Inhalt - Erzbistum Köln
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Öffentlichkeitsarbeit der Mitarbeitervertretungen – Möglichkeiten und Grenzen nach MAVO Richard Vollmer, Dipl.-Sozialarbeiter, MAV Marien-Hospital Euskirchen Die Mitarbeitervertretung ist Teil des Betriebs bzw. des Unternehmens1, Öffentlichkeitsarbeit ist eine Teilaufgabe der Unternehmenskommunikation, ein Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung. Weil auch Mitarbeitervertretungen kommunizieren, wird in diesem Aufsatz untersucht, ob auch auch Mitarbeitervertretungen die Erkenntnisse der Unternehmenskommunikation hinsichtlich ihrer Bedeutung, Ziele und Methoden für sich nutzen und anwenden können. Dieser Ansatz liegt auch im Interesse der Dienstgeber, wie später gezeigt wird. Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit der Mitarbeitervertretungen können sich aus der Schweigepflicht nach MAVO und aus anderen Vorschriften ergeben. An Beispielen aus der Rechtsprechung und der Praxis werden diese Grenzen erörtert. Inhalt 1. Einleitung: Bedeutung und Ziele der Unternehmenskommunikation..............................................2 a) – Implementation der Produkte und Dienstleistungen............................................................2 b) – Internalisierung der Ansprüche, Werte und Interessen der Anspruchsgruppen...................3 c) – Implementation der Images und der Reputation in die Wahrnehmung der Anspruchsgruppen......................................................................................................................5 1.1 Unternehmensimage und -reputation gehören zum Kapital des Unternehmens........................6 1.2 Kommunikationsmanagement als Führungsaufgabe.................................................................7 2. Mitarbeiterkommunikation...............................................................................................................7 Wirtschaftlicher Erfolg und Mitarbeiterzufriedenheit hängen zusammen..................................8 Kommunikation zur Förderung von Mitarbeiterzufriedenheit....................................................9 Kommunikations-Katastrophen..................................................................................................9 Kommunikations-Instrumente..................................................................................................10 3. Die Öffentlichkeitsarbeit der Mitarbeitervertretung.......................................................................12 3.1 Bedeutung und Ziele der Kommunikation der Mitarbeitervertretung im Rahmen der Unternehmenskommunikation.......................................................................................................12 Implementation der „Produkte“ und „Dienstleistungen“ der Mitarbeitervertretung in die Wahrnehmung der „Kunden“....................................................................................................13 Internalisierung der Ansprüche, Werte und Interessen der Anspruchsgruppen........................13 Implementation der Images und der Reputation in die Wahrnehmung der Anspruchsgruppen15 Kommunikations-Katastrophen der Mitarbeitervertretung.......................................................16 Externe Kommunikation der Mitarbeitervertretung..................................................................16 3.2 Die Schweigepflicht der Mitarbeitervertretung.......................................................................19 3.3 Fazit.........................................................................................................................................20 1 Vergl. § 1a (1) Rahmen-MAVO. Der mitarbeitervertretungsrechtliche Begriff der „Einrichtung“ korrespondiert mit dem Begriff des „Betriebs“ (KAG M 01/12). Den Begriff des „Unternehmens“ versteht der DUDEN im Unterschied zur Betriebswirtschaftslehre synonym mit dem Begriff des „Betriebs“. In diesem Aufsatz werden die Begriffe „Betrieb“ und „Unternehmen“ synonym als „zweckgerichtet gesteuerte soziale Wertschöpfungssysteme“ verstanden. Der Begriff „Unternehmen“ steht in diesem Aufsatz auch für z.B. Behörden, Institutionen, Beratungseinrichtungen, Verbände und Kommunen. 2 1. Einleitung: Bedeutung und Ziele der Unternehmenskommunikation Um die Bedeutung, Ziele und Methoden der Unternehmenskommunikation für die Arbeit der Mitarbeitervertretung darstellen zu können, soll zunächst die Bedeutung und die Ziele der Unternehmenskommunikation im allgemeinen Kontext beleuchtet werden. Unternehmenskommunikation dient2 a) der Implementation der Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens in die Wahrnehmung der Kunden, b) der Internalisierung der Ansprüche, Werte und Interessen der verschiedenen Anspruchsgruppen (engl. „Stakeholder“) in das Unternehmenshandeln, c) der Implementation der Images und der Reputation des Unternehmens in die Wahrnehmung der Stakeholder. a) – Implementation der Produkte und Dienstleistungen Bei der Kundenkommunikation geht es darum, Begehrlichkeit und Relevanz für das Produkt bzw. die Dienstleistung zu erzeugen und den Kunden zur Kaufentscheidung bzw. der Inanspruchnahme zu veranlassen. Neben der Information über den objektiven Produktnutzen geht es auch darum, dem Produkt eine symbolische Bedeutungsebene zuzuweisen. Denn zentrales Problem eines Produkts oder einer Dienstleistung ist häufig, dass es/sie austauschbar, gleichwertig und manchmal objektiv schlechter ist als das Produkt oder die Dienstleistung der Mitbewerber. Wir leben in einem von Konsumgütern und Dienstleistungen übersättigtem Angebot. Wenn technologische Mittel alleine nicht (mehr) ausreichen, um in den Köpfen der Kunden einen Eindruck von Originalität, Exklusivität und Mythos eines Produkts zu verankern, kann dies mit kommunikativen Mitteln erreicht werden. Dies ist zum Beispiel der Firma Apple zweifellos gelungen. Deren Produkte sind vom Gebrauchswert vergleichbar, sollen aber anders als die Produkte der Mitbewerber für hohen Status, technologische Überlegenheit und Designanspruch stehen. Kunden bezeichnen sich selbst teilweise als „Apple-Jünger“, Steve Jobs als „Ikone“, „Guru“, „Lichtgestalt“, „Messias“. „Das bekannteste und unerreichte Beispiel erfolgreicher Mythenbildung in der Werbung ist die Marke Marlboro. Mit dem Claim „Come to where the flavour is. Come to Marlboro Country“ hatten Chicagoer Werbestrategen den American Way of Life zum heroischen Mythos der Freiheit und des Einsseins mit der Natur umstilisiert (…) Marlboro spricht mit seiner Kommunikation eine der stärksten Sehnsüchte in der komplexen Welt der Zivilisation an, den Wunsch nach Ungebundenheit und Freiheit“3. Werbliche Kommunikation möchte Aufmerksamkeit hervorrufen, d.h. die Wahrnehmungsschwelle des Kunden in einem Umfeld konstanter Reizüberflutung zu überwinden. Nur durch Aufmerksam- 2 3 Zum diesem Abschnitt vergl. Schmidt/Lyczek: Die Rolle der Kommunikation in der Wertschöpfung der Unternehmung. Gabler, Wiesbaden 2008, S. 133 Pietzcker, Dominik: Werbetext und Kommunikation. Cornelsen, Berlin 2011, S. 32 3 keit seitens des Kunden können kommunikative Inhalte übermittelt werden4. Dies gelingt durch Einfachheit, Klarheit, Einfallsreichtum und Glaubwürdigkeit der werblichen Botschaft. Einfachheit bedeutet, dass die Botschaft für die Zielgruppe verständlich ist5. Einfallsreiche Werbung erweckt Aufmerksamkeit durch Humor, Provokation oder durch die Assoziation von scheinbar Unpassendem oder Unmöglichem6. Werbliche Kommunikation darf niemals unglaubwürdig, irreführend oder objektiv falsch sein. Kein Unternehmen kann sich mangelnde Glaubwürdigkeit erlauben, dies hätte einen erheblichen Imageverlust zur Folge. Durch die Existenz des Internets werden Werbelügen schnell aufgedeckt7. Andere Grenzen – auch rechtliche – können überschritten werden, wenn werbliche Kommunikation als diskriminierend, sexistisch, unethisch oder beleidigend empfunden wird8. Für bestimmte Berufsgruppen wie z.B. Ärzte und Rechtsanwälte reglementiert auch das jeweilige Berufsrecht die (engen) Grenzen erlaubter Werbung. In der heutigen modernen Mediengesellschaft wird die Bedeutung der Produkte und Dienstleistungen größtenteils über technische Hilfsmittel (Medien) vermittelt. Dabei spielt das Internet und hier insbesondere die Suchmaschine Google die herausragende Rolle. Produkte und Unternehmen, die nicht hinreichend von Google referenziert werden, werden im Internet praktisch nicht wahrgenommen. Dies hat sinngemäß auch der EuGH in seinem „Google-Urteil“ festgestellt9. Neuere Entwicklungen sind seit etwa seit 2010 die starke Zunahme mobiler Internetnutzung mittels Smartphones und Tablet-Computern (41% 2013), die Zunahme der durchschnittlichen Dauer der täglichen Internetnutzung (169 Minuten 2013)10. 87% der 18-29-jährigen hatten 2013 ein Konto bei Facebook 11. b) – Internalisierung der Ansprüche, Werte und Interessen der Anspruchsgruppen Beispiele für Anspruchsgruppen sind die Geschäftsführung, die Mitarbeiter, Kunden, Eigentümer, Aktionäre, Lieferanten, Konkurrenten, Gewerkschaften, Betriebsrat, Parteien, Lobbyisten, Investoren, Sponsoren, Medienvertreter, gesellschaftliche Gruppierungen, Staat. Für eine erfolgreiche Internalisierung der Ansprüche, Werte und Interessen der Anspruchsgruppen 4 Um Aufmerksamkeit zu erlangen, werden heute teilweise drastische Mittel eingesetzt. Felix Baumgartner sprang 2012 mit einem Fallschirm aus der Stratosphäre, um für die Firma „Red Bull“ zu werben. 5 Ein Beispiel für Einfachheit und Klarheit ist der Claim „Quadratisch, praktisch, gut“ (Ritter Sport) 6 Die Firma Apollinaris warb für ihr Mineralwasser mit einem Lehrer, der mit Luftballons ein Kaninchen wiederbelebt. Die Autovermietung SIXT warb mit einem Bild von Gustl Mollath mit der Bildunterschrift „Wenn hier jemand verrückt ist, dann der Sixt mit seinen Preisen“. 7 Beispielsweise decken Organisationen wie die Verbraucherzentrale oder foodWatch öffentlichkeitswirksam Imitatprodukte und Mogelpackungen auf, was die Unternehmen regelmäßig zu Produktänderungen veranlasst. 8 Der Deutsche Werberat arbeitet seit 1972 als Konfliktregler zwischen Beschwerdeführern aus der Bevölkerung und werbenden Unternehmen.Zum Beispiel wurde die Werbung der Firma Neuzeller Kloster Bräu für ihr Produkt „Seelsorger – das Gebetsbier“ „ein flüssiger Seelsorger, der so manche Lasten des Alltags vergessen lässt“ (2010) beanstandet. http://www.zaw.eu/bilder/hp/Klosterbrauerei_Seelsorger.jpg (abgerufen 15.8.14) 9 Der EuGH stellt fest: „ Die Aufnahme einer Internetseite und der darin über eine Person enthaltenen Informationen in die Liste mit den Ergebnissen einer anhand des Namens der betreffenden Person durchgeführten Suche kann die Zugänglichkeit der Informationen für Internetnutzer, die eine Suche zu der Person durchführen, nämlich erheblich erleichtern und eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung der Informationen spielen. Sie kann mithin einen stärkeren Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens der betroffenen Person darstellen als die Veröffentlichung durch den Herausgeber der Internetseite.“ (C-131/12, Nr. 87) 10 ARD/ZDF Onlinestudie 2013 11 BITKOM-Studie 2013 4 ist eine differenzierte Kenntnis der Anspruchsgruppen Voraussetzung. Dies wird durch eine kontinuierliche Situationsanalyse erreicht, hierfür werden unter anderem die Methoden der empirischen Sozialforschung eingesetzt. Um die komplexe Wirklichkeit der Anspruchsgruppen-Interessen handhaben zu können, muss die Wirklichkeit radikal vereinfacht werden, indem Gruppen-Typologien der einzelnen Anspruchsgruppen gebildet werden. Für eine Typologie der Gruppe der Kunden beispielsweise hat die SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH die sog. „SINUS-Milieus“ entwickelt. Diese fassen jeweils Kundengruppen in Clustern zusammen, die sich in ihrer Lebensführung ähnlich sind: Vorlieben, Abneigungen, Gewohnheiten, Ansichten, Geschmäcker usw. Das Erzbistum Köln setzt die SinusMilieus als Instrument für die pastorale Planung ein. Demnach lassen sich in Pfarrgemeinden nur noch zwei von insgesamt zehn lebensweltlichen Milieus identifizieren, die „konservativ-etablierten“ und die „traditionellen“12. Eine Mitarbeiter-Typologie unter dem Gesichtspunkt der Mitarbeiterzufriedenheit hat eine repräsentative Studie im Auftrag des BMAS13 (2007) vorgestellt, die u.a. den Zusammenhang zwischen Mitarbeiterzufriedenheit, Arbeitsqualität und Unternehmenserfolg belegt hat. Befragt wurden über 37.000 Mitarbeiter aus 314 Unternehmen. Die Studie unterscheidet vier Mitarbeitertypen: „Aktiv-Engagierte“ (31%), „Passiv-Zufriedene“ (37%), „Akut-Unzufriedene“ (18%) und „Desinteressierte“ (14%). Aktiv-Engagierte sind zufrieden und engagiert. Sie streben danach, Situationen zu schaffen, die die Arbeit positiv erleben lässt. Passiv-Zufriedene sind relativ zufrieden und gebunden an das Unternehmen, aber weniger engagiert als der erste Typ. Der Typ des AkutUnzufriedenen hat grundsätzlich ein positives Verhältnis zur Arbeit und ist bemüht, das Arbeitserleben auch von seiner Seite positiv zu gestalten. An seinem aktuellen Arbeitsplatz ist er allerdings sehr unzufrieden, zeigt das geringste Engagement aller Typen und eine sehr geringe Bindung zum Unternehmen. Bei den Desinteressierten liegt eine unterdurchschnittliche Arbeitszufriedenheit und ein entsprechend unterdurchschnittliches Engagement vor. Berufstätigkeit hat für sie eine geringe Bedeutung. Ein anderer Ansatz sind die „Generationenkonzepte“, die Mitarbeiter-Typologien nach ihren Geburtsjahrgängen unterscheidet. So wird zwischen den Baby-Boomern (ab 1950) und den Generationen X (ab 1965), Y (ab 1980 „Digital Natives“) und Z (ab 1995) unterschieden. Unterschiedskriterien sind u.a. die Art der Mediennutzung, der Grad der Informiertheit und das Ausmaß der Bindung zum Unternehmen. So sei die „Generation Y“ sozial-medial unterwegs, möchte mal im Büro sein, mal aber auch von unterwegs arbeiten. Sie sei leistungsbereit und neige zur Selbstaufopferung. Die „Generation Z“ sei wenig loyal und emotional weder an das Unternehmen noch an Personen gebunden, allenfalls an Projekte (jedoch nur, wenn sie interessant sind). Die „Generation Z“ arbeite gerne, aber nicht gerne am Wochenende und auch nicht abends. Das primäre Interesse sei auf Macht und Geld gerichtet14. 12 https://www.erzbistum-koeln.de/kirche_vor_ort/service_pfarrgemeinden/pastoral/konzeptentwicklung/sinus-milieustudie/vorstellung_der_milieus/ , abgerufen am 15.08.2014 13 Hauser, F., Schubert, A., Aicher, M.: Unternehmenskultur, Arbeitsqualität und Mitarbeiterengagement in den Unternehmen in Deutschland: Forschungsprojekt Nr. 18/05 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Berlin 2007 14 Scholz, Christian: Generation Z: Willkommen in der Arbeitswelt, SAP-Forum Personalmanagement 2013. 5 Bei dem Projekt „Erziehungshilfe 2.0 – Fachkräftegewinnung in der Erziehungshilfe“ der Diözesan-Caritasverbände in NRW werden Eigenschaften von Mitarbeitern wie folgt beschrieben: „Heutzutage arbeiten viele Menschen nicht nur um Geld zu verdienen, oder pädagogische Werte und Ideale zu verwirklichen oder sich selbst zu verwirklichen. Da Mitarbeiter der Erziehungshilfe 2.0 ihre Arbeitsplätze wählen werden können, werden sie noch mehr und anders als bisher die Ansprüche und Wirklichkeiten der Unternehmenswerte reflektieren um zu prüfen, wie gut die eigene Vorstellung mit der Wirklichkeit der Organisation zueinander passen.“15 c) – Implementation der Images und der Reputation in die Wahrnehmung der Anspruchsgruppen Das Image eines Unternehmens bildet sich in der Wahrnehmung der Anspruchsgruppen zum einen durch direkte Erfahrungen mit dem Unternehmen und seinen Produkten und zum anderen durch Kommunikationsinhalte, die das Unternehmen betreffen. Der Begriff „Reputation“ meint die Summe aller Images der verschiedenen Anspruchsgruppen. Über Kommunikation kann das Unternehmen Einfluss auf die Images ausüben, allerdings sind sie durch das Unternehmen zum Teil nur begrenzt steuerbar. Grund dafür ist, dass ein Teil der Kommunikationsinhalte entweder von dritter Seite gesteuert wird, z.B. durch die Presse und/oder selbstorganisierende oder virale Merkmale aufweist wie z.B. Mund-zu-Mund-Erfahrungen oder Börsengerüchte. Ein neueres Beispiel für fremdgesteuerte Kommunikationsinhalte mit selbstorganisierenden Merkmalen sind Bewertungsportale und sogenannte „Soziale Netzwerke“ im Internet16. Gefährlich kann der Versuch von Unternehmen sein, fremdgesteuerte Kommunikationsinhalte zu manipulieren. Wird dies aufgedeckt, bedeutet dies in der Regel einen erheblichen Imageverlust für das Unternehmen. Danach zieht der Versuch, eine unliebsame Information zu unterdrücken, erst recht negative Aufmerksamkeit nach sich („Streisand-Effekt“). Gleichwohl darf sich das Unternehmen die Kommunikation nicht aus der Hand nehmen lassen, sondern muss die Kommunikationssituationen und -inhalte zwischen ihm und den Anspruchsguppen selbst steuern, um auf die Wahrnehmung der Anspruchsgruppen aktiv Einfluss zu nehmen. Dabei ist zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen zu unterscheiden. Eine börsennotierte Aktiengesellschaft muss z.B. insbesondere die Börsenmeinung von Aktionären und Analysten berücksichtigen. Für die Kommunikationsarbeit gilt, dass alle Anspruchsgruppen eine wichtige Funktion haben, weil sie in ihrer Gesamtheit die Reputation des Unternehmens in der Öffentlichkeit prägen. Eine Ad-hoc-Kommunikation, die nur einsetzt, wenn sich einzelne Anspruchsgruppen besonders öffentlichkeitswirksam in Szene setzen, ist unzureichend. Einflussmöglichkeiten auf das Unternehmensimage liegen ebenso im tatsächlichen Handeln des Unternehmens. Die Rücksichtnahme auf das jeweilige institutionelle Umfeld bzw. die Lebenswelt der Anspruchsgruppen verändert die Interpretation des Unternehmenshandelns in positivem Sinne und hat Einfluss auf die Berichte Dritter. Zum Beispiel versuchen Unternehmen, sich z.B. durch 15 http://www.erziehungshilfe-macht-spass.de/bartsch-backes.html, abgerufen am 15.08.2014 16 Z.B. „Klinikbewertungen.de“, „Spickmich.de“ (Lehrerbewertung), „holidaycheck.de“ (Hotelbewertung). 6 Umweltengagement17 positiv darzustellen (Corporate Social Responsibility, CSR). Ist das Unternehmensimage bei bestimmten Anspruchsgruppen tendenziell eher negativ oder umstritten, kann das Unternehmen durch gezielten Einsatz von CSR versuchen, das Image in Teilbereichen zu verbessern und damit die Reputation zu verbessern18.Vernachlässigt das tatsächliche Unternehmenshandeln die Rücksichtnahme auf die Lebenswelt der Anspruchsgruppen , kann dies schwerwiegende negative Auswirkungen auf die Unternehmensreputation haben. Zum Beispiel wurden die Geschäftspraktiken des ehemaligen Drogerie-Discounters Schlecker im Umgang mit den Mitarbeitern in breiten Kreisen der Öffentlichkeit und der Politik u.a. als rücksichtslos und ausbeuterisch empfunden. Auf der Produktebene entspricht einem Anspruchsgruppen-bewussten Handeln ein kunden- und anspruchsgruppengerechtes Produkt. Handelt es sich bei dem Produkt um eine immaterielle, nicht sichtbare Dienstleistung, kann diese durch „Materialisierungen“ für die jeweilige Zielgruppe sichtbar gemacht werden. Der entscheidende Faktor (Materialisierung) für ein positives Image eines Dienstleistungsunternehmens in der Öffentlichkeit ist das Verhalten der Mitarbeiter gegenüber den Kunden und untereinander. Daneben können weitere „Materialisierungen“ sein: Aktueller Stand der Fortbildungen beim Personal, freundliches und sauberes Ambiente der Räumlichkeiten, Zertifikate, Qualitätssiegel, eine moderne Internetseite. 1.1 Unternehmensimage und -reputation gehören zum Kapital des Unternehmens Unternehmenskommunikation ist unabdingbarer Teil der Wertschöpfung des Unternehmens. Image und Reputation des Unternehmens sind einkommenswirksam und haben Kapitalcharakter. Die zentrale Steuerung der Unternehmenskommunikation durch die oberste Führungsebene des Unternehmens hat das Ziel, die Summe aller Images bei den verschiedenen Anspruchsgruppen (engl. „Stakeholder Capital“) zu maximieren sowie eine möglichst hohe Annäherung des Eigenbilds (engl. „Corporate Vision“) an die Fremdbilder (engl. „Corporate Images“) zu erreichen. Richtgröße ist dabei eine in sich konsistente Unternehmensidentität (engl. „Corporate Identity“). Als Mittel der Wahl, ein stimmiges Gesamtbild im Sinne der Corporate Identity zu erzeugen, ist die Schaffung eines Leitbildes. Beispiel Caritas: „Die Corporate Identity der Caritas ergibt sich inhaltlich aus verschiedenen Aspekten der Philosophie des Unternehmens, die sich u.a. herleitet aus der Gründungssituation und -geschichte, dem innerbetrieblich wie nach außen praktiziertem Menschenbild, den nach außen und innen vertretenen Werten, den Zielen wie Aufgaben des Unternehmens, den Arbeitsnormen und der Unternehmenskultur. (…) Die Corporate Identity der Caritas ist durch den Auftrag der Kirche geprägt, den die Kirche als Ganzheit in ihrem pastoralen, caritativen und erzieherischen Dienst erfüllt.“19. Entsprechendes ist im Leitbild des Deutschen Caritasverbands zu finden20. 17 Das Google-Suchergebnis zum Begriff „Umweltengagement“ zeigt, dass es zahlreichen Unternehmen offenbar gelungen ist, ihren Unternehmensnamen mit dem Begriff zu verknüpfen, zumindest bei Google. Über das tatsächliche Ausmaß des Umweltengagement ist hiermit nichts gesagt. 18 Als Beispiel sei das CSR des Unternehmens RHEINMETALL genannt: http://csr.rheinmetall.com/de/nachhaltigkeit/index.php (abgerufen am 15.08.2014) 19 Heinrich Pompey: Das Profil der Caritas und die Identität ihrer Mitarbeiter/-innen, Caritas 93 (1992), S. 12 20 http://www.caritas.de/glossare/leitbild-des-deutschen-caritasverbandes (abgerufen am 15.08.2014) 7 1.2 Kommunikationsmanagement als Führungsaufgabe Unternehmenskommunikation ist eine komplexe Aufgabe. Die Komplexität liegt darin, Unternehmenskommunikation vernetzt zu betrachten. Denn wenn zum Beispiel für ein Unternehmen die Kundenbeziehungen im Vordergrund stehen und diese ausschließlich von der Marketingabteilung betreut werden wird übersehen, dass aus Kunden auch Mitarbeiter werden können und in diesem Zusammenhang auf ganz anderen Ebenen angesprochen werden wollen. Dies kann das Marketing alleine nicht leisten. Auch muss Unternehmenskommunikation die unterschiedlichen und oftmals stark gegensätzlichen Interessen der Anspruchsgruppen berücksichtigen, die naturgemäß unterschiedliche Inhalte und unterschiedlichen Methoden erfordern. Es liegt daher nahe, die Pflege und Maximierung des „Stakeholder Capital“ einer eigenen Unternehmensfunktion zuzuweisen, die über hinreichende Ressourcen und Fachkompetenzen verfügt, alle Ebenen des Unternehmenshandelns und der Kommunikation zu koordinieren: Das Kommunikationsmanagement oder „Public Relations“ (PR). Damit das Kommunikationsmanagement funktionsfähig ist, benötigt es die entsprechenden Inhalte und Instrumente, um den Prozess der Kommunikation mit den Anspruchsgruppen gestalten zu können. Es handelt sich hierbei um eine kontinuierliche Aufgabe, weil sich Ansprüche permanent wandeln. Das Kommunikationsmanagement ist im Kontext des strategischen Managements an die oberste Hierarchieebene des Unternehmens angekoppelt (St. Galler Management-Modell) und hat deshalb gleichzeitig eine Führungsfunktion sowie eine Führungsunterstützungsfunktion21. 2. Mitarbeiterkommunikation Mitarbeiterkommunikation dient dazu, die Verbindung zwischen den im arbeitsteiligen System agierenden Personen herzustellen und ermöglicht somit deren Interaktion22. Ziel der Mitarbeiterkommunikation ist, die Motivation zu steigern, zielend auf eine Leistungserhöhung, die Bereitschaft Veränderungen mitzutragen oder Wissen zu teilen. Die Kommunikationsflüsse können hierbei verschiedene Richtungen annehmen: • Abwärtskommunikation (von der höheren Hierarchieebene zur jeweils niedrigeren Hierarchieebene) beinhaltet Informationen über Aufgaben, Maßnahmen, Zielvorstellungen. Abwärtskommunikation ist in vielen Unternehmen die vorherrschende Kommunikationsrichtung. • Aufwärtskommunikation (von der niedrigeren zur höheren Hierarchieebene) beinhaltet Informationen über aktuelle Arbeitsabläufe der Mitarbeiter an die Vorgesetzten, Information über ungelöste Probleme, die Bitte um Hilfe und Unterstützung, Integration von Ideen und Vorschlägen in den Managementprozess, Berichte über Gefühle und Erfahrungen der Mitarbeiter über ihre Arbeit. „Aufwärtskommunikation befriedigt nicht nur das Bedürfnis der Mitarbeiter, gebraucht und ernst genommen zu werden, sondern auch das Verlangen, mit einflussreichen und mächtigen Menschen in Kontakt zu kommen. Diese sozialen Kontakte 21 Vergl. Bentele/Will: Public Relations. Gabler, Wiesbaden 2008, S. 164 22 Vergl. Einwiller, S./Klöfer, F./Nies, U.: Mitarbeiterkommunikation.. Gabler, Wiesbaden 2008, S. 223 8 spielen auch für diejenigen Mitarbeiter eine Rolle, nie niemals Karriere machen wollen.“23 • Horizontalkommunikation zwischen Personen derselben Hierarchieebene und zwischen Personen verschiedener Hierarchieebenen ohne Weisungscharakter dient der Koordination und Abstimmung von Aufgaben, der Etablierung von Gruppennormen sowie der emotionalen Unterstützung. Horizontale Kommunikation kann eine fehlende Aufwärts- oder Abwärtskommunikation ersetzen. Funktionierende Mitarbeiterkommunikation ist grundlegende Voraussetzung für das Funktionieren der Koordinationsprozesse im Unternehmen. Effiziente Kommunikation bedeutet dabei effiziente Informationsverarbeitung, Entscheidungsfindung und Projektumsetzung. Ob Mitarbeiterkommunikation gelingt, hängt dabei stark von den strukturellen Gegebenheiten im Unternehmen ab24. Unternehmen, in denen die Einflussnahme der Mitarbeiter als wertvoll erkannt wurde, kultivieren insbesondere die Aufwärts- und die Horizontalkommunikation. Haben Aufwärtskommunikation und/oder horizontale Kommunikation nur eine geringe Bedeutung oder sind sie sogar unerwünscht, besteht die Gefahr, dass Entscheidungen getroffen und Projekte isoliert umgesetzt werden, ohne die vorhandenen Erfahrungs- und Wissensressourcen bei den Mitarbeitern zu nutzen. Ohne systematische Organisation der Aufwärts- und der horizontalen Kommunikation wird die Vorherrschaft der Abwärtskommunikation verhindern, dass die Potenziale der Mitarbeiter freigelegt werden. Manager erhöhen somit ihr eigenes Risiko des Scheiterns. Ein Mangel an horizontaler Kommunikation kann auch damit zusammenhängen, dass sich einzelne Abteilungen oder Fachbereiche als eigenständig erleben und kein Interesse daran haben, „andere mitreden“ zu lassen25. Wirtschaftlicher Erfolg und Mitarbeiterzufriedenheit hängen zusammen Wirtschaftlicher Erfolg und Kundenzufriedenheit hängen maßgeblich mit der Mitarbeiterzufriedenheit zusammen. Mitarbeiter verhalten sich in der Regel leistungsbereiter und motivierter, wenn sie sich in einer mitarbeiterorientierten Unternehmenskultur befinden. Finden Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz eine freundliche, angstfreie Atmosphäre26 und eine gute Führungskraft vor, sind sie eher bereit, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren, sich weiter zu entwickeln und eigene Ideen einzubringen. Das Kommunikationsklima übt einen stärkeren Einfluss auf die Identifikation mit dem Unternehmen aus als die Kommunikationsinhalte. Diese Zusammenhänge wurden in den letzten Jahrzehnten in zahlreichen Studien übereinstimmend belegt, wie z.B. in der oben erwähnten Studie im Auftrag des BMAS von 2007. Das Kommunikationsgeschehen ist wesentlicher Bestandteil der Führungsaufgabe. Führungs- und 23 Mast, C.: Unternehmenskommunikation. UVK, Konstanz 2013, S. 237 24 Einwiller, S./Landmeier, C.: Interne Kommunikation: Digitale Strategien für Mitarbeiter und Führungskräfte. In Zerfaß, A./ Pleil,T.: Handbuch Online-PR. Strategische Kommunikation im Internet und Social Web. UVK, Konstanz 2012, S. 214 25 Vergl. Mast, C.: Unternehmenskommunikation. UVK, Konstanz 2013, S. 237 26 Vergl. „Grundhaltung Nr. 8“ des „Papst des Qualitätsmanagements“ William E. Deming: „ Beseitige die Atmosphäre der Angst. Fördere die gegenseitige Kommunikation und andere Mittel, um die Angst innerhalb des gesamten Unternehmens zu beseitigen.“ 9 Kommunikationsstil sind untrennbar verbunden. Ein kooperativer bzw. partizipativer Führungsstil, bei dem die Mitarbeiter deutlich spüren, dass sie als aktiver und wertvoller Teil der Wertschöpfungskette wahrgenommen werden fördert das Engagement, sich für das Unternehmen besonders einzusetzen. Kommunikation zur Förderung von Mitarbeiterzufriedenheit Führungskräfte fördern Mitarbeiterzufriedenheit wenn sie: • die Persönlichkeit des Mitarbeiters in jeder Situation respektieren, auch im Falle unterschiedlicher Anschauungen und Standpunkte, • Offenheit und Wertschätzung als wesentliche Elemente echter Kommunikation einsetzen, • die für die tägliche Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen rechtzeitig und vollständig weitergeben, • sich klar und verständlich ausdrücken, • Dialog als bevorzugte Form der Kommunikation einsetzen und dabei dem Mitarbeiter wirklich zuhören, • Vertrauen, Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und Ausgeglichenheit „vorleben“, • konflikthafte Beziehungen zu Mitarbeitern klären, Konflikte nicht vermeiden, • als Vorbild dienen und „mit gutem Beispiel vorangehen“, • Grenzen der Kommunikation erklären, wenn vollständige Berichterstattung nicht möglich ist. Kommunikations-Katastrophen Wenn Führungskräfte Mitarbeiter nur mangelhaft oder zu spät informieren, bewirkt dies in der Regel Frustration und Demotivation bei den Mitarbeitern. Die Gründe für ein derartiges Verhalten der Führungskräfte sind vielfältig. Ein Grund ist, dass Information nicht selten als Herrschaftswissen betrachtet wird, das Führungskräfte nur ungern mit Untergebenen teilen. Hinter einem solchen Verhalten steckt oft der Gedanke, dass Informationsabgabe gleichbedeutend mit Machtverlust ist. Mitarbeiter, die sich solcherart behandelt fühlen, reagieren hierauf beispielsweise mit „Dienst nach Vorschrift“, „innerer Kündigung“ und fehlender Loyalität gegenüber dem Unternehmen. Noch katastrophalere Auswirkungen auf die Mitarbeiterzufriedenheit hat eine Kultur der „nichtKommunikation“. Paul Watzlawick sagt: Man kann nicht nicht kommunizieren. Der Ansinnen der Führungskraft, sich gegenüber Mitarbeitern abzuschirmen oder der Versuch, „auf Tauchstation zu gehen“, wie dies insbesondere in Krisen- oder Veränderungssituationen vorkommt, ermöglicht eine unkontrollierte Entfaltung von Gerüchten und emotionalen Zuständen, wie z.B. Angst und Unsicherheit. Mitarbeiter wenden sich dann in der Regel emotional vom Unternehmen ab, weil Ver- 10 trauen und Glaubwürdigkeit schwer beschädigt sind. Ähnlich ist die Situation, wenn die „offizielle Kommunikation“ an den Mitarbeitern vorbei läuft. In der Praxis geschieht immer wieder, dass Mitarbeiter wichtige Informationen, die das Unternehmen oder sogar ihren Arbeitsplatz betreffen, zuerst in der Zeitung lesen, bevor sie von der Unternehmensleitung informiert wurden. Um die mangelhafte Unternehmenskommunikation noch zu verschlimmern sind manche Unternehmensleitungen der Ansicht, dass eine Mitarbeiterinformation im Betrieb nicht mehr nötig sei, weil die Mitarbeiter ja bereits die Zeitung gelesen haben. Empfinden die Mitarbeiter eine Diskrepanz zwischen der gelebten Realität und dem, was das Management bzw. das Leitbild postuliert dann: • schwächt dies die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, • werden zeitraubende und nervende Grundsatzdiskussionen gefördert, • wird der innerorganisatorische Zusammenhalt geschwächt, • werden Hürden zu kurz-, mittel- und langfristigen Unternehmenszielen aufgestellt, • werden Effizienz, Leistung und Kundenzufriedenheit der gesamten Organisation gemindert27. Kommunikations-Instrumente Bei der Planung und beim Einsatz der Kommunikationsinstrumente muss beachtet werden, dass mit ihnen wirklich alle Mitarbeitergruppen erreicht werden. Alle im Arbeitsprozess des Unternehmens eingebundenen Mitarbeiter sind für den Wertschöpfungsprozess wichtig. Dazu gehören auch die Mitarbeiter, die in keinem arbeitsvertraglichen Verhältnis zum Unternehmen stehen, wie Leiharbeiter, Honorarkräfte und Praktikanten. Sie sind ebenso an der Wertschöpfung beteiligt. Fühlen sich einzelne Mitarbeiter oder Gruppen von Mitarbeitern auch nur teilweise aus dem Kommunikationsprozess ausgeschlossen, wirkt sich dies negativ auf die Mitarbeiterzufriedenheit aus, mit den oben beschriebenen Folgen. Dies gilt insbesondere in Unternehmen, die in ihrem Leitbild einen partizipativen oder kommunikativen Führungsstil anführen28. Mitarbeiterkommunikation muss daher die nötigen Kommunikationsinstrumente und -plattformen bereitstellen. Diese müssen so gestaltet sein, dass die Mitarbeiter auch erreicht werden. Instrumente der Abwärtskommunikation sind vor allem die sogenannten „Verteilmedien“ wie Rundschreiben, Broschüren, Flyer, Handbücher, Mitarbeiterzeitung, Schwarzes Brett, aber auch Konferenzen, Workshops, Abteilungsbesprechungen, das Mitarbeitergespräch und das Intranet. Instrumente der Aufwärtskommunikation sind u.a. die Mitarbeiterbefragung, die Beurteilung der Führungskräfte, das betriebliche Vorschlagswesen bzw. Ideenmanagement, das Beschwerdemanagement, das Risikomanagement, das Intranet. 27 Vergl. Förster, A.: Kundenkommunikation, Frankfurter-Societäts-Medien GmbH, Frankfurt a.M., 2014, S. 28 28 So im Leitbild des Deutschen Caritasverband: „Der Deutsche Caritasverband pflegt einen partizipativen Führungsstil. Er beteiligt seine Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter an den ihr jeweiliges Arbeitsfeld betreffenden Ziel- und Entscheidungsfindungen“. 11 Instrumente der Horizontalkommunikation sind u.a. informelle Gespräche, das „Management by walking around“, ein Betriebsevent (z.B. Betriebsausflug) sowie gegenwärtig vor allem das Intranet. Das Intranet ist das zentrale Informationsportal zur Verwaltung des gesamten Unternehmenswissens. Die Vorteile des Intranets bestehen neben der weltweiten und zeitnahen Verfügbarkeit vor allem in seiner Dialogfähigkeit (Rückkanal), der Schnelligkeit der Informationsvermittlung, und der Multimedialität. Voraussetzung dafür ist eine gute Informationsarchitektur, die Inhalte intuitiv nutzbar und zugänglich macht. Wenn Mitarbeiter das Intranet nicht so nutzen, wie es zu wünschen wäre, lassen sich oft die folgenden Defizite identifizieren: • Das Intranet wird ausschließlich zur Abwärtskommunikation eingesetzt, vorrangig von den oberen Führungsebenen, • Partizipation von Mitarbeitern besteht nicht oder nur formell, wird tatsächlich aber durch bürokratische oder technische Hürden oder hohe inhaltliche und formale Anforderungen an die Inhalte verhindert, • Inhalte sind veraltet und damit nutzlos, • die Struktur ist unstrukturiert, ungeordnet, komplex, ein „Dateiengrab“. Auch damit ist das Intranet für die Mitarbeiter nutzlos. Das Intranet entwickelt sich derzeit in vielen Unternehmen zum internen „Social-Web“. Damit sind moderne interaktive Web-basierteAnwendungen wie z.B. Foren, Blogs und Wikis gemeint. Als unternehmensweite Plattform bietet ein „Social-Intranet“ vielfältigste Kommunikations- und Kollaborationsmöglichkeiten, die Mitarbeiter besser informiert und motiviert zusammen arbeiten lässt. Die ehemals statische Intranet-Plattform entwickelt sich damit zu einer dynamischen Interaktions-Plattform. Das „Social-Intranet“ erfüllt damit Merkmale der Horizontal- und Aufwärtskommunikation, weil Mitarbeiter auch selbst aktiv daran mitarbeiten können und diesen Wissenspool durch eigene Inhalte weiterentwickeln können. „Social-Intranets“ können insbesondere in größeren und räumlich verteilten Unternehmen, wo eine persönliche Kommunikation nicht praktikabel ist, zu einer verbesserten Bedürfnisbefriedigung beitragen29. Nach der Ansicht von BaumNilsson verpassen Unternehmen, die interne „Social-Media“-Anwendungen nicht nutzen, den Anschluss an den globalen Wettbewerb. Insbesondere den sogenannten Digital Natives (Generation Y und Z) müssten moderne Kommunikationstools geboten werden, damit das Unternehmen attraktiv ist. Unternehmen müssten dazu klassische Denkmuster der Bevorzugung der Abwärtskommunikation durchbrechen und die Kommunikationskultur entsprechend wandeln30. Der Deutsche Caritasverband schreibt ähnlich – allerdings im Zusammenhang mit externer Kommunikation: „Gemeinnützige Organisationen, die sich auf den Gebrauch sozialer Medien nicht verstehen, können in einer digitalen Gesellschaft ihre Funktionen - die Einbindung von Bürgern, die 29 Vergl. Baum-Nilsson, A.: Befriedigung der kommunikativen Mitarbeiterbedürfnisse durch soziale Medien. Eine empirische Untersuchung anhand von DAX- und MDAX-Unternehmen. Diplomica, Hamburg, 2013, S. 68 30 s.o. 12 Erbringung von Dienstleistungen, die Interessenvertretung und die Schaffung von Partizipationschancen - auf die Dauer nicht erfolgreich ausüben“31. Vielleicht erkennt der Deutsche Caritasverband demnächst auch die Bedeutung interner „sozialer“ Medien für die Mitarbeiterkommunikation. Ist die Unternehmensführung nicht bereit zum Wandel der Kommunikationskultur oder handelt es sich um ein Unternehmen, bei dem Kommunikations-Katastrophen bekannt sind, hilft auch die Einführung eines „Social-Intranet“ nicht, das Kommunikationsklima zu verbessern. Im Gegenteil, da den Mitarbeitern das Vertrauen fehlt, würden sie eine solche Maßnahme mit Argwohn betrachten und nicht nutzen. Die Einführung eines „Social-Intranets“ muss gut geplant, kommuniziert, vorbereitet und eingeführt werden, z.B. mit Workshops oder Fortbildungsangeboten, um keine Mitarbeiter auszuschließen. Mit der Installation der entsprechenden Software auf dem Unternehmensserver ist die Maßnahme nicht abgeschlossen. Das „Social-Intranet“ muss permanent und täglich inhaltlich betreut werden. Dies ist eine Aufgabe des Kommunikationsmanagements (vergl. 1.2), auch in Kooperation mit der betrieblichen Interessenvertretung. Kann oder will das Unternehmen den Mitarbeitern keine „Social-Intranet“-Plattform zur Verfügung stellen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass bestimmte Mitarbeiter auf andere Kanäle ausweichen, wie z.B. auf Facebook. Das kann problematisch sein, insbesondere wenn Mitarbeiter dort offentlich Kritik üben oder unbedacht ihrem Ärger Luft machen. Zahlreiche Arbeitsgerichtsprozesse haben ihren Ursprung in derartigen Äußerungen im Internet32 33. Der Deutsche Caritasverband hat reagiert und 2011 eigene „Social-Media-Guidelines“34 herausgegeben. Diese sollen „Sicherheit und Klarheit über die Nutzung sozialer Medien im beruflichen Kontext geben (…) (Sie) müssen vor Ort an die Bedingungen der Organisation oder des Trägers angepasst und mit der dortigen Mitarbeitervertretung abgestimmt werden. Dabei ist auch zu entscheiden, ob die Leitlinien durch eine Dienstvereinbarung ergänzt werden müssen“35. 3. Die Öffentlichkeitsarbeit der Mitarbeitervertretung Mitarbeitervertretungen müssen innerhalb des Unternehmens kommunizieren. Das ergibt sich direkt und indirekt aus praktisch allen Vorschriften der Mitarbeitervertretungsordnung. Rein formal gesehen verpflichtet z.B. der gesamte § 26 (Allgemeine Aufgaben der Mitarbeitervertretung) zur schriftlichen und mündlichen Kommunikation mit dem Dienstgeber, den Mitarbeitern, den Auszubildenden und anderen Stellen. Der § 27 legt fest, dass sich Dienstgeber und Mitarbeiter31 http://www.caritas.de/neue-caritas/heftarchiv/jahrgang2012/artikel/social-media-geben-anonymen-institutione (abgerufen am 15.08.2014) 32 z.B. http://www.sueddeutsche.de/karriere/duesseldorf-feuerwehrleute-nach-facebook-kritik-an-ob-suspendiert1.1591727 , abgerufen am 15.08.2014 33 http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/urteil-papst-witze-rechtfertigen-fristlose-kuendigung-a-795032.html, abgerufen am 15.08.2014 34 http://www.caritas.de/diecaritas/fuermitarbeiter/caritaswebfamilie/social_media_leitlinien_caritas/guidelines (abgerufen 15.08.2014) 35 http://www.caritas.de/neue-caritas/heftarchiv/jahrgang2012/artikel/social-media-geben-anonymen-institutione (abgerufen am 15.08.2014) 13 vertretung gegenseitig informieren müssen und sich auf Wunsch aussprechen können. § 27 enthält für den Dienstgeber wie auch der § 27a bestimmte Pflichten zur Information der Mitarbeitervertretung. Die §§ 29-39 regeln stark formalisiert die Kommunikation mit dem Dienstgeber im Rahmen der von der Vorschrift bestimmten Tatbestände. Die Kommunikation mit den Mitarbeitern ist teilweise formalisiert, wie z.B. in § 26 (3) Nr. 2 (Anregungen und Beschwerden von Mitarbeitern), oder § 21 (Mitarbeiterversammlung). Zum großen Teil ist die Kommunikation mit den Mitarbeitern in der MAVO jedoch nicht formalisiert, die Notwendigkeit und der Inhalt der Kommunikation ergibt sich aus dem Kontext der jeweiligen Vorschrift. Es sei hier § 26 (1) als Beispiel herangezogen „Dienstgeber und Mitarbeitervertretung haben darauf zu achten, dass alle Mitarbeiter nach Recht und Billigkeit behandelt werden“. Diese allgemeine Überwachungsaufgabe kann die Mitarbeitervertretung nur wahrnehmen, wenn sie mit dem Dienstgeber und den Mitarbeitern im ständigen Dialog ist. Denn anders kann die Mitarbeitervertretung nicht in Erfahrung bringen, ob tatsächlich alle Mitarbeiter nach Recht oder Billigkeit behandelt werden. Auf welche Weise der Dialog zu gestalten ist, regelt die MAVO nicht, dies liegt im Verantwortungsbereich der Mitarbeitervertretung. Ein weiteres Beispiel ist der § 38 (Dienstvereinbarungen). Selbstverständlich muss die Mitarbeitervertretung mit den Mitarbeitern und mit dem Dienstgeber im Planungs- und Verhandlungsstadium einer Dienstvereinbarung ständig kommunizieren, weil sie wissen muss, welche Interessen, Wünsche und Forderungen jeweils bestehen. Auch nach Abschluss einer Dienstvereinbarung möchte die Mitarbeitervertretung wissen, ob es gut läuft oder Reibungs- oder Kritikpunkte gibt. Auch im Zustimmungsverfahren nach § 36 kann die Mitarbeitervertretung nur entscheiden wenn sie weiß, welche Interessen die Mitarbeiter haben. Das erfährt sie nur im Dialog mit den Mitarbeitern. 3.1 Bedeutung und Ziele der Kommunikation der Mitarbeitervertretung im Rahmen der Unternehmenskommunikation Implementation der „Produkte“ und „Dienstleistungen“ der Mitarbeitervertretung in die Wahrnehmung der „Kunden“. Die Betrachtungsweise der Mitarbeitervertretung als Erbringer von Dienstleistungen und Mitarbeitern als Abnehmer und damit Kunden der Mitarbeitervertretung mutet vielleicht auf den ersten Blick seltsam an. Die Mitarbeitervertretung verlangt keine Entlohnung für ihre Dienstleistungen (§ 15 MAVO), bezahlen muss trotzdem jemand, nämlich der Dienstgeber (§ 17 MAVO). Eine merkantile Sicht auf die Verhältnisse verstellt hier den Blick auf die kommunikativen Aspekte. Unter dem Aspekt der Kommunikation geht es darum, bei den Kunden Relevanz für die Dienstleistungen zu erzeugen und sie zur Inanspruchnahme der Dienstleistung zu veranlassen (vergl. Abschnitt 1a). Dass die Mitarbeiter im Rahmen der Unternehmenskommunikation als „Kunden“ der Mitarbeitervertretung aufgefasst werden können, liegt nahe, weil es darum geht, eine für die Mitarbeiter nützliche (bzw. in der MAVO vorgeschriebene) Dienstleistung zu erbringen. Die Dienstleistung besteht beispielsweise darin, eine Dienstvereinbarung im Interesse der Mitarbeiter mit dem Dienstgeber abzuschließen. Mitarbeiter wenden sich jedoch nur dann an die Mitarbeitervertretung, 14 wenn es gelingt, das Dienstleistungsangebot erfolgreich bei den Mitarbeitern zu implementieren. Das erreicht die Mitarbeitervertretung, indem sie Werbung für ihr Dienstleistungsangebot betreibt, im Sinne der unter dem Abschnitt 1a) genannten Aspekte. Werbung für die Dienstleistungen der Mitarbeitervertretung heißt in diesem Fall Sachinformation und Selbstdarstellung. Die symbolische Bedeutungsebene entfällt allerdings für das Produkt „MAV-Dienstleistung“. Die Mitarbeitervertretung bzw. die Dienstleistung ist nicht austauschbar, es gibt keine Wahlmöglichkeit für den „Kunden“, keine konkurrierende Mitarbeitervertretung. Völlig verfehlt wäre der Versuch, der Dienstleistung einen Mythos zu verleihen. Als Kommunikationsmittel kommen vor allem Instrumente der Abwärtskommunikation in Betracht, wie Rundschreiben, Flyer, schwarzes Brett, Eintrag im Intranet. Wichtig sind hierbei Einfachheit, Klarheit und Glaubwürdigkeit der Inhalte. Die Mitarbeitervertretung muss darauf achten, dass die von ihr eingesetzten Kommunikationsmittel wirklich alle Mitarbeiter erreichen. Zum Zwecke der werblichen Kommunikation der Mitarbeitervertretung kann ein Claim eingesetzt werden. Derzeit verwenden manche Mitarbeitervertretungen den Claim „Wir. Für Sie.“ Überzeugend ist er nach Ansicht des Autors nicht. Ein anderer Claim, der dem Autor schon mal begegnet ist lautet: „Kooperation statt Konfrontation“ Das ist gefährlich für den Fall, dass es mit dem Dienstgeber zur Konfrontation kommt. Die Mitarbeitervertretung macht sich dann unglaubwürdig, dies wirkt sich negativ auf ihr Image aus (vergl. Abschnitt 1a). Es spricht für den Dienstgeber, wenn er Sachinformationen zur Mitarbeitervertretung auch auf seiner öffentlichen Homepage veröffentlicht. Diese Maßnahme ist als Corporate Social Responsibility (CSR) anzusehen. Der Dienstgeber verbessert dadurch sein Image bei seinen Anspruchsgruppen, weil er ihnen gegenüber zum Ausdruck bringt, dass ihm die Interessenvertretung seiner Mitarbeiter wichtig ist. Internalisierung der Ansprüche, Werte und Interessen der Anspruchsgruppen Anspruchsgruppen der Mitarbeitervertretung sind die Mitarbeiter und der Dienstgeber. Im weiteren Sinne gehören dazu u.a. auch der Träger des Unternehmens, die Diözesane Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen, die Arbeitsrechtliche Kommission, die verfasste Kirche, Caritas, die allgemeine Öffentlichkeit, der Staat. Es geht darum, eine hoch komplexe Wirklichkeit der Ansprüche, Werte und Interessen der Anspruchsgruppen zu internalisieren. Um in diesem Aufsatz nicht den Überblick zu verlieren, soll hier nur die Gruppe der Mitarbeiter betrachtet werden – diese ist allein schon komplex genug. Für die Mitarbeitervertretung ist es von größter Wichtigkeit zu erfahren, welche Ansprüche, Werte und Interessen die Mitarbeiter haben. Die oben genannte Anwendung von Mitarbeiter-Typologien kann 15 eine erste grobe Einschätzung erlauben. Die Mitarbeitervertretung kann sich beispielsweise vornehmen, mehr über den Typus der Akut-Unzufriedenen und den Typus der Desinteressierten zu erfahren, vor allem über die Gründe der Unzufriedenheit oder des Desinteresses. Weitere Typologien lassen sich aus den unterschiedlichen Berufsgruppen bilden. Erkennbar ist, dass die Mitarbeiter der „Generation Z“ aufgrund ihrer veränderten Einstellungen zur Arbeitswelt die Unternehmen zu Veränderungen drängen werden, was sich auch auf die Arbeit der Mitarbeitervertretungen auswirken wird. Als Kommunikationsmittel kommen vor allem Instrumente der Horizontalkommunikation in Betracht, wie z.b. informelle Gespräche, Sprechstunden, Kummerkasten, das „walking around“ und das Intranet. Es geht hier um einen bidirektionalen Kommunikationsfluss. Deshalb muss das Kommunikationsmittel Intranet interaktiv nutzbar sein. Die Mitarbeitervertretung kann z.B. ein Blog-System einsetzen, innerhalb dessen die Mitarbeiter Themen kommentieren können. Implementation der Images und der Reputation in die Wahrnehmung der Anspruchsgruppen Hier sollen zunächst die wichtigsten Anspruchsgruppen innerhalb des Unternehmens betrachtet werden, und zwar Mitarbeiter und Dienstgeber. Die Haupt-Einflussmöglichkeit der Mitarbeitervertretung, ihr Image bzw. ihre Reputation zu gestalten, liegt im tatsächlichen Handeln. Die „Materialisierung“ des Produkts „Dienstleistung“ ist das den Anspruchsgruppen kommunizierte oder von ihnen beobachtbare Verhalten der Mitarbeitervertretung. „Verhalten“ in diesem Sinne meint jede explizit oder implizit ausgesendete Botschaft der Mitarbeitervertretung, unabhängig vom Medium, Inhalt oder Intention der Botschaft. Auch nonverbale Botschaften sind gemeint. Wenn zum Beispiel die Mitarbeitervertreter regelmäßig mittags mit der Geschäftsführung gemeinsam an einem reservierten Tisch sitzen ist dies eine nonverbale Botschaft, die von den Mitarbeitern und vom Dienstgeber sehr subjektiv und deshalb sehr unterschiedlich interpretiert werden kann. Die Reputation ist das Kapital der Mitarbeitervertretung (vergl. Abschnitt 1.1). Das Kapital ist hoch, wenn die Mitarbeitervertretung für die Anspruchsgruppen wichtig, vertrauenswürdig und verlässlich ist. Dies gilt gleichermaßen für die Anspruchsgruppen Mitarbeiter wie Dienstgeber. Auch Dienstgeber bevorzugen es, wenn sie die Mitarbeitervertretung als vertrauenswürdig und verlässlich erleben und als wichtig empfinden. Das bedeutet nicht, dass Konflikte vermieden werden müssen. Konflikte sind normal, weil die Ansprüche, Werte und Interessen der Anspruchsgruppen im Betrieb naturgemäß unterschiedlich sind, auch diametral unterschiedlich. Hier kommt es für Dienstgeber und Mitarbeitervertretung darauf an, Kompromisse zu finden. Das gelingt am ehesten, wenn sowohl Dienstgeber und Mitarbeitervertreter sinngemäß die o.g. Grundsätze der Kommunikation zur Förderung der Mitarbeiterzufriedenheit beachten. Hiermit ist in der Sache noch keine Lösung gefunden, aber der Weg dorthin geebnet. Die Reputation der Mitarbeitervertretung fließt in das „Stakeholder Capital“ des Dienstgebers mit 16 ein. Ist die Reputation der Mitarbeitervertretung hoch, steigert sich im gleichen Maße die Reputation des Dienstgebers und umgekehrt. Dienstgeber müssen daher ein Interesse daran haben, die Reputation der Mitarbeitervertretung zu stärken. Damit die Kommunikation tatsächlichen Handelns gelingt, kommen hier wieder die Instrumente der Horizontalkommunikation zum Einsatz. Ein Blog-System im Intranet ermöglicht den bidirektionalen Kommunikationsweg mit allen Anspruchsgruppen. Die Mitarbeitervertretung kann dieses System nutzen, um über Themen zu berichten, die ihr wichtig und bedeutsam erscheinen. Dies bedeutet nicht, jeden Tag etwas „rauszuhauen“. Die Kommunikationsinhalte ergeben sich häufig aus dem betrieblichen Alltag, aus Berichten, Fragen und Problemen der Mitarbeiter, aus Berichten der DiAG-MAV und aus dem kirchlichen und staatlichen Arbeitsrecht. Kommunikations-Katastrophen der Mitarbeitervertretung Alle im Abschnitt 2 genannten Kommunikations-Katastrophen gelten auch im Verhältnis zwischen Mitarbeitervertretung und Mitarbeitern bzw. Dienstgeber. Greift die Mitarbeitervertretung wichtige Themen nicht auf, gibt Informationen nicht weiter, schottet sie sich ab, geht in Krisensituationen auf Tauchstation, vermeidet sie Konflikte oder hält Zusagen nicht ein, zerstört sie Vertrauen und damit Reputation. Schlimmstenfalls bekommt die Mitarbeitervertretung davon nichts mit, weil sie mit sich selbst beschäftigt ist, weil sie zeitraubende und nervende Grundsatzdiskussionen führt. Oder sie schätzt die Lage falsch ein, weil die Mitarbeiter sich wegen des Vertrauensverlusts längst abgewendet haben und sie deshalb der Meinung ist, im Unternehmen sei es ruhig und es gebe keine Probleme. Externe Kommunikation der Mitarbeitervertretung Darf die Mitarbeitervertretung ihre Kommunikation auch an Anspruchsgruppen außerhalb des Unternehmens richten? Viele Mitarbeitervertretungen sind auf den Homepages ihrer Dienstgeber vertreten. In diesem Fall darf man davon ausgehen, dass dies im Konsens mit dem Dienstgeber erfolgt. Das Arbeitsgericht Paderborn hat 1998 entschieden, dass ein Betriebsrat gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoße, wenn er eine eigene Homepage im Internet betreibe36. Der Arbeitgeber, ein High-Tech-Unternehmen der EDV-Branche, hatte dem Betriebsrat die Einrichtung einer Seite im unternehmensinternen Intranet verweigert. Das Gericht hat gleichzeitig das Unternehmen verpflichtet, dem Betriebsrat eine Intranet-Seite zur Verfügung zu stellen. Im Jahr 2014 ist die Internetnutzung zum Alltag geworden. Viele Mitarbeitervertretungen betreiben eigene Homepages im Internet, ohne dass Rechtsstreitigkeiten bekannt geworden wären. Fraglich ist, wie weit das Recht auf freie Meinungsäußerung der Mitarbeitervertretung reicht, z.B. wenn über Missstände im Betrieb in der Weltöffentlichkeit berichtet wird. Das Kirchliche Arbeits36 ArbG Paderborn, 29.01.1998, 1 BV 35/97 17 gericht Mainz hat in einem Verfahren auf einstweilige Verfügung37 beschlossen, dass die (Gesamt-)Mitarbeitervertretung im vorliegenden Fall mit ihrer Meinungsäußerung weder die zulässige Grenze einer effektiven Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen, noch den ihr durch den kirchlichen Gesetzgeber zugewiesenen Rahmen verlassen hat. Der Dienstgeber hatte beantragt, die betreffende Erklärung von der Internetseite zu entfernen. Die Gesamt-Mitarbeitervertretung hatte sich auf ihrer Homepage unter der Überschrift „The Same Procedure As Every Year - ein Déjà-vu der Gesamt-Mitarbeitervertretung“ über den nach ihrer Meinung bestehenden Widerspruch zwischen der fortdauernden Umsetzung des Kostensenkungsbeschlusses des Bistums von 2010 und dem aktuellen Finanzbericht des Bistums geäußert. Auslöser der Veröffentlichung war die erkennbare Verärgerung darüber, dass der Generalvikar den Finanzbericht zunächst in einer Pressekonferenz vorgestellt hat und erst später der Gesamt-Mitarbeitervertretung. Bildschirmfoto, abgerufen am 15.08.2014 37 KAG Mainz, Beschluss vom 28.04.2014, M 17/14 Tr-ewVfg- 18 Das Kirchliche Arbeitsgericht Mainz stellt fest: „Es gehört generell nicht zu den der MAV nach der MAVO obliegenden Aufgaben, von sich aus und ohne Veranlassung durch den Dienstgeber die außerbetriebliche Öffentlichkeit über „allgemeininteressierende Vorgänge“ des Dienstbetriebes zu unterrichten. Weder aus den in Einzelbestimmungen der MAVO geregelten besonderen Aufgaben und Befugnissen der MAV, noch aus der Aufzählung ihrer allgemeinen Aufgaben in § 30 MAVO T., noch aus der Generalklausel über eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ergibt sich eine Befugnis der MAV, von sich aus die außerbetriebliche Öffentlichkeit über irgendwelche einrichtungsinterne Vorgänge zu unterrichten. Die MAV hat partnerschaftlich handelnd gegenüber dem Dienstgeber die Interessen der Arbeitnehmer der Einrichtung wahrzunehmen. Eine solche effektive Interessenwahrnehmung schließt allerdings nicht aus, dass sich die MAV unter bestimmten Voraussetzungen auch an die außerbetriebliche Öffentlichkeit wenden kann, wenn eine effektive Interessenwahrnehmung dies erfordert. Entscheidend für die Beschreitung dieses Weges sind immer die Umstände des Einzelfalles. Das Einstellen von einrichtungsinternen Angelegenheiten auf der eigenen Homepage der MAV, die der gesamten Öffentlichkeit zugänglich ist, kann nur dann in Frage kommen, wenn dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der MAV nach ihrer Sicht objektiv erforderlich sein kann.“ Eine große Warnung für Mitarbeitervertretungen, denen es jetzt in den Fingern juckt gilt: Dieses Urteil regelt einen ganz bestimmten Einzelfall in einem ganz bestimmten situativen Umfeld. Mitarbeitervertretungen kann generell nur davon abgeraten werden, einrichtungsinterne Vorgänge zu veröffentlichen. Sonderfälle wie der obige sind ausgenommen. Aus Sicht der Unternehmenskommunikation handelt es sich hierbei um einen Kommunikationsfehler des Dienstgebers, wie oben unter dem Abschnitt „Kommunikations-Katastrophen“ beschrieben. Dieser Fehler hätte leicht vermieden werden können, indem die Stabsstelle für Unternehmenskommunikation des Dienstgebers die Gesamt-Mitarbeitervertretung in ihren Verteiler aufgenommen hätte und zumindest zeitgleich informiert hätte. Der Schaden, den ein solcher Fehler anrichtet, kann wie im Beispielfall groß sein und mindert letztlich die Reputation des Dienstgebers. Auf der folgenden Seite ist ein Negativ-Beispiel für eine öffentliche Homepage einer Mitarbeitervertretung abgedruckt. Entweder haben die Herausgeber der Homepage die Bedeutung des Begriffs „Schauprozess“ nicht verstanden oder dieser wird hier absichtlich in äußerst herabwürdigender Weise verwendet. 19 Bildschirmfoto (abgerufen am 21.05.2014) 3.2 Die Schweigepflicht der Mitarbeitervertretung Mitarbeitervertreter müssen u.a. die Schweigepflichtsregelung nach § 20 MAVO beachten. Die Vorschrift dient der Verwirklichung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Dienstgeber und gleichzeitig dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter. Von der Schweigepflicht betroffen sind alle Angelegenheiten, die der Privatsphäre eines Mitarbeiters zuzuordnen sind (z.B.personelle Maßnahmen wie die Eingruppierung) oder die der Dienstgeber aus einem berechtigten Interesse geheim halten will wie z.B. Geschäftsgeheimnisse. Missstände in der Einrichtung unterliegen nicht der Schweigepflicht (Kirchlicher Arbeitsgerichtshof, Urteil M 17/10 vom 06.05.2011). Die Mitarbeitervertretung darf sich von § 20 MAVO auf keinen Fall zu einer Art Geheimgremium gegenüber den Mitarbeitern verleiten lassen. Das Landesarbeitsgericht Hessen hat 2010 entschieden: „Der Betriebsrat ist kein geheimer Zirkel, der die Aufgabe hat, die Arbeitnehmer durch die Geheimhaltung von Informationen über unternehmerische Planungen und Entscheidungen vor unnötiger Aufregung und Unruhe zu bewahren.“38 Aus den Sitzungen der Mitarbeitervertretung darf berichtet werden, soweit die oben genannten Angelegenheiten geheim gehalten werden und die Funktionsfähigkeit der Mitarbeitervertretung dadurch nicht beeinträchtigt wird. Hierzu gehört zum 38 LAG Hessen, Beschluss vom 16.12.2010, 9 TaBV 55/10, zu § 79 BetrVG 20 Beispiel, ob und welchen Angelegenheiten der Dienststelle die Mitarbeitervertretung zugestimmt hat (§ 36 MAVO) oder ob und in welcher Angelegenheit die Mitarbeitervertretung das Kirchliche Arbeitsgericht angerufen hat. Aus der Sicht des Autors ist zu empfehlen, dass die Kommunikation der Mitarbeitervertretung einheitlich erfolgt, z.B. durch den Vorsitzenden oder einen Ausschuss. 3.3 Fazit Die Kommunikationsaufgaben der Mitarbeitervertretung sind vielfältig und anspruchsvoll. In Unternehmen ab einer gewissen Größe muss die Aufwärts- und Horizontalkommunikation durch moderne Intranet-Software ergänzt werden, die eine bidirektionale Kommunikation im Sinne einer Partizipation der Mitarbeiter ermöglicht. Mitarbeiter der Generation Y und Z sind den Umgang mit solchen Medien gewohnt und erwarten ein derartiges Angebot auch im Unternehmen. Dienstgeber tun gut daran, Kommunikationsinstrumente aus dem Bereich des „Social-Web“ auch im Intranet anzubieten. Unternehmen, die interne „Social-Media“-Anwendungen nicht nutzen und die Bevorzugung der Abwärtskommunikation nicht durchbrechen, verpassen den Anschluss an den Wettbewerb. Kann aufgrund tatsächlicher Gegebenheiten kein innerbetrieblicher Intranet-Zugang angeboten werden, kann ein geschützter Zugang über eine öffentlich zugängliche Internetseite eingerichtet werden. Mitarbeitervertretungen können die Erkenntnisse der Unternehmenskommunikation nutzen, um den Dienstgeber zu überzeugen, „Social-Media“- Anwendungen einzusetzen. Mitarbeitervertretungen es sich zur Aufgabe machen, die inhaltliche Betreuung eines solchen Systems zu übernehmen. Dies ist allerdings eine Tätigkeit, die Kontinuität und permanente Aufmerksamkeit erfordert. Will oder kann die Mitarbeitervertretung das nicht leisten, verzichtet man besser darauf. Die „Öffentlichkeitsarbeit“ der Mitarbeitervertretung richtet sich zuallererst an die Unternehmensinternen Anspruchsgruppen. Mitarbeitervertretungen müssen für sich werben. Die Inhalte einer Homepage der Mitarbeitervertretung im öffentlich zugänglichen Internet dürfen, von besonderen Einzelfällen abgesehen, über allgemeine Beschreibungen der Aufgaben, eine Selbstdarstellung oder Sachinformation von außerhalb des Unternehmens nicht hinausgehen. Stand: August 2014