Epilepsie bei Hund und Katze

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Epilepsie bei Hund und Katze
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ATF-ANERKANNTE INTERAKTIVE FORTBILDUNG
ATF-ANERKANNT
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DOI 10.2377/0023-2076-60-198
Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Epilepsie bei Hund und Katze
Andrea Tipold, Arianna Maiolini, Jasmin Nessler, Veronika M. Stein
Zusammenfassung
Summary
Epilepsien bei Hund und Katze sind häufige neurologische
Erkrankungen. Um bei der Therapie, die möglichst frühzeitig im Krankheitsverlauf einsetzen sollte und die Lebensqualität von Patient und Besitzer berücksichtigen muss, so
erfolgreich wie möglich zu sein, ist eine sorgfältige Diagnostik essenziell. Differenzialdiagnosen zu Krampfanfällen
sowie Besonderheiten bei der Katze müssen beachtet werden. Diese Übersichtsarbeit soll entsprechende Ratschläge
geben und das derzeitige Wissen zur Genetik der Epilepsien
bei Hund und Katze zusammenfassen.
Schlüsselwörter:
Epilepsy in dogs and cats
Epilepsy is a frequently occurring neurological disorder in
dogs and cats. The treatment of this condition should be
started as early as possible and should consider both the
quality of life of the patients and their owners. Accurate
diagnostic workup is essential for successful treatment.
The differential diagnosis of seizures and the special characteristics of the species being investigated should always
be taken into consideration. This review provides some
suggestions and summarises the current understanding
of the genetic background of idiopathic and symptomatic
epilepsy in dogs and cats.
Krampfanfälle, Kleintiere, Diagnostik, Differenzialdiagnosen,
Therapie
Keywords:
seizures, small animals, diagnostic procedures, differential
diagnosis, treatment
Klassifikation (Was ist ein Anfall?)
Die Epilepsie ist eine der häufigsten chronischen neurologischen Erkrankungen bei Hund und Katze (SchwartzPorsche, 1986). Sie ist durch das rezidivierende Auftreten
epileptischer Anfälle gekennzeichnet.
Ein epileptischer Anfall ist definiert als episodisch auftretende überhöhte hypersynchrone elektrische Aktivität
von Neuronen im Gehirn. Die klinischen Symptome bei
einem epileptischen Anfall sind stark variabel, was dessen Einordnung anhand der Schilderungen der besorgten
Besitzer häufig zu einer klinischen Herausforderung macht.
Die Symptome reichen von geringgradigen motorischen
Ausfallserscheinungen an einzelnen Gliedmaßen oder
Arealen des Körpers ohne oder mit leichtem Bewusstseinsverlust bis hin zu generalisierten tonisch-klonischen
Krampfanfällen mit vollständigem Bewusstseinsverlust.
Die motorische Aktivität wird häufig von autonomen Symptomen wie Speichelfluss und Mydriasis und zum Teil
auch von psychomotorischen Symptomen wie heftigem
Vokalisieren und Halluzinationen begleitet (Fischer und
Hülsmeyer, 2013).
Auf Grundlage ihrer Ätiologie wird die Epilepsie als
idiopathische, symptomatische und kryptogene Epilepsie klassifiziert. Hat das Krampfgeschehen seine Ursache
jedoch in einer Störung im Stoffwechsel (metabolisch/
toxisch) und somit außerhalb des zentralen Nervensystems
(ZNS), so sind diese Krampfanfälle nicht als Epilepsie zu
klassifizieren, sondern werden als reaktive Krampfanfälle bezeichnet. Dabei haben die metabolisch/toxischen
Störungen, wie Elektrolytverschiebungen, Hypoglykämie,
Hypoxie und hepatische Enzephalopathien einen Einfluss
auf die Homöostase der Neuronen im Großhirn und verursachen so ihre abnorme elektrische Aktivität.
Bei der idiopathischen Epilepsie (IE) ist eine Ursache
für das Krampfgeschehen selbst mit ausgiebiger weitergehender Diagnostik nicht nachweisbar. Es wird von einer rein
funktionellen Erkrankung des Großhirns ausgegangen, die
häufig aufgrund einer genetischen Prädisposition auftritt.
Als zugrunde liegende Pathologie wird eine veränderte
Erregbarkeit von Neuronen und ihrer Synapsen, z. B. durch
Imbalancen zwischen exzitatorischen (Glutamat) und inhibitorischen (γ-Aminobuttersäure, GABA) Neurotransmittern, deren Rezeptoren sowie Ionenkanälen, angenommen.
Aufgrund der vermuteten genetischen Prädisposition wird
diskutiert, die idiopathische Epilepsie zukünftig als genetische Epilepsie zu bezeichnen (Berg und Scheffer, 2011;
Fischer und Hülsmeyer, 2013). Bis eine genetische Epilepsie
nicht nachgewiesen ist, sollte auch der Terminus Epilepsie
unbekannter Genese verwendet werden.
Hunde mit idiopathischer Epilepsie zeigen ihren ersten
Anfall zumeist in einem Alter von fünf Monaten bis fünf
Jahren. Daher ist die Diagnose „idiopathische Epilepsie“ bei
Hunden dieser Altersgruppe mit 75 % sehr hoch. Sind aus
der Familie des Hundes mehrere Tiere betroffen, so erhärtet
dies den Verdacht auf das Bestehen einer idiopathischen/
genetischen Epilepsie (Fischer und Hülsmeyer, 2013).
Bei der symptomatischen Epilepsie (auch als sekundäre Epilepsie bezeichnet) liegt den Krampfanfällen eine
strukturelle Erkrankung des Großhirns bzw. eine Gehirnstoffwechselstörung zugrunde. Diese strukturellen Verän-
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derungen können durch ein Trauma, eine Entzündung,
eine Anomalie, einen Infarkt oder einen Tumor hervorgerufen werden. Auch die Gehirnstoffwechselstörungen wie
mitochondriale Enzephalopathien oder neuronale CeroidLipofuszinose können durch neuronale Degeneration zu
strukturellen Veränderungen im Gehirn führen.
Hunde mit symptomatischer Epilepsie haben keine klassische Altersverteilung. Bei Hunden, die älter als fünf Jahre
sind, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie an einer symptomatischen Epilepsie leiden (Fischer und Hülsmeyer, 2013).
Bei der kryptogenen Epilepsie wird eine symptomatische Ursache für das wiederholte Krampfen vermutet, jedoch kann trotz intensiver Untersuchungen keine
Grundkrankheit diagnostiziert werden (Fischer und Hülsmeyer, 2013).
Neben der Klassifikation der Epilepsie werden auch die
epileptischen Anfälle entsprechend ihrer klinischen
Symptomatik und ihrem Anfallstyp klassifiziert. Die klinische Symptomatik spiegelt dabei die abnorme elektrische Aktivität der betroffenen Gehirnareale. Grundsätzlich werden generalisierte von fokalen Krampfanfällen
unterschieden, wobei das wichtigste Unterscheidungskriterium der Status des Bewusstseins des Patienten darstellt
(Mariani, 2013; Rentmeister, 2013).
Bei einem generalisierten Krampfanfall liegt eine
abnorme elektrische Aktivität in beiden Großhirnhemisphären vor. Die Tiere verlieren dabei klassischerweise
das Bewusstsein, was z. B. durch einen unwillkürlichen
Urinabsatz angezeigt werden kann. Entsprechend dem
Anfallstyp werden bei den generalisierten Krampfanfällen konvulsive Krämpfe (tonisch, klonisch, tonischklonisch) von nicht-konvulsiven Krämpfen (atonisch,
myoklonisch, Absence) unterschieden. Bei einem fokalen
Krampfanfall bleibt die abnorme elektrische Aktivität der
Neuronen auf ein umschriebenes Areal im Kortex einer
Großhirnhemisphäre (dem epileptischen Fokus) begrenzt.
Entsprechend dem Status des Bewusstseins werden die
fokalen Krampfanfälle weiter in einfache fokale Krampfanfälle mit ungetrübtem Bewusstsein und komplex
fokale Anfälle differenziert, bei denen das Bewusstsein
getrübt oder abwesend ist. So äußern sich einfach fokale
Anfälle durch lokale motorische Krämpfe wie Gesichtszuckungen, Kau- oder Laufbewegungen. Ein Beispiel für
einen komplex fokalen Anfall ist das Fliegenschnappen.
Häufig treten zusätzlich psychomotorische und autonome
Symptome wie Speichelfluss, Mydriasis, Vokalisieren und/
oder Halluzinationen auf.
Da generalisierte Anfälle häufig bei der idiopathischen
Epilepsie beobachtet wurden, galten sie in früherer Zeit als
hinweisend auf das Vorliegen einer solchen. Gleichermaßen wurden fokale Krampfanfälle früher als hinweisend
auf eine sekundäre/symptomatische Epilepsie angesehen.
Heute weiß man jedoch, dass ein fokaler Krampfanfall
mit sekundärer Generalisierung den häufigsten Anfallstyp
beim Hund darstellt und bei idiopathischer und symptomatischer Epilepsie gesehen werden kann.
Neben der klinischen Symptomatik und den Anfallstypen wird bei einer Häufung bzw. einer auffällig langen
Dauer der Krampfanfälle von Cluster-Anfällen bzw. einem
Status epilepticus gesprochen.
Ein Cluster wird als das Auftreten einer Anfallsserie von
zwei oder mehr Krampfanfällen innerhalb von 24 Stunden
definiert. Die Anfälle sollten dabei eindeutig voneinander abgrenzbar sein und der Patient sollte zwischen den
Anfällen sein Bewusstsein vollständig wiedererlangen –
unabhängig davon, ob ein generalisierter, fokaler oder
schwer klassifizierbarer Anfall vorliegt.
Ein Cluster-Anfall birgt immer die Gefahr, dass sich aus
dieser Anfallshäufung ein Status epilepticus entwickeln
kann. Der Status epilepticus ist definiert als anhaltendes
Krampfgeschehen von mehr als fünfminütiger Dauer bzw.
als aufeinanderfolgendes wiederholtes Krampfgeschehen,
bei dem der Patient zwischen den Anfällen nicht vollständig das Bewusstsein zurückerlangt. Der Status epilepticus
stellt einen lebensbedrohlichen Zustand dar, bei dem sich
das Gehirn in einem dauerhaften Zustand der Übererregung befindet. Daher sind Tiere im Status epilepticus Notfall-Patienten und benötigen sofortige Intensivbetreuung.
Da auch Cluster-Anfälle zu bleibenden Gehirnschädigungen führen können und zudem das Risiko der Entwicklung eines Status epilepticus besteht, sind sie ebenfalls
notfallmäßig zu behandeln (Platt, 2012; Rentmeister, 2013).
Der Krampfanfall selbst kann in verschiedene Anfallsstadien eingeteilt werden (Rentmeister, 2013).
Als erstes Stadium im Rahmen eines Anfalls tritt das
Prodromalstadium auf, welches Minuten, Stunden
oder Tage vor dem eigentlichen Anfall andauern kann.
Im Prodromalstadium können die Tiere ein abnormales
Verhalten wie Unruhe, Angst, Nervosität, Unsicherheit
und Aggressivität zeigen. Häufig werden die Symptome
von den Besitzern übersehen oder nicht als Vorboten eines
Krampfanfalls gedeutet.
Die sich anschließende Aura dauert nur wenige Sekunden und stellt den Beginn des Anfalls dar. Klassische Symptome können mydriatische Pupillen, Erbrechen oder
beginnende motorische Ausfälle sein.
Der eigentliche Anfall, der Iktus, ist klassischerweise
selbstlimitierend und dauert wenige Sekunden bis zu fünf
Minuten an. Der Iktus ist abhängig vom vorliegenden
Anfallstyp und kann unter anderem rhythmische Muskelzuckungen, Kieferschlagen, tonisch-klonische Krämpfe
aller Gliedmaßen, exzessives Speicheln, unkontrollierten
Harn- und Kotabsatz, geweitete Pupillen, Laufattacken
und Fliegenschnappen umfassen.
Dem Iktus schließt sich die postiktale Phase an, in
der sich der Patient wieder vollständig erholt. Während
dieser Phase können neurologische Ausfälle auftreten,
die im Laufe der Zeit an Intensität abnehmen sollten,
wie Ataxie, Drangwandern, Blindheit, Desorientiertheit,
vermehrter Durst/Appetit, Müdigkeit und ggf. Aggressivität. Die postiktale Phase kann mehrere Minuten bis zu
Tage andauern (Thomas, 2010).
Trotz aller Bemühungen ist es in praxi häufig schwierig, das Anfallsgeschehen zu klassifizieren, da es oftmals
kaum möglich ist, anhand der Beschreibungen der Besitzer oder auch mittels Videosequenzen zu beurteilen, ob
das Bewusstsein des Patienten teilweise oder vollständig
getrübt oder sogar ungetrübt ist. Zudem ist eine Abgrenzung zu Stereotypien und anderen Verhaltensänderungen
sowie episodischen Bewegungsstörungen vielfach eine
große Herausforderung. Lediglich klassische generalisiert
tonisch-klonische Krampfanfälle lassen sich relativ einfach
und sicher als solche klassifizieren.
Genetik
Die Prävalenz der Epilepsie in der kaninen Population
beträgt 0,6 % (Fischer und Hülsmeyer, 2013). Bei bestimmten Hunderassen besteht eine viel höhere Prävalenz,
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TABELLE 1: Liste der Rassen mit bestätigter oder vermuteter idiopathischer Epilepsie und symptomatischer Epilepsie, für die genetische
Mutationen bekannt und/oder Gentests verfügbar sind (nach Ekenstedt und Oberbauer 2013)
Rasse
Amerikanische Bulldogge
Amerikanischer
Staffordshire Terrier
Australian Shepherd
Gen-Test*
ja
ja
Typ
Gen
PME (NCL10) CTSD
PME (NCL4A) ARSG
Vererbung
autosomal-rezessiv
autosomal-rezessiv
Geschlecht Referenz
n. a.
Awano et al., 2006b
n. a.
Abitbol et al., 2010
nein
ja
hereditär
autosomal-rezessiv
m > w
n. a.
Weissl et al., 2012
Katz et al., 2011
Beagle
Belgischer Schäferhund
nein
nein
IE
PME
(NCL6)
IE
IE
m > w
m = w
Bielfelt et al., 1971
Seppala et al., 2012
Berner Sennenhund
Border Collie
nein
nein
IE
IE
m > w
m = w
Kathmann et al., 1999
Hülsmeyer et al., 2010
ja
PME
(NCL-5)
PME
(NCL-2)
PME (LaforaKrankheit)
PME
(NCL-1)
IE
n. a.
Melville et al., 2005
Dackel
ja
ja
ja
English Springer Spaniel
nein
ja
Deutscher Schäferhund
Golden Retriever
Irischer Wolfshund
Keeshond
Labrador Retriever
Lagotto Romagnolo
Petit Basset Griffon Vendéen
Shetland Sheepdog
nein
nein
nein
nein
nein
ja
nein
nein
Standard Poodle
Tibet Terrier
nein
ja
Vizsla
nein
PME
(NCL-8)
IE
IE
IE
IE
IE
IE
IE
IE
IE
PME
(NCL-A)
IE
n. a.
CLN6
n. a.
bigen
Locus auf verschiedene Modi beschrieben
CFA37
(einfach rezessiv, mit einem Gen
oder polygen mit einem Gen mit
unvollständiger Penetranz)
n. a.
polygen-rezessiv
n. a.
autosomal-rezessiv oder komplexer
CLN5
autosomal-rezessiv
TPP1
autosomal-rezessiv
n. a.
Awano et al., 2006a
EPM2B
autosomal-rezessiv
n. a.
Lohi et al., 2005
PPT1
autosomal-rezessiv
n. a.
Sanders et al., 2011
n. a.
teilweise penetrant autosomalrezessiv oder polygenetisch
autosomal-rezessiv
m (>) w
Patterson et al., 2005
n. a.
Katz et al., 2005
„Sire-Effekt“
polygen-rezessiv
unvollständig penetrant, rezessiv
vermutet autosomal-rezessiv
polygen-rezessiv
autosomal-rezessiv
hereditär
multifaktoriell oder autosomalrezessiv
einfach autosomal-rezessiv
autosomal-rezessiv
m > w
m > w
m > w
m = w
m = w
m = w
m = w
w > m
Falco et al., 1974
Srenk et al., 1994
Casal et al., 2006
Hall und Wallace, 1996
Jaggy et al., 1998
Seppala et al., 2011
Gullov et al., 2011
Morita et al., 2002
m = w
n. a.
Licht et al., 2007
Farias et al., 2011
CLN8
n. a.
n. a.
n. a.
n. a.
n. a.
LGI2
n. a.
n. a.
n. a.
n. a.
n. a.
autosomal-rezessiv oder einzelne m = w
Gene erhebliche Auswirkungen
Patterson et al., 2003
* Laboratorien, die genetische Tests anbieten, unter http://research.vet.upenn.edu/WSAVA-LabSearch
CFA37 = kanines Chromosom 37; IE = idiopathische Epilepsie; n. a. = nicht angegeben; NCL = Neuronale Ceroid-Lipofuszinosen; m = männlich; PME = progressive Myoklonusepilepsie; w = weiblich; > = mehr als (statistisch signifikant); (>) = mehr als (statistisch nicht signifikant)
beispielsweise 9 % beim Petit Basset Griffon Vendéen
(Gullov et al., 2011), 18 % beim irischen Wolfshound
(Casal et al., 2006) und bis zu 33 % bei den Belgischen
Schäferhunden einer dänischen Zuchtlinie (Berendt et al.,
2009). Unterschiede zwischen den Rassen betreffen u. a.
Erkrankungsalter, den vorherrschenden Anfallstyp, das
Auftreten von Cluster-Anfällen oder Status epilepticus
und den Therapieerfolg mit diversen Antikonvulsiva, was
darauf hindeutet, dass mehrere genetische und rassespezifische idiopathische Epilepsiesyndrome bestehen
(Potschka et al., 2013).
In der letzten Dekade wurden zahlreiche genetische
Studien durchgeführt, die meist Hinweise auf eine auto-
somal-rezessive Vererbung der idiopathischen Epilepsie
(IE) bei vielen Hunderassen lieferten (Hall und Wallace,
1996; Patterson et al., 2003; Ekenstedt und Oberbauer,
2013).
Basierend auf Stammbaumanalysen werden familiäre
oder genetische Grundlagen für die IE bei vielen Rassen
vermutet (Tab. 1). Jeder Hund kann eine IE entwickeln,
bei bestimmten Rassen besteht jedoch ein erhöhtes Risiko
(Mariani, 2013).
Trotz vielschichtiger Untersuchungen wurden bis dato
nur die Genmutation der benignen remittierenden juvenilen Epilepsie bei der italienischen Rasse Lagotto Romagnolo (Seppala et al., 2011) und ein Locus, der mit der
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Krankheit assoziiert ist, diese aber nicht ursächlich auslöst,
für die IE der Belgischen Schäferhunde (Seppala et al.,
2012) eindeutig identifiziert.
Die meisten der IE verursachenden Gene, die bei Menschen identifiziert wurden, dienen der Kodierung von
Natrium-, Kalzium-, Kalium- und Chloridkanaluntereinheiten (Mulley et al., 2003). Eine aktuelle Studie untersuchte einige dieser Gene bei vier Hunderassen, stellte
aber keinen signifikanten Zusammenhang mit der kaninen
IE fest. Die Schwierigkeiten bei der Suche nach definitiv
kausalen Mutationen und die Variabilität des Epilepsiephänotyps deuten auf eine komplexe polygene Vererbung der
kaninen IE hin (Ekenstedt und Oberbauer, 2013).
Ein weiteres spannendes Forschungsfeld ist die pharmakogenetische Untersuchung der kaninen IE. Genetisch bedingtes Ansprechen auf Antikonvulsiva wurde
bei einigen Hütehunden, einer Rassengruppe, bei der
eine besonders schwere therapieresistente Form der IE
bekannt ist, untersucht (Alves et al., 2011; Munana et al.,
2012a, b; Weissl et al., 2012; Mizukami et al., 2013). Alves et
al. (2011) erkannten, dass die Medikamentenwirkung bei
Border Collies mit einer Variante von einem Promoter des
Multidrug-Resistance-Protein 1 (MDR1) zusammenhängt,
während Weissl et. al. (2012) keinen Zusammenhang zwischen der MDR1-Mutation und dem Therapieerfolg bei
Australian Shepherds fanden.
Die Forschung auf dem Gebiet der Progressiven Myoklonischen Epilepsien (PME) ist erfolgreicher gewesen. Die
erste kanine PME-Mutation, die beschrieben wurde, verursacht die Lafora-Speicherkrankheit beim Zwergdrahthaardackel (Lohi et al., 2005). Die klinischen Symptome
der Lafora-Krankheit bestehen aus intermittierend auftretendem Ganzkörpertremor und ruckartigen Kontraktionen an Kopf- und Halsmuskulatur, die in generalisierte
Anfälle übergehen können. Die Symptome werden vor
allem durch optische und akustische Reize ausgelöst (Lohi
et al., 2005). Die andere, größere Gruppe von PME sind
die Neuronalen Ceroid-Lipofuszinosen (NCL), bei denen
das Auftreten von generalisierten epileptischen Anfällen
in den frühen Phasen selten, in der terminalen Phase aber
charakteristisch ist (Ekenstedt und Oberbauer, 2013). Bislang wurden neun Gene für die PME beschrieben, einige
Gentests sind kommerziell verfügbar (Tab. 1).
Bei Katzen sind die genetischen Grundlagen der IE noch
nicht detailliert beschrieben worden, es findet sich aber
ein Bericht zur Vererbung von feliner Epilepsie in einer
experimentellen Zuchtkolonie (Kuwabara et al., 2010). Die
Klassifikation der Epilepsie der Katze wird daher diskutiert
(Wahle et al., 2014).
Bis zur Entwicklung entsprechender Gentests sollte die
sorgfältige Beratung im Falle einer IE die Empfehlung
beinhalten, die betroffenen Tiere und die engen Verwandten von der Zucht auszuschließen (Fischer et al., 2013).
Differenzialdiagnosen
Bei Kleintieren kann eine Vielzahl von Erkrankungen Anfälle verursachen, diese können monosymptomatisch oder
als Kardinalsymptom in Begleitung weiterer klinischer
Probleme auftreten (Podell, 2013). Häufig korrelieren
Erkenntnisse aus Vorbericht, Signalement und neurologischer Untersuchung mit der zugrunde liegenden Ursache (Moore, 2013). Daher ist bei einem erkrankten Tier die
Erhebung einer ausführlichen Anamnese, gefolgt von einer
eingehenden klinischen und neurologischen Untersuchung
unerlässlich. In den meisten Fällen reicht dem Kliniker diese
Vorgehensweise, um eine Liste von Differenzialdiagnosen
aufzustellen, auf die sich die weitere Aufarbeitung zur Diagnosefindung stützt. Eine Übersicht der häufigsten Ursachen für wiederkehrende Anfälle bei Hunden und Katzen
sind in den Tabellen 2 und 3 aufgeführt.
Bei Katzen erfordert das Konzept der idiopathischen Epilepsie (IE) eine zusätzliche Bemerkung, denn sie gilt historisch
als ungewöhnlich (Quesnel et al., 1997; Barnes et al., 2004).
In den letzten Jahren berichten einige Studien, dass bei
38–41 % der Katzen mit Epilepsie keine zugrunde liegende
Ursache festgestellt werden kann, sodass die IE eine wohl
häufiger vorkommende Krankheit ist als bisher angenommen (Schriefl et al., 2008; Pakozdy et al., 2010). Die wichtigste Einschränkung dieser Studien war jedoch, dass nicht
alle Tiere eine vollständige Aufarbeitung einschließlich MRT
und Liquoruntersuchung erfuhren und somit die Häufigkeit
symptomatischer Epilepsie mitunter unterschätzt wurde.
Im Gegensatz hierzu zeigt eine neuere Studie von Wahle et
al. (2014) unter Anwendung rigider Einschlusskriterien in
ihrem Patientengut einen Prozentsatz epileptischer Katzen
ohne zugrunde liegende Ursache von nur 22 %.
Ferner sollten bei der Differenzialdiagnose von Krampfanfällen bei Kleintieren auch andere, nicht-epileptische,
paroxysmale Konditionen als Ursache berücksichtigt
werden, da sie u. U. einem epileptischen Anfall ähneln
können (Tab. 4). Die Möglichkeit der Videoaufzeichnung
erleichtert die Zuordnung einiger unklarer Ereignisse,
wegen derer Patienten vorgestellt werden. Auch wenn
in Tabelle 4 versucht wird, einen allgemeinen Hinweis
auf die typischen Symptome der einzelnen Krankheiten
zu geben, reicht die Phänomenologie allein nicht immer
aus, um eine korrekte Diagnose zu stellen.
Diagnostik
Bei der diagnostischen Aufarbeitung epileptischer Patienten kommt der Erhebung von Signalement (Alter, Rasse,
Geschlecht) und Anamnese (Familienanamnese, Herkunft,
Auslöser bzw. Umstände und Ablauf des Anfalls, Dauer und
Häufigkeit, interiktale Symptome) eine besondere Bedeutung zu.Vielfach kann bereits in dieser Phase zwischen einer
Epilepsie und anderen anfallsartig auftretenden Erkrankungen unterschieden werden oder es können wichtige
Hinweise auf das Vorliegen einer bestimmten Epilepsie (idiopathisch vs. symptomatisch) vorliegen (Jurina et al., 2013).
Nach der klinischen Allgemeinuntersuchung des
Hundes zum Erfassen nicht-neurologischer Probleme
folgt eine gründliche neurologische Untersuchung. Das
Symptom des Krampfgeschehens kann auf eine Erkrankung des Großhirns hinweisen und der Patient bei der
Untersuchung für diese Lokalisation typische Ausfallserscheinungen zeigen. Es können jedoch auch andere Symptome auffallen und so ist das Ziel der neurologischen
Untersuchung, die neuroanatomische Lokalisation der
Läsion zu definieren. Dies ist auch wichtig für die Erstellung der Liste der möglichen Differenzialdiagnosen und
die Planung und Einleitung der weiterführenden Diagnostik. Bei Hunden mit idiopathischer Epilepsie sollten bei der
neurologischen Untersuchung während der interiktalen
Phase keine neurologischen Ausfälle vorhanden sein.
Fallen bei der neurologischen Untersuchung abnormale
Befunde auf, so sollte der Zeitpunkt des letzten Anfallsgeschehens genauestens erfragt werden, da abnorme Befunde,
insbesondere eine fehlende Drohantwort und eine verzö-
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TABELLE 2: Differenzialdiagnosen bei Hunden mit Krampfanfällen (nach Platt, 2012)
Krankheitskategorie
Vaskulär
Entzündlich/
infektiös
Trauma
Anomalie
Metabolisch/
toxisch
Idiopathisch
Neoplasie
Degenerativ
Jünger als 1 Jahr*
selten
infektiöse ME (z. B. virale Infektion,
Bakterien, Protozoen, Pilze)
Schädel-Hirn-Trauma; Kopftraumata
in jungen Jahren führen möglicherweise zu posttraumatischer Epilepsie im
Erwachsenenalter
Hydrozephalus; Lissenzephalie; kortikale Dysplasie; Chiari-Like Malformation
(intrakranielle Arachnoidalzyste)
Hypoglykämie; Hepatoenzephalopathie (evtl. nach portosystemischem
Shunt); Elektrolytstörung (Hypo- oder
Hypernatriämie, Hypokalzämie);
Vergiftungen (Organoposphate, Ivermectine, Äthylenglykol); Hypoxie;
Thiamin-Mangel
selten
selten
Speicherkrankheiten; intrinsische metabolische Erkrankungen, PME
Differenzialdiagnose
Zwischen 1 und 5 Jahren*
ischämischer oder hämorrhagischer
Infarkt
ME unbekannter Ätiologie (GME, NE);
infektiöse ME
anamnestisch Kopftrauma (posttraumatische Epilepsie)
Älter als 5 Jahre*
ischämischer oder hämorrhagischer
Infarkt
ME unbekannter Ätiologie (GME, NE);
infektiöse ME
Kopftrauma
Hydrozephalus
Hydrozephalus
Elektrolytstörung (Hypo-/Hypernatriämie, Hypokalzämie); Hepatoenzephalopathie (erworben);
Endokrinopathien (Hypothyreose);
urämische Enzephalopathie; Vergiftungen; Hypoxie; Thiamin-Mangel
Elektrolytstörung (Hypo-/Hypernatriämie, Hypokalzämie); Hypoglykämie
(Insulinom); Hepatoenzephalopathie (erworben), Endokrinopathien
(Hypothyreose); Polyzythämie; urämische Enzephalopathie
idiopathische Epilepsie
primärer/metastasierender Hirntumor
selten, in der Regel neurologische
Defizite
kryptogene Epilepsie
primärer/metastasierender Hirntumor
selten, spät beginnende degenerative
Erkrankung (PME)
*: Alter beim Auftreten des ersten beobachteten Anfalls
GME = Granulomatöse Meningoenzephalitis; ME = Meningoenzephalitis; NE = nekrotisierende Enzephalitis; PME = progressive Myoklonusepilepsie
Häufigste Ursachen sind in Fettdruck hervorgehoben.
TABELLE 3: Differenzialdiagnosen für Krampfanfälle bei Katzen
Erkrankungskategorie
Vaskulär
Entzündlich/
infektiös
Trauma
Anomalie
Metabolisch/
toxisch
Idiopathisch
Neoplasie
Degenerativ
Spezifische Erkrankungen
hypertensive Enzephalopathie, feline ischämische Enzephalopathie, thromboembolische Erkrankungen
infektiöse ME (FIP, FIV, FeLV, Bakterien, Protozoen, Pilze), FIP häufiger bei jungen Katzen; ME unbekannter Ätiologie,
limbische Enzephalitis
Schädel-Hirn-Trauma; unabhängig vom Alter; zeitversetzte Reaktion auf frühere Traumata (Posttraumatische Epilepsie)
Hydrozephalus, Lissenzephalie; selten, in der Regel junge Katzen
Hypoglykämie, Hepatoenzephalopathie, urämische Enzephalopathie, Elektrolytstörung, Vergiftungen
(z. B. Organophosphate, Permethrin); Hypoxie, Thiamin-Mangel, Hyperthyreose
möglich
primäre/metastasierende Hirntumoren; Meningeome häufige Ursache bei älteren Katzen
hippocampale Nekrose; Speicherkrankheit bei jungen Katzen
FIP = feline infektiöse Peritonitis; FIV = felines Immundefizienz-Virus; FeLV = felines Leukämie-Virus; ME = Meningonencephalitis
Häufigste Ursachen sind in Fettdruck hervorgehoben.
gerte Korrekturreaktion, infolge eines stattgefunden Anfalls
in der postiktalen Phase auftreten können. Besteht der Verdacht auf postiktale Symptome, so sollte die neurologische
Untersuchung nach einiger Zeit noch einmal wiederholt
werden. Bleiben die Defizite bestehen, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass eine Läsion im Gehirn vorhanden ist. In manchen Fällen kann jedoch die neurologische
Untersuchung auch bei einer bestehenden intrakraniellen
Läsion unauffällig sein (z. B. Läsion im Bulbus olfactorius).
Nach der klinischen Allgemein- und der neurologischen
Untersuchung wird eine Untersuchung von Blutbild, Blutchemie und Urin durchgeführt (Jurina et al., 2013). Diese sollte
auch die Werte für die Schilddrüsenfunktion (T4 und TSH)
umfassen. Bei jungen Patienten bzw. Patienten mit besonde-
rem Hinweis auf das Vorliegen einer Leberfunktionsstörung
sollten der NH3-Wert bzw. die Gallensäuren bestimmt und
ggf. ein Gallensäurestimulationstest durchgeführt werden,
bei dem prä- und postprandiale Werte zu ermitteln sind.
Wird aufgrund der Anamnese oder des jungen Alters des
Patienten eine Intoxikation vermutet, so kann eine toxikologische Untersuchung aus dem Urin Aufschluss geben.
Um extrakranielle Läsionen auszuschließen, helfen
zudem Übersichts-Röntgenaufnahmen von Thorax und
Abdomen in zwei Ebenen. Mögliche Differenzialdiagnosen, wie eine Synkope aufgrund einer Herzerkrankung
oder ein verkleinerter Leberschatten aufgrund eines portosystemischen Shunts, können eventuell gesehen werden.
Die Untersuchung kann um eine Ultraschalldiagnostik
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TABELLE 4: Nicht-epileptische paroxysmale Störungen, die mit Anfällen verwechselt werden können (nach Thomas, 2010)
Paroxysmales Ereignis
Narkolepsie/Kataplexie
Anstrengungsabhängige
Schwäche (z. B. exercise
induced collapse, EIC)
Synkope
Triggerfaktoren
bzw. Auslöser
Aufregung, Fütterung
körperlich anstrengende Aktivitäten
Schlafstörungen
Aufregung, Aktivität, Husten
Schlaf
Vestibuläre Ereignisse
Nackenschmerzen
variabel
Bewegung
Idiopathischer Kopftremor spontan
Generalisierte Tremorsyn- spontan
drome
Zwangsstörungen
Angst, Konflikte
oder Frust
Myoklonus
episodisch oder
kontinuierlich
Beschreibung
Bewusstsein
Kollaps mit fehlendem Muskeltonus abwesend
trippelnder Gang, Kyphose, Zittern, normal
Kollaps
Kollaps mit fehlendem Muskeltonus, keine postiktalen Anzeichen
schlaffer oder spastischer Kollaps,
unwillkürliche Bewegungen
Ataxie, Nystagmus, Desorientierung
Lautäußerung, zervikale Rigidität,
Tremor
Kopftremor für Minuten oder Stunden, ansonsten normaler Gang und
Verhalten
generalisiertes Zittern ohne autonome Zeichen
Drangwandern, Kreiseln, Rollen,
Kauen, Lecken, Jagd nach Objekten
plötzliche ruckartige Kontraktion
eines einzelnen Muskels oder einer
Muskelgruppe, evtl. rhythmisch
erweitert werden, um eine bessere Evaluierung abnormaler Röntgenbefunde zu ermöglichen und ggf. mittels
Feinnadelaspiration eine zytologische Untersuchung zu
ermöglichen. Eine Ultraschalluntersuchung des Gehirns
kann beim Welpen mit nicht geschlossenen Fontanellen
auch bei Verdacht auf das Vorliegen eines Hydrozephalus
als Krampfursache durchgeführt werden.
Sind die Befunde der neurologischen sowie der Blutund Röntgenuntersuchung unauffällig, muss entschieden
werden, ob eine weitergehende Abklärung sinnvoll ist oder
nicht. Dies ist insbesondere empfehlenswert, wenn ein
Patient beim ersten Krampfanfall älter als sechs Jahre ist,
trotz adäquater antikonvulsiver Therapie Anfälle hat, einen
Cluster-Anfall oder Status epilepticus gezeigt hat und auch
außerhalb der postiktalen Phase bei der neurologischen
Untersuchung Defizite aufweist. In diesen Fällen sollten
eine bildgebende Untersuchung mittels Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) und eine
Untersuchung des Liquor cerebrospinalis durchgeführt
werden (Jurina et al., 2013). Als bildgebendes Verfahren
für das Gehirn ist das MRT dem CT überlegen, da es
eine wesentlich bessere Darstellung des Weichteilgewebes
ermöglicht. Das MRT wird in verschiedenen Schnittebenen und Sequenzen durchgeführt, zudem wird intravenös
Kontrastmittel appliziert, um mögliche Läsionen darstellen
zu können. Im Anschluss an die bildgebende Diagnostik
wird die Liquorpunktion durchgeführt. Im Liquor cerebrospinalis werden der Proteingehalt sowie die Zellzahl
bestimmt. Im Falle einer Pleozytose (erhöhte Zellzahl)
wird mittels Zytospin (Zytozentrifugation) der prozentuale
Anteil der einzelnen Zelltypen bestimmt. Entsprechend
dieser können die Genese einer Erkrankung näher abgeschätzt und ggf. weitere Untersuchungen, wie z. B. eine
PCR auf Viren oder Neosporose und Toxoplasmose bei
abwesend
abwesend
normal
normal
normal
normal
normal, reagiert
möglicherweise nicht
auf Kommandos
normal
Besonderheiten
Anfall durch Fütterung induzierbar
Schwäche durch Bewegung
induzierbar
Kardiomyopathie- oder
Arrhythmienachweis
tritt nie während Perioden
normalen Bewusstseins auf
vestibuläre Symptome
Schmerzen am Hals bei
Palpation
häufig bei Englischer Bulldoge, Dobermann oder Boxer
häufig bei jungen, kleinen
Hunderassen
detaillierte Anamnese kann
Triggerfaktoren bestimmen
Muskelzucken auch im Schlaf
oder Anästhesie
Vorliegen eines entzündlichen Liquors, eingeleitet werden
(Jurina et al., 2013).
Das Elektroenzephalogramm (EEG) ist in der Humanmedizin ein wichtiges diagnostisches Mittel bei der Aufarbeitung epileptischer Anfälle. Es kann auch in der
Veterinärmedizin helfen, eine Läsion im Gehirn genauer
zu lokalisieren bzw. ein Krampfgeschehen von einer ähnlich aussehenden Verhaltens- oder Bewegungsstörung
abzugrenzen. Jedoch ist das EEG insbesondere beim Hund
aufgrund der stark ausgeprägten Kaumuskulatur nicht
einfach durchzuführen und zu interpretieren (Brauer et
al., 2012).
Besonderheiten der Epilepsie der Katze
Etwa 2–3 % aller felinen Patienten werden mit Anfallsgeschehen vorgestellt (Schriefl et al., 2008). Bei der Diagnose
und Therapie gelten im Grundsatz die gleichen Regeln
wie beim Hund, es ist jedoch auf einige Unterschiede
zu achten.
Idiopathische Epilepsie
Abhängig von den zitierten Studien wird etwa bei 22–38 %
(Schriefl et al., 2008; Pakozdy et al., 2010; Wahle et al.,
2014) der felinen Patienten mit Epilepsie keine zugrunde
liegende Pathologie identifiziert.
Symptomatische Epilepsie
Strukturelle Veränderungen im Gehirn sind bei etwa der
Hälfte der felinen Epilepsien Grund für das Anfallsgeschehen (Schriefl et al., 2008). Am häufigsten treten dabei
entzündliche Erkrankungen auf. An der Spitze steht die
feline infektiöse Peritonitis (FIP). Bei der neurologischen
Form kommt es zu einer pyogranulomatösen Ependymitis,
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ATF-ANERKANNTE INTERAKTIVE
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Chorioiditis, Meningitis und Periventrikulitis. Durch eine
Abflussstörung des Liquors durch Zelldebris im Ventrikelsystem kann es sekundär auch zu einem Hydrozephalus
kommen. Die sichere Diagnose einer neurologischen FIP
ist schwierig: Teilweise können Anfälle die einzige Symptomatik sein. Hinweise geben ein sehr hoher Antikörpertiter gegen Coronaviren, eine Hyperglobulinämie und
eine gemischtzellige, vorwiegend neutrophile Pleozytose
im Liquor mit der einsprechenden Klinik (Timmann et
al., 2008). Andere Gründe einer Enzephalitis bei Katzen
sind Toxoplasmose, wandernde Nematoden, Bakterien
oder es besteht eine unklare Genese (Schriefl et al., 2008;
Pakozdy et al., 2010).
Des Weiteren führen Gehirntumoren zu Anfallsgeschehen. Am häufigsten werden bei älteren Katzen Meningeome gefunden, bei jüngeren eher Lymphome. Aber auch
Gliome oder Metastasen sind möglich. Bei etwa einem
Viertel der felinen Tumorpatienten werden nur Krampfanfälle beobachtet und keine weiteren neurologischen
Symptome gesehen (Tomek et al., 2006).
Schädel-Hirn-Traumata folgen auf Platz drei der Ursachen für symptomatische Epilepsie. Sie werden ähnlich
häufig gefunden wie vaskuläre Ursachen. Zu diesen zählen
Hypertension, Blutung, Thrombosen, Infarkte und Vaskulitiden (Schriefl et al., 2008).
Die feline Hippocampusnekrose wird je nach Autor
unterschiedlich häufig als Ursache für Anfallsgeschehen
angegeben (4–11 %) (Schriefl et al., 2008; Pakozdy et al.,
2010). Bei diesem Syndrom zeigen die Katzen häufig
komplex fokale Anfälle. Dabei sitzen die Tiere, starren ins
Leere und zeigen Zuckungen im Gesicht sowie Schmatzen,
Kauen und Hypersalivation. Post- und interiktal werden
die Tiere häufig aggressiv und im Verhalten verändert. Im
MRT zeigt sich ein Ödem bilateral in den Hippocampi und
den Lobi temporalis. Der Liquor ist meistens unauffällig.
In der histopathologischen Untersuchung sind Nekrose
und Degeneration sowie leichte Entzündungszeichen im
Hippocampus sichtbar. Neuere Erkenntnisse deuten auf ein
immunvermitteltes Geschehen als auslösende Ursache hin,
bei dem Antikörper gegen spannungsabhängige Kaliumkanäle eine Rolle spielen könnten (Pakozdy et al., 2013a).
Reaktives Anfallsgeschehen
Eine systemisch-metabolische Ursache oder eine Intoxikation sind bei Katzen in zirka einem Viertel der Fälle
der Auslöser für Krampfanfälle (Schriefl et al., 2008). Die
Grunderkrankungen sind dabei Hepatoenzephalopathie,
Urämie aufgrund chronischen Nierenversagens, iatrogene
Hypoglykämie bei Diabetes mellitus, Hyperthyreoidismus,
Thiaminmangel, Polyzythämie, Anämie, Hypokaliämie,
Morbus Addison sowie Intoxikationen (am häufigsten
mit Permethrin und Organophosphaten) (Smith Bailey
und Dewey, 2009).
Diagnostik – Besonderheiten bei der Katze
Weil Katzen mit Anfällen in den meisten Fällen eine
zugrunde liegende Erkrankung haben, die oft auch
behandelbar ist, ist eine sehr gründliche Diagnostik umso
wichtiger und erfolgt wie oben beschrieben.
Bei der Katze kann die Blutdruckmessung weitere wertvolle Hinweise geben. Bei der Blutuntersuchung können
Thiaminwerte und die Messung der Cholinesterase hilfreich sein. Mithilfe einer Urinprobe lassen sich unter anderem renale Defizite feststellen. Diese Probe kann eventuell
in einem Speziallabor auf Intoxikationen gescreent werden.
Therapie
Erklärtes Ziel der Behandlung von Kleintieren mit Krampfanfällen ist es, Anfallshäufigkeit, -schwere und -dauer zu
reduzieren. Dabei wird die Lebensqualität der Patienten
und Besitzer im Auge behalten, Nebenwirkungen der
verabreichten Wirkstoffe müssen bedacht und möglichst
gering gehalten werden. Die Grundkrankheit einer symptomatischen Epilepsie bzw. reaktiver Krampfanfälle wird
entsprechend therapiert.
Eine Therapie von Krampfanfällen wird empfohlen
(Fischer et al., 2013; Podell, 2013):
• frühzeitig im Krankheitsverlauf
• bei Auftreten von zwei oder mehr Krampfanfällen/
sechs Monate
• wenn neben den generalisierten Anfällen Status epilepticus bzw. Cluster-Anfälle auffallen
• bei symptomatischer Epilepsie
Als Behandlungserfolg gilt Anfallsfreiheit oder mindestens eine 50%ige Reduktion der Anfallshäufigkeit (Volk
und Loderstedt, 2011). Bei hoher Anfallsfrequenz wird
versucht, die Frequenz auf einen Anfall pro drei, besser pro sechs Monate zu senken (Volk und Loderstedt,
2011). Bei jedem Kleintier mit Epilepsie sind regelmäßige
klinische Kontrolluntersuchungen zu empfehlen, die in
halbjährlichen Intervallen erfolgen (Fischer et al., 2013).
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ATF-ANERKANNTE INTERAKTIVE
IN
FORTBILDUNG
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1
Bei schlechtem Therapieerfolg bzw. hoher Anfallsfrequenz
werden Kontrollen häufiger durchgeführt. Die Kontrolluntersuchungen beinhalten eine sorgfältige Anamnese
mit Überprüfung eines Anfallskalenders, eine allgemeine
klinische und eine neurologische Untersuchung sowie
eine Kontrolle der Blutwerte.
Für den Hund sind drei Wirkstoffe zugelassen (Imepitoin, Phenobarbital, Kaliumbromid). Für die Katze gibt es
keine zugelassenen Medikamente zur Behandlung der
Epilepsie, eine Umwidmung ist notwendig.
Zunächst wird mit einer Monotherapie begonnen (Podell,
2013). Imepitoin hat weniger Nebenwirkungen als Phenobarbital und einen raschen Wirkungseintritt (Rieck et al.,
2006; Tipold et al., 2014). Kaliumbromid ist als Add-onTherapie zugelassen und hat sich in einer vergleichenden
Studie in der Monotherapie als weniger wirkungsvoll als
Phenobarbital erwiesen (Boothe et al., 2012). Nebenwirkungen treten bei Applikation von Kaliumbromid häufiger
auf als bei einer Therapie mit Phenobarbital (Rossmeisl
und Inzana, 2009; Boothe et al., 2012). Phenobarbital ist
jahrelang auf dem Markt, entsprechend groß ist die Erfahrung mit dem Einsatz dieses Medikamentes.
Imepitoin
Imepitoin ist ein niedrig-affiner, partieller Agonist an
der Benzodiazepin-Bindungsstelle des GABA-Rezeptors,
Effekte auf spannungsabhängige Kalziumkanäle wurden
ebenfalls beschrieben (Löscher et al., 2004; Tipold et al.,
2014). Nach wenigen Tagen der Applikation werden wirksame Plasmawirkstoffspiegel erhalten. Die antiepileptische
Wirksamkeit ist vergleichbar mit Phenobarbital, Nebenwirkungen treten seltener auf (Tipold et al., 2014). Die
Dosierung beträgt zweimal täglich 10 mg/kg. Sprechen
die Hunde nicht auf diese Dosierung an, wird diese bis
auf zweimal täglich 30 mg/kg erhöht. Bei ausbleibendem
Therapieerfolg kann man Phenobarbital als Zusatztherapie
(Add-on) verabreichen (Rieck et al., 2006). Außerdem sollte
die Diagnostik dahingehend erweitert werden, ob nicht
doch eine symptomatische Epilepsie vorliegt.
Nebenwirkungen sind Polyphagie, manchmal Unruhezustände, selten Apathie, Polyurie/Polydipsie. Regelmäßige
Blutspiegelkontrollen sind nicht notwendig, da eine Korrelation zwischen Blutspiegelwerten und Anfallsfrequenz
nicht vorliegt (Löscher et al., 2004; Rieck et al., 2006). Eine
Dosiserhöhung wird daher nicht von niedrigen Blutspiegelwerten, sondern vom ausbleibenden Therapieerfolg
abhängig gemacht.
Phenobarbital
Phenobarbital zählt zu den ältesten Antiepileptika, hat eine
lange Halbwertzeit und eine gute Wirksamkeit (Podell,
1996). Wirksame Plasmakonzentrationen werden ca. acht
bis 15,5 Tage nach Therapiebeginn erreicht (Potschka et al.,
2009). Die Behandlung erfolgt zunächst als Monotherapie
mit einer Dosierung von zweimal täglich 2,0–2,5 mg/kg.
Diese Dosierung kann bis 6 mg/kg zweimal täglich erhöht
werden, wenn die Hunde weiterhin Krampfanfälle haben.
Bei Katzen wird mit einer niedrigeren Dosierung begonnen. Mit dieser Medikation wird versucht, einen therapeutischen Bereich von 20–40 μg/ml zu erreichen (Podell,
2013), wobei die optimalen Serumspiegel zu Beginn bei
20–25 μg/ml liegen sollten (Podell, 2013). Bei Serumspiegeln > 35 μg/ml ist die Gefahr einer Hepatotoxizität erhöht
(Volk und Loderstedt, 2011). Eine Serumkontrolluntersuchung wird zwei bis drei Wochen nach Therapiebeginn
durchgeführt und danach halbjährlich wiederholt (Fischer
et al., 2013). Die Dosierung der Phenobarbitalgabe wird
anhand der klinischen Befunde, des Therapieerfolges und
der Serumspiegelwerte angepasst.
Eine Phenobarbitalapplikation führt häufig zu einer
Erhöhung der Leberenzymwerte. Es wird empfohlen, die
Enzyme und die Funktion der Leber regelmäßig, mindestens halbjährlich, zu überprüfen. Gleichzeitig wird
das Blutbild kontrolliert, um bei entsprechenden Veränderungen, wie Anämie und Leukopenie, rechtzeitig eingreifen zu können. Weitere Nebenwirkungen von Phenobarbital sind Apathie und Ataxie, meist erfolgt nach ein bis
zwei Wochen ein Gewöhnungseffekt und diese Symptome
verschwinden wieder. Polyphagie, Polydipsie und Polyurie, „Euthyroid-Sick-Syndrom“ (Klopmann et al., 2006),
physische Abhängigkeit, funktionelle Toleranz bzw. Verlust
der Effizienz und Hepatotoxizität sind weitere mögliche
Komplikationen einer Therapie mit Phenobarbital (Podell,
2013). Falls Phenobarbital wegen der Nebenwirkungen
abgesetzt werden muss, darf dies nur mit einer langsamen
Dosisreduktion erfolgen. Ein lebensbedrohlicher Status
epilepticus soll so verhindert werden.
Kaliumbromid
Kaliumbromid ist ebenfalls ein altbekanntes Antiepileptikum, das für den Hund als Add-on-Therapie zugelassen ist. Wirksame Serumkonzentrationen werden nach
mehreren Wochen bis Monaten erreicht, diese werden
daher ca. drei Monate nach Therapiebeginn und danach
alle sechs Monate kontrolliert (Podell, 1996). Meist wird
Kaliumbromid in Kombination mit Phenobarbital eingesetzt, wobei 21–26 % der Phenobarbital-resistenten Tiere
anfallsfrei geworden sind (Schwartz-Porsche und Jürgens,
1991). Eine weitere Einsatzmöglichkeit von Kaliumbromid
ist eine Monotherapie bei Hunden mit einer Lebererkrankung als Alternative zu Imepitoin. Die Dosierung
beträgt 20–40 mg/kg/Tag, eine niedrigere Dosierung bis
maximal 30 mg/kg/Tag wird bei der Kombinationstherapie mit Phenobarbital verwendet (Fischer et al., 2013).
Die therapeutischen Serumkonzentrationen liegen bei
100–200 mg/dl (Podell, 1996). Das Verwenden einer „Loading-Dosis“ lässt diese Spiegel früher erreichen (Volk
und Loderstedt, 2011).
Bekannte Nebenwirkungen von Kaliumbromid sind Apathie, Ataxie, Tetraparese, Polyphagie, Polydipsie und Polyurie, Pankreatitis und Dermatitis (Podell, 1996; Rossmeisl
und Inzana, 2009; Nebenwirkungen bei der Katze s. u.).
Unter Kaliumbromidtherapie sollte die Nahrung möglichst
wenig variiert werden, um den Salzgehalt konstant halten
zu können und Wechselwirkungen bei der Resorption und
Ausscheidung zu vermeiden (Volk und Loderstedt, 2011).
Bei starken Nebenwirkungen kann Kaliumbromid relativ
schnell über einige Wochen hinweg ausgeschlichen werden.
Diazepam
Diazepam wird in Notfallsituationen wie einem Status
epilepticus oder bei Cluster-Anfällen appliziert oder Patientenbesitzern zur rektalen Applikation (1–2 mg/kg) mitgegeben, wenn deren Hunde zu Cluster-Anfällen oder
Status epilepticus neigen (Fischer et al., 2013).
Weitere Antiepileptika aus der Humanmedizin werden
meist in Kombination mit Phenobarbital verabreicht.
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Diese Präparate können umgewidmet werden, wenn die
zugelassenen Wirkstoffe Imepitoin, Phenobarbital und
Kaliumbromid nicht greifen und/oder schwere Nebenwirkungen verursachen.
Zonisamid
Von diesen Wirkstoffen, die beim Hund eingesetzt werden
können, hat Zonisamid die längste Halbwertszeit mit ca.
15 Stunden. Klopmann et al. (2007) konnten bei Hunden,
die unter Kombinationstherapie mit Phenobarbital und
Kaliumbromid weiterhin Anfälle aufwiesen, nach Zusatztherapie von Zonisamid eine Reduzierung der Anfallsfrequenz feststellen. Ein sogenannter „Honeymoon-Effekt“
führte bei einigen Hunden nach zunächst gutem Ansprechen über mehrere Monate zu einem erneuten Anstieg
der Anfallsfrequenz (Klopmann et al., 2007). Die Dosierung von Zonisamid beträgt 10 mg/kg Körpergewicht
zweimal täglich. Nebenwirkungen sind in Einzelfällen
beschrieben, die mindestens halbjährlichen Kontrollen
sind unerlässlich (Fischer et al., 2013).
Levetiracetam
Ein weiterer Wirkstoff, der häufig eingesetzt wird, ist Levetiracetam (Volk und Loderstedt, 2011). Positive Effekte
sind beschrieben (Volk et al., 2008), diese werden aber
auch kontrovers diskutiert (Munana et al., 2012b). Die
Dosierung liegt zwischen 10 und 20 mg/kg Körpergewicht, der Wirkstoff muss aufgrund der kurzen Halbwertszeit drei- bis viermal täglich verabreicht werden.
Da Interaktionen mit Phenobarbital bestehen und eine
Add-on-Therapie mit niedrigen Levetiracetamspiegeln
assoziiert ist, muss die Dosis vermutlich neu berechnet
werden (Munana et al., 2014). Nebenwirkungen sind selten (Podell, 2013). Levetiracetam kann auch als Notfallmedikament zur Therapie des Status epilepticus dienen.
Wie bei Zonisamid wurde auch bei Levetiracetam eine
erneute Verschlechterung nach initial gutem Therapieerfolg beschrieben, wenn der Wirkstoff Add-on verabreicht
wird (Volk et al., 2008). Levetiracetam kann bei Epileptikern mit Lebererkrankungen verwendet werden.
Gabapentin
Gabapentin wird auch als Add-on-Medikation zu Phenobarbital verwendet, obwohl es nur wenige Studien
über die klinische Wirksamkeit beim Hund gibt. In zwei
Studien konnte bei einem Teil der Hunde Anfallsfreiheit
oder eine Reduktion der Anfallsfrequenz beschrieben
werden (Govendir et al., 2005). Nebenwirkungen sind
selten, Sedation und Ataxie sind am häufigsten zu nennen
(Govendir et al., 2005). Die Dosierung beträgt 30–60 mg/
kg/Tag, diese wird auf drei bis vier Gaben aufgeteilt; die
Anfangsdosierung sollte die niedrige sein, um Sedierung
und Ataxie gering zu halten.
Pregabalin
Pregabalin, das eine bessere pharmakodynamische Verfügbarkeit zeigt, wird ebenfalls eingesetzt. Auch hier fehlen
jedoch kontrollierte Studien an größeren Patientenzahlen
bzw. Langzeituntersuchungen. In einer klinischen Studie
reagierte ein Teil der Hunde nach Add-on-Medikation zu
Phenobarbital und/oder Kaliumbromid mit einer Senkung
der Anfallsfrequenz (Dewey et al., 2009). Die empfohlene
Dosierung beträgt 3–4 mg/kg dreimal täglich. Nebenwirkungen sind ebenfalls Sedation und Ataxie (Dewey
et al., 2009).
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IN
FORTBILDUNG
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TABELLE 5: Mögliche Alternativen zu Phenobarbital bei der Katze (nach Platt und Olby, 2013)
Medikament
Diazepam
Gabapentin
Levetiracetam
Topiramate
Zonisamid
Dosierung
2,5–10 mg/kg alle 8–12 Std.
5–10 mg/kg alle 8–12 Std.
10–20 mg/kg alle 8–12 Std.
12,5–25 mg/kg alle 8–12 Std.
5–10 mg/kg alle 24 Std.
Nebenwirkungen
akute Lebernekrose, Sedation
Sedation, Ataxie
Sedation
Sedation, Inappetenz
Sedation, Ataxie, Vomitus, Somnolenz, Ataxie, Diarrhoe
Zusätzlich zu den eben erwähnten Wirkstoffen werden
neuere humanmedizinische Antiepileptika für eine mögliche Anwendung beim Kleintier überprüft. In diesem
Review soll nicht weiter darauf eingegangen werden, da
Erfahrungswerte bzw. Publikationen fehlen.
Behandlung bei der Katze
Bei reaktivem Anfallsgeschehen sollte die zugrunde liegende Erkrankung behandelt werden. Intoxikationen
werden meist symptomatisch therapiert und das Tier
nach Möglichkeiten dekontaminiert, wie dies z. B. für
die Permethrin-Vergiftung beschrieben ist (Boland und
Angles, 2010). Je nach Grunderkrankung ist die Prognose
gut bis vorsichtig. Symptomatische Epilepsien sind häufig
deutlich aufwendiger zu therapieren. Eine antikonvulsive
Medikation (s. u.) sollte jedoch immer Grundbestandteil
der Therapie sein. Für solide Tumoren, vor allem Meningeome, besteht je nach Lokalisation die Möglichkeit der
chirurgischen Entfernung (Forterre et al., 2009).
Antibiotika werden bei bakteriellen oder protozoären
Enzephalitiden appliziert. Enrofloxacin und Marbofloxacin
sollten wie beim Hund aufgrund ihrer prokonvulsiven
Wirkung nicht verwendet werden. Bei Toxoplasmose hat
sich eine Kombination aus Clindamycin und einem Sulfonamid bewährt (Platt und Olby, 2013).
Komplex fokale Anfälle, bei denen eine Hippocampusnekrose vermutet wird, sprechen häufig initial schlecht
bis gar nicht auf antikonvulsive Medikamente an. Bevor
eine Euthanasie in Betracht gezogen wird, sollte eine
immunsuppressive Therapie versucht werden. Kleinere
Fallstudien deuten darauf hin, dass Katzen, die die akute
Phase überleben, eine vorsichtige bis gute Prognose haben
können (Pakozdy et al., 2013a).
Bei idiopathischer Epilepsie werden wie beim Hund
Antiepileptika eingesetzt. Da viele Tiere nach Absetzten
der Medikation wieder Anfälle zeigen, muss meistens eine
lebenslange Therapie erfolgen (Pakozdy et al., 2013b). Dies
kann bei Katzen schwierig werden, wenn sich der Patient
die Medikamente nicht eingeben lässt oder wegen Freigang nur unregelmäßig zu Hause ist. Hier muss von Fall
zu Fall über das Vorgehen entschieden werden. Trotzdem
haben Katzen mit idiopathischer Epilepsie eine signifikant
höhere Lebenserwartung als Tiere mit einer sekundären
Epilepsie (Schriefl et al., 2008).
Für die Katze ist derzeit kein antiepileptisches Medikament zugelassen. Von den drei Medikamenten, die in
Deutschland zur antiepileptischen Therapie beim Hund
zugelassen sind, wird zurzeit fast ausschließlich Phenobarbital bei der Katze eingesetzt. Kaliumbromid verursacht bei
50 % der Katzen eine idiosynkratische Pneumonie und ist
deswegen bei Katzen nicht zu empfehlen. Außerdem reduziert es die Anfallsfrequenz nicht so zuverlässig wie beim
Hund (Smith Bailey und Dewey, 2009). Imepitoin wird in
der Praxis bereits bei der Katze angewandt, eine Zulassung
fehlt aber auch hier (persönliche Mitteilung; Michel, 2014).
Phenobarbital zeigt bei Katzen eine gute Wirksamkeit.
Etwa die Hälfte der Tiere mit idiopathischer Epilepsie wird
unter einer Dosierung von 1–5 mg/kg alle zwölf Stunden
anfallsfrei. Folgende Nebenwirkungen können auftreten:
Leukopenie, Thrombozytopenie, Leberenzymerhöhung,
Ataxie/Parese, Sedation, Polyphagie und eine immunmediierte Hypersensitivität (Dermatitis, Lymphadenopathie).
Alle diese Symptome sind nach Absetzen von Phenobarbital reversibel (Pakozdy et al., 2013b).
Humanmedizinische Präparate können bei Nichtansprechen auf Phenobarbital umgewidmet werden (Tab. 5).
Die Autoren haben gute Erfahrungen mit Levetiracetam
bei Katzen in einer Dosierung von 10–20 mg/kg alle acht
Stunden gemacht.
Als initiales Notfallmedikament kann außerdem Diazepam intravenös in einer Dosierung von 1 mg/kg verabreicht
werden. Der Einsatz von Diazepam wird aber kontrovers diskutiert, da es eine akute Lebernekrose hervorrufen
kann (Smith Bailey und Dewey, 2009). Bei lebererkrankten
Katzen sollte Diazepam daher nicht appliziert werden.
Erklärung
Hiermit erklären die Autoren, dass sie keine geschützten, finanziellen, beruflichen oder anderen persönlichen
Interessen haben, welche die im Manuskript dargestellten
Inhalte oder Meinungen beeinflussen könnten.
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Seien Sie dabei!
Die Autorin Andrea Tipold referiert im Vortragsprogramm
Kleintiere zur Neurologie.
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Alle Infos zum Programm unter
www.derpraktischetierarzt-kongress.de
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Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Andrea Tipold
Klinik für Kleintiere
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Bünteweg 9
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