1. Regionale Verbreitung von FGM in Kamerun TERRE DES

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1. Regionale Verbreitung von FGM in Kamerun TERRE DES
Menschenrechte für die Frau
Human Rights for Women
Droits humains pour la Femme
www.terre-des-femmes.ch
info@terre-des-femmes.ch
Tel. +41 (0)31 311 38 79
PC-Konto 3038394-5
TERRE DES FEMMES Schweiz
Geschäftsstelle, Standstrasse 32, CH-3014 Bern
Bern, 15. September 2011
Stellungnahme zu FGM in Kamerun
TERRE DES FEMMES Schweiz nimmt Stellung zur Situation von Frau A., die aus Kamerun geflohen ist
aufgrund von drohender Weiblicher Genitalverstümmelung (FGM). Es wird auf die folgenden Fragen
eingegangen, die sich aus dem Asylgesuch ergeben:
1. In welchen Regionen Kameruns wird FGM heute noch durchgeführt?
2. Was ist die gesetzliche Situation zu FGM in Kamerun?
3. In welchem Alter werden Beschneidungen normalerweise durchgeführt und gibt es bestimmte
Abläufe für die Beschneidung?
4. Werden schwangere Frauen ebenfalls beschnitten?
5. Welche Schutzmöglichkeiten gibt es für von FGM bedrohte Mädchen und Frauen?
1. Regionale Verbreitung von FGM in Kamerun
FGM wird in Kamerun hauptsächlich in South West Region und Northern Region praktiziert. Besonders davon
betroffen sind Ejagham und Boki im Südwesten, Makai, Arabes Choas, Sara, Kotoko und Sirata in der Far
North Region sowie Betaré-Oya und Garoua-Boulai in der Ostprovinz1. In diesen Regionen liegt die
Prävalenzrate teilweise bei 100% (insbesondere in der Ejagham Region im Südwesten)2. Durch steigende
Migration innerhalb Kameruns sind aber zum Teil auch andere Regionen betroffen.3 Am meisten betroffen sind
Musliminnen und Christinnen, bei Animistinnen ist diese Tradition weitgehend unbekannt. In der Stadt Mamfe
(South West Region) sind gemäss Schätzungen 45% der Frauen betroffen.4
In der Region Mamfe werden normalerweise zwei Formen der Genitalverstümmelung durchgeführt:
Klitorisdektomie oder Exzision.5
1
CYJULERC, http://cyjulerc.freeiz.com/FGMProjects.htm, abgerufen am 13.09.2011
http://www.botsotsoportal.co.za/?p=469; , abgerufen am 13.09.2011
3
Cameroon - Researched and compiled by the Refugee Documentation Centre of Ireland on 30 April 2009.
4
Vitalis Pemunta Ngambouk, Gendered Identity and Anti-Female Genital Cutting (FGC) Activism among the Ejaghams,
Cameroon, 2010
5
http://newhealthtrends.wordpress.com/2007/12/30/elimination-of-female-genital-mutilation-in-manyu-division-of-southwest-province-cameroon/; abgerufen am 13.09.2011
2
Menschenrechte für die Frau
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2. Gesetzeslage in Kamerun betreffend FGM
FGM ist bis heute in Kamerun nicht verboten6. Einige NGOs und Einzelpersonen setzen sich für ein Verbot
von FGM ein, doch bis heute wurde kein Gesetz dagegen erlassen, dh. es gibt keinerlei Strafverfolgung
gegen Beschneiderinnen. In Gebieten, in denen FGM traditionell weit verbreitet ist, wehren sich die
Menschen teilweise vehement gegen jegliche Kampagnen gegen FGM. Sie sehen darin einen Angriff auf ihre
Traditionen.7 In Gegenden der Süd-West-Region wird in vielen Dörfern FGM als Pflicht angesehen, der sich
keine Frau entziehen kann. Damit sollen eine Kultur und eine Tradition erhalten bleiben.
3. Durchführung von FGM
Mittlerweile ist die öffentliche Meinung gegen FGM relativ stark. Aus diesem Grund wird FGM, obwohl es
nicht verboten ist, mehrheitlich im Geheimen durchgeführt. Mädchen und Frauen wissen häufig gar nichts
über diese Praktik. Weil es ein völliges Tabu ist, wird darüber auch nicht geredet. Eine Frau, die mit 10
Jahren beschnitten wurde, erzählt, dass ihr sehr viele Jahre noch nicht einmal bewusst war, dass die
beschnitten wurde: „…in Mbakem village an old woman who is a close relation to my family, publicly and
proudly revealed to us that she personally circumcised me. (…) I was embarrassed because I had never
been told that I was a victim.”8 Zu diesem Zeitpunkt war die Frau 37 Jahre alt.
Häufig werden alle Mädchen einer Familie zur gleichen Zeit beschnitten. Es werden mehrere Mädchen und
Frauen aus einem Dorf gemeinsam in einem der Häuser der Betroffen beschnitten9. Danach werden sie
wieder nach Hause gebracht. In den meisten Fällen sind nur Frauen bei der Beschneidung anwesend, es gibt
jedoch auch Fälle, in denen Männer ebenfalls involviert sind.10
Das Alter für die Beschneidung variiert sehr stark, in einigen Fällen werden Babies mit gerade einmal 2
Wochen bereits beschnitten, normalerweise werden Beschneidungen in Kamerun aber im Kindes- oder
Jugendalter durchgeführt. Insbesondere im Südwesten werden junge Frauen häufig nach ihrer ersten oder
zweiten Geburt beschnitten,11 wobei die meisten Frauen aus diesen Regionen bereits früh Kinder kriegen
(ca. 15 oder 16 Jahre alt).
4. Beschneidung von schwangeren Frauen
Eine Beschneidung wird entweder im Kindesalter, vor der Hochzeit oder nach der Geburt eines Kindes
US. Department of State, Country Reports on Human Rights Practices: Cameroon, US Department of State, 2010
The female genital cutting education and networking project, Cameroon: Female Circumcision perists despite
sensitisation, 2006
8
http://www.miscorporate.com/abemo-cameroon/story.html, abgerufen am 13.11.2011
9
CYJULERC, http://cyjulerc.freeiz.com/FGMProjects.htm, abgerufen am 13.09.2011
10
http://www.miscorporate.com/abemo-cameroon/story.html; abgerufen am 13.09.2011
6
7
Menschenrechte für die Frau
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durchgeführt. Es wurde keine Referenz zur Beschneidung von schwangeren Frauen gefunden. Es ist aber
höchst fraglich, ob eine schwangere Frau beschnitten werden würde, da das Risiko für das Baby sehr gross
wäre. Häufig erwähnt wird in Kamerun die Beschneidung nach der Geburt eines Kindes.12
5. Schutzmöglichkeiten für von FGM bedrohte Frauen
Da FGM in Kamerun nicht verboten ist, gibt es auch keinen Schutz für bedrohte Frauen von staatlicher Seite.
Es gibt einige NGOs, die gegen FGM arbeiten, sie bieten allerdings keinen Schutz für betroffene Frauen an,
sondern arbeiten auf Sensibilisierungs- und politischer Ebene.
Eine Umsiedlung in eine andere Gegend, insbesondere in eine grosse Stadt, birgt für alleinstehende Frauen
(oder Frauen mit Kindern) grosse Schwierigkeiten. In Kamerun gelten fast 80% der Frauen als
unterbeschäftigt. Es gibt nur sehr wenig und sehr teuren Wohnraum in den Städten. Häufig bleibt für Frauen
die Prostitution als einzige Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Gleichzeitig bekommen
alleinstehende Frauen nur sehr schwierig einen Mietvertrag für eine Wohnung, da Hausbesitzer häufig davon
ausgehen, dass diese Frauen in Prostitution verwickelt sind.13
Aus diesen Gründen kann eine Umsiedlung einer alleinstehenden Frau in eine andere Gegend Kameruns
nicht als Schutzmöglichkeit vor FGM in Betracht gezogen werden, selbst falls die Gefahr der Verfolgung in
andere Gebiete ausgeschlossen werden könnte.
CYJULERC, http://cyjulerc.freeiz.com/FGMProjects.htm, abgerufen am 13.09.2011
CYJULERC, http://cyjulerc.freeiz.com/FGMProjects.htm, abgerufen am 13.09.2011
13
SFH, Kamerun: Sozioökonomische Situation einer alleinstehenden Frau, 2011
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