Arzneimitteltransport im Praxisfahrzeug

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Arzneimitteltransport im Praxisfahrzeug
16.11.2014
Fortbildungsveranstaltung
„HAPO-Zusatzqualifikation“
Österreichische Tierärztekammer
Wien, 29.11.2014
Arzneimitteltransport im
Praxisfahrzeug
Ivo Schmerold
Vormals Institut für Pharmakologie und Toxikologie
Department für Biomedizinische Wissenschaften
Veterinärmedizinische Universität Wien
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Gliederung
• Rechtliche Grundlagen
• Studie mit tierärztlichen Praxisfahrzeugen (1 Jahr)
• Ergebnisse
• Temperaturmesssysteme
• Messorte und Temperaturprofile
• Jahreszeit, Garagierung, Kühlgeräte
• Wo liegen Gefahren?
• Gutes Kühlmanagement
• Maßnahmen der Risikominimierung
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1
16.11.2014
Nationale Rechtsgrundlagen, Leitlinien
Apothekenbetriebsordnung 2005 (ABO 2005)
Keinen expliziten Bezug auf Tierarzneimittel im
Rahmen der tierärztlichen HAPO haben:
• Fütterungsarzneimittelbetriebsordnung (FAMBO
•
•
2006)
Codex für den Transport von Arzneimitteln in
Österreich (2007)
Arzneimittelbetriebsordnung 2009 (AMBO 2009)
3
Internationale Leitlinien
• Grundsätze und Leitlinien der guten
Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln
(EU, 1992)
• Guide to good storage practices for
pharmaceuticals (WHO, 2005)
• Good Distribution Practices (GDP) for
Pharmaceutical Products (WHO, 2005)
Kein expliziter Bezug auf tierärztliche
Hausapotheke.
4
2
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Apothekenbetriebsordnung 2005
(§ 62 Abs. 1)
• Der hausapothekenführende Tierarzt hat Sorge zu
tragen, dass
 die vorgesehenen Lagerbedingungen ohne
Unterbrechung eingehalten werden.
5
Apothekenbetriebsordnung 2005
(§ 62 Abs. 3 - 5)
• Bei Mitführung von TAM bei Visiten: …dafür Sorge tragen,
•
•
dass die vorgesehenen Lagerbedingungen ohne
Unterbrechung eingehalten werden.
Mitführung nur in allseits geschlossenen
Transportbehältnissen (Schutz vor einer nachteiligen
Beeinflussung der Arzneimittel durch Licht, Temperatur,
Witterungseinflüsse, Verunreinigungen). Fertigarzneimittel
nur in Originalbehältnissen mitführen.
Nur in einer solchen Menge und in einem solchen Sortiment,
dass der regelmäßige tägliche Bedarf nicht überschritten
wird.
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3
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Hinweise zu Lagerungsbedingungen für
Tierarzneimittel
• Austria Codex – Fachinformation
• Packungsbeilage („Beipackzettel“,
Gebrauchsinformation)
• Häufige Angaben
•
•
•
•
•
2 °C bis 8 °C (Kühlware)
(2 °C) 8 °C bis 25 °C (Raumtemperaturware)
„Nicht einfrieren“
Besondere Bestimmungen nach Anbruch
Lichtschutz, trocken lagern…
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Die Praxisfahrzeuge der Studie
Großtier-/Geflügelpraxen
•
•
•
•
•
3 VW Transporter
2 Citroen Berlingo
1 Chrysler Voyager
1 VW Sharan
2 Audi A6
• 1 Opel Vivaro
• Passive (Kühl-)Elemente:
• Styroporboxen mit und ohne
Kühlakkus
• Aktive Kühlelemente:
• 12 V Kühlboxen (55 - 80 W)
• 12 V Kühltasche (48 W)
• On board-Kühlschrank
(12 V / 220 V; 70 W)
• Kühlraum in der Ordination
• Garagiert - nicht garagiert
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Die „Autoapotheke“
• Autoapotheken (adaptierbares Schubladensystem)
• Raster- und Trenn-Einsätze nach Maß
(Schaumeinlagen etc.)
• Verschiedene Materialien (eloxiertes Alu-Blech,
Hartschaumplatten, Holz etc.)
• Autoapotheken mit gekühlten Schubladen
• Separate Kühleinrichtungen
Schubladensysteme
Eingebauter Kühlschrank
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Ausstattung
Mit Kühleinrichtung (Kühlbox)
Gekühlte Schubladenelemente
Boxen ohne Kühleinrichtung
Piezoelektrische Kühltaschen
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Mitführung von TAM in
Styroporschachteln
Geflügelpraxis:
• Kurze Transportzeiten
• Lagerung in Kühlzelle
Styroporschachtel mit Kühlakku
Styroporschachtel mit einer Flasche
mit gefrorenem Wasser („Kühlakku“).
Cave: Der unmittelbare Kontakt
gefrorener „Akkus“ mit Arzneimitteln
ist zu vermeiden
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Messpunkte in den Praxisfahrzeugen
Kontinuierliche Messung mit Temperatur-Datenlogger
Armatur (Fahrgastzelle)
Unter dem Fahrzeug (Außentemp.)
In der „Kühleinrichtung“
In einer Lade
Temperaturmesstechnik und
Datenverarbeitung
Zweikanal Testo
175-T2
Einkanal
Testo 174
Kalibrierte Temperatur-Datenlogger
Fa. Testo GmbH
Auslesung eines Loggers mit Interface
(alle 2-3 Wochen)
Sofware Comsoft Basic, Testo GmbH
Graph. und statistische Auswertung:
MS Excel
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Beispiel: Ungekühlte Styroporbox
Gemischtpraxis; 28.10.07 – 12.04.08; 35 % 2 – 8 °C
1,3 % < 0 °C
58 % > 8 °C
29 % > 15 °C
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Apothekenlade und Kühlbox
Rinder-Gemischtpraxis, 06.11.07 – 10.04.08
32 % 2 °C – 8 °C
1,2 % < 0 0C
69 % 2 °C – 8 °C
66 % > 8 0C
Überschreitungshäufigkeit im Zeitraum
6.11.07- 10.4.08
25
17 % < 0 0C
Überschreitungshäufigkeit im Zeitraum 6.11.0710.4.08
15
20
8 % > 8 0C
10
5
5
0
-5
0
abhängige
Messpunkte
-10
-5
-10
Temperatur Kühlbox °C
Temperatur
Apothekenlade
°C
10
15
-5
0
5
10
15
20
Außentemperatur °C
25
abhängige
Messpunkte
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
25
Außentemperatur °C
16
8
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Kompressorkühlschrank (70 W)
Schweinepraxis, 28.10.07 - 12.04.08
78 % 2 – 8 °C
1,2 % < 0 0C
13 % > 8 0C
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Temperaturprofil an verschiedenen Lagerungsorten
in einem Fahrzeug („Wintermonat“)
Fahrerkabine
Injekt.-Flasche gekühlt
Außentemp.
Schublade
ungekühlt
Schublade gekühlt
Ausstattung mit Kompressorbox
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9
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Temperaturprofil an verschiedenen Lagerungsorten
in einem Fahrzeug („Sommermonat“)
Außentemp.
Fahrerkabine
Schublade gekühlt
Injekt.-Flasche
gekühlt
Die Temperatur der
ungekühlten Lagerungsorte folgt weitgehend
den Temperaturen im
Fahrzeuginnern
Ausstattung mit Kompressorbox
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Nicht-garagiertes, im Freien geparktes Fahrzeug
(VW-Transporter)
Außentemperatur gegen Temperatur in ungekühlter
Schublade (Februar 2008)
Haberleitner et al., WTM 101, 2014
20
10
16.11.2014
Garagiertes Fahrzeug (VW-Transporter)
Außentemperatur gegen Temperatur in ungekühlter
Schublade (Februar 2008)
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Haberleitner et al., WTM 101, 2014
Streudiagramm
Außentemperatur vs. Temp. in ungekühlter Schublade
(Juli – Mai nächsten Jahres)
Die Temperatur in
der ungekühlten
Schublade folgt in
etwa der
Außentemperatur
Haberleitner et al., WTM 101, 2014
22
11
16.11.2014
Streudiagramm
Außentemperatur vs. Temp. in gekühlter Schublade
(Juli – Mai nächsten Jahres)
Mögliche
Lagerungsfehler:
α: Kühltechnik defekt?
β: Falsch eingestellter
Thermostat?
γ: Überlange
Öffnungszeiten, falsch
eingestellter Thermostat,
Füllung mit warmen
Gegenständen?
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Haberleitner et al., WTM 101, 2014
Kumulative Temperaturdaten an ungekühlten
Lagerungsorten (Nov. 2007 –Dez. 2008)
C, J:
Styroformboxen
A, B, D, E, D, H:
Schubladen
Haberleitner et al., WTM 101, 2014
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12
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Kumulative Temperaturdaten an gekühlten
Lagerungsorten (Nov. 2007 - Dez. 2008)
B, E, H: Kompressor-Box
D: gekühlte Schubladen
G; Kühlschrank
J: Styroformbox mit
Kühl-Akkumulatoren
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Haberleitner et al., WTM 101, 2014
Geflügelpraxis
Kühlware 08.11.07 - 12.4.08
98 % 2 °C – 8 °C
1,6 % > 8 0C
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16.11.2014
Optimal: Kühlzelle zur AM - Lagerung
(Geflügelpraxis)
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Zusammenfassung aller Messdaten der
Studie
• Meteorologische Gegebenheiten 2007 / 2008
• 72 / 66 Tage über 25 °C; 17 / 11 Tage über 30 °C
• 53 / 53 Tage mit Temperaturen unter 0 °C
• In 5/10 Fahrzeugen mit Kühleinheit lagen 14,4% - 19,8%
über der 8°C-Grenze.
• Minimal- und Maximaltemperaturen lagen bei -12,9 °C und 26,2 °C
• In 4 Fahrzeugen lagen nur 51,9% - 68,6% der Jahresmesswerte
zwischen 2 °C und 8 °C.
• Fahrgastraum, ungekühlte Apothekenladen:
Winter: In allen Fahrzeugen Temperaturen < 0 °C
gemessen.
Sommer: Maximale Temperaturen bei 31,8 °C und 44,1 28°C
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Häufige „Fehler“ bei der Lagerung von
Arzneimitteln in Praxisfahrzeugen (I)
• Keinerlei Kühleinrichtung
• Fehlbedienung der
Kühleinrichtung; keine genaue
Regulierbarkeit
• Versäumnis der Überprüfung
von elektr. Anschlüssen;
2. Batterie, 220 V-Versorgung
• Unzureichende
Stromversorgung nach
Abstellen des Fahrzeuges
• Entladung der Starterbatterie
während längerer Stehzeiten
• Keine Garagierung
Fehlbedienung von Kühlboxen
40
Temperaturmesswerte
Identität
35
Temp. Kühleinheit (°C)
8°C-Grenze
25°C-Grenze
30
Mai 2008
2°C-Grenze
25
20
15
10
5
0
20
0
5
10
15
20
25
Außentemp
Tem peraturm essw
erte
30
35
40
(°C)
Identität
15
8°C-Grenze
März 2008
Temp. Kühleinheit (°C)
2°C-Grenze
Linear (Tem peraturm essw erte)
10
5
0
-5
-10
-10
-5
0
5
10
15
20
25
30
Außentemp (°C)
15
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Häufige Fehler beim Transport von Arzneimitteln
•
•
Verwendung undichter Styroporkisten
Kühlakkus mit unzureichender Kapazität
•
Lagerung von Arzneispezialitäten im
falschen Temperaturbereich
Verabsäumte Überführung von Kühlware
in Kühlschränke nach Fahrtende oder
Ausschalten der Kühlbox im Fahrzeug
Nicht Beachtung besonderer
Lagerungsvorschriften (z.B. nach AMAnbruch)
•
•
(II)
Kein Temperaturmonitoring
Keine sofortige Korrektur
•
•
Schlussfolgerungen
(I)
• Individuelle „Validierung“ des eigenen Fahrzeugs
•
wichtig
Validierungsbereiche
• Lagerungsbereich Kühlware 2 °C – 8 °C
• Lagerungsbereich Kühlware / Raumtemperaturware
• Lagerungsbereiche für unproblematische Ware
• Nachvollziehbares Temperaturmonitoring
•
•
•
•
Für alle passiven und aktiven Heiz- und Kühleinrichtungen
Optimierte Autoelektrik (Stromversorgung)
Eigenkontrolle
Behördliche Kontrolle ?
32
16
16.11.2014
Schlussfolgerungen
(II)
Beispiele für
Monitoring-Systeme
• Praxisgerechte Klimatechnik
• Management (richtige
Bedienung, geeignete
Geräte!)
• Kühlware vorkonditionieren !
• Rein – Raus - Prozedere
• Mitnahme des Tagesbedarfs;
Lagerung in Kühlzelle nach
Fahrtende
• Garagierung der Fahrzeuge
Schlussfolgerungen
(III)
• Ordnungsgemäßer Transport von
Arzneiwaren in tierärztlichen
Praxisfahrzeugen ist technisch möglich,
erfordert aber besonderes Augenmerk
• Status quo des Arzneimitteltransportes
unbefriedigend
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17
16.11.2014
Kumulierte Häufigkeit von
Temperaturmessdaten
Bereich 2 °C – 8 °C
Nov. 07 –
Dez. 08,
1
0,9
In-out-Lagerung
0,8
0,7
Juli 08 –
Juli 09,
Kühlapoth.
Perzentile
0,6
0,5
0,4
in-out
Kühllagerung im
Kfz
Indulab
Kühlapotheke
0,3
0,2
8°C-Grenze
0,1
2°C-Grenze
0
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
25
30
Temperatur °C
Rot: In-out-Kühllagerung
(Kühlzelle/Styroporkiste Auto)
Grün: Lagerung im Auto, Indulab Kühlladen
Unterschiedliche Anforderungen in den Bereichen......
Pharmalogistik
Tierarzt (status quo)
AMBO 2005 (2009)
GDP, Pharmig Codex
•
•
•
Fahrzeugeinrichtung
/Lagerbereiche streng normiert
HACCP, Monitoring,
Dokumentation
Transport vom (Kühl)Lager des
Firmenstandortes zum Kunden:
wenige Stunden
ABO 2005
•
•
•
•
Einrichtung Praxisfahrzeug nach
den Vorstellungen des TA
Keine Aufzeichnungspflicht
Qualitätsmanagement nach
Vorstellungen des TA
Lagerungsdauer bis zu mehreren
Monaten ...
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Qualitätssicherung beim Arzneimitteltransport
• Gute Veterinärpraxis (Ausdehnung auf
„Autoapotheke“)
• Risikoabschätzung
• Gefahrenmanagement
Eingangskontrolle
Lagerung in der Hausapotheke
Validierung des Praxisfahrzeugs
Identifizierung von Gefahren- und Kontrollpunkten
im individuellen Fahrzeug
• Temperaturmonitoring - Dokumentation
•
•
•
•
37
• Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit
38
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