossen wurden. Eine „Grundvergütung“ fällt fast immer an Für vorzeitig und ohne wichtigen Anlass gekündigte Verträ- E x p e r t e n - R at In jeder Ausgabe von Hausbau nehmen Rechtsanwälte der Kanzlei Dr. Käser, 70184 Stuttgart (www.kanzlei-dr-kaeser.de) Stellung zu aktuellen Themen des Bau-, Architekten- & Immobilienrechts. Die bundesweit tätige Kanzlei befasst sich außerdem noch mit weiteren Spezialgebieten. Rechtsanwalt Dr. jur. Hans-Martin Käser (l.) und RA Dr. jur. Olaf Kieschke (r.), beide Kanzlei Dr. Käser. ge gibt es nun eine gesetzliche Vermutung, wonach dem Unternehmer für den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung mindestens fünf Prozent der hierfür vereinbarten Vergütung zustehen. Sind also beispielsweise die Fliesenarbeiten in Bad und WC noch nicht erbracht und wird der Vertrag vorher gekündigt, stehen dem Unternehmer fünf Prozent der für die Fliesen vereinbarten Vergütung zu. Die gesetzliche Vermutung ist aber nicht unwiderlegbar. So kann es Fälle geben, in denen ein Fertighausvertrag so früh gekündigt wird, dass der Unternehmer für einzelne Gewerke noch gar nicht disponieren und Kosten hierfür aufwenden musste. Dann bekommt er aber auch nicht die vermutete Vergütung. Für den Käufer eines Fertighauses lohnt sich daher immer ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und den Vertrag des Verkäufers, ob darin eine solche Regelung enthalten ist. Gegebenenfalls sollte man diese streichen. Die gesetzliche und widerlegbare Vermutung ist im Zweifel für den Besteller günstiger als eine unabänderlich vereinbarte Pauschalregelung. Darüber hinaus sollte der Besteller bei einer Kündigung aus einem – vermeintlich – wichtigen Grund klarstellen, ob die Kündigung auch als freie und damit grundlose Kündigung gelten soll oder nicht. Steht dem Besteller des Fertighauses ein wichtiger Grund für die Kündigung zu (beispiels- Vorsicht bei nicht festgelegten Details Auch hier erteilte das Gericht ihnen aber einen Dämpfer: Der abgeschlossene Vertrag sei eindeutig. Im Prospekt des Hausherstellers waren mehrere Varianten des Hauses enthalten und der Vertrag sah eine ganz konkrete Ausführung vor. Die Käufer konnten nicht beweisen, dass ihnen der Verkäufer gerade die von ihnen besichtigte Variante zugesichert hatte. Wenn ein Erwerber aber etwas unterschreibt, das er nicht oder nur äußerst ungenau gelesen hat, muss er sich grundsätzlich daran festhalten lassen. Er sei dann bewusst ein Risiko eingegangen. Es gilt also: Vor Unterzeichnung des Fertighausvertrages sollte man sich diesen und insbesondere die Leistungsbeschreibung genauestens ansehen. Man kann sich zwar jederzeit frei vom Vertrag lösen, muss dann aber gegebenenfalls die versprochene Vergütung zum großen Teil bezahlen, ohne das erträumte Haus zu bekommen. ❙ Dr. Kieschke 3/4 - 2010 Hausbau 59 Fotos: Blind Wie immer: auch das Kleingedruckte lesen weise wegen nicht eingehaltener Absprachen oder Insolvenz des Hausherstellers), muss er nur die bis zum Kündigungszeitpunkt erbrachte Leistung bezahlen und darüber hinaus keine pauschalierte Vergütung leisten. Grund für die vorzeitige Kündigung des Vertrages war in dem vom Oberlandesgericht München entschiedenen Fall übrigens, dass der von den Käufern unterzeichnete Vertrag eine andere Ausführung als das vorher von ihnen besichtigte Musterhaus vorsah. Die Käufer waren der Meinung, dass das besichtigte Musterhaus maßgeblich sei. Foto: Krauch; Anschriften Seite 112 Das Oberlandesgericht München hatte sich kürzlich mit einem Fertighausvertrag zu befassen, bei dem es auf die Frage der Vergütung nach einer freien Kündigung ankam. In seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) hatte der Fertighaushersteller geschrieben, bei einer freien Kündigung des Bestellers verlange er einen pauschalierten Schadensersatz in Höhe von zehn Prozent aus dem vereinbarten Gesamtpreis. Das Gericht hielt diese Vereinbarung für wirksam (Beschluss vom 24.11.2009, Az. 28 U 4325/09). Es ging dabei davon aus, dass die Erwerber trotz einer Abweichung von der gesetzlichen Grundvorstellung nicht unangemessenen benachteiligt seien. Damit folgte das Oberlandesgericht einer früheren Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die allerdings noch zur alten Rechtslage erging.