Aktuelle Apfeltriebsucht-Forschung - Land
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Aktuelle Apfeltriebsucht-Forschung - Land
1. 2. 2013 NR.2 spezial SÜDTIROLER LANDWIRT Aktuelle Apfeltriebsucht-Forschung Bisher tritt die Apfeltriebsucht in Südtirols Obstbau alle fünf Jahre in größeren Wellen auf. Seit Jahren forscht das Versuchszentrum Laimburg intensiv an der Krankheit. In einem neuen Schwerpunktprojekt setzt es die Forschung fort. Zusätzlich untersucht die Laimburg die Biologie der Vektoren und Pflanzenschutzstrategien. Die Krankheit ist durch den typischen Besenwuchs und vergrößerte Nebenblätter eindeutig erkennbar und erkrankte Bäume tragen häufig kleine und geschmacklich minderwertige Früchte (Kartte & Seemüller 1988). Es treten auch andere, unspezifische Symptome auf. Eine komplette Rotfärbung der Bäume ist ein auffälliges, aber nicht immer auftretendes Symptom: Die Korrelation mit einer Apfeltriebsuchtinfektion wurde im ersten Schwerpunktprojekt der Laimburg untersucht. Sie liegt in Südtirol bei 86 Prozent. Eine nur teilweise Rotfärbung liefert hingegen keinen Hinweis auf eine mögliche Infektion (Öttl et al. 2008). Der bakterielle Erreger der Apfeltriebsucht Candidatus Phytoplasma mali (Seemüller & Schneider 2004) bleibt auf das Phloem der Pflanze begrenzt und wird durch einige phloemsaugende Insekten von Baum zu Baum übertragen (Abb. 1). Um die Ausbreitung der Krankheit einzudämmen, ist es daher nötig, infizierte Bäume zu roden. Nach dem vermehrten Auftreten der Krankheit 2011/12 wird nun erkennbar, dass es ungefähr alle fünf Jahre eine Welle der Apfeltriebsucht in Südtirol gibt. Zudem gibt es Zonen im Burggrafenamt und unteren Vinschgau, die von der Krankheit deutlich stärker betroffen sind als der Rest des Landes. Die bisherigen Untersuchungen am Versuchszentrum Laimburg haben gezeigt, dass die zwei vorherigen Ausbreitungswellen mit jeweils unterschiedlichen Vektoren und Phyto- Insektenvektor In der Interaktion mit dem Insekt entscheidet sich die Effizienz der Ausbreitung. B Vermehrung im Insekt C Übertragung auf die Pflanze A Erregeraufnahme durch das Insekt Pflanzliches Leitgewebe D Infektion der Pflanze Pflanzenwirt In der Interaktion mit der Pflanze entscheidet sich, wie stark die Symptome ausgeprägt werden. Abbildung 1: Zweiphasiger Wirtszyklus der Phytoplasmen, verändert nach Sugio et al. 2011 57 spezial plasmastämmen assoziiert waren (Baric et al. 2010). Die erste Welle zur Jahrtausendwende deckt sich mit einer hohen Dichte des Weißdornblattsaugers (Cacospylla melanoneura) und einem bestimmten Genotyp des Phytoplasmas. Die zweite Ausbreitungswelle mit Höhepunkt im Jahr 2006 überschneidet sich mit dem Aufkommen des Sommerapfelblattsaugers (Cacospylla picta) und dem Auftreten eines anderen dominierenden Phytoplasmagenotyps. Für diese beiden Blattsauger ist nachgewiesen, dass sie den Apfeltriebsuchterreger übertragen können (Frisinghelli et al. 2000; Tedeschi & Alma 2004). Das Versuchszentrum Laimburg konnte nachweisen, dass der Sommerapfelblattsauger den Erreger in Südtirol weitaus häufiger trägt und somit heute in Südtirol der Hauptüberträger der Krankheit ist (Baric et al. 2010). Der Erreger in Vektor und Wirtspflanze Besonders wichtige Eigenschaften für den Erreger sind die Fähigkeit, sich im Insekt zu vermehren und sich von diesem auf die Wirts- SÜDTIROLER LANDWIRT pflanzen übertragen zu lassen sowie die Wirtspflanze zu seinen Gunsten zu manipulieren. Im Gegensatz zur Pflanze, bei der das Phytoplasma Symptome hervorruft, bleibt ein infiziertes Insekt äußerlich unverändert. Wie gut der Erreger mit dem Überträgerinsekt interagiert, entscheidet über die Effizienz seiner Ausbreitung; wie gut er mit der Pflanze interagiert über die Stärke der Symptome (Abb. 1). Im Erbgut/Genotyp sind diese Eigenschaften verankert. Die unterschiedlichen Genotypen, die in einer Population vorkommen, bestimmen über die Ausprägung dieser Eigenschaften. Moderne Methoden eröffnen den Zugang zu den Erbinformationen und ermöglichen Aspekte der Aggressivität und Übertragbarkeit aufzuklären. Krankheit auslösende Faktoren und Aggressivität Ergebnisse aus Deutschland (Seemüller et al. 2010) stellen einen Zusammenhang zwischen der Genotypenzusammensetzung der Phytoplasmenpopulation und der Symptomausprägung her. Es ist daher wichtig, die 1. 2. 2013 Genotypenvielfalt der Phytoplasmen und ihre Dynamik in Südtirol zu ermitteln. Bisher ist nicht bekannt, wie der Apfeltriebsuchterreger die Symptome auslöst und den Baum so beeinflusst, dass die eigene Nährstoffversorgung gewährleistet und eine gegen ihn gerichtete Abwehrreaktion unterdrückt wird. Daher sollen im aktuellen Schwerpunktprojekt Gene des Apfeltriebsuchterregers, die solche Funktionen vermitteln, erstmalig identifiziert werden. Gleichzeitig soll ein System für eine Genotypisierung entwickelt werden, das die Aggressivität der Phytoplasmen beschreibt. Die Entwicklung des neuen Genotypisierungssystems beruht auf Proben aus den verschiedenen Bezirken, die der Südtiroler Beratungsring zur Verfügung stellt und die die Variation der Population zwischen den Regionen erfasst. Zudem werden in einer stark betroffenen Zone Proben unterschiedlich stark symptomatischer Bäume genommen, die die unterschiedliche Aggressivität innerhalb einer Population repräsentieren. Durch die kontinuierliche Probensammlung der vergangenen Jahre kann auch die zeitliche Dynamik der pr-information versuchszentrum laimburg Die Revolution im Obstbau Schwerpunkte im Apfeltriebsucht-Projekt A. Carraro SRH 9800 – Hydrostatisch, Umkehrbar, Knickgelenkt Die Firma Hell Landmaschinen aus Eppan präsentiert den neuen Carraro SRH 9800. Sein höchst umweltgerechter Motor mit geringstem Verbrauch hat 87 PS bei 3300 m³, 4 Zylinder, Turbolader, elektronisches EGR und 16 Ventile. 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Kontakt: Tel. 0471 066980 – info@hell-landmaschinen.com Folgende Themen behandelt das aktuelle Apfeltriebsuchtprojekt des Versuchszentrums Laimburg: • Vorhandensein und Dynamik der Vektorpopulationen • Überprüfung potentieller Vektoren • Identifizierung von krankheitsauslösenden Faktoren • Genetische Variabilität und Dynamik der Phytoplasmenpopulation • Übertragbarkeit verschiedener Phytoplasmagenotypen • Latenzzeit in Ertragsanlagen • Entstehen der regionalen Krankheitshäufung und der zeitlichen Wellen 1. 2. 2013 NR.2 spezial SÜDTIROLER LANDWIRT Phytoplasmenpopulation untersucht werden. Veränderungen der Aggressivität der Population könnten räumliche und zeitliche Muster unterschiedlicher Symptomausprägung erklären. Vektoren und Übertragung des Phytoplasmas Noch nicht klar ist, wie stark die Assoziation zwischen Vektor- und Phytoplasmagenotyp ist. Übertragungsversuche sollen feststellen: Welche Phloemsauger können welche Phytoplasmengenotypen auf die Bäume übertragen? Dabei sollen neben den bestätigten Vektoren C. picta und C. melanoneura auch andere potentielle Vektoren, die in Südtirol vorkommen, getestet werden. Ein Monitoring erfasst die bekannten und potentiellen Vektoren, indem es das Aufkommen aller phloemsaugenden Insekten in verschiedenen Gebieten Südtirols aufzeichnet. Zudem wird die Durchseuchung der Insekten mit dem Erreger untersucht. Zum Überträger wird ein Insekt erst, wenn sich die Phytoplasmen auch in ihm vermehren und in die Pflanze abgegeben werden. Daher ist ein Insekt nur als Vektor zu betrachten, wenn man eine Übertragung auf die Pflanze nachweisen kann. Hierzu sollen Übertragungsversuche mit den Phytoplasma-tragenden Insektenarten durchgeführt werden. einen jeweils begrenzten Zeitraum stehen diese Topfpflanzen in einer stark befallenen Anlage. Mit Hilfe einer am Versuchszentrum Laimburg etablierten, molekularbiologischen Diagnostikmethode (Baric & Dalla Via 2004) werden diese anschließend auf Phytoplasmainfektion untersucht. So kann der Infektionszeitraum genauer als bisher bestimmt werden. Regionale Häufung der Krankheit » Der Zugang zu Erbinformationen ermöglicht, Aspekte der Aggressivität und Übertragbarkeit aufzuklären. « Da gleichzeitig alle phloemsaugenden Insekten erfasst werden, können so potentielle, zusätzliche Vektoren erkannt und in Übertragungsversuchen überprüft werden. Erkenntnisse über das Auftreten und die Dynamik der Vektorpopulation sowie das bessere Verständnis der Übertragung der Krankheit können genutzt werden, um Zeitpunkt und Ziele der Bekämpfungsstrategie zu evaluieren und nach Möglichkeit zu optimieren. Latenzzeit in Ertragsanlagen Übertragungszeiten und Vektoren Trotz der bereits erfolgten Bekämpfungsmaßnahmen gegen die bekannten Vektoren treten neuerlich vermehrt Krankheitsfälle auf. Dies wirft die Frage auf, ob es noch andere Vektoren geben könnte. Dazu wird ein Versuch mit Fangpflanzen durchgeführt. Für einen Baric 2011). Ob diese Ergebnisse auf Ertragsanlagen übertragbar sind, soll im aktuellen Projekt überprüft werden. Es ist entscheidend, den Infektionszeitpunkt zu kennen, da so die Gründe für den Befall untersucht werden können und die Wirksamkeit von Bekämpfungsmaßnahmen beurteilt werden kann. Zwischen der Infektion der Bäume und dem Ausbruch der Symptome liegt ein Zeitraum, der als Latenzzeit bezeichnet wird. Im Rahmen des ersten Schwerpunktprojektes zur Apfeltriebsucht wurde die Latenzzeit in Junganlagen untersucht und auf durchschnittlich zwei Jahre bestimmt (Unterthurner & Das Monitoring des Südtiroler Beratungsrings hat gezeigt: Während der Ausbreitungswellen 2006 und 2011/12 waren einzelne Zonen im Burggrafenamt und unteren Vinschgau besonders stark von der Apfeltriebsucht betroffen. Die Zonen sind räumlich eng begrenzt und tragen die Hauptlast aller aufgetretenen Schäden. Es ist deshalb geplant, Faktoren zu identifizieren, die zur räumlichen Konzentration der Krankheit beitragen. Neben geographisch/topologischen Merkmalen und der Landschaftsstruktur werden auch Einflüsse der Sorten, Kulturführung und des Pflanzenschutzes berücksichtigt. Die Gründe für die Häufung zu kennen, ist notwendig, um spezifische Maßnahmen und Strategien für diese stark betroffenen Zonen zu entwickeln. Ausblick Das erste Schwerpunktprojekt des Versuchszentrums Laimburg zur Apfeltriebsucht hat wichtige Erkenntnisse und Methoden geliefert. Darauf aufbauend werden im aktuellen Projekt sowie den zusätzlichen Tätigkeiten die wichtigsten Aspekte und dringendsten Fragen bearbeitet, die sich speziell auch aus dem erneut verstärkten Auftreten der Krankheit ergeben (s. Infokasten S. 58). Ein tiefer gehendes Verständnis der Symptomatik, der Eigenschaften und Dynamik 59 spezial Begriffsbestimmung Was einige Fachausdrücke im Artikel bedeuten: Candidatus Phytoplasma mali: bakterieller Erreger der Apfeltriebsucht; nicht außerhalb seiner Wirte lebensfähig; Genotyp: Gruppe von Individuen einer Art, die sich voneinander an bestimmten Stellen in ihrem Erbgut unterscheiden; Phloem: Pflanzliches Leitgewebe für den Nährstofftransport; Vektor: Überträger von Infektionskrankheiten auslösenden Krankheitserregern. SÜDTIROLER LANDWIRT der Vektor- und Phytoplasmenpopulationen sowie der Ursachen für die räumliche und zeitliche Befallshäufung sollen Aufschluss darüber geben, ob und wie die Apfeltriebsucht in Zukunft noch ge- NR.2 1. 2. 2013 zielter und somit erfolgreicher bekämpft werden kann. katja schlink, versuchszentrum laimburg Zitate Die Autorin hat folgende Artikel und Unterlagen für ihre Recherche verwendet. Baric S., Dalla Via J. (2004) A new approach to apple proliferation detection: a highly sensitive realtime PCR assay. J Microbiol Methods 57: 135-145 Baric S., Kerschbamer C., Berger J., Cainelli C., Dalla Via J., Österreicher J. (2010) Ausbreitung der Apfeltriebsucht in Südtirol in zwei Wellen. Obstbau Weinbau 47: 70–73 Baric S., Öttl. S., Dalla Via J. (2010) Infection rates of natural psyllid populations with ’Candidatus Phytoplasma mali’ in South Tyrol (Northern Italy). Julius-Kühn-Archiv 427: 189–192 Frisinghelli C., Delaiti L., Grando M.S., Forti D., Vindimian M.E.(2000) Cacopsylla costalis (Flor 1861) (Syn. Cacopsylla picta), as a vector of apple proliferation in Trentino. J Phytopathol. 148: 425–431 Kartte S., Seemüller E. (1988) Variable response within the genus Malus to the apple proliferation disease. J Plant Dis Protect 95: 25–34 Öttl S, Baric S, Dalla Via J (2008) Teilweise Rotfärbung weist nicht auf Apfeltriebsucht hin. Obstbau Weinbau 45: 58–59 Seemüller E., Schneider B. (2004) ‘Candidatus Phytoplasma mali’, ‘Candidatus Phytoplasma pyri’ and ‘Candidatus Phytoplasma prunorum’, the causal agents of apple proliferation, pear decline and European stone fruit yellows, respectively. Int J Syst Evol Microbiol 54: 1217–1226 Seemüller E., Kiss E., Sule S., Schneider B. (2010) Multiple infection of apple trees by distinct strains of ‘Candidatus Phytoplasma mali’ and its pathological relevance. Bacteriol 100: 863–870 Sugio A., MacLean A.M., Kingdom H.N., Grieve V.M., Manimekalai R., Hogenhout S.A (2011) Diverse Targets of Phytoplasma Effectors: From Plant Development to Defense Against Insects. Annu. Rev. Phytopathol. 49: 175–95 Tedeschi R.; Alma A. (2004) Transmission of apple proliferation phytoplasma by Cacopsylla melanoneura (Homoptera: Psyllidae). J Econ Entomol 97: 8–13 60