fachmagazin der österreichischen e-wirtschaft

Transcription

fachmagazin der österreichischen e-wirtschaft
FEBRUAR 2014
P.b.b. Verlagspostamt 2340 Mödling · Zul.-Nr. GZ 02Z031249 M · Postnummer: 2
FA C H M A G A Z I N D E R Ö S T E R R E I C H I S C H E N E - W I R T S C H A F T
Oesterreichs Energie
Kongress 2014
24.–25. September 2014
Save the Date
für den Branchentreffpunkt des Jahres 2014. Hochkarätige
Referenten und Diskussionspartner aus dem In- und Ausland
werden Ihnen ihre Sicht auf die Herausforderungen der
E-Wirtschaft präsentieren und Handlungsoptionen darlegen.
Nutzen Sie dazu den Rahmen für einen intensiven Erfahrungsaustausch. Denn nirgendwo sonst kommen so viele hochkarätige
Branchenvertreter in Österreich zusammen!
24.–25. September 2014 , Messe Congress Graz
Tel +43 1 501 98-304 | Fax +43 1 501 98-902
www.energiekongress.at | akademie@oesterreichsenergie.at
Reservieren Sie sich
den Termin bereits heute –
wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!
Inhalt · Editorial
4 Europa sucht den Weg aus der Energiekrise
17 Der Aufstand der Gänse
Milan Frübauer über die Kunst der
Besteuerung, die Gans so zu rupfen, dass man
viel Federn bei wenig Geschrei erhält
18 Brennpunkt Europa
20 Energiewende – Hoffnung am Ende des
Regenbogens?
Die Sympathie für die Energiewende bröckelt
in Deutschland immer mehr, jetzt wird ein
breiter Energiekonsens angestrebt
Die EU will beim
Klimaschutz künftig
leiser treten, weil
überhöhte Förderungen und Egoismen
die Situation an den
Rand des Erträglichen gebracht
haben.
Seite 4
25 Smart in die Zukunft
Christof Zernatto postuliert, dass smarte
Lösungen breite Akzeptanz und keine
„Hauruck-Aktionen“ brauchen
28 Seltene Erden – geheime Zutaten zur
Energiewende
Seltene Erden stecken in fast jedem HightechProdukt und der Hunger der Industrie nach
ihnen ist groß
34 Strompreis – rauf, runter oder seitwärts
Erste Szenarien zeichnen vor, wohin es mit
dem Strompreis im heurigen Jahr geht
Foto: Fotolia.com
38 Neue Stromspotbörse in Wien eröffnet
Im europäischen Stromhandel schreitet die
Integration voran – in Wien wurde ein neues
Epex Spot-Büro eröffnet
44 „Die Zeit wird knapp“
Bei der Kelag-Konferenz „Erneuerbare Energie“
standen vor allem die Speicher im Mittelpunkt
der Diskussionen
49 Nichts bleibt, wie es war
Zukunftsforscher Andreas Reiter über das hoch
komplexe, instabile System, in dem die Störung
zum Normalfall wird
50 Hochspannungsprüftechnik nimmt an
Wichtigkeit zu
An der TU Graz wurde mit finanzieller
Unterstützung der E-Wirtschaft
im Nikola-Tesla-Labor eine neue
Wechselspannungsanlage eröffnet
54 Starke „Innovationsunion“ gefordert
Forschung im Elektrizitätssektor kann
niemals nur „Beipack“ sein, zeigte wieder
eine Veranstaltung von Oesterreichs Energie
Akademie
59 Standardisation Corner
Die Änderungen bei
der Ökostromförderung in Deutschland
machen es schwer,
Strompreisvorhersagen abzugeben.
Seite 34
Wendezeiten,
Denkzeiten
Die Mitteilung der EU-Kommission zur
Klima- und Energiepolitik bis 2030 ist ein
Signal für die Zukunft. Erstens, weil die
Kommission ein flexibles System vorschlägt, zweitens, weil sie bewusst Raum
für Diskussion gelassen hat, und drittens,
weil sie bescheidener geworden ist.
Energiekommissar Günther Oettinger
postulierte bei der Präsentation des
„Eurelectric Manifesto“ für eine ausgewogene und effizientere Energiepolitik in
Brüssel jenen direkten Zusammenhang
zwischen Energiekosten und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, den der
Welt-Vorreiter EU in der Klimapolitik
in den vergangenen Jahren nicht gerade
vor Augen hatte. Aktuell droht der EU die
Deindustrialisierung, während die USA
und die Schwellenländer in die andere
Richtung marschieren. Dienstleistung und
Finanzsektor sind wichtig, aber nicht als
Ersatz, sondern als Ergänzung zur Industrie, fand Oettinger. Wenn er sagt, Europa
brauche einen funktionierenden Markt für
Energie, kann man ihm nur zustimmen.
Die erneuerbaren Energien müssen in
diesen Markt integriert werden und wir
brauchen eine konsistente Energiepolitik
statt 28 nationaler Systeme. Es soll also
kräftig nachgedacht werden.
Oesterreichs Energie hat bereits im vergangenen Jahr Szenarien für die Zukunft
entwickelt; 2014 sollen darauf aufbauend
Strategien entwickelt werden. Als erstes
wollen wir uns in einem Trendforum am
18. März 2013 aber dem
Industriestandort widmen.
Eine wichtige Rolle in
diesem Heft findet auch
das Thema Stromhandel. Oesterreichs
Energie hat dazu
wichtige Handelsakteure befragt.
Ihre
60 Blitzlichter
62 Termine
63 Impressum
Februar 2014
Oesterreichs Energıe. · 3
Foto: Christian Fischer
Foto: Siemens
Mit dem Papier der EU-Kommission zur Klimaund Energiepolitik bis 2030 sucht Europa nun
seinen Weg aus der teilweise hausgemachten
Energiekrise
Foto: Fotolia.com
Coverstory
Europa sucht
aus der
4 · Oesterreichs Energıe.
Februar 2014
Coverstory
den Weg
Energiekrise
MIT DER IM JÄNNER
VORGELEGTEN MITTEILUNG
DER EU-KOMMISSION ZUR KLIMAUND ENERGIEPOLITIK BIS 2030, DIE
GLEICHZEITIG MIT DER EU-INITIATIVE
ZUR STÄRKUNG DES INDUSTRIESTANDORTS
PRÄSENTIERT WURDE, SUCHT EUROPA EINEN WEG
AUS DER TEILWEISE SELBSTGEMACHTEN ENERGIEKRISE.
VON ERNST BRANDSTETTER
Februar 2014
Oesterreichs Energıe. · 5
Coverstory
M
it einer guten Balance zwischen
Standort- und Klimapolitik und
mehr Flexibilität bei den Zielen
steigert Europa die Akzeptanz“, kommentierte Peter Layr, Präsident von Oesterreichs
Energie, das Konzept, das nun auf den Weg
durch die Institutionen geschickt wird.
Denn die EU will beim Klimaschutz künftig leiser treten, haben doch überzogene
Pläne, überhöhte Förderungen, Egoismen
und darauf folgende Wettbewerbsnachteile
die Situation an den Rand des Erträglichen
gebracht.
Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso erklärte bei der Präsentation, das neue
CO2-Ziel sei kostengünstig, und Energiekommissar Günther Oettinger verwies in seiner
Stellungnahme darauf, dass man so dafür
sorgen wolle, dass Strom für die Haushalte
leistbar bleibt. Und sogar Umweltkommissarin Connie Hedegaard, die bisher stets
Die Pläne der
Europäischen Union
■■ Bis 2030 soll der Kohlendioxidausstoß um 40 Prozent gegenüber dem Jahr
1990 verpflichtend abgesenkt werden.
■■ Für erneuerbare Energien soll es ein EU-weites Ziel von 27 Prozent geben,
aber keine nationalen Ziele mehr, wobei die Mitgliedstaaten ihren Beitrag
in nationalen Aktionsplänen festhalten sollen. Wer das CO2-Ziel beispielsweise mittels Ausbaus der Kernenergie erreichen will, hat es somit in
Zukunft einfacher.
■■ Je nach Ergebnis könnten die Erneuerbaren-Richtlinie überarbeitet und
bei einer allfälligen Lücke statt eines Ziels Maßnahmen beschlossen werden. Grundlage hierfür bilden Horizon 2020, Förderung der Infrastruktur,
jährliche Fortschrittsberichte und die Europäisierung der Fördersysteme
als wichtigste Grundlage im nächsten Jahrzehnt.
■■ Für Energieeffizienz wird kein konkretes Ziel genannt. Die nächsten
Schritte werden auf Basis der Ergebnisse der Evaluierung der Umsetzung
der Energieeffizienzrichtlinie Mitte 2014 erfolgen.
■■ Die Europäische Kommission möchte die Erreichung der 2030-Ziele durch
eine neue „Governance“ sicherstellen. Hierfür sollen die Mitgliedstaaten
Pläne für eine wettbewerbsorientierte, sichere und nachhaltige Energieversorgung vorbereiten. Ein iterativer Prozess zwischen der Europäischen
Kommission und den Mitgliedstaaten soll zu mehr Investitionssicherheit
und Transparenz führen.
■■ Dieses Paket wird von den Staats- und Regierungschefs beim Frühjahrsgipfel am 20. und 21. März behandelt. Aufgrund der äußerst heterogenen
Positionen der Mitgliedstaaten ist noch nicht mit konkreten Ergebnissen,
also dem Beschluss von Zielen, zu rechnen, eventuell könnte ein Fahrplan
festgelegt werden, wie bzw. wann man zu konkreten Zielen kommen sollte.
6 · Oesterreichs Energıe.
dem Klimaschutz höchste Priorität gegeben
hatte, bekannte sich ebenfalls zum neuen
Schlagwort Kosteneffizienz.
Kern der neuen Bescheidenheit ist wohl,
dass die schwierige Situation Europas in
Energie- und Wirtschaftsfragen nicht mehr
zu übersehen war und in Expertengespräche bereits als „europäische Energiekrise“
bezeichnet wurde. Die Datengrundlage
dazu hatte zuletzt die Internationale Energieagentur in ihrem Bericht 2013 dokumentiert.
EU verliert, USA gewinnt
Die EU, die derzeit am Weltmarkt für energieintensive Güter einen Anteil von 36 Prozent hat, könnte unter diesen Bedingungen
bis 2035 zehn Prozentpunkte verlieren, was
dem Verlust von Millionen Arbeitsplätzen
gleichkäme.
Dagegen gewinnen die USA, die derzeit bei
zehn Prozent liegen, einen Prozentpunkt
dazu, Japan verliert drei seiner sieben Prozent, China steigt von sieben auf zehn Prozent. Auch Indien und der Mittlere Osten
gehören zu den Profiteuren dieser Entwicklung. Aktuell kostet Gas in Europa das Dreifache des Preises in den USA und Strom ist
zumindest doppelt so teuer wie in den USA,
zeigt die Internationale Energieagentur
(IEA) auf.
Europa ist zudem bei Weitem nicht der
größte Energieverbraucher, sondern liegt
mit 1710 Mio. t Rohöläquivalent nur noch
knapp vor Indien (1504) und hinter den USA
(2240). Größter Verbraucher ist China mit
4060 Mio. t.
Deutschland skizziert
Wendereform
Die deutsche Koalitionsregierung von CDU/
CSU und SPD hatte im Jänner ihre Reformvorschläge für die Energiewende auf den
Weg gebracht. 2014 werden in Deutschland
demnach rund 23,5 Mrd. Euro an Vergütungen an Windkraft-, Solar- und Biogasanlagenbetreiber fließen, die Förderung
bereits errichteter Anlagen ist auf 20 Jahre
Februar 2014
Coverstory
garantiert. Also kann nur bei neuen Anlagen gekürzt werden: Die Vergütung je kWh
soll auf 12 Cent im Schnitt sinken. So soll
die Differenz zum am Markt für den Strom
erzielten Preis reduziert werden, denn diese
wird auf die Strompreise umgelegt.
Bisher liegt die durchschnittliche Vergütung
bei 17 Cent für alle seit 2000 angeschlossenen Anlagen, wobei durch bereits erfolgte
Kürzungen neue Anlagen 2013 im Schnitt
nur noch 12,7 Cent bekamen. Seit 2010 ist
die über den Strompreis zu zahlende Ökostromumlage von 2,0 auf 6,2 Cent je kWh
gestiegen. Ein Durchschnittshaushalt zahlt
damit statt 71 nun 220 Euro im Jahr.
Pro Jahr sollen künftig nur noch Anlagen
mit einer Leistung von 2500 MW (ca. 1000
Windräder) an Land gebaut werden. Wenn
es mehr wird, werden Vergütungen automatisch gekürzt. An windstarken Standorten soll um bis zu 20 Prozent gekürzt werden. Bei Windkraft im Meer sollen es statt
10.000 MW bis 2020 nur noch 6500 MW und
bis 2030 15.000 MW werden.
Um den Ausbau zu forcieren und um Jobs
zu retten, wird es bis 2017 eine Vergütung
über acht Jahre von 19 Cent geben, diese
Anfangsvergütung wird für Windparks, die
bis Ende 2019 ans Netz gehen, dann schrittweise auf 17 Cent gesenkt.
Industrierabatte werden
eingeschränkt
Bei Solaranlagen wird das Ziel von über
7500 MW auf 2500 MW im Jahr gesenkt –
allerdings gibt es hier schon das System
automatischer Kürzungen, wenn der Ausbaupfad überschritten wird. Bei Biomasse
wird nur noch ein jährlicher Zubau von
höchstens 100 MW angestrebt – durch Verwertung von Abfall- und Reststoffen. Künftig soll zudem die Eigenstromerzeugung
an der Ökostromumlage beteiligt werden.
Industrierabatte auf die EEG-Umlage sollen auf Drängen der EU-Kommission eingeschränkt werden.
Wind- und Solarparkbetreiber sollen sich
mehr dem Wettbewerb stellen und ihren
Februar 2014
Strom zu bestmöglichen Preisen verkaufen.
Anstelle von Festvergütungen sollen sie nur
noch einen Bonus (Marktprämie) bekommen. Dies soll 2015 für alle Neuanlagen ab
einer Leistung von 500 kW gelten, 2017 ab
100 kW.
Die deutsche Regierung hat zudem verabredet, „mittelfristig einen zweiten Markt für
das Vorhalten von Kapazität zu schaffen“.
Das bis 2017 befristete Notgesetz, wonach
die Abschaltung von Kohle- und Gaskraftwerken zur Vermeidung von Black-outs
gegen Entschädigungen untersagt werden
kann, könnte dabei durch ein Subventionssystem mit Boni für eine gesicherte Leistung abgelöst werden – womöglich nur für
CO2-ärmere Gaskraftwerke, um den Kohleboom zu bremsen.
Teure Erneuerbare
Bis 2035 erwartet die IEA im Energiesektor weltweit Investitionen von mehr als
17.000 Mrd. US-Dollar, von denen mehr als
40 Prozent auf Netzinvestitionen entfallen dürften. Im Erzeugungsbereich dagegen wird sichtbar, warum Strom in Europa
teurer wird als in den USA (wo man auf
unkonventionelle Gas- und Öllagerstätten
setzt) und in China – mit direkten Folgen
für Wirtschaftswachstum und Wohlstand.
Für Europa sieht die IEA einen Zuwachs
der Stromproduktion aus erneuerbaren
Energien bis 2035 von etwas weniger als
1800 TWh, wobei etwa die Hälfte auf Windkraft entfallen werden, 20 Prozent auf Fotovoltaik und mehr als ein Viertel auf andere
erneuerbare Energien, während Wasserkraft nur den verschwindend geringen Rest
ausmachen dürfte. Macht in Summe also
über 95 Prozent Stromproduktion, die Förderungen benötigt.
In China wird das Wachstum dagegen nicht
nur in Summe stärker sein, sondern auch
ein Viertel Wasserkraft enthalten, ein Viertel Wind und lediglich gut zehn Prozent
Fotovoltaik. Betrachtet man Indien, Lateinamerika, den südostasiatischen Raum und
Afrika gemeinsam, kommt die Wasserkraft
Info
Die EU, die derzeit am Weltmarkt für energieintensive
Güter einen Anteil von 36
Prozent hat, könnte bis 2035
zehn Prozentpunkte verlieren.
Dagegen gewinnen die USA,
die derzeit bei zehn Prozent
liegen, einen Prozentpunkt
dazu, Japan verliert drei
seiner sieben Prozent, China
steigert sich von sieben auf
zehn Prozent. Aktuell kostet
Gas in Europa das Dreifache
des Preises in den USA, Strom
ist zumindest doppelt so teuer
wie in den USA, zeigt die
Internationale Energieagentur (IEA) auf.
Oesterreichs Energıe. · 7
Coverstory
sogar auf mehr als die Hälfte des Erneuerbaren-Zuwachses.
Europa wirkt dagegen wie der sprichwörtliche „kranke Mann“. Die Industrieproduktion Europas ist inzwischen auf
15,1 Prozent Weltmarktanteil gefallen und
fernab von dem in Lissabon formulierten
20-Prozent-Ziel. Statt eines Binnenmarkts
bei Strom, der uns zu mehr Wohlstand ver-
Oesterreichs Energie: Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation der E-Wirtschaft im deutschsprachigen
Raum?
Wolfgang Anzengruber: Die aktuelle Situation in der
E-Wirtschaft stellt sich durchaus dramatisch dar. Das oberste
klimapolitische Ziel, die Reduktion der CO2-Emissionen, wurde
aus den Augen verloren. Statt dessen gibt es eine Fülle von
Zielen, eine Überbestimmung des Systems. Zu den Absurditäten
der Energiewende zählt, dass es jetzt zwar mehr erneuerbare
Anlagen im System gibt, aber gleichzeitig die CO2-Emissionen
steigen, in Deutschland ist die Stromproduktion aus Braunkohle
auf einem Rekordwert. Zudem ist die Stromversorgung aufgrund
der Netzbelastungen unsicherer geworden und der Strompreis
ist für den Privatkonsumenten schmerzlich gestiegen.
Oesterreichs Energie: Wie beeinflusst die aktuelle Situation
Ihr Unternehmen?
Wolfgang Anzengruber: Wir agieren in einem gemeinsamen
europäischen Energiemarkt und bekommen alle die Auswirkungen zu spüren: Wir leiden unter den niedrigen Strompreisen an den Großhandelsbörsen. Der Handel mit Verschmutzungszertifikaten funktioniert nicht – wie geplant – als Regulativ. Gaskraftwerke, obwohl topmodern und emissionsarm,
sind nicht wirtschaftlich zu betreiben. Selbst die Wasserkraft
gerät in diesem Umfeld unter Druck. Auch wir konzentrieren
uns auf die Fertigstellung von laufenden Bauprojekten, wie
zum Beispiel dem Pumpspeicherkraftwerk Reißeck II sowie auf
effizienzsteigernde Maßnahmen bei bestehenden Kraftwerken.
Oesterreichs Energie: Wie beurteilen Sie die geplante Wende
der Klima- und Energiepolitik hin zu mehr Flexibilität?
Wolfgang Anzengruber: Die EU-Kommission hat die Notwendigkeit zur Reform erkannt: Die neue Zielsetzung ist ein deutliches Zeichen für einen marktwirtschaftlichen Zugang, den Verbund immer gefordert hat. Mit der Verdopplung des CO2-Zieles
von – 20 auf – 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 verdeutlicht die Kommission, dass die Reduktion von CO2-Emissionen
oberstes gemeinsames Ziel ist. Wird dieses Ziel konsequent
verfolgt, erreicht man nahezu von selbst die weiteren Ziele wie
mehr erneuerbare Energien und mehr Energieeffizienz.
Da das neue Erneuerbaren-Ziel der Europäischen Kommission nur auf europäischer Ebene und nicht auf Länderebene
verbindlich festgelegt wurde, haben die Mitgliedstaaten ausreichend Flexibilität, um ihren Gegebenheiten entsprechend
Erneuerbaren-Ziele zu setzen. Wichtig dabei sind ein Monitoring des Erreichens der Zielvorgaben sowie die Abstimmung
der einzelnen Staaten mit den Nachbarländern. Die Energiewende kann nur gemeinsam gelingen.
8 · Oesterreichs Energıe.
helfen sollte, steigen durch Förderregimes,
Steuern und Abgaben die Preisunterschiede
zwischen den nationalen Märkten; das
ist Gift für die industrielle Entwicklung.
Europa hängt zudem noch immer in einer
überaus schwachen Konjunkturphase fest
– Grund genug für eine Neuorientierung
der Energiepolitik, ohne vom Pfad der CO2Reduktion abzugehen. Das bedeutet eine
Oesterreichs Energie: Was erwarten Sie auf dieser Basis für die
kommenden Jahre?
Wolfgang Anzengruber: Die aktuellen Entscheidungen sind definitiv
eine Kurskorrektur in die richtige
Richtung, aber es wird noch weitere, mutigere Schritte brauchen.
Verbund plädiert für den marktwirtschaftlichen Zugang: Wenn
die Verringerung der CO2-Abgase
unser oberstes Ziel ist, dann muss
die Verschmutzung ihren Preis
haben und emissionsarme Technologien werden sich im Wettbewerb
Dipl.-Ing. Wolfgang
durchsetzen. Förderungen sind
Anzengruber, Verbundwichtig, um Innovationen und
Vorstandsvorsitzender
Technologien anzukurbeln, aber
und Vizepräsident von
langfristige Output-Förderungen
Oesterreichs Energie
verzerren nur den Markt. Und auch
Foto: Verbund
die Energieversorger werden sich
mit neuen Angeboten und innovativen Produkten und Dienstleistungen am Markt bewähren müssen.
Oesterreichs Energie: Wie sehen Sie die Initiative zur Stärkung des Industriestandorts Europa?
Wolfgang Anzengruber: Europa muss zwei große Themen
gleichzeitig angehen: Die Lösungen für sichere, energieeffiziente
und leistbare Energieversorgung sowie das Thema Beschäftigung. Arbeitsplätze und Wohlstand lassen sich aber langfristig
nur mit einer gesunden wettbewerbsfähigen Industrie sichern.
Die Kommission strebt an, den Anteil der Industrie am europäischen Bruttoinlandsprodukt der EU von bisher fünfzehn auf
20 Prozent zu steigern. Wir müssen gemeinsam die Vision von
einem Europa als Vorreiter in einem neuen Industriezeitalter entwicklen, in dem alle, vor allem alle jungen Menschen Beschäftigung haben und in dem nachhaltig und emissionsarm wettbewerbsfähige Spitzentechnologie produziert wird.
Oesterreichs Energie: Was sind aus Ihrer Sicht in den kommenden Monaten bzw. Jahren die wichtigsten Aufgaben der
Energiewirtschaft?
Wolfgang Anzengruber: Die großen Herausforderungen der
Energiewende werden uns auch in den kommenden Monaten
und Jahren beschäftigen. Mit dem Ziel der Reduktion der CO2Emissionen – bei einer gleichzeitig sicheren und leistbaren
Energieversorgung – soll unser Branche bewusst auf Wachstum und Innovation setzen.
Februar 2014
Coverstory
stärkere Einbeziehung jener Sektoren, die
bisher wenig zur Treibhausgasreduktion
beitrugen, und eine Stärkung der E-Wirtschaft.
Europa braucht nämlich nicht nur einen
Umstieg in der Stromerzeugung, sondern
auch im Bereich der Netze. Ein E-Wirtschaftssektor, dem durch fehlgeleitete
Marktentwicklungen systematisch Erträge
entzogen werden, wird nämlich nicht in der
Lage sein, die enormen Investitionen zu tragen.
Erfolgreiche Emissionsreduktion
Die Ergebnisse der Treibhausgas-(THG-)
Inventur für 2012 belegen jedenfalls, dass
insbesondere Österreichs E-Wirtschaft
maßgeblich zur Reduktion der Emissionen des Treibhausgases CO2 beigetragen
hat. Laut Angaben des Umweltbundesamts wurd im Sektor Energieaufbringung
2012 mit 12,4 Mio. t Kohlendioxidäquivalent um ca. 10,1 Prozent weniger CO2 emittiert, das sind 1,4 Mio. t weniger als 2011.
Mit 157 g CO2 pro erzeugter kWh Strom ist
Österreich, das auf Atomkraft verzichtet,
nach Frankreich und Schweden aktuell das
Land mit den drittgeringsten CO2-Emissionen pro erzeugter kWh Strom in der EU. Seit
1990 ist die Inlandsstromproduktion um
39 Prozent gestiegen, die THG-Emissionen
aus der Energieaufbringung hingegen sind
um rund zehn Prozent gesunken.
Österreich verzeichnete einen Rückgang
beim Stromverbrauch; der Energieverbrauch liegt heute mehr als einem Prozent
unter dem Wert von 2008 und bei Strom
wurde gerade einmal das Niveau von 2008
wieder erreicht. Europaweit ist die Situation ähnlich, für 2013 gehen aktuelle Schätzungen von einem Gesamtminus im Energieverbrauch in Höhe von 0,7 Prozent aus.
Auch wenn das Wachstum der Wirtschaft
sich wieder verstärken sollte, ist aufgrund von Effizienzmaßnahmen höchstens
eine Stagnation des Energieverbrauchs zu
erwarten.
Geringe wirtschaftliche Aktivität hat
zudem in Kombination mit dem Ausbau der
erneuerbaren Energien zu einem Verfall der
Oesterreichs Energie: Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation der E-Wirtschaft im
deutschsprachigen Raum bzw. wie
beeinflusst die aktuelle Situation
Ihr Unternehmen und wie beurteilen Sie die geplante Wende der
Klima- und Energiepolitik hin zu
mehr Flexibilität?
Reinhard Brehmer: Derzeit gibt
es keinen wirklichen Erzeugungsmarkt mehr, sondern ein ÜberFördersystem für erneuerbare
Energien vor allem in Deutschland.
Windparks oder FotovoltaikanlaDipl.-Ing. Reinhard
gen können immer öfter nicht ohne
Brehmer, Wiener Netze
Netzverstärkungen angeschlossen
GmbH-Geschäftsführer
werden, was aber gewisse Vorund Sprecher Netze von
laufzeiten erfordert. Die GenehOesterreichs Energie
migungen, die notwendigen – oft
Foto: Wiener Netze GmbH
europaweiten – Ausschreibungen
und schlussendlich der Bau von Leitungen und Umspannwerken dauern deutlich länger als die Errichtung eines Windparks.
Unter anderem dadurch hängt der Netzausbau den Erfordernissen der erneuerbaren Einspeisung dramatisch nach. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass sich auch zukünftig Netzinvestitionen in den Netzgebühren nachhaltig widerspiegeln müssen.
Februar 2014
Das österreichische Netzregulierungssystem, das fünfzehn
Jahre lang Netztarife gesenkt hat, fand ab 1. Jänner 2014
für weitere fünf Jahre seine Fortsetzung mit ca. 2,5 Prozent
Abschlag pro Jahr.
Oesterreichs Energie: Was erwarten Sie auf dieser Basis für
die kommenden Jahre?
Reinhard Brehmer: Wir erhoffen und erwarten ein steigendes
Bewusstsein für die Netzinvestitionen. Die Investitionen in die
Verteilnetze waren und sind deutlich höher als in die Übertragungsnetze, und die Gesamtinvestitionen in die Stromnetze
wiederum etwas höher als in die Erzeugungsanlagen. Das gilt
weltweit und dem ist Rechnung zu tragen.
Oesterreichs Energie: Wie sehen Sie die Initiative zur Stärkung des Industriestandorts Europa?
Reinhard Brehmer: Die Stärkung des Industriestandortes
Europa sehe ich derzeit durch die Situation der Energiewirtschaft massiv gefährdet.
Oesterreichs Energie: Was sind aus Ihrer Sicht in den kommenden Monaten bzw. Jahren die wichtigsten Aufgaben der
Energiepolitik?
Reinhard Brehmer: Für zwei der wichtigsten Aufgaben der
Energiepolitik halte ich das Überdenken der derzeitigen Förderungspolitik und den Ausbau der Netze, der sich im Netzpreis
wiederspiegeln muss.
Oesterreichs Energıe. · 9
Coverstory
Zertifikatspreise geführt. 2007 kostete eine
Tonne CO2 noch 20 Euro, im August 2013
war man bei fünf Euro angelangt. Oesterreichs Energie geht dabei konform mit dem
im Rahmen von Eurelectric befürworteten
Ziel einer Senkung der CO2-Emissionen um
40 Prozent gegenüber 1990, insbesondere
wenn dies mit effizienten und ökonomisch
sinnvollen Rahmenbedingungen und Maßnahmen einhergeht. Oesterreichs EnergiePräsident Peter Layr: „Das 2030-Ziel ist
ambitioniert, kann aber erreicht werden.“
Wichtig sei jedoch, parallel zu den Umweltzielen auch die Wettbewerbsfähigkeit der
Industrie zu erhalten und den Stellenwert
der erneuerbaren Energien zu gewährleisten.
Dass es in Zukunft keine verbindlichen
nationalen Ziele für den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch mehr geben soll, sondern lediglich
ein EU-Ziel von 27 Prozent, wird aus Sicht
der E-Wirtschaft zielgenauere Investi­
tionen ermöglichen. Layr: „ Wir sehen darin
ein wichtiges Signal für Investitionen in
das europäische Energieversorgungssys-
Oesterreichs Energie: Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation der E-Wirtschaft im deutschsprachigen
Raum?
Wolfgang Dopf: Die EU und speziell Deutschland haben ambitionierte Klimaziele. Viele andere Länder nicht. Dieses Antreten
gegen globale Entwicklungen hat Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie.
Die begonnene Geschwindigkeit der Wende hat ein funktionierendes Energiesystem zerstört, jetzt ist man am Reparieren
und Korrigieren – hoffentlich auch mit der entsprechenden
Geschwindigkeit und Entschiedenheit.
Oesterreichs Energie: Wie beeinflusst die aktuelle Situation
Ihr Unternehmen?
Wolfgang Dopf: Der moderne, hocheffiziente Kraftwerkspark
wurde vom Ergebnisbringer zum „Pferdefuß“ des Unternehmens. Effizienz wird bestraft.
Oesterreichs Energie: Wie beurteilen Sie die geplante Wende
der Klima- und Energiepolitik hin zu mehr Flexibilität?
Wolfgang Dopf: Flexibilität ist grundsätzlich positiv zu beurteilen, weil sie zu Kosteneffizienz – die günstigste Technologie
für den jeweiligen Standort – führen kann. Nicht ausgeschlossen sind trotzdem nationale Alleingänge aus weniger rationalen Motiven.
10 · Oesterreichs Energıe.
tem und die Zielerreichung für ein ressourcenschonendes Europa 2050.“
Der rasant wachsende Ökostrom aus
Deutschland stellt nicht nur die österreichischen, sondern auch die französischen
Netzbetreiber vor immer größere Probleme.
Netzprobleme überall
„Die Leitungen unseres Landes werden
immer mehr belastet, in manchen Momenten sind sie nahe an der Sättigung“, warnte
etwa der Chef des Netzbetreibers RTE,
Dominique Maillard. An den Übergabepunkten der Elektrizitätsnetze sei das
Limit im vergangenen Jahr durchschnittlich an jedem zweiten Tag erreicht worden
und damit vier Mal so oft wie noch im Jahr
2009.
Hintergrund ist, dass der deutsche Ökostrom Einspeisevorrang in die Netze
genießt.
Der Ökostrom-Boom in Deutschland führte
demnach das zweite Jahr in Folge dazu,
dass Frankreich trotz seines Status als
größter Stromexporteur in Europa von
Deutschland unter dem Strich mehr Elek-
Oesterreichs Energie: Was erwarten Sie auf dieser Basis für die
kommenden Jahre?
Wolfgang Dopf: Ich erwarte erste
Schritte in die richtige Richtung.
Oesterreichs Energie: Wie sehen
Sie die Initiative zur Stärkung des
Industriestandorts Europa?
Wolfgang Dopf: Es wird schwierig
werden, wenn global ein derart
unterschiedlicher Zugang zur
empfundenen Erfordernis, auf Klimathemen zu reagieren, besteht.
Dipl.-Ing. Wolfgang Dopf,
Oesterreichs Energie: Was sind
Linz AG-Geschäftsführer
aus Ihrer Sicht in den kommenden
Foto: Linz AG
Monaten bzw. Jahren die wichtigsten Aufgaben der Energiepolitik?
Wolfgang Dopf: Eine der wichtigsten Aufgaben wird sein, dem
Dreieck der Energieziele Umweltfreundlichkeit, Leistbarkeit,
Versorgungssicherheit eine höhere Gewichtung zu geben – dies
würde mehr Bewusstsein für die Zusammenhänge des Gesamtsystems bringen. Es hilft nicht, billige, saubere Energie nicht
zu haben.
Februar 2014
Coverstory
trizität importierte als dorthin lieferte. So
kletterte der deutsche Stromexport-Überschuss mit Frankreich im vergangenen
Jahr auf 9,8 TWh (2012: 8,7 TWh). Mit allen
anderen Nachbarländern erzielte Frankreich dagegen einen Stromexport-Überschuss.
Insgesamt führten die französischen Energieversorger unter dem Strich 47,2 TWh aus.
Rund 73 Prozent des französischen Stroms
stammt dabei aus Atomkraftwerken.
Die unbegrenzte Einspeisung von gefördertem Strom aus erneuerbaren Energien,
vor allem in Deutschland, hat zu För-
Oesterreichs Energie: Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation der E-Wirtschaft im
deutschsprachigen Raum?
Ulrike Baumgartner-Gabitzer:
Die ökonomische Lage der
E-Wirtschaft ist derzeit zugespitzt.
Gerade in Deutschland sind die
großen Unternehmen der Branche
durch politische Entscheidungen
massiv in ihrem unternehmerischen Handeln irritiert geworden.
Denken wir zum Beispiel an das
Atomkraft-Moratorium der deutschen Bundesregierung nach dem
Dr. Ulrike BaumgartnerReaktorunglück in Fukushima.
Gabitzer, APGWas dann an Dynamik in unserer
Vorstandsvorsitzende
Branche passierte sucht seinesFoto: APG
gleichen.
Der Ausbau an erneuerbaren
Energien ist rasant gestiegen. Das Stromnetz muss strukturell
adaptiert und ausgebaut werden, der dringend notwendige
Netzausbau kann jedoch mit dem Ausbautempo der volatilen
Stromerzeugung nicht Schritt halten. Wichtige Regelkraftwerke
wie Gaskraftwerke, die zur Netzstabilisierung dringend benötigt werden, sind derzeit wirtschaftlich nicht mehr darstellbar
und fallen aus dem Markt.
Das ist einerseits aus energiewirtschaftlicher Sicht beunruhigend und andererseits spiegelt es die damit verbundene
wirtschaftliche Unsicherheit eines Unternehmens der Branche
wider. Leider sind in der Vergangenheit von politischer Seite
oftmals partikuläre Entscheidungen getroffen worden, die den
Blick aufs Ganze, nämlich ein auf Wettbewerb basierendes,
leistbares, sicheres, europäisches Energiesystem, verloren
haben.
Oesterreichs Energie: Wie beeinflusst die aktuelle Situation
Ihr Unternehmen?
Ulrike Baumgartner-Gabitzer: Die derzeitige energiewirtschaftliche Schieflage spüren wir als Übertragungsnetzbetreiber tagtäglich hautnah. Wir liegen im Herzen Europas und
haben damit nicht nur eine besondere Verantwortung bei der
Verwirklichung der europäischen Energiezukunft, sondern wir
nehmen auch die innereuropäischen Lastflüsse ganz besonders
wahr. Der sichere Netzbetrieb wird für uns immer anspruchsvoller.
Planbare Erzeugungskapazitäten werden von fluktuierenden
erneuerbaren Energieformen abgelöst. Bei wichtigen Regelkraftwerken, die zur Ausbalancierung des Systems notwendig
sind, kommt es zu einer Verknappung, und die Transportwege von elektrischer Energie werden immer länger, weil die
Erzeugungsstandorte von Windkraft und Fotovoltaik meist
weg von den Stromverbrauchszentren liegen. Wir benötigen
Februar 2014
dringend eine Netzverstärkung. Dabei geht aber nicht nur um
den Netzzubau. Das Wesentliche ist, dass wir Leitungen dort
verstärken müssen, wo es zunehmend neue erneuerbare Kraftwerksstandorte gibt, wie zum Beispiel im Osten Österreichs.
Die Windparks, die hier entstehen, müssen in das bestehende
Übertragungsnetz integriert werden. Umspannwerke müssen
ausgebaut und bestehende Leitungen verstärkt werden, indem
beispielsweise eine schwache 220-kV-Leitung durch eine
starke 380-kV-Leitung ersetzt wird.
Beispiel Salzburgleitung: Ohne diese sind wir nicht in der
Lage, die ungeplanten Erzeugungsmengen, wie sie bei Wind
anfallen, mit den Pumpspeichern auszugleichen. Und eines
dürfen wir auf unserer Agenda auch nicht vergessen: Die
Realisierung des einheitlichen europäischen Binnenmarktes ist
noch nicht abgeschlossen.
Oesterreichs Energie: Wie beurteilen Sie die geplante Wende
der Klima- und Energiepolitik hin zu mehr Flexibilität?
Ulrike Baumgartner-Gabitzer: Flexibilität ist grundsätzlich
zu begrüßen, denn sie stellt die Fähigkeit zur Selbstorganisation dar. Im Sinne eines vitalen europäischen Energiesystems muss aber den Partikularinteressen der Nationalstaaten
vorgebeugt und primär die integrale Sicht verfolgt werden. Wir
brauchen eine Klima- und Energiepolitik, die einen verzahnten
systemischen Ansatz im Fokus behält. Es darf zu keinen einseitigen Belastungen kommen. Elektrische Energie muss sicher
und leistbar zur Verfügung gestellt werden können. Das ist die
Basis für den österreichischen und den europäischen Lebensund Wirtschaftsstandort.
Oesterreichs Energie: Was sind aus Ihrer Sicht in den kommenden Monaten bzw. Jahren die wichtigsten Aufgaben der
Energiepolitik?
Ulrike Baumgartner-Gabitzer: Es klingt mittlerweile zwar
ein wenig abgedroschen, hat aber an Aktualität nichts verloren: Wir brauchen Stabilität – eine langfristig orientierte
Energiepolitik, die in der zeitlichen Dimension annähernd
den Investitionszyklen unserer Branche folgt. Der Markt muss
zugelassen werden und die richtigen Investitionssignale für
den intelligenten, gesamtheitlichen Umbau zu einer emissionsfreien Energieordnung aussenden.
Die Vergangenheit hat oftmals gezeigt, dass es „Kommunikationsstörungen“ beim Informationsaustausch zwischen Politik
und Wirtschaft gab. Da wurden oftmals globale politische Ziele
definiert, die die tatsächliche Umsetzbarkeit nur marginal in
Betracht gezogen haben. Wir stehen der Politik jederzeit mit
unserer Expertise und ehrlichen Antworten zur Verfügung. Wir
müssen uns alle an einen Tisch setzen und eine gemeinsame
Energiezukunft entwerfen, die einen ausgewogenen Blick auf
ein stabiles physikalisches System und einen intakten Wettbewerbsmarkt zulässt. Das ist wichtig für ein funktionsfähiges
Energiesystem und das ist von entscheidender Bedeutung für
die Energieversorgungssicherheit Europas.
Oesterreichs Energıe. · 11
Coverstory
derkosten von erwarteten 24 Mrd. Euro
2014 geführt (6,24 Cent/kWh und damit
mehr als der Arbeitspreis für Strom) und
den Energy-only-Strommarkt erheblich
gestört.
In Ländern, die hohe Erneuerbaren-Anteile
aufweisen, sanken die Einsatzzeiten der
Gaskraftwerke weit unter die Rentabilitätsschwelle. Die IEA geht von einer Profitabilitätsschwelle für Gaskraftwerke
von 57 Prozent des Jahres aus, also 4993
Oesterreichs Energie: Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation der E-Wirtschaft im deutschsprachigen
Raum?
Leo Windtner: 2013 war definitiv eines der schwierigsten
Jahre für die gesamte Energiebranche und hat alle Energieunternehmen voll getroffen. Grund dafür sind hauptsächlich die
Verwerfungen auf den Energiemärkten, insbesondere die Überförderung der neuen erneuerbaren Energien Sonne und Wind,
die konventionelle Erzeugungskapazitäten aus den Markt
drängen und dies begleitet von einem irrelevanten CO2-Preis.
Das ist eine geradezu latente Re-Regulierung und widerspricht
dem Gedanken vom freien Markt.
Oesterreichs Energie: Wie beeinflusst die aktuelle Situation
Ihr Unternehmen?
Leo Windtner: Wir befinden uns aktuell in einem Prozess der
Neuausrichtung. Auslöser dafür sind die schon erwähnten
Umbrüche auf den Energiemärkten. Nicht nur die Energie AG,
alle Unternehmen am Markt sind davon betroffen und müssen
sich teilweise neu aufstellen, neu orientieren und nach alternativen Geschäftsmodellen umsehen.
Oesterreichs Energie: Wie beurteilen Sie die Aussage der EUKommission hinsichtlich der geplanten Wende der Klima- und
Energiepolitik hin zu mehr Flexibilität?
Leo Windtner: In den Plänen der EU zur Klimapolitik von 2020
bis 2030 lässt sich Flexibilität meiner Meinung nach nicht
orten: Die Reduktionsziele für Treibhausgase wurden erhöht,
der Mindestanteil an erneuerbarer Energie ebenfalls. Meiner
Einschätzung nach wird man auch die Effizienzziele noch
diskutieren, wenn sich herausstellt, ob und wie die Effizienzrichtlinie gegriffen hat.
Der Bereich Energieeffizienz bleibt somit der einzige Bereich,
in dem Flexibilität aus österreichischer Sicht erzielt wird.
Andere Alternativen, sei es die Nutzung der Kernkraft und Carbon Capturing and Storage (CCS), hat Österreich als Möglichkeiten kategorisch ausgeschlossen. Wie weit andere Mitglied­
staaten derartige Optionen zur Zielerreichung für notwendig
und nützlich erachten, bleibt abzuwarten und kritisch zu
beobachten.
Oesterreichs Energie: Was erwarten Sie auf dieser Basis für
die kommenden Jahre?
Leo Windtner: Die ganze Branche wird sich noch stärker
darauf konzentrieren müssen, sich an die geänderten Bedin-
12 · Oesterreichs Energıe.
Betriebsstunden. In Deutschland steht
man derzeit bei 21 Prozent, in Spanien bei
elf Prozent und in Österreich bei dreizehn
bis 17 Prozent. Der Energie-Informationsdienst IHS (Information Handling Services)
schätzt, das europaweit 130.000 WM installierte Kapazität bei Gasturbinen, das sind
etwa 60 Prozent der gesamten installierten
Leistung, ihre Fixkosten nicht erwirtschaften und bis 2016 von Schließung bedroht
sind.
gungen anzupassen. Der Ausbau
der erneuerbaren Energien kann
eine Chance sein. Es liegt im Interesse der EU, weiter eine beschäftigungs- und energieintensive
Industrie in Europa zu haben. Das
bedeutet aber notwendigerweise
auch, dass die Anstrengungen zur
Steigerung der Energieeffizienz in
allen Bereichen weiter verstärkt
werden müssen, um in der Energie- und Klimapolitik erfolgreich
zu bleiben. Die Herausforderung,
Versorgungssicherheit bei günstigen Energiepreisen zu garantieren
und dennoch wettbewerbsfähig
zu bleiben, ist eine große, die die
Branche zukünftig weiter massiv
beschäftigen wird.
Dr. Leo Windtner, Energie
AG OberösterreichGeneraldirektor Foto: Energie AG
Oesterreichs Energie: Wie sehen Sie die Initiative zur Stärkung des Industriestandorts Europa?
Leo Windtner: Der Wirtschaftsstandort muss gestärkt werden,
denn derzeit werden in vielen Fällen gerade durch Energieabgaben und überbordende Vorschriften im Effizienz- und Emissionsbereich Betriebe eher vertrieben als angelockt. Europa
und Österreich brauchen auch eine starke, produzierende
Industrie und genau hier muss die richtige Balance gefunden
werden.
Oesterreichs Energie: Was sind aus Ihrer Sicht in den kommenden Monaten bzw. Jahren die wichtigsten Aufgaben der
Energiepolitik?
Leo Windtner: Die Frage der Energiezukunft kann meiner Meinung nach nur auf europäischer Ebene gelöst werden. Wenn
hier nicht rasch entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, die auch wichtige Ausgleichskraftwerke wie Gasund Dampfkraftwerke oder Pumpspeicherkraftwerke wieder
wirtschaftlich machen, ist die Versorgungssicherheit in Gefahr
und es droht nach der Finanzkrise eine Energiekrise.
In Österreich muss man sich die Frage stellen, wie viel ist
vom liberalisierten Markt übrig geblieben. Derzeit gibt es eine
geradezu totale „Re-Regulierung“, die unter dem Strich für die
Unternehmen der E-Wirtschaft enorme Kosten und damit für
die Kunden höhere Preise verursacht.
Februar 2014
Coverstory
Im Zuge der Diskussionen über die Probleme
an den Strommärkten entstand eine Auseinandersetzung über Förderungen. Für 2010
errechnete die IEA ein weltweites Volumen
der Verbrauchssubventionen von mindestens 409 Mrd. US-Dollar. Erneuerbare Energie wurde 2010 laut IEA mit 66 Mrd. Dollar
gefördert, andere Energieformen demnach
mit 343 Mrd. Dollar. Allerdings beschränkt
sich die IEA in der Schätzung von Subventionen auf Maßnahmen, die den Energiepreis
unter das Niveau senken, das auf einem
liberalisierten Markt erzielt würde.
Die IEA-Zahlen berücksichtigen somit nur
Maßnahmen, die den Verbraucherpreis senken, ignorieren aber insbesondere Preisverzerrungen zwischen den Energieträgern,
solange deren Preise nicht unter das Marktniveau gedrückt werden. Zudem wird das
Ergebnis der Untersuchung in seiner Aussagekraft entwertet, weil die Subventionsstaaten selbst keine freien Märkte darstellen. Iran, Saudi-Arabien, Russland, Indien
und China nehmen die ersten fünf Plätze
ein. In der Analyse der 37 größten „EnergieSubventionierer“ liegt kein westlicher Staat
unter den ersten 25.
Zu hinterfragen ist freilich auch die Definition von „Subventionen“ durch die IEA:
So können damit beispielsweise Besteuerungsdifferenzen (Diesel/Benzin) als Subvention dargestellt werden. Subventionierte Treibstoffe sind im Iran etwa eher
eine Folge der massiven Fehlsteuerung
der Planwirtschaft als Verzerrungen des
Marktgefüges, billige Treibstoffe in Ölförderländern können nicht als weltweite
Subventionstatbestände in einen Vergleich
eingebracht werden.
Subventions-Primus
Atomenergie
Eine wesentliche Rolle in der Diskussion spielt auch eine Studie im Auftrag
von Greenpeace. Demnach wurden in
Deutschland seit 1950 Steinkohle mit etwa
331 Mrd. Euro gefördert, Braunkohle mit
etwa 101 Mrd. Euro. Hinzu kämen externe
Kosten der Kohle sowie sonstige Förderungen, deren Subventionscharakter nicht
eindeutig belegt werden konnte oder für
die eine Quantifizierung nicht möglich
war. Darunter findet sich zum Beispiel der
„unvollständige Wettbewerb“ in der E-Wirt-
Oesterreichs Energie: Wie
­beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation der E-Wirtschaft im deutschsprachigen
Raum?
Hermann Egger: Die Situation ist
bedrohlich – wegen der aktuellen
Förderpolitik für neue Erneuerbare. Sie hat dazu geführt, dass
bestehende Erzeugungskapazitäten Gefahr laufen, zu „stranded
investments“ zu werden.
Oesterreichs Energie: Wie beeinflusst die aktuelle Situation Ihr
Unternehmen?
Hermann Egger: Der Einfluss ist
ganz massiv, weil die Strom-Großhandelspreise verfallen sind. Die stark geförderten regenerativen Energien setzen die klassischen Erzeugungskapazitäten
massiv unter Druck.
Dipl.-Ing. Dr. Hermann Egger,
Kelag-Vorstands­sprecher
Foto: Kelag
Oesterreichs Energie: Wie beurteilen Sie die geplante Wende
der Klima- und Energiepolitik hin zu mehr Flexibilität?
Februar 2014
Hermann Egger: Dies ist grundsätzlich positiv zu bewerten,
vorausgesetzt, dass die stark geförderten Regenerativen in
Zukunft auch einen Beitrag zur Stabilität und Verfügbarkeit
des Gesamtsystems leisten und Flexibilität tatsächlich einen
Wert haben wird.
Oesterreichs Energie: Was erwarten Sie auf dieser Basis für
die kommenden Jahre?
Hermann Egger: Wir erwarten ein Regelwerk, das Planbarkeit
über längere Zeiträume verlässlich zulässt.
Oesterreichs Energie: Wie sehen Sie die Initiative zur Stärkung des Industriestandorts Europa?
Hermann Egger: Diese Initiative beurteilen wir natürlich
positiv im Hinblick auf die globale Wettbewerbsfähigkeit des
Industriestandorts Europa.
Oesterreichs Energie: Was sind aus Ihrer Sicht in den kommenden Monaten bzw. Jahren die wichtigsten Aufgaben der
Energiepolitik?
Hermann Egger: Die Politik muss Bedingungen definieren, die
Planbarkeit schaffen und die dazu führen, dass die Lasten für
ein funktionierendes Energiegesamtsystem auf alle Teilnehmer
im Energiemarkt gerecht verteilt werden.
Oesterreichs Energıe. · 13
Coverstory
schaft, der in Vergangenheit geherrscht
habe und zu ungerechtfertigten Mehreinnahmen geführt habe. Braunkohle gilt laut
offiziellen Zahlen dagegen als subventionsfreier Energieträger. Auch für Kernkraftwerke gibt es eine Auflistung: Atomenergie
sei in Deutschland mit 131,8 Mrd. Euro
gefördert worden, heißt es weiter.
Im gesamten Zeitraum 1970–2010 wurde
laut Greenpeace erneuerbarer Strom mit
durchschnittlich 2,2 Ct/kWh gefördert.
Braunkohle profitierte demnach im selben
Zeitraum von staatlichen Förderungen von
Oesterreichs Energie: Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation der E-Wirtschaft im deutschsprachigen
Raum?
Susanna Zapreva: Die europäische E-Wirtschaft hat innerhalb von fünf Jahren 500 Mrd. Euro an Börsenkapitalisierung
eingebüßt. Damit, würde ich meinen, geht es der E- Wirtschaft
schlechter denn je. Dazu kommt noch die Fülle von Konflikten.
Energie soll für Haushalte günstig sein, die Industrie soll auch
nicht belastet werden, um nicht aus Europa auszuwandern.
Gleichzeitig werden in Europa durch die jetzige Energiepolitik
und Importabhängigkeit auch in Zukunft die höchsten Energiepreise weltweit erwartet. Und von den Unternehmen in der
E-Wirtschaft wird die Quadratur des Kreises verlangt.
Oesterreichs Energie: Wie beeinflusst die aktuelle Situation
Ihr Unternehmen?
Susanna Zapreva: Wie alle anderen sind auch wir sehr stark
betroffen. Investentscheidungen unter so unsicheren und
schwierigen Rahmenbedingungen zu treffen ist eine große
Herausforderung. Wir setzen aber weiterhin auf die Themen
Energieeffizienz und den Ausbau der Nutzung von erneuerbaren Energien. Wir versorgen unsere Kunden nicht nur mit
Strom, Gas und Fernwärme, sondern zunehmend mit allen
Dienstleistungen rund um das Thema Energie. Dabei ist uns
Effizienz und Nachhaltigkeit ganz wichtig.
Oesterreichs Energie: Wie beurteilen Sie die geplante Wende
der Klima- und Energiepolitik hin zu mehr Flexibilität?
Susanna Zapreva: Das CO2-Reduktionsziel beurteilen wir
grundsätzlich als gut. Auf die anderen zwei Ziele – Nutzung
von erneuerbaren Energien und Effizienz – zu verzichten,
könnte als mehr Flexibilität gesehen werden. Es kann aber
auch zu einer Renaissance der Atomstromproduktion führen,
was ich für problematisch halte. Gerade im Bereich der Energieeffizenz gäbe es noch so viel Potenzial. Ich glaube, dass hier
noch ein Nachschärfungsbedarf vorhanden ist, und ich hoffe
auch, dass dies erfolgt.
Oesterreichs Energie: Was erwarten Sie auf dieser Basis für
die kommenden Jahre?
14 · Oesterreichs Energıe.
umgerechnet 1,2 Ct/kWh und Steinkohle
von 3,2 Ct/kWh. Atomenergie weise mit
4,1 Ct/kWh den höchsten Förderwert auf,
heißt es in der Studie.
Weiters hat Greenpeace dann eine alternative Kostenrechnung aufgestellt, die
die „gesamtgesellschaftlichen Kosten“
der einzelnen Energieträger erfassen soll.
Neben dem Strompreis selbst werden die
Kosten der staatlichen Förderungen und
die „externen Kosten“ von Strom aus Atomenergie, Kohle und erneuerbaren Energien
aufsummiert. Im Ergebnis trägt die Gesell-
Susanna Zapreva: Ich erwarte
eine Reform des gesamten Marktmodells hin zu einem funktionierenden wettbewerbsorientierten
Markt. Allein die Reform der
Förderpolitik für erneuerbare
Produktion ist nicht ausreichend.
Es bedarf einer Reform aller
Förderungen. Damit sind aber
die Probleme nicht gelöst. Es ist
eine Reform des CO2-Marktes und
hier vor allem eine Regelung zur
Bereitstellung der Ersatzkapazitäten für volatile Energieproduktion
Dr. Susanna Zapreva, Wien
erforderlich. Erst wenn diese drei
Energie-Geschäftsführerin
Eckpunkte neu geregelt werden,
Foto: Wien Energie
kann eine Entspannung eintreten,
die es unsere Branche ermöglicht, weiterhin sicher, nachhaltig
und umweltschonend Energie bereitzustellen.
Oesterreichs Energie: Wie sehen Sie die Initiative zur
­Stärkung des Industriestandorts Europa?
Susanna Zapreva: Wesentlich sind die Beschäftigung und
Wertschöpfung vor Ort in Europa. Dazu leisten die Energieunternehmen einen sehr wesentlichen Beitrag, der gestärkt gehört.
Aber auch die anderen Industriezweige sind wichtig für Europa.
Um den Industriestandort Europa zu stärken, müssen viele
­Komponenten unseres Wirtschaftssystems geändert werden, so
zum Beispiel das Steuersystem oder die Kosten für Arbeit. Nur
über Energiekosten für die Industrie zu sprechen ist zu kurz
gegriffen.
Oesterreichs Energie: Was sind aus Ihrer Sicht in den kommenden Monaten bzw. Jahren die wichtigsten Aufgaben der
Energiepolitik?
Susanna Zapreva: Die Politik ist gefordert, Investitionssicherheit zu garantieren. Das erfordert ein stabiles Marktmodell mit
den drei Eckpfeilern CO2-Markt, Fördersystem und Kapazitätsregelung, das den gegebenen neuen Umständen Rechnung
trägt.
Februar 2014
Coverstory
schaft dann bei einer kWh Windstrom Kosten von 7,6 Cent und bei Wasserstrom von
6,5 Cent. Die Gesamtkosten für Strom aus
Braun- und Steinkohlekraftwerken summieren sich hingegen bei Greenpeace auf
12,1 Cent und für Atomkraft sogar auf
12,8 Cent je kWh.
Nicht internalisierte Kosten sind allerdings
keine Kosten, so lange sie nicht tatsächlich
realisiert werden, beispielsweise Kosten
des Klimawandels. Zudem enthält dieses
Greenpeace-Rechenmodell einen Umkehrschluss, da weder Kausalität noch Zuordnung der Kosten zu einzelnen Verursachergruppen geklärt sind und Wohlstandsgewinne nicht gegengerechnet werden. Auch
eine Zurechnung auf Basis der Emissionsanteile ist nicht sinnvoll, ansonsten müsste
man den normalen Kohlepreis schon als
Subvention bezeichnen.
Kritik am Kostenmodell
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Wahl des
Zeitrahmens. Es macht einen Unterschied,
ob Summen aufgrund jahrzehntelanger
Rahmenbedingungen zustande kommen,
oder ob aktuell Kosten explodieren. Im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
(EEG) wurden in Deutschland in den dreizehn Jahren seit seinem Inkrafttreten Förderungen im Ausmaß von 83,6 Mrd. Euro
ausgeschüttet. Das heißt, 64 Jahre Kohleförderung – selbst unter Einrechnung nicht
internalisierter Kosten – summierten sich
auf 432 Mrd. Euro oder 6,75 Mrd. pro Jahr.
Beim EEG kommt man auf einen Durchschnittswert von 6,4 Mrd. Euro pro Jahr.
Allerdings liegt man derzeit bei 20,3 Mrd.
Euro.
Peter Altmaier, Vorgänger von Sigmar Gabriel als deutscher Umweltminister, hat die
Gesamtkosten des EEG über die Laufzeit
der bisher geförderten Anlagen auf eine
Billion Euro beziffert, also das Zweieinhalbfache der gesamten Kohleförderung in
64 Jahren – selbst wenn man den überhöhten Ansatz von Greenpeace als Vergleichsbasis heranzieht.
Februar 2014
Wichtigstes Ziel der österreichischen
E-Wirtschaft für die kommenden Jahre ist
jedenfalls dezidiert die Absicherung einer
leistbaren, sicheren und wirtschaftlich
erfolgreichen Stromversorgung. Verantwortung dafür trägt primär die Energiepolitik, die eine Anpassung der Rahmenbedingungen vorzunehmen hat, unter denen die
Stromversorgung der Zukunft zu entwickeln ist. Das aktuelle Marktdesign muss
dringen reformiert werden.
Treib­hausgasreduktion,
Wettbewerb, sichere Versorgung und Strombinnenmarkt dürfen nicht
in Konkurrenz zueinander angestrebt werden,
sondern benötigen ein
förderndes Umfeld. Das
gilt auch für die Entwicklung neuer Geschäftsfelder. Europa droht sonst
zurückzufallen, während durch Schiefergas
und Öl neue globale Energiekonkurrenz
entsteht.
Wichtigstes Ziel der
E-Wirtschaft ist die
Absicherung einer
leistbaren, sicheren
und erfolgreichen
Stromversorgung.
Integrierter europäischer
Strommarkt
Vor dem Hintergrund der steigenden
Einspeisung erneuerbarer Energien wird
­
ein integrierter europäischer Strommarkt
immer wichtiger. Nach wie vor bestehen
keine ausreichenden Netzkapazitäten, die
anstehenden Investitionen für den Umbau
der Versorgung von bis zu einer Billiarde
Euro europaweit (Berechnung: Economist)
überfordern die Branche. Es fehlen zudem
ausreichende Investitions- und Preissignale.
Die ungünstigen Rahmenbedingungen auf
den Strommärkten wirken sich bereits auf
die Investitionstätigkeit der österreichischen E-Wirtschaft aus. Während zu Spitzenzeiten im Jahr 2009 noch über 800 Mio.
Euro an Investitionen in den heimischen
Kraftwerkspark geflossen sind, waren es
2012 rund ein Drittel weniger. Besonders im
Bereich der thermischen Kraftwerke zeigt
Oesterreichs Energıe. · 15
Coverstory
der Ausblick 2020 weiter sinkende Investitionsanreize. Ausreichend starke Investitionssignale für Kraftwerke und Speicher
sind aber notwendiger denn je, um in Zeiten
geringer Verfügbarkeit volatiler erneuerbarer Energien eine ausreichende Leistungsbereitstellung sicherzustellen.
Im Rahmen der Modernisierung des EUBeihilfenrechts hat die Generaldirektion
Wettbewerb der Europäischen Kommission einen Entwurf für neue „Leitlinien
für Umwelt- und Energiebeihilfen“ veröffentlicht, bei dem Energieinfrastruktur,
Kapazitätsmechanismen, CCS, handelbare Zertifikate und
Ausnahmen für energieintensive Industrien neu in
den Anwendungsbereich
aufgenommen werden.
Peter Layr, Präsident von Oesterreichs Energie
Beihilfen für die Fördeund EVN-Vorstandssprecher
rung von erneuerbaren
Energien sollen dabei
maximal für einen Zeitraum
von zehn Jahren genehmigt werden und
müssen anschließend renotifiziert werden.
Österreich ist in Bezug
auf die Energieeffizienz
bereits jetzt Vorbild für
Europa.
Zuschläge zum
Marktpreis möglich
Als ein möglicher Fördermechanismus werden Zuschläge zum Marktpreis („market
premium“) genannt. Einspeisevergütungen
sind nur noch für Technologien möglich, die
zum ersten Mal kommerziell genutzt werden, und für kleine Anlagen (unter ein MW,
bei Wind unter fünf MW bzw. unter drei
Erzeugungseinheiten).
Für Investitionsförderungen erneuerbarer
Energien gelten die allgemeinen Regeln des
Entwurfs, so etwa, dass je nach Unternehmensgröße maximal 45 bis 65 Prozent der
beihilfefähigen Zusatzkosten des Projekts
erstattet werden dürfen. Eine Erstattung
im Ausmaß von 100 Prozent ist nur möglich, wenn ein wettbewerblicher Ausschreibungsprozess durchgeführt wird.
Hinsichtlich der Förderung von Kraftwerkskapazitäten sollen die Mitgliedstaa16 · Oesterreichs Energıe.
ten unter Berücksichtigung von Markt- und
Technologieentwicklungen genau darlegen,
warum die Einführung eines Kapazitätsmechanismus notwendig erscheint. Die endgültigen neuen Leitlinien sollen zum 1. Juli
2014 in Kraft treten und bis Ende 2020 gelten.
Effizienzvorbild
Österreich
Bereits jetzt Vorbild für Europa ist Österreich in Bezug auf Energieeffizienz. Präsident Layr: „Die bestehenden europäischen
Zielvorgaben kann Österreich weitgehend
durch den Ausbau bzw. die Fortführung
politisch-strategischer Maßnahmen erfüllen.“ Ergänzend dazu kann durch Branchenverpflichtungen der Energieunternehmen und der energieverbrauchenden Unternehmen ein zusätzlicher Beitrag zur Energieeffizienz in diesen Sektoren geleistet und
damit die Zielerreichung Österreichs auf
Basis der Richtlinie Energieeffizienz unterstützt werden.
Damit zeigt sich schon heute aus wirtschaftlicher und technischer Sicht ein
praktikabler Weg, der die Potenziale für
­
Energieeffizienzmaßnahmen berücksichtigt
und auf bestehenden Instrumenten aufbaut.
Die EU-Richtlinie Energieeffizienz ist
jedenfalls bis 5. Juni 2014 in nationales
Recht umzusetzen. Das Regierungsprogramm sieht zum Thema Energieeffizienz vor, die EU-Energieeffizienzrichtlinie
umzusetzen und bis 2020 den Endenergieverbrauch bei 1100 PJ pro Jahr zu stabilisieren.
Das 1,5-Prozent-Energieeffizienzziel soll
durch bundesweit einheitliche gesetzliche
Regelungen, Anreize und Motivation, Weiterführung und Optimierung bestehender
Programme sowie verbindliche Branchenverpflichtungen auf gesetzlicher Basis – mit
laufendem Monitoring – für alle Energieträger erreicht werden. Das Ziel: 40 Prozent
dieser Maßnahmen sollen bei den Haushalten wirksam werden. n
Februar 2014
D
as Bonmot stammt aus Zeiten,
in denen Spitzensteuersätze von
50 oder gar mehr Prozent völlig
unbekannt waren. Und wären sie bekannt
gewesen, so wären die Herrschenden mit
Schimpf, Schande und Gewalt aus den
Palästen getrieben worden.
Jean Baptiste Colbert, seines Zeichens
Finanzminister unter Ludwig dem XIV.,
meinte dereinst zur stets aktuellen Steuerfrage: „Die Kunst der Besteuerung liegt
einfach darin, die Gans so zu rupfen, dass
man möglichst viel Federn bei möglichst
wenig Geschrei erhält.“
Nun, die Gänse beginnen gar jämmerlich zu schreien, gerade hierzulande. Im
vergangenen Jahr sind beispielsweise die
Lohnsteuereinnahmen des Bundes um
5,4 Prozent gestiegen, während der Realeinkommenszuwachs der unselbständig
Erwerbstätigen kaum einen Prozentpunkt
erreichte.
Der Spitzensteuersatz von 50 Prozent
Steuervermeidung bzw. der Steuerumgehung. Es bedurfte wohl kaum der nunmehr
ruchbar gewordenen „steuerschonenden
Strategien“ von Alice Schwarzer oder eines
der Sozialdemokratie angehörenden Berliner Senators, um den Steuerwiderstand
als gesamtgesellschaftliches Phänomen zu
orten.
Die Wechselwirkung zwischen der gesamtwirtschaftlichen Steuerquote und der
Steuerethik ist seit vielen Jahren bekannt.
Weder die in den westlichen Industriestaaten viel beschworene „fiscal correctness“ noch offensives Herausstreichen des
steuerehrlichen Gutmenschentums haben
an diesem Zusammenhang viel geändert.
Verhaltenspsychologen mit ökonomischem
Sensorium kennen die Gründe: Nicht eine
Zunahme der kriminellen Energie heizt den
Steuerwiderstand an, sondern dass wohl
genetisch bedingte Gefühl, dass ein Grenzsteuersatz von 50 Prozent konfiskatorische
Züge trägt. Zumal es ja stets der zusätzlich
Dkfm. Milan Frühbauer,
langjähriger Chefredakteur der
Wochenzeitschrift „industrie“,
Journalist und Universitätslektor
für Öffentlichkeitsarbeit
Der Aufstand der Gänse
greift mittlerweile schon bei besseren
Facharbeitereinkommen oder im mittleren
Angestelltenbereich mit einiger Leistungsbereitschaft. Der Einstiegssteuersatz wiederum ist die Hauptantriebsfeder dafür,
dass möglichst viele offiziell im unteren
Einkommenssegment – also steuerfrei bis
11.000 Euro jährlich – verharren möchten
und die „Differenz“ zu einem einigermaßen erträglichen Lebensstandard in der
belegfreien Wirtschaft suchen und meist
auch finden. Schon berufstätige Studenten
wissen mittlerweile mit der Professionalität von Steuerberatern, wie man den Einstiegssteuersatz von horrenden 36,5 Prozent für den ersten zu versteuernden Euro
möglichst lange vermeidet.
Bereits die Väter der Wiener Schule der
Nationalökonomie wussten, dass ein großer Teil des Wirtschaftens auf Psychologie
basiert und sie machten sich schon vor
150 Jahren wissenschaftliche Gedanken
zum Steuerwiderstand. Auch Schumpeter
und Co. war klar, dass kaum ein ökonomischer Tatbestand so viel kreative Energie
freisetzt wie die Suche nach Wegen der
Februar 2014
erwirtschaftete Euro ist, der im Regelfall
mehr Leistung, mehr Bildungsvorarbeit
oder Verzicht auf Freizeit bedeutet.
Das ist also der psychologische Frust der
Leistungsträger: Ab einer bestimmten
Engagementbereitschaft nimmt mir die
öffentliche Hand die Hälfte des Zusatzeinkommens. So einfach ist diese Formel, gegen die auch jede Argumentation
mit der Sechstel-Begünstigung (13. und
14. Monatsgehalt) oder dem Gewinnfreibetrag für Selbständige völlig wirkungslos
bleibt.
Deshalb gibt es in Österreich derzeit auch
eine massive Mehrheit gegen jedwede Steuererhöhung bzw. Steuerinnovation, auch
wenn diese nur ganz bestimmte Bevölkerungsschichten beträfe. Zu tief sitzen
Frust und Misstrauen gegen eine öffentliche Hand, die im Durchschnitt mehr als
48 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung für Steuern und Abgaben abverlangt.
Solange dieser Wert nicht sinkt, werden
hingegen die Präferenzwerte der Regierenden bei der Sonntagsfrage sinken. Auch
das ist ein kommunizierendes Gefäß.
Oesterreichs Energıe. · 17
Brennpunkt Europa
EU-Kommission präsentiert klima- und
energiepolitische Ziele für die Zeit bis 2030
DIE EU MÖCHTE EINEN GERINGEREN AUSSTOSS AN TREIBHAUSGASEN, EINEN HÖHEREN
ANTEIL AN ERNEUERBAREN ENERGIEN AM ENERGIEVERBRAUCH UND EINEN REFORMIERTEN
EMISSIONSHANDEL.
VON RALF PASTLEITNER
Die Reduzierung der Emissionen von
Treibhausgasen um 40 Prozent unter
den Stand von 1990, ein bindendes EUweites Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien von mindestens 27 Prozent, eine neu geregelte Governance
und die Weiterentwicklung des EUEmissionshandelssystems (EU-EHS)
– dies sind die Eckpfeiler des neuen
EU-Rahmens für die Klima- und Energiepolitik bis 2030, den die Europäische Kommission am 22. Jänner 2014
vorgestellt hat.
Der neue Klima- und Energierahmen
berücksichtigt die potenziellen Auswirkungen der Energiepreisentwicklung auf längere Sicht und soll so die
Fortschritte auf dem Weg zu einer
CO2-armen Wirtschaft und einem
wettbewerbsorientierten,
sicheren
Energiesystem
vorantreiben.
Die
EU-Kommission möchte erreichen,
dass allen Verbrauchern Energie zu
erschwinglichen Preisen zur Verfügung steht, dass die Sicherheit der
Energieversorgung der EU erhöht und
die Abhängigkeit von Energieimporten verringert wird und neue Chancen für Wachstum und Beschäftigung
geschaffen werden.
Hintergrund des Vorschlags ist die
langfristige Verpflichtung, bis 2050
Info
Ralf Pastleitner ist Leiter des Brüsseler
Büros von Oesterreichs Energie und berichtet in dieser Rubrik über die aktuellen
Themen aus der EU-Zentrale. Oesterreichs
Energie garantiert mit einem starken
Team und einer effizienten Branchenvertretung in Brüssel, dass die Stimme der
österreichischen E-Wirtschaft in der EU
gehört wird und Entscheidungen im Sinne
der Branche getroffen werden.
18 · Oesterreichs Energıe.
die
Treibhausgasemissionen
um
80 Prozent zu reduzieren, einen Beitrag zur Erreichung des Zwei-GradZiels zu leisten und die globalen
Klimaverhandlungen, die 2015 in
Paris ihre Fortsetzung finden werden,
erfolgreich abzuschließen.
Erneuerbaren-Ziel:
27 Prozent
Das 27-Prozent-Ziel sieht keine spezifischen nationalen Ziele vor, wobei die
Mitgliedstaaten jedoch ihren Beitrag
in nationalen Aktionsplänen festhalten sollen. Je nach Ergebnis könnten
die Erneuerbaren-Richtlinie überarbeitet und bei einer allfälligen Lücke
statt eines EU-weiten Ziels Maßnahmen beschlossen werden.
Zum Thema Energieeffizienz hat die
Kommission zunächst kein konkretes neues Ziel genannt. Die nächsten
Schritte werden allerdings auf Basis
der Ergebnisse der Evaluierung der
Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie wohl noch Mitte des Jahres 2014
erfolgen.
Die Europäische Kommission möchte
die Erreichung der 2030-Ziele durch
eine neue Governance sicherstellen.
Hierfür sollen die Mitgliedstaaten
Pläne für eine wettbewerbsorientierte, sichere und nachhaltige Energieversorgung vorbereiten. Ein enger
Abstimmungsprozess zwischen der
Europäischen Kommission und den
Mitgliedstaaten soll zu harmonisierten nationalen Plänen, mehr Investitionssicherheit und größerer Transparenz führen.
Das 2030-Paket wird von den Staatsund Regierungschefs beim Frühjahrsgipfel am 20. und 21. März 2014
behandelt. Aufgrund der derzeit
äußerst heterogenen Positionen der
Mitgliedstaaten ist dabei noch nicht
unbedingt mit konkreten Ergebnissen (Beschluss von Zielen) zu rechnen, sondern es wird möglicherweise
zunächst ein Fahrplan festgelegt, wie
bzw. bis wann man EU-weit zu konkreten Zielen kommen möchte.
Die Mitteilung über den Rahmen für
die Klima- und Energiepolitik bis 2030
wird von einem Bericht über Energiepreise und -kosten begleitet, in dem
die wichtigsten Preis- und Kostentreiber bewertet und die Preise in der
EU mit denen ihrer wichtigsten Handelspartner verglichen werden. Seit
2008 sind die Energiepreise in beinahe jedem Mitgliedstaat gestiegen,
dies vor allem aufgrund von Steuern
und Abgaben, aber auch wegen höherer Netzkosten. Der Vergleich mit den
internationalen Partnern verdeutlicht
ein wachsendes Preisgefälle, namentlich im Hinblick auf die Erdgaspreise
in den USA, das die Wettbewerbsfähigkeit Europas und vor allem der
energieintensiven Branchen untergraben könnte.
Reform des
EU-Emissionshandels
Die Kommission hat außerdem vorgeschlagen, zu Beginn des neuen EUEHS-Handelszeitraums im Jahr 2021
eine Marktstabilitätsreserve einzuführen. Die Reserve wäre auf den
in den letzten Jahren entstandenen
Überschuss an Emissionszertifikaten
gerichtet und würde gleichzeitig die
Resilienz des Systems gegen größere
Schocks stärken, indem sie das Angebot an zu versteigernden Zertifikaten
automatisch anpasst. Diese Marktstabilitätsreserve soll zusätzlich zu der
jüngst beschlossenen Verschiebung
der Versteigerung von 900 Mio. Zertifikaten auf 2019–2020 („Back-loading“)
eingerichtet werden.
Februar 2014
Politik
Das Land Salzburg startete Anfang Februar
ein Projekt zur Fotovoltaik-Speicherförderung. Mit dem bereitgestellten Budget von
200.000 Euro sollen 50 Anlagen gestützt
werden, erläuterte Energie-Landesrat Josef
Schwaiger. Das neue Förderprogramm soll
einen zusätzlichen Anreiz für den vermehrten Speichereinsatz schaffen und den
Energiespeichermarkt ankurbeln.
Vorzeigbare
Treibhausgasbilanz
Foto: Earthy Report
Im Vergleich zum Jahr 2011 sind die CO2Werte im Jahr 2012 in Österreich um
3,3 Prozent gesunken. Das geht aus der
aktuellen Treibhausgasbilanz hervor, die
von Umweltbundesamt und Lebensministerium vorgelegt wurde. 80,2 Mio. t Kohlendioxidäquivalent wurden 2012 ausgestoßen. Die Treibhausgasemissionen sind
damit um 2,7 Mio. t gesunken. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter sagte,
er wolle Österreich „zum Umwelt-Vorreiter
Europas machen“.
Berlin und Paris planen
Energiewende-Plattform
Deutschland und Frankreich haben in
ihrer Kooperation im Bereich erneuerbare
Energien eine Reihe konkreter Projekte
Februar 2014
vorbereitet. Wie der Geschäftsführer der
Deutschen Energie-Agentur (dena), Stephan
Kohler, sagte, werde möglicherweise ein
Projekt zu intelligenten Stromnetzen in der
deutsch-französischen Grenz­region vorgeschlagen. Dena soll auf deutscher Seite
die Kooperation federführend umsetzen,
für die Frankreichs Präsident ­François
­Hollande sogar die Gründung eines
gemeinsamen Großunternehmens vorgeschlagen hatte.
„Eurelectric Manifesto“
präsentiert
Die europäische Vereinigung der E-Wirtschaft (Eurelectric) hat in Brüssel ein
Manifest für eine ausgewogene und
effizientere Energiepolitik übergeben, das
aus Sicht von Oesterreichs Energie einen
Meilenstein darstellt. Es besteht aus drei
Teilen: Vorschläge für einen neuen Rahmen
der Energiemärkte, der Fehlentwicklungen
sowohl im Bereich der Förderungen als
auch bei Regulierungsfragen und Investitionssicherheit korrigiert, Vorschläge
zur Weiterentwicklung der europäischen
Elektrizitätsversorgung und Vorschläge
zur Dekarbonisierung der Stromversorgung. Barbara Schmidt, Generalsekretärin
von Oesterreichs Energie, unterstrich: „Das
Manifest ist deshalb so wichtig, weil sich
Europas E-Wirtschaft nach langen Diskussionen gemeinsam zu allgemein gültigen
Handelsprinzipien und zur Dekarbonisierung bekennt.“ Hier sei man viel weiter als
die Politik, sagte Schmidt.
Einen direkten Zusammenhang zwischen
Energiekosten und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft postulierte wiederum
Energiekommissar Günther Oettinger bei
der Präsentation des Manifestes: „Es gibt
einen Zusammenhang zwischen Energiepolitik, Preisen und Klimapolitik“, erklärte
er. Die von Schiefergas und -öl getragene
Energierevolution in den USA sei ein
„game changer“ und ändere die Situation
vollkommen.
Die Differenz bei den Energiekosten
müsse reduzieren werden. Weiters unterstrich er, dass es an Stelle der 28 nation­
alen Systeme wieder mehr Abstimmung
und Kosteneffizienz geben müsse.
­Oettinger: „Wir brauchen einen gesamteuropäischen Approach“.
Korrekturen
möglich
Der deutsche
Wirtschaftsminister
Sigmar
Gabriel hat
sich bei einer
Ökostromreform offen
für Korrekturen gezeigt. Er
sei bereit, „berechtigte
Interessen“ noch in sein
Konzept einzuarbeiten, erklärte Gabriel im
deutschen Bundesrat vor
einem Spitzentreffen mit
Ländervertretern. Diese
fürchten unter anderem
um ihre Windanlagen an
Land und um Biomasse­
standorte. Mehrere Länder
wehren sich auch gegen zu
starke Einschnitte bei der
Förderung von Windkraft
an Land. Torsten Albig,
Ministerpräsident von
Schleswig-Holstein, kritisierte etwa geplante feste
Ausbau- und Mengenziele.
Neue Impulse
durch neues
Design
Neue Impulse für die
kommenden Jahre sieht
Österreichs E-Wirtschaft
in der vorgelegten Mitteilung der EU-Kommission
zur Klima- und Energiepolitik bis 2030, die
Ende Jänner, gleichzeitig
mit der EU-Initiative zur
Stärkung des Industriestandortes, präsentiert
wurde. „Mit einer guten
Balance zwischen Standort- und Klimapolitik und
mehr Flexibilität bei den
Zielen steigert Europa
die Akzeptanz“, erklärte
Peter Layr, Präsident von
Oesterreichs Energie. Man
gehe mit dem, im Rahmen
von Eurelectric befürworteten Ziel einer Senkung
der CO2-Emissionen um
40 Prozent gegenüber
1990 – insbesondere wenn
diese mit effizienten und
ökonomisch sinnvollen
Rahmenbedingungen und
Maßnahmen einhergeht
– konform. Layr: „Das Ziel
ist ambitioniert, kann
aber erreicht werden.“
Oesterreichs Energıe. · 19
Foto: SPD
Foto: Architekturbüro Weiss
Salzburg startet
Fotovoltaikförderung
Politik
Energiewe
Hoffnung am Ende des
ALS VOR WENIGEN JAHREN DIE ENERGIEWENDE IN DEUTSCHLAND AUSGERUFEN WURDE,
STANDEN NOCH ALLE ZIEMLICH GESCHLOSSEN HINTER IHR. DOCH DIE SYMPATHIE BEGANN
ZU BRÖCKELN, JE HÖHER DER STROMPREIS STIEG. UND IN DER E-WIRTSCHAFT DOMINIERTE
IN DEN LETZTEN MONATEN ERST UNZUFRIEDENHEIT, DANN ÄRGER UND SCHLIESSLICH FAST
PURE VERZWEIFLUNG.
VON STEFAN MAY
N
ach Bildung der großen Regierungskoalition im Herbst 2013 war bei
der deutschen Energiewirtschaft
zuerst Hoffnung aufgekeimt. Der Blick in
den Koalitionsvertrag machte die Erwartungen auf einen großen Wurf im Energiebereich aber schnell wieder zunichte und
rief neue Verzagtheit hervor.
20 · Oesterreichs Energıe.
Nach der Wahl waren zwar alle zufrieden
gewesen, dass die Energieagenden nun
in einem Ressort gebündelt sein sollten,
einige aber hatten gemurrt, weil dies im
Wirtschafts- und nicht im Umweltministerium geschah. Dass Vizekanzler und Energieminister Sigmar Gabriel einen Grünen
als Staatssekretär berief, sollte hingegen
Februar 2014
Politik
nde
Foto: Fotolia.com
Regenbogens?
signalisieren, dass man in der neuen Regierung in Deutschland einen breit angelegten
Energiekonsens anstrebt.
Hauptthema: Energie
Bei der Handelsblatt-Jahrestagung, die
im Jänner zur gleichen Zeit wie die Regierungsklausur in Meseberg stattfand, war
das Drängen auf rasche Entscheidungen
unüberhörbar und auch wieder Aufbruchsstimmung zu spüren. Das lag unter anderem am Eckpunktepapier von Gabriel,
das er am Wochenende zuvor präsentiert
hatte und das wenige Tage später von der
Regierung abgesegnet wurde, nachdem das
Thema „Energie“ das erste große Thema der
Gespräche gewesen war.
Februar 2014
Die Handelsblatt-Tagung war denn auch
die erste Gelegenheit, wo Minister Gabriel
für sein Positionspapier werben konnte.
„Wir sind an der Grenze angekommen, was
wir unserer Volkswirtschaft zumuten können“, sagte er. Deshalb soll die Vergütung
für Ökostrom von derzeit durchschnittlich
17 auf zwölf Cent pro KWh gesenkt werden.
Da aber in bestehende Verträge nicht eingegriffen werden soll und diese auf 20 Jahre
abgeschlossen sind, gilt das nur für Neuverträge. Die Altschulden werden weiter
mitgetragen, weshalb auf eine Senkung
der Stromkosten in absehbarer Zeit nicht
gehofft werden darf. Der Minister kann
damit lediglich ein weiteres Ansteigen verhindern.
Info
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien will die
deutsche Bundesregierung
den bisherigen Wildwuchs
der Standorte beenden und
nur mehr produktive Standorte zulassen. Sowohl für die
Windkraft an Land als auch
für Sonnenenergie soll die
Grenze für neue Anlagen bei
2500 MW pro Jahr liegen, bei
Biomasse wird sie sogar bei
nur 100 MW gezogen.
Oesterreichs Energıe. · 21
Politik
Zudem soll der Ausbau der erneuerbaren
Energien auf produktive Standorte eingeschränkt und bisheriger Wildwuchs
beendet werden. Sowohl für die Windkraft
an Land als auch Sonnenenergie soll die
Grenze für neue Anlagen bei 2500 MW pro
Jahr liegen, bei Biomasse gar nur bei 100
MW. Sie sei die teuerste Erzeugungsform,
die sich in den letzten 20 Jahren nicht
habe preiswerter machen lassen. „Voraussetzung der Energiewende
ist, dass uns in der Welt
gefolgt wird, wenn wir
den Weg wirtschaftlich
erfolgreich beschreiten“,
sagte Gabriel, ganz Wirtschaftsminister. Andererseits: „300.000 neue Jobs
sind durch die erneuerbaSigmar Gabriel, deutscher Vizekanzler und Energieminister
ren Energien entstanden,
zehnmal so viel, wie in
der Kernenergie beschäftigt waren.“ Doch seien die
Herausforderungen von allen in der Politik
unterschätzt worden: „24 Mrd. Euro im Jahr
zu schultern ist etwas, wo man aufpassen
muss, dass man es nicht übertreibt“, sagte
er über die Erneuerbare-Energie-Gesetz
(EEG)-Vergütungen.
Der Ausbau der
Erneuerbaren soll auf
produktive Standorte
eingeschränkt werden.
„Wir haben eine totale Verunsicherung
von Wirtschaft und Verbraucher erreicht,
das ist vielleicht der schwerste Fehler der
vergangenen Jahre“, kritisierte der deutsche Vizekanzler. „Wir müssen auf eine für
zehn, 15 Jahre verlässliche Energiepolitik
zurückkommen.“ Das EEG sei ein hervorragendes Gesetz zur Entwicklung gewesen
und heute das vielleicht größte Hindernis
der Energiewende.
Start der Reform im Sommer
Mit August dieses Jahres soll es reformiert in Geltung gelangen. Als „zentral“
bezeichnete Gabriel den Ausbaukorridor
der Erneuerbaren: Bis 2025 sollen es 40
bis 45 Prozent sein, 2035 zwischen 55 und
60 Prozent.
Nach der EEG-Reform wolle sich die Regierung den konventionellen Kraftwerken und
dem Ausbau der Netzinfrastruktur widmen,
versprach der Energieminister. Bei den Grünen und selbst in seiner eigenen Partei, der
SPD, stieß Gabriel mit seinen Plänen bereits
auf Widerstand.
RWE-Chef Peter Terium, der sich grundsätzlich zu den Absichten des Energieministers bekannte und die HandelsblattTagung als „unsere traditionelle Wohlfühl-
Warnung vor dem „Ende der Fotovoltaik“
Klarere Aussagen habe man sich im Koalitionsvertrag
gewünscht. Das meinte Franzjosef Schafhausen, für die Energiewende zuständiger Unterabteilungsleiter im deutschen
Umweltministerium und damit eines seiner „Gründungsmitglieder“. „Am Text kann man ablesen, wo man sich gestritten
hat, dort sind nämlich die Aussagen nebulös“, sagt er bei der
ETP-Konferenz zum Thema „Fotovoltaik ohne ErneuerbareEnergie-Gesetz-(EEG-)Förderung“ in Berlin.
Für die Beamten wird es da schwer. Noch dazu, da die Vorgabe
lautet, dass bis Ostern 2014 die EEG-Reform vorliegen soll.
„Wenn alles nach Gesetz abläuft, müssten wir Ende Januar den
Entwurf vorlegen“, rechnet Schafhausen vor. Die „Beschimpfung des EEG“ scheine im Augenblick weit vorne zu stehen,
man habe den Eindruck, dass es der Hauptverursacher der
Probleme bei der Energiewende sei, doch gebe es andere
Gesetze, die geändert werden müssten: So müsse man sich
intensiv um Wärme und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) kümmern, drängt der Ministerialbeamte.
„Wir haben uns kräftig gewehrt“
Zudem enthalte der Koalitionsvertrag „eine gefährliche Passage“: Die erneuerbaren Energien sollten Grundlastfähigkeit
herstellen. Das klinge zwar unverfänglich, die Fotovoltaik­
anlagen müssten also Back-up-Leistungen zukaufen. Aber laut
Berechnung Schafhausens würde ein KW Leistung auf 60 Euro
im Jahr kommen, also sechs Cent pro kWh, die belastet würden. „Das hieße: das Ende der Fotovoltaik“, sagt Schafhausen.
„Wir haben uns kräftig gewehrt, aber es war nicht möglich, das
aus dem Text herauszubekommen. Das ist ein verkappter Kapa-
22 · Oesterreichs Energıe.
zitätsmarkt, den wir da haben.“ Auch an anderer Stelle opponiere sein Ministerium derzeit heftig, nämlich gegenüber den
Vorstellungen der EU-Kommission, betreffend: Ermittlung der
Vergütung durch den Markt, technologieoffene Ausschreibung
in allen Bereichen und Öffnung der EU-Grenzen für Bieter.
Rentabilität nimmt ab
Gleichfalls unzufrieden ist der Hauptgeschäftsführer im
Bundesverband Solarwirtschaft, Carsten Körnig: Er sieht „eine
Rückwärtsentwicklung und Glättung im Fotovoltaikzubau in
den letzten Monaten“. Die Rentabilität nehme sprunghaft ab,
ein weiterer Marktrückgang sei wahrscheinlich. „Zu schnelle
Fördereinschnitte lassen die Fotovoltaiknachfrage einbrechen“,
konstatiert Körnig.
Fotovoltaik decke heute fünf Prozent des deutschen Stromverbrauchs und könnte ihren Anteil am Strommix bis 2020 verdoppeln, weshalb der solare Energieverbrauch gefördert und
nicht verhindert werden solle, verlangt der Interessenvertreter
der Solarbranche.
Die Vertreter der Erneuerbaren finden die Regierungsübereinkunft nicht gut: Gemäß „gesetzlich festgelegtem Ausbaukorridor“ für Erneuerbare soll ihr Ausbau gedeckelt werden
auf 40 bis 45 Prozent im Jahre 2025 bzw. 55 bis 60 Prozent im
Jahr 2035. Sollte der Korridor politischer Rahmen werden und
Kohlekraftwerke den Rest der Versorgung übernehmen, fiele die
Energie- und Klimapolitik der nächsten vier Jahre hinter das
Niveau von „Vor-Fukushima-Zeiten“ zurück, fürchtet der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). Zudem fehlten konkrete
Maßnahmen für den Erneuerbaren-Ausbau im Wärmesektor.
Februar 2014
Politik
tagung“ bezeichnete, sagte: „Mir ist aber
nicht nach Wohlfühlen, ich fühle mich nämlich schon lange nicht mehr wohl. Die Lage
in der Energiewirtschaft ist miserabel. Wir
stecken in der schlimmsten Strukturkrise,
seit es Energieversorger gibt.“ Ohne Marktordnung funktioniere die Energiewende
nicht. Es sei nicht fair, mit dem EEG einige
Privilegierte zu unterstützten und unbeteiligte Dritte damit zu belasten: „So kann es
nicht weitergehen. Auf die Dauer hält der
Energiemarkt das nicht aus.“
„Eine Energiewende ohne Wettbewerbsfähigkeit wäre ein Desaster für die Welt“,
sagte auch E.ON-Vorstand Leonhard Birnbaum. Auf der Handelsblatt-Tagung sprach
er von einem weichenstellenden Jahr:
„Heuer fällt die Richtungsentscheidung, ob
wir die europäische Ebene erreichen. Die
große Koalition könnte einiges bewirken.“
E-Wirtschaft drängt auf Tempo
Birnbaum drängte auf Beschleunigung,
insbesondere was Gabriels Versprechen
anlangte, Überlegungen zu Kapazitätsmärkten anzustellen: „Wenn ich das erst
in zwei Jahren anfange, hat sich ein großer
Teil der Diskussion schon erledigt.“ Beim
Kapazitätsmarkt seien die Summen, über
die geredet werde, „um eine Dimension
kleiner im Vergleich mit den erneuerbaren
Energien“. Mit einem Kapazitätsmarkt ließe
sich aber kein Geschäft machen, auch mit
Kohle ließe sich keine „goldene Nase verdienen“. Und die Wasserkraft? „Der österreichische Verbund-Konzern verdient noch
Geld, denn die Anlagen sind abgeschrieben,
auch die Schweiz wird damit verdienen.
Aber Neuanlagen rechnen sich gar nicht.“
Doch auch Verbund-Vorstandsvorsitzender
Wolfgang Anzengruber hat sein Problem mit
der deutschen Energiewende und sprach
offen aus, was deutsche Kollegen vermutlich nicht so scharf formuliert hätten: „Die
Blutspur der Energiewende schlägt sich
auch in unseren Bilanzen nieder“, sagte er
und kritisierte ein „plötzliches Umschalten in einen planwirtschaftlichen Ansatz“
in Deutschland. In den Zielsetzungen der
Energiewende sei nichts erreicht worden.
Im grenzüberschreitenden Handel sei hingegen eine dramatische Entwicklung eingetreten: Die Aussetzung des Handels habe
sich da verzehnfacht, klagte er.
Während Anzengruber vor der Gefahr von
Renationalisierungsbestrebungen warnte,
Februar 2014
hatte Energieminister Gabriel der Europäischen Kommission vorgeworfen, die Energiewende zu instrumentalisieren, um die
einzelnen nationalen Energiepolitiken zu
europäisieren. „Unsere Politik darf nicht
durch Fehlentscheidungen aus Brüssel tangiert werden“, grollte der deutsche Energieminister.
Weniger nationale Eingriffe
Doch gerade das unterstrich der – dem Kongress aus Brüssel zugeschaltete – Energiekommissar Günther Oettinger, der zwar versicherte, Gabriels Vorschläge
„uneingeschränkt“
zu
unterstützen, dann aber
sagte: „Die EU will eine
Europäisierung der Energiepolitik, sie will weniger nationale Eingriffe.“
Nun müssten deutsche
Leonhard Birnbaum, E.ON-Vorstand
Industrieunternehmen,
die derzeit Ermäßigungen
erhalten, überprüft werden:
„Der eine hat dreizehn, der andere 16 Prozent des Stromverbrauchs“, sagte Oettinger.
„Der eine erhält Befreiung, der andere nicht,
das könnte Wettbewerbsverzerrung sein.“
Eine Energiewende ohne
Wettbewerbsfähigkeit
wäre ein Desaster.
An erster Stelle: Klimaschutz
„Die Energiewende ist Klimaschutz, nicht bloß reiner Technologiewechsel“,
sagte Ludwig Möhring, Geschäftsführer des Gashandelsunternehmens Wingas bei der 19. Euroforum-Jahrestagung „Erdgas“ in Berlin. Die Beziehung zu
ernsthaftem Klimaschutz könne nur mit Gas hergestellt werden. Allerdings
sei im zweiten Jahr in Folge ein Anstieg der Kohleverstromung festzustellen. „Wir werden, wenn wir so weitermachen, unser Klimaziel bis 2020 im
Wärme-, Strom- und Verkehrsmarkt grandios verfehlen“, sagte Möhring.
Die Energiewende habe zu Verwerfungen geführt, die für das Erdgas sehr
gefährlich geworden seien, fügte der Manager hinzu.
„Gas wird gerade noch geduldet“
Anders als im Rest der Welt, wo versucht werde, mittels Gas die Klimaprobleme in den Griff zu bekommen, habe man in Deutschland den Eindruck, „Gas
wird gerade noch geduldet.“ Dabei werde man an traditionellen Energieträgern, angesichts eines weltweit massiv steigenden Energieverbrauchs, nicht
vorbeikommen. Zumal man wegen deren hohen „Vergiftungsgrads aus der
Kohle raus“ müsse.
Dem stimmte der Vorstandsvorsitzende der Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber, Ralph Bahke, zu: „Wir haben einen Koalitionsvertrag, der uns
ein Stück weit aus der Energiewende ausschließt“, sagte er. „Dass wir als
fossile Dinosaurier gemeinsam mit Kohle in die Ecke gestellt werden, ärgert
natürlich.“ Durch den Anstieg der Kohleverstromung nach dem Verfall der
CO2-Zertifikate seien die Strompreise gesunken und Gaskraftwerke unwirtschaftlich geworden. „Das ist das Ende auch von existierenden Kraftwerken“,
klagte Ludwig Möhring. „Wir sitzen zusammen und sind ratlos.“
Um laut Koalitionsvertrag 40 Prozent weniger CO2 bis 2020 zu erhalten,
müsste zwecks Einsparung der Wärmemarkt angegangen werden, insbesondere die privaten Haushalte. Im Koalitionsvertrag sei aber nicht auf Technologieoffenheit, sondern nur auf die Erneuerbaren abgestellt worden, sagte
Möhring. „Wir brauchen für die Energiewende Erfolge.“ In der Bevölkerung
sei das Herz dafür zwar noch vorhanden, der Verstand beginne zu zweifeln.
Oesterreichs Energıe. · 23
Politik
Stephan Kohler, Vorsitzender der
Geschäftsführung der Deutschen
Netzagentur (mit Moderatorin Nina
Ruge), vermisste beim dena-Kongress
den großen Wurf für das ErneuerbareEnergien-Gesetz.
Foto: May
Der Wegfall der Entlastungen würde zum
sofortigen Wegfall von tausenden Arbeitsplätzen führen, warnte demgegenüber der
Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo. Er verglich die Aufgaben der großen Koalition
im Energiebereich mit dem Apollo-Raumfahrtprogramm der USA und mahnte zur
Eile: „Bei der energieintensiven Industrie
beginnt ein schleichender Abwanderungsprozess. Wir verzehren unsere Substanz.“
Sie gehöre aber „zur wirtschaftlichen DNA
dieses Landes“.
Als Grillo forderte, deshalb die erneuerbaren Energien dem Markt auszusetzen,
erhielt er Unterstützung vom Präsidenten
des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt:
„Probleme haben wir, weil wir die Erneuerbaren aus dem Markt herausgenommen
haben“, sagte er. „Wir haben auch noch Vergütungssätze, die abenteuerlich sind. Das
EEG wimmelt vor Paradoxien, weil dort
null Markt ist“, sagte Mundt. ■
■
„Anschlusszwang und Abnahmeverpflichtung
sind nicht smart“
Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Netzagentur dena, ist enttäuscht. „Nicht Fisch und nicht
Fleisch“ sei es, was die neue Regierung da geplant habe, klagt
er beim dena-Energieeffizienzkongress. Bei einer so großen
politischen Mehrheit hätte ein größerer Wurf für das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) herauskommen müssen.
Beim Smart Grid bestehe dringender Handlungsbedarf, sagt er.
„Wir müssen das EEG grundlegend ändern, denn Anschlusszwang und Abnahmeverpflichtung sind nicht smart, ich halte
das für relativ dumm.“
EEG braucht Systemwechsel
Das EEG sei in den letzten dreizehn Jahren gut gewesen,
nun bedürfe es eines Systemwechsels. Viel zu wenig habe die
Regierung in ihrem Koalitionsvertrag zur Energieeffizienz
gesagt, der europäische Energiemarkt komme gar nicht vor.
Dabei werde man europäisch abgestimmte Kapazitätsmärkte
brauchen, sagt Kohler.
Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, hingegen hält die Einführung von Kapazitätsmärkten für einen „mas-
24 · Oesterreichs Energıe.
siven Eingriff, verführt und riskant“. Der Energy-only-Markt
müsse weiterentwickelt, dann mikroinvasiv eingegriffen werden, erst in einem dritten Schritt dürfe die Frage nach Kapazitätsmärkten gestellt werden. Bei Deutschland handle es sich in
der Energiepolitik um „einen sehr kranken Patienten“. Im EEG
seien 4000 verschiedene Fördersätze eingebaut, „das macht uns
so schnell keiner nach“, sagt Mundt. „Die Politiker sind sehr gut
im Ziele setzen, die dann andere erreichen sollen.“
Aus Sicht der Maschinenbauer ist es aber nicht möglich, auf
dem Energy-only-Markt erneuerbare Energien zu integrieren. „Er kann nur ergänzt werden“, meint Thorsten Herdan,
Sprecher im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau
(VDMA). „Das Damoklesschwert der Beihilfen hängt nicht nur
über uns, es wird auch abgeschnitten“, warnt Herdan. „Gnade
uns Gott, wenn wir in aller Hektik ein EEG bis Ostern entwickeln, und es ist nicht europakonform.“
Ewald Woste, Vorstandsvorsitzender des Stadtwerke-Verbunds
Thüga, hingegen spricht sich für einen europäischen Markt aus,
„aber er wird uns in dunkler Flaute nicht helfen, denn dann ist
es auch für polnische oder französische Erneuerbare Nacht.“
Februar 2014
B
is 2019 müssen 95 Prozent aller
österreichischen Haushalte mit
digitalen Stromzählern, also Smart
Meters, ausgestattet sein. Das schreibt
das ElWOG vor, eine Verordnung regelt
weitere Umstände. Für die rund fünf
Mio. Zählpunkte in Österreich wird das
nach Ansicht der E-Control zwischen
800 Mio. Euro und 1,1 Mrd. Euro kosten;
die E-Wirtschaft rechnet mit bis zu zwei
Mrd. Euro. Ein Smart Meter selbst kostet
rund 100 Euro.
Der Rest der Kosten entfällt auf Vernetzung, Installation und die notwendigen
Informationstechnologien – von Servern
über Programme bis hin zu Übertragungs-
aber wohl eine missverstandene Interpretation einer Versuchsanordnung mit sehr
eingeschränkter Aussagekraft, Zweiteres
ist wohl möglich, aber nicht besonders
spannend.
Fest steht: Die smarte Zukunft hat einige
Haken und Ösen, die noch nicht richtig
sitzen. Welche Daten und wie viele werden
beispielsweise benötigt? Was muss ein
Zähler wirklich können? Braucht Österreich wirklich frühzeitig Zähler, während
große Länder noch nicht festgelegt haben,
wie ihre Zähler ausgestattet sein sollen?
Wäre es nicht besser, ein System zu nehmen, das international in großen Stückzahlen installiert wird, um an billigere
Dr. Christof Zernatto, Sprecher
des Forums Versorgungssicherheit
Smart in die Zukunft
systemen und den Betrieb dieser Systeme.
Die Einsparungen, die sich daraus ergeben
können, weil Stromkunden Verbrauch auf
Zeiten verschieben können, in denen Strom
günstig ist, werden von der E-Control mit
3,5 Prozent angegeben.
Das wären bei einem Durchschnittshaushalt vielleicht ein paar Euro monatlich
und würde gerade ausreichen, um die
hiesigen Ökostromzuschläge zu kompensieren. Sicher ist das aber nicht, das zeigen
Vergleichsstudien aus anderen Ländern.
Auch die Netzgesellschaften sparen sich
– im Vergleich zu den Aufwendungen und
Kosten – praktisch nichts.
Die Netzbetreiber erhalten mit den Smart
Meters die Chance, ihre Netze besser zu
steuern und tagesaktuelle Rechnungen
zu legen, die Stromvertriebe können neue
Produkte anbieten, die Anreize enthalten,
die nachgefragte Leistung an die Lastsituation im Netz anzupassen. Angeblich
kann man via Smart Meter auch ausspionieren, welches Fernsehprogramm der
Kunde gerade schaut, oder wann jemand
in der Wohnung anwesend ist. Ersteres ist
Februar 2014
Geräte zu kommen? Soll man wirklich die
Fernabschaltung ermöglichen, oder ist die
Hacker-Gefahr doch zu groß? Wie werden
die Datenschutzmaßnahmen geregelt und
abgesichert? Wie werden die Kosten der
Umstellung im Rahmen der Netzfinanzierung geregelt?
Viele Fragen sind also offen, und je näher
die Umsetzung rückt, desto akzentuierter
wird die Diskussion.
Jedoch ist auch klar, dass an den smarten
Zählern kein Weg vorbeiführt. Über kurz
oder lang werden die alten analogen Zähler nicht mehr produziert werden. Mittelfristig wird auch der Bedarf an smarten
Verteilnetzlösungen steigen, wenn die
Zahl der installierten Fotovoltaikanlagen
weiter steigt. Langfristig wird schließlich noch das Thema „Speicher im Netz“
virulent.
Das alles sollte man – wenn man smart ist
– mitbedenken. Smarte Lösungen brauchen
Akzeptanz und keine „Hauruck-Aktionen“,
denn es geht auch darum, gemeinsam mit
den Stromkunden eine sichere Stromversorgung der Zukunft zu gestalten.
Das Forum Versorgungssicherheit
ist ein gemeinnütziger Verein.
Es setzt sich für die langfristige
Sicherung und Erhaltung der hohen
Qualitätsstandards der österreichischen Energie- und Wasserversorgung ein. Es wird bereits von über
220 bedeutenden Persönlichkeiten
aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Sport getragen.
Oesterreichs Energıe. · 25
Wirtschaft
EVN beendet
Aktienrückkauf
vorzeitig
Die EVN hat ein Aktienrückkaufprogramm
vorzeitig beendet. Der
Gesamtwert der rückerworbenen Aktien betrug
17,58 Mio. Euro. Zwischen
6. Juni 2012 und 15. Jänner 2014 wurden über die
Wiener Börse insgesamt
1.640.030 Stückaktien zu
einem Durchschnittspreis
von 10,72 Euro zurückgekauft. Der niedrigste Preis
betrug dabei 9,42 Euro, der
höchste Preis 12,49 Euro.
In einer EVN-Hauptversammlung wurde eine
Ermächtigung zum Rückerwerb eigener Aktien im
Ausmaß von höchstens
zehn Prozent des Grundkapitals beschlossen.
26 · Oesterreichs Energıe.
Hamburg kauft
Vattenfall-Stromnetz
Strommarkt wächst
enger zusammen
Der europäische Strommarkt wächst enger
zusammen. Wie die Europäische Kommission mitteilte, ist ein Verbund von Strombörsen und Netzbetreibern aus Deutschland und dreizehn anderen EU-Staaten in
Nordwesteuropa mit einem Pilotprojekt
für mehr Wettbewerb gestartet worden.
Foto: Wechseljetzt
Foto: EU
Die Verbund AG plant ein 600 Mio. Euro
schweres Projekt im Tiroler Zillertal. Dabei
soll das Wasserkraftwerk in Mayrhofen
über einen 27 km langen Stollen mit dem
Inn verbunden werden, hieß es in einem
Bericht der Tiroler Tageszeitung. Der Stollen soll sich zunächst tief im Felsgestein
bis zur Gemeinde Rotholz erstrecken und
anschließend mit dem Inn verbunden werden. Auf 640 m Seehöhe würde der Stollen
rund einen km im Berginneren talauswärts
führen, zitierte die Tageszeitung Projektleiter Marco Fiegl.
Derzeit mündet das Wasser unter anderem über zwei Kraftwerke in den Stillupspeichersee und gelangt von dort via
Mayrhofner Kraftwerk in den Ziller, einem
Nebenfluss des Inn. Sollte das Projekt
Wirklichkeit werden, würde das Wasser
stattdessen im Stollen und weiterführend
im Inn landen. In Rotholz sei zudem ein
Krafthaus mit Pumpturbinen geplant.
Dadurch würde das Wasser retour
gepumpt und somit gespeichert. So könnte
man die bisherige Stromerzeugung der
Kraftwerksgruppe Zillertal um zehn Prozent steigern, erklärte Werksgruppenleiter
Heinz Nyvelt.
In weniger
als acht
Jahren
wird nach
Ansicht von
EU-Energiekommissar
Günther
Oettinger
erstmals Gas aus Vorkommen im östlichen Mittelmeer in die EU geliefert
werden. „Ich bin sicher,
vor 2022 wird das erste
Gas in die EU fließen“,
sagte Oettinger auf einer
Münchner Sicherheitskonferenz. Im Frühjahr solle
die Entscheidung fallen,
auf welchem Weg das Gas
aus dem Mittelmeer transportiert werden solle –
durch Pipelines oder etwa
durch Flüssiggasterminals
auf Zypern.
In den vergangenen
Jahren waren im östlichen Mittelmeer zwischen
Zypern, der Türkei und
vor den Küsten des Libanons und Israels erhebliche Gasmengen gefunden
worden. Geologen vermuten, dass die erschließbaren Reserven rund
3,45 Mrd. m3 betragen –
genug, um den gesamten
Gasverbrauch der Europäischen Union für sieben
Jahre zu decken.
Die bislang noch fragmentierten Strommärkte in der EU würden durch dieses
und ähnliche Projekte „bald Geschichte
sein“, hieß es in Brüssel.
Das Projekt, an dem unter anderem
die Übertragungsnetzbetreiber Tennet,
Amprion, 50Hertz und TransnetBW für
Deutschland beteiligt sind, soll für einen
einheitlicheren Markt sorgen. Die Großhandelspreise für den Strom werden
zwischen mehr Beteiligten ausgehandelt,
was letztlich auch zu sinkenden Verbraucherpreisen führen soll. Herzstück des
Projekts ist nach Angaben der Kommission
eine „gemeinsame Berechnungsmethode“
für den Strompreis. So könnten die verschiedenen Angebote leichter verglichen
werden.
Foto: Vattenfall
Verbund plant
Großprojekt im Zillertal
Gaslieferung aus
dem Mittelmeer
Vier Monate nach dem Hamburger Volksentscheid für den Rückkauf der Energienetze haben sich die Stadt und der
Energiekonzern Vattenfall auf Details
geeinigt. Demnach übernimmt Hamburg
für mindestens eine halbe Mrd. Euro das
Stromnetz des Energiekonzerns. Auch über
das Fernwärmenetz wurde eine Einigung
erzielt, die allerdings erst in fünf Jahren
wirksam wird.
Im Einzelnen wird die Hamburger Vermögensholding HGV 100 Prozent an
der Stromnetz Hamburg GmbH sowie
später an mehreren weiteren VattenfallGesellschaften übernehmen. Den genauen
Kaufpreis sollen unabhängige Gutachter
ermitteln. Er soll vorläufig 550 Mio. Euro
für die Stromnetz GmbH betragen. Für das
Vattenfall-Fernwärmenetz erhält die Stadt
2019 eine Kaufoption.
Februar 2014
Wirtschaft
Für das geplante Murkraftwerk in
Graz-Puntigam gibt es nun doch wieder
Hoffnung. Nachdem der Verwaltungsgerichtshof inzwischen entschieden hat, den
Beschwerden von Bürgerinitiativen und
der Umweltanwältin gegen das Vorhaben keine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, arbeitet man bei der Energie
Steiermark daran, einen Weg zu finden,
das Grazer Stadtkraftwerk doch noch zu
realisieren.
„Mit dem jetzt vorliegenden Bescheid
könnten wir im Prinzip sofort zu bauen
beginnen“, sagt Konzernsprecher Urs
Harnik-Lauris. Die wirtschaftliche Lage
am Energiemarkt beeinträchtigt die Rentabilität des Projekts aber stark. Bei der
Energie Steiermark arbeitet man nun an
einer Lösung. Man überlegt unter anderem, zusätzliche Investoren an Bord zu
holen.
RWE kostet Energie­
wende Milliarden
Die Lage beim Energiekonzern RWE spitzt
sich weiter zu. Die Folgen der Energiewende zwingen den Essener Konzern
erneut zu Abschreibungen in Milliardenhöhe auf seine Kohle- und Gaskraftwerke in Europa. Insgesamt kündigte der
Energieriese Wertberichtigungen in Höhe
von 3,3 Mrd. Euro an, die auch auf das
Nettoergebnis für 2013 durchschlagen
werden. Mit 2,9 Mrd. Euro entfällt der
Großteil davon demnach auf die konventionelle Stromerzeugung. Eine schwache
Nachfrage und der immer größere Anteil
der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung schwächen die Ertragslage
nachhaltig.
Februar 2014
Jobschwund bei den
Erneuerbaren
Energiebranche
meldet Rekord
bei Erneuer­
baren
In der Branche der erneuerbaren Energien sind im vergangenen Jahr zahlreiche Arbeitsplätze weggefallen. In der
Solarindustrie verschwanden laut Zahlen
des Statistischen Bundesamtes und des
Bundesverbands der Solarwirtschaft (BSW)
tausende Jobs.
Im Jahr 2011 hat es umgerechnet
22.000 Vollzeitstellen in der Produktion
von Solarstromanlagen gegeben, erklärte
der BSW. Nach seinen Erkenntnissen habe
sich diese Zahl in den vergangenen zwei
Jahren halbiert. Dabei seien allein 2012
etwa 25 bis 30 Prozent der Stellen verloren gegangen. Und auch in der OffshoreWindindustrie gingen Jobs verloren.
2013 wurden mehr als 2000 Arbeitsplätze
gestrichen.
In Deutschland wird
immer mehr Strom aus
erneuerbaren Energieträgern gewonnen. Im
vergangenen Jahr sei der
Anteil der Erneuerbaren
an der gesamten Stromproduktion mit 23,4 Prozent so hoch wie nie gewesen, teilte der Bundesverband der Energie- und
Wasserwirtschaft (BDEW)
in Berlin mit. Zugleich sei
aber auch der Anteil des
Kohlestroms gestiegen.
Die Stromproduktion aus
Erdgas ging – vorläufigen
Schätzungen zufolge – im
Vergleich stark zurück.
Bei den erneuerbaren
Energien legte den Angaben zufolge vor allem die
Stromproduktion aus
Solaranlagen zu, und
zwar um 7,3 Prozent
im Vergleich zu 2012.
Dagegen sei das „Windjahr 2013 eher schwach“
gewesen, sagte BDEWGeschäftsführerin Hildegard Müller. Der Verband
rechne mit einem Minus
von 3,5 Prozent.
EnBW geht gegen
Netzagentur vor
Gegen eine Entscheidung der deutschen
Bundesnetzagentur, wonach mehrere
unrentable Kraftwerke des Unternehmens
nicht abgeschaltet werden dürfen, wehrt
sich nun der EnBW-Konzern.
Das Unternehmen werde gegen den
Beschluss Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen, hieß es.
Vorstandsvorsitzender Frank Mastiaux
beklagte in einem Interview, dass ein
einzelnes Unternehmen nicht gezwungen
werden dürfe, eine Leistung unentgeltlich
zur Verfügung zu stellen.
Die Netzagentur hatte zuvor mitgeteilt,
dass die Gas- und Kohlekraftwerke nicht
abgeschaltet werden dürfen, weil sie für
eine sichere Energieversorgung unverzichtbar seien.
Energie Burgen­
land erzielt
höheren Umsatz
Foto: EnBW
Foto: Energie Steiermark
Energie Steiermark will
Staustufe retten
Die Energie Burgenland
hat im Geschäftsjahr
2012/2013 ihren Konzernumsatz um 5,3 Prozent
auf 319,6 Mio. Euro
gesteigert. Das Ergebnis der gewöhnlichen
Geschäftstätigkeit (EGT)
ist hingegen von 24,1 Mio.
Euro auf rund 18 Mio.
Euro gesunken. Das teilte
das Unternehmen Ende
Jänner mit. Der Rückgang
beim EGT resultiere im
Wesentlichen aus dem
Wegfall von positiven Einmaleffekten im Geschäftsjahr 2011/2012, hieß es.
Der Konzernüberschuss
ist um 9,8 Prozent auf
22,3 Mio. Euro gestiegen,
die Eigenkapitalquote von
43,5 auf 46,2 Prozent.
Oesterreichs Energıe. · 27
Wirtschaft
Seltene Erden –
Zutaten zur E
SELTENE ERDEN STECKEN IN FAST JEDEM HIGHTECH-PRODUKT. DIE VOLKSREPUBLIK CHINA
DOMINIERT DERZEIT DEN WELTMARKT BEI DEN 17 INDUSTRIEMETALLEN UND BREMST DIE
RESTLICHEN INDUSTRIENATIONEN AUS. EINE BESTANDSAUFNAHME.
I
n einem Hybridauto stecken fast 20 kg
Seltene Erden und in Windrädern für
Offshore-Windparks werden bis zu
300 kg von ihnen verbaut. Seltene Erden
sind 17 Industriemetalle, ohne die in der
Hightech-Industrie also kaum mehr etwas
geht. Nicht zuletzt führt die Energiewende
dazu, dass die für sie benötigten Rohstoffe
knapp werden und der Hauptlieferant
China die Industrienationen zusehends
ausbremst.
Röntgengeräte, Mobiltelefone, Batterien,
Glasfaserkabel, Energiesparlampen, Flugzeug- und Elektromotoren, Fernsehgeräte oder Festplattenlaufwerke würden
ohne Seltene Erden nicht laufen. Neodym,
28 · Oesterreichs Energıe.
VON ANNA OFFNER
Dysprosium, Cer, Samarium, Lanthan,
Terbium oder Yttrium sind die von der
Industrie am stärksten nachgefragten Seltenen Erden.
Doch so selten, wie ihr Name es impliziert, sind Seltene Erden gar nicht, und um
Erden handelt es sich auch nicht wirklich.
Einige von ihnen kommen sogar häufiger
vor als Blei. Tatsächlich handelt es sich um
Metalle, die sich recht gleichmäßig in der
Erdkruste verteilen und in rund 200 verschiedenen Mineralien vorkommen. Diese
Mineralien sind allerdings weit verstreut
und enthalten die Metalle nur in sehr
geringen Konzentrationen, was sie dann
doch wieder selten macht. Fast 100 Mio. t
Februar 2014
Wirtschaft
geheime
nergiewende
Foto: fotolia.com
Seltene Erden lagern, Schätzungen der U. S.
Geological Survey zufolge, in der Erdkruste.
Damit kann die weltweite Nachfrage, die
sich derzeit bei rund 130.000 t im Jahr
bewegt, auf Jahrhunderte gesichert werden
– theoretisch.
Praktisch sieht es jedoch anders aus. Der
Grund für die angespannte Versorgungslage bei Seltenen Erden ist, dass sie nur in
sehr wenigen Ländern abgebaut werden –
konkret fast ausschließlich in China. Über
90 Prozent der weltweiten Produktion kontrolliert China. Bei den schweren Seltenen
Erden, jener Untergruppe, die vor allem für
grüne Technologien zum Einsatz kommt,
sind es sogar 100 Prozent. Die Hersteller
so genannter grüner Technologien benötigen derzeit weltweit rund 9000 t davon; bis
2017 soll der Bedarf auf 17.000 t im Jahr
steigen.
China ist sich seiner Marktmacht wohl
bewusst und schränkt den Export der SelteFebruar 2014
nen Erden massiv ein. „The idea is to develop the resource advantage into economic
superiority“, sagte der ehemalige Präsident
der Volksrepublik, Jiang Zemin schon 1999.
Vierzehn Jahre später scheint dies dem
Land gelungen zu sein.
Hausgemachte Abhängigkeit
der Abnehmerstaaten
Die Abhängigkeit der Industrienationen
von China ist allerdings hausgemacht. So
schlummern in den USA, Australien oder
Kanada große Vorkommen Seltener Erden,
doch wurden diese Jahrzehnte lang brach
liegen gelassen.
Der Abbau von Seltenen Erden ist nämlich äußerst aufwendig und oft mit großen
Umweltschäden verbunden, weil giftige
oder radioaktive Stoffe dabei freigesetzt
werden. Bergwerke für Seltene Erden enthalten sehr häufig auch radioaktive Elemente wie Uran und Thorium.
Info
Die EU hat eine eigene EURohstoffstrategie festgelegt.
Für diese Initiative stehen ab
2014 rund 90 Mio. Euro im
Jahr zur Verfügung. Deutschland hat von den 27 EU-Staaten dabei den größten Bedarf
an Seltenen Erden. Deshalb
startet die deutsche Industrieelite zusätzlich ihre eigene
„Allianz zur Rohstoffsicherung“. Im Fokus stehen dabei
Seltene Erden, Wolfram und
Kokskohle. In Österreich hat
die Industriellenvereinigung
ein Positionspapier entworfen, das demnächst aktualisiert wird.
Oesterreichs Energıe. · 29
Wirtschaft
Die Abhängigkeit von China gilt freilich
auch für Europa: „Europa ist ein Kontinent,
der verlernt hat, in den Dreck zu greifen“,
formuliert Dieter Drexel, der in der Industriellenvereinigung (IV) für Ressourcen und
Infrastruktur verantwortlich ist, griffig.
Fazit: Die Industrienationen haben ihre
Rohstoffversorgung nach China ausgelagert und per Mausklick die benötigten
Mengen geordert. Mit den chinesischen
Minenbetreibern, die auch dank niedriger
Umweltstandards billig abbauen, konnten
die Industrienationen laut Drexel nicht
mithalten. Das rächt sich jetzt, denn China
will die Seltenen Erden zunehmend für die
eigene Industrie nutzen und erhöht nicht
nur systematisch die Steuern darauf, sondern schränkt auch die Exportquoten massiv ein.
Kanada, die USA und Australien haben
bereits reagiert und errichten bzw. beleben derzeit fünf Minenprojekte für Seltene
Erden wieder, deren Produktionen spätestens 2015 anlaufen sollen.
Name
Anwendungsbeispiele
Scandium
Stadionbeleuchtung, Brennstoffzellen, Rennräder,
Röntgentechnik, Laser, Flugzeugbau, Quecksilberdampflampen
Yttrium
Energiesparlampen, LCD- und Plasmabildschirme, LED,
Brennstoffzellen
Lanthan
Nickel-Metallhydrid-Akkus (z. B. in Elektro- und Hybridautos,
Laptops), Katalysatoren, Rußpartikelfilter, Brennstoffzellen,
Gläser mit hohem Brechungsindex
Cer
Auto-Katalysatoren, Rußpartikelfilter,
Ultraviolettstrahlung-Schutzgläser, Poliermittel
Praseodym
Dauermagnete, Flugzeugmotoren, Elektromotoren,
Glas- und Emaillefärbung
Neodym
Dauermagnete (z. B. Windkraftanlagen, Kernspintomografen,
Festplatten), Glasfärbung, Laser, CD-Player
Promethium
Leuchtziffern, Wärmequellen in Raumsonden und Satelliten
(radioaktives Element)
Samarium
Dauermagnete (in Diktiergeräten, Kopfhörern,
Festplattenlaufwerken), Raumfahrt, Gläser, Laser, Medizin
Europium
LED, Energiesparlampen, Plasmafernseher (roter Leuchtstoff)
Gadolinium
Kontrastmittel (Kernspintomografie), Radar-Bildschirme
(grüner Leuchtstoff), AKW-Brennelemente
Terbium
Leuchtstoffe, Dauermagnete
Dysprosium
Dauermagnete (z. B. Windkraftanlagen), Leuchtstoffe, Laser,
Atomreaktoren
Holmium
Hochleistungsmagnete, Medizintechnik, Laser, Atomreaktoren
Erbium
Laser (Medizin), Glasfaserkabel
Thulium
Energiesparlampen, Röntgentechnik, Fernsehgeräte
Ytterbium
Energiesparlampen, Röntgentechnik, Fernsehgeräte
Lutetium
Positronen-Emissions-Tomografen
Seltene Erden und ihre Verwendung
30 · Oesterreichs Energıe.
Quelle: Industriellenvereinigung
Auch die EU will nun im Kampf um die
begehrten Rohstoffe vermehrt eigene Quellen anzapfen. Im Boden der EU-Staaten
lagern laut EU-Industriekommissar Antonio Tajani nicht ausgeschöpfte Schätze im
Wert von hundert Mrd. Euro. Die EU-Rohstoffstrategie soll deshalb Abhilfe schaffen.
Diese stützt sich auf drei Säulen:
■■ die Sicherung des Zugangs zu Rohstoffen auf den Weltmärkten,
■■ die Wiederaufnahme des Abbaus innerhalb der EU und
■■ die Wiederverwertung von Altstoffen
Für die Initiative der EU stehen laut Tajani
ab 2014 rund 90 Mio. Euro im Jahr zur
Verfügung. Deutschland hat dabei von
den 27 EU-Staaten den größten Bedarf an
Seltenen Erden. Deshalb startet die deutsche Industrieelite zusätzlich ihre eigene
„Allianz zur Rohstoffsicherung“. Ein Dutzend Unternehmen, wie etwa BASF, ThyssenKrupp und Evonik, zahlen zu Beginn je
300.000 Euro im Jahr in dieses Bündnis ein.
Der Investitionsbedarf für fünf bis zehn
Jahre wird mit einer Mrd. Euro beziffert.
Das Bündnis soll Rohstoffvorkommen
erkunden und Abbauprojekte vorantreiben. Im Fokus stehen dabei Seltene Erden,
Wolfram und Kokskohle. Sind die Projekte
einmal ausgereift, soll das Bündnis entweder die Abbaurechte verkaufen oder an den
Projekten beteiligt bleiben.
Rohstoffplan für Österreich
So weit ist man in Österreich freilich noch
nicht. Doch auch in der IV gibt es ein Positionspapier zur Rohstoffsicherheit 2020,
das demnächst aktualisiert wird. Für ein
Bündnis nach deutschem Vorbild sei Österreichs Industrie wohl zu klein, meint IVVizegeneralsekretär Peter Koren, das hindere aber „kein Unternehmen, sich am deutschen Bündnis anzuhängen“.
Bei der Industriellenvereinigung unterstützt man die EU-Rohstoffstrategie deshalb tatkräftig. „Ich sehe diese Strategie
als Teil der europäischen Reindustrialisierungsstrategie“, sagt Koren. Industriekommissar Tajani plant nämlich, bis 2020 den
Anteil der Industrie an der gesamten europäischen Wertschöpfung von derzeit 15 auf
20 Prozent anzuheben.
Wenngleich Österreichs Industrie nicht
groß ist, kann das Land sehr wohl einen
Februar 2014
Wirtschaft
bedeutenden Beitrag zur EU-Rohstoffstrategie leisten. Das Wirtschaftsministerium hat in einer umfassenden Erhebung den so genannten „Rohstoffplan“
erstellen lassen. Damit hat Österreich als
einziges EU-Land eine katastermäßige
Erfassung aller Rohstoffvorkommen, was
international als Best Practice gilt. Hinzu
kommen das Know-how der heimischen
Wissenschaftler der Montanuniversität
Leoben.
Diese bewirbt sich derzeit als EU-Kompetenzzentrum im Rohstoffbereich. 2014 will
die EU nämlich eine Knowledge and Innovation Community für Rohstoffe implementieren. Ein Zuschlag würde für die
Montanuniversität nicht nur eine enorme
Reputation im Bereich der Rohstoffkompetenz bedeuten, sondern auch jede Menge
EU-Fördergelder nach Leoben ziehen.
Umdenken beim Recycling
Seltene Erden werden bisher kaum recycelt. Doch die unausweichlichen Engpässe
bei den Rohstoffen zwingen die Unternehmen und die EU in ihrem Strategiepapier
zum Umdenken. Bislang landet lediglich
ein Drittel des Elektro- und Elektronikschrotts in Recylingbetrieben, der Großteil
der Geräte verstaubt in Kellern oder wird –
oftmals illegal – irgendwo abgeladen. Aber
Februar 2014
selbst wenn Seltene Erden an der richtigen
Stelle landen, wird nur ein Bruchteil verwertet.
Die Recycler gewinnen lediglich Stahl, Zink,
Aluminium, Eisen, Nickel, Kupfer, Zinn und
einige Spezialelemente zurück. Auf dem
Müll bleiben selbst edle Substanzen wie
Platin, Gold oder Silber. Sie sind schlicht in
zu kleinen Mengen vorhanden, als dass sich
die „Aufreinigung“ lohnt. Das galt bis vor
wenigen Jahren auch für Seltene Erden.
Doch die Magnete, die dafür sorgen, dass
sich Windräder drehen, können je MW
installierter Leistung bis zu einer halben
Tonne schwer sein. Künftig
dürften all diese Magnete jedenfalls zu gefragtem Abfall werden. In
Deutschland haben sich
Firmen
wie
Siemens,
Daimler und die Vacuumschmelze als größter Hersteller von Dauermagneten mit Wissenschaftlern
zusammengeschlossen, um die Seltenen
Erden aus den Magneten der Autos, Windräder oder Magnetresonanztomografen zu
holen. Doch beim Wiederverwerten ist Vorsicht geboten, denn der Umgang mit Magneten ist gefährlich. So entfalten beispielsweise schon neodymhaltige Magnete in der
China: Abbau von Seltenen Erden
Foto: chinafeature
im großen Stil
Seltene Erden wurden
bisher kaum recycelt.
Oesterreichs Energıe. · 31
Wirtschaft
Preisentwicklung Jänner 2005 bis Juni 2012
Neodym USD/kg
Dysprosium USD/kg
500
3500
450
3000
400
350
2500
300
2000
250
200
1500
150
1000
100
50
0
500
0
2005 2
006 20
8 2009
2010 2
Finanz
011 20
12
krise
Preisentwicklung von Neodym
und Dysprosium
Quelle: Roland Berger Unternehmensberatung
2005 2
006 20
07 200
–– Export FOB China
–– China lokal
Größe einer Streichholzschachtel Riesenkräfte.
Hoher technologischer Aufwand
Zudem ist das Auftrennen der Seltenen
Erden technologisch sehr aufwendig und
die Anzahl der retournierten Magnete oft so
gering, dass eine gewerbliche Auftrennung
schwer umzusetzen ist.
Neben den Magneten bergen auch Batterien und Akkus reichlich Seltene Erden.
Nickel-Metallhydrid-Zellen bestehen sogar
zu sechs bis zehn Prozent daraus. Schon
heute werden Batterien gesondert gesammelt. Doch bislang werden bei über tausend
Grad Celsius vorwiegend
die
Hauptbestandteile
Nickel und Eisen herausgeschmolzen. Die Seltenen Erden Lanthan, Cer,
Praseodym und Neodym
blieben bisher ungenutzt
in der Schlacke zurück.
Das französische Unternehmen Rhodia hat 2012 in
La Rochelle die weltweit erste Fabrik in den
Dienst gestellt, um die Seltenen Erden im
großen Stil wiederzuverwerten.
Auch Energiesparlampen, Leuchtstoffröhren und LED sind reich an den seltenen
Metallen. Bisher wurde aber nur das Glas
zerschlagen und die Splitter zu neuem Glas
geschmolzen. Die kostbaren Verbindungen
aus Yttrium, Lanthan, Cer, Terbium, Gadolinium und Europium, ein pulverförmiger
Staub, waren bislang sogar lästig, weil
sie mit giftigem Quecksilber verunreinigt
sind. Tausend Tonnen Leuchtstaub werden
so in der EU Jahr für Jahr als Sondermüll
China sichert sich durch
Produktionsdrosselung
ein Quasi-Monopol.
32 · Oesterreichs Energıe.
07 200
8 2009
2010 2
Finanz
011 20
12
krise
vergraben. Rhodia in La Rochelle weihte
jedoch im April eine Anlage ein, die Leuchtstäube erhitzt und so die Seltenen Erden
voneinander trennt. Doch solche Geschäftsmodelle rechnen sich nur, solange sich der
Preis für Seltene Erden in lichten Höhen
bewegt. Eine Investition in eine SeltenerdRecyclinganlage können sich deshalb auch
nur Großbetriebe leisten.
Harsche Preisrallye
Der Hauptgrund für die Bemühungen der
Industrie, eigene Abbaugebiete zu etablieren oder das Recycling zu forcieren, liegt
in den enormen Preisen der Rohstoffe. Weil
das aber nicht immer so war, haben fast alle
Nationen den Abbau eingestellt. Erst seit PC,
Smartphone und erneuerbare Energie in die
moderne Welt Einzug halten und die Preise
für Seltene Erden antreiben, lohnt es sich
auch, die Stoffe zu fördern. Der 2010 von
China verhängte Exportstopp mit der resultierenden Preisexplosion hat die Industrie
wachgerüttelt. Der Preis für die Metalle ist
in den vergangenen Jahren durch die Decke
geschossen. Die Preise pro kg Neodym und
Dysprosium, den laut Unternehmensberater
Roland Berger von der Industrie am häufigsten eingesetzten Seltenen Erden, sind
seit 2005 extrem angestiegen.
Die chinesische Politik quittiert dies mit
einem Lächeln: „In the beginning oft the
’80s we sold Rare Earth at the price of salt.
But they deserve the price of gold. We are
just starting to protect our interests“, sagte
Chinas damaliger Premierminister Wen
Jiabao 2010. Die Auswirkung dieser chinesischen Politik spiegelt sich in den Preisen der Metalle wider. Zwischen 2011 und
Februar 2014
Wirtschaft
2012 brachen die Seltenerd-Preise zwar um
durchschnittlich 40 Prozent ein, derzeit ziehen sie aber wieder kräftig an.
China hatte lange versucht, den illegalen
Minenabbau, der zu einem immer üppigeren Angebot und den fallenden Preisen führte, Einhalt zu gebieten. Erst jetzt
kann Peking positive Resultate vorweisen.
So konnte man dank einer Belohnung von
500 US-Dollar für Hinweise auf unerlaubte
Minenaktivitäten 23 illegale Minen und fast
60 Verarbeitungsanlagen stilllegen. Berichten der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge schmuggelten
Kriminelle 2008 insgesamt 20.000 t Seltener
Erden außer Landes – fast ein Drittel der
gesamten Exportmenge.
Die chinesische Regierung zeigt sich bei der
Erteilung von Explorations- und Bergbaulizenzen derzeit also bewusst zurückhaltend
und hat sogar die Produktion in einigen
bestehenden Anlagen gestoppt.
Durch Produktionsdrosselung versucht
man im Reich der Mitte die Preise zu beeinflussen und sich sein Quasi-Monopol zu
sichern. Denn bei fallenden Preisen lohnt
sich der Abbau nicht und Minenbetreiber
außerhalb Chinas überlegen ihr Investment zweimal. So geschehen bei der australischen Lynas, die aufgrund der geringeren Preise die Entwicklungsarbeiten für
ihr „Duncan-Projekt“ vorerst auf Eis legt.
Kenner der Seltenerd-Branche sind jedenfalls optimistisch, was eine Preis-Hausse
anbelangt. An der australischen Curtin University in Perth rechnet man bis 2020 mit
einem Anstieg der Seltenerd-Nachfrage auf
200.000 bis 240.000 t im Jahr. Damit einher
gingen natürlich auch Preissteigerungen.
Treibacher auf Siegeszug
Richtig gut wirkt sich die Preisrallye und
der Nachfrageboom nach Seltenen Erden
auch bei der Treibacher Industrie AG im
Kärntner Althofen aus. Bei der Verarbeitung
von Seltenen Erden zu maßgeschneiderten
Produkten sind die Kärntner nämlich Weltspitze. So liefern die Treibacher beispielsweise mit Seltenen Erden versetzte Hochleistungskeramik zum Gießen von Titanbauteilen an die Flugzeugindustrie.
15 Prozent aller Seltenerd-Exporte aus
China gehen nach Althofen und sorgen
dafür, dass die Treibacher Industrie AG
neben der französischen Rhodia der größte
Importeur Seltener Erden ist. 1992/93 war
Februar 2014
die Sparte Seltene Erden innerhalb des
Treibacher Konzerns mit knapp fünf Prozent winzig. Heute trägt sie mehr als 50
Prozent zum Ergebnis des Konzerns bei.
Wer Europas – und insbesondere Österreichs – Geschwindigkeit bei der Genehmigung von Großprojekten, wie es ein Abbau
von Seltenen Erden zweifelsohne ist, kennt
und die restriktiven Umweltauflagen der
Nationalstaaten in Betracht zieht, kann sich
jedoch selbst ausmalen, wann hierzulande
die erste Tonne Industriemetall abgebaut
wird, gerade da sich auch die Akzeptanz
der Bevölkerung für jegliche Eingriffe in die
Natur in überschaubaren Grenzen hält. n
Leichte Seltene Erden
Ordnungszahl
Scandium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (21)
Lanthan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (57)
Cer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (58)
Praseodym. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (59)
Neodym . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (60)
Promethium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (61)
Samarium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (62)
Europium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (63)
Schwere Seltene Erden
Ordnungszahl
Yttrium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (39)
Gadolinium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (64)
Terbium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (65)
Dysprosium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (66)
Holmium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (67)
Erbium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (68)
Thulium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (69)
Ytterbium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (70)
Lutetium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (71)
Seltene Erden als
aufgearbeitete Rohstoffe
Foto: Senatsverwaltung Berlin
Oesterreichs Energıe. · 33
Wirtschaft
Strompreis – rauf, ru
Fo
t
o:
Fo
t
ol
ia
.c
om
34 · Oesterreichs Energıe.
Februar 2014
Wirtschaft
nter oder seitwärts
DIE WEITERE ENTWICKLUNG DES STROMPREISES WIRD ANFANG 2014 BEHANDELT WIE DER
HEILIGE GRAL. KAUM JEMAND WILL SICH DAZU OFFIZIELL ÄUSSERN. VERANTWORTLICH
DAFÜR SIND IN ERSTER LINIE DIE NOCH NICHT ABZUSCHÄTZENDEN FOLGEN DER
ÄNDERUNGEN BEI DER ÖKOSTROMFÖRDERUNG IN DEUTSCHLAND.
V
orweg: Österreichische Strompreise
sind ausgesprochen stabil und
stiegen in den vergangenen Jahren
geringer als im EU-Schnitt und teilweise
deutlich geringer als in vergleichbaren Ländern. Der Strompreis wirkt inflationshemmend. Im Jahr 2012 lag der Strompreisanstieg mit rund einem Prozent erneut deutlich unter der Jahresinflation von 2,4 Prozent. Auch langfristig liegt der Anstieg der
Strompreise deutlich hinter der Entwicklung der Inflation oder anderer Energieträger. Seit 1996 hat sich hingegen die Steuerund Abgabenbelastung auf Strom mehr
als verdoppelt. Die Großhandelspreise für
Strom bewegen sich in den letzten Jahren
mit leicht fallender Tendenz seitwärts und
liegen aktuell bei rund 40 Euro/MWh für
Grundlast-Futures für 2014 bzw. bei rund
50 Euro für Spitzenlast.
Die aktuellen Preisentwicklungen und der
Druck auf den Strompreis sind auch auf die
Krise des Merit-Order-Prinzips als preissetzend für den Großhandel zurückzuführen, heißt es bei Oesterreichs Energie.
Großhandelspreise zu niedrig
Der massive Ausbau der Erneuerbaren
führt zu Überkapazitäten, die über den
Endkundenpreis subventioniert werden.
Gleichzeitig sind thermische Kraftwerke oft
nicht mehr kostendeckend zu betreiben.
Die Großhandelspreise sind damit eigentlich zu niedrig, um kostendeckend Strom
zu erzeugen und anzubieten, und kein Indikator mehr für eine markgerechte Preissetzung. Das Merit-Order-Prinzip ist unter
diesen Rahmenbedingungen nicht mehr
zeitgemäß oder geeignet, die tatsächlichen
Kosten abzubilden. Vielmehr müsste das
System reformiert werden und auch Faktoren wie Leistungsbereitstellung und FlexiFebruar 2014
VON HARALD HORNACEK
bilität (Stichwort: Ausgleichskapazitäten)
in die Preisbildung einfließen.
Doch wie geht es weiter mit dem Strompreis? Wer versucht, sich ein Bild über die
Strompreisentwicklung 2014 zu machen,
steht bald vor einem Rätsel. Rekordpreise,
massive Erhöhungen, keine Veränderungen,
zum wiederholten Mal in Folge ein Jahr des
Strompreisrückgangs: Alle erdenklichen
Szenarien werden derzeit durchgespielt.
Doch offiziell will sich niemand aus der
E-Wirtschaft dazu äußern, das Thema ist
gerade in Österreich hochsensibel, geradezu emotional besetzt. Bestenfalls gelangt
ein „moderates Wachstum, aber über das
Jahr am ehesten eine Seitwärtsbewegung“
zu Protokoll.
Bankenexperten erwarten
2014 leichten Preisverfall
Die Frage ist jedoch auch an andere Experten zu richten: an Analysten von Banken
und an Experten von Beratungsunternehmen aus dem Energiemarkt. Einer von
ihnen ist Tobias Federico, Geschäftsführer
von Energy Brainpool, einem unabhängigen Analyse- und Beratungshaus für die
Energiebranche mit Sitz in Berlin. Federico
und sein Team bieten Prognosen und Fundamentalmodellierung sowie individuelle
Trainings- und Beratungsdienstleistungen
für die Strom- und Gasmärkte und den CO2Handel. Was also sagt der Experte zur weiteren Entwicklung der Großhandelspreise?
„Wir erwarten einen leichten Preisverfall in
2014 in Deutschland und Österreich, wobei
es davon abhängig ist, wie wind- und sonnenreich das Jahr wird. Je mehr Wind und
Sonne, um so tiefere Preise.“
Der zunehmende Ausbau der Erneuerbaren, vor allem aber das damit verbundene
Förderwesen bzw. seine angedachte Novel-
Info
Die Erneuerbaren kannibalisieren die Nachfrage, das entzieht dem Großhandelsmarkt
die Nachfragedynamik. Daher
sorgen die Erneuerbaren auch
für Verwerfungen auf dem
Energiemarkt. Gaskraftwerke
in Deutschland sind praktisch
tot, sagen Experten.
Oesterreichs Energıe. · 35
Wirtschaft
lierung sorgen derzeit sowohl in Deutschland als auch in Österreich für heftige Diskussionen. Federico rechnet hier durchaus
mit stärkeren Auswirkungen: „Die Erneuerbaren machen einen signifikanten Anteil
an der Preisvolatilität und dem Preisniveau der Großhandelsstrompreise aus. In manchen
Ländern, wie Deutschland, auch bei den Haushaltskundenpreisen wegen der EEG-Umlage.“
Aber Federico schließt
auch nicht aus, dass der
Strompreis durchaus sigIngo Becker, Aktienanalyst und Energiemarktexperte,
Kepler Cheuvreux
nifikant steigen könnte:
„Emissions- und Gaspreise sind die wichtigsten
Faktoren neben den erneuerbaren Energien. Hier würde ein Anstieg auch zu hohen
Großhandelsmarktpreisen führen.“
Wir gehen davon
aus, dass ein
Strompreisrückgang
eintreten wird.
Strompreisrückgang erwartet
Ingo Becker, Aktienanalyst und Energiemarktexperte bei Kepler Cheuvreux, findet
klare Worte zur weiteren Entwicklung auf
dem Großhandelsmarkt: „Wir gehen davon
aus, dass nun das sechste Jahr in Folge ein
Strompreisrückgang eintreten wird. Wir
haben in den letzten Jahren ein Gesamtminus von 20 Prozent auf dem ForwardMarkt gesehen. Wenn wir früher noch von
einer Schätzung von mehr als 40 Euro ausgegangen sind, so halten wir heute (28. Jänner 2014, Anm.) bei etwas mehr als 36 Euro.
Für einen Preis von 35 Euro haben wir 2013
noch entsprechende Modelle hinterlegt, wir
haben also einen weiteren moderaten Rückgang eingepreist.“
35-Euro-Marke könnte fallen
Bei der Frage nach einer etwaigen Untergrenze sieht Becker noch einiges Potenzial
nach unten. „Es wäre fast logisch, dass die
Marke von 35 Euro fällt. Dieser Forecast ist
nun ein Jahr alt. Ich würde einen Strompreis von 30 Euro aus heutiger Sicht nicht
ausrufen wollen. Aber wenn er einträte,
würde mich das auch nicht allzu sehr überraschen.“ Denn der Downsize-Prozess, ist
Becker überzeugt, wird weitergehen: „Der
CO2-Preis wird sich de facto auflösen und
fast gegen null tendieren. Auch der Kohlepreis wird eher fallen als steigen. Der Eurowert der Kohle wird weiter abrutschen,
das wird sich mittelfristig nicht umkehren.
Schiefergaszuwächse in den USA und in
Australien sind strukturell nicht gut für die
Kohle. Wenn jedoch der Kohlepreis aus verschiedenen Gründen steigen sollte, könnte
das auch den Strompreis eventuell wieder
erhöhen.“
Auch die Bedeutung der erneuerbaren
Energie und des CO2-Handels ist in diesem
Szenario nicht zu unterschätzen. „Die deutsche Regierung hat klargemacht, dass man
formal hinter dem CO2-Handel steht, aber
an sich ist dieser in seiner jetzigen Form
sinnlos. Es ist ein inflationäres System zu
einer an sich geplanten, aber aus dem System nicht generierten Emissionsreduktion“,
merkt Becker kritisch an. Er geht davon aus,
„Starker politischer Druck“
Klaus Bergsmann, Head of Group Environmental Management
Erste Group, rechnet mit weiteren massiven Veränderungen im
Energiemarkt und wegweisenden politischen Entscheidungen.
Oesterreichs Energie: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der Strompreise ein – und welche Konsequenzen ziehen
Sie als Erste Group daraus?
Klaus Bergsmann: Der Strompreis tendiert seit Jahren nach
unten. Aufgrund der speziellen Vereinbarung mit unserem
Stromlieferanten fixieren wir den Strompreis bis zu 24 Monate
im Voraus. Der aktuelle Vertrag endet 2015 und wir verhandeln
über einen neuen. Der Grund dafür: Die neue deutsche Regierung wird in die Ökostromförderung eingreifen.
Der Eindruck, dass sich wegen der Ökostromförderung die
Bevölkerung den Strom nicht mehr leisten kann, darf aus
politischen Gründen nicht aufkommen. Daher ist ein starker
politischer Druck da, denn die Industrie zahlt in Deutschland
praktisch keine Ökostromabgabe. Sollte eine Reduktion der
Ökostromförderung erfolgen, lässt der Druck der Ökoenergie
nach und der Preis geht nach oben.
36 · Oesterreichs Energıe.
Oesterreichs Energie: Andererseits müssen in jedem Fall Lösungen für die großen deutschen Stromanbieter gefunden werden.
Klaus Bergsmann: Das ist sicherlich richtig, denn gerade die
großen Energieunternehmen waren in der Vergangenheit Cashcows und auch für die Politik als unterstützende Kapitalgeber,
um es so zu nennen, enorm wichtig. Ein Kraftwerk wird auf
30 bis 50 Jahre geplant, und das wurde unter der Annahme
tendenziell höherer Preise gemacht. Beim aktuellen Strompreis
rechnen sich viele Anlagen nicht mehr – zu Lasten der großen
Energieunternehmen.
Oesterreichs Energie: Wie könnte eine solche Lösung aussehen?
Klaus Bergsmann: Eine Möglichkeit, die allerdings die Politik
zu beantworten hat, ist die Frage der Abschreibung. Und hier
könnte es durchaus zu Änderungen kommen, ähnlich wie das
früher bei PC war: Die wurden früher auch auf Jahre abgeschrieben, bis die Technologie die Abschreibungsdauer bei
Weitem überholt hat. In den USA wird derzeit im Schnitt jede
Woche ein Kohlekraftwerk zugesperrt. Das sind klare Anzeichen massiver Veränderungen im Energiemarkt.
Februar 2014
Wirtschaft
dass das System daher „fallen bzw. kollabieren wird“. Die Erneuerbaren schlagen
bereits in vollem Umfang durch. Sie sollen
in Deutschland von derzeit rund 25 Prozent
in den nächsten Jahren auf 45 bis 50 Prozent Anteil steigen. Der Druck auf die Nachfrage bleibt somit bestehen.
Und auch die weiteren Auswirkungen der
Ökostromförderung sind laut Ingo Becker
nicht zu unterschätzen. „Die Ökostromförderung hat sicherlich dazu geführt, dass
für manche Anleger eine in gewissen Bereichen und Erwartungshaltungen zufriedenstellende Rendite entsteht. Auf der anderen
Seite nimmt der Druck auf die Anlagen auf
dem Versorgermarkt enorm zu. Das ist ein
logischer Kollateralschaden, wenn man
das Ziel hat, alte Energie aus dem Markt zu
drängen und durch neue zu ersetzen.“
Verwerfungen durch
Erneuerbare
Die Erneuerbaren kannibalisieren die
Nachfrage, das entzieht dem Großhandelsmarkt die Nachfragedynamik. Daher sorgen
die Erneuerbaren auch für Verwerfungen
auf dem Energiemarkt. „Gaskraftwerke
in Deutschland sind praktisch tot, Kohlekraftwerke ebenso. Logische Folge: Wenn
der Kohlepreis nicht steigt, wird der Druck
auf den Strom, der durch die Erneuerbaren
entsteht, weiter anhalten“, ist der Energiemarktexperte überzeugt.
Teresa Schinwald, Analystin bei der Raiffeisen Centrobank, geht bei den Großhandelspreisen von einer „verhaltenen Preis-
entwicklung“ aus. „Angebotsseitig sehen
wir keinen ausreichenden Rückbau von
thermischen Kraftwerken, der den Ausbau
bei den erneuerbaren Energien ausgleicht.
Wir sehen auch wenig Wachstumsimpulse
durch eine bessere Wirtschaftsentwicklung, da gleichzeitig Energieeffizienzmaßnahmen wirken sollten.“ Somit bleiben, sagt
Schinwald, nur Energie- und CO2-Preise als
Kostentreiber übrig: „Bei Steinkohle rechnen wir aufgrund der Nachfrageschwäche
in den asiatischen Wachstumsmärkten mit
keiner Erholung und die CO2-Preisentwicklung ist sehr stark von den
politischen Entscheidungen in Brüssel abhängig. Die EU Kommission
2
konnte erste Fortschritte
bei der Eindämmung des
Überangebots verbuchen,
Ingo Becker, Aktienanalyst und Energiemarktexperte,
ist aber von einer RepaKepler Cheuvreux
ratur des Marktes noch
einige Schritte entfernt.“
Und beim Verbund geht
man wiederum davon aus, dass der Strompreis weiterhin unter Druck bleiben wird,
und zwar aus mehreren Gründen. Die
Stromnachfrage bleibe konjunktur- und
zunehmend effizienzbedingt schwach, das
Stromüberangebot aufgrund der massiven
Förderung der Erneuerbaren sowie aufgrund von Stilllegeverboten und schwacher Nachfrage bestehen. Und nicht zuletzt
habe das Backloading an CO2-Zertifikaten
nicht den erwarteten CO2-Preisanstieg
gebracht.■
■
Der CO -Preis wird sich
de facto auflösen und
fast gegen null tendieren.
"
Megger & SebaKMT on Tour
Neuheiten aus der Mess- & Prüftechnik
Roadshow-Termine 2014
16.09.14 / Wien
17.09.14 / Salzburg
18.09.14 / Graz
- Erfahre
ne Refer
enten
- Hochak
tuelle Fa
chvorträ
- Produk
ge
tneuheit
en
- Diskus
sionsrun
den
Februar 2014
Teilnahmegebühr pro Person
199,- EURO zzgl. 19% MwSt.
Detailierte Informationen und
Anmeldemöglichkeiten finden
Sie unter:
Oesterreichs Energıe. · 37
www.megger-on-tour.at
Wirtschaft
Neues Büro der Strom
IM EUROPÄISCHEN STROMHANDEL SCHREITET DIE VON DER EU GEWÜNSCHTE INTEGRATION
WEITER VORAN. EIN MASSGEBLICHER TREIBER DABEI SIND DIE STROMBÖRSEN DER
EINZELNEN EU-LÄNDER. SO IST ES WOHL KEIN ZUFALL, DASS DIE EPEX SPOT NUN AUCH IN
WIEN EIN BÜRO ERÖFFNET HAT.
A
uch wenn Jean-François Conil-Lacoste
aufgrund des Fluglotsen-Streiks am
Morgen der Epex Spot-Büroeröffnung
mit Verspätung in Wien gelandet war, lässt
er sich als Akteur im europäischen Stromhandel nicht aufhalten. Der Vorstandsvorsitzende der deutsch-französischen Strombörse
hieß mit seinem Büroleiter Arnold Weiß rund
38 · Oesterreichs Energıe.
VON GERLINDE MASCHLER
100 Gäste aus der E-Wirtschaft zur Eröffnung
der Wiener Dependance willkommen.
Weiß selbst bezeichnete sich dabei als Lobbyist im positiven Sinne, der künftig vor Ort
die Kontakte zu den politischen Entscheidungsträgern, zur E-Wirtschaft und zur
Regulierungsbehörde in Österreich intensivieren will: „Meine Aufgabe wird es sein,
Februar 2014
Wirtschaft
Foto: Fotolia.com
spotbörse in Wien
einen regelmäßigen Austausch zu führen“,
erklärte er. Dass dies just zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem sich der europäische
Stromhandel im Umbruch befindet und die
Rollen der einzelnen Börsen neu festgelegt
werden, kann jedenfalls kein Zufall sein.
Kollateralschaden der
Finanzkrise
Derzeit werden rund zwei Drittel des
Tradings direkt im traditionell bedeutenderen OTC-Handel (Over the Counter)
und rund ein Drittel über die Spotbörsen
abgewickelt, wobei aufgrund neuer Rahmenbedingungen eine steigende Tendenz
zugunsten der Börsen wahrscheinlich ist.
Februar 2014
Von den bisher in Europa tätigen maßgeblichen Börsen am Spotmarkt – derzeit sind
das rund zehn – werden in ein paar Jahren
wohl maximal nicht mehr als drei bis vier
übrig bleiben.
Vor mehr als zehn Jahren mit der Liberalisierung der Strommärkte gründeten Energieerzeuger ihre eigenen Handelsabteilungen. Händler und Energiebörsen etablierten
einen Markt auf dem auch Finanzakteure
mitmischten. Seit einigen Jahren versucht
nun die Europäische Union, die Geister, die
sie rief, wieder einzufangen und gegenzusteuern, unter anderem mit der EU-Verordnung über „Integrität und Transparenz des
Energiemarkts“ Remit.
Info:
Epex Spot mit Hauptsitz in
Paris wurde 2008 durch den
Zusammenschluss der Stromspotaktivitäten der Energiebörsen Powernext SA/Frankreich und der EEX AG/Leipzig/
Deutschland, der führenden
Börse in Europa, gegründet.
Im transnationalen Dayahead- und Intraday-Handel
deckt Epex Spot die Märkte
Frankreich, Deutschland,
Österreich und Schweiz ab.
Diese Länder repräsentieren
mehr als ein Drittel des europäischen Stromverbrauchs.
Oesterreichs Energıe. · 39
Wirtschaft
Mit dieser Verordnung sind nicht alle
glücklich. „Gebraucht hätten wir es nicht“,
sagt etwa Werner Fleischer, Vorstand der
Verbund Trading AG. „Für mich ist der
Umstand, dass die Energiewirtschaft in
die Regulierung der Finanzmärkte einbezogen wurde, eine Art Kollateralschaden
der Finanzkrise. Und natürlich verursacht
Remit zusätzliche Kosten. In Österreich
müssen wir zudem die verlangten Meldungen nicht nur auf eine Plattform stellen,
sondern auch dem Regulator melden.“
Bedeutung der Börsen steigt
Indirekt verlagert sich durch die neuen
Marktregeln der Wettbewerb zu den Börsen, da die offiziellen Handelsplätze einen
institutionalisertern Schutz bieten und sich
daher auch vehement für die Sinnhaftigkeit
von Remit aussprechen. Sie übernehmen
das Clearing, also die finanzielle Abrechnung, und tragen auch das Risiko, falls der
Handelspartner seine Vereinbarungen nicht
einhält.
40 · Oesterreichs Energıe.
Das Thema der Stunde ist aber für die
Stromspotbörsen nicht Remit, sondern
die Implementierung neuer Handelsstrukturen und Preisfindungsmechanismen, die sich im Begriff „Pricecoupling of
Regions“ (PCR) zusammenfassen lassen:
Vereinfacht gesagt werden in jedem Land
durch einen Börsenplatz, dem so genannten NEMO („Nominated Electricity Market
Operator“), die Angebote in einen Rechner
eingegeben.
Ein komplexer Algorithmus koppelt alle
angebotenen Preise, woraus sich ein Marktpreis ergibt, von dem sich die beteiligten
Marktbetreiber nicht nur eine ideale Ausnutzung der Übertragungskapazitäten, sondern auch einen sicheren Marktzugang und
Absatz erwarten.
Der erste konkrete Schritt wurde am 4. Februar 2014 gesetzt, als PCR für Nordwesteuropa von Frankreich bis Finnland von
vier europäischen Strombörsen (APX, Belpex, Epex Spot and Nord Pool Spot) und
dreizehn Übertragungsnetzbetreibern geFebruar 2014
Wirtschaft
Foto: photocorporate
startet wurde (siehe Interview). In Südwesteuropa soll PCR in wenigen Monaten
in der Region Frankreich, Spanien und Portugal gelauncht werden.
Überkapazitäten
abschöpfen
Der offiziell immer wieder genannte Hintergrund für diese Entwicklung ist der derzeit mangelnde Informationsfluss zwischen
den einzelnen Ländern: Bisher kann etwa
ein Stromkunde aus Deutschland nicht auf
Überkapazitäten aus Spanien zurückgreifen, da diese Überkapazitäten den Strombörsen außerhalb der iberischen Halbinsel
nicht bekannt sind.
Dass der Handel zwischen den einzelnen
Mitgliedstaaten nicht funktioniert, liegt
zwar auch daran, dass vielerorts die nötige
Leitungsinfrastruktur zwischen den Staaten fehlt, aber selbst dort, wo es die nötigen
Leitungen gibt, kann kein Strom gehandelt
werden, wenn die Börsen nicht ausreichend
vernetzt sind und Informationen über die
Februar 2014
vorhandenen und benötigten Strommengen
transnational nicht ausgetauscht werden
können.
Kritik an Planwirtschaft
Neben den durchaus plausiblen Begründungen für eine institutionalisierte Abstimmung von Angebot und Preisen ruft die
zunehmende Regulierungswut innerhalb
Europas, die somit den einstmals liberalisierten Stromhandel voll erfasst hat, auch
Kritiker auf den Plan: Hansjörg Tengg,
Aufsichtsratsvorsitzender der führenden
österreichischen Energiebörse EXAA, vermutet hinter den Bestrebungen zur zentralen Preisfestsetzung massive Interessen
Deutschlands, das mit seinen „erratischen
Erzeugungsprozessen im Rahmen der
Energiewende eine massive Unruhe in den
Strommarkt“ gebracht habe, sodass der
Markt nicht mehr funktioniere: „Wir entwickeln uns hin zu einer zentralen Planwirtschaft im Energiebereich“, findet Tengg
unmissverständliche Worte. ■
■
Oesterreichs Energıe. · 41
Wirtschaft
„Österreich ist be
des europäischen
JEAN-FRANÇOIS CONIL-LACOSTE, VORSTANDSVORSITZENDER DER DEUTSCH-FRANZÖSISCHEN
STROMSPOTBÖRSE EPEX SPOT, ZUR ZUKÜNFTIGEN ENTWICKLUNG DER SPOTMÄRKTE UND
ZUM NEUEN BÜRO IN DER BUNDESHAUPTSTADT.
Oesterreichs Energie: Was sind die
Gründe für die Eröffnung Ihres Wiener
Büros?
Jean-François Conil-Lacoste: Wir stehen
seit langer Zeit in enger Geschäftbeziehung mit Österreich. Seit wir vor rund
fünf Jahren die Epex Spot eröffnet haben,
bilden wir Preise am Day-ahead-Markt für
die beiden integrierten Märkte Deutschland und Österreich. Seit Oktober 2012
betreiben wir für Österreich zusätzlich auch
den Intraday-Markt,
der mit dem deutschfranzösischen Markt
von Beginn an verbunden wurde. Dieser
Markt entwickelt sich
sehr gut.
Ein Zeichen unserer
guten ­Zusammenarbeit
ist auch der Umstand, dass Günther
Rabensteiner, Vorstand der Verbund AG,
der erste Vorsitzende unseres Börsenrates,
der im Wesentlichen als offizielles Börsenorgan über unsere Regeln, Handelssysteme
und Kontrakte entscheidet, war. Derzeit
ist Österreich im Börsenrat durch Werner
Fleischer, Vorstand der Verbund Trading,
repräsentiert.
Österreich ist zudem aufgrund der geografischen Lage und des gemischten Produktangebotes ein bedeutender Teil des europäischen Strommarktes, dessen Integration
zügig voranschreitet. Weil wir mitten in
der Entwicklung zu diesem integrierten
europäischen Strommarkt stehen, ist es
aktuell für uns wichtig, dass wir auch
Der Stromhandel braucht
Transparenz, Effizienz
und Sicherheit.
42 · Oesterreichs Energıe.
lokal vertreten sind. Wir setzen sozusagen
nur einen weiteren Schritt unserer bisherigen Zusammenarbeit mit Österreich,
indem wir hier ein Büro gegründet haben,
dessen Gesicht und Stimme der Österreicher Arnold Weiß ist. Wir wollen die
Beziehungen zu den Partnern in Österreich
intensivieren. Das Büro wird den Dialog
vereinfachen.
Oesterreichs Energie: Wie sehen Sie
grundsätzlich die zukünftige Entwicklung
des Stromhandels?
Jean-François Conil-Lacoste: Der Stromhandel braucht Transparenz, Effizienz
und Sicherheit. Die Strombörsen können
all dies garantieren. Zudem braucht der
Strommarkt einen gut funktionierenden
und ausbalancierten Handel, da man
den Strom ja nicht lagern kann. Daher
gewinnen die Börsen rasch an Bedeutung.
Wir launchen zurzeit das Price Coupling
of Regions (PCR), also die Methode der
Preiskalkulation in verbundenen Märkten,
zwischen Nord- und Westeuropa, und ich
habe die herausfordernde Aufgabe, dieses
Projekt drei Jahre lang zu leiten.
Mit der Realisierung werden 66 Prozent
des europäischen Stromverbrauchermarktes verbunden sein. Ein paar Monate
danach werden es schon 75 Prozent sein.
Man sieht also, dass wir uns der vollen
Integration des Marktes nähern und dies
ist nur durch eine enge Vernetzung der
Börsen möglich, die dafür sorgen können,
dass Über- und Unterkapazitäten ausgeglichen und somit teure Ineffizienzen vermieden werden.
Februar 2014
Wirtschaft
deutender Teil
Strommarktes“
Oesterreichs Energie: Wie wird sich der
Anteil des an den Spotbörsen gehandelten
Stroms entwickeln?
Jean-François Conil-Lacoste: Es gibt
deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern, denn jedes Land hat hier
verschieden Muster. In Deutschland liegt
der Anteil derzeit bei mehr als 40 Prozent, in der Schweiz bei 33 Prozent und in
Frankreich aufgrund spezieller Handelsmechanismen bei nur dreizehn Prozent.
Doch der Anteil des Stromhandels über
die Börse wird überall wachsen. Es würde
mich nicht überraschen, wenn der Anteil
des Handels über die Spotmärkte auf mehr
als 50 Prozent ansteigt.
Oesterreichs Energie: Sehen Sie noch
irgendwelche Risiken für das Funktionieren des PCR-Systems?
Jean-François Conil-Lacoste: Die Spotbörsen haben eine riesige Verantwortung
auf ihren Schultern, denn sie müssen
in einem immer komplexer werdenden
Umfeld tagtäglich Preise bilden und
zur Verfügung stellen. PCR ist ein Algorithmus, den wir über den vergangenen
Sommer mehrmals getestet haben, sodass
wir zuversichtlich sind, dass das System
robust ist und funktioniert. Wenn wir
nun erstmals PCR für die Nordwestregion
­launchen, wollen und können wir es uns
nicht leisten, damit zu scheitern, und ich
bin sehr zuversichtlich, dass diese Technik
funktionieren wird.
Oesterreichs Energie: Die EU hat mit
Remit strenge Kontrollen für den Energiehandel eingeführt. Wie sinnvoll sind diese
Regeln aus Ihrer Sicht für die Marktteilnehmer?
Jean-François Conil-Lacoste: Wir brauchen diese Regulierungen, damit Insiderhandel und Missbrauch vermieden werden,
Februar 2014
und wir treten dafür auch ein. Die Einführung von Kontrollen und Regeln stellt
eine Art Demokratisierungsprozess für alle
Marktteilnehmer dar. Mehr Transparenz
und mehr Vertrauen werden dazu führen,
dass mehr Player auf diesem Markt teilnehmen wollen. Man muss aber natürlich
auch darauf achten, dass das Reporting für
die Marktteilnehmer nicht zu teuer wird
und man Remit klug implementiert.
Oesterreichs Energie: Gibt es Überlegungen zu einer engeren Kooperation oder
Verschränkung mit der österreichischen
Spotbörse EXAA?
Jean-François Conil-Lacoste: Es gibt derzeit keine speziellen diesbezüglichen Überlegungen. Beide Börsen stellen dem Markt
unterschiedliche Services zur Verfügung,
EXAA betreibt die Auktion am Morgen
und unsere folgt mittags. Doch wenn es in
Zukunft Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und zur gemeinsamen Weiterentwicklung gibt, sind wir dafür offen. n
Zur Person
Jean-François Conil-Lacoste ist
CEO der französischen Energiebörse Powernext SA seit ihrer
Gründung 2001. 2008 wurde
er ebenso zum CEO der neuen,
in Paris ansässigen European
Power Exchange Epex Spot berufen. Seit 2012 ist er Vorstandsvorsitzender der Epex Spot,
darüber hinaus organisiert er
den ungarischen Markt für
die Börse HUPX. Conil-Lacoste
schloss die Handelshochschule
Exxec 1976 ab und verbrachte
anschließend zehn Jahre als
Commodity Trader bei LouisDreyfuss in Paris und Buenos
Aires.
Oesterreichs Energıe. · 43
Wirtschaft
Foto: Kelag
„Die Zeit
wird knapp“
44 · Oesterreichs Energıe.
Februar 2014
Wirtschaft
SPEICHER SOLLEN DAS HAUPTPROBLEM DER ENERGIEWENDE, DIE ZEITLICHE VERZÖGERUNG
ZWISCHEN ENERGIEERZEUGUNG UND -VERBRAUCH, ÜBERBRÜCKEN HELFEN. ÜBER DAS
„WIE UND WANN“ WAR MAN BEI DER KELAG-KONFERENZ „ERNEUERBARE ENERGIE“ JEDOCH
UNTERSCHIEDLICHER AUFFASSUNG.
M
ehr als 200 Fachleute nahmen
Ende des Vorjahres an der Konferenz „Erneuerbare Energie“ der
Kelag zum Thema „Weichenstellungen“ in
Velden am Wörthersee teil. Dabei betonte
Kelag-Vorstandssprecher Hermann Egger
gleich vorneweg, dass „die Zeit zur Erreichung der Klimaschutzziele knapp wird“.
Er betonte, dass nur noch zehn Jahre Zeit
bleibe, die Klimaschutzziele der 20-20-20Ziele der EU zu erreichen. Es sei notwendig, verstärkt regenerative Energiequellen
zu nutzen und gleichzeitig die Leitungsinfrastruktur zu verbessern. Die Kelag habe
im Sommer den ersten Maschinensatz im
Pumpspeicherkraftwerk Feldsee in Betrieb
genommen, die zweite Ausbaustufe sei
bereits in Bau. Außerdem habe der Bau der
Speicherpumpe Koralpe begonnen, sagte
Egger. Die Politik sei gefordert, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, weil
auch die Umsetzung von Projekten Zeit
brauche. Als weiteres Maßnahmenfeld der
Kelag nannte Egger die Verbesserung der
Energieeffizienz in den Anlagen der Kunden. Die Kelag biete umfangreiche Beratungsdienstleistungen mit dem Ziel, mit
weniger Energieeinsatz den gleichen Nutzen zu erreichen.
Schon in seiner Einleitung hatte Egger auch
die „Ausgleichsmechanismen“ angesprochen, die nötig sind, um den volatil erzeugten Strom der erneuerbaren Energien dann
zur Verfügung stellen zu können, wenn er
auch gebraucht wird. Eine großtechnische
Lösung dafür habe sich bereits bewährt.
Auch bei der Kelag, die laut Egger von ihren
1200 MW Wasserkraft 870 MW in den für
diesen Ausgleich benötigten Speicherkraftwerken erzeugt.
Blickt man allerdings auf Europas Landkarte, dann erkennt man, dass beim
rasanten Wachstum der Erneuerbaren die
Kapazitäten für Pumpspeicherkraftwerke
mit entsprechendem Gefälle in den Alpen
begrenzt sind. Es brauche daher zusätzlich
neue Technologien, meinte Egger.
Februar 2014
VON GILBERT WALDNER
Und das ist nicht das einzige Problem, wie
die Expertendiskussion bei der Konferenz
dann klarmachte. Zunächst erläuterte Gerhard Stryi-Hipp vom Fraunhofer-Institut
für Solare Energiesysteme, dass „ein Energiesystem mit 100 Prozent erneuerbaren
Energieträgern langfristig nicht teurer sei
als ein konventionelles“. Wind und Solar
werden dabei seiner Meinung nach die
Hauptträger sein. Allerdings werde man
auch noch kräftig in die Umstellung investieren müssen. Die Speicher würden erst
ungefähr ab dem Jahr 2020 eine größere
Rolle spielen, prognostiziert Stryi-Hipp.
Viel früher müsse man dagegen an den Ausbau der Netze denken und zwar beginnend
mit den lokalen Netzen, dann den überregionalen und den internationalen, damit
dezentrale Erzeugung und Verbraucher
näher zusammenrücken.
Frage nach der Finanzierung
Neben dem physischen Ausbau der Netze
dürfe man die Kommunikation in den
Smart Grids nicht vergessen, so Stryi-Hipp.
Sie schaffen die Grundlage für die Beeinflussung der Lastprofile. Will heißen, dass
man etwa über sanften Preisdruck die Verbraucher dazu bringt, sich der Erzeugung
anzupassen. Der Fraunhofer-Experte räumt
allerdings ein, dass das vor allem im Winter und in Mitteleuropa ziemlich schwierig werden könnte. Vage wird der Physiker
dann, wenn es darum geht, wer die Investitionen für den Umbau in das neue Netz
stemmen soll.
Im Laufe der Konferenz wurde es immer
offensichtlicher, dass man im Eifer des
Wachstums der Erneuerbaren die systemerhaltenden Komponenten vernachlässigt
hat, also Netze und Speicher. Während klassische Batterien, die Speicherung von elektrischer Energie im Gasnetz oder von Wärme
in Wasser bzw. anderen Medien großtechnisch noch in den Kinderschuhen stecken,
sind die Pumpspeicherkraftwerke in den
Alpen längst erprobt. Aber einfach wird es
Info
Die Kelag-Konferenz „Erneuerbare Energie“ gab einen
umfassenden Überblick über
den Stand der Technik und
energiesystemische Fragen
und konnte zudem auf einen
Rekordbesuch verweisen.
Über 350 Teilnehmer, davon
bereits zehn Prozent aus dem
Ausland, nahmen an der Konferenz in Kärnten teil.
Oesterreichs Energıe. · 45
Wirtschaft
den Energieunternehmen nicht gemacht, in
diese – für Europa so wichtige – Systemdienstleistung zu investieren. Deren Rentabilität wird auf eine immer härtere Probe
gestellt, wie Karl Heinz Gruber, Vorstandsmitglied der Austrian Hydro Power (AHP)
deutlich machte.
Der von Windkraft und Fotovoltaik ins
Netz eingespeiste Strom muss derzeit von
den Energieversorgern zum Fixpreis abgenommen werden. Je höher der Anteil der
unregelmäßig Strom liefernden Erneuerbaren im
Netz, desto teurer wird
die Stromproduktion in
konventionellen
Kraftwerken. Gruber fragt sich
deshalb, „wie das mit der
Energieliberalisierung
Hermann Egger, Kelag-Vorstandssprecher
zusammenpasst,
wenn
ein Großteil der gelieferten Energie vom Markt ausgenommen ist“. Indirekt trifft das natürlich auch die Pumpspeicherkraftwerke.
Sie leben davon, dass billiger Strom zum
Füllen der Speicher verwendet wird und
später in die andere Richtung Wasser über
die Turbinen läuft, wenn großer Bedarf den
Strompreis hoch hält. Neuerdings ändern
sich die Preise jedoch rasend schnell, was
häufige Lastwechsel erfordert, und die
Preisunterschiede zwischen „pumpen und
turbinieren“ sind auch nicht mehr so hoch
wie früher; dazu kommen Abgaben und
Vorgaben der EU, wie die Wasserrahmenrichtlinie, die an der Effizienz der Anlagen
knabbern.
Es ist inakzeptabel, die
Kosten der Erneuerbaren
der Allgemeinheit
aufzubürden.
Mehr Speicher ab 2020
Wenn sich schon bei Pumpspeicherkraftwerken mit einem Wirkungsgrad von 75
bis 80 Prozent die Rentabilitätsfrage stellt,
wie dann erst bei den weniger erprobten
Technologien, die vielleicht gerade einmal
auf 30 Prozent Wirkungsgrad kommen?
Mehrere Experten waren sich im Rahmen
der Tagung einig, dass Speicher forciert ab
2020 gebraucht werden. Welche Kapazität
sie abdecken sollen, darüber ist man in den
vorhandenen Studien jedoch sehr unterschiedlicher Meinung. „Die Prognosefehler
liegen bei 10.000 MW“, erläutert Gruber.
Unter diesen unsicheren Voraussetzungen
ist es relativ unwahrscheinlich, dass Energieunternehmen freiwillig und im großen
Stil in die nötige Entwicklung neuer Tech46 · Oesterreichs Energıe.
nologien bzw. die Infrastruktur investieren
werden. Das wird wohl nur über weitere
Reglementierungen funktionieren.
Rahmenbedingungen ändern
Wolfgang Gawlik vom Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe der
TU Wien sagt es deutlich: „Ohne Veränderungen der Rahmenbedingungen wird das,
was technisch möglich ist, nicht umgesetzt
werden.“ Er stellt sich für die Zukunft ein
„universal grid“, also ein Universalnetz, vor,
in dem die Speicher die Aufgabe haben, zwischen elektrischem, Wärme- und Gasnetz zu
vermitteln und Energie möglichst effizient
und mit geringen Umwandlungsverlusten
in jeder gerade benötigten Form zur Verfügung stellen. Wie das gehen könnte, stellte
er in seinem Projekt „Symbiose“ vor.
Auf ähnlichem Gebiet ist auch Gert MüllerSyring, Fachgebietsleiter Gasnetze/Gasanlagen der DBI Gas- und Umwelttechnik
GmbH, Deutschland, tätig. Für ihn ist eine
solche Umwandlung in chemische Energieträger die einzig sinnvolle Variante der
Langzeitspeicherung von elektrischer Energie, etwa aus Erneuerbaren. Sein Institut
beschäftigt sich gerade intensiv mit der
Frage der Wasserstofftoleranz in Gasnetzen, eine wesentliche Grundlage für den
zukünftigen Aufbau von Hybridnetzen.
Im Zuge dieser Studien hat man etwa
festgestellt, dass durch bivalent betriebene Verdichter- und Vorwärmeanlagen
im bestehenden Gasnetz ein GW an Last
vom elektrischen ins Gasnetz verschoben
werden könnte. Die ökonomischen Parameter dieser Technologie werden gerade
in norddeutschen Netzen untersucht. Der
Wermutstropfen: „Ohne Deckungsbeiträge
aus ,vermiedenem Stromleitungsbau‘, also
erhöhten Netzkosten, sind entsprechende
Anlagen derzeit nicht wirtschaftlich“, so
Müller-Syring.
IT-Branche will „abschalten“
Die Energieunternehmen tun sich jedenfalls
schwer, der Aufforderung von Stryi-Hipp zu
folgen, doch in Speicher zu investieren und
durch ihre Aufträge die Weiterentwicklung
experimenteller Technologien zu ermöglichen. Die konventionellen Kraftwerke der
E-Wirtschaft werden immer unrentabler,
weil sie wegen der Erneuerbaren seltener
laufen. Gas ist wegen der teuren Gaslieferverträge out, dafür die billige, aber weniFebruar 2014
Wirtschaft
ger saubere Braunkohle in. Die Netze, die
den Strom besser verteilen sollen, wachsen
vor allem wegen der komplexen Genehmigungsverfahren nur sehr langsam. Bleibt
das so genannte „Demand-Side-Management“. Die IT-Branche scharrt schon länger in den Startlöchern. Peter Palensky,
Chef der Sparte Energiesysteme des Austrian Institute of Technology (AIT), will
überall Informationstechnik-Systeme einbauen, welche die Verbraucher an die Kandare nehmen sollen. Wird zu wenig Strom
produziert, dann werden einfach einzelne
Geräte „abgeworfen“, wie es im Fachjargon
heißt, also wie von Geisterhand abgeschaltet. Wer einen hohen Strompreis zahlt, darf
seine Klimaanlage durchlaufen lassen oder
seinen Wäschetrockner immer einschalten
oder seine Wohnung auch zur Primetime
am Abend heizen.
Wettbewerbsfaktor
Energiekosten
Die Internationale Energieagentur (IEA) hat
jedenfalls Ende des Vorjahres eine brisante
Studie präsentiert. In Europa lägen die KosFebruar 2014
ten für die energieintensive Industrie zu
hoch, heißt es da. Bis zum Jahr 2035 würden sie immer noch das Doppelte von jenen
der USA betragen. Die Konsequenz: Der
Exportanteil Europas in diesem Bereich
werde um ein Drittel zurückgehen. In diesem Sektor ist ein Viertel der Industriebeschäftigten Europas tätig. Da stießen dann
auch die Expertenmeinungen aufeinander.
Stryi-Hipp bezeichnet die, aufgrund des
Schiefergasbooms in den USA sinkenden
Energiepreise, die zu einer Abwanderung
der energieintensiven Industrie aus Europa
führen, als vorübergehenden „Hype“.
Egger hingegen stellte immer wieder ganz
klar die Kostenfrage. Für ihn ist es nicht
akzeptabel, die Kosten und Folgekosten für
den Ausbau der Erneuerbaren allein der
Allgemeinheit aufzubürden. Er ist dafür,
dass nach dem Auslaufen der Förderungen
etwa Fotovoltaikanlagen nur noch für den
Eigenverbrauch Strom produzieren sollen,
weil ihre Leistung im Netz nicht gebraucht
werde. Es fordert neue Regelungen und
kann sich da durchaus auch Solidarbeiträge vorstellen.■
■
Kelag-Vorstandssprecher
Hermann Egger: „Es ist
notwendig, verstärkt
regenerative Energiequellen
zu nutzen und gleichzeitig
die Leistungsinfrastruktur zu
Foto: Kelag
verbessern.“
Oesterreichs Energıe. · 47
Technik
Intelligente Fenster
sparen Energie
Das neue automatische
Wiedereinschaltgerät
„Acti 9 ARA“ von Schneider Electric kann die Effizienz und Kontinuität der
Stromversorgung erhöhen.
Nach einer Fehlerauslösung sorgt ARA für eine
sofortige Wiedereinschaltung und Versorgung des
Stromkreises in einem
bestimmten Zeitabstand. So können Kosten
durch Produktions- und
Sendeausfälle – etwa bei
Mobilfunkstationen –
ebenso gering gehalten
werden wie im privaten
Bereich durch verdorbenes
Tiefkühlgut.
Insbesondere an entfernten Außenstandorten
kann die Wiedereinschaltung schnell und ohne
sofortigen Einsatz von
Wartungspersonal durchgeführt werden. Für eine
einfache Fernsteuerung
und Wartung hat das
Gerät integrierte Meldekontakte für Schaltstellungen und den finalen
Einschaltversuch. Eine
optische Anzeige an der
Vorderseite ermöglicht
eine schnelle Statusprüfung. Die Installationszeit
wird durch vier vordefinierte Wiedereinschaltprogramme so kurz wie
möglich gehalten.
48 · Oesterreichs Energıe.
Foto: Climawin
Foto: Schneider Electric
Ein Konsortium, dem drei europäische
Fenster- und Ventilationssystemhersteller
und -anbieter angehören, hat eine neue
Technologie für energieeffiziente Fenster
mit Wärmerückgewinnung entwickelt, die
bei der Sanierung von Wohnhäusern und
Industriegebäuden eingesetzt werden soll.
Die so genannten Climawin-Fenster verfügen über eine selbstständige Kühlfunktion,
die vor allem an heißen Tagen zum Einsatz
kommt.
Die Fenster erkennen die jeweils vorherrschenden Klimabedingungen außerhalb
des Gebäudes und eignen sich daher für
alle Klimazonen. Testergebnisse haben
gezeigt, dass damit eine durchschnittliche
Energieeinsparung von 20 Prozent möglich wird. Climawin wurde so konzipiert,
dass in kühlen Klimazonen die von Norden,
Osten und Westen kommende Lüftungsluft
Der Ökostrom-Boom in Deutschland führte
demnach das zweite Jahr in Folge dazu,
dass Frankreich trotz seines Status als
größter Stromexporteur in Europa von
Deutschland unter dem Strich mehr Elektrizität importiert als dorthin liefert.
Infineon setzt auf
E-Mobilität
Der Chipherstellter Infineon setzt auf einen
Durchbruch der Elektromobilität, um sein
Geschäft mit E-Autos bis 2020 zu verzehnfachen. Derzeit sorgten diese Fahrzeuge nur
für ein Zehntel des Umsatzes, den Infineon
mit Chips für Verbrennungsmotoren macht.
Wie viel Luft nach oben ist, zeige das Beispiel des elektrischen BMW i3, sagte der
Chef der Autochipsparte Jochen Hanebeck.
In jedem Modell stecken laut Hanebeck
Infineon-Produkte für mehrere hundert
Euro. Im Schnitt aller 2013 gebauten Autos
waren es nur rund 20 Euro. Der Trend
ist eindeutig: Über alle Segmente hinweg
stecken in einem Wagen mit Verbrennungsmotor Halbleiter für 251 Euro. Bei einem
Elektroauto ist es fast doppelt so viel.
Weltgrößter
Solarkollektor aus Tirol
vorgewärmt und die südliche Sonneneinstrahlung eingefangen wird. In heißen
Klima­zonen bietet die neue Technologie
eine Selbstkühlfunktion, mit der Tageslichteinfall ohne Wärmeeintrag ermöglicht wird.
Frankreichs Netz­
knoten­punkte am Limit
Der rasant wachsende Ökostrom aus
Deutschland stellt die französischen
Netzbetreiber vor immer größere Probleme. „Die Leitungen unseres Landes
werden immer mehr belastet, in manchen
Momenten sind sie nahe an der Sättigung“,
warnte der Chef des Netzbetreibers RTE,
Dominique Maillard Ende Jänner. An den
Übergabepunkten des Elektrizitätswerkes
sei das Limit im vergangenen Jahr durchschnittlich an jedem zweiten Tag erreicht
worden und damit vier Mal so oft wie noch
im Jahr 2009.
Das Tiroler Familienunternehmen Siko
Solar schaffte beim Eröffnungsevent der
Hausbau & Energie Messe in Innsbruck
Anfang Februar einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. 60 Mitarbeiter der
Firma und 60 Tiroler Installateurlehrlinge
bauten in 52,5 Minuten den größten Solarkollektor der Welt zusammen. Der Kollektor ist 20 m lang und drei Meter breit.
Vorgabe waren neben einer geforderten
Mindestgröße von 50 m2 eine Temperaturdifferenz des Wassers zwischen Kollektoreingang und -ausgang von mindestens plus
fünf Grad.
Foto: Siko Solar
Neues automatisches Wiedereinschaltgerät
Februar 2014
beruhenden Unternehmensphilosophie.
Man besinnt sich in den Chefetagen immer
öfter alter Tugenden und erkennt, dass nur
der Marathonläufer und nicht der Sprinter
ein Unternehmen langfristig am Markt hält.
„Komplexitätsgerechte Strategien haben
eine evolutionäre Logik und kopieren
die Strategie der Evolution“, meint der
Management-Stratege Fredmund Malik.
Die Kunst der guten Unternehmensführung besteht für ihn im Spagat, „gute
Gegenwartsergebnisse zu erzielen und die
Zukunft zu sichern“. Die richtige Strategie
ziele, so Malik, auf das künftige Bestehen
am Markt und nicht auf Gewinnmaximierung ab. „Wichtig ist nicht so sehr, ständig
zu wachsen, sondern wichtig ist, ständig
besser zu werden.“1
Aus diesem Streben nach kontinuierlicher
Exzellenz (das Beste für den Kunden) entsteht jedoch in der Regel Innovation und
daraus wiederum Wachstum. Erfolgreiche
Unternehmen, so eine weltweit erhobene
Foto: Reiter
W
ir leben in einer Zeit der Umbrüche, des disruptiven Wandels.
Volatile Märkte, drehende
Kapitalflüsse, bei denen Investoren etwa
gerade massiv Gelder aus den jahrelang
als Wachstumsturbos gehandelten Schwellenländern Türkei und Brasilien abziehen,
sowie Start-ups, die aus dem Nichts herausschießen und binnen Kurzem etablierte
Branchenführer aushebeln.
Unternehmen agieren mehr denn je in
einem hoch komplexen, instabilen System,
in dem die Störung zum Normalfall wird.
Manager werden zunehmend von ihrem
Umfeld gesteuert, anstatt dieses selbst
zu steuern. Dreijahresplan, strategische
Wachstumsziele? In Zeiten der Transformation ist strategische Planung – nicht Strategie – ungefähr so wirksam wie die untergegangene Planwirtschaft. Wer sich starre
Ziele wie Rendite oder Marktanteile setzt,
könnte diese möglicherweise nie erreichen.
Schon Carl von Clausewitz, preußischer
Mag. Andreas Reiter,
ZTB Zukunftsbüro
Nichts bleibt, wie es war
Militärtheoretiker des 19. Jahrhunderts
und Meister des strategischen Denkens,
erkannte, dass eine kluge Strategie flexibel
ist und sich stets Optionen offenhält. Und
dass sie vor allem nicht nur bei Schönwetter tauglich sein muss, sondern auch
im Nebel. Strategie ist die „Lehre eines
Krieges nicht unter idealen, sondern unter
wirklichen Verhältnissen“. Insbesondere in
unserer „flüssigen Moderne“ können Unternehmen nur mit strategischer Elastizität
überleben – den einen Masterplan für die
Zukunft gibt es nicht.
Bis zum Ausbruch der Finanzkrise hatten
noch schrille Guerillataktiker lautstark
ihre Kampfparolen in den Orbit gebrüllt.
Wer als CEO Erfolg haben wollte, musste
sich anscheinend das genetische Profil eines Rockstars mit MBA-Abschluss
zulegen und obendrein ein paar schicke
Differenzierungsneurosen. Die aktionistische Wachstumslogik erlitt jedoch häufig
Schiffbruch. Die Strukturkrise, die Wirtschaft und Gesellschaft derzeit – noch
immer – durchlaufen, führt aber nun zur
Revision einer auf kurzfristigen Gewinn
Februar 2014
Untersuchung, sind „fokussiert auf Veränderungen, innovativer als von den Kunden
erwartet, von Natur aus revolutionär“.2 Nur
radikale Innovationen sichern das Überleben eines Unternehmens, doch gerade der
Eintritt in neue Märkte ist bekanntlich eine
der schwierigsten Management-Aufgaben.
Noch nie hatten es Unternehmenslenker
mit so vielen Unsicherheitsfaktoren zu tun.
Da brauchen sie umso mehr jene Fähigkeit, die der Management-Vordenker Ram
Charan „Wahrnehmungsschärfe“ nennt: die
Signale auf dem Markt vor den Wettbewerbern zu erkennen. Damit dies in einem hoch
komplexen Umfeld gelingt, sollten Unternehmen ein Früherkennungssystem etablieren, das die Trends und Treiber künftiger
Entwicklungen auf den Schirm holt. Wer
diese Einflussfaktoren dann in Szenarien
neu zusammensetzt, gestaltet seine Zukunft
aktiv – als das, was sie eigentlich ist: ein
Möglichkeitsraum, den man sich mit strategischer Kreativität erschließt. Wissend,
dass auch „atemberaubende Möglichkeiten
als unlösbare Probleme verkleidet sind“.
a.reiter@ztb-zukunft.com
1
Fredmund Malik: Strategie. Navigieren
in der Komplexität der Neuen Welt,
Campus Verlag, Frankfurt/Main 2013
2 IBM: Global CEO Study, Das Unternehmen der Zukunft, 2008
Oesterreichs Energıe. · 49
Technik
Hochspannungsprüftechnik
nimmt an Wichtigkeit zu: neue
Wechselspannungsanlage an der TU Graz
Im November des Vorjahres wurde an
der TU Graz im Nikola-Tesla-Labor
eine neue Wechselspannungsanlage
mit 1,5 Mio. V eröffnet, die mit ihrer
Leistungskraft völlig neue Möglichkeiten für Forschung und Prüftechnik
eröffnet. Der Großteil der Kosten der
Wechselspannungsanlage wurde von
der Industrie getragen.
Doch zurück zu den Anfängen: 1968
wurde an der TU Graz ein neues Hochspannungslabor gebaut. Außerdem
wurde ein neues Institut für Hochspannungstechnik eingerichtet bzw.
1971 gegründet. Das Raumprogramm
sah folgende Gebäude vor: das Institut für Bau und Betrieb elektrischer
Anlagen, das Institut für Hochspannungstechnik und Technologie der
Isolierstoffe und die Versuchs- und
Forschungsanstalt für Hochspannungstechnik, zudem das Institut für
Hochfrequenztechnik. Nach mehrjähriger Bauzeit wurde im Frühjahr 1972
die Benützungserlaubnis für das neu
errichtete große Hochspannungslabor
erteilt.
Nach der Gründung des Instituts für
Hochspannungstechnik wurde auch
die Versuchsanstalt für Hochspannungstechnik mit diesem Institut
verbunden. Heute wird die Versuchsanstalt für Hochspannungstechnik
(VAH) Graz GmbH durch die Hoch-
Em. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.
tech. Dr. h. c. Michael Muhr
war von 1996 bis 2012 Professor
am Institut für Hochspannungstechnik und Systemmanagement
der TU Graz und ist seit 1990
­Leiter der Versuchsanstalt für
Hochspannungstechnik (VAH)
Graz GmbH. Er ist zudem in
internationalen Kooperationen
mit Instituten in Tschechien,
Polen, der Slowakei, Kroatien,
­Slowenien, China und Indien
sowie mit der E-Wirtschaft
­engagiert.
50 · Oesterreichs Energıe.
Abb. 1: Nikola-Tesla-Labor mit Zugangsschleuse
spannungslaboratorien der Technischen Universität gebildet. Dazu
zählen neben dem großen Hochspannungslabor (seit 2006 Nikola-TeslaLabor, Abbildung 1) die kleine Hochspannungshalle, Dissertantenlabors,
ein Dauerversuchsraum und der Extremklimaraum.
Als akkreditierte Versuchsanstalt ist
ihr das Recht übertragen, öffentliche
Urkunden für vorgenommene Prüfungen, Untersuchungen und Messungen
auf dem Gebiet der Hochspannungstechnik sowie der Isolierstofftechnologie auszustellen. Zu den Aufgaben
des Instituts zählen neben der Lehre
alle wissenschaftlichen Forschungen,
Entwicklungen und Untersuchungen.
Aufgrund dieser Aufgabenteilung zwischen dem Institut und der VAH ergibt
sich eine gute Symbiose für unsere
Partner.
Hochspannungsprüftechnik
Um die elektrische Energieversorgung
sicher und zuverlässig zu gestalten,
müssen neben einer Reihe von verschiedenen Maßnahmen auch die
Fotos: TU Graz
Komponenten der Energieversorgung
wie Generatoren, Transformatoren,
Schaltanlagen und vieles mehr standardisierten Prüfverfahren unterzogen werden. Da sowohl die kommerziellen als auch technischen Anforderungen (leistungsfähiger und gleichzeitig billiger) immer höher wurden,
gewann die Hochspannungsprüftechnik massiv an Bedeutung.
Mit dem Aufkommen der Ultrahochspannungsübertragung in den letzten Jahren, vor allem in Asien, hat
die Hochspannungsprüftechnik noch
an Wichtigkeit zugenommen. So ist
es möglich, Komponenten auf ihre
Sicherheit und Funktionsfähigkeit zu
prüfen und die Auslegung dieser Komponenten näher an die tatsächlich
auftretende Betriebsbelastung anzupassen. Zudem bringt die zunehmende
Kapazität bei Entwicklungs- und
Erzeugungsprozessen von Komponenten der elektrischen Energietechnik
sowie der praktischen Anwendung
von ihnen einen vermehrten Einsatz
von Prüf-, Diagnose- und Kontrollmechanismen mit sich.
Februar 2014
Technik
Abb. 2: Prüfung eines 110-kV-Baueinsatzkabels
Die VAH arbeitet daher in jeder Phase
eines Projektes direkt mit den zuständigen Entwicklungs-, Erzeugungsund Versorgungsunternehmen zusammen. Dabei werden nicht nur praktische Prüfungen und Untersuchungen
in den Hochspannungslabors oder
direkt vor Ort durchgeführt, sondern
es kommen auch rechnergestützte
Simulationsund
Auswerteprogramme zum Einsatz. Das benötigte
Spezialwissen wird dabei in Zusammenarbeit mit dem Institut für Hochspannungstechnik erarbeitet, sodass
mit der dynamischen Weiterentwicklung der elektrischen Energietechnik
Schritt gehalten werden kann.
Interdisziplinäre
Verknüpfung
Unsere Auftraggeber profitieren dabei
von der interdisziplinären Verknüpfung aller praktischen Anwendungen
und theoretischen Untersuchungen
sowie Studien in den unterschiedlichen Projektbereichen. Es werden theoretische Untersuchung und Studien,
Beratungstätigkeiten und Gutachten,
Entwicklungen sowie praktische Versuchs- und Prüfreihen vom Institut
und der VAH angeboten und durchgeführt. Speziell für die österreichischen
Energieunternehmen konnten in den
vergangenen Jahrzehnten zahlreiche
Hochspannungsprüfungen und Untersuchungen erfolgreich durchgeführt
werden.
Februar 2014
Abb. 3: 500-kV-V-Einfachhängekette mit Composite-Isolatoren
Im Nikola-Tesla-Labor können alle in
der IEC 60060 (Hochspannungsprüftechnik) definierten Prüfspannungen erzeugt werden. Dabei sind die
häufigsten Prüfungen die Stehspannungsprüfungen zum Nachweis der
in der IEC 60071 (Isolationskoordination) definierten Isolationspegel. Auch
werden
Teilentladungsmessungen
nach IEC 60270 an den verschiedenen Betriebsmitteln der elektrischen
Energietechnik sowie Korona- und
Funkstörspannungsprüfungen
an
Freileitungen gemäß IEC 61284 (Freileitungen) durchgeführt.
Aber auch Prüfungen an Kabeln, Stützern, Überspannungsableitern, Trennschaltern, Erdungsschaltern, Stromwandlern und Spannungswandlern
sind nach den relevanten IEC-, VDEund ÖVE-Normen ausführbar. Neben
diesen geregelten Prüfungen werden
aber auch Untersuchungen, Prüfungen
und Entwicklungen auf dem gesamten
Gebiet der Hochspannungstechnik
ausgeführt.
Diese Bereiche betreffen vor allem
alle Arten von Isolierstoffen und Isoliersystemen, ob gasförmig, flüssig
oder fest, Langzeit- und Alterungsuntersuchungen an Isoliersystemen,
wie etwa an Kabeln (Abbildung 2),
und Tests von Freileitungsisolatoren und Armaturen. Daneben werden
auch Messungen und numerische
Berechnungen von Überspannungen
sowie Untersuchungen zu speziel-
len Problemen (z. B. Verschmutzung)
durchgeführt.
Weitere Aufgaben ergeben sich in
der Elektrostatik (zum Beispiel elektrostatische Aufladung von Isolierungen), in der thermischen Diagnostik,
in der numerische Berechnung von
Temperaturverteilungen sowie von
elektromagnetischen Feldern, in der
optischen Blitzortung sowie der Erarbeitung von Blitzschutzkonzepten, in
der Zustandsbewertung von wichtigen
Komponenten der Energieversorgung
sowie im Systemmanagement, das sich
mit Fragen zum Gesamtsystem, wie
etwa Qualitätsmanagement, Lebensdaueruntersuchungen,
Instandhaltungsstrategie sowie Zuverlässigkeitsanalysen auseinandersetzt.
Interessante Arbeiten waren auch die
Prüfungen an einer 500-kV-V-Einfachhängekette für eine 400-kV-HVDCVerbindung
Australien–Tasmanien
(Abbildung 3). Für die Abspann- und
Hängeketten auf der 500-kV-Drehstromseite wurden folgende Prüfungen durchgeführt: Korona- und
Funkstörspannungsmessung, Blitzstoßprüfung,
Schaltstoßprüfung
(beregnet) und die Ein-Minuten-Stehwechselspannungsprüfung (beregnet).
Erhöhte Anzahl von
Gleichspannungsprüfungen
Zudem erhöhte sich in den letzten
Jahren aufgrund der anwachsenden Übertragungssysteme mit sehr
Oesterreichs Energıe. · 51
Technik
Abb. 4: Schaltstoßspannungsprüfung einer 22 m langen 800-kV-HGÜ-Wanddurchführung
hoher Gleichspannung die Anzahl
von
Gleichspannungsprüfungen.
Auch werden am Institut mehrere
Forschungs­
projekte für Gleichspannungsanwendungen
durchgeführt.
Dazu zählen neue Gasgemische für
gasisolierte Leitungen zur Gleichspannungsübertragung sowie die Konzeption von Öl-Papier-Isoliersystemen
für
Gleichspannungsanwendungen.
Für die Prüftechnik mit Gleichspannung waren vor allem die Funkstörspannungsprüfung einer 400-kV-Glättungsdrossel, Abnahmeprüfungen von
800-kV-HGÜ-Verbunddurchführungen
sowie die Prüfung einer 800-kV-HGÜWanddurchführung (Abbildung 4)
interessant.
Auch Vor-Ort-Prüfungen von bereits
installierten Transformatoren und
Generatoren werden durchgeführt,
wobei ein mobiler Prüfcontainer zum
Einsatz kommt. Dabei wird die nötige
Prüfspannung bis zu 50 kV (bei 7 A
bzw. 350 kVA) mit einem integrierten
Resonanzkreis erzeugt; als Messsysteme sind ein Verlustfaktormessgerät
sowie ein Messgerät zur Erfassung
der Teilentladungsparameter eingebaut. Aufgrund der gewonnenen
Messwerte, der Betriebsdaten sowie
weiterer Parameter wird der Zustand
der Betriebsgeräte mittels einer Risikoanalyse bewertet.
52 · Oesterreichs Energıe.
Das Nikola-Tesla-Labor stellt (mit
Innenabmessungen 35 m x 25 m
x 21 m) für jeden Besucher einen
Blickfang dar. Diese Labor ist mit
einer Schirmdämpfung von 100 dB
bei ein MHz elektrisch vollkommen
geschirmt. Auf dem Freigelände ist
ein Stahlwerksportal errichtet, welches als Tragwerk für Prüfungen (z. B.
Beregnungsprüfungen) im Freien
dient.
Im Inneren birgt das Labor drei Großgeräte: die dreizehnstufige Stoßspannungsanlage (Abbildung 5) ist fahrbar
angeordnet und ermöglicht bei einer
maximalen Ladespannung von 350 kV
die Erzeugung von Blitzstoßspannungen (1,2 µs/50 µs) bis ± 2600 kV bei
165 kJ sowie für Schaltstoßspannungen (250 µs/2500 µs) bis zu einer Höhe
von ± 1900 kV. Für positive Schaltstoßspannungen über +1600 kV muss die
Anlage ins Freigelände gefahren werden.
Dreistufiger Aufbau
Die Gleichspannungsanlage (Abbildung 6) kann durch ihren dreistufigen
Aufbau positive und negative Gleichspannungen bis 1500 kV bei einem
maximalen Dauerstrom von 25 mA
(kurzzeitig 30 mA) erzeugen. Diese
Anlage ist fahrbar auf einem Antriebswagen montiert und ermöglicht mit
Abb. 5: Stoßspannungsanlage
Hilfe einer Thyristoranspeisung eine
Schnellumschaltung der Spannungspolarität innerhalb von fünf Sekunden
bis ± 1000 kV.
Neue Wechsel­spannungs­
anlage mitfinanziert
Das neueste Gerät, welches wir durch
die Unterstützung der E-Wirtschaft
und der Industrie erwerben konnten, ist die Wechselspannungsanlage
(Abbildung 7) zur Erzeugung von
Spannungen bis 1500 kV bei einer Frequenz von 50 Hz. Die maximale Ausgangsleistung dieser Anlage beträgt
1500 kVA. Die Anlage besteht aus zwei
Transformatorstufen mit jeweils einer
Spannung von 750 kV und ist feststehend aufgebaut. Aufgrund ihrer Größe
ist sie aber drehbar montiert.
Mit diesen drei Großanlagen sind wir
derzeit in der Lage, alle Betriebsmittel
bis zu einer Nennspannungshöhe bei
Wechselspannung von 1000 kV und
bei Gleichspannung von 800 kV zu
prüfen. Neben diesen drei Spannungserzeugern befinden sich im Labor weitere Geräte wie Spannungsteiler, ZenFebruar 2014
Technik
tralelektrode, Prüfkessel, Prüfdurchführungen, Öl- und Vakuumanlage.
In Nebenräumen befinden sich zwei
große Ölkessel sowie eine Wasseraufbereitungsanlage.
Daneben gibt es noch eine Reihe anderer Hochspannungslabors, wie etwa
die kleine Versuchshalle mit einer
Wechselspannungsanlage für Spannungen bis 400 kV, einer Stoßspannungsanlage für Blitzstoßspannungen
bis 800 kV mit elf kJ sowie mit einem
Stoßstromgenerator für Impulsströme
bis 100 kA mit 100 kJ. Weiters die Dissertantenlabors, die mit Hochspannungsbaukästen ausgestattet sind,
einen Extremklimaraum für Temperaturen von –4 0 Grad C bis + 80 Grad C
mit einer einstellbaren Raumfeuchte
von zehn Prozent bis 95 Prozent, einen
eigenen Prüfraum für höhere Temperaturen bis +300 Grad C, einen Dauerversuchsraum für Langzeitversuche
und kleinere Labors mit Klimaschränken und verschiedenen Mess- und
Prüfeinrichtungen.n
Abb. 6: Gleichspannungsanlage
Abb. 7: Wechselspannungsanlage
Kurzfassung | Abstract
Hochspannungshalle
High Voltage Lab
In diesem Beitrag werden die Entwicklung der
Hochspannungstechnik in Graz, der Fachbereich
Hochspannungsprüftechnik sowie die große
Hochspannungshalle der Technischen Universität Graz
beschrieben und vorgestellt. Hervorgehoben werden
die Bedeutung der Hochspannungsprüftechnik zur
Qualitätssicherung der Komponenten der elektrischen
Energietechnik und damit ihr Anteil zur sicheren
Energieversorgung. Als Beispiele werden besondere
Höhepunkte unserer Prüfungen gezeigt. Mit den im letzten
Abschnitt dargestellten Einrichtungen sind wir in der Lage,
Geräte bis 1000 kV Nennwechselspannung sowie ± 800 kV
Nenngleichspannung zu prüfen und zu untersuchen. Damit
hat die Technische Universität Graz weltweit eines der
modernsten Hochspannungslaboratorien.
In this article the development of high voltage engineering
in Graz, the field of high voltage test technique and the
great high voltage lab of Graz University of Technology are
described and presented. The importance of high voltage test
technique for the quality assurance of the equipment of the
electrical power engineering is stood out and therefore the
contribution of the test technique to a safe energy supply. As
examples special highlights of our tests are shown. In the last
part of this article the equipment of the great lab is described.
With this equipment we can test all apparatus with a rated
alternative voltage up to 1000 kV and a rated direct voltage up
to ± 800 kV. Therefore the Graz University of Technology has
one of the world’s most up-to-date high voltage laboratories.
Februar 2014
Oesterreichs Energıe. · 53
Technik
Foto: Uni Kassel
Starke „Innovationsunion“gefordert
UNTER DEM TITEL „FORSCHUNG UND INNOVATION – HERAUSFORDERUNGEN DURCH DIE
ENERGIEWENDE“ VERANSTALTETE OESTERREICHS ENERGIE AKADEMIE EIN SYMPOSIUM,
DAS VOR ALLEM EINES ZEIGTE: FORSCHUNG IM ELEKTRIZITÄTSSEKTOR KANN NIEMALS NUR
„BEIPACK“ SEIN.
VON PETER KUDLICZA
D
ie Referenten, die zur Tagung „Forschung und Innovation – Herausforderungen durch die Energiewende“
der Akademie von Oesterreichs Energie
nach Wien gekommen waren, hätte hochkarätiger kaum sein können: Vertreter der
europäischen sowie der österreichischen
Forschungspolitik und des -managements
im Energiebereich, aber auch von renommierten Forschungsinstituten und -abteilungen erläuterten den aktuellen Stand der
54 · Oesterreichs Energıe.
Energiewende und vermittelten einen Ausblick auf künftige Entwicklungen – Visionen eingeschlossen.
Wolfgang Burtscher von der Generaldirektion „Forschung und Innovation“ bei der
Europäischen Kommission etwa stellte das
neue EU-Rahmenprogramm „Horizon 2020“
vor und betonte, dass Investitionen in F&E
ein „Teil des Auswegs aus der Wirtschaftskrise“ seien. Eine „Innovationsunion“ und
ein „Europäischer Forschungsraum“ sollten
Februar 2014
Technik
deshalb die globale Position der EU in Forschung, Innovation und Technologie stärken.
Um dieses Ziel zu erreichen, würden in
der Periode von 2014 bis 2020 die EUMittel für Forschung und Innovation um
rund 25 Prozent auf 79 Mrd. Euro erhöht
werden. Zudem sei die nahtlose Projektunterstützung von der Forschung bis zur
Markteinführung vorgesehen. Man werde
sich – im Gegensatz zur bisherigen rein
themenbezogenen Forschung – auf die
Lösung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen konzentrieren und den
Zugang zu den Programmen „radikal vereinfachen“.
Notwendige öffentliche
Akzeptanz
Der F&E-Bereich „Sichere, saubere und
effiziente Energie“ werde mit mehr als 5,9
Mrd. Euro dotiert. Um die langfristigen
Klima-und Energieziele zu erreichen (nach
dem Energie-Fahrplan 2050 vor allem die
weitere Reduktion der Treibhausgase bis
zur Jahrhundertmitte um 80 bis 95 Prozent
im Vergleich zu 1990, die Energieversorgungssicherheit und die Wettbewerbsfähigkeit) würden 85 Prozent des Budgets in
den nichtfossilen Energiesektor fließen und
für die Bereiche Erneuerbare, Verringerung
des Energieverbrauchs, intelligente Netze
sowie Energiespeicherung zweckgewidmet. Hiervon sollten wiederum mindestens
15 Prozent für Markteinführungsmaßnahmen von erneuerbaren Energie und Energieeffizienztechnologien aufgewendet werden. Bemerkenswert ist die „wichtige Rolle
der Geistes- und Sozialwissenschaften“,
sagt Burtscher. Nicht nur die technologische Entwicklung, sondern auch die öffentliche Akzeptanz sei wichtig.
Die thematischen Schwerpunkte des ersten
„Horizon 2020“-Arbeitsprogramms spiegelten sich in den vier „calls“ (Aufrufe zur
Antragstellung bzw. Projekteinreichung,
Anm.) wider: wettbewerbsfähige, kohlenstoffarme Energiesysteme, effiziente Energie, intelligente Städte und Gemeinden
sowie Klein- und Mittelbetriebe und „fast
track“ (Beschleunigung) für Innovationen
im Energiebereich.
Eine Zusammenfassung des Berichtes „Global Energy Assessment – auf dem Weg zu
einer nachhaltigen Zukunft“ (GEA) präsentierte wiederum Keywan Riahi vom InterFebruar 2014
national Institute for Applied Systems Analysis (iiasa) in Laxenburg. In die Erstellung
der, vom iiasa koordinierten, GEA-Studie
waren mehr als 500 Wissenschaftler, politische Entscheidungsträger, Wirtschaftsund Energieexperten aus 70 Ländern eingebunden.
Universeller Zugang
zur Elektrizität
Weltweit hätten 1,3 Mrd. Menschen keinen
Zugang zur Versorgung mit elektrischer
Energie; mehr als drei Mrd. leben ohne
moderne, saubere Kochmöglichkeiten. Es
müsse der universelle Zugang zur Elektrizität auch für die ärmsten Menschen zu
erschwinglichen Kosten und weltweit die
gesicherte Energieversorgung gewährleistet werden – bei gleichzeitiger Reduktion
der Luftverschmutzung und der gesundheitlichen Schäden in Zusammenhang mit
der Energienutzung sowie der Eindämmung des Klimawandels durch substanzielle Reduktion der Treibhausgasemissionen, fordert Riahi. Der globale, uneingeschränkte Zugang zu Energie könnte
jährlich eine Mio., die Reduktion der Schadstoffbelastung 2,6 Mio. Menschenleben retten, rechnete er vor.
Das Dilemma einer „Renaissance der Kohleverstromung“ im Zusammenhang mit niedrigen Börsestrompreisen durch ein Überangebot von Strom auf den Märkten – dies
wiederum eine Folge des auf die Einspeisung erneuerbarer Energien nicht flexibel
reagierenden Kraftwerkparks – erläuterte
Johannes Mayer vom Fraunhofer-Institut
für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg.
Die Häufigkeit niedriger Börsenstrompreise
habe im Halbjahresvergleich von 2012 zu
2013 um etwa den „Faktor vier“ zugenommen; die Stunden negativer Preise hätten
sich um knapp 50 Prozent erhöht. Insgesamt sei in den beiden Halbjahren wesentlich mehr Strom exportiert als importiert
worden, wobei sich 2013 der Exportüberschuss gegenüber dem Vorjahreszeitraum
von 8,8 TWh auf 15,6 TWh nahezu verdoppelt habe.
Renaissance der
Kohleverstromung
Die Analyse der Kraftwerksauslastung
habe ergeben, dass die verschiedenen
Kraftwerkstypen unterschiedlich auf einen
Stromüberschuss reagierten. Mayer: „Wäh-
Info
An Förderungen im Bereich
der Energieforschung herrscht
großes Interesse. Mit rund
22 Mio. Euro sind 53 Projekte
aus den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien, intelligente Netze und
Speicher vom Klimafonds zur
Förderung beschlossen und
zusätzliche acht Mio. Euro
für Leitprojekte reserviert
worden. Für Projekte aus dem
Bereich „Energieeffizienz“
ist mit 40 Prozent der größte
Anteil am Fördertopf reserviert. Hierbei steht das Ziel im
Vordergrund, den Energieverbrauch in der Industrie durch
neue, innovative Verfahren
maßgeblich zu reduzieren.
Oesterreichs Energıe. · 55
Technik
rend Steinkohle- und Gaskraftwerke auf
unter zehn Prozent der in Deutschland
installierten Nettoleistung abregeln, laufen Braunkohle- und Kernkraftwerke mit
einer Auslastung von bis zu 83 Prozent bzw.
96 Prozent weiter. Unabhängig davon hat die
Produktion aus Braunkohle- und Steinkohlekraftwerken – auch zu Niedrigpreiszeiten – 2013 deutlich zugenommen. Dadurch
wurden insbesondere Gaskraftwerke aus
dem Markt gedrängt.“ Eine
wesentliche Ursache sei
das historisch niedrige
Preisniveau für CO2-Emissionsberechtigungen und
der gefallene Weltmarktpreis für Steinkohle.
Michael Nickel, Bundesverband der Energie- und
Wasserwirtschaft (BDEW) Berlin
„Diese Entwicklung ist
insofern bedenklich, als
eine Renaissance der Kohleverstromung den Umwelt- und Klimaschutzzielen zuwiderläuft“, betonte Mayer.
Darüber hinaus sei die Zunahme niedriger und negativer Börsenstrompreise „ein
deutliches Signal mangelnder Flexibilität
im Erzeugungspark konventioneller Kraftwerke“, die den Ausbau der fluktuierenden
erneuerbaren Energien im Zuge der Energiewende flankieren sollten. Derzeit entfallen in Deutschland von rund 170 GW
Stromerzeugungskapazität etwa 33 GW auf
Fotovoltaik und 30 GW auf Windenergie.
Die auf hohe Volllaststundenzahl ausgelegten Braunkohle- und Kernkraftwerke seien
„als klassische Grundlastkraftwerke zur
Flankierung der Energiewende ungeeignet“.
Die Energiewende
bestimmt den
Forschungsbedarf.
Energiewende bestimmt
Forschungsbedarf
Steinkohlekraftwerke
arbeiteten
zwar
etwas flexibler, könnten jedoch wegen ihrer
langen Anfahrzeiten bei kurzzeitiger Überschussproduktion nicht abgeschaltet werden. Sie liefen auch bei hoher Solareinspeisung meist unvermindert durch. Gaskraftwerke böten sich wegen ihrer hohen Flexibilität und der kurzen Anfahrzeiten als
ideale Brückentechnologie zur Ergänzung
erneuerbarer Energien an, hätten jedoch
beim gegenwärtigen Preisniveau für CO2Emissionsberechtigungen die höchsten
Grenzkosten.
„Die Energiewende bestimmt den Forschungsbedarf“, postulierte Michael Nickel
vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in Berlin. Gefordert
56 · Oesterreichs Energıe.
werde vor allem „die Verankerung der systemischen Sicht als Leitmotiv der Energieforschung“, die Schaffung verlässlicher
Rahmenbedingungen,
Technologieoffenheit, Unterstützung der Markteinführung
und Kommerzialisierung neuer Technologien, verlässliche Forschungsförderung
sowie ein innovations- und investitionsfreundliches Umfeld.
Von der neuen deutschen Bundesregierung erwarte sich der BDEW, so Nickel, die
Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2014, Grundsatzentscheidungen über ein neues Energiemarktdesign,
eine Stärkung des Wettbewerbsgedankens,
die konsequentere Umsetzung des europäischen Binnenmarktes und gemeinsamer
europäischer Klimaziele über 2020 hinaus,
ein klares Bekenntnis zur Fortsetzung der
Energiewende sowie eine transparente Kostendiskussion, ein noch wirksameres Projektmanagement, aber auch eine verstärkte
Koordination zwischen Bund, Ländern,
Kommunen und der Zivilgesellschaft.
„Die Entwicklung von Smart-Grid-Lösungen ist ein entscheidender Schritt auf dem
Weg zu nachhaltigen Energiesystemen der
Zukunft“, sagte Michael Hübner von der
Abteilung Energie- und Umwelttechnologien im Bundesministerium für Verkehr,
Innovation und Technologie (bmvit). Mit
der Entwicklung und der Anwendung von
Smart Grids sollen aktuelle und künftige
Herausforderungen wie die schwankende
Stromerzeugung durch erneuerbare Energieträger, die zunehmend dezentrale Stromerzeugung und -speicherung sowie die
verstärkte Nachfrage nach Energiedienstleistungen bewältigt werden. Mit eingeschlossen seien Fragen des überregionalen
Zusammenspiels und der Rückwirkungen
von neuen Entwicklungen im Verteilnetz
auf die Transportebene.
Erfolgreiche Smart Grids
aus Österreich
„Smart Grids aus Österreich sind international sehr erfolgreich“, hob Hübner hervor.
So sei etwa die Modellregion Salzburg als
„Core Project“, DG Demonet MV und DG
Demonet LV als „Support Projects“ im Europäischen Strategieplan für Energietechnologie (SET-Plan) bewertet worden.
Es gebe jedoch noch offene Fragen, wobei
vor allem die Konvergenz von Energie- und
IKT-Systemen – die Infrastruktur für den
Februar 2014
Technik
Datentransport, das Datenmanagement
sowie der Datenzugang für Dienstleistungsentwickler und die Minimierung der damit
verbundenen Risken im Fokus stehe. Ungeklärt sei auch, ob der gegenwärtige energierechtliche und regulatorische Rahmen für
die Einführung von Smart Grids ausreiche
oder Anpassungen notwendig seien. Auch
ein Gesamtbild, das die volkswirtschaftliche Perspektive einschließe, fehle derzeit
noch.
Über anhaltendes großes Interesse an Förderungen im Bereich der Energieforschung
berichtete der Klimafonds: Mit rund 22 Mio.
Euro sind kürzlich 53 Projekte aus den
Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare
Energien, intelligente Netze und Speicher
zur Förderung beschlossen und zusätzliche
acht Mio. Euro für Leitprojekte reserviert
worden.
Für Projekte aus dem Bereich „Energieeffizienz“ sei mit 40 Prozent der größte Anteil
am Fördertopf reserviert, berichtete KlimaFebruar 2014
fonds-Geschäftsführerin Theresia Vogel.
Hierbei stehe das Ziel im Vordergrund, den
Energieverbrauch in der Industrie durch
neue, innovative Verfahren maßgeblich zu
reduzieren. Etwa ein Viertel der Fördermittel sei für Energieeffizienz und -einsparung
vorgesehen, das verbleibende Drittel des
Gesamtvolumens für Transformation, Netze
und Speicherung.
Das Interesse an der
Veranstaltung von Oesterreichs
Energie Akademie und ihren
hochrangigen Referenten war
Foto: Oesterreichs Energie
groß.
Smart-Home-Markt im Fokus
Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und
Wettbewerbsfähigkeit seien, so Wolfgang
Pell, die energiepolitischen Prioritäten Europas. Der Leiter des Verbund-Kompetenzzentrums Innovation berief sich auf Studien,
wonach neue, servicebasierte Geschäftsmodelle Energieeffizienz im Umfang von
1000 TWh – entsprechend einem Wert von
30 Mrd. Euro – erschließen könnten. Das
größte Einsparungspotenzial liege bei
Gebäuden, weshalb dem Smart-Home-Markt
besondere Bedeutung zukomme.
Oesterreichs Energıe. · 57
Technik
„Moderne Steuerungs- und Kommunikationstechnologien ermöglichen die Verbrauchssteuerung in Echtzeit; Verbraucher
werden zu neuen Anbietern von Flexibilität“, beschrieb Pell ein Zukunftsszenario. Aggregate bündelten flexible Systeme;
lokale Erzeugungstechnologien deckten den
Verbrauch und vermarkten Überschüsse.
Innovationen und Investitionen
Foto: Oesterreichs Energie
Neue Speichertechnologien machten den
lokalen Einsatz wirtschaftlich; autarke
Einheiten wie Haushalte, Gewerbe und
Industrie kombinierten Eigenerzeugung
und Speicher mit einer Steuerung des Verbrauchs. Bis 2020 würden die Kosten der
Wind- und Solarenergie auf etwa 60 Prozent gegenüber 2011 sinken, was vor allem
den von 190 Euro/MWh auf 81 Euro/MWh
reduzierten Fotovoltaikkosten zuzuschreiben sein werde.
Links zu weiteren
­Informationen:
Fachtagung „Forschung und Innovation“ von Oesterreichs Energie
Zugriff auf die Präsentationen zu dieser Veranstaltung:
http://eventmaker.at/oesterreichs_energie_akademie/
forschung_und_innovation__herausforderungen_durch_die_energiewende/
dc34ad9221d5 c6bcd1 f57ecd1d1702daf.4070_18806.html
Horizon 2020 – das neue EU-Rahmenprogramm für Forschung und
­Innovation (2014–2020):
www.ec.europa/research/horizon2020
58 · Oesterreichs Energıe.
Im Spannungsfeld von Wettbewerb, Versorgungssicherheit und nachhaltigen Elektrizitätssystemen seien Innovationen in der
Energieforschung, aber auch ausreichende
Investitionen erforderlich, erklärte der
Vorsitzende von Oesterreichs Energie Forschung und Innovation, Hermann Egger. Da
weder einzelne Unternehmen noch staat­
liche Institutionen allein tragfähige Lösungen entwickeln könnten, sei gemeinsames
Handeln notwendig – von der Kooperation
mit staatlichen Stellen und Interessenvertretungen über die Zusammenarbeit mit
universitären
Forschungseinrichtungen,
die Abstimmung mit Normungsinstitutionen und vergleichbaren Regelinstitutionen,
dem Einbringen nationaler Erfahrungen in
internationale Gremien bis zur Förderung
junger Wissenschaftler.
In Österreich sei zwar der Anteil von Strom
aus erneuerbarer Energie traditionell sehr
hoch und damit der CO2-Ausstoß bei der
Stromerzeugung vergleichsweise niedrig,
„aber auch wir müssen die Erzeugungskapazitäten aus erneuerbarer Energie
ausbauen“, so Egger. Jedoch werde in den
nächsten zehn Jahren nur etwa ein Drittel
des realisierbaren Restpotenzials der Wasserkraft tatsächlich genutzt werden können.
Notwendig sei jedenfalls eine Erweiterung der vorhandenen Speicherkapazitäten sowie die Entwicklung neuer Speichertechnologien, um auch bei schwankendem,
nicht planbarem Ertrag aus erneuerbaren
Energien, wie Fotovoltaik und Windkraft,
eine zuverlässige und stabile Stromversorgung zu gewährleisten. Mit den vorliegenden Pumpspeicherprojekten in Deutschland, der Schweiz und in Österreich (Investitionsvolumen: 20 Mrd. Euro) könnte die
Kapazität der gegenwärtig installierten
Anlagen im nächsten Jahrzehnt verdoppelt
werden.
Voraussetzungen seien, so Egger, vor allem
faire regulatorische Rahmenbedingungen
und beschleunigte Genehmigungsverfahren. Und: „Das Marktdesign der Zukunft
muss CO2-freie Bereitstellung von Systemdienstleistungen durch Pumpspeicher
anerkennen und unterstützen.“ Egger: „Die
Elektrizitätswirtschaft muss Anforderungen meistern, die uns durch die Verantwortung für die Energieaufbringung, für die
Umwelt, aber auch für die Versorgung der
Konsumenten gegeben ist.“n
Februar 2014
Standardisation Corner
Aktuelle Zwischenberichte der Smart Grid
Coordination Group
Die CEN-CLC-ETSI Smart Grid Coordination Group (SGCG) wurde letztes
Jahr durch die Iteration des Mandates M/490 verlängert. Dabei wurde die
Struktur der Arbeitsgruppen angepasst und umorganisiert: Neu hinzugekommen ist die Arbeitsgruppe
„Interoperability“, welche sich gut in
das Gesamtbild einfügt. Insgesamt
fanden seit dem Start der SGCG über
hundert Sitzungen und Webkonferenzen statt, welche die aktive Arbeit der
SGCG widerspiegeln. Gleichzeitig hat
die SGCG die internationale Zusammenarbeit mit IEC, US NIST sowie mit
den Standardisierungsorganisationen
von Kanada und Japan ausgebaut.
Weitere Verbindungen zu Kontakten
im asiatischen Raum sind in Vorbereitung.
Aktuell liegen die Zwischenberichte
der vier Gruppen „Set of Standards“,
„Methodology and New Applications“,
„Interoperability“ und „Smart Grid
Information Security“ zur Kommentierung auf.
Interoperability
Wie der Name bereits sagt, arbeitet
die Arbeitsgruppe „Interoperability“
an der Interoperabilität der stetig
steigenden Anzahl von IKT-Komponenten (Informations- und Kommunikationstechnik), welche inzwischen
in allen Bereichen der Infrastruktur
der E-Wirtschaft eingesetzt werden.
Erklärtes Ziel ist es, eine verlässliche,
resiliente, sichere und eben interoperable Smart-Grid-Infrastruktur zu
schaffen.
Das von der inzwischen aufgelassenen Arbeitsgruppe Architektur entwickelte Architekturmodell für Smart
Grids hat hier schon Vorarbeit geleis-
Februar 2014
tet und unterstützt per se die Interoperabilität.
Der jetzt zur Kommentierung verteilte Zwischenbericht definiert verschiedene Begrifflichkeiten, die im
Zusammenhang mit der Interoperabilität stehen, wie etwa Konformität,
gegenseitige Verträglichkeit sowie
Austauschbarkeit. Mittels Use Cases
(Anwendungsfälle) soll die Interoperabilität des Systems untersucht werden
und mit eigens dafür erstellten Tests
überprüft und verifiziert werden.
flexibel auf neue Anwendungen und
Marktmodelle
angepasst
werden
kann. Die Arbeit dieser Gruppe versteht sich als Unterstützung für Standardisierungsgremien und soll diesen
eine eindeutige und einfach anwendbare Vorgehensweise bieten.
Smart Grid
Information Security
Die Arbeitsgruppe „Set of Standards“
hatte sich ein zweites Mal den Standardisierungslücken gewidmet. Mittels einer Umfrage unter allen Mitgliedern der SGCG wurde erhoben,
in welchen Bereichen noch Bedarf
für Standardisierung besteht. Der
nun vorliegende Zwischenbericht
beschreibt die gewählte Vorgehensweise zur Identifizierung der Standardisierungslücken, die aufgedeckten
Lücken selber, die Umfrageresultate
sowie die Schlussfolgerungen und
erarbeiteten Empfehlungen.
Sicherheit muss bereits bei der Konstruktion von Systemen berücksichtigt werden: „security-by-design“. Die
Grundlagen für die Arbeit der Untergruppe „Smart Grid Information Security“ sind bestehende Sicherheitsstandards, das SGAM, die SGIS-Security
Levels (SGIS-SL) sowie einige relevante Anwendungsfälle. Im vorliegenden Zwischenbericht werden diese
Grundlagen mit den Empfehlungen
der European Union Agency for Network and Information Security (Enisa)
verknüpft und stellen somit einen
Leitfaden zu den Security Levels dar.
Zusätzlich konnte die SGIS-Toolbox,
die in der ersten Phase der Arbeitsgruppe erstellt worden war, weiter
verbessert werden.
Methodology and
New Applications
Übersicht über
Smart-Grid-Standards
In der Arbeitsgruppe „Methodology
and New Applications“ sind die bisherigen Methoden und Elemente, wie
das Smart Grid Architectural Model
(SGAM), weitere Architecture Models,
die Use-Cases-Methode sowie die
SGIS-Toolbox (Smart Grid Information Security) zu vervollständigen und
falls notwendig zu vereinheitlichen.
Daraus soll eine klar verständliche
Methode entstehen, die ein abgerundetes und stimmiges Bild ergibt und
Die IEC hat bestehende Smart-GridStandards gesammelt, in eine interaktive Übersicht gepackt und unter
der Webadresse http://smartgridstandardsmap.com/ online gestellt. In eine
ähnliche Richtung geht die europäische
Initiative Stargrid: http://stargrid.eu/.
Weiter Informationen erhalten Sie
bei Oesterreichs Energie, Technisches
Consulting, Dipl.-Ing. Armin Selhofer,
MSc; Tel.: +43 1/501 98-232 bzw.
a.selhofer@oesterreichsenergie.at
Set of Standards
Oesterreichs Energıe. · 59
Blitzlichter
Sonderrabatt für
100.000 LED-Lampen
Foto: Energie AG
Anfang Februar waren
rund 200 Monteure der
KNG-Kärnten Netz GmbH
im Dauereinsatz, um
Schäden im Stromnetz
zu reparieren, nachdem
außergewöhnlich starke
Schneefälle und Eisregen
in Kärnten ein Schneechaos angerichtet hatten.
Besonders betroffen von
den Schneemassen waren
die südlichen Landesteile,
vom Lesachtal bis zum
unteren Lavanttal, aber
auch Gebiete in Ober- und
Mittelkärnten.
Die Monteure mussten
unter extrem schwierigen
und gefährlichen Bedingungen arbeiten, Bäume
stürzten unter der Schneelast zusammen, Straßen
waren gesperrt. Bevor es
gelang, die Stromversorgung wiederherzustellen,
waren 1500 Kundenanlagen unversorgt. Meist
waren umstürzende
Bäume die Ursache für
Mastbrüche und Leitungsunterbrechungen.
Hilfestellung erhielt die
KNG-Kärnten Netz von
Bundesheersoldaten und
von anderen Netzbetreiber, wie etwa durch die
Energie AG, die – nach
vorangegangener Reparaturhilfe in der Steiermark
– auf Anforderung der
Kelag Servicetrupps der
„Energie AG Oberösterreich Tech Services GmbH“
auch nach Kärnten
schickte.
60 · Oesterreichs Energıe.
Foto: Energie Steiermark
Monteure
kämpften mit
Schneechaos
Spar-Geschäftsführer Christoph Holzer (mi.) mit dem
Vorstandssprecher der Energie Steiermark, Dipl.-Ing.
Christian Purrer (li.), und dem Geschäftsführer der
Energie Graz, Mag. Dr. Gert Heigl
Die Energie Steiermark und die Energie Graz haben eine neue Stromspar­
aktion gestartet. Seit 3. Februar werden
100.000 Philips-LED-Lampen via Spar,
Euro- und Interspar mit kräftigem
­Sonderrabatt verkauft. „Wir wollen das
Stromsparen so einfach wie möglich
machen“, sagte Energie Steiermark-­
Vorstandssprecher Christian Purrer, darum
stellen wir jetzt exklusiv für unsere K
­ unden
diese LED-Lampen mit einem S
­ onderrabatt
von 60 Prozent zur Verfügung.“
Kunden der beiden Energieunternehmen
bekommen per Post einen Gutschein, mit
dem sie je eine dieser Lampen statt um
9,99 Euro um 3,90 Euro kaufen können.
Dadurch können bis zu 4,5 Mio. kWh Strom
pro Jahr eingespart werden. Das entspricht
einem durchschnittlichen Verbrauch von
rund 1300 Haushalten.
Zusätzlich dazu wird der Kauf eines neuen
Haushaltsgeräts höchster Energieeffizienzklasse mit einem 30-Euro-Bonus gefördert.
Der Bonus wird mit der nächsten Jahresabrechnung gutgeschrieben.
Illwerke starten heuer
Obervermunt II
Noch heuer werden die Illwerke mit dem
Bau des neuen Pumpspeicherkraftwerks
Obervermunt II beginnen, nachdem – nach
dem Verfassungsgerichtshof – auch der
Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde
einer Bürgerinitiative abgelehnt hatte.
„Mit dem Entscheid des Verwaltungsgerichtshofes entsteht für uns Rechtssicher-
heit und wir können den Baubeschluss
fassen“, zeigt sich Illwerke-Vorstand Chris­
tof Germann erfreut. Vorarlbergs Landeshauptmann und Eigentümervertreter
Markus Wallner bezeichnete das Kraftwerk
als „ein wesentliches Zukunftsprojekt im
Zusammenhang mit der Energieautonomie
2050“. Damit könnte im Mai 2014 mit dem
Bau begonnen werden.
Der Baustart hatte sich um rund ein Jahr
verzögert, weil eine Bürgerinitiative Nachteile durch den höheren Stromtransport
befürchtet hatte. Sie verlangte eine unterirdische Führung der Leitungsstränge,
was die Illwerke aus finanziellen Gründen ablehnten. Im Dezember 2012 wurde
das Umweltverträglichkeitsverfahren der
Landesregierung für das neue Pumpspeicherkraftwerk positiv abgeschlossen. Die
Bürgerinitiative erhob aber dagegen Einspruch beim Umweltsenat, der diesen im
Frühjahr 2013 abwies. Die Bürgerinitiative
wandte sich daraufhin an die Höchstgerichte, die aber nun ebenfalls im Sinne der
Illwerke entschieden.
Das rund 500 Mio. Euro teure Pumpspeicherkraftwerk zwischen den beiden Montafoner Stauseen Silvretta und Vermunt ist als
Parallelkraftwerk zum bestehenden Obervermuntwerk konzipiert und soll Ende 2018
mit einer Leistung von 360 MW im Turbinen- und im Pumpbetrieb ans Netz gehen.
Der deutsche Energieversorger EnBW
sicherte sich 50 Prozent des Stroms.
Dafür finanziert er das Obervermuntwerk II, das rund 40 Mio. Euro teure
Rellswerk, das Ende 2016 fertig sein soll,
und den Ausbau der Umspannanlage in
Bürs (Bezirk Bludenz) in Höhe von 60 Mio.
Euro mit.
„Privater“
Energiespeicher
Erstmals wurde von der Energie Burgenland ein Privathaushalt mit einem Energiespeichersystem für eine Fotovoltaikanlage
ausgestattet. Mit diesem System ist es
möglich, Strom vom Dach zu speichern und
bei Bedarf abzurufen. Mit einer Kapazität von zehn kWh kann ein Haushalt über
zehn Stunden mit erneuerbarer Energie
versorgt werden. Eine besonders leistungsstarke Batterie sorgt für sichere Stromversorgung.
Februar 2014
Blitzlichter
Strom- und Erdgaskunden der Energie
Burgenland können bis zu sieben Prozent der Energiekosten sparen. Mit einem
Partnerbonus können alle interessierten
Kunden ihre Energiekosten senken. Kunden
mit einem Stromverbrauch von 4500 kWh
zahlen damit bis zu 27 Euro weniger im
Jahr. Für Erdgaskunden mit einem Verbrauch von 20.000 kWh beträgt die Ersparnis sogar bis zu 48 Euro.
„Als fairer Partner der Burgenländer geben
wir mit dem Partnerbonus einen Preisvorteil weiter, der durch die Einkaufssituation
am Energiemarkt möglich ist“, erklärte
Vorstandssprecher Michael Gerbavsits.
„Dazu bekommen die Kunden kompetentes
Service, individuelle Beratung in Energiefragen und zu 100 Prozent Ökostrom
aus Österreich.“ Um vom Partnerbonus
(0,5 Cent/kWh Strom, 0,2 Cent/kWh Erdgas)
zu profitieren, wird der Kunde für ein Jahr
„Partner“ und die Energie Burgenland kann
die, für diesen Zeitraum benötigte Energiemenge bereits im Voraus günstig an der
Börse kaufen.
Auszeichnung für
Energiecomfort
Foto: Regi Holz
Bei der 4. Mitteleuropäischen Biomassekonferenz bekam der Energiedienstleister Energiecomfort einen Preis für sein
Februar 2014
„Tuning“ für Biomasseanlagen. Dabei
kann mit weniger Brennstoffeinsatz mehr
Wärme erzeugt werden. Viele unrentable,
aber ökologisch sinnvolle Ortswärmenetze
können damit profitabler geführt werden.
Das „Tuning-Produkt“ von Energiecomfort
wird seit der Markteinführung vor einem
Jahr sehr gut nachgefragt. Derzeit werden
von den Tuning-Spezialisten in ganz Österreich dutzende Anlagen mit einer Leistung
von mehr als 100 MW mit dem Ziel analysiert, diese zu optimieren.
Maßgeschneiderte Konzepte würden
gegenüber Standardlösungen zu einer
deutlichen Verbesserung des Betriebsverhaltens und zur Reduktion des Brennstoff­
einsatzes führen“, hieß es bei der Preisverleihung.
Verbund will in
Deutschland wachsen
Der Verbund will sein Deutschlandgeschäft
weiter ausbauen. „Der deutsche Markt
ist für uns genauso wichtig wie unser
Heimatmarkt. Deutschland ist das größte
Stromland Europas“, sagte Verbund-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Anzengruber
dazu in einem Interview. „Das ist für uns
ein gutes Geschäft.“ Der Konzern wolle
weitere Kunden gewinnen. Rund die Hälfte
des Stroms werde bereits in Deutschland
abgesetzt.
Anzengruber kann sich auch eine engere
Zusammenarbeit mit deutschen Versorgern
vorstellen. „Grundsätzlich ist unsere Tür
offen.“ Gesellschaftliche Verflechtungen
müssten sich daraus aber nicht ergeben.
„Das ist nicht unser Ziel“, so Anzengruber.
An Windenergieprojekten auf hoher See,
für die etwa RWE Partner sucht, werde
sich der Konzern aber nicht beteiligen.
„Wir gehen nicht in Offshore. Wir sind kein
Finanzinvestor“, so Anzengruber dezidiert.
Der Verbund hatte von E.ON Beteiligungen
an acht bayerischen Laufwasserkraftwerken übernommen. In Gegenzug erhielt der
deutsche Energiekonzern vom Verbund
den 50-Prozent-Anteil an dem türkischen
Versorger Enerjisa. „Wir haben 21 Wasserkraftwerke im süddeutschen Raum“, sagte
Anzengruber. Diese hätten eine Leistung
von 660 MW. Dazu kämen noch Windkraftanlagen mit knapp 100 MW in RheinlandPfalz.
Tinetz im
­Wintereinsatz
erfolgreich
Foto: Tinetz-Stromnetz Tirol AG
Foto: Energie Burgenland
Energie Burgenland
bietet Partnerbonus
Der Wintereinbruch
machte Anfang Februar
auch in Osttirol den
Einsatz von zahlreichen Montagetrupps der
Tinetz-Stromnetz Tirol AG
notwendig. Die Trupps
konnten damit trotz
Schneemassen die Stromversorgung im ganzen
Bezirk Lienz ohne größere
Störungen sicherstellen.
Dies betonten die TinetzVorstände Franz Hairer
und Thomas Trattler mit
einem „großen Danke“ an
die Meister und Monteure.
„Anfang Februar waren
die Bäume nur im Holz
gefroren und der erste
gefallene Schnee war
leicht. Dies verhinderte
großflächige Schäden im
Wald und damit auch an
den Leitungen. Zudem
haben wir die gefährdeten
Bäume in Leitungsnähe
bereits vorbeugend entfernt“, berichtete Trattler.
Angesichts der kritischen
Wetterprognosen hatte
die Tinetz die Notfallorganisation aktiviert und
ebenso wie bei den letzten
Störereignissen zusätzlich
vier Bereitschaftstrupps
samt mobilen Stromaggregaten nach Osttirol verlegt. Hairer: „Die Trupps
konnten wir nach der
Entspannung der Lage
auch noch zur Unterstützung ins Kärntner Gailtal
entsenden.“
Oesterreichs Energıe. · 61
Termine
Oesterreichs Akademie Termine
6. März 2014
1. bis 2. April 2014
TAEV 2012 – Neuerungen und
ausgewählte Themen
Fortbildungsseminar –
ArbeitnehmerInnenschutz im
EVU mit Schwerpunkt für Büro
und Verwaltung
Seminar, Wien
Informieren Sie sich aus erster Hand über alle ab Erscheinungstermin der TAEV 2012 geltenden Neuerungen zu den
technischen Festlegungen der Netzbetreiber über die Ausführungen des Hausanschlusses und die technischen Bedingungen
des Anschlusses an das öffentliche Netz. Erhalten Sie darüber
hinaus einen kompakten Überblick über die geltenden Errichtungsbestimmungen für elektrische Niederspannungsanlagen.
13. bis 14. März 2014
HR-Personal­
entwicklungsmanagement
Workshop, Fuschl am See
Dieser Workshop ist der Treffpunkt der Personalisten aus der
österreichischen E-Wirtschaft zu Beginn jedes Jahres. Die Veranstaltung steht ganz im Zeichen des Erfahrungsaustausches
mit Impulsreferaten aus dem Bereich der Personalentwicklung
der Unternehmen! Dazu behandelt ein externer Experte spannende und aktuelle Themen aus der Personalwirtschaft.
18. bis 19. März 2014
Kraftwerksingenieure in
Wärmekraftanlagen
Seminar, Linz
In Kooperation mit der Linz AG findet das Seminar auch in
dessen Räumlichkeiten statt. Das Programm gliedert sich wie
immer in spannende und aktuelle Vorträge, die Besichtigung
einer Anlage vor Ort sowie den Erfahrungsaustausch in Gruppenarbeiten. Nutzen Sie die Möglichkeit, sich mit Kollegen aus
der österreichischen E-Wirtschaft auszutauschen, und nehmen
Sie viele wertvolle Kontakte mit in Ihren Arbeitsalltag.
Seminar, Salzburg
Dieses Seminar wendet sich an alle Verantwortlichen und
Beteiligten, die in Elektrizitätsunternehmen mit Aufgaben des
ArbeitnehmerInnenschutzes im Büro- und Verwaltungsbereich
befasst sind. Im Rahmen des Seminars können Sie sich über
die aktuelle Gesetzeslage informieren und durch den Erfahrungsaustausch über die Unternehmensgrenzen hinweg neue
Impulse für Ihre Tätigkeit mitnehmen.
24. April 2014
Sicherer Umgang mit
elektrischen Anlagen?
Seminar, Wien
Das Seminar bietet technischen Hintergrund und Vorführungen
zur Bewusstmachung von Gefahren und Risiken im Umgang
mit elektrischen Anlagen sowie zu ergreifenden Maßnahmen
für die persönliche Sicherheit.
29. April 2014
Dem Widerstand
zuvorkommen: frühzeitige
Öffentlichkeitsbeteiligung
Seminar, Wien
Wenn Sie mit Ihren Beteiligungsangeboten an die Öffentlichkeit früh dran sind, dann können Sie die Beteiligung aktiv
gestalten und mit den konstruktiven Kräften kooperieren. Sie
können die strategischen Planungsfragen gemeinsam klären,
akzeptierte Lösungen finden und somit auf ein solides Fundament aufbauen. Lernen Sie in diesem interaktiven Seminar die
Erfolgsfaktoren für frühzeitige Beteiligungsprozesse kennen.
Mai 2014
19. bis 23. Mai
Smart Grids Week
Kongress, Graz (A)
Sympos Veranstaltungsmanagement GmbH, Plenergasse 1, 1180 Wien
Tel.: +43 1/409 79 36-66, Fax: +43 1/409 79 36-69
E-Mail: office@sympos.at, Internet: www.sympos.biz
Juni 2014
5. bis 6. Juni
Energy Talks Ossiach 2014
Kongress, Stift Ossiach (A)
Sympos Veranstaltungsmanagement GmbH, Plenergasse 1, 1180 Wien
Tel.: +43 1/409 79 36-66, Fax: +43 1/409 79 36-69
E-Mail: karin.auer@sympos.at, Internet: www.energytalks.com
62 · Oesterreichs Energıe.
Februar 2014
Termine
Oesterreichs Akademie Termine
13. bis 15. Mai 2014
10. bis 11. September 2014
Schutztechnik
Anschluss und Parallelbetrieb
von PV-Anlagen
Seminar, Fuschl am See
Die Veranstaltung wendet sich an Betriebstechniker allgemein sowie an alle jene Dienstnehmer eines Unternehmens,
die im Kern- oder Randbereich ihres Arbeitsgebietes mit
Schutzfragen konfrontiert sind. Bei diesem Seminar werden
theoretische Grundlagen der Schutztechnik vermittelt sowie
durch ­Gruppenarbeiten und Übungen vertieft. Darüber hinaus
ist genügend Zeit für Diskussion und Erfahrungsaustausch
vorgesehen.
24. bis 25. Juni 2014
Österreichs E-Wirtschaft
kompakt
Seminar, Wien
Lernen Sie bei diesem Seminar wirtschaftliche und technische
Zusammenhänge der E-Wirtschaft kennen und erfahren Sie
mehr über die Hintergründe und die aktuellen Entwicklungen
in den Bereichen Erzeugung, Netze, Handel & Vertrieb und
Recht. Darüber hinaus erhalten Sie Einblicke in die energiewirtschaftlichen Mechanismen der EU und die wichtigsten
technischen Regelwerke von Österreichs Energie. Eine Exkursion zur Austrian Power Grid Control rundet das Angebot ab.
9. bis 10. September 2014
Fortbildungsseminar für
Brandschutzbeauftragte und
Brandschutzwarte
Seminar, Wien
Im Zuge des verstärkten Ausbaus der erneuerbaren Energien
kommt dem Thema Anschluss und Parallelbetrieb von PV-Anlagen eine immer größer werdende Bedeutung zu. Der erste Tag
beschäftigt sich mit Inhalten wie Netzintegration, Power Quality, Vorschriften für den Netzanschluss, Anschlussbeurteilung
sowie netzstützende Funktionen von dezentralen Erzeugungsanlagen. Der zweite Tag steht ganz im Zeichen der Praxis mit
Demonstrationen und praktischen Übungen im Labor.
24. bis 25. September 2014
Oesterreichs Energie
Kongress 2014
Kongress, Wien
Reservieren Sie sich bereits heute den Termin für den Branchentreffpunkt des Jahres 2014, bei dem sich die Entscheider
der Branche mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft und
Medien auf Oesterreichs Energie Kongress in Graz treffen.
Hochkarätige Referenten und Diskussionspartner aus dem
In- und Ausland werden Ihnen ihre Sicht auf die Herausforderungen der E-Wirtschaft präsentieren und Handlungsoptionen
darlegen. Nutzen Sie dazu den Rahmen mit Abendprogramm
und Exkursionen für einen intensiven Erfahrungsaustausch.
Denn nirgendwo sonst kommen so viele hochkarätige Branchenvertreter in Österreich zusammen!
Information und Anmeldung:
Seminar, Linz
Entsprechend der Technischen Richtlinie für vorbeugenden
Brandschutz – TRVB O 117 – ist für Brandschutzbeauftragte
innerhalb von 5 Jahren ein Fortbildungsseminar zu besuchen,
um die Verlängerung der Gültigkeit des Brandschutzpasses
um darauf folgende 5 Jahre zu erlangen und aktuelle Informa­
tionen über Neuerungen auf dem Gebiet des Brandschutzes zu
erhalten. Für Brandschutzwarte wird ein Fortbildungs­seminar
empfohlen (die Fortbildung von Brandschutzwarten hat
innerhalb von 5 Jahren zumindest innerbetrieblich durch den
Brandschutzbeauftragten zu erfolgen).
1040 Wien, Brahmsplatz 3
Tel.: +43 1/501 98-304, Fax: +43 1/501 98-902
E-Mail: akademie@oesterreichsenergie.at
Internet: www.akademie.oesterreichsenergie.at
IMPRESSUM
Herausgeber und Medieninhaber: Österreichs E-Wirtschaft, Brahmsplatz 3, A-1040 Wien, Telefon: +43 1/501 98-0, Telefax: +43 1/505 12 18, E-Mail: info@oesterreichsenergie.at, Internet:
www.oesterreichsenergie.at | Redaktion: Ernst Brandstetter, Chefredakteur; Monika Bachhofer, Chefin vom Dienst; Melanie Krenn, BA, Redakteurin | Verleger: Österreichischer Wirtschaftsverlag
GmbH, Grünbergstraße 15, A-1120 Wien, Telefon: +43 1/546 64-0, Telefax: +43 1/546 64-528 | Anzeigen: Franz-Michael Seidl (Verkaufsleitung), DW 240, m.seidl@wirtschaftsverlag.at; Christina Fürst
(Objektleiter), DW 286, c.fuerst@wirtschaftsverlag.at; Renate Weber (Service), DW 482, E-Mail: oesterreichsenergie@wirtschaftsverlag.at | Anzeigentarif: Nr. 20, gültig ab 1. Jänner 2014 | DVR: 0368491 | Abonnement: Aboservice Österr. Wirtschaftsverlag, Telefon: +43 1/361 70 70-570, Telefax: +43 1/361 70 70-9570, E-Mail: aboservice@wirtschaftsverlag.at | Preise: Abonnement
Inland: € 135,–, Ausland: € 171,–; Mitglieder Inland: € 83,–, Mitglieder Ausland: € 119,–; alle Preise inklusive Mehrwertsteuer und Versandkosten. Abonnements, die nicht einen Monat vor Ablauf des
­Bezugsjahres storniert werden, laufen weiter. | Grafik: Johannes Pufler | Druck: Herstellung: Samson Druck GmbH, A-5581 St. Margarethen 171, www.samsondruck.at | Copyright: Die Zeitschrift und
alle in ihr enthaltenen Beiträge und ­Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Eine ­Verwendung ohne Einwilligung der Redaktion ist nicht g­ estattet. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen,
­Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. | Fremdbeiträge: Voraussetzung für die Einreichung eines Fachbeitragmanu­s­kriptes an die
Redaktion der Zeitschrift ist, dass die Arbeit weder in ­derselben noch in einer anderen Sprache publiziert bzw. an anderer Stelle zur Publikation eingereicht wurde. Mit der ­Annahme und Veröffentlichung des Manuskriptes gehen alle Rechte an den Herausgeber über. Kommentare und Fachbeiträge geben die Meinungen der j­eweiligen Autoren wieder und müssen sich nicht mit der ­Ansicht der
Redaktion decken. Entgeltliche Einschaltungen sind als solche gekennzeichnet und liegen in der redaktionellen Verantwortung des Auftraggebers. | Erscheinungsweise: zehnmal pro Jahr | Grundlegende Richtung dieser ­Zeitschrift: Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen aller Mitglieder von O
­ esterreichs Energie. | Offenlegung der Eigentumsverhältnisse nach dem Mediengesetz:
­Oesterreichs Energie, Brahmsplatz 3, A-1040 Wien | Verlags-, Erscheinungs- und ­Herstellungsort: Wien | P.b.b. Verlagspostamt: A-2340 Mödling
Coverfoto: Kelag/Hermann Sobe
Februar 2014
Oesterreichs Energıe. · 63
Energie bewegt die Welt. Unsere
Lösungen geben die Richtung vor.
Wir liefern Antworten auf die Kernfragen des Energiemarkts.
siemens.com/energy
Energieversorger und -verbraucher mögen unterschiedliche
Bedürfnisse haben, doch alle stehen vor denselben zentralen
Herausforderungen: Knappe Ressourcen und steigender
Energiebedarf erfordern höhere Energieeffizienz und
Wirtschaftlichkeit. Der Klimawandel zeigt uns, dass ein
ausgewogener Energiemix notwendig ist, während
Gesellschaft und Wirtschaft gleichzeitig mehr denn je
auf eine zuverlässige Stromversorgung angewiesen sind.
Mit unserem tiefen Verständnis dieser Herausforderungen
entwickeln wir optimale Lösungen. Unseren Werten
Verantwortlichkeit, Exzellenz und Innovation folgend
bieten wir wegweisende Technologien für eine saubere,
effiziente und verlässliche Stromversorgung innerhalb
der immer komplexer werdenden Strom-Matrix.
Answers for energy.