AFRIKAS STERNSTUNDE
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AFRIKAS STERNSTUNDE
Juni/Juli 2010 WM-DOPPELAUSGABE | Teamporträts | Stars | Nationale Hoffnungen | Südafrikas langer Weg | WM-Vermächtnis | TV-Innovationen | Von Montevideo nach Johannesburg | Schiedsrichter | Spitznamen AFRIKAS STERNSTUNDE Bühne frei für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010™! TECHNISCHES WUNDERWERK Ein lebhaftes Farbdesign und Ingenieurskunst auf höchstem Niveau standen Pate bei der Kreation von Jabulani – dem neusten offiziellen Spielball des FIFA-Partners adidas für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010™. Der englische Nationalspieler David Beckham präsentierte im Dezember 2009 in Kapstadt den offiziellen Spielball Jabulani. 40 FIFA WORLD I JUNI/JULI 2010 In der „guten alten Zeit“ war nicht immer alles besser. Zur Bestätigung dieser These genügt ein Blick zurück auf die Geschichte der Spielbälle der FIFAWeltmeisterschaften. Bei der ersten WM 1930 in Uruguay gab es keinen offiziellen Ball. Was dazu führte, dass die beiden Finalisten – Gastgeber Uruguay und sein Erzrivale Argentinien – darauf beharrten, das Endspiel mit ihrem bevorzugten Ball zu bestreiten. Schliesslich einigte man sich auf einen heute unvorstellbaren Kompromiss und spielte je eine Halbzeit mit dem uruguayischen und dem argentinischen Ball. Die Uruguayer behielten schliesslich das bessere Ende für sich: Bei Halbzeit noch 1:2 in Rückstand, drehten sie das Finale in der zweiten Hälfte mit ihrem Ball und gewannen 4:2. An heutigen Standards gemessen, würde sich die Diskussion, welcher der Bälle 1930 der bessere war, ohnehin erübrigen. Beide kämen gleichermassen schlecht weg. Aus Leder gefertigt, mit unregelmässiger Form und erratischem Aufprallverhalten, waren die Bälle aus der Frühzeit des Fussballs unberechenbar und schwer, vor allem, wenn sie sich bei Regen mit Wasser vollsogen. Heute, 80 Jahre später, ist alles anders. Der FIFA-Partner adidas hat den offiziellen Spielball der WM 2010 mithilfe modernster Technik entwickelt. Dank seiner Design-Elemente, die Südafrikas Energie, Lebhaftigkeit und kulturelle Vielfalt zum Ausdruck bringen, setzt „Jabulani“, was in der isiZulu-Sprache so viel wie „feiern“ bedeutet, die seit 1970 in Mexiko bestehende Tradition der offiziellen WM-Spielbälle gebührend fort. Neu an Jabulani sind die thermisch gebundenen 3-D-Platten der Aussenhülle. Der Ball besteht damit aus bereits gebogenen Teilen und nicht wie früher aus flachen Platten, die sich erst dann rund auswölben, wenn Luft in den Ball gepumpt wird. So rund wie nie „Das ist eine bahnbrechende Innovation, die ein von Grund auf neues Herstellungsverfahren erforderlich gemacht hat”, erklärt Hans-Peter Nürnberg, der leitende Entwicklungsingenieur des adidasInnovationsteams im Gespräch mit FIFA World. „Doch die Anstrengungen haben sich wirklich gelohnt. Mit dem neuen Verfahren erhalten wir Teile, die zusammengesetzt für eine vollkommene Rundheit und ein durch und durch konsistentes Verhalten des Balles sorgen. Aufgrund der Testdaten für Jabulani können wir mit Bestimmtheit Blase (orange) Innenhülle (Polyester/ Baumwolle) sagen, dass dies der rundeste Ball ist, der je hergestellt wurde. Selbst bei geringerem Luftdruck behält er diese Form bei, dies im Gegensatz zu den konventionell hergestellten, handgenähten Bällen mit 32 Platten.“ „Das moderne, schnelle Spiel erfordert Bälle, die genauso präzis sind wie die Spieler.“ Hans-Peter Nürnberg, leitender Entwicklungsingenieur des adidasInnovationsteams Zu den weiteren technischen Finessen von Jabulani gehören die „Grip’n’Groove“Profilkreise, die sich um den Ball winden. Die in die Oberfläche integrierten Rillen sorgen für eine Struktur, die maximale Kontrolle und Präzision, ein stabiles Flugverhalten und perfekten Halt unter allen Bedingungen gewährleisten. „Wichtig für uns ist, dass wir die kleinen Unzulänglichkeiten früherer Bälle fortwährend ausmerzen“, betont Nürnberg weiter. „Das moderne, schnelle Spiel erfordert Bälle, die genauso präzis sind wie die Spieler.“ Inzwischen dürften sich die Topspieler weltweit an Jabulani gewöhnt haben, Luftrillen 3-D-Platte (Tripod) 3-D-Platte (Triangle) Luftrillen Interessantes Innenleben: ein Blick ins Innere von Jabulani. FIFA WORLD I AKTUELL 41 denn alle 32 WM-Finalisten haben zu Übungszwecken einen Satz Bälle erhalten. Gemäss Nürnberg fallen die Rückmeldungen fast unisono positiv aus – mit einer nicht ganz überraschenden Ausnahme. „Einige Torhüter scheinen sich noch etwas schwer zu tun oder haben uns gesagt, dass sie sich zuerst auf den neuen Ball einstellen müssen. Das ist nicht weiter verwunderlich. Die Feldspieler hingegen finden es gut, dass sie praktisch von überall und aus allen Lagen schiessen können. Die Torhüter sehen das natürlich anders, weil sie das Gefühl haben, der Ball komme schneller und mit höherer Energie auf sie zugeflogen. Auch wenn Jabulani die Feldspieler vielleicht etwas begünstigt, bleibt das Hauptkriterium, dass der Ball für beide Teams gleichermassen zuverlässig ist.“ Von Afrika inspiriert Ebenso augenfällig wie die technischen Eigenschaften ist die visuelle Gestaltung von Jabulani, die sich eng an die Traditionen der Gastgeber anlehnt. „Jeder einzelne Aspekt des Designs knüpft bei Südafrika an“, erläutert adidas-Chefdesignerin Janneke van Oorschot. „Als unser Team von Gestaltern erstmals ans Kap reiste, um dort Ideen zu sammeln, beeindruckte uns vor allem die Vielfalt der Sprachen und Kulturen, die in harmonischer Weise das moderne Südafrika bilden.“ „Dieses Konzept wollten wir in all unseren Produkten und natürlich auch im Spielball zum Ausdruck bringen“, bringt Van Oorschot die Philosophie ihres Teams auf den Punkt. „Angefangen haben wir mit den Hauptelementen, wie zum Beispiel der dreieckigen, abgerundeten Platte, die wir als Symbol der Einheit betrachten. Weitere Teile erinnern in ihrer Form an das SoccerCity-Stadion, in dem das Eröffnungs- und das Endspiel ausgetragen werden. Vielleicht am wichtigsten sind jedoch die visuellen Elemente mit den elf goldenen Linien, die zwischen den Platten verlaufen, und den elf Farben, die symbolisch für die elf Sprachen und Kulturen des Landes stehen.“ Die Schlüsselbotschaft liegt für Van Oorschot jedoch im Namen: „Jenseits von Design und Innovation steht Jabulani für Feiern, Farbe, positive Energie und positive Gefühle.“ 42 FIFA WORLD I JUNI/JULI 2010 FAMILIENTREFFEN: Telstar FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Mexiko 1970™ FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Deutschland 1974™ Telstar ist der Fussball, den jedes Kind nachzeichnen kann. Sein Name und sein revolutionäres Aussehen erinnern an die Kommunikationssatelliten, die kurz zuvor ins All geschossen wurden. Der Lederball aus 20 weissen Sechsund 12 schwarzen Fünfecken feierte bei der allerersten WM, die live – und schwarz-weiss – übertragen wurde, einen fulminanten Auftritt. 1974 in Deutschland erlebte der Telstar eine Neuauflage, sowohl im traditionellen Schwarz-Weiss als auch in strahlendem Weiss unter dem Namen „Chile“. Questra FIFA Fussball-Weltmeisterschaft USA 1994™ Der Questra, der die Raumfahrttechnologie, die Weltraumraketen und den Griff nach den Sternen symbolisierte, setzte wiederum Massstäbe. Der Ball wurde im Forschungszentrum von adidas in Frankreich hergestellt und von Profi-, Amateur- und Jugendspielern in Frankreich, Deutschland und den USA ausgiebig getestet. Als Weiterentwicklung des Tango bestand er aus fünf verschiedenen Materialien, ganz aussen aus ultramodernem, widerstandsfähigem und dennoch nachgiebigem Polyurethan. Dank der weichen Haut war der Questra einfacher zu kontrollieren und ging schneller vom Fuss. Tango FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Argentinien 1978™ Mit dem Tango wurde das Fussballdesign wiederum revolutioniert. Der Ball bestand aus 20 Teilen mit dreistreifigen Dreiecken oder kurz „Triaden“, die sich zu zwölf identischen weissen Kreisen zusammenfügten. Die Optik war so bestechend, dass auch die nächsten fünf offiziellen WM-Spielbälle nach diesem Muster entworfen wurden. Der WM-Ball von 1978 steht für Eleganz, Dynamik und Leidenschaft – wie der gleichnamige argentinische Tanz. Tricolore FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Frankreich 1998™ Mit dem Tricolore, dem letzten der Tango-Serie, gelangte 1998 erstmals ein farbiger Ball zum Einsatz. Der Name und das Design waren der Flagge und den Landesfarben von Gastgeber Frankreich nachempfunden. Der Hahn als Landes- und Verbandssymbol war ebenfalls zu erkennen. Der Ball war aus syntaktischem Schaum gefertigt, der aus hochfesten Gasbläschen, sogenannten Mikroballons, bestand. Dank dieser zusätzlichen Schicht war der Ball langlebiger. Weitere Merkmale waren ein explosiverer Rücksprung und eine bessere Spielbarkeit. BESUCH BEI JABULANIS VORFAHREN Tango España FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Spanien 1982™ Der Tango España orientierte sich weitgehend am klassischen Vorgängermodell, brachte aber eine wichtige technologische Neuerung. Zwar bestand der Ball noch immer weitgehend aus Leder, blieb dank seiner wasserabstossenden Polyurethanschicht aber auch bei Regen in Form und behielt sein Gewicht. Fevernova FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Korea/Japan 2002™ Nach Meinung der Experten war der Fevernova der präziseste Ball, den es je gegeben hatte. Er bestand aus einer verfeinerten Schicht aus Polyurethanschaum und einer dreilagigen Raschelware. Der Ball wies damit erstklassige Leistungsmerkmale auf und garantierte eine stets präzise, berechenbare Flugbahn. Optisch wich der Fevernova klar vom traditionellen Tango-Design von 1978 ab. Das farbenfrohe und revolutionäre Erscheinungsbild war asiatisch angehaucht. Die goldenen Elemente standen für die Energie der beiden Gastgeber, während die roten Flammen das Feuer als treibende Kraft symbolisierten. Azteca FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Mexiko 1986™ Der Azteca war der erste WM-Ball, der nicht mehr aus Leder, sondern vollständig aus synthetischen Materialien gefertigt war. Für damalige Verhältnisse war das revolutionär. Die einzelnen Schichten verliehen dem Ball mehr Stabilität und machten ihn vollständig wasserdicht. Dank seiner einzigartigen Eigenschaften, die insbesondere auch auf harten Unterlagen, in grosser Höhe und bei feuchten Verhältnissen zum Tragen kamen, bedeutete der Azteca in der Fussballentwicklung einen Quantensprung. Sein elegantes, sorgfältiges Design erinnerte an die Architektur und das Mauerwerk der Azteken. Etrusco Unico FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Italien 1990™ Ein etruskischer Löwe zierte die 20 Triaden des Etrusco, der die vollsynthetische Verarbeitung weiter perfektionierte. Bahnbrechend war die Innenschicht aus schwarzem Latex, die den Ball zu 100 % wasserfest, lebendiger und schneller als je zuvor machte. Der Name und die raffinierte Erscheinung waren eine Reverenz an die kolossale Geschichte des Landes und die hohe Kunst der Etrusker. Teamgeist FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006™ Der Teamgeist bestach durch seine neuartige Verarbeitung. Die 14 Einzelteile wurden so zusammengefügt, dass die Zahl der Berührungspunkte zwischen den Dreiecken um 60 % reduziert werden konnte. Der Ball wirkte damit weicher und runder und ermöglichte den Spielern mehr Präzision und eine bessere Ballkontrolle. Der Teamgeist war in Weiss und Schwarz, den traditionellen Farben der deutschen Nationalmannschaft, gehalten. Für den nötigen Glanz sorgte die goldene Farbe des FIFA WM-Pokals. FIFA WORLD I AKTUELL 43