Die Zukunft wird gedruckt − Aber wie wird sie verkauft?

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Die Zukunft wird gedruckt − Aber wie wird sie verkauft?
SCHWERPUNKT | Thema
SCHWERPUNKT | Business Model Innovation
Radikale Innovationen sind in der Frühphase
ges Schattendasein für spezielle Industrieprodukte und im Prototyping. Im Boeing
787 Dreamliner sind nun aber bereits 32
gedruckte Teile verbaut, die den traditionell
gefertigten Komponenten überlegen sind.
Ingenieure bei EADS haben einen Fahrradprototyp aus ultraleichtem aber stabilem
Nylonpulver an einem Stück, inklusive aller beweglichen Teile, „gedruckt“. Im medizinischen Umfeld
werden unter dem Begriff Bio-Printing unterschiedliche Gewebe, Knochenstücke und ganze Organe
gedruckt. Bis in drei Jahren soll die erste gedruckte
Ohrprothese implantiert werden und die schweizerische Biotech-Firma regenHU plant, Anfang 2014
den ersten gedruckten, künstlichen Knochen auf den
Markt zu bringen.
oft zu teuer und den etablierten Methoden
technisch unterlegen.
Diese Entwicklungen sind typisch für radikale Innovationen: in der Frühphase zu teuer und technisch den
etablierten Methoden in den meisten Anwendungen
unterlegen. Dann wird die Technologie verbessert,
kostengünstiger sowie vielfältiger in der Anwendung
und verdrängt mittel- bis langfristig bestehende Verfahren. Viele Entwicklungen der letzten Jahre begünstigen das Umfeld für 3D-Printing so stark, dass der
Ansatz nun einem potenziellen Durchbruch nahe
steht.
Die Zukunft wird gedruckt −
Aber wie wird sie verkauft?
Der technologische Fortschritt und Preisrückgang
von 3D-Druckern in den letzten zwei Jahren führt bei
sinkenden Preisen zu besserer Qualität. Darüber hinaus erweitern die Erforschungen der 3D-Printtechnologien deren Einsatzbereiche. Außerdem machen
Informations- und Kommunikationstechnologien
elektronische Daten überall und jederzeit verfügbar.
Ein wesentliches Element ist schließlich das Auslaufen wichtiger Patente. Dies ist zentral für die Kostenreduktion und damit für die Verbreitung.
Geschäftsmodelle für die nächste industrielle Revolution
STEPHAN WINTERHALTER, UNIVERSITÄT ST.GALLEN, CHRISTOPH H. WECHT, BGW AG, OLIVER GASSMANN, UNIVERSITÄT
ST.GALLEN
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IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management und etablierte Geschäftsmodelle auf den Kopf zu stellen. Kreativität ist gefragt.
Einbettung in die Trends der Gesellschaft
1. 3D-Printing – Mehr als nur ein Hype
3D-Printing ist keine neue Technologie. Seit der
ersten Präsentation 1983 wurde sie stetig weiterentwickelt. Das Grundprinzip ist einfach: Statt Gegenstände aus einzelnen Elementen zusammenzubauen,
wird die Form eines Objektes schichtweise und am
Stück erstellt. Die Technologie führte ein jahrelan-
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Bildnachweis: Fotolia
„Gedruckte Zahnprothesen reduzieren die Kosten der
Krankenkassen um mehrere Millionen Euro pro Jahr.“
„Fielmann eröffnet Online-Shop für Brillengestelldatensätze – zweistelliges Umsatzwachstum erwartet.“
So könnten in wenigen Jahren Medienmitteilungen
von Unternehmen aussehen. Die Grundsteine dafür
wurden vor 20 Jahren gelegt. Heute werden die Weichen gestellt und erste Unternehmen beginnen, Geld
mit einem Ansatz zu verdienen, der als 3D-Printing
oder Additive Manufacturing bezeichnet wird. Dieser
hat das Potenzial, ganze Industrien zu revolutionieren
Neben wirtschaftlichen Treibern wie dem verstärkten globalen Wettbewerb sowie sich verkürzenden
Lebenszyklen neuer Technologien und Produkte sind
vor allem soziale Treiber für 3D-Printing relevant.
Die Polarisierung zwischen sehr billig oder sehr teuer
und der damit einhergehende Eklektizismus führen
dazu, dass Kunden immer schwieriger einzuschätzen sind. Kunden geben nur für die Produkte mehr
Geld aus, die einen hohen Wert stiften. Weiter findet
eine Abkehr vom Standard statt. Gerade Kunden aus
dem Mittelstand sind bereit, für Individualität mehr
zu zahlen. Das selbst designte T-Shirt, angepasste
Sportschuhe oder das individuell gemixte Müsli sind
Beispiele. Die aufstrebende Makers-Bewegung gibt
sich nicht mit dem Designen von Produkten zufrieden, sondern druckt sich die Eigenkreationen mit
3D-Printern selber aus. Zudem wird der Faktor Zeit
zur kritischen Größe: Produkte werden dort gekauft,
wo sie am schnellsten verfügbar sind.
Ein wachsendes Umweltbewusstsein mit der Grundhaltung „Teilen statt Besitzen“ beeinflusst die Industrie. Längerfristig wird dies von einer Kauforientierung
zu einer Nutzenorientierung führen. Airbnb, eine
Bed & Breakfast Kette, bei der Privatpersonen ihre
Zimmer zur Verfügung stellen, hat nach drei Jahren
mehr Zimmer unter Vertrag als die Hilton Gruppe in
hundert Jahren aufbaute.
KURZ UND BÜNDIG
Obwohl seit mehr als 20 Jahren bekannt, steht 3D-Printing so nahe vor dem Durchbruch wie noch nie. Nicht
nur sind die Drucker billiger und die Verfahren verbessert, auch die Gesellschaft mit ihren Ansprüchen
nach individualisierten Produkten macht die Zeit reif
für dieses Verfahren, das Einzelstücke günstig und
ohne Transportkosten produzieren kann. Da dies aber
die industrialisierte Produktion teilweise auf den Kopf
stellt, sind von den Unternehmen kreative Ideen für
neue Geschäftsideen gefordert.
Stichworte: 3D-Printing, Additive Manufacturing, 3D-Blueprint, Individualisierung, Logistik, neue
Geschäftsmodelle, Copy-Shops
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Die sieben Elemente, die die 3D-Print-Revolution begünstigen, sind:
1. Verkürzte Technologiezyklen, neue
Werkstoffe und Materialien
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Gerade Kunden aus dem Mittelstand sind
bereit, für Individualität mehr zu bezahlen.
2. Verändertes Konsumverhalten in Richtung
Eklektizismus, Teilen statt besitzen, Individualisierungstendenzen in einem globalen Umfeld
3.Geographische Verteilung und Erreichbarkeit der
potenziellen Käufer
4. Streben nach Unabhängigkeit verbunden mit
ökologischen Zielen
5. Wegfall des Patentschutzes für Grundlagentechnologien
und kostengünstige Verfügbarkeit (Brillengestell,
Spielzeug); und drittens Produkte, die sich mit
3D-Printing günstiger oder besser herstellen lassen
als mit traditionellen Verfahren.
Aus technischer Sicht gilt es, zwei Punkte zu beachten. Erstens fallen mit 3D-Printing Beschränkungen aus traditionellen Herstellverfahren weg.
Zweitens sind die Stückkosten fast konstant und
lediglich von der Produktionszeit und dem verwendetem Material abhängig. Dies macht Skaleneffekte obsolet.
Wie Abbildung 1 zeigt, wird im industriellen
Bereich 3D-Printing die bisherigen Herstellverfahren ergänzen und teilweise ablösen (blau). Zudem
lässt sich in geringeren Stückzahlen produzieren
und Geschäfte, die zuvor unattraktiv schienen,
beginnen sich zu rechnen.
6. E
rleichterung von Unternehmensgründungen
7.Konkrete, funktionierende Frühanwendungen
3D-Printing als Integrator
Einschneidender werden die Auswirkungen dort
sein, wo der Kunde (Maker) einen Teil der phy­
sischen Wertschöpfung übernimmt (grün). Unternehmen müssen der fortschreitenden Individualisierung Rechnung tragen und Kunden Unikate
anbieten. 3D-Printing ermöglicht echte Mass
Customization. Zudem wird mit 3D-Printing die
Logistik revolutioniert,
da Produkte direkt dort
ausgedruckt werden, wo
sie nachgefragt werden,
beziehungsweise,
wo
ein Drucker steht (rot).
Setzen sich diese Trends
durch (gelb), ist in vielen
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Industrien mit ähnlichen
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Industr. MassenMassengis
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Umwälzungen zu rechrL
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lisierung des MediensekSp
Vorindustr.
Handwerk
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Fertigung
und Tablets. Die Herausforderung für die UnterSpezifität des Produktes
nehmen wird sein, die
Abbildung 1: Der Weg zur Revolution durch 3D-Printing
Kontrolle über ihre Pro-
# produzierter Produkte
3D-Printing bildet eine mögliche technologische
Basis, um diese Trends zu integrieren. Grundsätzlich sind alle Produkte für 3D-Printing geeignet, die einer oder allen der folgenden drei Charakterisierungen entsprechen: erstens ein hoher
Individualisierungsgrad bis hin zum Einzelstück
(Zahnersatz, Schmuck); zweitens eine zeitnahe
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Software Ebene Inferface
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Crowd
Etablierte
Industrie
3D Design
Agenturen
Design
Business Model
Patterns
Crowdsourcing
Digitalisierung
der Realität
User designed
Freelancer
Open Source
Copy Shop
Mass customization
Intermediäre Ebene
Funds, IPR Märkte
Affiliation
Handel
Online-Händler
Digitalization
Licensing
Long tail
Crowdsourcing Plattformen
Hardware Ebene
Realisierung
der
Digitalisierung
Etablierte Lieferanten
von Rohmaterial
Neue Lieferanten von
Rohmaterial
Razor and Blade
Franchising
Lieferanten von
Desktop-Printern
Lieferanten von
Industriedruckern
Ingredient Branding
Druck/Produktion
Direct selling
Abbildung 2: Das 3D-Printing Ecosystem
dukte zu behalten und an der Kommerzialisierung
zu partizipieren.
2. Das 3D-Print Ecosystem
Die Digitalisierung der Produktion durch 3D-Printing eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung
und Fertigung von Produkten und Services, wie in
Abbildung 2 zu sehen ist. Das Zusammenspiel von
Design – das softwaregeprägt ist – und dem Druck/
Aufbau des physischen, hardwaredeterminierten Produktes sowie den daraus resultierenden Möglichkeiten
gilt es für Unternehmer zu verstehen und zu nutzen.
Softwareebene – die Welt digitalisieren
Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, ein digitales Bild der Realität zu erstellen: Neu designen,
kopieren oder wiedererstellen mit 3D-Scanner. Bei
neuen Designs erstellen Spezialisten Produkte digital mit 3D-Software. Erste Start-Ups wie Thingiverse
oder Shapeways haben Geschäftsmodelle hierfür entwickelt. Beide Firmen besitzen eine Plattform, auf
denen die Internet-Crowd selbstdesignte Objekte
zum freien Download mittels Open Source Lizenz
oder gegen Gebühr zur Verfügung stellt. In solchen
Online-Shops findet sich bereits eine beachtliche
Anzahl von digitalisierten Gegenständen, die größtenteils user-designed sind. Auch etablierte Firmen,
die von der ausgeprägten Mass Customization ihrer
Produkte profitieren, unternehmen Gehversuche in
diesem Umfeld. Nike entwirft Schuhe, die auf die
physiologischen Eigenschaften des Kunden zugeschnitten und mit 3D-Printing produziert sind.
Beim Kopieren und Komplementieren kommen entweder frei verfügbare Blueprints (3D-Designs) oder
3D-Scanner zum Einsatz. Die abgebrochene Türklinke aus dem 18. Jahrhundert kann so neu hergestellt werden. Die einzelnen Bruchstücke werden
gescannt und digitalisiert, mit Software fehlende Teile
errechnet und die Einzelteile am Bildschirm virtuell
zusammengesetzt, bevor eine neue Türklinke nach
altem Vorbild ausgedruckt wird. Bei der Restauration
des Schweizer Parlamentsgebäudes in Bern wurden so
antike Fensterheber kopiert und ersetzt. Das ist nicht
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nur günstiger, als diese Fensterheber auf traditionelle
Weise anfertigen zu lassen, sondern diese können nun
immer wieder gedruckt werden.
Radikalere Entwicklungen sind für den Heimgebrauch zu erwarten, sobald mit dem Smartphone
3D-Modelle einfach erstellt werden können und
dadurch jedermann digitale Kopien bestehender
Objekte und neue Designs produzieren kann. Diese
Schnittstelle und ihre Nutzerfreundlichkeit sind
entscheidend. Sobald es intuitiv möglich ist, Blueprints zu erstellen, wird ein massiver Anstieg an
Designs ausgelöst, allerdings nicht nur eigener, sondern auch fremder Designs: Mit dem integrierten
3D-Scanner im Smartphone ist das digitale Design
des exklusiven Bestecks genauso schnell erfasst wie
Die technischen Möglichkeiten öffnen
auch Türen zum Missbrauch durch private
Raubkopierer.
der Schnappschuss im Urlaub. Die Firma Autodesk
hat eine App für das iPhone entwickelt, mit der
Fotos eines Objekts aus verschiedenen Blickwinkeln
in ein dreidimensionales Objekt umgewandelt werden. Diese technischen Möglichkeiten öffnen auch
Türen zum Missbrauch durch private Raubkopierer.
Intermediärebene – der digitale Handel mit der
physischen Welt
Ein Gegenstand in digitaler Form kann mit Informations- und Kommunikationstechnologie weltweit
praktisch kostenlos verschickt werden. Das Design
einer Tasse, eines Ohres oder Fahrrads wird per Email
versandt – von New York nach Tokio, von Zürich nach
Johannesburg, wo immer der Gegenstand gewünscht
und ein entsprechender Drucker verfügbar ist.
Es wird ein Handel institutionalisiert, den OnlinePlattformen und Retailer koordinieren. Verschiedene Geschäftsmodelle sind denkbar. Einerseits sind
Modelle möglich, die das Bindeglied zwischen Designern und Produzenten herstellen und diese zusammenbringen. Diese Affiliatoren verfügen über eine
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(Blueprints) anbieten und die zum anderen Zugriff zu
einem 3D-Drucker-Netzwerk besitzt. Verdient wird
mit einer Gebühr für den Designverkauf und die Vermittlungen zum Druck. Auch Unternehmen, die auf
konventionelle Herstellungsverfahren setzen, bietet
der Handel mit Blueprints eine Chance. Blueprints
können beispielsweise an zertifizierte Print-Shops
geschickt werden, die Produkte in Lizenz drucken
oder reparieren. Ersatzteile von Turbinen müssten
nicht mehr über weite Strecken transportiert werden,
sondern könnten bei einem spezialisierten, geprüften
und vertraglich gebundenen Print-Terminal ausgedruckt werden. Dieses Vorgehen wird die Logistik
revolutionieren. Es kommt bereits für die Ersatzteilversorgung der US-Armee zum Einsatz.
Auch Amazon positioniert sich. Vor kurzem
wurde ein neuer Bereich für 3D-Drucker und
Zubehör eingerichtet. Der Verkauf von Blueprints passt ebenfalls in das bisherige Geschäftsmodell des Internetriesen. Auch wenn zu Beginn
nur geringe Stückzahlen verkauft werden – durch
die nicht vorhandenen Lagerkosten und die
bestehenden Rechenzentren kann Amazon eine
nahezu endlose Anzahl von Designs anbieten und mit
dem sogenannten Long-Tail Geld verdienen. Auch
die anderen Tech-Riesen werden auf diesem Gebiet
aktiver werden.
Hardwareebene – die Welt drucken
Die Produktion der digitalisierten Güter ist nicht
mehr an Fabrikanlagen gebunden, Skaleneffekte
verschwinden. Up-Front-Investitionskosten in Fertigungsanlagen werden genauso wie Lagerhallen nahezu
überflüssig. Alltagsgegenstände werden zu Hause am
Desktopdrucker erstellt, womit der Direktvertrieb
eine komplett neue Dimension erfährt. Komplexere
Objekte werden in Copy-Shops oder Spezialdruckereien zum Beispiel im Franchise-Modell produziert.
Beim Anlagen- und Gebäudebau werden Drucker
entweder zentral zur Elemente-Herstellung oder
direkt auf den Baustellen eingesetzt.
Eine teilweise Neuordnung der Fertigungsindustrie
und neue Geschäftszweige sind zu erwarten. Dabei
bieten flankierende Geschäftsmodelle, zum Beispiel
die Lieferung von Rohmaterial in Form von Ingre-
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dient Branding, etwas Sicherheit. Für Unternehmen
aus der chemischen Industrie ist dies genauso interessant wie für Glas-, Zement- und Keramikhersteller. Kooperationen mit Druckerherstellern können
sich etablieren und – analog zum „Razor and Blade“-Geschäftsmodell bei den 2D-Desktopdruckern –
Gewinne hauptsächlich über den Verkauf von Druckmaterial einer etablierten Marke erzielt werden.
3. Showstopper – oder die große Chance
Die dritte industrielle Revolution ist möglich, aber sie
wird nur unter bestimmten Voraussetzungen realisiert:
1) Robustes Produktdesign: Das Design für den zu
druckenden Gegenstand ist eine kritische Komponente. Hier entscheidet sich die Qualität des
Endproduktes. Es ist immer noch die Kompetenz
des Designers entscheidend, um Gegenstände
stabil und ressourcensparend zu konstruieren.
2) Intuitive, auch für Nicht-Experten anwendbare
Software und Schnittstellen sind die Voraussetzung, um 3D-Printing zur Massentechnologie zu
machen.
3) Schutz des geistigen Eigentums: 3D-Printing
ist für die produzierende Industrie das, was das
Kopieren von Musik für die Musikindustrie war.
Umdenken und neue Geschäftsmodelle sind
gefragt. Firmen müssen sich auf das spezialisieren, was nicht kopiert werden kann. Das ist zum
Beispiel der innere Aufbau, der von 3D-Scannern (noch) nicht erfasst werden kann.
4) Produktqualität: Bislang werden
noch kaum qualitätskritische Teile
gedruckt. Die Fertigungstechnologie
muss hier eine hohe Qualität erreichen.
sicherstellt, dass in der definierten Art und Weise
und mit den richtigen Materialien gedruckt wird.
6) Verfügbarkeit und Standards bei Materialien:
Neben dem Aufbau und Design entscheidet
das Material über die Qualität des Endproduktes. Viele verschiedene Stoffe kommen je nach
gewünschten Produkteigenschaften zum Einsatz.
Am häufigsten werden Kunststoffe und Kunstharze, aber auch Metalle (Titan, Stahl, Gold,
Silber) verwendet. Was beim Design gilt, gilt
auch für Rohstoffe: 3D-Printing muss einfach
sein und sich für den Massenmarkt auf so wenige
Rohstoffalternativen wie möglich beschränken.
7) Wirtschaftlichkeit: Hauptargument des 3D-­
Prints ist die flexible dezentrale Produktion
verbunden mit großen technologischen, produkttechnischen sowie unternehmerischen
Möglichkeiten. Lange Transportwege von Fertigprodukten und Lagerkosten fallen weg. Was
bleibt, sind Drucker und Rohmaterialen. Die
Wirtschaftlichkeit ist nur gewährleistet, wenn
die Just-in-Time Philosophie der Fertigung konsequent durchgezogen wird.
8) Ökologische Verträglichkeit: Durch die intelligente Vernetzung des Druckernetzwerks und die
Materialwahl wird die neue Produktion nicht
nur flexibler, sondern auch grüner. Die Nebeneffekte der 3D-Printtechnologie in Form von mehr
Verpackungen für Rohmaterial aufgrund der
Kleinstgrößen sowie Mehrverbrauch aufgrund
minderwertiger Qualität dürfen in der Ökobilanz die Transportgewinne nicht übersteigen.
Eine Neuordnung der Fertigungsindustrie und
neue Geschäftszweige sind zu erwarten.
5) Sicherheit und Produkthaftung:
Nur wenn sich Kunden auf die Qualität der
gedruckten Produkte verlassen können, werden
sie diese nachfragen. Anbieter von 3D-Druckern
und -Services schließen heute jegliche Produkthaftung aus. Es gibt Bestrebungen, diese Lücken
zusammen mit einem Copyright zu schließen,
das neben dem eigentlichen Kopierschutz auch
Sind diese Punkte erfüllt, so steigen die Chancen, dass
die 3D-Technologie eine weitere industrielle Revolution auslösen wird. Wichtig ist jedoch die Erkenntnis,
dass es das Geschäftsmodell und deren Ausgestaltung
ist, die erfolgskritisch sind. Die 3D-Technologie ist
nur eine Determinante für den Erfolg.
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„Less costs for health care with printed dental plates“, this could be the headline of a press release in a few years. Start-ups as well as established companies like Amazon start making money with a twenty-year-old technology
which stands on the verge of a breakthrough today: 3D-printing also known
as additive manufacturing. 3D-Printing will not only revolutionize industrial
production processes and distribution, it will change the game fundamentally
in many industries. Only with the right business models in place, firms and
entrepreneurs will be able to flourish in this new area.
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SERVICE
AUTOREN
Stephan Winterhalter, M.A.
HSG
Forschungsassistent und Doktorand
am Institut für Technologiemana­
gement an der Universität St.
Gallen. Neben seiner Tätigkeit im
Bereich 3D Printing erforscht er
Innovation in Emerging Markets und deren Auswirkungen auf Geschäftsmodelle.
Dr. Christoph H. Wecht, Dipl.
Ing., MBA
Managing Partner der BGW
Management Advisory Group, St.
Gallen – Wien, sowie Verwaltungsrat der BMI Lab AG. Außerdem
leitet er das Kompetenzzentrum für
Open Innovation am Institut für Technologiemanagement an der Universität St.Gallen (ITEM-HSG) und hält
dort einen Lehrauftrag für Technologiemanagement.
Nach dem Maschinenbaustudium in Wien arbeitete
er in Österreich, Deutschland und den USA, wo er ein
ergänzendes MBA-Studium absolvierte. Vor der Gründung der BGW promovierte er am ITEM-HSG zur Kundenintegration in den Innovationsprozess.
KONTAKT
stephan.winterhalter@unisg.ch
christoph.wecht@bgw-sg.com
BGW AG
Büro St. Gallen
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9000 St. Gallen
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Fax: +41 71 8400 832
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Prof. Dr. Oliver Gassmann
Professor für Innovationsmanagement an der Universität St.Gallen
und Direktionsvorsitzender am
dortigen Institut für Technologiemanagement. Er ist tätig in diversen Verwaltungsräten und internationalen wissenschaftlichen und politischen Beiräten.
Zuvor war er für die Leitung der Forschung und Vorentwicklung im Schindler-Konzern verantwortlich. In seiner
Forschung beschäftigt er sich damit, wie Unternehmen
über Innovation ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen.
oliver.gassmann@unisg.ch
Institut für Technologiemanagement (ITEM-HSG)
Dufourstrasse 40a
9000 St. Gallen
Schweiz
Tel: +41 71 2247 220
Fax: +41 71 2247 301
www.item.unisg.ch
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